12
Ich, Dray Prescot von Kregen und von der Erde, bin oft ein unsäglicher Dummkopf, wenn ich Freunde in Not sehe, und erkannte gleich im ersten Moment, wie falsch mein Verhalten war. Eigentlich hätte ich mit dem Hammer auf den Eisenrand einer Tür einschlagen müssen, um dann in die geheimen Hallen zu eilen und das Rätsel der Voller zu erkunden.
Statt dessen opferte ich all das, um einem Hamaler zu Hilfe zu kommen, einem Feind – nur weil es mir nicht gefiel, ihn ausgepeitscht zu sehen! Aber wie konnte ich Nulty in dieser schrecklichen kregischen Welt einen Feind nennen?
Der Deldar legte seine volle Kraft in jeden Hieb. Ein Hikdar befehligte die Strafabteilung. Zehn Swods waren in Paradeformation angetreten; sie trugen ihr Schild auf der Seite und das Schwert mit erhobener Spitze in der Hand – zehn rosaschimmernde Klingen im Mondlicht.
Ein Schritt links vor den Soldaten wartete der dazugehörige Matoc.
Ein Schritt hinter dem Hikdar stand ein Trommler. Wie es in manchem Land – und auch auf der Erde – üblich ist, verwendete die hamalische Armee Jünglinge als Trommler. Sein Gesicht wirkte blaß, als er in regelmäßiger Folge sein Instrument anschlug.
Na, wenn er sich nicht rechtzeitig in die Büsche schlug, konnte er etwas erleben.
Der Peitschen-Deldar war soeben mit Nummer drei fertig. Nummer eins und zwei waren bewußtlos, während das dritte Opfer ein röchelndes Stöhnen von sich gab.
Nulty war Nummer vier.
Ich brach eine wichtige Regel des Angreifers. Um Nulty Hoffnung zu machen, begann ich zu brüllen, als ich mich in Bewegung setzte.
»Hai!« rief ich. »Hai! Kleeshes! Kämpft gegen einen Mann, der nicht gefesselt ist!«
Nultys Hand zuckte hoch, als hätte er die Peitsche bereits zu spüren bekommen.
Der Hikdar fuhr zusammen. Er riß die Augen auf, als ich aus der Dunkelheit in das Lichtfeld der Fackeln stürmte. Der Vorschlaghammer wirbelte im raffinierten Zweihändergriff um meinen Kopf. Die Reihe der Swods geriet durcheinander, der Hikdar gab seine Befehle. Die Männer stürzten sich auf mich.
Eigentlich hätte ich keine Chance haben dürfen.
Aber ich war voller Zorn – in erster Linie auf mich selbst – und schwang mit aller Kraft den Hammer, der dem ersten die Rippen eindrückte, duckte mich unter dem zustoßenden Thraxter des zweiten hindurch und versetzte ihm im Vorbeistürmen einen Tritt in den Sack. Dann klopfte ich nachhaltig auf den Helm von Nummer drei und dengelte den Panzer des vierten Kämpfers zu Schrott. Ich schwang herum und ließ die Waffe wirbeln, hüpfte hin und her, lenkte sie zu ihrem nächsten Ziel, richtete sie wieder auf und gab ihr nach jedem Aufprall neuen Schwung. So hatten unsere Vorfahren bei Hastings gekämpft, ehe die Schildmauer zusammenbrach. So hatte sich manche stumpfe Waffe durch die Bronzeringe eines Brustpanzers gebohrt ...
Nulty hatte laut zu schreien begonnen. Ich war dankbar, daß er meinen Namen nicht verwendete.
Eine Strecke übel zugerichteter Soldaten hinter mir lassend, näherte ich mich den Rahmengestellen. Der Peitschendeldar versuchte nach mir zu schlagen, doch ich fing die Schnur mit meinem Hammer ein. Der Deldar begann zu brüllen, nahm er doch an, er habe mich gefangen und brauche mir nur noch den Hammer zu entwinden. Statt dessen zerrte ich ihn zu mir, wie ein Fischer seine Beute an Bord holt. Als er in meine Richtung taumelte, wechselte ich den Griff, umfaßte seinen Hals mit einer Hand und drückte zu. Dabei drehte ich mich gleichzeitig herum, und der mir zugedachte Wurfspieß bohrte sich in seinen Rücken. Er röchelte, und Blut quoll ihm aus dem Mund. Ich schleuderte ihn nicht einfach von mir. Obwohl er tot war, konnte er mir noch als Waffe dienen. Ich warf ihn schließlich auf den Matoc, der den Wurfspieß geschleudert hatte, und ehe der Mann sich aufrappeln konnte, hatte ich ihn mit einem Hieb auf den Schädel außer Gefecht gesetzt. Der Hikdar hatte den Kampf mit aufgerissenem Mund verfolgt. Er starrte mich an; vor Entsetzen konnte er sich nicht rühren. Der junge Trommler trommelte nicht mehr. Unsicher und verschreckt trat er von einem Bein aufs andere.
