KATZE_AL6. Kapitel

Die Katze, die sich verabredete

SCHMETTE

Als ich aus Kalifornien zurückkehrte, passierten zwei einschneidende – und miteinander zusammenhängende – Dinge: Norton entdeckte Pounce. Und ich entdeckte das fast vergessene, eher unerfreuliche, aber zweifellos aufregende Ritual der modernen Partnersuche wieder.

Pounce, für diejenigen von Ihnen, die diese göttliche Katzen-Speise nicht kennen, sind kleine mundgerechte Häppchen in Keksform. Sie sind wirklich ungesund, die Pralinen für die anspruchsvolle Katze. Pounce ist in kleinen Kartons in verschiedenen Farben erhältlich, die kennzeichnen, ob es sich um welche mit Hühnchen-, Leber-, Shrimps- oder Rindergeschmack handelt. Ich entdeckte sie eines Nachmittags im Regal des Supermarkts, und weil ich meinem grauen Begleiter gerne mal etwas Neues biete, beschloss ich, eine Packung mit nach Hause zu nehmen und auszuprobieren.

An diesem Abend gab ich Norton, bevor ich ins Bett ging, zwei Pounce (Pouncen? Pince??), dann stellte ich die Packung zurück in den Küchenschrank. Ich zog mich aus und las noch etwas für die Arbeit. Nach ungefähr einer Stunde war ich bereit, das Licht auszumachen. Norton lag nicht auf seinem üblichen Platz auf dem Kissen neben mir, also rief ich ihn. Wie immer kam er angerannt und sprang aufs Bett. Aber er legte sich nicht, wie sonst, direkt zum Schlafen hin. Stattdessen drehte er sich unruhig und stupste mich mit der Nase ins Gesicht, bis mir klar wurde, dass er mir damit etwas sagen wollte. Ich hatte das Gefühl, als wäre ich mitten in einer Lassie-Folge, als ich schließlich aufstand und Norton folgte. Allerdings versuchte er nicht, mir zu sagen, dass Timmy in Gefahr war. Er versuchte mir zu sagen, dass er noch ein Pounce wollte.

Ich öffnete gehorsam den Schrank, gab ihm noch eins, sagte ihm, dass dieses Verhalten nicht in Ordnung war und er es sich nicht angewöhnen sollte, dann ging ich wieder ins Bett. Am Morgen wachte ich auf, streckte mich und tastete nach dem vertrauten Kinn, um es zu kraulen – aber da war nichts. Irgendwie – ich bin sicher, dass mich die Tatsache, wie sehr Norton und ich inzwischen auf einer Wellenlänge sind, ein bisschen nervös machen sollte – wusste ich, wo er war. Mein Instinkt wurde bestätigt, als ich aufstand: Norton saß auf der Arbeitsplatte in der Küche, starrte hungrig auf den Schrank, in dem die Pounce-Schachtel stand, und kratzte kläglich an der Tür.

Ich gab ihm noch zwei Kekse, und so begann ein tägliches Ritual, das bis heute anhält. Jeden Morgen, bevor ich zur Arbeit gehe, erhält Norton von mir noch zwei oder drei Pounce-Leckerlis. Jeden Abend, bevor ich ins Bett gehe, bekommt er noch zwei oder drei mehr. Ich habe keine Ahnung, warum ihm das Zeug so gut schmeckt. Womöglich liegt es an der leckeren prägelatinierten Stärke oder am ebenso köstlichen Eisensulfat. Ich weiß nur, dass meine Katze ganz wild auf das Zeug ist. Zwischen seinem Guten-Morgen- und dem Gute-Nacht-Snack scheint Norton extrem viel Zeit damit zu verbringen, sich einen Weg in meinen Küchenschrank zu graben, um an das Pounce zu gelangen. Den Kratzspuren auf dem Holzfurnier nach zu urteilen, hat er vor, dem Grafen von Monte Christo in dieser Hinsicht Konkurrenz zu machen. Ich denke, in ein paar Monaten wird ihm der Durchbruch gelingen, dann hat er entweder die Packung Pounce oder die Nachbarwohnung erreicht.

Für den Fall, dass Sie Nortons Vorliebe für Katzen-Süßigkeiten noch nicht mit dem Titel dieses Kapitels in Verbindung bringen können, stellen Sie sich die Frauen während dieses Abschnitts meines Lebens einfach als mein Pounce vor.

Zum ersten Mal seit mehreren Jahren war ich ungebunden. Das war ein sehr merkwürdiges Gefühl. Sosehr Cindy und ich uns auch gegen das Konzept einer Beziehung gewehrt hatten, ließ sich doch nicht leugnen, dass wir ein waschechtes Paar gewesen waren – und zwar für eine lange Zeit. Als solches hatten wir unseren eigenen Alltag gehabt und waren in den Alltag des anderen integriert gewesen.

Wir hatten verabredet, dass es, obwohl wir den anderen nicht zu jedem gesellschaftlichen Termin mitnehmen mussten, Situationen gab, in denen die Anwesenheit des anderen zwingend notwendig war. Wenn etwas besonders Schönes oder Interessantes passierte, von dem ich wusste, dass es ihr gefallen würde (oder natürlich umgekehrt), dann hatten sie (oder ich) Vorrang. Das Gleiche galt, wenn etwas Wichtiges, schrecklich Langweiliges oder Furchtbares in unserem gesellschaftlichen Kalender auftauchte, eine Situation, wo einer von uns die Unterstützung des anderen brauchte. Auf der anderen Seite gab es bei normalen, alltäglichen Terminen keine Verpflichtung, den anderen zu begleiten – egal ob wir jemanden einluden oder irgendwo eingeladen waren. Wenn ich Karten für die Premiere des neuen Sondheim-Musicals hatte, dann musste Cindy mich begleiten. Wenn ich von einem befreundeten Schauspieler eingeladen wurde, der bei der Sommertheateraufführung von Six Rms Rv View mitmachte, dann konnte ich jemand anderes fragen, wenn ich wollte. Wenn Cindy zu einer langweiligen Hochzeit eingeladen wurde, für die sie zweieinhalb Stunden nach New Jersey reinfahren musste, dann war ich dabei. Wenn dagegen eines ihrer halblangweiligen monatlichen Essen mit ihrem Onkel anstand, der – lautstark – darauf bestand, dass die Leute ihn ständig auf der Straße ansprachen, weil sie ihn mit dem Regisseur Rouben Mamoulian verwechselten, dann freute sie sich, wenn ich mitkam, aber ich musste nicht. Damals ergab das einen Sinn, und für uns funktionierte es, zumindest für eine Weile. (Ich habe sogar erstaunlich oft mit Onkel Max gegessen, aber nie kam in meiner Gegenwart jemand an unseren Tisch und nannte ihn Mr. Mamoulian. Er mochte mich, weil ich der Einzige war, den er kannte, der – abgesehen von diesen angeblichen Fremden auf der Straße – tatsächlich wusste, wie Rouben Mamoulian aussah. Für den Fall, dass Sie sich das fragen, ja, er hätte sein Doppelgänger sein können.) Als das Verabredungs-Arrangement mit Cindy jedoch aufhörte zu funktionieren, musste ich mich erst wieder daran gewöhnen, mir einen Partner für meine gesellschaftlichen Verpflichtungen zu suchen, wenn ich nicht allein hingehen wollte. Denn sosehr Norton die Premiere von Cats genossen hätte, glaube ich nicht, dass er mit Theateraufführungen oder besonders vielen Wohltätigkeitsveranstaltungen klargekommen wäre.

Ich glaube, ich bin mit der Trennung von Cindy ganz gut umgegangen. Am Abend, als es passierte, ging ich zurück in meine Wohnung und weinte ausgiebig. Norton lag auf dem Bett und ließ sich von mir streicheln und umarmen, so viel ich wollte. Er sah mich die ganze Zeit über besorgt an, als versuche er herauszufinden, was um alles in der Welt passiert war. Ich schätze, ich kann nicht behaupten, dass er es tatsächlich begriff, aber er schnurrte besonders lange, eine offene Einladung für mich, den Kopf auf seinen Bauch zu legen und ihn als Kissen zu benutzen, was ich für eine ziemlich lange Zeit dankbar tat.

Als ich mich endlich wieder in der Lage fühlte, mit einem Menschen zu sprechen, rief ich meinen ältesten Freund, Paul Eagle, in Los Angeles an. Paul war jedoch nicht da, also musste ich mit seinem Anrufbeantworter sprechen. Ich hinterließ eine Nachricht, so etwas Subtiles wie: »Hi, ich bin’s. Ich wollte mich nur mal melden. Was sagst du zu den Giants, hm? Die Rams sind scheiße. Oh, und übrigens, Cindy hat mich verlassen, und ich bin derzeit selbstmordgefährdet. Ruf mich an.«

Der Nächste auf meiner Liste war mein Bruder Eric, ebenfalls in Los Angeles. Die Nachricht, die ich auf seinem Anrufbeantworter hinterließ, war ein bisschen rationaler: »Hey. Ich rufe nur an, um dir zu sagen, dass ich alle Frauen hasse. Wir reden später.«

Nach dem Heulen, dem beruhigenden Schnurren und dem emotionalen Trauma der Ereignisse des Tages war ich jetzt bereit, schlafen zu gehen. Tatsächlich freute ich mich darauf, mehrere Stunden lang im Dunkeln zu liegen, mit geisterhaftem Blick vor mich hin zu starren und über die Sinnlosigkeit des Lebens nachzudenken, gefolgt von einer Phase von Alpträumen. Das klang endlich mal nach Spaß. Also schaltete ich das Licht aus, umarmte und küsste Norton noch ein letztes Mal und begann zu leiden.

