33. KAPITEL

Als jemand wütend gegen seine Zimmertür hämmerte, stand Steve vom Schreibtisch auf und öffnete. Mit zornigem Blick stürmte Julia an ihm vorbei.

“Wann wolltest du es mir sagen?”

Er musste nicht fragen, wovon sie sprach. Ein Blick in ihr Gesicht genügte, um zu wissen, dass sie die Wahrheit erfahren hatte. “Wie hast du davon gehört?”

“Macht das etwas aus?”

“Nein, aber ich hätte es dir lieber selbst gesagt.”

Sie schnaubte verächtlich. “Und warum hast du's nicht gemacht?”

“Ich war noch nicht bereit”, sagte er ausweichend.

“Also hast du gelogen.” Sie stellte sich vor ihn und ließ ihn ihre ganze Wut spüren. “Du hast mich glauben lassen, dass du nur nach Monterey gekommen bist, um den Mord an meinem Exmann zu untersuchen …”

“Das ist wahr.”

“Ach, hör doch auf. Ich bin nicht dumm. Vielleicht ein wenig leichtgläubig, wie du vor nicht allzu langer Zeit selbst gesagt hast, aber nicht dumm. Du bist aus einem einzigen Grund hergekommen. Du wolltest nach den Männern suchen, die Sheila getötet hatten. Du wolltest dich an McDermott und seinen Fanatikern rächen.” Sie war nahezu außer Atem, schaffte es aber noch, eine letzte Bemerkung auf ihn abzufeuern. “Und du hast mich dafür benutzt.”

Hinter ihrem Zorn erkannte er den Schmerz, und es tat ihm weh, sie seinetwegen so leiden zu sehen. In der Hoffnung, sie wenigstens lange genug zu besänftigen, um ihr alles zu erklären, wollte er sie berühren. Doch als sie seine Fingerspitzen auf ihrem Arm spürte, zuckte sie zurück, als hätte sie sich verbrannt.

“Fass mich nicht an!”

Er zog seine Hand zurück. “Ich wollte dir nie wehtun, Julia.” Plötzlich wurde er von der Angst erfüllt, sie zu verlieren.

“Ach ja?” Sie hob trotzig das Kinn. “Hast du dich darum nachts unbewaffnet auf McDermotts Grundstück geschlichen, obwohl du verdammt genau gewusst hast, dass er dich hätte erschießen können? Hast du auch nur einen Moment lang daran gedacht, was es für mich bedeutet hätte, dich zu verlieren?” Ihre grünen Augen, die eben noch wutentbrannt gefunkelt hatten, wurden mit einem Mal eiskalt. “Hat dich das überhaupt interessiert?”

Er sagte nichts. “Du musst nicht antworten, weißt du? Und weißt du auch, warum?” Sie kam auf ihn zu und blieb nur Zentimeter von ihm entfernt stehen. “Weil dich in dem Moment außer Sheila überhaupt nichts interessiert hat.”

“Sheila ist tot.”

“Nein, ist sie nicht. Das hast du in der Nacht bewiesen, als du dein Leben aufs Spiel gesetzt hast, um ihren Tod zu rächen.”

“Ich wollte, dass ein Mörder seine gerechte Strafe bekommt.”

“Du wollest, dass Sheilas Mörder seine gerechte Strafe bekommt.”

“Hör auf, mir Sheila vorzuhalten!” Als Julia sich abwandte, packte er sie an den Schultern und riss sich zu sich herum. “Du bist die Frau, die ich liebe, verdammt!” Dann erklärte er mit gesenkter Stimme: “Nur du. Wenn du mir nichts anderes glaubst, dann glaub mir das.”

Sie wand sich aus seinem Griff. “Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört, an Märchen zu glauben.” Die Verbitterung in ihren Worten versetzte seinem Herzen einen erneuten Stich. “Heute glaube ich nur noch an Fakten. Fakt Nummer eins, und darüber komme ich am schwierigsten hinweg: Du hast mich angelogen.”

“Ich wollte es sagen, wenn ich dazu bereit war.”

“Fakt Nummer zwei: Du hast mich benutzt. Du hast meine Gefühle für dich ausgenutzt und mir Informationen entlockt. Und ich war so dumm und habe es nicht gemerkt.”

“Ich wollte dich vor einer Mordanklage bewahren.”

