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Habeas Corpus – Anordnung, mittels welcher jemand aus dem Kerker geholt werden kann, wenn er für das falsche Verbrechen einsitzt.
Hafen, der – Ort, wo Schiffe, die Zuflucht vor Stürmen suchen, dem Wüten des Zolls ausgesetzt sind.
Hälfte, die – Eines von zwei gleichen Teilen, in die etwas geteilt (oder als geteilt gedacht) werden kann. Im 14. Jahrhundert entstand eine hitzige Diskussion zwischen Philosophen und Theologen, ob denn wohl die Allwissenheit einen Gegenstand in drei Hälften teilen könne. In der Kathedrale zu Rouen betete der fromme Pater Aldovinus öffentlich, Gott möge, daß diese These zutrifft, deutlich und unmißverständlich demonstrieren, am besten (wenn es Ihm gefalle) am Körper des kühnen Lästerers Manutius Procinus, der die These verneinte. Procinus ward jedoch verschont, um später an einem Vipernbiß zu sterben.
Halo, das – Eigentlich ein leuchtender Ring, der einen astronomischen Körper umgibt; häufig jedoch mit »Aureole« oder »Nimbus« verwechselt einem ganz ähnlichen Phänomen, das von Göttern und Adligen als Kopfputz getragen wird. Das Halo ist nichts als eine optische Täuschung und wird wie ein Regenbogen durch die Luftfeuchtigkeit bewirkt; die Aureole hingegen wird zum Zeichen fortgeschrittener Heiligkeit verliehen, etwa wie eine Bischofsmitra oder die Tiara des Papstes. Auf dem Gemälde Christi Geburt von Szedgkin, einem frommen Maler aus Pest, tragen jedoch nicht nur Jungfrau und Kind den Nimbus; auch ein Esel, der Heu aus der heiligen Krippe frißt, ist ähnlich geschmückt, und zu seiner ewigen Ehre sei festgestellt, daß er seine ungewohnte Würde mit wahrlich heiligmäßiger Anmut zu tragen weiß.
Hand, die – Einzigartiges Instrument; wird am Ende des menschlichen Arms getragen und gewöhnlich in eine fremde Tasche gesteckt.
Handauflegen, das – Durch Auflegen der Hände segnen oder weihen – eine vielen kirchlichen Systemen eigene Zeremonie, die jedoch mit besonderer Inbrunst von der Sekte der Diebe betrieben wird.
Handel, der – Transaktion, bei der A B die Besitztümer von C raubt, und B zum Ausgleich den Taschen von D Geld entnimmt, das E gehört.
Handlesekunst, die – Nach Mimbleshaws Klassifizierung die 947ste Methode, unter falschen Vorwänden Geld zu bekommen. Besteht darin, aus den Runzeln, die beim Ballen der Hand entstehen, den Charakter zu lesen. Der Anspruch ist nicht gänzlich falsch; auf diese Weise läßt sich ein Charakter wirklich trefflich lesen, denn die Runzeln jeder freiwillig dargebotenen Hand buchstabieren unmißverständlich das Wort »Trottel«. Der Betrug besteht darin, das Wort nicht laut zu lesen.
Hanf, der – Pflanze, aus deren faseriger Rinde ein Artikel verfertigt wird, den man um den Hals trägt; wird häufig nach öffentlichen Bekundungen unter freiem Himmel angelegt und bewahrt den Träger vor Erkältungen.
Harmonisten, die – Protestantische Sekte, ausgestorben; kam zu Beginn des letzten Jahrhunderts aus Europa und zeichnete sich aus durch die Heftigkeit ihrer inneren Auseinandersetzungen und Zwietracht.
Haß, der – Gefühl; angebracht, wenn ein anderer sich als überlegen erweist.
Häßlichkeit, die – Geschenk der Götter für gewisse Frauen; bringt Tugend ohne Kasteiung mit sich.
Hast, die – Abschied des Einbrechers.
Hebräer, der – Männlicher Jude; zu unterscheiden von der Hebräsie, einer gänzlich überlegenen Schöpfung.
Heide, der – Umnachteter Mensch, der hausgemachte Gottheiten und einheimische religiöse Riten bevorzugt.