Ich hatte ungefähr anderthalb Minuten gelitten, als das Telefon klingelte. Ich schaltete das Licht wieder an und hob den Hörer ab. Es war Eric, mein Bruder, der die Hysterie in meiner Stimme herausgehört hatte und jetzt wissen wollte, was los war. Ich erzählte es ihm. Die ganze Geschichte. Alles laut auszusprechen und nicht nur in Gedanken durchzuspielen, ließ mich wieder weinen. Als ich fertig war, fing Eric an, verständnisvoll zu sein.

Dazu müssen Sie Folgendes wissen: Mein Bruder ist ein toller Kerl, und wir standen uns schon immer sehr nah. Aber er lebt in L. A. Er ist Drehbuchautor. Und er war schon mal beim Psychiater (und, noch schlimmer, auf der Schauspielschule). Das alles zusammengenommen macht ihn zu einem Menschen, der unglaublich gerne verständnisvoll ist. Er liebt es, Leute zu umarmen, seine Gefühle auszudrücken und ihnen zu sagen, dass er sie liebt.

Das ist zwar alles ganz nett, muss ich sagen, nur dass ich nicht so bin. Ich umarme Menschen nicht gerne, es sei denn, es besteht die Möglichkeit, Körperflüssigkeiten auszutauschen. Und ich halte meine Gefühle nicht für besonders interessant; sie jemandem mitzuteilen ist für mich ungefähr so reizvoll, wie mir mit einem Profiboxer den Zahnersatz zu teilen. Außerdem habe ich festgestellt, dass die Leute gar nicht wirklich wissen wollen, wie man sich gerade fühlt. Sie wollen ihre Gefühle mitteilen und dann von einem hören, dass man genauso empfindet. Deshalb zeige ich meine Gefühle lieber, als darüber zu sprechen.

Dennoch konnte ich mich über das Verständnis meines Bruders wirklich nicht beschweren. Ich hatte ihm gerade mein Herz ausgeschüttet. Da konnte ich ein bisschen aufrichtige emotionale Zuwendung durchaus vertragen. Also erklärte Eric mir, dass er für mich da sein würde. Er versicherte mir, dass er mich liebte. Er sagte mir, wie leid es ihm täte, dass das mit Cindy passiert war, betonte aber gleichzeitig, dass er froh war, weil es ihm die Gelegenheit gab, mir zu sagen, wie sehr er mich liebte, was er nicht oft genug tat. Ich wusste meinerseits alle diese Gefühle zu schätzen, abgesehen vielleicht vom letzten Punkt, der für mich ein bisschen zu weit ging, deshalb erklärte ich ihm, dass ich ihn auch liebte, was ich auf jeden Fall tue.

Nachdem wir eine halbe Stunde lang so miteinander gesprochen hatten, legten wir auf.

Ich war jetzt erschöpft. All dieses Mitteilen von Gefühlen hatte mir viel abverlangt.

Das Licht ging aus, mein Kopf traf auf das Kopfkissen, meine Augen schlossen sich. Der Schlaf war nah.

Aber nicht nah genug. Das Telefon klingelte erneut.

Es war Eric. Er fragte mich, ob er zu mir kommen sollte. Damit ich nicht allein war. Ich war wirklich gerührt von seinem Angebot, aber ich sagte ihm, dass es nicht nötig war. Ich hatte in New York eine Menge Leute, mit denen ich meine Gefühle teilen konnte, wenn ich das wirklich für nötig hielt.

»Ich liebe dich«, sagte er.

»Ich weiß«, sagte ich, bevor ich auflegte. »Danke nochmal.«

Ich glaube, ich war tatsächlich für etwa dreißig oder vierzig Sekunden eingenickt, bevor das Telefon erneut klingelte. Jetzt war es nach zwei Uhr morgens.

»Was?«, seufzte ich ins Telefon.

»Pete«, sagte Eric, »ich hoffe wirklich, dass du mir glaubst, dass ich für dich da bin, absolut jederzeit.«

»Das glaube ich dir«, versicherte ich. »Absolut jederzeit.«

»Ich mache mir solche Sorgen. Du klingst nicht gut.«

»Na ja, ich bin jetzt ziemlich müde. Morgen früh klinge ich bestimmt schon viel besser. Nachdem ich geschlafen habe.«

»Bist du sicher?«

»Ziemlich sicher. Ich brauche jetzt wirklich Schlaf.«

»Ich liebe dich«, wiederholte Eric. »Das tue ich wirklich.«

»Gute Nacht«, sagte ich.

Diesmal machte ich mir nicht mal die Mühe, es zu versuchen. Ich saß im Bett, das Licht an, steif wie ein Brett, und wartete. Ich musste nicht lange warten.

»Jap«, sagte ich ins Telefon.

Diesmal war es Paul. Er hatte gerade meine Nachricht abgehört. Er war überrascht, wie deprimiert ich klang, und wollte wissen, was genau passiert war. Zu diesem Zeitpunkt war ich jedoch zu erschöpft und zu unleidig, um ins Detail zu gehen. Außerdem hatte ich mein Herz schon ausgeschüttet; zweimal pro Tag war das fast unmöglich. Also erklärte ich ihm, dass ich ihm nur die Kurzfassung bieten konnte und ihm am nächsten Morgen noch mal alles genauer schildern würde. Er verstand, und ich setzte ihn schnell über meine Trennung von Cindy ins Bild: Urlaub in England, kein Urlaub in England, böser Arzt, weinen, weinen, schnurren und weinen, Anruf, Anruf, Anruf, ich liebe dich, ich bin für dich da, ich liebe dich, müde, Ende.

Paul bemitleidete mich für die genau richtige Zeitspanne – ungefähr fünfzehn Sekunden lang –, dann verabschiedete er sich. Doch bevor ich auflegen konnte, gelang ihm noch ein kurzes »Ich liebe dich«.

Ich saß eine Minute lang im Bett, die Lichter noch an, und wartete. Ich kannte meinen Freund Paul. Dieser Situation würde er nur schwer widerstehen können. Schließlich war dies der Mann, der einmal, als ich ihn aus New York anrief, um ihn zu fragen, ob er mir die Nummer von einem Blumenladen in L. A. raussuchen konnte, weil ich meiner Mutter Blumen zum Muttertag schicken wollte, eine große Sache daraus gemacht hatte und mich mehrere Minuten warten ließ, um mir dann die Nummer einer Zoohandlung zu geben. Als ich ihn zurückrief, damit er mir die richtige Nummer gab, und ihn anschrie, dass ich mich völlig lächerlich gemacht hätte, weil ich bei Phil of Phil’s Pet Parlor einen Strauß Rosen hatte bestellen wollen, entschuldigte er sich für seinen kindischen Humor, blätterte die Gelben Seiten durch und gab mir eine andere Nummer – die eines Bowling-Centers. Ich wusste, dass meine Telefonrechnung horrend sein würde, aber ich rief ihn erneut an, um ihn nochmal anzuschreien, und er schwor, es diesmal richtig zu machen – und gab mir die Nummer von einem koreanischen Massagesalon. Also war ich ziemlich sicher, dass er bestimmt nicht widerstehen konnte, mit einem zweiten Anruf auf meinen Moment der Verzweiflung zu reagieren. Diese Gelegenheit würde er sich nicht entgehen lassen.

Ich hatte Recht. Nach zwei Minuten klingelte das Telefon. Misstrauisch meldete ich mich.

»Rufst du mich an, um mir zu sagen, dass du mich liebst?«, fragte ich.

»Woher wusstest du das?«, antwortete eine Frauenstimme.

»Wer spricht da?«, fragte ich.

»Laurie.«

Pauls Frau. Sie liebe mich so sehr wie Eric, sagte sie.

Aber nicht so sehr wie die nächste Person, ein alter Collegefreund von Paul, der mich in dem Moment anrief, in dem ich auflegte. Und dieser alte Freund liebte mich nicht annähernd so sehr wie die nächsten drei alten Freunde, die anriefen. Als Paul sich schließlich noch mal meldete, um mir mitzuteilen, dass er nach längerer Überlegung festgestellt hatte, dass er mich zwar sehr mochte, Cindy jedoch liebte, beschloss ich, dass meine Phase der Trauer um Cindy so gut wie abgeschlossen war.

Mir ist klar, dass das sehr kurz wirkt – eine Nacht der Trauer nach mehreren Jahren der Liebe –, aber ich muss sagen, dass ich trotz des emotionalen Aufruhrs auch eine gewisse Erleichterung empfand, dass die Beziehung zu Ende war. Es fühlte sich an, als wäre ich wiedergeboren worden, obwohl es, zugegeben, ein bisschen so war, als wäre man mit einem allumfassenden Gefühl der Traurigkeit ins Leben zurückgekehrt. Um diese Trauer abzuschütteln, fing ich sofort an, allen meinen Alleinstehender-Mann-Fantasien nachzugeben: Ich kaufte mir mehrere Packungen Frosties und Choco-Pops und aß Schüsseln von dem Zeug zum Abendessen – ohne einen Teller Gemüse dazu. Ich kam auf der Fernbedienung nicht mal in die Nähe der öffentlich-rechtlichen Sender und sah mir quasi jede Minute des Tages nur Sport an. (Ich merkte, dass ich es ein bisschen übertrieben hatte, als ich – heftig – mitfieberte, welche Frau das Dinah-Shore-Open-Golfturnier gewinnen würde.) Ich machte mein Bett nicht. Und ich ließ all die kleinen Bartstoppeln nach dem Rasieren im Waschbecken liegen – tagelang.

Natürlich kamen irgendwann andere Fantasien und Sehnsüchte hinzu. Und es dauerte nicht lange, da kratzte ich am Küchenschrank, weil ich unbedingt eine Frau wollte.

