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EIN JEDER NACH SEINER KRAFT

Frankfurt, 1. Januar bis 31. Dezember 1915

Das Jahr 1915 begann bei den Sternbergs mit den wohltuenden Hoffnungen, die den ersten Tag des Jahres vergolden, und einem falschen Leberkäse. Der nahm sich, obgleich mit einem Sträußchen Petersilie und einem kleinen Schornsteinfeger aus Pappe garniert, auf der Fleischplatte des Rosenthalservices wie eine Stallmagd in Seidenschuhen aus. Der Frankfurter »General-Anzeiger«, der sich in satter Zeit nur im Ausnahmefall mit Küchenthemen abgab, hatte in seiner Ausgabe zum zweiten Advent das Rezept für den Leberkäse-Ersatz veröffentlicht. Benötigt wurden hundert Gramm Leberwurst, zwei Bündel durch den Fleischwolf gedrehtes Wurzelwerk, eine Tasse gut gequollener Grieß, zwei Esslöffel Margarine, Pfefferersatz und »Zwiebel, Majoran und Bohnenkraut entsprechend den Vorräten«. Dazu gab es Sauerkraut und Klöße aus schwarzem Brot. Der Bäcker hatte seine Patenterfindung mit Graupen gestreckt und Josepha sie die ganze Woche lang gehortet. Die Gemüsebeilage war, weil in Frankfurt ein ungeschriebenes Gesetz am Neujahrstag, im »General-Anzeiger« nicht eigens empfohlen worden. Es war nur euphemistisch vermerkt worden, Sauerkraut wäre »derzeit ein wenig knapp«.

Josepha hatte den Kohl bei ihren Nauheimer Verwandten gegen zwei altmodische Hüte eingetauscht – einen blauen Strohhut von Frau Betsy und ihren eigenen marineblauen Filzhut in Topfform. Sie selbst hätte ihn noch nicht einmal mehr aufgesetzt, um auf dem Wochenmarkt Zwiebeln einzukaufen, warf jedoch ihrer Cousine beim Abschied vor, sie hätte sich für »ein so gutes Stück« nicht erkenntlich genug gezeigt.

Das Sauerkraut – mit Wacholderbeeren, die es noch bei einem Frankfurter Gemüsehändler in der Vogelsbergstraße gab, und Lorbeer aus den eigenen Vorräten – duftete schon beim Kochen nach Frieden und Behaglichkeit und der schönen Bürgertradition, auf die so lange Verlass gewesen war. Als sie die dickbäuchige Schüssel ins Esszimmer trug, in der einst das Gemüse für sieben Personen serviert worden war und die sie nun noch nicht mal mehr zur Hälfte hatte füllen können, erklärte Josepha mit dem Hausfrauenstolz derer, die nicht gewillt sind, sich kampflos widrigen Umständen zu beugen: »Wer am Neujahrstag in Frankfurt kein Sauerkraut isst, der hat das ganze Jahr über kein Geld. Das wissen selbst die Eingeplackten und die Dahergelaufenen.«

Den kleinen Witz machte sie jedes Jahr am 1. Januar, exakt um zwölf Uhr mittags, doch 1915 lachte der Hausherr nicht, wie es sich für einen gehört, der seinem Personal eine Freude machen will. Er starrte trübsinnig auf seinen Teller und erwiderte: »Was in Kriegszeiten absolut nicht von Bedeutung ist, Josepha. Es kommt nicht mehr drauf an, ob wir Geld haben oder nicht. Es kommt einzig und allein darauf an, was man für sein Geld kaufen kann, und dafür brauchen wir schon heute ein Vergrößerungsglas.«

Für gewöhnlich äußerte sich Johann Isidor nicht im Familienkreis zur aktuellen wirtschaftlichen Lage, doch war er nicht nur melancholisch, sondern auch indisponiert. Sauerkraut hatte er selbst in seinen gesunden Zeiten schlecht vertragen, und nun rumorte der Schatz aus Bad Nauheim bereits in seinem Darm, als das Kraut noch auf dem Teller lag. Der Hausherr seufzte, gab jedoch umgehend vor, er hätte sich räuspern müssen. Er hatte absolut nicht beabsichtigt, Josepha zu rügen. Ihr errötetes Gesicht und die fest geschlossenen Lippen zeigten ihm an, wie gekränkt sie war. Johann Isidor spürte ein unangenehmes Brennen in der Kehle; er genierte sich sehr. Um die Verbindlichkeit bemüht, die dem Feiertag angemessen war, lächelte er seine Köchin an. Sie stand an der Tür, die wuchtige Gemüseschüssel an ihren Bauch gedrückt. »Was mag uns das neue Jahr bringen?«, fragte sie ihr Dienstherr.

»Wahrscheinlich wird die Welt noch mehr wackeln, als sie es jetzt schon tut«, erwiderte Josepha düster.

»Bravo, Kassandra!«, applaudierte Clara. Ihr Bruder stand auf und wedelte mit der Serviette. Victoria stopfte die ihre in den Mund, um nicht zu kichern. Ihre Mutter sah sie an und sagte rügend: »Sitz grade!«

Josephas düstere Prophezeiung war kein bisschen falsch. Zur Mitte des Monats berichteten die Zeitungen, dass weite Teile von Süd- und Mittelitalien durch ein Erdbeben zerstört worden waren. Es hatte dreißigtausend Tote gegeben. Das Familienoberhaupt verkündete die Tragödie beim Essen. »Das ist Gottes Strafe dafür, dass die Schurken auf der falschen Seite kämpfen«, bilanzierte Erwin.

Ein jeder Kinderfreund hätte an seinem gutmütigen Gesicht ablesen können, dass er nicht meinte, was er sagte, und dass er nur einmal mehr seinen vorlauten Bubenwitz hatte ausprobieren wollen, doch sein Vater bezeichnete die Bemerkung als einen »menschenverachtenden Affront« und wies seinen Sohn mit theatralischer Gebärde vom Mittagstisch. Es gab an diesem Donnerstag ausgerechnet Backobst mit Mehlklößen, die der Entehrte besonders gern aß, doch Josepha entschädigte ihren Hätschelbuben in der Küche – mit einer doppelten Portion vom Backobst. Außerdem waren Erwins Klöße die einzigen, die sie mit Zimt bestreute. Sein Vater, begütigte Josepha löffelschwenkend, sei zu bedauern. Er hätte »zu viel um die Ohren«.

»Und zu wenig im Hirn«, schimpfte Erwin.

Einige Tage darauf fielen seine Schwestern in Ungnade. Vom 18. bis 24. Januar war die »Reichswollwoche« angesetzt worden. Die Beteiligung an der Sammlung zugunsten des Militärs wurde in den Betrieben, auf Hausfrauenabenden und in den Schulen als eine »vaterländische Pflicht« bezeichnet. Ohne Rücksprache mit ihrer Mutter lieferte Clara in der Sammelstelle auf der Scheidswaldstraße zwei Paar von den verhassten Wollschlüpfern ab, dazu die passenden Hemdhosen. Victoria, die sie begleitete, spendete für die »armen frierenden Soldaten« ihren brandneuen, aus einer Wolldecke geschneiderten Morgenrock und die langen braunen Wollstrümpfe, die ihr noch mindestens ein Jahr gepasst hätten. Auf die gleiche Art entledigte sie sich einen Tag später des Leibchens aus weißem Leinen, an dem die demütigende Fußbekleidung befestigt wurde.

