9. Kapitel

Luke kam Sels Einladung nach, auf dem Sofa Platz zu nehmen, lehnte ihr Angebot von Kaf oder Wein jedoch ab. Mit einer fast unmerklichen Geste bedeutete er Ben und Vestara, die neben ihm auf dem Sofa beziehungsweise in dem Polstersessel saßen, dass sie die Getränke ebenfalls ablehnen sollten, und sie taten es.

Sel setzte sich auf einen Stuhl am Tisch und wandte sich den beiden Jugendlichen zu. »Ich fürchte, Meister Skywalker übertreibt ein wenig, was mich betrifft. Ich bin keine Jedi mehr. Das bin ich schon nicht mehr, seit ich mich erinnern kann. Falls überhaupt irgendetwas, bin ich jetzt eine Theranische Lauscherin und eine Heilerin. Und manchmal diejenige, zu der die Alteingesessenen Fremde schicken, um zu sehen, ob ich sie wieder gesund machen kann.«

Ben schüttelte den Kopf. »In den Berichten meines Vaters über das, was sich vor all diesen Jahren auf Nam Chorios zugetragen hat, werdet Ihr nicht weiter erwähnt.«

Sel sah Luke an. Er fand, dass in ihrem Blick ein Anflug von Dankbarkeit lag. »Ich bezweifle, dass ich einen guten Eindruck hinterlassen habe.« Sie schwieg einen Moment lang. »Aber ja, einst war ich eine Jedi. Ich habe ganz vage Erinnerungen an glückliche Zeiten auf Coruscant … Als junge Jedi-Ritterin wurde ich zusammen mit einem erfahrenen Jedi-Ritter namens Beldorian zu diesem Ort geschickt.«

»Von dem habe ich gehört. Der Hutt-Jedi!«

»Diese Welt vergiftet Machtnutzer, wenn sie zu lange hier verweilen, es sei denn, sie besitzen ein sehr seltenes Maß an emotionaler Erdung – was bei den Lauschern durch ihre Verbindung zu den Tsils der Fall ist. Aber Beldorian war zu sehr ein Hutt, der als Jedi gegen die gierigeren, zügelloseren Seiten seiner Natur ankämpfte, ehe er ihnen hier erlag. Ich war damals zu jung, zu unwissend, zu unerfahren. Ich war noch nicht einmal geschickt genug, um mir hier ein Lichtschwert zu bauen. Ich verfiel der Dunklen Seite … und dann dem Wahnsinn.« Sels Tonfall war sonderbar ungezwungen, als würde sie die Einzelheiten einer Einkaufstour zum Besten geben, die sie früher am Tage unternommen hatte.

Vestaras Blick flackerte. Auf Luke hatte es den Anschein, als würde sie einige Berechnungen anstellen. »Das wäre dann … wann gewesen? Vor fünfzig, sechzig Jahren?«

Sel lächelte wieder und schenkte ihnen ein kleines Kopfschütteln. »Es ist noch viel länger her. Jahrhunderte.«

Vestara runzelte die Stirn. »Aber Ihr seht wie ein Mensch aus. Dann wärt Ihr längst tot.«

»Ich bin ein Mensch. Von alderaanischer und hapanischer Herkunft. Und ohne eine einzige Prothese oder irgendein Ersatzteil in meinem Körper – abgesehen von meinen Zähnen, die vor langer Zeit durch mangelnde Sorgfalt so ruiniert wurden, dass sie nicht mehr zu retten waren.« Sie zuckte die Schultern. »Aber während mein Verstand verfiel und Stück für Stück verging, wurde mein Körper konserviert – durch den Verzehr von Drochs.«

Bens Augenbrauen schossen in die Höhe, und er warf seinem Vater einen argwöhnischen Blick zu. »Das stand ebenfalls nicht in deinem offiziellen Bericht.«