Ich war zu diesem Zeitpunkt eigentlich nicht auf der Suche nach etwas Ernstem oder Dauerhaftem. Ich war mehr an seicht und oberflächlich und vorzugsweise verschwitzt interessiert.

Mit Verabredungen hatte ich es nicht so. Die Leute meiner Generation verabredeten sich nicht. Wir trafen uns miteinander, machten was zusammen, setzten Bänke in Brand, nahmen psychedelische Drogen und rollten miteinander durchs Wasserbett, aber wir verabredeten uns nicht. Das war eine ganz neue Erfahrung, und ich war entschlossen, das Beste daraus zu machen.

Das Erste, was ich lernte, war, dass attraktive Frauen (und damit meine ich die, auf die folgende, ein wenig eingeschränkte Definition passt: Models, Schauspielerinnen und alle Frauen, die einen eigenen Jeep fahren und nicht Gutty, Rocky oder Gertie heißen) gerne mit Schriftstellern ausgehen. Allerdings nicht alle. Ein paar gehen auch gerne mit Investmentbankern oder sehr hässlichen Rockstars oder Fotografen aus, die nur Vor- oder Nachnamen haben, nicht beides, aber im Großen und Ganzen finden sie Schriftsteller intelligent, und sie fühlen sich zu intelligenten Männern hingezogen. Das trifft sich gut, weil mir aufgefallen ist, dass die meisten Schriftsteller gerne mit attraktiven Frauen ausgehen. Tatsächlich würde ich sogar die gewagte These aufstellen, dass männliche Schriftsteller, abgesehen vielleicht von Vaclav Havel und Oscar Wilde, nur schreiben, um Frauen zu beeindrucken. Warum sonst sollten sie sich den Qualen einsamer Tage aussetzen, in denen sie versuchen, etwas Kreatives zu schaffen, ganz zu schweigen von einem ganzen Leben in Armut, in dem sie noch dazu meistens verspottet werden? Es geschieht alles in der Hoffnung, dass eine Ophelia, eine Emma oder eine Daisy in einer Bar auf sie zukommt und sagt: »Entschuldigen Sie, sind Sie nicht Fjodor Dostojewski? Ich liebe die Brüder Karamasow. Dieser Alijoscha ist total sexy. Stimmt es, dass Schriftsteller immer sich selbst zum Vorbild für ihre Figuren nehmen?«

Models stehen auf Intellektuelle, glaube ich, weil sie ihre eigene Schönheit nicht respektieren. Wie könnten sie? Sie sind den ganzen Tag mit Frauen zusammen, die sogar noch schöner sind als sie selbst. Wo ich Perfektion sehe, sehen sie Haare, die nicht so voll sind wie Paulinas. Ich sehe wohlgeformte Anmut, sie sehen Haut, die nicht ganz so glatt ist wie Christies. Ihre Schönheit ist für sie kein Geheimnis, hat keinen Reiz, weil sie es als etwas sehen, das sie nicht kontrollieren können. Es ist ein äußerliches, künstliches Attribut. Schriftsteller dagegen sind große Verehrer der Schönheit. Das liegt zum Teil daran, dass die meisten von uns hässliche kleine Ratten mit schiefer Haltung und vorstehenden Zähnen sind, die sich nur wegen der Dinge für wertvoll halten, die aus ihrem Inneren kommen. Und es liegt zum Teil daran, dass wir fast unser ganzes Leben vor einem Computer verbringen und verzweifelt versuchen, Schönheit zu schaffen – und wir wissen, wie schwierig, wie fast unmöglich und absolut höllisch das ist.

Also … ist es nur natürlich, dass Schriftsteller auf attraktive Frauen stehen und attraktive Frauen auf Schriftsteller. Aber es gibt noch eine andere Sache, auf die Frauen oft stehen und um die sie viel Aufhebens machen und bei deren Anblick sie augenblicklich dahinschmelzen.

Geeenaaauuu.

Süße graue Katzen mit runden Köpfen und gefalteten Ohren.

Halleluja.

Der erste Schritt zur Restrukturierung meines sozialen Lebens war der Entschluss, sich nach einem Haus für den Sommer umzusehen. Das kleine blaue Haus in Fair Harbor war nie mein Haus gewesen, sondern immer unser Haus. Cindy und ich hatten es zusammen entdeckt und es zusammen genossen.

Es erschien mir nicht richtig, mit Norton und ohne sie und Marlowe dorthin zurückzukehren.

Und hier kommt Norm Stiles ins Spiel, ein Mann, der bestimmt in die Geschichte von Fire Island eingehen wird.

Als langjähriger Freund war Norm ein paarmal in verschiedenen Sommern bei uns auf Fire Island zu Gast gewesen. Jetzt hatte er beschlossen, dass es Zeit wurde, den nächsten Schritt zu tun und regelmäßig an den Wochenenden dorthin zu fahren. Er fragte mich, ob ich mir mit ihm ein Haus teilen wollte.

Je länger ich darüber nachdachte, desto besser gefiel mir die Idee. Es war sicher schön, in einem großen Haus anstatt in einem kleinen blauen Puppenstübchen zu wohnen. Und es war toll, einen festen Tennispartner zu haben. Wir konnten Partys feiern – echte Menschen, die raus zu Petes und Norms Haus kamen, um Spaß zu haben und sich zu erholen. Außerdem kochte ich gerne, und Norm meinte, er würde gerne putzen.

Abgemacht.

Wir mieteten nicht nur ein größeres Haus, wir nahmen auch eines, das wir kannten. David, mein Schreibpartner, und Diana hatten beschlossen, dass es Zeit wurde, sich in Connecticut niederzulassen, also zogen wir in ihr Haus. Norton wusste den Umzug in gerade dieses Haus besonders zu schätzen, denn er wusste ja bereits, wie man es von allen Seiten aus erreichte. Bedenken hatte er nur wegen eines bestimmten Blauhähers, der dort lebte. Dieser Vogel hatte meinen Kater auf dem Kieker und flog laut schimpfend um ihn herum, wobei er manchmal hinunter stieß und Norton auf den Kopf pickte. Norton hasste diesen Vogel. Ich versuchte immer, ihm zu erklären, dass er die Katze war und eigentlich den gefiederten Stänkerer jagen sollte, aber meine aufmunternden Worte stießen auf taube Ohren. Bis zu dem Tag, an dem wir Fire Island verließen, hatte Norton vor diesem Vogel einen Heidenrespekt.

Mein erstes Gefühl, was den Umzug betraf, bestätigte sich. Ein größeres Haus zu haben war ein schöner Luxus. Norm und ich wetteiferten im Tennis gegeneinander. Ich lernte, wie man ein tolles Grillhühnchen macht, und Norm stellte sich als der beste Geschirrspüler-Vollpacker heraus, den ich jemals gesehen habe. (Ich schwöre, es kam einem vor, als könnte er fast das ganze Haus inklusive der Wohnzimmercouch darin unterbringen). Das Einzige, an das ich mich gewöhnen musste, waren die Menschen.

Ich wohnte jetzt schon den vierten Sommer in Fair Harbor. Während dieser Zeit hatte ich nur die beiden Typen, die den Supermarkt führten, die Rockette-Lady und meine Auszeit vom Schreiben – die Kaffeeklatsch-Damen – kennengelernt. Das liegt zu einem guten Teil, wie Sie sicher bereits gemerkt haben, an der Tatsache, dass ich neue, enge Freundschaften ungefähr so herzlich willkommen heiße wie die Leute im 18. Jahrhundert Aussätzige. Norm dagegen war ungefähr anderthalb Minuten Wochenendgast gewesen, als er schon jeden einzelnen Einwohner, die meisten der regelmäßigen Gäste und die persönlichen Vorlieben von allen kannte. Mit Norm über die Straße zu gehen war eine überraschende Erfahrung. Der Grad seiner Beliebtheit war so hoch, dass ich ihn »Bürgermeister« nannte, wie in »Bürgermeister von Fair Harbor«.

»Hey, Norm! Wie geht’s?«

Ich kam einfach nicht über die Tatsache hinweg, dass fast völlig Fremde einfach stehen blieben und ihm auf die Schulter klopften. Frauen scharten sich um ihn. Norm ist der Hauptautor der »Sesamstraße«, was, zusätzlich dazu, dass es sich um den besten Job der Welt handelt, bedeutet, dass Frauen ihn automatisch für intelligent, sensibel und lustig halten. Er ist all das – obwohl, sollten Sie ihm begegnen, fragen Sie ihn doch mal, was er an jenem Abend mit dem Fernglas auf der Veranda gemacht hat.

»Norman, du warst ja ganz schön wild letzte Nacht! Gehen wir heute Abend wieder in die Disco?«

Bei dieser Bemerkung musste ich stehen bleiben und ihn fragen, wo zur Hölle man in Fair Harbor in die Disco gehen konnte. Norm erklärte mir, dass das Restaurant um elf Uhr abends in einen Club umgewandelt wurde. Schockiert fragte ich, seit wann das denn so sei, seit ein oder zwei Wochen? Nein, meinte Norm – seit vier Jahren.

Tja. Scheinbar blieb ich im Sommer selten länger auf als zehn Uhr.

Ein kleiner Kerl, der sich im Gegensatz dazu ziemlich herumgetrieben hatte, war ein gewisser charmanter Scottish-Fold-Kater.

