NEUNZEHN

Als die Sommergräser braun wurden und die lang-schwänzigen Amseln sich jeden Abend zu Schwärmen zusammenfanden, wartete Major Zimon immer unruhiger auf die Rückkehr seines Sohnes von den Sommerpatrouillen der Westländer. Mindestens zweimal am Tag wanderte Zimon hinaus zur nördlichen Bastion, aber die dort postierten Wachen hatten immer nur einen Blick und ein Kopfschütteln für ihn.

Stel war einige Zeit im Gefängnis festgehalten worden, aber nachdem sich die Fischer beklagt hatten, durfte er untertags bei ihnen arbeiten und brauchte erst abends ins Gefängnis zurück. Major Zimon hatte ihn ausgiebig verhört und ihn in letzter Zeit aufgesucht, um sich vorsichtig zu erkundigen, ob möglicherweise Gefahr für Garf bestünde. Stel hatte gesagt, es bestehe keine, es sei denn von Seiten der Innanigani.

Endlich hörten die Wachen eines Nachmittags zu Anfang des neunten Monats, den man in Baligan den Monat der Äpfel nannte, einen langen, schrillen Hornstoß, dann sahen sie auf der Nordspur drei Reiter und einen Coo-Läufer aus dem Wald kommen.

Als die Neuankömmlinge das Haupttor erreichten, war Zimon schon da und beobachtete mit gleichmü-

tiger, sogar strenger Miene, wie sein Sohn und Unterführer Onson zusammen mit einem großen, blonden Mann hereinritten, dessen Haar in einem einzelnen Zopf auf dem Rücken herabhing. Der Coo war Xord, den Zimon schon kennengelernt hatte.

Garf konnte während der formellen Begrüßung seines Vaters das Grinsen kaum unterdrücken, und Zimon sah, daß er vor lauter Neuigkeiten und Begei-sterung über diesen Sommer fast platzte. Der Unterführer, dessen Benehmen militärischer und zurückhaltender war, schien ebenfalls zufrieden.

Der Unterführer machte Zimon mit dem Shumai Kendo bekannt und flüsterte dem Offizier zu, er solle beide Hände gegen die des anderen schlagen. Zimon mußte bei der Vorstellung nach oben schauen, um in die ruhigen, blaßblauen Augen des Westländers zu blicken. Kendo trug, wie er feststellte, einen einzelnen Coo-Ohrring. Sein an den Kragenrändern sauber be-sticktes Sommerhemd stand halb offen, die fast weiß-

gebleichten Brusthaare quollen heraus. Er benahm sich so ungezwungen und locker, als sei er überall zu Hause, und sein enormes Selbstvertrauen reizte den Major ein wenig. Kendo schien sich über den Militärposten zu amüsieren, aber auch er benahm sich zu-rückhaltend und höflich.

»Major«, sagte er mit fremdartigem Akzent, »hier habe ich ein paar Botschaften – einige für dich und den Gouverneur, zwei für den Pelbar Stel von seinem Sohn Tareg, und dazu einige Druckschriften. Die sind alle unversiegelt, ihr könnt sie also lesen. So, wenn ich darf, möchte ich jetzt die Pferde abreiben und tränken. Onson – dein Ersatzmann hier? Er könnte ruhig mithelfen.«

»Da drüben, Kendo. Ikal, komm her, ich stell dich dem Westländer vor!«

Kendo grinste, als ein schlaksiger, dunkelhäutiger Baligani flott herüberschritt. Er hob seine Hände, und auch Ikal hielt die seinigen hoch und schlug sie leicht gegen die des Shumai. »Komm, Ikal! Ich zeige dir, was man mit den Pferden macht. Major? Du hast einen großartigen Sohn, auch wenn er die Sterne nicht kennt. Wir hatten einen ruhigen Sommer. Vermutlich muß ich anderswo hingehen, um einen Krieg zu finden.«

Spät abends, nachdem die Besucher in ihren Unterkünften waren, saßen sich Zimon und sein Sohn am Tisch gegenüber, zwei Lampen zwischen sich, und der Major ging die Korrespondenz durch und befragte Garf über verschiedene Punkte darin.