»Glaubst du, ich wollte, dass irgendjemand denkt, man könne quasi Unsterblichkeit erlangen, indem man hierherkommt und sich mit den Drochs einlässt?« Luke bedachte seinen Sohn mit einem Kopfschütteln. Tatsächlich hatte er das Gefühl, dass der Umstand, dass Vestara diese Fakten erfuhr, bereits beträchtliche Gefahren in sich barg. Falls ihre wahre Loyalität nach wie vor den Sith galt, falls sie während ihres Aufenthalts hier keinen gesunden Respekt und Angst vor den Drochs und vor dem bekam, wofür sie standen … »Außerdem ist es ja nicht so, als könne man irgendein bestimmtes Gericht verspeisen oder als gäbe es irgendein Rezept, das man zubereiten könne, um sich die heilenden Kräfte der Drochs einzuverleiben.«

»Nein.« Sels Stimme nahm einen kühlen Tonfall an. »Man muss sie lebend verzehren, sie sich zappelnd in den Mund stecken. Manchmal versuchen sie dabei, sich in deiner Wange oder Zunge einzunisten. Man beißt auf ihnen herum, knirsch, knirsch, knirsch.«

Ben versuchte, einen Schauder zu unterdrücken, was ihm nicht ganz gelang.

Sel schüttelte ihre plötzlich gedrückte Stimmung ab und sah Ben von Neuem an. »Wenn man sie auf diese Art und Weise verzehrt, geben sie kleine Stöße von Machtenergie ab, von der Lebensenergie, die sie in sich aufgenommen haben. Diese Energiestöße in Verbindung mit bestimmten Sekreten ihrer Hautpanzer sorgen dafür, dass der Körper eine gewisse Regeneration erfährt und sich in einem Maße wiederherstellt, das über die Norm weit hinausgeht. Nervengewebe regeneriert sich. Zellen werden erneuert … Aber es gibt auch Probleme. Die größeren Drochs, die mit mehr Energie, besitzen außerdem Erinnerungen und Gedanken, die sie von ihren Opfern aufgenommen haben. Der Verzehr dieser Drochs führt dazu, dass man diese Erinnerungen ebenfalls absorbiert, was den eigenen Verstand im Laufe der Zeit zerrüttet. Diese Drochs sind überhaupt erst dadurch so groß geworden, dass sie andere Lebewesen aussaugen. Wenn man seinen Nutzen aus ihnen ziehen will, findet man sich an der Spitze eines Schneeballsystems wieder. Man bleibt auf Kosten anderer Tiere und Leute am Leben – auf Kosten von Dutzenden, möglicherweise Hunderten, vielleicht sogar von noch mehr, je nachdem, wie lange es währt.« Der kleine Schauder, der sie bei diesen Worten durchfuhr, spiegelte Bens eigenes Empfinden wider.

Luke, der aufgrund der Art und Weise, wie ihn diese Frau vor all diesen Jahren getäuscht hatte, hoffte, dass sie die Wahrheit sagte – hoffte, dass das Mitgefühl, das in ihm für sie wuchs, eine aufrichtige Basis besaß. »Aber inzwischen verzehrt Ihr keine Drochs mehr.«

»Schon lange nicht mehr.« Sel deutete auf sich. »Seht mich an! Jetzt altere ich mit normaler Geschwindigkeit. Meine Lebensspanne ist nun begrenzt … aber zumindest habe ich ein Leben und keine schreckliche, ewig währende Schauergeschichte, die man furchtsamen Kindern erzählt.«

Ben runzelte die Stirn, noch immer bemüht, sich einen Reim auf das Ganze zu machen. »In den HoloNet-Informationen über Nam Chorios werden die Drochs als Quelle der Todessaat-Seuche genannt, und es gibt Berichte über die neue medizinische Wirtschaft auf Nam Chorios, aber beides wird nicht miteinander in Verbindung gebracht. All diese neuen Entwicklungen verdankt der Planet der Erforschung von Nebenprodukten, auf die man beim Studium der Drochs gestoßen ist, richtig?«