“Fakt Nummer drei”, fuhr sie unbeirrt fort. “Du hast mich verdächtigt, ich hätte meinen Exmann umgebracht.” Ihr Tonfall wurde sarkastisch. “Hast du vielleicht auch noch geglaubt, ich wäre die Anführerin von Gleic Éire? Das wäre doch gar keine so lächerliche Vermutung, nicht wahr, Steve? Bestimmt nicht, wenn du mich sowieso schon für eine Mörderin gehalten hast.”

“Ich habe dich nie für eine Mörderin gehalten. Ja, ich war anfangs auch ein wenig misstrauisch, und ich schätze, dass ich damit keine Spur besser bin als jeder andere in der Stadt. Bloß hätten die es besser wissen müssen, weil sie dich kannten. Ich kannte dich nicht.”

Julia war mit einem Mal todmüde und trat einen Schritt zurück. “Ich werde mich nicht von deinen Lügen umstimmen lassen”, sagte sie. “Und auch nicht verzaubern. Nie wieder.” Sie holte tief Luft. “Ich möchte, dass du deine Sachen nimmst und verschwindest.”

“Julia, hör mir zu.” Er packte sie wieder an den Schultern und hielt sie fest. “Es tut mir Leid, dass ich dir nicht die Wahrheit gesagt habe. Ich wusste nicht, wie ich es machen sollte. Und du hast Recht, das ist keine Entschuldigung. Ich wollte dich nicht täuschen, Darling. Ich habe nichts gesagt, weil Sheila Teil meiner Vergangenheit war. So wie die Tatsache, dass Paul dich geschlagen hatte, Teil deiner Vergangenheit war.”

“Ich habe dir alles darüber erzählt, ich habe mich dir offenbart!”

“Weil die Zeit dafür gekommen war.” Er rüttelte sie sanft, damit sie ihm in die Augen sah. “Wie viele Menschen wissen, was Paul dir angetan hat? Wie vielen hast du es erzählt? Und ich meine damit nicht den Arzt, den du in Santa Cruz aufgesucht hast.”

Stur blickte sie zur Seite.

Wieder rüttelte er sie. “Wie viele?”

Sie seufzte. “Meine Mutter”, antwortete sie widerwillig. “Du, und mittlerweile Charles.”

“Nicht Penny? Oder Frank?”

Sie schüttelte den Kopf und weigerte sich, ihm in die Augen zu sehen.

“Und warum nicht?” bohrte er nach.

Sie sagte nichts.

“Dann sage ich dir, warum”, fuhr er ruhig fort. “Weil diese Phase in deinem Leben so schmerzhaft und so persönlich war, dass du nicht darüber reden konntest, nicht mal mit deinen beiden engsten Freunden. Habe ich Recht?”

“Lass mich los”, war das Einzige, was sie erwidern konnte.

“Du weißt, dass ich Recht habe, Julia. Warum ist es dann für dich so schwer zu verstehen, dass es mir genauso gehen könnte?”

“Weil mein Schweigen über das, was Paul getan hat, niemanden wehgetan hat. Aber dass du nichts von Sheila gesagt hast, hat mir wehgetan.”

Seine rechte Hand ließ ihre Schulter los und legte sich auf ihre Wange. “Es tut mir Leid, dass ich dir wehgetan habe. Das habe ich nicht gewollt.” Als das Schweigen zu unerträglich wurde, sagte er. “Ich liebe dich, Julia. Gib mir nur die Chance, es dir zu beweisen.”

Seine Worte hatten die Wirkung einer eiskalten Dusche. Sie zog sich zurück. “Das hat Paul auch immer gesagt”, flüsterte sie. “Ich habe den Fehler gemacht, ihm zu glauben. Aber ich werde diesen Fehler nicht wiederholen.”

“Verdammt, Julia, ich bin nicht Paul!” brüllte er. “Geht dir das nicht in den Kopf?”

“Du hast deine Chance gehabt”, sagte sie, ging zur Tür und öffnete sie. “Du hast es vermasselt.” Mit einer Hand auf dem Türgriff drehte sie sich um. “Ich fahre jetzt zu Penny. Wenn ich wiederkomme, möchte ich, dass du verschwunden bist.”

Dann ging sie, ohne sich noch einmal umzusehen.

“Ich bin das Gesetz! Du bist verhaftet!”

Beim Klang der tiefen, befehlenden Stimme ließ Coop fast seine Kaffeetasse fallen. “Was zum Teufel …”, begann er und wirbelte herum.

Andrew warf den Kopf nach hinten und lachte lauthals, während er mit dem Finger auf seinen dreißig Zentimeter großen Spielzeugroboter zeigte. “Das war der Mächtige Zokor, Grandpa. Der hat dich aber erschreckt, was?”