Mürrisch starrte ich ihn an. Blut tropfte mir über die Wangen; ich mußte mich beeilen, wenn er überleben sollte.
»Lauf, Junge! Lauf um dein Leben!«
Mit einem schrillen Laut ließ er seine Trommel fallen und machte kehrt.
Mein Ruf erweckte den Hikdar zum Leben. Sein Thraxter schimmerte im Mondlicht, als er auf mich zusprang, in der Annahme, ich sei abgelenkt. Ich versetzte ihm einen rückhändigen Hieb, der ihn von den Beinen riß und zu den Eisgletschern Sicces beförderte. Dann wandte ich mich Nulty zu.
Seit unserem letzten Zusammensein vor dem nicht zustandegekommenen Duell mit Strom Lart ham Thordan hatte er ziemlich an Gewicht verloren. Ich ließ den blutbeschmierten Vorschlaghammer sinken und griff nach dem Messer, das ich als Gul tragen durfte.
Das Messer zertrennte seine Fesseln, und ich fing ihn auf, als er zu Boden stürzte.
Eine heisere Stimme meldete sich aus dem fünften Gestell.
»Nath, alter Freund! Du willst mich doch nicht hier hängen lassen!«
Dies zeigte mir, daß Nulty sich bei seinen Mitgefangenen als Nath vorgestellt hatte.
Nulty schluckte und stand mühsam auf. Seine Nase war so dick und rund wie eh und je, was mich doch etwas aufmunterte.
»Dies liegt allein am Notor, Emin.«
Konnte ich die anderen beiden Sklaven zurücklassen und nur meinen Freund befreien? Natürlich konnte ich das, verdammt, doch ich tat es nicht. Das Messer befreite Emin ebenfalls. Er war ein kräftiger Apim, der nach seiner Sprache zu urteilen nicht aus Hamal stammte. Nummer sechs war in schlimmer Verfassung und brauchte Hilfe. Es handelte sich um eine Fristlefrau. Wie alle jüngeren Fristlefrauen war sie katzenhaft-attraktiv; sie hatte dem Gefolge einer hamalischen Offiziersfrau angehört und sollte hier bestraft werden. Dankbar begann sie zu schluchzen, Tränen rannen über das weiche Fell ihrer Wangen, ihre Augen schimmerten.
»Dazu ist jetzt keine Zeit!« sagte ich bewußt grob. »Wir müssen fliehen. Kannst du laufen, Fristle?«
»Ich kann schneller laufen als ein pelzloser Apim!«
»Gut! Dann wollen wir hier schleunigst verschwinden!«
Und wir preschten los.
Nulty und Emin hatten sich mit den Thraxtern toter Wächter bewaffnet, während ich das Schwert des Offiziers an mich genommen hatte. Zugleich hatten die Gefangenen vier kurze grüne Capes der Soldaten an sich genommen. Wir eilten unter den kregischen Monden dahin, drängten uns durch Büsche, ließen die Baracken hinter uns. Als wir das Gebiet von Zhyansflügel verließen, hörten wir die ersten Alarmschreie und sahen Fackeln aufflammen.
Wir liefen in südlicher Richtung.
Die Wächter nahmen vermutlich an, daß wir uns in die Quartiere der Guls im Osten oder Norden gerettet hatten, denn im Süden liegt die Brücke der Schwerter und dahinter das heilige Viertel. Kein flüchtiger Gul oder Sklave konnte dort Zuflucht finden. Wir vermochten uns also ungestört auf meinen gewohnten Schleichpfaden durch die Schatten zu bewegen, wobei wir uns dicht zusammendrängten, wenn wir offene Flächen überqueren mußten. Auf diese Weise kamen wir der Schänke immer näher. Die Befreiten ins Haus zu bringen war kein Problem – sie brauchten nur das Dach hinabzugleiten und auf den Balkon zu springen. In meinem Zimmer war alles noch genauso wie in dem Augenblick, da ich fortgegangen war, um die Identität Chaadurs des Guls anzunehmen. Jetzt drängten wir uns alle in dem kleinen Raum, und ich forderte die anderen flüsternd auf, ihre Freude zu zügeln.