Sels Miene hellte sich auf, doch sie schüttelte den Kopf. »Nein. Die Theranischen Lauscher tragen ebenfalls zur Heilung bei, und zwar, indem sie den Körper des Patienten dazu motivieren, sich selbst zu heilen. Das ist die Grundlage des neuen Aufschwungs. Man nimmt einen Kranken und führt eine komplette Serie von Tests seiner Körperchemie durch. Dann lässt man ihn eine Lauscher-Heilkur absolvieren, führt einen Vergleichstest durch. Bis dahin haben sich im Körper des Patienten Chemikalien gebildet, die vorher nicht feststellbar waren – beispielsweise, um Krebs zu lindern oder zu kurieren. Mediziner der Neusiedler analysieren diese Chemikalien und versuchen, sie zu replizieren. Manchmal gelingt ihnen das, was neue Medikamente hervorbringt. Nicht bloß für Menschen. Für Duros, für Chadra-Fan, für Gamorreaner, für Wookiees, für Twi’leks … Ich habe so viele Spezies gesehen, denen geholfen wurde.«

Vestara wirkte zweifelnd. »Und deshalb seid Ihr auf diesem traurigen Abklatsch einer Welt geblieben? Damit Ihr abwechselnd undankbare, engstirnige Bauern und die verzweifelten Besucher heilen könnt, die sich gelegentlich hierher verirren?«

Sel schenkte ihr ein mattes Lächeln. »Eher, weil es keinen anderen Ort gibt, zu dem ich gehen könnte. Ich bin im Jedi-Tempel aufgewachsen. Ich habe meine Familie nie kennengelernt, und mittlerweile sind all meine Angehörigen tot. Meine Altersgenossen: alle tot. Selbst meine Gegner, meine Rivalen … tot und vergessen. Ich habe den Tod länger gefürchtet und dagegen angekämpft, als einige Planeten besiedelt wurden. Jetzt weiß ich, dass der Tod ein Teil des Lebens ist, ein Teil, den ich mit offenen Armen begrüßen werde, wenn die Zeit dafür kommt. Ich habe es nicht eilig, dass er mich holt … aber wenn es so weit ist, dann kann ich ihm hier genauso gut ins Antlitz schauen wie irgendwo anders.« Sie vollführte eine Geste, die ihr schlichtes Heim einschloss. »An einem bestimmten Punkt in meinem Leben wurde mir bewusst, wie wenig man braucht. Jetzt genieße ich meine Tage ohne Hass und Irrsinn, Nächte ohne Insektenstiche und schlechte Träume.«

Luke suchte ihren Blick. »Wie wurdet Ihr geheilt? Als ich Euch das letzte Mal sah …«

»Ich nehme an, da war ich kein hübscher Anblick.«

»Nein.«

»Es gibt da eine Lauscher-Technik. Im Laufe der Jahre musste ich häufig damit behandelt werden. Offensichtlich wusste ich, nachdem sie es mir erklärt hatten, dass diese Technik meine geistige Gesundheit wahrscheinlich wiederherstellen, mich dafür aber vieler meiner Erinnerungen berauben würde … und weil der Prozess bei mir schon so weit fortgeschritten war, der meisten meiner Erinnerungen. Die Lauscher bezeichnen das als Aderführung, das bedeutet, dass man jede einzelne Erinnerung vollkommen ausmerzt, die in irgendeiner Form zu einer traumatischen Reaktion oder Wahnsinn beiträgt. Ich selbst nenne das Mnemotherapie, eine zurückhaltendere Bezeichnung, weniger Furcht einflößend.«

Luke nickte. »Und das ist auch der Grund, warum Ihr Euch nicht daran erinnert, mir schon zuvor begegnet zu sein.«

»Ja.«

»Taselda …« Luke kämpfte gegen ein Wirrwarr von Emotionen an, als er sich nach vorn lehnte. Vage Erinnerungen an den Abscheu darüber, was Taselda gewesen war, Wut darüber, wie sie versucht hatte, Callista und ihn zu benutzen, fochten gegen sein angeborenes Mitgefühl an … und gegen die Notwendigkeit, dass er Hilfe brauchte, hier und jetzt. »Ich nehme an, dass Ihr Euch in größerer Gefahr befindet als irgendjemand sonst auf diesem Planeten.«