Ihre schwangere Mutter, in großer Sorge, ob die Kohlenvorräte bis zum Frühjahr ausreichen würden, und froh über jedes Stück warmer Unterwäsche, das noch im Schrank ihrer Kinder zu finden war, erfuhr vom Alleingang ihrer Töchter aus deren eigenem Mund. Sie weinte drei Taschentücher nass, und noch um Mitternacht musste ihr Tante Jettchen Schafgarbentee aufbrühen.

Betsy nahm sich vor, Clara fühlbar dafür zu bestrafen, dass sie ihre unschuldige kleine Schwester zu dem Frevel angestiftet hatte, eine karitative Idee für eigene Zwecke zu missbrauchen. Am nächsten Tag erfuhr sie allerdings, dass der Einfall, sich auf diese Weise von den ungeliebten Teilen ihrer Ausstattung zu trennen, von Victoria stammte und Clara die Verführte war.

Das Kriegsgeschehen sorgte auch bei Erwin für eine einprägsame Erfahrung. Als immer mehr Lehrer ihrer Pflicht an der Front statt am Katheder nachkommen mussten, wurden der Kunst- und der Geschichtsunterricht des Kaiser-Friedrichs-Gymnasiums zusammengelegt. Es lag in der Natur der Zeit, dass ab dann der Zeichenunterricht nicht mehr im gleichen Maße wie zuvor auf die Schönheit in der Natur und die Romantik in der Malerei abgestellt wurde. Im Januar 1915 hatte der Schüler Sternberg dreieinhalb Wochen mit der Zeichnung des Panzerkreuzers »Blücher« zugebracht. Noch vor der Fertigstellung seiner Arbeit war er für seine exzeptionelle Fähigkeit gelobt worden, technische Details wirklichkeitsgetreu darzustellen. Oberstudienrat Dr. Gisbert Hartmann, ein Mann von fast siebzig Jahren, den der Krieg aus seinem idyllischen Ruhesitz in Bensheim an der schönen Bergstraße zurück ins Schulleben beordert hatte, sprach gar von einer »durchaus denkbaren Zukunft als Marinemaler«. Da – am 24. Januar – war die »Blücher« bei einem Seegefecht zwischen deutschen und britischen Schlachtkreuzern an der Doggerbank versenkt worden. Mit betrübtem Gesicht und in niedergeschlagenem Moll befahl Oberstudienrat Hartmann seinen Schülern, aus »Gründen der Pietät« die Arbeit an der »Blücher« einzustellen.

Erwin berichtete zu Hause von den Vorkommnissen und mutmaßte, da bereits allerorten vom bevorstehenden U-Boot-Krieg die Rede war: »Wahrscheinlich lässt uns Grizzly nur noch Schiffe malen, die ohnehin schon unter Wasser sind.« Diesmal wurde er nicht vom Tisch verwiesen, obgleich seinem Vater der Verlust der »Blücher« sehr naheging. Die deutsche Kriegsmarine war durchaus nicht allein des Kaisers Stolz.

Der Februar brachte bessere Nachrichten. Am 2. des Monats wurden Niederlagen der Briten in Mesopotamien gemeldet, am 5. das Scheitern der russischen Offensive in der Bukowina, und am 27. war zu erfahren, dass die Russen schwere Verluste in den Karpaten erlitten hatten. Auf allen Schulhöfen wurde gejubelt. Victoria kam mit einer Zeichnung nach Hause, in dem der Zar als »Nikolaus Sauruss, Mordbrenner und gewesener Henkersknecht« steckbrieflich gesucht wurde. Sie hatte das Kunstwerk für ein dünn mit Kümmelmargarine bestrichenes Brot erstanden. Tante Jettchen lobte ihre Geschäftstüchtigkeit. Von ihrer Mutter wurde das Kind getadelt. Allerdings nur mit halber Kraft. Der 28. Februar, der bei den Sternbergs das Kriegsgeschehen aus dem Bewusstsein verdrängen sollte, warf seine Schatten.

In einem Brief, der am Vortag von einem Boten im Kontor der Posamenterie Sternberg abgegeben wurde, hatte Frau Friederike Haferkorn Johann Isidor wissen lassen, dass die Überschreibung seines Grundstücks in Schotten auf ihre Person nicht reibungslos verliefe. Ob sie ihn aufsuchen solle und wo? Frau Fritzis einstiger Chef und Liebhaber erkannte, dass sofortiges Handeln geboten war. Morgens um acht startete er mit einer Mietdroschke, deren Fahrer er mit zehn Pfund Mehl und einem kleinen Kasten Zigarren hatte entlohnen müssen, in die Heimat seiner Kindheit. Seiner Frau sagte er, er hätte eine wichtige Unterredung in Mainz und wäre frühestens am späten Abend zurück.

Es war der Tag, der Doktor Meyerbeer das Fürchten lehrte. Der Arzt, ausschließlich auf die schweren fiebrigen Erkrankungen der Jahreszeit eingestellt und mit vier Fällen von Ruhr konfrontiert, erfuhr mittags um zwölf von der bevorstehenden Ankunft des jüngsten Kindes im Hause Sternberg. Für einen lähmenden Moment, der ihm noch lange Kummer bereitete, hatte Meyerbeer das Bedürfnis, sich auf der Stelle und für immer in Luft aufzulösen. Er steckte in den typischen Nöten der Zeit. Obwohl als Arzt von den Behörden bevorzugt behandelt, war er seit Tagen nicht mehr an Benzin für seinen Adler gekommen. Fahrradfahren hatte er nicht gelernt, und weite Wege – besonders solche, die nicht in einem Tempo zu bewältigen waren, das den Kräften eines rheumatischen älteren Herrn entsprach – waren ihm eine Pein.

Als Josepha – in Schürze und Filzpantoffeln, mit offenem Haar und vollkommen außer Atem – in sein Behandlungszimmer stürzte und »Die Hebamme hat nicht kommen gekonnt, und der gnädige Herr ist nicht zu Hause nicht« schrie, war dem langjährigen Hausarzt der Sternbergs sofort klar, dass er den Weg von seiner Praxis in der Humboldtstraße zur Rothschildallee zu Fuß würde zurücklegen müssen.

Schlimmer noch: Als Hilfe würde er allenfalls eine unverheiratete, hysterische Köchin an seiner Seite haben, die keine Ahnung vom Kinderkriegen hatte.

Meyerbeer nahm sich noch nicht einmal die Zeit, seine Arzttasche zu kontrollieren. Zwar enthielt sie Brom, Belladonna, Jod und Aspirin, ein Mittel gegen Gallenkoliken, das selten wirkte, und eine zusammenklappbare Behelfsschiene, um ein gebrochenes Gelenk zu fixieren, Zinksalbe und Rizinusöl. Während er ohne Hut und mit offenem Mantel im Laufschritt der keuchenden Josepha nachrannte und befürchten musste, jeden Moment auf dem vereisten Bürgersteig hinzustürzen, wurde ihm bewusst, dass er sein Stethoskop vergessen hatte. Eine Geburtszange, von der ja inzwischen jedes Kind in Deutschland wusste, dass sie dem verehrten Kaiser zwar seinen verkrüppelten Arm eingebracht hatte, dass er dem nützlichen Gerät aber auch sein Leben verdankte, wäre in der Praxis Meyerbeer ohnehin nicht zu finden gewesen.