»Ich helfe euch bei eurer weiteren Flucht«, sagte ich.
Nulty hustete und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Als ich ihn ansah, sagte er: »Wahrlich, Notor, ich hatte angenommen, du wärst tot. Du bist vor dem Duell verschwunden – aye! Das waren schlimme Minuten. Aber diese beiden – sind meine Freunde. Wir sind bei einer kleinen Aktion erwischt worden und wären ausgepeitscht worden, wenn du uns nicht gerettet hättest, Notor.«
»Na und?«
Aber ich ahnte bereits, was der alte lasterhafte Bursche sagen wollte.
»Emin und ich und Fristle Salima – wir wollen bleiben und dir dienen, Notor.«
»Ich bin geschäftlich fort gewesen«, sagte ich nach kurzem Nachdenken. »Ich kann behaupten, ich hätte euch aus dem Paline-Tal mitgebracht. Nulty wird euch mehr über das Paline-Tal erzählen ...«
»Nulty, mein Herr?« fragte Salima, und ihre Augen waren so weit aufgerissen, wie es nur irgend ging.
Nultys Gesicht war eine Augenweide. Er knurrte etwas vor sich hin, und ich verstand, was mit ihm los war. Er hatte sich meiner Tat geschämt. Wie ich nun erfuhr, hatte ihn der Wirt des Thraxter und Voller in die Sklaverei verkauft. Als Sklave hatte er es nicht über sich gebracht, dem Namen des Paline-Tals weitere Schande zu machen – und so hatte er sich Nath genannt, ein auf Kregen häufiger Name.
Meine beiden hamalischen Dienstboten hatte ich vor dem Rollenwechsel entlassen, wenn ich auch mein Zimmer behalten hatte. Folglich konnten sich die drei Flüchtlinge im Nebenraum einquartieren. Am nächsten Morgen legte Nulty einige meiner alten Sachen an, die ihm knapp paßten, und ging Kleidung kaufen. Ich beglich die Rechnung beim Wirt und brachte meine Überraschung zum Ausdruck, daß er mich gestern abend nicht hatte zurückkommen hören. Ich deutete an, er habe wohl betrunken in einer Ecke geschlafen. Damit war die Angelegenheit erledigt.
Chido ham Thafey besuchte mich später am Tage und erzählte mir die neuesten Klatschgeschichten aus dem heiligen Viertel. Es gab nichts Besonderes zu berichten, nur lächerliche Kleinigkeiten – und seine Begeisterung für diese Nichtigkeiten führte mir vor Augen, daß ich in die Grube gefallen war, der ich hatte aus dem Weg gehen wollen. Er machte eine Bemerkung über meine neuen Dienstboten, die ich mit der Bemerkung abtat, das Paline-Tal sei eben ein Ort voller Überraschungen. Die Sklavenbrandzeichen Nultys, Emins und Salimas hatte ich mit einem Mittel entfernt, dessen Zusammensetzung ich aus Zenicce kannte.
Chidos wichtigste Neuigkeit betraf einen neuen Schwertmeister aus eben dieser Stadt. Die Horter und Edelleute Hamals waren mit dem Thraxter aufgewachsen, so daß es das allgemeine Interesse für Rapier und Main-Gauche erforderlich machte, ausländische Waffenlehrer ins Land zu holen. Der neue Kämpfer aus Zenicce war nach Chidos Angaben der beste, den er je gesehen hätte – und niemand anders als Vad Garnath hatte den Mann in die Stadt geholt.
Ich muß zugeben, daß mich diese Information brennend interessierte.
»Verstehst du, Hamun?« rief Chido. »Garnath wird Trylon Rees von neuem herausfordern, wird Leotes ti Ponthieu als seinen Champion in den Ring stellen, und dann ... und dann ...«
»Aye, Chido, und dann!«
Ich starrte Chido mürrisch an, doch er war damit beschäftigt, sich nach einem Glas Wein umzusehen.
»Ich habe bisher noch keinen besseren Kämpfer gesehen. Er ist schnell, stark und raffiniert.« Er wirkte ziemlich aufgeregt.