»Das hier – was ist das?«

»Druckschriften. Herausgegeben von einer sogenannten Pelbar-Akademie. Die hier wurde extra für Stel gemacht. Sie handelt von Sehhilfen. Sie sagen, der alte Name dafür sei ›Brille‹. Sie verwenden sie anstelle unserer mit der Hand gehaltenen Linsen. Ei-ne Frau aus einem Ort, den sie die Kuppel nennen, hat die Druckschrift verfaßt und dieses Päckchen geschickt, das eine Brille für Stel enthält.«

Zimon schürzte die Lippen. »Vier Kopien? Eine für den Gouverneur, eine für eine Bibliothek, eine für Stel und ... noch eine weitere. Alle vollkommen gleich. Sie müssen vom Drucken mehr verstehen als wir. Nun, was hast du erfahren? Welche Waffen hast du gesehen? Erzähl mir von den Gewehren!«

»Es gab keine, Vater. Nur Bogen und Schwerter, die Shumai hatten sogar Lanzen. Das einzige, wor-

über ich etwas gelernt habe, sind die Pferde – und ih-re Landkarten. Sie sind gut gemacht, und sie haben mir beigebracht, wie man sie anfertigt. Und viel über den Westen und die Shumai und Sentani, außerdem über die Föderation und wie sie entstanden ist. Und eine ganze Menge Mathematik und ein paar Geschichten. Einiges über das Kochen und wie man die Insekten abhält. Und wie die Peshtak Magie betreiben und Kaninchen fangen. Solche Sachen. Eine ganze Menge. Ich möchte in den Westen reisen, Vater, und noch mehr sehen. Aber sie sind uns gegenüber miß-

trauisch, und den Innanigani gegenüber sind sie richtig schreckhaft. Die Ganis bauen ein Fort am Cwanto, südlich von Tremai, an der Furt.«

»Ein Fort? Davon haben sie uns nie etwas mitgeteilt.«

»Nein. Die in der Föderation glauben, daß sie nach Westen vorrücken wollen. Sie sind überzeugt davon.«

»Unsinn!«

»Vielleicht. Ich bin da nicht so sicher. Wir hatten nicht richtig erkannt, wie weit sie letzten Herbst vor-gedrungen sind. Die Westländer haben sie geschlagen und dann nach Hause geschickt.«

»Du hast dich einwickeln lassen.«

»Nein. Frag Onson! Wir haben zu viele Beweise gesehen. Das brauchen wir Owayn aber nicht zu melden, oder?«

»Natürlich nicht. Ich will mir nur einen allgemeinen Eindruck verschaffen. Was meinst du?«

»Ich weiß es nicht. Aber die Westländer wollen offenbar Schwierigkeiten vermeiden. Eigentlich sind es die Pelbar. Sie sind von Natur aus sehr friedliebend, soviel ich gesehen habe. Aber kämpfen können sie.

Einer von ihnen, ein Soldat namens Garet, hat mir ei-ne Menge von ihnen erzählt. Aber er ist weggegan-gen, weil er Vater wird. Ich ... ich weiß nicht, wie sie so schnell reisen können, aber anscheinend benützen sie das Boot, von dem die Tantalflüchtlinge den Ganis erzählt haben. Sie können damit den Oh hinauf-und hinunterfahren, und auch einige der kleineren Flüsse.

Schnell. Glaube ich. Gesehen habe ich keines. Sie haben auch nicht darüber gesprochen.«

»Hmmm. Der Unterführer und du, ihr solltet mit dem Gouverneur sprechen. Er kann euch sagen, was ihr Owayn erzählen sollt.«

Zur selben Zeit stand in Threerivers eine Gruppe von Leuten inmitten eines Fackelkreises am Flußufer.

Ahroe wandte sich an den Shumai Blu und sagte: »Du hast es also ausprobiert. Kannst du es uns zeigen?«

Blu drehte den Zylinder des Revolvers, den man nach dem Modell aus der Höhle angefertigt hatte. Er spannte ihn und zielte über das Wasser auf einen schwimmenden Ast. Die Waffe ging mit einem hellen Blitz los, und vor dem Ast spritzte Wasser auf. Er schoß wieder und wieder, feuerte alle sechs Kugeln schnell hintereinander ab, wühlte aber nur das Wasser in der Nähe des Ziels auf.

»Es ist schwer, mit dem kurzen Lauf zu treffen«, sagte er. »Aber ich glaube, mit Übung könnte ich meine Zielsicherheit verbessern.«

»Was hältst du davon?«

»Als Waffe für militärische Zwecke? Für Reiter könnte sie gut sein, oder auf kurze Entfernung. Ich weiß nicht. Sie ist so leicht zu verstecken. Vielleicht bedauern wir es irgendwann, daß wir sie haben.«

»Wie meinst du das?«

»Irgendwann werden alle möglichen Leute sie haben. Richtig?«

»Die Regierung wird sie rationieren. Und wir werden unsere Leute erziehen.«

»Hm«, entgegnete Blu. »So funktioniert sie jedenfalls.«

»Was ist mit den von Hand geworfenen Phosphorbomben?«

»Über die weiß ich gar nichts. Ich glaube, ich will auch nichts wissen.«

»Es ist wegen der Innanigani. Wir müssen vorbereitet sein. Sie sind ein tatkräftiges Volk. Die Niederlage werden sie nicht so leicht wegstecken. Sie befe-stigen schon jetzt das Ostufer des Cwanto.«

»Das können sie gerne machen.«

Am selben Abend stand der Erhabene Peydan am Ostufer des Cwanto und schaute von der Bastion der neuen Festung aus über den Fluß. »Onus«, rief er.