Doktor Adolf Meyerbeer, tüchtig, entschlussfreudig und von seinen Patienten als ein kluger Diagnostiker gelobt, war praktischer Arzt. Ein Kind hatte er noch nie ans Licht der Welt geholt. Die letzte berufliche Begegnung mit einer Schwangeren hatte in seinem fünften Studiensemester stattgefunden – aus einer Entfernung, in der er kaum den Hinterkopf des behandelnden Arztes hatte erkennen können. Trotzdem war ihm damals klar geworden, dass er sich eher entscheiden würde, Medizinmann bei den Indianern zu werden als Frauenarzt in Deutschland.

Doktor Meyerbeer hatte geplant, sich mit fünfundsechzig Jahren von seinem anstrengenden Berufsleben zurückzuziehen und sich endlich guten Gewissens seiner Briefmarkensammlung und seinem zehnjährigen Enkelsohn zu widmen. Der Krieg und Meyerbeers Auffassung von der Treuepflicht eines loyalen Staatsdieners ließen jedoch den Rückzug ins Private nicht zu. In einem Alter, in dem er selbst des Öfteren einen Kollegen konsultieren musste und er auch keine ruhige Hand mehr hatte, war Meyerbeer jede Nacht unterwegs.

In Frankfurt stand es bereits zu Anfang des Jahres 1915 nicht mehr gut um die medizinische Versorgung der Bürger. Es wurden immer mehr Lazarette eingerichtet, die Ärzte brauchten, und gleichzeitig stieg bei der Zivilbevölkerung, die schlecht ernährt wurde und die sich von Tag zu Tag mehr um ihre Familienangehörigen an der Front sorgte, der Krankenstand. Die jungen Ärzte waren beim Militär, die Alten häufig überfordert. Besonders die Hausärzte, die sich ja ihr ganzes Berufsleben lang als »Feld-, Wald- und Wiesenarzt« bezeichnet hatten und dies mit gutem Grund, litten an dem Dilemma, dass mit einem Mal von ihnen Kenntnisse gefordert wurden, die ehedem Sache der Spezialisten gewesen waren.

Als hätte Doktor Meyerbeer geahnt, was im Hause Sternberg auf ihn zukommen würde, hatte er Frau Betsy seit dem vierten Monat ihrer Schwangerschaft energisch und wiederholt geraten, in einem Hospital zu gebären. Mit Engelszunge hatte er darauf hingewiesen, dass viele Frauen neuerdings ihre Kinder nicht mehr zu Hause bekämen und dies meistens als angenehm und erholsam empfinden würden. Als Freund der Familie hatte »Onkel Adolf«, wie er von Victoria und selbst noch von den Zwillingen genannt wurde, sich sogar die Freiheit genommen, darauf hinzuweisen, dass Frau Betsy sich in einem »nicht alltäglichen Alter für eine Schwangerschaft« befände. Wann immer Madame Sternberg jedoch diesen gut gemeinten Rat hörte, faltete sie ihre Arme über dem sich rundenden Leib wie eine Frau aus dem Volke und konterte mit unangenehm lauter Stimme: »Wenn mein Bett gut genug war für vier Kinder, wird sich auch das fünfte damit zufriedengeben müssen.«

Meyerbeer grämte sich. Er fand, ein solcher Eigensinn mochte Betsys vierzehnjähriger Tochter noch zu Gesicht stehen, einen Trotzkopf von dreiundvierzig Jahren, der es an der Galle hatte und keine Schlagsahne mehr zum Zwetschenkuchen vertrug, empfand er allerdings als Zumutung. »Besonders für den Arzt«, beschwerte er sich beim Abendessen bei seiner Frau. »Sie soll bloß nicht auf die Idee kommen, mich zu holen, wenn die Wehen einsetzen. Wer nicht hören will, muss fühlen.« Ausnahmsweise stimmte Frau Meyerbeer ihrem Gatten zu. Sie war ohnehin der Meinung, er würde sich für die Sternbergs aufreiben und die es ihm nie genug danken.

Erwins Lippen waren blau, und er zitterte, als er dem Arzt die Haustür aufhielt. Der Junge hatte eine Dreiviertelstunde auf der Straße gestanden und nach Meyerbeer Ausschau gehalten. Um den Helfer mit der mangelhaft gepackten Arzttasche war es ebenso schlecht bestellt. Er rang noch im Erdgeschoss nach Luft, als er schon die Gebärende im ersten Stock stöhnen hörte. Auch ihm war nach Stöhnen zumute. Er fühlte sich schwach und elend, sah, weil er nur den Bruchteil einer Sekunde die Augen zumachte, Professor Buchheim im weißen Kittel und mit wirrem Haar. Der rief warnend: »Meine Herren, glauben Sie nur nicht, dass der Rasen jeden Ihrer Fehler zudecken wird.« Der Patient, auf einer Trage im Hörsaal, hatte gewiehert, die Studenten keine Bewegung gewagt.

Der Hausflur war dunkel, das Treppenhauslicht funktionierte nicht. Mühsam zog sich Meyerbeer am Treppengeländer hoch. Mit bleischweren Füßen erreichte er die Diele, sah Clara, die mit weißem Gesicht in Richtung Küche hetzte, und stolperte über seinen linken Fuß. Nervös riss er an seinen Mantelknöpfen, Josepha ebenso hektisch an seinem Ärmel. Eine Tür wurde zugeschlagen. Eine Frau huschte durch den Flur. Da geschah das Wunder.

Doktor Adolf Meyerbeer, der weder Tod noch Teufel noch Wundbrand fürchtete, der aber von Anfang an die Geburtshilfe aus dem Repertoire seiner medizinischen Wohltaten ausgeklammert hatte, hörte eine Stimme, die er auf Anhieb erkannte. Schrill wie gesprungenes Glas war diese Stimme, zu herrisch, um im landläufigen Sinne angenehm zu sein, doch für Meyerbeer war das kraftvoll dröhnende Organ lieblich wie Engelsgesang. Es gehörte der Hebamme Fräulein Grete Neger.

Als er seinem Schöpfer für die Rettung aus Medizinernot und Albtraum dankte, streckte Meyerbeer tatsächlich seine Arme himmelwärts. Er schlug Erwin so kräftig auf die Schulter, dass dieser taumelte, nannte ihn einen Prachtbengel und streichelte beglückt seinen Mantel. Um ein Haar hätte er die immer noch heulende Josepha umarmt. Sofort danach vernahm er allerdings einen infernalischen Lärm – verursacht von einer Kreatur, von der der jubelnde Arzt noch nicht einmal hätte sagen können, ob es ein Mensch war oder ein Tier, das da schrie.