Heilig, adj. – Irgendeinem religiösen Behuf geweiht; göttlichen Wesens; feierliche Gedanken und Gefühle einflößend; wie etwa: der Dalai Lama von Tibet; der Mugum von M’bwango; der Tempel der Affen auf Ceylon; die Kuh in Indien; Krokodil, Katze und Zwiebel im alten Ägypten; der Mufti von Moosh; das Haar des Hundes, der Noah biß, u.ä.
Heilige(r), der – Toter Sünder; bearbeitet und neu herausgegeben. Die Herzogin von Orléans berichtet, der respektlose alte Verleumder Marschall Villeroi, der in seiner Jugend den heiligen Franz von Sales gekannt hatte, habe, als er von dessen Heiligkeit erfuhr, gesagt: »Ich bin höchst erfreut zu vernehmen, daß Monsieur de Sales ein Heiliger ist. Er hat gern unfeine Dinge gesagt, außerdem pflegte er beim Kartenspiel zu betrügen. In jeder anderen Hinsicht war er ein vollkommener Edelmann, wiewohl ein Trottel.«
Heim, das – Letztes Asyl, die ganze Nacht geöffnet.
Heimwehkrank, adj. – Im Ausland pleite.
Helfen, v. – Jemanden undankbar machen.
Hellseher, der – Person, meistens eine Frau, die das sehen kann, was ihr Kunde zu sehen unfähig ist – nämlich, daß er ein Trottel ist.
Henker, der – Einer, der sich redlich müht, die Verwüstungen des Greisentums zu bekämpfen und die Wahrscheinlichkeit eines Todes durch Ertrinken zu verringern.
Herb, adj. – Nach Art einer antiken Jungfrau oder eines Abgeordneten, dem man sich mit einer Dame nähert, der zu widerstehen er Geld genommen hat.
Herz, das – Automatische muskulöse Blutpumpe. Gilt im übertragenen Sinn als Sitz der Empfindungen und Gefühle – eine sehr hübsche Vorstellung, die jedoch nur ein Überbleibsel eines einstmals universalen Glaubens ist. Heute weiß man, daß die Empfindungen und Gefühle im Magen residieren, wo sie durch chemische Einwirkung der Magensäfte auf die Nahrung entstehen. Das genaue Verfahren, durch das ein Beefsteak zu einem Gefühl wird – zart oder nicht, abhängig vom Alter des Tieres, von dem es geschnitten wurde; die einzelnen Verarbeitungsschritte, die ein Kaviar-Sandwich zu einer niedlichen Schrulle machen, ehe es als beißendes Epigramm wiedererscheint; die wundersamen Methoden der Verwandlung eines hartgekochten Eies in religiöse Zerknirschung, oder eines Sahnebaisers zu einem empfindsamen Seufzer – all diese Dinge wurden von Monsieur Pasteur geduldigst ermittelt und mit überzeugendem Scharfsinn dargelegt. (Vgl. hierzu auch meine Monographie Die grundsätzliche Identität von seelischen Affekten und gewissen Unterleibsgasen, die bei der Verdauung freiwerden; 1 Band, Quart, 687 Seiten.) In einem wissenschaftlichen Werk, das, wie ich glaube, Delectatio Demonorum betitelt ist (John Camden Hotton, London, 1873), finden sich schlagende Beispiele für diese Ansicht über Gefühle; weitere erhellende Auskünfte zum Thema stehen in Professor Verdáms berühmter Abhandlung über Liebe als Produkt von Nährstoffen und Speichel.
Herzbeutel, der – Membransack; birgt eine Vielzahl von Sünden.
Herzlichkeit, die – Besonders freundliche Haltung gegenüber einem, den alsbald das Privileg ereilt, übervorteilt zu werden.
Herzlos, adj. – Vermöge innerer Kraft befähigt, Plagen zu ertragen, die einen anderen befallen.
Als man Zenon mitteilte, einer seiner Feinde weile nicht langer unter den Lebenden, zeigte er sich tiefbewegt.
»Was!« sagte einer seiner Jünger. »Du weinst über den Tod eines Feindes?« –
»Ach, es stimmt«, erwiderte der große Stoiker, »aber du solltest mich erst beim Tod eines Freundes lächeln sehen.«
Heuchler, der – Einer, der Tugenden an den Tag legt, die er nicht achtet, und dadurch das Vorrecht genießt, zu scheinen, was zu sein er verschmäht.