Coop streckte sich. “Nichts kann einen Green Beret erschrecken, Junge. Wir sind viel zu hart.”

Mit der Kaffeetasse in der Hand ging Coop zum Spieltisch, wo Zokor stand und unbesiegbar und furchtlos aussah mit der Weltraumwaffe in einer Hand, einem roten schillernden Licht im Helm und einem Raketenwerfer auf dem Rücken. Auf dem Tisch verstreut lag ein halbes Dutzend Mikrokassetten.

“Zokor ist härter als alle anderen, Grandpa”, sagte Andrew stolz. “Er muss nur seine Gürtelschnalle berühren, und schon wird eine Granate abgeschossen.” Prompt führte Andrew das auch vor, woraufhin eine Granate von der Größe einer Olive durch das Zimmer flog.

“Außerdem kann er durch Feuer gehen. Und es macht ihm nichts aus, wenn man mit Kugeln und Raketen auf ihn schießt.” Andrew betätigte einen anderen Knopf, sofort begann Zokor langsam und steif loszulaufen, während er eine Reihe von Befehlen sprach.

“Hmm”, murmelte Coop. “Kein Wunder, dass man ihn als mächtig bezeichnet.” Er zeigte auf die Kassetten. “Und was ist das?”

“Sechs Zokor-Abenteuer.” Er öffnete eine kleine Klappe auf der Rückseite des Roboters, nahm eine der Kassetten und legte sie ein. “Jede Kassette ist zehn Minuten lang und erzählt eine andere Geschichte”, erklärte Andrew. “Die hier heißt 'Zokor gegen die Invasoren'. Das ist meine Lieblingsgeschichte.”

Er senkte den Kopf und wirkte auf einmal traurig.

“Was ist los, Junge?” fragte Coop vorsichtig.

Andrew begann, die Kassetten auf dem Tisch ohne System hin- und herzuschieben. “Mein Dad hat mir Zokor gekauft, und er hat mir versprochen, dass wir uns zusammen die Kassetten anhören. Aber dann ist er gestorben.”

Coops Herz verkrampfte sich. Dieser Schmerz, den Andrew erlebte, musste das sein, was auch Jordan durchgemacht hatte, als er ihn vor so vielen Jahren verlassen hatte. “Ich sage dir was”, schlug er mit heiserer Stimme vor. “Warum hören wir beide uns nicht deine Lieblingskassette an? Jetzt gleich?”

Andrews Gesicht strahlte. “Wirklich, Grandpa?”

Coop lachte. “Aber nur wenn du mir versprichst, dass du danach gleich ins Bett gehst.”

“Versprochen.”

“Ich komme mir so dumm vor”, sagte Julia und wischte mit dem Handrücken ihre Tränen ab. “Da sitze ich hier und heule wegen eines Mannes. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann mir das zum letzten Mal passiert ist.”

“Das liegt daran, dass es so wenige Männer gibt, für die es sich lohnt zu heulen”, sagte Penny wissend. Sie nahm den Monterey Herald von Franks Sessel und setzte sich, um Julia anzusehen. “Aber Steve ist anders. Und ich finde, dass er die Tränen wert ist.” Sie senkte den Kopf und versuchte, Julia in die Augen zu sehen. “Und vielleicht ist er es ja wert, dass du ihm vergibst?”

Julia schniefte. “Du bist schon immer so weich gewesen.”

“Ach, und du etwa nicht?” spottete Penny. “Komm schon, wem willst du hier was vormachen? Vergebung ist dein zweiter Vorname.”

“Diesmal nicht.”

“Warum nicht?”

“Er hat mich angelogen, Penny. Immer wieder, eine Lüge nach der anderen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Wie soll ich ihm jemals wieder vertrauen?”

“Indem du dich in seine Lage versetzt, die Situation von seiner Seite aus betrachtest und verstehst, warum er so gehandelt hat. Sheila ist seine Vergangenheit”, fuhr sie behutsam fort. “Du bist seine Zukunft. Warum kannst du dich nicht darauf konzentrieren, anstatt dir von diesem Widerling namens Kendricks das Beste zerstören zu lassen, was dir jemals widerfahren ist?”

Das Klingeln ihres Mobiltelefons ließ Julia aufschrecken. Sie griff in ihre Handtasche, holte das Telefon heraus und klappte es auf. “Hallo?”

“Hi, Mom.”