Schwester Neger hatte er selbst als die fähigste Hebamme in der ganzen Stadt empfohlen. Dass diese tüchtige Geburtshelferin, bei der sich Reich und Arm geborgen fühlten, die nie zweifelte und nie verzweifelte, nun entgegen Josephas Behauptung zur Stelle und, nach ihrem Stimmvolumen zu urteilen, in Tätigkeit war, erleichterte Meyerbeer so sehr, dass er laut wie ein Bierkutscher lachte. Er ließ sich dazu hinreißen, wie ein besoffener Seemann »O ho!« zu grölen, holte eine Bandage aus seiner Arzttasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Glücklich wie ein Schulbub am ersten Tag der Ferien war er. Entspannt, höchstens ein wenig verwirrt hielt er Ausschau nach dem kreischenden Geschöpf. Nichts sah er und niemanden. Erst als sein Blick zum zweiten Mal in Richtung Wintergarten ging, entdeckte er Jettchens Papagei. Der hockte in seinem Käfig und sah aus, als würde er grinsen. Abwechselnd und höllenlaut krächzte er: »Otto ist ein lieber Bub« und »Otto ist tot.«

Doktor Meyerbeer war bestürzt und wütend. Er war von Natur aus ein empfindsamer Mann, und in der Psychologie war er seiner Zeit voraus; er hatte sich sein Leben lang nicht nur mit dem Körper beschäftigt, sondern auch mit der menschlichen Seele. Nun malte er sich mit Entsetzen aus, was es für eine Mutter bedeutete, fortwährend den Namen ihres soeben im Krieg gefallenen Sohnes zu hören.

»Nicht mit mir, du Mistvieh«, drohte er in den Wintergarten hinein.

Drei Minuten später kam es zu einem grotesken Missverständnis. Der Papagei hatte gerade zum vierten Mal seit Meyerbeers Ankunft »Otto ist tot« geschrien und die Gebärende einen markerschütternden Schrei getan. Josepha war mit dampfendem Wasser im Einmachtopf ins Schlafzimmer geeilt, hatte ausgerechnet vor dem Wochenbett zu weinen angefangen und sich bekreuzigt.

Der ruhige, immer gefasste Arzt hatte an der Küchentür gestanden. Geduldig hatte er gewartet, bis Josepha aus dem Schlafzimmer zurückkam. Er hatte die Hände unter die Achselhöhlen gedrückt und wippte ein wenig mit seinem Körper. Betont leise, weil er, wenn wütend, grundsätzlich seine Stimme senkte, sagte er: »Machen Sie diesem Mistkerl klar, dass es nicht gut um ihn steht. Wenn er nicht sofort seinen verdammten Schnabel hält, landet er noch heute in der Bratpfanne.«

Statt die Decke über den Vogelkäfig zu stülpen, was den aufgekratzten Papagei unverzüglich zum Schweigen gebracht hätte, stürmte Josepha fort. Sie rutschte auf den Teppichfransen im Esszimmer aus, eilte mit bleichem Gesicht zu Jettchen, die mit der verängstigten Victoria im Salon saß, und wiederholte erschüttert die einzigen vier Worte von Doktor Meyerbeers Drohung, die sie in ihrer Aufregung behalten hatte. Victoria hörte die Köchin »Es steht nicht gut« in Jettchens Ohr raunen. Das Kind sah, dass die Oberlippe und die Schultern der geliebten Tante bebten, und erinnerte sich sofort und in allen Einzelheiten an den Tag von Ottos Tod. Damals hatte sie zunächst die Erwachsenen flüstern gehört, dann war das Gesicht ihrer Mutter fremd und steif geworden wie das einer Teepuppe. Josepha hatte »Das kann nicht wahr sein« geschrien, und Tante Jettchen war zwergenklein geworden und hatte wie ein ganz kleines Kind gejammert.

Als ihr Vater am späten Nachmittag nach Hause kam, fand er seine Tochter schluchzend auf Jettchens Schoß. Aus Victorias Mund vernahm er die Schreckensbotschaft. Auch er begann heftig zu zittern. Er musste sich an der Lehne des Schaukelstuhls festhalten, rief laut: »Nein« und verbarg sein Gesicht in den Händen. Jettchen, für einen gesegneten Moment von dem Desaster im Schlafzimmer abgelenkt, stellte Victoria auf die Beine. Trockenen Auges stand sie auf und presste ihren Körper an den des entsetzten Hausherrn. Auch Victoria hörte auf zu weinen. Als sie sah, dass ihr Vater sich beruhigt hatte, drückte sie geniert die Zunge durch ihre Zahnlücke und versuchte zu lächeln. Da war sie schon nicht mehr das jüngste Kind im Hause Sternberg.

»Kommen Sie«, rief Doktor Meyerbeer aus dem Schlafzimmer, »wie lange wollen Sie denn noch untätig herumlungern?«

Bereits am Abend war Betsy stark genug, um ein Dankgebet zu sprechen. Ihr fünftes Kind war kein Sohn, den sie zu einem deutschen Mann zu erziehen hatte und den es eines Tages drängen würde, auf dem Feld der Ehre für sein Vaterland zu sterben. Die zufriedene Mutter drückte ihre dritte Tochter an die Brust. Ihr Lächeln war das einer jungen Frau, und sie wusste schon nicht mehr, dass sie das Kind nicht gewollt hatte. »Ein Prachtbaby«, sagte Fräulein Neger, eine Schmeichelei, die sie nur reichen Eltern gönnte. Arme Leute wurden allenfalls mit gesunden Kindern gesegnet und ermahnt, sie reinlich zu halten und nicht mit Schnaps ruhigzustellen.

Das jüngste Kind im Hause Sternberg war fünfeinhalb Pfund schwer und einundfünfzig Zentimeter lang. Es hatte die unschuldsblauen Augen aller Neugeborenen, doch bereits Haare, und zwar schwarze wie sein Vater. Die Stimme würde es spätestens in sechs Monaten mit dem Papagei des Hauses aufnehmen können. Bemerkenswert war, dass das Kind schon bei seiner Ankunft in einer Familie, die nicht mehr auf neues Leben eingestellt war, sich rücksichtsvoll und lobenswert energisch gezeigt hatte. Es hatte entschlossener und rascher ins Leben gedrängt als seine sämtlichen Geschwister; die Mutter hatte nur fünf Stunden in den Wehen gelegen.

Einen Namen bekam das Mädchen erst drei Tage nach seiner Geburt. Seine Eltern hatten sich überhaupt nicht mit der Frage beschäftigt, welche Namen sich in schweren Zeiten für Bürgersöhne oder Töchter aus gutem Hause eigneten. Weil ihr der Name seiner Kürze und Schlichtheit wegen schon immer gefallen hatte, schlug die Mutter der Neugeborenen Anna vor. Ihr Mann öffnete den obersten Hemdknopf, ehe er abwehrte. Irritiert registrierte seine Gattin sowohl die fahrige Bewegung als auch den entschlossenen Zug um seinen Mund. Nur deshalb fiel ihr der von einer milden Herbstsonne gesegnete Sonntagnachmittag ein, als sie Johann Isidor von ihrer Schwangerschaft erzählt und er so seltsam reagiert und gesagt hatte: »Das kannst du doch nicht im Ernst meinen, meine liebe Fritzi.« Wort für Wort hatte Betsy in ihrem Gedächtnis behalten, jede Geste von damals und das verlegene Räuspern. Sie lächelte.