Ihr Lächeln wurde breiter. »Das wäre doch mal eine erfrischende Abwechslung.«

»Ich scherze nicht. Etwas ist unterwegs hierher oder bereits eingetroffen. Eine große Bedrohung, die durch die Macht Jagd auf die Angreifbaren macht. Früher wart Ihr zu untrainiert, um auch nur die grundlegendsten Jedi-Techniken zu beherrschen. Damals konntet Ihr nicht verhindern, der Dunklen Seite anheimzufallen.Ihr konntet mich nicht allzu lange kontrollieren, selbst als ich noch wesentlich jünger war, ein viel emotionalerer Mann. Wenn Ihr Nam Chorios jetzt nicht sofort den Rücken kehrt, bezweifle ich, dass Ihr eine Chance habt, dem zu trotzen, was Euch bedroht. Besonders im Hinblick darauf, dass Ihr, wie Ihr sagt, eine Lauscherin seid. Ich vermute, dass diese Techniken, sich Stimmen in der Macht zu öffnen, sie besonders anfällig für Abeloth machen wird.«

Sie blinzelte nachdenklich. »Und doch, da Ihr mich kennt, sind Eure Chancen viel besser, den Einfluss dieser Abeloth zu erkennen, wenn Ihr imstande seid, Veränderungen in meinem Verhalten auszumachen. In meiner Persönlichkeit.«

»Das ist … ausgesprochen großmütig von Euch, aber glaubt mir, Ihr wollt vor Eurem Tod nicht Abeloths Werkzeug sein.«

»Und dennoch werde ich genau hier sterben. Diese Entscheidung habe ich schon vor langer, langer Zeit getroffen. Also, wie kann ich Euch helfen?«

Luke seufzte. »Nachdem wir uns auf der Koval-Station umgehört haben, vermuten wir, dass Abeloth noch nicht hier eingetroffen ist – was sie in einem sehr kleinen, sehr markanten Schiff tun wird. Aber vollkommen sicher sein können wir uns diesbezüglich nicht. Haben die Alteingesessenen noch immer die alten Geschützstellungen in Betrieb?«

»Ja, aber bloß als Sensorstationen.«

»Könnt Ihr mir alle verfügbaren Berichte über kleine Schiffe beschaffen, die in den letzten paar Tagen in die Atmosphäre eingetreten sind, besonders, wenn sie dabei über die Koval-Station kamen?«

»Vermutlich.«

»Und ich hatte gehofft, mehr über die Theranische Machtlauschtechnik zu erfahren …«

»Es wäre mir eine Ehre, sie Euch zu lehren.«

»Aber jetzt, denke ich, würde ich ebenfalls gern diese Mnemotherapie-Technik kennenlernen.«

»Die ich Euch selbst nicht beibringen kann … Aber ich kann Euch mit jemandem bekannt machen, der dazu imstande ist.«

»Vielen Dank.« Es war ein sonderbares Gefühl, jemandem dankbar zu sein, für den Luke in seiner Erinnerung die letzten dreißig Jahre über im schlimmsten Falle Abscheu und im besten Mitleid empfunden hatte.

Sie legte ihre Hände auf die seinen. »Willkommen zurück auf Nam Chorios.«

SENATSGEBÄUDE, CORUSCANT

Die Raumfähre TiefenStrahl, ein Shuttle der Lambda-Klasse, das viel neuer war als das, das Luke auf der Koval-Station bestiegen hatte, schwebte durch die geöffneten, schutztorartigen Hangarschotts im Südwesten der Haupteingangshalle des Senatsgebäudes. Seha Dorvald, die sich allein in dem winzigen Cockpit befand, konzentrierte ihre gesamte Aufmerksamkeit darauf, die letzten Sekunden dieses Flugs geschmeidig und unauffällig zu gestalten.

Schräg unten wies sie ein Gamorreaner im Overall, dessen grünliche, schweinsähnliche Gesichtszüge pures Desinteresse ausstrahlten, mit zwei Leitglühstäben ein, um die TiefenStrahl weiter in den Hangar zu dirigieren. Seha tat, wie es ihr angezeigt wurde, und schwebte allein auf Repulsorlifts vorwärts, bis sich das Shuttle direkt über einem Landefeld befand, bei dem Leuchten in den grauen Permabetonboden eingelassen waren – so sah der gesamte Hangar aus. Die Anordnung der Landezonen wurde computerkontrolliert und war nach Belieben neu konfigurierbar.