»Ja, Erhabener?«

»Die Feuer am Westufer. Heute sind keine da.«

»Die Patrouille ist gestern nach Norden geritten, Erhabener.«

»Und hat niemanden zurückgelassen?«

»Wir haben niemanden gesehen.«

»Mir gefällt das nicht, Onus. Sieh doch, was für ein riesiges Gebiet sie uns überlassen haben. Wozu dieses Fort? Hat Borund noch immer soviel Macht? Wird er denn nie in Mißkredit kommen?«

»Er hat schon an Glaubwürdigkeit verloren, Erhabener. Du bist der Kommandant. Trotz seines Einspruchs. Die Leute wissen, daß die Niederlage nicht deine Schuld war.«

»Einige. Und was ist jetzt mit dieser neuen Waffe, dem Maschinengewehr? Soll ich das einsetzen? Wie?

Wozu haben wir es gebaut? Um nicht hilflos zu sein?

Wenn die Westländer gewollt hätten, könnten sie jetzt schon in Innanigan sitzen.«

»Und die andere Waffe, Erhabener.«

»Was für eine andere Waffe?«

»Ach. Ich habe gehört, wie ein Unterführer dem anderen erzählte, er habe gesehen, wie sie getestet wurde. Ganz einfach. Sie ist wie eine Röhre, die ein Mann tragen und schräg nach oben richten kann.

Man wirft am Ende ein Projektil hinein, das wird oben herausgeschossen und explodiert erst, wenn es auf das Ziel fällt.«

»Wie eine Tantalrakete?«

»Besser. Leichter auszurichten. Und man braucht das Ziel nicht zu sehen, um zu treffen. Es reicht, wenn man weiß, wo es ist.«

»Das weiß ein Unterführer, und ich nicht. Jetzt ist doch klar, was das bedeutet.«

»Ich fürchte, ja, Erhabener. Außer, wir können das alles noch abwenden.«

Am folgenden Abend lud Major Zimon Stel zum Abendessen ein, damit er mit Kendo und Xord sprechen konnte, ehe sie mit der Ablösungsabteilung von Beobachtern abreisten. Sie aßen in der Stadt in der Of-fiziersmesse, einem Speisesaal in altem Stil mit holz-geschnitzten Wandverkleidungen. Zwischen die ge-schwungenen, hölzernen Farnwedel hatte der Major an jeder Wand Löcher bohren lassen, durch welche Beobachter alle Bewegungen Stels genauestens studieren konnten, um zu sehen, ob er den Angehörigen der Föderation irgendwelche Zeichen gab.

Das Essen begann mit einem Salat, den Xord mit seinem umgeschnallten Messer schnell und sauber verspeiste. Stel beobachtete ihn mit kaum merklichem Lächeln, dann wickelte er seinen Salat in das Kohl-blatt und aß die Rolle in aller Ruhe von einem Ende bis zum anderen auf. Er merkte, wie ihn Kendo anstarrte.

Dann folgte die Suppe. Wieder beobachtete Stel, wie Xord, der keine Löffel gewöhnt war, versuchte, wie die Baligani zu essen, es schließlich aufgab und direkt aus der Schale trank, wobei ihn die aufsteigende Hitze blinzeln machte. Stel machte es ihm nach, tat aber noch ein übriges, indem er die Suppe geräusch-voll im Mund herumschwenkte. Dann tupfte er sich die Lippen geziert an seiner Manschette ab.

Als das Gericht mit den drei Gemüsesorten kam, rührte Xord es erst an, als er sah, was der Major machte. Anfangs behielt auch Stel die Hände im Schoß, weil Zimon sich unterhielt und damit Xord vom Essen abhielt. Endlich schnitt Stel in den Kürbis sorgfältig ein menschliches Gesicht, steckte Tomaten-scheiben als Augen und Mund hinein und legte die Gewürzkräuter als Haare dazu. Während die anderen aßen, verbesserte er seine Schöpfung schweigend und geschickt und betrachtete sie durch sein unversehrtes Auge blinzelnd.

Schließlich sagte der Major: »Es tut mir leid. Offenbar magst du unser Essen nicht. Kann ich dir etwas anderes bringen lassen?«

»Ach so. Nein. Ich bin dankbar dafür, Major, und möchte meinetwegen kein Aufhebens. Es bereichert die Phantasie. Für ein schöpferisches Auge ist es voll Harmonie. Dein Essen kann der strengsten Prüfung standhalten. Das heißt, wenn ich es prüfen könnte, was ich nicht kann, da ich keinen Zugang zu dem Glasmacher mehr habe, mit dem ich irgendeine Sehhilfe entwerfen wollte. Ich konnte heute abend kaum deine Treppe heraufsteigen.«

Der Major bekam einen roten Kopf. »Solltest du mein Benehmen sonderbar finden, Major«, fuhr Stel fort, »so bekommst du vielleicht eine Vorstellung davon, wie ich mich als Besucher in eurer Stadt fühle.