»Fritzi«, schlug sie vor, denn sie war eine Frau aus Lysistratas Geschlecht. Auch als Mutter von fünf Kindern war sie bereit, sich die Finger zu verbrennen, wenn es ihr geboten schien, mit dem Feuer zu spielen. »Nennen wir sie doch einfach Fritzi«, sagte sie, »ist so schön kurz und praktisch, der Name, er klingt irgendwie lustig.«

»Nein«, entschied Johann Isidor. Seine Stimme war eisenfest, die Augen ohne Furcht. Er war ein Mann und manchmal gar ein Held, der sich nicht scheute, mit offenem Visier in den Kampf zu ziehen.

Sie beendeten den Krieg, noch ehe sie den Bogen spannten, denn sie waren zwanzig Jahre verheiratet und wussten, dass es in Eheschlachten niemals Sieger gibt, nur Besiegte. Danach bewiesen sie den Takt und das diplomatische Geschick, die Mann und Frau fester zusammenschweißen als die zwei goldenen Ringe und die Treueschwüre am Hochzeitstag. Johann Isidor streichelte behutsam Betsys bloßen Arm und schaute ihr dackeltreu in die Augen. Sie lächelte und schwieg. In der schönen Einverständlichkeit der Klugen delegierten sie die Ehre der passenden Namenswahl für das Kind in der Wiege an Jettchen und Victoria.

Sowohl das Tantchen als auch ihre Großnichte brauchten Aufmunterung und Trost. Vor allem für Jettchen war der Beweis so nötig wie das tägliche Brot, dass das Familienleben der Sternbergs ohne sie wie eine Suppe ohne Salz sein würde, dass sie von allen geliebt und von jedem geschätzt wurde. Von dem Tag an, da sie den Namen für das Mädchen fand, das in Victorias alter Wiege am Daumen lutschte, hörte Jettchen endgültig auf, die Falten in ihrem Gesicht zu zählen und die Tage, die ihr im Leben noch blieben. Auch schlug sie nie mehr vor, sie wolle zurück nach Darmstadt ziehen, um mehr Platz für das Neugeborene zu schaffen.

Victoria litt zum ersten Mal in ihrem Leben an der Menschheitsgeißel Eifersucht. Beim Frühstück klagte sie über Halsschmerzen, beim Mittagessen über einen einäugigen Riesen, der sie vor dem Milchgeschäft in der Höhenstraße abgefangen und gedroht hatte, er würde ihre Korallenkette zu Pulver zerstampfen. Ab dem Moment, da sie mit Jettchen den Namen für ihre neugeborene Schwester fand, musste sie nicht mehr mit Josephas zeitgemäßer Götterspeise aus Sago, Schwarzbrotbrösel und Berberitzenmarmelade getröstet werden. Sie konnte den Anblick der Rivalin in den Armen ihrer Mutter ertragen, ohne sich an den Leib zu fassen und beim Sprechen in den Singsang eines Kleinkindes zurückzufallen. Bereits nach fünf Tagen brachte Victoria dem Baby ein gehäkeltes Jäckchen aus rosafarbener Angorawolle, dazu die passende Mütze. Beide waren drei Jahre zuvor in den Besitz ihrer Puppe Käthe übergegangen. Vor allem gab Victoria ihren Anfangsverdacht auf, die kleine Schwester wäre in Wirklichkeit ein Hexenkind, von Ottos Mördern ausgeschickt, um sie und die Zwillinge in einem pechschwarzen Gespensterwald mit vergifteten Bethmännchen zu meucheln.

Zum Wohl der gesamten Familie Sternberg erwies sich Victoria bei der Namenswahl als klug und kompromissbereit. Ohne Widerrede verzichtete sie auf ihre beiden Vorschläge – Rapunzel und Rosenrot. Es war bei dieser denkwürdigen Konferenz mit ihrem Tantchen, der Victoria ja sehr viel mehr Weisheit zubilligte, als es die meisten Menschen taten, dass ihr Interesse für Geschichte erwachte.

»Alice«, schlug Jettchen vor, »unsere Alice, die unvergessene Gattin unseres geliebten Großherzogs Ludwig.« Ihre Nichte war, weil ja nicht aus Darmstadt und gerade in der ersten Klasse der Volksschule, zunächst nicht im Bilde, doch sie zeigte sich beeindruckt, als Jettchen ihr die Geschichte ihres Idols erzählte. »Sie war eine richtige Prinzessin«, schwärmte Jettchen, »und wunderschön. Sie war die Tochter der berühmten Königin Victoria und wurde im Buckingham Palace geboren. In elf Jahren hat sie ihrem geliebten Gatten sieben Kinder geboren. Sie war auch die Tante von Kaiser Wilhelm II.«

»Und hat sie ihm auch so einen schönen Griffelkasten gekauft wie du mir?«

»Ach, Kind, sie ist schon lange tot, unsere Alice, doch in unserer Erinnerung wird sie für immer leben.« Dass sich die beliebte Großherzogin von Hessen und bei Rhein bei der aufopfernden Pflege ihrer an Diphtherie erkrankten Kinder angesteckt hatte und im Alter von fünfunddreißig Jahren gestorben war, verschwieg das umsichtige Tantchen. Sie fand, das Leben hätte ihrer Großnichte ohnehin eine zu frühe Begegnung mit dem Tod zugemutet.

Alice Sternberg, die ihren Vornamen erst mit vier Jahren auszusprechen lernte, wurde meistens Lilli genannt – keiner in der Familie wusste weshalb. Von ihrer sechsjährigen Schwester wurde das Baby, das trotz der kargen Ernährungslage wie ein Bauernkind gedieh und wie die Putten in den Gärten der Landschlösser aussah, herumgeschleppt, getröstet, ehe die erste Träne floss, gehätschelt und so innig geliebt, dass Betsy wieder an Wunder zu glauben lernte. Victoria bewachte den Schlaf der Kleinen mit der Aufmerksamkeit eines Hofhundes. Noch während das Baby gestillt wurde, hortete sie für die Kleine die eigene schmale Zuteilung an Plätzchen und Zuckerstückchen. Sie schaukelte ihre Schwester in der Wiege, bis es beiden schwindelte, versprach ihr, sie unter Einsatz des eigenen Lebens vor Franzosen, Briten und Russen zu beschützen, und sang ihr jedes Lied vor, das sie je gelernt hatte. Im Herbst, als Lilli schon mit einem Zahn lächelte und gelernt hatte, ihre Hände zum Bekunden eines zufriedenen Gemüts aneinanderzureiben, erklang eines Morgens um sieben – die Eltern waren noch im Schlafzimmer – Schwester Vickys neueste Errungenschaft. Der aktuelle Schlager stammte aus dem sich ständig erweiternden Repertoire vom älteren Bruder der Freundin Marie:

Ein Sekundaner, sechzehn Jahr, steht im Bezirks-Gedräng’, der Stabsarzt sagt ihm klipp und klar:

»Die Brust ist viel zu eng.«

»Für eine Kugel breit genug«, sagt da der junge Schneuz.