Andrews fröhliche Stimme brachte sie erneut an den Rand der Tränen. Wie sollte sie ihm erklären, dass Steve aus der “Hacienda” ausgezogen war und sich am Morgen wahrscheinlich auf den Weg zurück nach Florida begeben würde?

“Wie gehts dir, Schatz?”

“Toll”, sagte Andrew begeistert. “Ich habe einen Kondor gesehen, Mom! Er ist direkt über mich weggeflogen. Und heute Abend haben wir draußen Hamburger gemacht.”

“Wir?” neckte Julia ihn. “Du meinst, du hast beim Zubereiten geholfen? Das ist ja was ganz Neues.”

“Grandpa hat gesagt, dass ein guter Soldat lernen muss, alles zu können.”

“Hat er dir auch gesagt, dass ein guter Soldat ins Bett geht, wenn es Zeit dafür ist? Deine Bettzeit ist nämlich schon längst vorüber.”

Sie hörte ihn kichern. “Das kommt dadurch, dass wir uns noch ein paar von Zokors Kassetten angehört haben. Wir haben sogar noch eine Kassette gefunden”, sagte er aufgeregt. “Die hat unter den Batterien gesteckt.”

“Noch eine Kassette? Das ist komisch, ich dachte, Zokor hätte nur sechs Kassetten. Was ist denn da drauf?”

“Ich weiß nicht. Wir wollten sie abspielen, aber sie passt nicht.”

“Lass deinen Großvater mal einen Blick auf die Kassette werfen”, sagte Julia und dachte daran, wie sehr Coop es liebte, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen. “Ich bin sicher, dass er weiß, was da nicht stimmt.”

“Er hat es schon versucht, aber es geht nicht. Er sagt, die Kassette ist ein Stückchen zu groß.”

Julia hörte Andrew gähnen. “Okay, Sweetheart, das wärs dann. Gib mir einen Kuss und dann ab ins Bett. Morgen ist ein großer Tag, Grandpa bringt dich zurück nach Hause.”

“Ja, und er hat mir davon erzählt, wie Steve die ganzen Verbrecher gefangen hat.” Seine Stimme verriet, wie stolz er war. “Er ist cool, was?”

“Ja, Darling”, sagte sie, außerstande, ihm den Spaß mit dieser schlechten Nachricht zu verderben. “Er ist sehr cool.”

Nachdem Julia das Gespräch beendet hatte, klappte sie das Telefon zusammen und steckte es zurück in ihre Handtasche. “Ich habe es nicht übers Herz gebracht, von Steve zu erzählen”, sagte sie.

“Das war auch gut so.” Penny nahm ihre Kaffeetasse. “Klingt so, als würde er sich mit Coop gut amüsieren.”

Julia lachte. “Er hat seinen Großvater völlig um den kleinen Finger gewickelt. Er hat ihn sogar dazu gebracht, sich mit ihm diese Kassetten von seinem Roboter Zokor anzuhören.”

“Das habe ich mitbekommen.” Penny nahm einen Schluck Kaffee. “Was war das mit der zusätzlichen Kassette?”

“Keine Ahnung. Er und Coop haben unter den Batterien noch eine Kassette gefunden, und als sie sie abspielen wollten, hat sie nicht gepasst. Komisch.” Sie zuckte mit den Schultern. “Na ja, wahrscheinlich ist es irgendein Produktionsfehler. Das bekommen wir schon hin, sofern ich mich daran erinnern kann, wo Paul den Roboter gekauft hat.”

Aus dem hinteren Teil des Hauses hörte Julia einen Wecker summen und sah auf.

“Frank hat in dieser Woche wieder die Nachtschicht”, sagte Penny seufzend. “Der Ärmste hat so schwer gearbeitet, ich kann kaum das Monatsende abwarten. Der Captain hat ihm vier freie Tage am Stück versprochen.” Ihre Augen nahmen einen verträumten Ausdruck an. “Vielleicht können wir irgendetwas Romantisches unternehmen. Vielleicht nach San Francisco fahren, oder in eine von diesen extravagant teuren Anlagen, wo man nur Kaninchenfutter vorgesetzt bekommt und den ganzen Tag nackt durch die Gegend läuft.”

Zum ersten Mal, seit sie Penny kannte, beneidete Julia sie um ihr Glück. Einen Augenblick lang war ein solches Glück auch für sie in Reichweite gewesen. Aber der Augenblick war verstrichen, und sie war wieder alleine.