Sie brachte das Shuttle runter und landete sanft genug, dass kaum auffiel, wie die Bewegung stoppte. Unverzüglich fuhr sie die Triebwerke herunter und schaltete ihre Kom-Konsole ein. »Hier spricht Pilotin Dorn. Willkommen auf Coruscant und im Senatsgebäude. Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Flug.« Ohne weitere Worte zu verlieren, betätigte sie den Schalter, um die Einstiegsrampe am Rumpf des Shuttles abzusenken.

Aus dem Augenwinkel heraus sah sie auf der Backbordseite eins der inneren Hangartore in die Höhe gleiten, um einer kleinen, größtenteils aus Menschen bestehenden Gruppe Zutritt zu gewähren. Sie erkannte Staatschefin Daala, in einer makellosen weißen Admiralsuniform schimmernd. Bei ihr befanden sich eine Reihe von Sicherheitsagenten und Assistenten, einschließlich einer grünen Twi’lek.

Seha tat so, als würde sie ihnen keinerlei Aufmerksamkeit schenken. Sie rief einen Diagnoseschirm auf – einen simulierten Diagnoseschirm – und tippte der Reihe nach auf jede der angezeigten Optionen, so, wie sie es auch bei einer gewöhnlichen Herunterfahr-Checkliste tun würde.

Sie hörte, wie die Passagiere ihre Reisekoffer und Taschen an sich nahmen. Lautstark fingen sie an, die Einstiegsrampe hinunterzumarschieren.

Und dann ertönte Daalas Stimme, die die Rampe hinaufdriftete: »Wynn! General Jaxton, Senator Bramsin! Ich bin erfreut, Sie in einem Stück wiederzusehen.«

Als Nächstes folgte die schroffe Stimme von General Jaxton, die jedoch mit jedem Wort leiser wurde. »Schön, wieder hier zu sein. Damit ich einen Einsatz gegen den Fliegenden Händler und die Jedi in die Wege leiten kann. Man stelle sich nur diese Überheblichkeit vor …« Seha sah, wie sich die Gruppe um Staatschefin Daala – dank ihrer Passagiere jetzt beträchtlich größer als zuvor – wieder dem Hangartor näherte.

Sekunden später vernahm sie ein Knarren, als jemand die Einstiegrampe hochkam – zu leise, als dass die Schritte hörbar gewesen wären, jedoch nicht so vorsichtig, dass die sich setzende Rampe selbst keinen Laut verursacht hätte. Dann ertönte direkt hinter Seha eine Männerstimme: »Was treiben Sie da?«

Seha schaute zu ihm auf. Er war jugendlich und sah nett aus, das braune Haar militärisch kurz geschnitten. Er trug eine Leutnantsuniform des Sicherheitsdienstes der Galaktischen Allianz und stellte eine finstere Miene zur Schau, die nahelegte, dass er sie mit seiner Strenge und seinem Nachdruck beeindrucken wollte.

Sie lächelte zu ihm empor. »Die Triebwerke runterfahren. Ich bekomme einige ungewöhnliche Daten von den Schubgeneratoren rein.«

Er schüttelte den Kopf. »Ihnen ist bloß erlaubt, zu landen, Ihre Passagiere aussteigen zu lassen und wieder abzuheben. Sie werden unverzüglich wieder starten.«

Sie wies auf den Monitorschirm mit der Checkliste darauf, auf die drei rot blinkenden Einträge. »Ich würde wirklich lieber …«

»Tut mir leid, aber ich muss darauf bestehen.«

Sehas Tonfall wurde frostig. »Nun, dann haben Sie genau zwei Sekunden Zeit, um Ihren Allerwertesten aus meinem Shuttle zu schaffen.« Sie wandte ihm den Rücken zu und bereitete einen Schnellstart der runtergefahrenen Systeme vor.

Der Leutnant war die Rampe halb hinunter, als die rechte Heckschubdüse in die Luft flog.