»Und so es Gott im Himmel will,

auch für ein Eisern’ Kreuz.«

»Wenn das Mama hört, wackeln hier die Wände«, warnte Clara. »Kannst du diesem Kind nicht einmal ein richtiges Lied vorsingen, Vicky? ›Freude schöner Götterfunken‹, meinetwegen. Oder ›Was raschelt im Stroh‹?«

Die Frage war rhetorisch, denn Clara hatte weder Zeit noch Lust und schon gar nicht die Absicht, sich mit der musikalischen Förderung des Nesthäkchens abzugeben. Mit der Ankunft ihrer zweiten Schwester hatte sie sich immer noch nicht abgefunden. Jede Träne, die Alice vergoss, ihr Lachen und das Plappern, das alle anderen entzückten, bohrten sich als Pfeil in Claras empfindsames Gemüt. Mademoiselle Sternberg hatte nämlich äußerst präzise Vorstellungen, wie sich Ehepaare in mittleren Jahren zu verhalten hätten, und sie war der Meinung, ihre greisen Eltern hätten mit dem Baby die gesamte Familie lächerlich gemacht. »Immerhin sind sie ja alt genug für das erste Enkelkind«, beschwerte sich Clara bei ihrem Bruder.

»Sag nur, du hast in dieser Beziehung was vor?«, erkundigte sich Erwin, ohne dass nur der Hauch eines Lächelns ihm die Pointe verdarb, »Theo, ich höre was läuten.«

»Ja, glaubst du, ich bin so blöd wie unsere Mutter? In Zeiten, wo sie nicht weiß, wie sie drei Kinder satt bekommt, kriegt sie ein Baby.«

»Soviel ich weiß, war Alice eine Vorkriegsproduktion. Gerade noch, hat mir Josepha verraten.«

Clara mit der kecken Zunge war zu einer frühen Schönheit erblüht. Die in den Zeiten der Fülle ausrangierten Kleider ihrer Mutter waren vom Speicher geholt und von der langjährigen Hausschneiderin der Sternbergs für die älteste Tochter umgearbeitet worden. Es war noch keine zehn Jahre her, dass die Meisterin der flinken Nadel die kleine Clara mit dunklen Schulschürzen und den weißen Flügelkleidern für den Sonntagsspaziergang versorgt hatte. An der Fünfzehnjährigen, für die das gängige Wort Backfisch schon nicht mehr zutraf, wirkten Madame Betsys Roben, Röcke und Blusen aus den edlen Stoffen, die dem Zahn der Zeit so trotzten wie Stolz und Vorurteil in deutschen Bürgerhäusern, reizvoll und reizend. »Wie aus einem Pariser Salon«, fand die stolze Mutter.

Clara mit dem Seidenhaar, Liebling aller Lehrer und von den Lehrerinnen und Mitschülerinnen gerade deshalb nicht ganz so wohl gelitten, stand trotz der sorgsamen Bewachung ihres eifersüchtigen Zwillingsbruders mit ihren zierlichen Füßen bereits im Leben. Ab Oktober 1915 befand sie sich, sehnsüchtig nach einem Mieter ihres Vaters Ausschau haltend, ungewöhnlich oft auf dem elterlichen Balkon. Wann immer sich die Gelegenheit bot, an der Sünde zu schnuppern, und die Stoßgebete der Lebenshungrigen erhört worden waren, öffnete Amor, der sich weder um Krieg noch um die Moral der Vaterlandsverteidiger scherte, seinen Köcher.

Kurz nachdem sie das Objekt ihrer Begierde erspäht hatte, befand sich Clara im Hausflur. Sie stand unmittelbar unter der auf Vorkriegspappe montierten Verlautbarung, in der die Treppen-, Keller- und Speicherreinigung für die betreffende Woche geregelt und darauf hingewiesen wurde, dass auch in Kriegszeiten die Mittagsruhe einzuhalten sei. Bis vier Uhr müsste von Klavierspiel und Gesang Abstand genommen werden. Während ihre nichts ahnende Mutter sie bei dem nutzbringenden Näh- und Strickkurs im Prüfling vermutete, schloss Clara ihre katzengrünen Augen. Sie schürzte die vollen Lippen, stellte sich auf die Zehenspitzen und lernte beglückt die Freuden der ersten Liebe kennen.

Ihr Auserwählter hieß Theodorich Rudolf Berghammer; er war ein erfahrener Mann von einundzwanzig Jahren und der Familie Sternberg ja wohl bekannt, wenn auch schon seit Langem von Johann Isidor als nicht genehm eingestuft. Wie erinnerlich, hatte der junge Berghammer einst Claras ältesten Bruder in die schönen Dinge des Lebens eingeführt. Nun nahm sich Ottos altruistischer Freund, der sich endgültig von den frühen Liebkosungen seiner depressiven Stiefmutter frei gemacht hatte, dessen kleiner Schwester an.

Zeit für solche Freuden hatte der gut aussehende Theo vorerst reichlich – zwar war er zu Kriegsbeginn Bildberichterstatter gewesen, wurde dann jedoch zu jenen Aufgaben herangezogen, die mehr erforderten als einen klaren Durchblick und eine ruhige Hand. Der Soldat wider Willen war an der Westfront schwer verwundet worden und nach der im Krieg üblichen Odyssee in einem Gießener Lazarett gelandet. Von dort war Theo mit einer Lähmung im rechten Arm und ohne seinen linken Fuß entlassen worden.

Es sah vorerst nicht so aus, als würde er je wieder einen Fotoapparat halten können, geschweige denn eine Waffe, doch ein schönes junges Mädchen konnte er auch mit seiner Linken so fest umarmen, dass beider Herzen im Dreivierteltakt klopften. Bald machten sich die Verliebten los vom gemeinsamen Fundament ihrer Beziehung. Sie sprachen nur noch wenig von Otto und so gut wie nie von seinem Opfer für das Vaterland, das er ja immer sehr viel mehr geliebt hatte als sein Freund Theo. Der junge Berghammer hatte, wie jeder im Haus wusste, schon früh zum Sozialismus geneigt – er trug immer noch ein rotes Halstuch und keine Krawatte.

Obwohl die Gegenwart so wenig Zukunft bot, redeten Clara und Theo vom Glück und der Freiheit. Und manchmal auch von einem Brautpaar auf einem Schimmel. In der Dämmerung, wenn es im Hof wohltuend dunkelte und sie vor den Blicken geschützt waren, die jede junge Liebe gefährden, rezitierte Theo jene Gedichte von Heinrich Heine, die eine fünfzehnjährige Schülerin im Deutschunterricht nie zu hören bekam und die sie auch nicht verstand. Trotzdem hatte Clara feuchte Augen. Als im April im Vorgarten die Knospen des Fliederbaums aufsprangen und im Mai die erste Rose blühte und ein Duft durch die Stadt zog, der Heringsersatz und Kohlsuppen vergessen ließ, sprachen sie ausschließlich von ihrer Liebe und reimten seufzend Herz auf Schmerz.