Norton begleitete Norm und mich normalerweise auf dem Weg zum Tennisplatz oder zum Supermarkt oder zum Strand. Es war unglaublich, wie viele Leute aus Fair Harbor ihn kannten. Es kam einem vor, als würde jeder Zweite, dem wir begegneten, zuerst Norm Guten Tag sagen und dann Norton sehr herzlich begrüßen – mit Namen – und dann mich irritiert ansehen, als wenn er sagen wollte: »Hm, dieser Typ kommt mir irgendwie bekannt vor. Oder, nein, doch nicht.«

Manchmal begann ich ein Gespräch und erkundigte mich, woher diese Menschen meine Katze kannten. Die übliche Antwort lautete: »Oh, er kommt uns immer besuchen.«

Wenn die Leute mich direkt ansprachen, dann sagten sie normalerweise: »Oh, dann sind Sie der Typ, von dem Norm uns erzählt hat. Stimmt es, dass Sie sich weigern, Ihre Veranda zu verlassen?«, oder, meine Lieblingsbemerkung, »Ohhh, Sie sind Nortons Dad!« Erst nachdem viele Leute ihn auf unseren Spaziergängen mit Namen angesprochen hatten, fiel mir ein, dass er keine Namensplakette trug. Was bedeutete, dass sie seinen Namen gar nicht wissen konnten, es sei denn, er unterhielt sich mit meinen Nachbarn, wenn er sie besuchte.

Ich beschloss, diesen Gedanken nicht weiterzuverfolgen. Das kam mir nicht gesund vor.

»Normie, sehen wir uns ce soir beim Sixish?«

Das muss ich vermutlich etwas näher erläutern.

Jeden Freitag- und Samstagabend wiederholte sich in Fair Harbor ein merkwürdiges und unheimliches, an Stephen King erinnerndes Ritual. Während ich auf meiner Veranda saß und ohne Schuhe ganz entspannt mein Bier trank, sah ich Horden von Menschen, die angezogen waren, als wollten sie zu einer Ballettaufführung – oder, schlimmstenfalls, zu einem »Miami Vice«-Casting –, an mir vorbei in Richtung Hafen ziehen. Die meisten Frauen trugen so viel Make-up, dass sie im japanischen Kabuki-Theater hätten auftreten können. Die meisten Männer trugen Hemden, die so viele Haare auf ihrer Brust, ihren Schultern und ihren Rücken enthüllten, dass man damit den Rasen eines kleineren Baseball-Stadiums wieder hätte auffüllen können. Sie hielten alle einen Drink in der Hand, und ihre Arme hielten sie alle in einem 45-Grad-Winkel, vermutlich dem besten Winkel, um Verschütten zu vermeiden.

Erst als Norm da war, um mich in die Geheimnisse von Fair Harbor einzuweihen, verstand ich wirklich, wovon ich da eigentlich Zeuge wurde.

Im Hafen konnte man den Sonnenuntergang am besten beobachten. Also versammelten sich die Leute aus der Stadt alle dort unter dem Vorwand, das Naturschauspiel bewundern zu wollen, während sie in Wahrheit verzweifelt nach einem Mitglied des anderen Geschlechts suchten, das keinen Sonnenbrand hatte, um die Nacht mit ihm oder ihr zu verbringen. Diese Treffen begannen in der Regel um sechs Uhr abends herum, und so hielt das reizende Wort »Sixish« Einzug in unser Vokabular.

Es gab die normalen Sixishs und die besonderen (wie das am 4. Juli, wo es nicht nur ein Feuerwerk gab, sondern auch Händler aus der Gegend Fotografien, Schmuck, T-Shirts und personalisierte Kadima-Schläger anboten), und es gab Sixishs, die unter einem Motto standen. Es hatte schon etwas Ehrfurchteinflößendes, wenn beim jährlichen Animal House-Sixish ziemlich erfolgreiche Anwälte, Verleger, Makler oder was auch immer in Togen herumstanden und Bier tranken, sich dabei nach einem bereitwilligen Partner umsahen und dabei »Par – ty … Par – ty« skandierten.

Obwohl ich wusste, dass es nichts für mich war, begleitete ich Norm irgendwann zu einem Sixish. Ich war nicht gerne mit Leuten zusammen, die sich in Togen kleideten (selbst wenn sie damals keine Togen trugen, reichte es mir zu wissen, dass sie es irgendwann im Laufe des Sommers tun würden), aber ich beschloss, dass es etwas war, das ich tun musste. Schließlich sollte es ja der Beginn eines neuen Lebens sein.

Ich nahm Norton mit, weil ich dachte, er würde sich das gerne ansehen. Warum nicht – immerhin kannte er die meisten Leute, die dort sein würden, ja bereits.

Ich muss sagen, so richtig verstanden habe ich das nicht. Das ganze Konzept blieb mir fremd. Warum kommen Leute aus New York City – der Stress- und Modehauptstadt der Welt – an den schönsten, ruhigsten und entspannendsten Strand, den man sich vorstellen kann, und erschaffen dort ein neues New York? Warum sollte irgendjemand bei dreißig Grad an einem Samstagabend eine Strumpfhose tragen, wenn er nicht muss? Oder seidene Sportjacken? Warum trugen die Leute nicht Shorts und T-Shirt? Und warum haben so viele Menschen Angst davor, mal einen Abend allein zu verbringen? Warum will sich jemand nach fünf Tagen Geschiebe und Gedränge durch mehrere Millionen Menschen, die auf ein paar Quadratkilometern zusammengepfercht sind, mit ein paar Hundert der gleichen Leute auf ein paar Quadratmetern zusammenpferchen lassen?

Norton war ein richtiger Hit bei seinem ersten Sixish – er erhielt viele Komplimente, von alten Freunden genauso wie von neuen, über seine Ohren ebenso wie über seine Persönlichkeit. Ich war weniger der Hit. Niemand machte mir Komplimente wegen meiner Ohren oder meiner Persönlichkeit. Ich glaube, es gelang mir nicht so ganz, meine Verzweiflung über das Ausmaß an entblößter Zellulite zu verbergen. Es war, als befände ich mich plötzlich in Fitness-Guru Jack La Lannes persönlicher Hölle. (Für diejenigen unter Ihnen, die Norms Charme bereits erlegen sind und ihn für den viel Sensibleren von uns beiden halten, möchte ich bemerken, dass er sich nach meiner ersten Hafenerfahrung und meinem anschließenden Schockzustand die perfekte Sixish-Falle für ein Mitglied des anderen Geschlechts ausdachte: Zuerst bindet man ein Plunderteilchen an einen Faden. Die Sorte ist egal, obwohl es mit Kirsch-, Pflaumen- oder Quarkfüllung am besten funktioniert. Man lässt das Plunderteilchen beiläufig auf den Boden fallen. Wenn das ahnungslose Opfer sich danach bückt, weil er oder sie glaubt, einen kostenlosen Nachtisch ergattern zu können, zieht man an der Schnur und holt das köstliche Gebäckstück mehrere Meter näher an sein Haus heran. Das Opfer wird folgen. Das wiederholt man so lange wie nötig, bis man den armen Tropf im Wohnzimmer gefangen hat. Dieser einfache Trick funktioniert angeblich über eine Entfernung von drei Blocks. Um das Ergebnis zu optimieren, sollte man brennende Kerzen, mehrere gekühlte Daiquiris und ein paar Erdnuss-M&Ms zu Hause bereithalten.)

Norton schien zum Glück mein mangelndes Interesse an den Sixish-Treffen zu teilen. Es gab jedenfalls ganz sicher keine anderen Katzen, die er dort hätte kennenlernen können. Der einzige andere Vierbeiner war ein kleiner Schäferhund, dessen Vorstellung von Spaß es war, laut zu bellen und Norton in das Gebüsch neben dem Supermarkt zu jagen. Wir verließen die Veranstaltung, nachdem ich ein Gespräch zwischen Norm und einer Psychiaterin mitgehört hatte. Ihr Spezialgebiet waren Leute mit übersteigertem Selbstbewusstsein. »Manchmal«, sagte sie, »möchte ich diese Leute schütteln und sagen: Versteht ihr denn nicht? Ich bin die beste verdammte Psychiaterin in New York! Euch müsste es längst wieder viel besser gehen!«

Norton ließ sich nach diesem Erlebnis von mir tragen. Wir beide wollten so schnell wie möglich nach Hause.

Norm, Norton und ich teilten uns drei Jahre lang ein Sommerhaus. Norm stellte einen neuen Beliebtheitsrekord auf der Insel auf – ich mag den Gedanken, dass das Zusammenleben mit mir dabei geholfen haben könnte – und schrieb einige seiner besten Sketche für Oskar aus der Mülltonne. Norton durchlebte eine glückliche Entwicklung vom Kind zum Jugendlichen und dann jungen Erwachsenen und zeigte dabei all die typischen Charaktereigenschaften von Teenagern und jungen Menschen Anfang zwanzig. Er wusste plötzlich alles besser und wollte sich einfach nichts mehr von mir sagen lassen. Wenn es den ganzen Tag regnete und er raus wollte, waren alle meine Erklärungen, dass er sehr nass werden und sich dann sehr schlecht fühlen würde, buchstäblich für die Katz. Er bestand darauf, seine Erfahrungen selbst zu machen. Er wurde auch viel unabhängiger, blieb über Nacht draußen, wenn wir auf der Insel waren (oder fast die ganze Nacht – er miaute normalerweise gegen fünf Uhr morgens sehr laut nach mir, damit ich ihn wieder reinließ). Ich ließ ihn gewähren, weil ich davon ausging, dass er sich von der nächtlichen Disco fernhielt. Das wahrscheinlich traumatischste Ereignis während dieser Zeit war die Entfernung von Nortons … ähem … Männlichkeit. Obwohl ich ihn gerne Nachwuchs hätte zeugen lassen (ich versuche, von allen Großeltern-Vergleichen Abstand zu nehmen), beeindruckten mich alle, die schon mal eine Katze gehabt hatten, mit ihrer vehementen Überzeugung, alles zu vermeiden, was mit Fortpflanzung zu tun hatte. Es war der Gedanke an einen Kater (und Norton wurde während dieser Gedankengänge zu »einem Kater«, nicht »meinem Kater« oder »diesem süßen grauen Kerl« oder so etwas in der Art), der meine ganze Wohnung, meine Kleidung, meine Arbeit und mein Leben markiert, der mich schließlich einknicken ließ. Das wollte ich nicht. Also vereinbarte ich einen Termin und brachte ihn zum Tierarzt.