Hexerei, die – Antiker Prototyp und Vorläufer politischer Einflußnahme.
Himmel, der – Ort, da die Bösen dich nicht länger mit Geschwätz über ihre persönlichen Belange belästigen und die Guten aufmerksam lauschen, während du die deinen vorbringst.
Hinauswurf, der – Erprobtes Mittel gegen die Krankheit des Schwätzens. Wird auch oft angewandt in Fällen extremer Armut.
Historiker, der – Breitspur-Klatschmaul.
Hochmütig, adj. – Stolz und abweisend; wie ein Kellner.
Hochzeit, die – Zeremonie; hierbei werden zwei Personen zu einer, eine zu nichts, und nichts erträglich.
Hoffnung, die – Fusion von Gier und Erwartung.
Höflich, adj. – In Kunst und Praxis des Verhehlens geübt.
Höflichkeit, die – Sich bei einem Mann dafür entschuldigen, daß man im Weg stand, als er einen mit einer Kugel perforierte, die einem anderen zugedacht war. – Erträgliche Form der Heuchelei.
Hohn, der – Unwirksames Argument, durch das der Narr die Verachtung der Weisen beantwortet zu haben glaubt.
Hölle, die – Residenz toter Lexikographen.
Homöopath, der – Der Humorist unter den Medizinern.
Homöopathie, die – Medizinische Schule, zwischen Allopathie und Christlicher Wissenschaft. Letztere ist den beiden anderen deutlich überlegen, denn sie heilt auch imaginäre Krankheiten, was die anderen nicht können.
Hospital, das – Ort, an dem Kranke gewöhnlich zwei Behandlungen erhalten – medizinische durch den Arzt, unmenschliche durch die Oberschwester.
Hübsch, adj. – freundliche Augen, lächelnder Mund und von der Natur gefärbte Wangen. (Wir sind uns bewußt, daß nicht alle zuständigen Autoritäten dieser Definition beipflichten, aber uns reicht sie völlig aus. Die Herausgeber.)
Humanitär, adj. – Eigenart gewisser Personen, die den Heiland für menschlich und sich für göttlich halten.
Humorist, der – Plage; würde die grause Harschheit des Pharaonenherzens besänftigt und ihn bewogen haben, ganz schnell alle Israeliten zu verabschieden.
Hund, der – Art zusätzlicher oder Untergottheit; hat die Aufgabe, den auf Erden anfallenden Überfluß bzw. Überschuß an Verehrung aufzufangen. Einige kleinere und seidige Inkarnationen dieses göttlichen Wesens nehmen in der Neigung der Frau jenen Platz ein, für den es keinen männlichen Aspiranten gibt. Der Hund ist ein Atavismus und Anachronismus. Er plaget sich nimmer, noch webet er, und doch lag nicht Salomon in all seiner Glorie tagelang auf einer Fußmatte, von der Sonne durchtränkt und gesättigt von Fliegen sowie feist, alldieweil sein Herr sich abmühte, jene Mittel zu beschaffen, welche ihm da ein kärgliches Wedeln des salomonischen Schwanzes erkaufen möchten, gewürzt mit einem Blick herablassender Anerkennung.
Hunger, der – Eigenartige Krankheit; befällt alle Menschenklassen und wird gewöhnlich mit einer Diät behandelt. Man hat festgestellt, daß Bewohner schöner Häuser daran nur leicht leiden. Diese Information ist nützlich für jene, die chronisch leiden.
Huri, die – Hübsches, weibliches Wesen; bewohnt das mohammedanische Paradies, damit gute Muselmanen es dort gut aushalten können; des Moslems Glaube an die Existenz der Huris belegt sein edles Mißvergnügen an seiner irdischen Gemahlin, der er keine Seele zubilligt. Diese gute Frau schätzt die Huris angeblich nicht besonders.
Hyäne, die – Tier, das von einigen orientalischen Völkern verehrt wird, weil es nachts jene Stätten aufsucht, da Tote begraben liegen. Dies tut jedoch auch der Medizinstudent.
Hygeia, EN. – In der griechischen Mythologie die Göttin der Gesundheit – die einzige Göttin, mit der sich einzulassen heilsam war.
Hypochondrie, die – Selbsttätige Gemütsbeklemmung.