In solchen Nächten las Clara in dem »Handbuch für Frauenheilkunde«, das sie nach Ottos Tod unter seiner Matratze hervorgezogen und zur späteren Verwendung unter ihrer Wäsche versteckt hatte. Ebenso wie einst ihm, machte es ihr Schwierigkeiten, die Zeichnungen zu deuten und die Fachwörter zu verstehen. In dieser erregenden Zeit sah sie sich mehrmals genötigt, von ihrem Bruder ein Schweigegelübde zu erpressen. »Sonst«, befürchtete die Listige, »könnte mir ja doch irgendwann herausrutschen, dass mein Brüderchen sich ernsthaft mit der Frage beschäftigt, ein zweiter Rembrandt zu werden.«

»Nein«, widersprach Erwin der Furchtlose, den außer der Malerei wenig auf der Welt interessierte, »ein zweiter Kandinsky, aber wahrscheinlich hältst du den für einen polnischen Juden und den Blauen Reiter für das Oberteil eines Pferdes.«

»Und was ist daran falsch?«, fragte Clara. Sie sah liebreizend aus in dem braunen Wollrock ihrer Mutter, den die Schneiderin mit grüner Samtborte aus der Sternberg’schen Posamenterie verziert hatte. Selbst der eigene Bruder fand sie eine Augenweide.

Allein Erwin, der treue Paladin der Kindertage, den kein Mann je würde vom Platz in ihrem Herzen verdrängen können, kannte vorerst auch Claras zweites Geheimnis. Es war ihr nach erheblicher Mühe gelungen, trotz ihrer Jugend, aber wegen des exzellenten Rufes ihres Elternhauses, zweimal in der Woche im Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt als Hilfskraft angenommen zu werden. Der in jeder Beziehung nützliche Näh- und Strickkurs leistete auch da gute Dienste, um Claras regelmäßige Abwesenheit von zu Hause zu erklären. Das jüdische Krankenhaus in der Gagernstraße, für junge Beine knapp zwanzig Minuten Fußweg von der Rothschildallee entfernt, war im ersten Kriegsjahr eröffnet worden. Das moderne Hospital, auf dem neuesten Stand der Technik, war in Frankfurt ein Synonym für den Fortschritt in der Medizin. Die Abteilung für die Verwundetenpflege musste ständig erweitert werden.

Zu Hause erwies sich Clara zur Verärgerung und Enttäuschung ihrer Mutter als erstaunlich ungeschickt und kränkend unwillig bei der Säuglingspflege. Die kleine Alice, die jubelte, sobald sie Victoria sah, heulte wie ein Wolf, wenn ihre älteste Schwester nur Anstalten machte, ihre Windel zu wechseln. Bei der Pflege von erwachsenen Männern hatte Clara indes die kompetenten, sanften, beruhigenden Hände, nach denen Deutschlands Helden lechzten. Viele von ihnen waren dem Tod nur um Haaresbreite entgangen; die Jüngsten hatte der Krieg buchstäblich aus dem Elternhaus gezerrt. Sie waren in ein schwarzes Meer von Schmerz, Angst und Verzweiflung gestürzt, und doch kehrten ihre Augen für einen Moment aus der Finsternis zurück, wenn Clara an ihrer Lagerstatt stand.

»Sie ist ein Engel«, bekam Johann Isidor Sternberg zu hören, als er seine Tochter, die er gut behütet unter der Aufsicht ihrer Mutter wähnte oder zumindest an einer Nähmaschine, als eine ungehorsame Schwindlerin entlarvte. Er musste gleichzeitig jedoch auch einsehen, dass sie eine Tochter war, der die Achtung eines stolzen Vaters gebührte.

Der Zufall hatte den jungen Engel zwar vor dem strengen väterlichen Auge bloßgestellt, aber wahrhaftig nicht in die Verdammnis gestoßen. »Man kann eben nicht Gutes tun und es vor denen geheim halten, die auch ihre Pflicht erfüllen«, hatte Johann Isidor in dem Gespräch bilanziert, das schließlich auch die Mutter der rührigen jungen Heldin ins Bild setzte.

Im zweiten Kriegsjahr war es nämlich auch Johann Isi-dor gelungen, sich durch wohltätiges Wirken als ein Deutscher zu fühlen, der seinem Vaterland treu diente. Der respektierte Handelsmann Sternberg, nicht mehr jung und nicht mehr gesund genug, um des Kaisers Rock zu tragen und den süßen Tod für sein Vaterland zu sterben, fühlte sich nicht länger vom Kreis der Opferbereiten ausgeschlossen. Er konnte endlich wieder zufrieden in den Spiegel blicken, und auf der Straße hielt er seinen Kopf hoch und streckte die Brust heraus. Er war ein führendes, hoch geschätztes Mitglied im Komitee zur Unterstützung jüdischer Kriegswitwen und Waisen geworden. In dieser Eigenschaft hatte er dem jüdischen Krankenhaus einen Besuch abgestattet und seine Tochter mit streng zurückgekämmtem Haar, Mittelscheitel und in einer blütenweißen Kittelschürze am Krankenlager eines fiebernden Gefreiten entdeckt, dem ausgerechnet sie zu suggerieren versuchte, das Leben sei auch mit einem Bein noch lebenswert.

Johann Isidor hatte Clara seiner Lebtag nicht mit umgebundener Schürze gesehen. Er hätte sein halbes Vermögen verwettet, dass sie nicht imstande war, einen Wasserkessel von einem Suppentopf zu unterscheiden oder einen nassen Fußboden trocken zu wischen. Sie mit geröteten Wangen am Bett eines Mannes vorzufinden, den Kopf geneigt wie die schönen jungen Helferinnen, die gerade bei den Zeichnern in den Zeitungsredaktionen Hochkonjunktur hatten, die grobe Männerhand in ihrer zierlichen haltend, war freilich ein Schock für einen Patriarchen, der alles von seiner Familie zu wissen glaubte. Trotzdem sagte er im Moment der Entdeckung kein einziges Wort. Er wurde nur ein wenig rot, als wäre er derjenige, der vom Weg der Redlichkeit abgekommen war. Als er mit seinen Gremiumskollegen den Schauplatz des überraschenden Geschehens verließ, hatte er Rückenschmerzen und hinkte.