Nortons Tierarzt, der eine eigene Praxis im Village hat, sieht genauso aus wie der Weihnachtsmann. Er ist groß, fröhlich, hat lange weiße Haare und einen weißen Bart. Als ich Norton zu der gefürchteten Operation brachte, brauchte ich dringend jemanden wie ihn.

»Glauben Sie mir«, sagte er. »Es ist schmerzlos. Er wird gar nichts spüren.«

»Vielleicht sollte ich bleiben«, schlug ich vor. »Ich könnte mir ein Feldbett besorgen und es in seinem Zimmer aufstellen …«

»Er muss nicht über Nacht hierbleiben«, teilte mir der Weihnachtsmann mit. »Sie können ihn um fünf Uhr abholen.«

»Soll ich irgendetwas Besonderes für ihn tun? Ihm eine weiche Unterlage kaufen? Soll ich den Kabelfernseh-Betreiber anrufen und den Porno-Kanal abklemmen lassen?«

»Es wird ihm gut gehen«, meinte der Tierarzt. »Das wird nicht traumatisch für ihn.«

Der Tierarzt hatte Recht. Norton ging großartig damit um. Ich dagegen war ein Wrack. Fast den ganzen Tag lang plagten mich heftige Schmerzen in der Lendengegend. Ich war außerdem sicher, dass Norton mich hassen würde, wenn ich ihn wieder abholte. Ich war überzeugt davon, dass ich mit emotionalen Spätfolgen rechnen musste. Ich fürchtete mich schon vor den Psychiater-Rechnungen.

Um Punkt fünf war ich zurück beim Tierarzt und nahm Norton wieder in Empfang, der zwar ein bisschen groggy war, aber ansonsten überhaupt nicht mitgenommen wirkte. Der Weihnachtsmann zeigte mir den Schnitt, und als das Zimmer aufhörte, sich zu drehen, musste ich zugeben, dass es nicht schlimm aussah. Er meinte, ich solle dafür sorgen, dass Norton es eine Nacht lang ruhig angehen ließ – und dann wäre die ganze Sache vergessen, und er würde wieder ganz normal sein.

Da sollte er Recht behalten. Für Norton blieb die Operation psychisch wie körperlich ohne Folgen. Sie hielt ihn jedenfalls nicht davon ab, sich auf Fire Island weiterhin nachts herumzutreiben. Er nahm nicht mal zu, was sicher daran lag, dass er sich draußen austobte, auf Bäume kletterte und durch das Unterholz von Fair Harbor schlich.

Für mich selbst bedeutete die Zeit mit Norm, dass sich mein Tennisspiel gewaltig verbesserte, dass ich neben dem gegrillten Hühnchen jetzt auch einen ausgezeichneten (wenn ich das selbst so sagen darf) kalten gekochten Lachs mit Knoblauchsauce zubereiten konnte, und dass wir unglaublich viel Spaß hatten. Aber ich wurde nie zu einem regelmäßigen Besucher der Sixish-Treffen. Ich bin auch nie mit egoistischen Psychiaterinnen ausgegangen; und ich musste auch nie auf die original Plunderteilchen-Falle des Bürgermeisters von Fair Harbor zurückgreifen.

Aber ich betrat die Welt des Herumdrucksens, der ungeschickten Umarmungen und der zögernden Intimitäten. Tatsächlich betrat ich sie nicht nur. Ich stürzte mich kopfüber hinein.

Meine erste ernsthafte Beziehung nach Cindy führte ich mit einer Frau namens Sarah. Sarah und ich hatten, wie sich später herausstellte, ungefähr so viel gemeinsam wie Madonna und der Papst. Aber während der ersten drei Monate mit ihr dachte ich, sie wäre perfekt.

Um mit den Äußerlichkeiten anzufangen: Sie sah absolut umwerfend aus. Sie hatte dunkles Haar und eine Haut, die sehr schön ebenmäßig gebräunt war. Sie hatte lange, perfekt geformte Beine und – denken Sie dran, ich sagte ja, dass dies während meiner oberflächlichen Periode passierte – trug die kürzesten Röcke, die ich jenseits der Twiggy-Ära jemals gesehen hatte. Sie war sinnlich und leidenschaftlich, und vor allem fand ich, als sie beschloss, dass sie mir vertrauen konnte, heraus, dass sie einen gewissen Teil ihrer Kleidungseinkäufe bei Victoria’s Secret tätigte.

Leider konnte ich, nachdem ich mit den Äußerlichkeiten fertig war, nicht viel anderes Tolles an ihr entdecken. Und was immer wieder durchkam und ernsthafte Probleme verursachte, war die Tatsache, dass wir uns über zwei Sachen ständig stritten. Eine davon war Humor. Sarah vertrat die – ziemlich oft von ihr geäußerte – These: »Sinn für Humor ist gut, aber es gibt bestimmte Zeiten im Leben, in denen für Humor kein Platz ist.« Sie regte sich immer ziemlich auf, wenn ich ihr meine Lebensphilosophie erklärte, die lautete, dass das durchaus sein konnte, ich jedoch »noch keine von diesen Zeiten erlebt« hätte.

Der andere Anlass für unsere Streitereien war niemand anderer als Norton. Sarah war furchtbar eifersüchtig auf ihn, vor allem, weil ich ihn oft als Ausrede benutzte, um nicht in ihrer Wohnung übernachten zu müssen. Sie bestand immer darauf, dass ich Norton nur vorschob, um mich nicht binden zu müssen. Ich fürchte, wenn man das genauer analysiert, dann hatte sie Recht, obwohl ich lieber denke, dass ich ihn nur vorschob, um Sarah nicht sagen zu müssen, dass ich mich nicht binden wollte. Meine Entschuldigung, warum ich nicht bei ihr übernachten wollte, war, dass ich Norton nicht gerne allein ließ.

»Er wird eine Nacht ohne dich überleben«, sagte sie dann.

»Ich weiß«, erwiderte ich. »Aber es wird ihm nicht gefallen

Und diese Entschuldigung war nicht mal gelogen. Ich ließ ihn nicht gerne allein. Aber es gab noch andere Gründe. Ich mochte auch Sarahs Wohnung nicht. Sie lag in einem dieser neuen, weißen Gebäude, die die gleiche Wärme ausstrahlen wie Stalins Russland. Sie hatte die Wohnung mit ganz viel Schnickschnack und kinetischen Skulpturen und modernen Kunstdrucken angefüllt. Ich fand, die Wohnung wirkte wie ein Ort, an dem Andy Warhol gerne gestorben wäre.

Einmal hatten wir einen heftigen Streit um zwei Uhr morgens. Ich stand auf und sagte ihr, dass ich nach Hause fahren wollte. Sie wurde schrecklich wütend. Ich erzählte ihr von meiner Norton-und-das-Raubtier-Theorie. Sie wurde noch wütender. Ich versuchte weiter, ihr zu erklären, warum ich gehen wollte, doch dann brach Sarah plötzlich in Tränen aus und teilte mir mit, dass sie unsere Beziehung beenden müsse. Sie würde mit mir Schluss machen. Ein bisschen überrascht über ihre extrem heftige Reaktion wollte ich wissen, warum sie das so sah.

»Weil Norton nur eine Katze ist«, schluchzte sie. »Und er hat nur Katzen-Gefühle. Ich bin ein Mensch. Ich habe Menschen-Gefühle. Aber meine Gefühle sind dir egal. Vollkommen egal.« Jetzt weinte sie richtig heftig. »Ich glaube, du liebst deine Katze mehr als mich«, sagte sie unter Tränen.

»Sarah, das stimmt nicht«, sagte ich.

»Was?«, fragte sie hoffnungsvoll.

»Ich glaube nicht, dass Norton nur Katzen-Gefühle hat.«

Unnötig zu erwähnen, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt für Humor war.

Sarah weigerte sich danach zwei Monate lang, sich weiter mit mir zu treffen, und verkündete, dass unsere Beziehung beendet war. Doch irgendwie kamen wir immer wieder zusammen. Immer, wenn wir uns zufällig in einem Restaurant begegneten und merkten, dass wir uns gegenseitig besser fanden als denjenigen, der uns gerade begleitete, oder wenn sie frustriert über ihren Job war und jemanden zum Reden brauchte oder wenn ich den neuen Victoria’s Secret-Katalog in der Post hatte und ihn zufällig beim Einschlafen durchblätterte, kamen wir wieder zusammen. Wir konnten irgendwie nicht mit-, aber auch nicht ohneeinander.

An einem Valentinstag beschloss ich aus einem Impuls heraus, sie zu einem romantischen Ski-Wochenende nach Vermont einzuladen. Sarah wusste die Geste so sehr zu schätzen, dass es schon fast ein bisschen unheimlich war. Wir fuhren eigentlich kaum zusammen in den Urlaub. Was wahrscheinlich wieder an meinem fehlenden Willen lag, mich zu binden. Einmal wären wir fast für ein paar Tage ins Biltmore-Hotel nach Phoenix gefahren, meinem absoluten Lieblingsort abgesehen vom Liberace-Museum in Vegas. Aber ins Biltmore durfte man keine Katzen mitbringen, also stornierte ich wütend die Reservierung. Nachdem ich das getan hatte, stornierte Sarah mich für drei Wochen. Jetzt, wo ein langes, schneereiches Wochenende vor uns lag, war sie hocherfreut und zärtlich wie noch nie. Selbst ich hatte ein etwas schlechtes Gewissen, als mir klar wurde, dass ich nichts weiter tun musste, als spontan innerhalb von zwei Tagen eine romantische Pension in Vermont zu finden, die Katzen aufnahm. Nach dem zwanzigsten Anruf war Sarah sehr viel weniger erfreut und deutlich weniger zärtlich. Beim einundzwanzigsten Anruf war ich verzweifelt. Als die Pensionswirtin sich meldete, erklärte ich ihr mein inzwischen gut eingeübtes Norton-Anliegen. Ich spürte, wie sie zögerte – was sehr viel besser war als die sofortigen Absagen, die ich bis jetzt erhalten hatte –, also trug ich richtig dick auf. Ich war schon fast so weit, aufs Ganze zu gehen – und ihr von damals zu erzählen, als Norton meine arme verirrte Großmutter in jenem schrecklichen Schneesturm rettete –, als die Pensionswirtin einknickte.