Seine Neuigkeit brachte mir eine Ironie zu Bewußtsein, eine Kleinigkeit, die für die Nichtstuer des heiligen Viertels aber von Bedeutung sein mochte, sobald der Schwertkämpfer aus der Enklavenstadt Zenicce zwischen sie trat. Meine Enklave Strombor, deren Lord ich bin, trägt die rote Farbe auf ihrer Fahne. Die Farben der Ponthieus sind purpur und ockergelb. Und die Farben der Königin Thyllis von Hamal sind purpur und gold. Leotes hatte also einen gewissen Vorteil.
Beim Schwarzen Chunkrah! sagte ich mir – seit meinem letzten Besuch in Zenicce und Strombor war schon viel Zeit vergangen!
Im feindlichen Ruathytu mußte ich sehr darauf achten, welche Flüche ich vom Stapel ließ. Ich konnte nicht einfach losbrüllen: »Bei Vox!« oder »Bei Pandrite!« oder einen meiner anderen Sprüche aufsagen. »Bei Zair!« bedeutete hier wenig, während »Bei Opaz!« gefährlich war, denn meines Wissens gab es in der Stadt eine mächtige Untergrundbewegung zu Ehren von Opaz, dem Geist der Unsichtbaren Zwillinge, ebenso wie für Lem den Silber-Leem, der in direkter Opposition dazu stand. Die verschiedenen verseuchten Körperteile Makki-Grodnos waren in letzter Zeit überhaupt nicht mehr von mir bedacht worden ...
»Oh, Chido«, sagte ich daher so sanft ich konnte. »Du bist ein großer Fambly! Rees wird diesen Leotes in Stücke hauen.«
Chido schüttelte den Kopf und hielt sich an seinem Glas fest. »Du hast diesen Zeniccer noch nicht kämpfen sehen, Hamun!«
Die Rapier-Dolch-Kämpfer Zenicces sind äußerst geschickt, was ich nur zu gut wußte, hatte ich doch in Zenicce selbst als Kämpfer gewirkt. Die ersten Versuche der hamalischen Aristokratie mit dem Rapier konnten einem Schwertmeister Strombors oder Ewards – oder Ponthieus! – nur ein mitleidiges Lächeln entlocken. Vallianer sind schnell und geschickt im Umgang mit dem Rapier, und ich kenne auch vorzügliche Schwertkämpfer aus Pandahem. Trotz meiner mutigen Worte und trotz meines Zutrauens zu Rees war ich ziemlich sicher, daß der Löwenmensch keine Chance hatte, wenn Leotes ti Ponthieu ein erstklassiger Schwertmeister war.
Es gibt in Zenicce vierundzwanzig adlige und bürgerliche Häuser. Der Zufall hatte es gewollt, daß Garnath in seinem Rachedurst einen Kämpfer des edlen Hauses der Ponthieu ausgewählt hatte, das damals mit meinem Haus von Strombor zutiefst verfeindet war. Mit Leotes brauchte ich also kein Mitleid zu haben.
Die Vorbereitungen für das unvermeidliche Duell nahmen ihren Fortgang, wobei es zum ersten Kampf einen wesentlichen Unterschied gab. Nath Tolfeyr weigerte sich, als Rees' Champion einzutreten. Chido hätte sich gern aufstellen lassen, was jedoch auf Rees' Widerstand stieß. Der Löwenmensch wirkte so würdevoll, wie man es von einem Löwen erwartet, als er sich im Oberzimmer der Schänke umsah, wo wir uns am Vorabend der Begegnung versammelt hatten. Der Kampf war kaum noch ein Ehrenhändel zu nennen.
»Ich werde als dein Champion fungieren, Rees«, sagte ich.
»Einverstanden, Hamun. Da ich diesen Hund von Zeniccer zweifellos nach wenigen Sekunden abstechen werde, reichen deine Kenntnisse völlig.« Doch er dankte mir nicht, und ich erkannte, daß er beunruhigter war, als er eingestand. Allerdings stellte er ein ungebrochenes Selbstvertrauen zur Schau.
Chido fluchte lauthals vor sich hin, doch Rees übertrug ihm eine Aufgabe, die mit dem Duell nichts zu tun hatte. Chido sollte die weiten Ebenen des Goldenen Windes aufsuchen, um jene Anfangsgründe militärischer Kenntnisse aufzuschnappen, die er als Stabsoffizier brauchte.