Nach der Trennung von Fritzi Haferkorn und weil ihm sein Gewissen immer noch nicht die Ruhe gönnte, die ein Mann zum Vergessen seiner Verfehlungen braucht, war Johann Isidor sehr darauf bedacht, sich ebenso gründlich mit seiner Familie wie mit Deutschlands Lage zu beschäftigen. Ehe er Claras Zukunft neu bestimmte, vergingen sieben grüblerische Nächte. Am achten Tag erzählte er seiner Frau, wo er seiner Tochter begegnet war. Ehe Betsy auch nur dazu kam, ein missbilligendes Wort zu äußern, lobte er, was er zunächst nicht beabsichtigt hatte, ihre Selbstständigkeit und Initiative. »Sie hat begriffen«, sagte er mit dem Pathos, das seine Zwillinge hinter seinem Rücken despektierlich als »Spießers täglich Brot« bezeichneten, »dass wir jetzt jede helfende Hand brauchen.«

Clara durfte – eine zufriedenstellende Erledigung der Schulaufgaben vorausgesetzt – also weiter im jüdischen Krankenhaus arbeiten. Die Situation war Johann Isidor sehr viel angenehmer, als ihm im ersten Schrecken bewusst geworden war. Es hatte ihn schon längere Zeit gewurmt, dass Betsy nicht, wie mittlerweile die meisten Ehefrauen seiner Freunde und Bekannten, ihren Beitrag zu Deutschlands Wohlergehen leisten konnte. Zunächst hatte sie die Schwangerschaft von jeder karitativen Betätigung ferngehalten, nun Alices Versorgung. Endlich konnte Johann Isidor, wenn die Rede auf den Einsatz der tapferen deutschen Frauen kam, die in der Heimat ebenso viel leisteten wie die Helden an der Front, mit Stolz auf seine fünfzehnjährige Tochter verweisen. Anders als viele Gleichaltrige zupfte Clara nicht Binden oder strickte Wollsocken für die Soldaten im Schützengraben. Sie putzte nicht den Kriegswaisen die Nase und half ihren trauernden Müttern die Fußböden schrubben und Betten frisch beziehen. »Sie trägt die Last und Verantwortung einer erwachsenen Frau«, erzählte ihr Vater Doktor Meyerbeer.

»Da wird sie bald einen Doktor heiraten«, entgegnete der nüchtern.

Clara selbst beschrieb ihre Tätigkeit nie mit den hehren Worten der Zeit. Sie genoss die zwei Nachmittage, die sie im Krankenhaus verbrachte, aus übervollem Herzen. Montag und Donnerstag brachten ihr die lang ersehnte Freiheit – und eine berauschende Bestätigung ihrer Weiblichkeit. Von den Todgeweihten wurde sie ihrer Jugend wegen ferngehalten, den Genesenden verdrehte sie den bandagierten Kopf. Auch so mancher Arzt fand Zeit zu einem kurzen Tagtraum, wenn der lächelnde Engel an ihm vorüberschwebte. Ein Poet mit Stethoskop statt gesatteltem Pegasus nannte Clara ein Licht in der Finsternis und bat um ihre Hand. »Wenn es der gnädige Herr Vater erlaubt.«

Der gnädige Herr Vater schüttelte den Kopf, als er von dem Antrag erfuhr. Noch weniger aufgeschlossen zeigte er sich, als seine Tochter ihm ihre Absicht mitteilte, entweder sichere er ihr zu, sie dürfe nach dem Abitur Medizin studieren, oder sie würde umgehend von der Schule abgehen. »Wenn du es möchtest, melde ich dich gleich morgen ab«, schlug Johann Isidor vor, »ein Mädchen in deinem Alter zwingt kein Vater mehr, in die Schule zu gehen. Das kostet nur Geld und bringt nichts. Einen Blaustrumpf, der noch dazu nach Karbol riecht und jeden Mann in die Flucht schlägt, wird es in dieser Familie nicht geben. Im Übrigen wird es dein Bruder sein, der seinen Doktor macht.«

Wenn er auch eine Aversion hatte, mit Frauen zu diskutieren, und er Clara zu häufig ihren Platz im Leben zuweisen musste, war Johann Isidor nicht unzufrieden. An guten Tagen meinte er gar, er würde lernen, Ottos Tod als das Opfer zu akzeptieren, das jeder deutsche Vater zu erbringen bereit sein musste. Zu Silvester gestattete sich der gute Deutsche gar einen Blick in die Zukunft. Noch immer gehörte er zu des Kaisers Getreuen, die nicht die Niederlagen zählten, sondern die kleinen Lichtblicke. Er vertraute den deutschen Offizieren und setzte auf den deutschen Mut. Johann Isidor Sternberg war überzeugt vom deutschen Sieg und dass der Krieg nicht mehr lange dauern würde.

Als Geschäftsmann hatte er allerdings genau zu kalkulieren gewusst. In der Zeit von Staatsschulden, Zwangsbewirtschaftung und Geldentwertung hatte er nicht mehr auf Gold gesetzt. Er vertraute allein dem Grundbesitz. »Noch unsere Kinder werden den Tag segnen, da wir die Rothschildallee gekauft haben«, sagte er, als Josepha die Terrine mit dem Silvesterpunsch in den Salon brachte.

Die Kinder standen, wie in den Bilderbüchern der alten Zeit, um den Ohrensessel, in dem der orakelnde Vater saß und eine Zigarre rauchte. Jettchen saß im Schaukelstuhl und nickte Zustimmung. Auch ihr Mann hatte ihr ein schuldenfreies Haus hinterlassen: Es würde den Krieg überdauern. An Betsys Brust steckte ein Schmetterling mit Augen aus Smaragden – ein Geschenk aus Pforzheim, von ihrem Vater eigens für sie angefertigt. Victoria war überzeugt, dass sie nie mehr so glücklich sein würde wie am 31. Dezember 1915. Zum ersten Mal durfte sie das neue Jahr um Mitternacht begrüßen, nicht am Morgen des 1. Januar.

»Ab heute«, sagte sie, »bin ich kein Kind mehr.«

»Großer Irrtum, Freifrau von Sternberg«, korrigierte sie ihr Bruder, »der Lebertran ist schon ausgeschenkt.«

Victoria deutete stumm und selbstsicher auf das Glas in ihrer Hand. Auch sie durfte Punsch trinken. Josepha, die Meisterin der Improvisation, hatte Tee aus einer Mischung von Brombeerblättern und Ebereschenblättern gebraut, ihn mit Sacharin gesüßt, mit Zimt und Nelken gewürzt und das Ganze mit einem Glas vom Arrak, der aus den Vorkriegsvorräten stammte und ausschließlich für Krankheitsfälle reserviert war, zu einem standesgemäßen Silvestertrunk gemacht.

In der Schale lag Stutzweck, das in Frankfurt an Silvester traditionelle Hefegebäck mit den zwei Köpfen, die das alte und das neue Jahr symbolisieren. In den Bäckereien wurde Stutzweck nicht mehr angeboten, was als ein ganz schlechtes Omen galt. Es gab kein helles Mehl, nicht genug Fett und Zucker und zu wenig Kohle für die Backöfen. Josephas Stutzweck war aus einer Mischung von schwarzem Mehl, Kartoffeln, Haferflocken und einem Eiaustauschmittel, das soeben erst zum Verkauf gelangt war. Gesüßt hatte die findige Köchin mit Kunsthonig und zwei Löffel Rübenkraut. Ihre Augen wurden jugendschön, als die Hausfrau sie lobte. Selbst Erwin hatte, als er den ersten Bissen nahm, nicht das Herz, sein Gesicht zu verziehen.

Um Mitternacht bestand der Hausherr darauf, dass Josepha mit ihm, Betsy und Tante Jettchen ein Glas Sekt trank. Es war Feist Feldgrau, die gleiche Marke, die er einst Fritzi Haferkorn überreicht hatte. Er erinnerte sich und konnte trotzdem lächeln.

»Ich hab’s ganz fest im Gefühl«, sagte er und trank seiner Frau zu, als er von der Luther-Kirche den ersten Glockenschlag hörte, »1916 bringt die Wende.«