Und so fuhr meine Scottish Fold zum Skilanglauf.

Am Tag, nachdem wir in der Pension angekommen waren, erklärte mir Sarah, dass sie schon mal Abfahrt gefahren war, aber noch nie Langlauf probiert hatte. Wir machten uns daran, das zu ändern. Zuerst jedoch wollten wir sehen, wie Norton auf den Schnee reagierte. Er war noch nie draußen im Schnee gewesen; die meisten seiner Erfahrungen im Freien hatte er bis zu diesem Zeitpunkt im Sommer gemacht. Aber in Vermont war der Sommer nur eine ferne Erinnerung. Über allem lag eine dreißig Zentimeter dicke Schicht aus weichem Pulverschnee, also setzten wir Norton vor die Tür der Pension und warteten mit angehaltenem Atem.

Das Erste, was passierte, war, dass er im Schnee versank. Er war so leicht und der Schnee lag so hoch und war so weich, dass Norton schlicht davon umhüllt wurde. Im nächsten Moment schoss er jedoch in die Luft, so eingehüllt in weiße Flocken, dass er sofort bei Siegfried und Roy hätte einsteigen können.

Zu meiner großen Überraschung liebte er den Schnee. Er rannte zum nächsten Baum, kletterte halb hinauf und raste wieder hinunter. Er buddelte wie ein Eichhörnchen und schob mit Nase und Gesicht einen Tunnel hinein. Er rollte sich auf den Rücken und streckte die jetzt weißen Tatzen nach dem blauen Himmel aus. Ich glaube nicht, dass ich jemals Zeuge wurde, wie ein Tier so viel Spaß hatte.

Nach ungefähr einer halben Stunde wurde es ihm, glaube ich, zu kalt. Er kehrte mit Schneeflocken und kleinen Eisklumpen im Fell zurück in die Pension. Ich wickelte ihn in ein Handtuch und trocknete ihn ab, was er offenbar zu schätzen wusste, dann legte er sich vor den Kamin im Wohnzimmer und schlief für eine Weile. Inzwischen war die Pensionswirtin natürlich längst bereit, Norton zu adoptieren.

Nach dem Mittagessen schnallten Sarah und ich uns die Langlaufskier an und machten uns auf den Weg. Wie immer, wenn ich draußen unterwegs war, folgte Norton uns. Ich versuchte, es ihm diesmal auszureden, aber er bestand darauf. Schnee hin oder her, Kälte hin oder her, er war bereit für ein neues Abenteuer.

Als wir in einen nahegelegenen Wald kamen, blieb Norton nicht wirklich auf unserer Spur. Er rannte im Zickzack herum wie ein Wahnsinniger, kletterte auf Bäume, lief mit großen Schritten durch Schneeverwehungen, nur um dann plötzlich stehen zu bleiben und wie ein Verrückter zu miauen, bis ich kam und ihn für eine Weile trug.

Alles in allem war er glücklich. Und er war noch glücklicher, als wir nach zwei Stunden das Handtuch- und Kaminritual wiederholten. Selbst Sarah war glücklich und musste – bei einem späten Glas Cognac und einer Partie Backgammon – zugeben, dass Norton eine lohnenswerte Ergänzung unseres Valentinstag-Wochenendes war. Sie seufzte zufrieden und sagte mir, dass sie glaubte, sie wäre dabei, sich in mich zu verlieben.

Als ich mich zwei Tage später weigerte, bei ihr zu übernachten, beschloss sie jedoch, dass sie mich nie wiedersehen wollte.

Zwischen den verschiedenen romantischen Wiederbegegnungen mit Sarah gab es auch andere romantische (und nicht so romantische) Begegnungen. Norton gelang es, sich in fast alle davon einzumischen.

Für ungefähr sechs Wochen verliebte ich mich Hals über Kopf in eine Sportjournalistin, die in Boston lebte. Das bedeutete, dass ich am Wochenende ziemlich viel unterwegs war, entweder nach Boston oder zu irgendeinem College-Baseballspiel in irgendeiner Stadt im Süden, wo Räucherlachs und Bagels nur ein verstörender Mythos waren.

Das erste Mal, als ich sie in Boston besuchte, kam ich mit zwei Steaks, einer Flasche Rotwein und einer Katze.

Norton gefiel Boston (die Stewardessen, äh, Flugbegleiterinnen auf den Pan Am-Inlandsflügen sind sehr nett zu kleinen, freundlichen Tieren), aber die Sportjournalistin konnte sich nicht vorstellen, Dean Smith mit einer Katze auf der Schulter zu interviewen, also kühlte diese Beziehung ziemlich schnell wieder ab.

Ich war auch mal mit einer Lektorin von einem Konkurrenzverlag zusammen, die die Formulierung »genau wie bei Dickens« öfter verwendete als jeder andere, den ich kannte. Als ich sie Norton vorstellte, bewunderte sie sein Aussehen, machte jedoch den Fehler, mich zu fragen, ob ich ihn nach Norton Simon benannt hätte. Die Vorstellung, dass jemand tatsächlich glauben könnte, ich hätte meine Katze nach dem langweiligsten Milliardär der Welt benannt, war für mich ziemlich gruselig. Wenn sie Kenny Norton gesagt hätte, dann hätte sie vielleicht für eine Weile bleiben können. Aber so, wie die Dinge lagen, dauerte unsere Beziehung zwei Wochen.

Eine Woche verbrachte ich in Begleitung einer Modedesignerin. Sie hätte die Woche vielleicht gar nicht durchgehalten, wenn wir uns nicht ein paar Tage vor Halloween begegnet wären und sie mir bei unserem ersten Treffen gestanden hätte, dass sie beim vorangegangenen Halloween völlig nackt auf eine Kostümparty gegangen war – abgesehen von einer Schicht Bodypaint. Der Grund, warum sie nicht länger als eine Woche blieb, war, dass sie eine Schlange auf die Schulter tätowiert hatte und Norton mitten in der Nacht auf dieses Tattoo sprang und sein Bestes tat, es ihr von der Haut zu entfernen. Offenbar hielt sie das für einen ausreichenden Grund, unsere kurze Affäre zu beenden.

Eine der besten Sachen an der Partnersuche war Nortons Reaktion auf die Frauen, die ich mit nach Hause brachte (oder, im Falle der Sportjournalistin, zu denen ich ihn brachte). Die meisten mochte er. Normalerweise lief das alles wie folgt ab: Ich kam nach dem Abendessen nach Hause, führte die Frau in meine Wohnung. Norton bekam sein Betthupferl-Pounce; ich stellte die beiden einander vor. Wir führten das »Oh, was für lustige Ohren«-Gespräch, während Norton sie begutachtete. Wenn er sie mochte, dann streifte er mit der Seite seines Kopfes an ihr vorbei und berührte sie dabei recht verführerisch. Das war eine große Hilfe dabei, meine neue Bekannte noch einmal gründlich über meine Reize nachdenken zu lassen.

Während sie und ich auf dem Sofa saßen, uns Musik anhörten, uns unterhielten und herauszufinden versuchten, was der Rest des Abends vielleicht noch für uns bereithielt, setzte sich Norton – erneut nur, wenn er die Frau mochte – einen guten Meter von uns weg, legte sich auf den Rücken und sah zu uns auf. Das war so süß, dass meist, sobald meine Bekannte und die Katze Augenkontakt aufgenommen hatten, alle weibliche Zurückhaltung überwunden war.

Wenn Norton eine Frau jedoch nicht mochte – vergessen Sie’s. Kein verführerisches Streifen, keine anbetungswürdigen Blicke nach hinten. Oh nein. In diesen Fällen wurde viel weggerannt, an den Beinen der Couch gekratzt (und manchmal an der Frau), und gelegentlich übergab er sich auch. Wir haben normalerweise den gleichen Geschmack, was Frauen angeht, Norton und ich, deshalb fiel es mir schwer, genervt zu sein, wenn sein Verhalten sich änderte. Tatsächlich hatte ich, abgesehen von dem Kratzen an der Couch, oft das Bedürfnis, das Gleiche zu tun wie er.

Cindy und Norton waren mit unserem angenehmen Schlafarrangement ganz großartig zurechtgekommen. Keiner ihrer Nachfolgerinnen gelang das jemals wieder ganz so gut. (Vor allem eine namens Michelle wachte in der Nacht jede Stunde auf, spuckte und rang nach Atem und wedelte wild mit den Armen herum, weil Norton ihr ständig den Schwanz in den Mund steckte.) Norton war, anders als sein Dad, extrem wählerisch, was die Person anging, die ihm morgens das Kinn kraulen durfte.

Ich vertraute Nortons Urteil, was Frauen anbetraf, und meistens zeigte er sich mit meiner Wahl einverstanden. Wirklich uneinig waren wir uns nur bei Karyn.