Ich hatte meine eigene Vorstellung von dem Regiment, das Rees zusammenstellte, doch natürlich vertraute ich dem Löwenmann meine Gedanken nicht an.
Casmas der Deldy verkündete mit öligem Lächeln, daß er wieder Wetten annehme, auch wenn er inzwischen verlobt sei – und zwar mit einem höchst charmanten, leidenschaftlichen, blendend aussehenden Mädchen. Diesmal lagen die Wetten so sehr zu Gunsten des Zeniccers, daß offenbar niemand Rees eine Chance gab. Auch ich plazierte eine Wette, und Casmas lächelte und betastete sein Kinn, rechnete er doch bereits damit, daß dieser Einsatz verloren war. Ziemlich niedergeschlagen suchten wir am nächsten Tag den Saal auf, um das Duell zu verfolgen.
Der erste Mann, den ich zu Gesicht bekam, war Lart ham Thordan, Strom von Hyr Rothy. Er zuckte bei meinem Anblick zusammen, rümpfte die Nase und machte zu seinem Freund eine Bemerkung über Amaks, die vor Duellen ausrissen und sich dann hinter dem Rapier befreundeter Löwenmenschen versteckten. Ich ignorierte ihn. Eine andere Möglichkeit sah ich nicht.
Die Zuschauer drängten sich um die Kampfbahn. Ich versah meine Aufgabe als Sekundant, und wie erwartet überzeugte Vad Garnath die Schiedsrichter davon, daß er nicht kämpfen könne und sein Champion für ihn einstehen müsse. Leotes ti Ponthieu trat vor.
Nun, sein Typ war bekannt. Er war Schaukämpfer. Er lebte von seinem Rapier. Eines Tages – das wußte er – würde er unter der Klinge sterben.
Rees stellte sich dem Mann gegenüber, und der Kampf begann. Ich erkannte sofort, daß mein Freund hoffnungslos unterlegen war. Dennoch kam es nicht zu einem tödlichen Ausgang; Leotes' Klinge fetzte ein Stück Fleisch aus Rees' Flanke, und da beim Fließen von Blut der Kampf beendet werden konnte, sprang ich in den Ring und brüllte, die Ehre des Herausforderers sei wiederhergestellt. Rees wirkte seltsam zusammengeschrumpft. Er wurde fortgetragen, und ich machte kehrt, um ihm durch die brüllende Menge zu folgen, wobei ich den Trägern zurief, sie sollten vorsichtig mit ihm umgehen.
Das Chaos war vollkommen. Rees hatte nicht nur Feinde, sondern auch viele Freunde. Und natürlich wollten sich die Damen von Ruathytu ein solches Schauspiel nicht entgehen lassen. Ich eilte hinter Rees her, doch die lärmenden Zuschauer behinderten mich.
»Rees!«
»Zurückbleiben! Zurückbleiben!«
Ich sah, wie sich der Löwenmensch von der Bahre erhob. Er sah schrecklich aus. Ein Arzt kümmerte sich um ihn, doch ein fürchterlicher roter Fleck breitete sich schnell auf den Bandagen aus.
»Ehre – Hamun«, sagte Rees; ich konnte ihn in dem Lärm kaum verstehen. »Du ... halt dich da raus ... alter Knabe ...«
Dann schloß sich die Menge um ihn, und er wurde hinausgebracht.
Strom Lart stand vor mir. Seitlich von uns standen Casmas der Deldy, Nath Tolfeyr und Thothord aus den Rubinhügeln.
»Dein Schützling ist also besiegt worden, Amak Hamun!« Strom Lart hatte Spaß an der Szene. Er trug die Freizeitkleidung eines Soldaten, eines Totrixkavalleristen, und sein aufgedunsenes Gesicht war gerötet von der Vorfreude auf Schmerz und Erniedrigung. »Wir haben noch eine Rechnung offen, du und ich, Freundchen!«
Ich machte Anstalten, mich an ihm vorbeizudrängen. »Aus dem Weg, du Dummkopf!« sagte ich. »Ich muß mich um Rees kümmern.«
Er reagierte nicht mit Wut, auch wenn sich das Rot seiner Wangen noch mehr vertiefte. Er hob vielmehr den Handschuh. Ich wußte, was jetzt kam, und konnte nichts dagegen unternehmen.
Vor der Menge schlug mir Strom Lart von Hyr Rothy mit dem Handschuh ins Gesicht.
»Und diesmal solltest du nicht davonlaufen, Amak!«