“Ich mache mich jetzt besser auf den Weg”, sagte sie, bevor sie erneut in Selbstmitleid versinken konnte. “Ich habe morgen Nachmittag wieder einen Kochkurs und muss noch den Tisch richten.”

“Warum wartest du nicht noch einen Moment? Frank will dir bestimmt auch Hallo sagen.”

Als er nach ein paar Minuten noch nicht aufgetaucht war, gab Julia Penny einen Kuss auf die Wange. “Er ist wahrscheinlich spät dran. Grüß ihn von mir.”

Penny brachte sie zur Tür. “Wirst du wenigstens über das nachdenken, was ich dir gesagt habe?”

Da gibt es nichts nachzudenken, überlegte Julia. Sie hatte gesagt, was zu sagen war. Ihre wunderschöne Romanze war vorüber. “Danke für deine Schulter”, sagte sie und beschloss, keine konkrete Antwort zu geben. “Das habe ich einfach gebraucht.”

Dann winkte sie und ging zur Tür hinaus.

Als Coop sicher war, dass Andrew schlief, schlich er sich ins Wohnzimmer und rief Steve auf dessen Mobiltelefon an.

“Tut mir Leid, dass ich so spät noch störe”, sagte er, als der Reporter antwortete. “Aber besteht die Chance, dass du zur Hütte kommen könntest und einen Kassettenrekorder mitbringst?”

“Einen Kassettenrekorder? Wozu?”

“Vielleicht ist es nichts”, sagte Coop, während er Andrews Roboter betrachtete. “Aber heute Abend haben Andrew und ich uns ein paar von den Kassetten angehört, die in diesem Zokor abgespielt werden. Dabei haben wir eine zusätzliche Kassette gefunden, die unter den Batterien steckte.”

Steves Stimme wurde schärfer. “Was für eine Art von Kassette war es?”

“Ich weiß nicht. Auf den ersten Blick hat sie ausgesehen wie die anderen, aber dann habe ich gemerkt, dass sie etwas größer war. Als ich sie abspielen wollte, hat sie nicht gepasst. Spike hat einen Kassettenrecorder hier, aber da passt sie auch nicht. Ich brauche etwas in der Größe eines Diktiergeräts.”

“Meinst du, das könnte Jordans Kassette sein?”

“Es würde Sinn machen, Steve. Paul hat Andrew Zokor und die sechs Kassetten ein paar Tage vor seinem Tod geschenkt. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, eine Kopie vom Originalband zu machen und sie im Roboter zu verstecken. Das Teil war so gut wie unsichtbar.”

“Wenn das Einkaufszentrum noch geöffnet ist, sollte das mit dem Diktiergerät kein Problem sein”, sagte Steve.

Coop hörte, wie Steve ein Blatt Papier abriss.

“Erklär mir den Weg zur Hütte.”

Coop saß auf der Terrasse in Spikes altem, knarrenden Schaukelstuhl und atmete tief die kühle, frische Luft ein, während er die Sterne betrachtete. Ab und zu drang der grelle Schrei eines Luchs durch die Nacht und erinnerte ihn daran, dass die Hütte zwar nur eine Dreiviertelstunde von Monterey entfernt, aber mitten in einem Wildgebiet lag.

Instinktiv wanderte seine Hand zu seiner Hosentasche, in der er das Band versteckt hatte, nachdem Andrew eingeschlafen war. Durch den Stoff konnte er die leichte Beule fühlen. War er zu optimistisch, wenn er glaubte, dass er Jordans Kassette gefunden hatte? Oder lag er mit seiner Vermutung richtig?

Der Gedanke, dass Paul Zokor nur gekauft hatte, um belastendes Material zu verstecken, und dass er dadurch das Leben seines eigenes Sohns in Gefahr brachte, ließ Coop wünschen, er hätte den Bastard selbst umgebracht.

Ein leises Knistern, das man verursacht, wenn man auf trockenes Laub tritt, ließ ihn aufhorchen. Das konnte nicht Steve sein, dafür war es viel zu früh. Was dann? Ein Tier? So nah an der Hütte?

Mit allen Sinnen in höchster Alarmbereitschaft stand er auf und ließ den Schaukelstuhl gegen die Wand stoßen. Seine Augen spähten in die Finsternis. “Spike?” rief er. “Bist du das, Kumpel?”

Als er das Geräusch wieder hörte, erkannte er, dass es sich hinter ihm befand. Bevor er sich aber umdrehen konnte, traf ihn etwas am Hinterkopf.

Mit einem erstickten Fluch sackte Coop zu Boden.