Karyn war ein dänisches Model, das wir in Paris kennengelernt hatten (bei einer von Nortons ersten Reisen dorthin). Sie war zweiundzwanzig Jahre alt, einen Meter achtzig groß und so unglaublich attraktiv, dass ich, wenn ich mir ihr redete, fast angefangen hätte zu sabbern. Sie sprach mehrere Sprachen, war unglaublich weltgewandt, hatte eine scharfe Zunge und viel schwarzen Humor … ich schätze, damit wäre klar, warum ich schon beim ersten Treffen völlig hin und weg war. Wie durch ein Wunder war auch sie hin und weg. Das Leben schien perfekt.

Abgesehen von einem Problem.

Ein bestimmtes Mitglied meiner Familie beschloss, dass er diese große blonde Frau, die gelegentlich auf seiner Seite des Bettes übernachtete, absolut nicht leiden konnte. Norton hasste sie.

Meine Katze faucht nicht – aber er fauchte Karyn an. Meine Katze beißt nicht – aber er biss sie. Er wartete immer, bis sie fest schlief, dann sprang er auf ihr Kissen und miaute, so laut er konnte, sodass sie zu Tode erschrak. Er pisste einmal in ihre Schuhe – als sie gerade zu einem Fototermin losmusste.

Ich versuchte ihn davon zu überzeugen, dass er sich irrte. Ich versuchte auch Karyn davon zu überzeugen, dass ich ihn nicht in New York lassen konnte, wenn ich für ein paar Tage nach Paris flog. Ich hatte bei beiden keinen Erfolg damit.

Zum Glück war ich nie gezwungen, zwischen den beiden zu wählen. Es ist wahrscheinlich krank, ich weiß, aber müsste ich mich entscheiden zwischen jemandem, der wahrscheinlich den Miss-Universe-Wettbewerb mit dem Talent gewonnen hätte, einfache neurochirurgische Eingriffe durchführen zu können, und meiner temperamentvollen Scottish Fold, würde meine Wahl ohne zu zögern auf meine Katze fallen. Ich hätte ihn vielleicht umgebracht – aber er hätte gewonnen. Bevor es jedoch dazu kam, lernte ich ein für alle Mal, Nortons Urteil zu vertrauen, wenn es um Frauen geht.

Meine erste Verabredung mit Karyn – die eine Woche dauerte – war spektakulär. Wir aßen in kleinen, abgelegenen Restaurants, wir tranken großartigen Wein, ich probierte meinen ersten Pfirsich-Champagner, wir tanzten Wange an Wange, wir hielten Händchen im unterirdisch gelegenen Caveaux de Jazz. Dann kehrte ich nach New York zurück. Wir schrieben uns Briefe, wir trieben unsere Telefonrechnungen so hoch, dass sie den Staatsschulden Konkurrenz machten, und wir schmiedeten Pläne, uns an allen möglichen exotischen Orten zu treffen.

Die zweite längere Zeit, die wir miteinander verbrachten, war ebenfalls fantastisch. Sie dauerte nur fünf Tage, denn länger konnte ich nicht weg. Bei dieser Reise waren zwei Freunde von mir, Nancy und Ziggy Alderman, zufällig auch in Paris. Nancy, die extrem attraktiv, aber nur einen Meter sechzig groß ist und dunkles, lockiges Haar hat, war ein bisschen pikiert, als sie mein Zimmer im Tremoille betrat, um ein Glas Champagner mit mir zu trinken, und eine blonde Göttin vorfand, die den Schaumwein gerade eingoss – und noch dazu nicht viel mehr trug als eine Käpt’n-Hook-Augenklappe als Kleid. Zig reagierte in einem seiner weltgewandteren Momente völlig panisch, als er Karyn sah, und erklärte uns, dass er einen Moment ins Bad müsse. Sein Fehler war nur, dass er stattdessen in den Schrank ging – was ihm so peinlich war, dass er dort fünf Minuten lang blieb, in der Hoffnung, dass wir es vielleicht nicht bemerkten.

Bei der nächsten Reise nach Paris gingen Karyn und ich aus, um meine erste Nacht dort und unsere liebeshungrige Wiedervereinigung zu feiern. Ich hatte sie seit mehreren Monaten nicht mehr gesehen. Sie sah so hübsch und einladend aus wie immer – und Norton fauchte genauso laut wie immer, als sie ins Hotel kam.

Als das Essen vorbei war, schlenderten wir über die Straßen von Les Halles, hielten Händchen und küssten uns bewundernd alle paar Schritte. Dann erreichten wir das Tremoille und gingen nach oben. Ich bereitete mich auf eine Nacht voller außergewöhnlicher Leidenschaft vor. Dann erwähnte sie: »Oh, übrigens ist mein Freund ein bisschen wütend darüber, dass ich mich mit dir treffe.«

Es ist schon komisch, wie sehr ein solcher Satz die Lust auf außergewöhnliche Leidenschaft dämpfen kann.

»W-wie meinst du das, dein Freund?«, fragte ich sie. »Du hast mir gesagt, du hättest schon vor langer Zeit mit ihm Schluss gemacht.«

Sie sah mich verwirrt an. »Schluss gemacht?«

»Ja. Als wir das erste Mal zusammen ausgegangen sind … als wir die Woche miteinander verbracht haben … da hast du gesagt, du hättest die Beziehung beendet und …«

»Oh, das«, meinte sie. »Ich musste nur warten, bis er die Stadt verlassen hatte. Er war die ganze Woche weg. Ich habe die Beziehung zu ihm nicht wirklich beendet.«

»Und was war beim letzten Mal, als ich hier war?«

»Da war er auch nicht da.«

»Und warum hast du mir das nicht erzählt

»Weil ich dachte, dass du dich dann nicht mehr mit mir triffst.«

Ich fing an, im Zimmer auf und ab zu gehen. Ich sah Norton absichtlich nicht an, weil ich sicher war, dass er feixte.

»Wie heißt er?«, fragte ich. »Dein Freund.«

»Robert.«

»Was macht er beruflich?«

»Er ist Podologe.«

Wenn es ein Rennfahrer oder vielleicht ein internationaler Modedesigner gewesen wäre, dann hätte ich mich vielleicht auf ein weltgewandtes, wenn auch schmerzhaftes Teilzeitmodell einlassen können. Dann hätte ich wenigstens ein bisschen Stolz behalten. Aber ein Podologe?

»Woher … äh … woher weiß Robert, dass du dich mit mir triffst?«, erkundigte ich mich.

»Oh, ich musste es ihm sagen, weil er diesmal in der Stadt ist.«

»Und was hat er gesagt?«

»Robert ist ziemlich aufbrausend«, meinte Karyn mit einem Schulterzucken.

»Was hat er gesagt

»Irgendetwas, dass er dich umbringen will.«

»Hat Robert auch Sinn für Humor?«, wollte ich wissen.

»Robert hat überhaupt keinen Sinn für Humor«, erklärte mir Karyn.

Das war das Ende von Karyn. Wie sich herausstellte, hatte Robert wirklich gar keinen Sinn für Humor, und er wollte mich wirklich umbringen. In seinen Adern floss zum Teil arabisches Blut, und offenbar galt Mord in dem Land, aus dem dieses Blut stammte, als akzeptable Lösung derartiger Probleme. Auch wenn er mich nicht wirklich umbrachte, schossen mir, wie ich gestehen muss, einige sehr unangenehme Bilder – ich gefesselt und barfuß auf einem Stuhl, während podologische Folterinstrumente zum Einsatz kommen – durch den Kopf. Ich hatte nicht vor, den Rest meines Lebens ohne Füße zu verbringen, nicht einmal für ein wunderschönes dänisches Model.

Norton, das muss ich ihm lassen, feixte tatsächlich nie. Ich habe ihn jedoch absichtlich niemals mit nach Dänemark genommen, und ich bezweifle, dass ich das jemals tun werde. Das Letzte, was ich von Karyn hörte, war, dass sie nach Rom gezogen ist und jetzt mit irgendeinem Grafen zusammenlebt. Ich kann nur hoffen, dass es sich um Dracula handelt.

Eine von Nortons regelmäßigen Reisen war der jährliche Ausflug zum Baseball-Frühlingstraining in Florida. Ich fuhr jedes Jahr im März mit neun anderen Männern von der Rotisserie League dorthin. Ursprünglich durften nur Männer mitkommen, und wir sahen uns nur Baseball an. Aber mit der Zeit kamen die Frauen und Freundinnen hinzu; dann, als wir älter wurden, gehörte auch Golfspielen zu der Reise. Wir berichteten über unsere Ausflüge immer in unserem Rotisserie-League-Jahrbuch, und irgendwann kamen auch Spieler aus anderen Ligen dazu. Jetzt ist es eine richtig große Sache – eine Rotisserie-League-Zusammenkunft mit ein paar Hundert statistiksüchtigen Fans, die aus dem ganzen Land anreisen und mit uns Baseball anschauen und diskutieren.

Das Rotisserie-Wochenende ist nichts für Freundinnen, mit denen nicht wirklich etwas Ernsthaftes läuft. Sarah war ein einziges Mal mit (und schaffte es, mehr Rotisserie-League-T-Shirts zu verkaufen, als alle jemals für möglich gehalten hätten; sie sah viel besser darin aus als irgendeiner von uns), aber diese Wochenenden fielen normalerweise in die Zeiten, in denen sie gerade nicht mit mir sprach. Also war Norton mehrere Jahre lang mein einziger Begleiter. Er liebte das Hotel, in dem wir alle wohnten, das Belleview Biltmore, ein absolut spektakuläres, riesiges altes Gebäude aus der Zeit um die Jahrhundertwende mit so viel altem Südstaaten-Charme, wie man es sich nur wünschen kann. Ein Teil dieses Charmes rührte daher, dass das Hotelpersonal dort Norton ebenfalls liebte.