Die Schubdüse explodierte nicht – zumindest nicht so richtig. Der plastoidumhüllte Kondensator und die damit verbundene Chemikalienladung, die mit dem dortigen Schaltkreis verdrahtet waren, wurden durch den Hochfahr-Schalter ausgelöst, entluden sich und rösteten sämtliche Schaltungen in diesem Modul. Außerdem fingen sie Feuer und sonderten eine beträchtliche Menge rotgrauen Rauchs ab.

Seha stieß einen wohlplatzierten Schrei der Entrüstung aus und legte hastig sämtliche Notfallschalter in ihrer Reichweite um.

Der Leutnant stand direkt vor dem Shuttle auf dem Permabeton und starrte durch ihr Sichtfenster herein. Er wirkte gebeutelt. Sie sah ihn finster an und sprang dann auf. Flugs eilte sie nach hinten und die Einstiegsrampe hinunter, um sich den Kerl vorzuknöpfen.

Seha, ein einziges Holodrama-Klischee rechtschaffener Feindseligkeit, hielt ihm wütend ihr Datapad vors Gesicht, um ihm eine neue, revidierte Version des Diagnoseschirms zu zeigen. »Sehen Sie das? Sie konnten einfach nicht fünf Minuten warten, dass ich einen einfachen Diagnosecheck durchführe und dann langsam wieder alle Systeme hochfahre, was? Was soll ich jetzt meinem Captain sagen? Was soll ich dem Senator sagen? Das gesamte Antriebsaggregat ist hinüber, weil irgendjemand nicht abwarten konnte. Wie ist Ihr Name, Leutnant Der-mal-eine-Karriere-vor-sich-hatte? Das wird der Senator wissen wollen.« Sie machte sich nicht die Mühe zu erwähnen, welcher Senator. Es war besser, wenn er davon ausging, dass es einer von denen war, die sie gerade mit dem Shuttle hier abgeliefert hatte.

Die Worte des Leutnants kamen als verzweifelter, planloser Schwall über seine Lippen. »Hatte das nicht … vorhergesehen … Vorschriften … Feuer.«

Rauch, der zur Permabetondecke emporquoll, löste das Brandschutzsystem des Hangars aus. Gelenkrohre senkten sich aus der Decke herab, zielten, gaben einen hustenden Laut von sich und stießen eine gewaltige Menge grauweißen Feuerlöschschaums aus.

Seha und der Leutnant wurden davon durchnässt. Als sie sah, wie seine Uniform mit einem Mal von einem Material überzogen war, das die ungefähre Konsistenz von Dessertgarnierung besaß, als sie sah, dass seine zuvor so fesche Mütze eine große, dreieckige Masse von dem Zeug zierte, brach Seha lauthals in Gelächter aus und konnte nicht wieder damit aufhören.

Der Leutnant brachte noch einige weitere unzusammenhängende Worte hervor und stieß dann ein Seufzen aus. Die Röhren sprühten keinen Schaum mehr. Jetzt, wo das Gehabe militärischer Kompetenz, das der Leutnant nur Sekunden zuvor an den Tag gelegt hatte, unwiderruflich zerschmettert war, schenkte er Seha ein entschuldigendes kleines Grinsen. »In Ordnung. Fangen wir noch mal von vorne an. Was brauchen Sie?«

Seha gelang es, ihr Lachen unter Kontrolle zu bringen. »Ähm, eine verlängerte Aufenthaltsgenehmigung, bis ich einen Mechaniker auftreiben kann, der das Shuttle wieder flottmacht?«

»Betrachten Sie das als erledigt. Vierundzwanzig Standardstunden, vielleicht mehr, je nachdem, wie der Schadensbericht Ihres Mechanikers ausfällt.«

»Und wie wär’s damit, eine Dame zum Abendessen auszuführen? Sobald sie sich sauber gemacht hat, heißt das natürlich.«

»Auch abgemacht.«

»Also, wie heißen Sie denn nun?«

»Javon Thewles. Leutnant, GA-Sicherheit.«

Sie streckte ihm eine Hand entgegen, die ein wenig schaumbedeckt war. »Sela Dorn.«