Im zweiten Jahr, in dem Norton mich begleitete, nahm ich auch zwei verheiratete Freunde mit, dieselben, die auch Karyn in Paris getroffen hatten, Nancy und Ziggy Alderman. (Ziggy ist nicht sein richtiger Name. Sein richtiger Name ist John, aber weil er in einem steifen Büro für Investmentbanking arbeitet, verschweigt er seinen Kollegen, dass er für die meisten Leute wie jemand von einem David-Bowie-Album heißt – was es ein bisschen kompliziert macht, sein Freund zu sein. Wenn er mit seinen Kollegen zusammen ist, dann sollen wir ihn John nennen, obwohl die ihn Aldy nennen. Und als wäre das alles nicht schon verwirrend genug, gibt es dort im Büro noch einen anderen Mitarbeiter namens John, einen Mitarbeiter, der in der Hierarchie über Ziggy steht, also haben Zigs Vorgesetzte beschlossen, dass ihn alle Jack nennen sollen, um Missverständnisse zu vermeiden, wenn die Leute im Büro nach John riefen. Das Ergebnis ist, dass ihn manche Leute jetzt als Ziggy kennen, manche als Aldy, manche als John und manche als Jack.)

Als ich mit den Aldermans auf dem Weg runter nach St. Petersburg war, beschwerte sich Ziggy/John/Aldy/Jack die ganze Zeit darüber, dass ich Norton dabeihatte. Er konnte nicht verstehen, wie ich eine Katze zu einer solchen Macho-Angelegenheit wie dem Frühlingstrainings-Ausflug mitnehmen konnte. Während des gesamten Fluges macht er sich über mich lustig – dafür hat er ein echtes Talent. Vor ein paar Jahren fuhren wir drei für fünf Tage ins Arizona Biltmore, um dort Tennis und Golf zu spielen (richtig – in der Woche redete Sarah gerade mal wieder nicht mit mir). Am zweiten Tag unseres Aufenthaltes dort besuchten uns drei meiner Freunde aus Tuscon und gingen mit uns essen. Wir aßen eine Menge und tranken eine Menge in dem ziemlich teuren Restaurant des Hotels. Als wir fertig waren, bestand Ziggy darauf, die Rechnung zu bezahlen. Ich stritt mit ihm – schließlich waren das meine Freunde; er war ihnen noch nie zuvor begegnet –, aber es war zwecklos. Er unterschrieb die Rechnung schwungvoll und badete für den Rest des Abends in unserem überschwänglichen Dank. Während der nächsten zwei Tage bezahlte ich, geplagt von einem schlechten Gewissen, möglichst viel für die beiden – für Nancys und Zigs Frühstück vor dem Golfen, die Golfrunden selbst, die Drinks am neunzehnten Loch, alles eben. Als wir auscheckten und man mir die Rechnung reichte, meinte Nancy zu ihrem Mann: »Denkst du nicht, es ist Zeit, es ihm zu sagen?« Und Zig gestand mir, dass er die hohe Essensrechnung zwar tatsächlich unterschrieben hatte – aber mit meinem Namen.

Sein Gesichtsausdruck, als wir in Florida in der Hotellobby standen, konnte die annähernd eine Million Dollar, auf der er mich in Florida hatte sitzen lassen, zwar nicht wettmachen, aber fast. Nachdem er mich stundenlang wegen meiner mitreisenden Katze gequält hatte, musste Zig am Empfangstresen stehen und zusehen, wie jede attraktive Frau, die im Hotel arbeitete (und das waren so zehn bis fünfzehn), rief: »Norton? Ist das Norton?« Und dann musste er zusehen, wie sie zu uns herumkamen, mit Sie-wissen-schon-wem spielten, mich anlächelten und sagten: »Denken Sie dran – falls Sie irgendetwas brauchen, rufen Sie einfach an.«

Jetzt, wo ich darüber nachdenke, das hat die Rechnung damals wettgemacht.

Die alljährliche Rotisserie-Zusammenkunft ist auch der Schauplatz von Nortons vielleicht größtem Abenteuer. Vor ein paar Jahren fuhr ich wie immer runter in den Süden, um meinen Rotisserie-Spähposten einzunehmen. Und wie immer begleitete mich Norton. Mein Flugzeug landete mit Verspätung, also kamen wir erst nach acht Uhr abends im Hotel an. Nachdem Norton am Empfangstresen überschwänglich begrüßt worden war, brachte ich ihn in unser Zimmer im zweiten Stock, stellte ihm sein Fressen und das Katzenklo hin und ging dann nach unten ins Restaurant zu den anderen. Nach ein paar Stunden mit gutem Essen, gutem Bier und exzellenten Gesprächen über Baseball war ich erschöpft, also kehrte ich in mein Zimmer zurück. Die anderen gingen noch raus auf die Terrasse, um weiter besagten drei Vergnügen zu frönen.

In diesem Jahr hatte mein Zimmer einen Balkon. Als ich hereinkam, stand Norton an der Balkontür und wollte nach draußen gelassen werden. Er war es gewöhnt, im Belleview Biltmore frei herumlaufen zu können. Es gab eine große Anlage rund um den Pool mit viel Gras und Büschen, in denen er sich rumtreiben konnte. Sein Lieblingsteil des Hotels war aus irgendeinem Grund der Keller. Er verbrachte viele Tage dort und erkundete alle Winkel und Verstecke; eine staubige Betonecke gefiel ihm besonders; es schien der perfekte Ort für ein Schläfchen zu sein. Aber er spielte meines Wissens nie auf den verschiedenen Türmen und Dachebenen des Hotels.

Nach einem Moment des Überlegens beschloss ich, es zu versuchen. Was konnte schon schiefgehen? Also öffnete ich die Tür. Norton rannte auf den Balkon, sprang auf das Geländer und kletterte dann weiter, erkundete die spitzen Dächer, die sich kilometerlang zu erstrecken schienen. Ich wartete zehn oder fünfzehn Minuten, dann rief ich ihn, um zu testen, ob er kommen würde, und tatsächlich war er sofort wieder da. Dadurch wusste ich, dass es sicher war, also erklärte ich ihm, dass er nach Herzenslust herumklettern durfte.

Fünfundvierzig Minuten später wollte ich mich schlafen legen. Als ich auf den Balkon trat, um Norton für die Nacht reinzurufen, klingelte mein Telefon. Ich hob ab und hörte die Stimme von Glen Waggoner, einem Gründungsmitglied der Rotisserie League und einem meiner besten Freunde.

»Ich glaube, du solltest dringend runterkommen.«

»Was ist los?«

»Norton ist gerade durch die Terrassenmarkise gefallen.«

Kennen Sie diesen Zeichentrickfilm mit dem Road Runner, der über die Straßen flitzt und mehrere Kilometer in einer Sekunde schafft? Das war ich, als ich die Treppe hinunterrannte, um meiner Katze zu Hilfe zu eilen.

Als ich auf der Terrasse ankam, lachte sich die Rotisserie-Gruppe schlapp. Glen führte mich zur Mitte der Terrasse und deutete nach oben. Drei Meter über meinem Kopf war ein Loch in der grün-weiß gestreiften Markise. Offenbar war Norton, gelangweilt vom Dach, auf die Markise gekrochen. Auf der Mitte traf er auf eine dünne Stelle im Stoff, die unter ihm nachgab. Er fiel knapp fünf Meter in die Tiefe und landete nur wenige Zentimeter von einem Tisch entfernt, an dem zwei siebzigjährige Damen gerade aßen. Unnötig zu erwähnen, dass sie schrien wie am Spieß. Sie hätten auch geschrien, wenn Sie gerade ruhig in einem Restaurant gesessen und gegessen hätten und plötzlich eine Katze durch die Luft geflogen und zehn Zentimeter neben Ihrem Kopf gelandet wäre – und eine von Ihnen fast reanimiert werden musste. Die Damen waren jedoch sehr nett, als ich mich tausend Mal bei ihnen entschuldigte (während im Hintergrund die gesamte Rotisserie League Tränen lachte), und schlugen mir vor, ich solle meine Katze suchen gehen, da sie sich zweifellos noch mehr erschreckt haben musste als sie.

Glen, den Norton gut kannte, hatte versucht, ihn nach seinem tiefen Fall einzufangen, aber Norton ließ sich nicht fangen. Er war einfach in der Dunkelheit verschwunden.

Weil ich keine Ahnung hatte, wo er hingelaufen sein konnte, stolperte ich über die riesige Wiese und rief seinen Namen. Keine Antwort. Ich stolperte noch fünfzehn oder zwanzig Minuten weiter, ohne das kleinste Zeichen von Norton, bis mir plötzlich klar wurde, wohin er gegangen sein musste. Ich lief zu der knarrenden Holztür, die in den Keller führte, öffnete sie und trat ein. Meine Augen brauchten ein paar Minuten, um sich an die Dunkelheit dort unten zu gewöhnen; dann, als es so weit war, ertastete ich mir den Weg zu der vertrauten, staubigen Ecke. Und dort lag Norton und schlief tief und fest.

»Psst«, sagte ich.

Nortons Augen öffneten sich; er stieß sein Brrrmiauuu aus und sprang in meine offenen Arme.

Für den Rest des Wochenendes machten die Leute viel Aufhebens um ihn. Aber er blieb die ganze Zeit über in meiner Nähe. Er hatte genug vom Herumstreunen. Ich sah, dass er nur an einer einzigen Person aus dem Hotel seinen Kopf rieb – einer sehr attraktiven Blondine, die am Empfang arbeitete. Als ich zu ihr ging, um den kleinen Unruhestifter zu holen, lächelte die Frau ihn an, dann mich.

»Gehört der Ihnen?«, fragte sie und flatterte praktisch mit den Lidern. »Der ist ja so süß

Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich schwören können, dass Norton uns beiden zuzwinkerte.