Alles ist sehr sonderbar und ungleichmäßig. Da werde ich nun vom Fischeschuppen erlöst und eingela-den, den Berg zu diesem ausgezeichneten Essen her-aufzusteigen. Man befördert mich vom Gedärme-schaufler zum Essenslöffler. Ich, der ich diene, werde also bedient. So werden die Löcher in der Erfahrung deines niedrigsten Netzeflickers geflickt. Ich habe natürlich genügend Seil gespleißt, um alle Verbindungen zu knüpfen, aber jetzt fordert man mich auf, die Leinen loszuwerfen und mit der Strömung zu treiben.

Soll Owayn oder seinesgleichen erst durch meine Brille schauen, ehe man mir gestattet, sie zu benützen? Du bist überzeugt, aus irgendeinem Grund, daß ich eines Verbrechens schuldig bin. Oder mich von Rechts wegen irgendwie im Unrecht befinde. Ich bin es herzlich leid, mit Höflichkeiten um mich zu werfen, während ich durch diesen düsteren Nebel vor meinen Augen spähe, und deshalb lasse ich mein Ne-belhorn ertönen. Ist das unhöflich? Ich kann es nicht so sehen. Wie meine Frau immer sagte, fehlt mir der gesellschaftliche Blick. Das stimmt. Du bist weit genug entfernt, Major, daß mein armer Schüler dein Gesicht studieren kann, aber das Gesicht auf meinem Teller ist nicht so deutlich. Um deutlich zu werden, kann man mir nicht meine Brille bringen lassen?«

Diese Worte ließen alle verstummen. Der Major er-rötete. »Man wird sie gleich präsentieren.«

»Sie ist wirklich ein Präsent«, sagte Stel, »wenn auch im Augenblick nicht präsent.«

»Stel«, sagte Kendo, »du könntest dich noch aus einer Peshtak-Falle herausreden, aber redest du dich jetzt nicht in eine hinein?«

Stel lachte leise. »Ich habe mich tatsächlich einmal buchstäblich aus einer Peshtak-Falle herausgeredet, aber hier komme ich mir eher vor wie im Nebel auf der Bucht. Man kann sich nicht herausreden. Ich schlage nur auf meinen Warngong, damit die anderen wissen, wo ich in diesem Nebel bin. Es ist ein Nebel aus dem Norden. Die Baligani importieren ihn, um damit allen das Leben schwer zu machen.

Ich möchte mich jedoch entschuldigen, Major. Für einen Gast habe ich mich schlecht benommen, und das weiß ich auch. Ich bin dankbar, daß ich hier sein darf. Aber ich kann Dinge, die nahe sind, wirklich nicht sehen. Das Gegenmittel ist vorhanden. Ich hätte es gerne. Ich brenne darauf, zu wissen, ob meine Nä-

gel sauber sind. Und noch etwas. Nun, ich will es eingestehen. Ich möchte wirklich wieder lesen. Das kann man auch mit einer Linse. Aber Linsen machen Schwierigkeiten. Ich möchte Ideen entzünden und nicht die Seiten.«

Stel verstummte unvermittelt und seufzte. Dann schaute er um sich, lächelte, und aß den Gemüsekopf, den er gemacht hatte.

Zimon warf ihm einen strengen Blick zu, schlug aber auf einen Gong und verlangte, man solle Stel die Brille und die Briefe bringen. Der Pelbar nahm beides mit einem Grinsen entgegen und setzte die Brille auf.

Kendo schnaubte: »Damit siehst du aus wie ein Insekt, Stel.«

»Aber nicht wie ein nutzloses Insekt«, gab Stel zu-rück. »Ein Insekt mit Intellekt. Es gibt Insekten, die sich nicht schreckten vor Objekten, die sie neckten«, fügte er heiter hinzu. Dann lachte er laut, grinste alle am Tisch Sitzenden an und sagte: »Meine Situation ist jetzt soviel klarer geworden, Major. Plötzlich bist du mein vornehmer Gastgeber. Angesichts der ausge-prägten Verbesserung meiner Wahrnehmungsfähigkeit werde ich sicher ein aufmerksamer Gast sein.« Er lachte wieder, dann verstummte er und schaute auf seinen Teller nieder.

»Möchtest du nicht deine Briefe lesen?« fragte der Major.

»Die Briefe haben Zeit«, sagte Stel. »Jetzt möchte ich mich der Gesellschaft erfreuen. Möchte euch alle prompt zur Kenntnis nehmen. Ihr selbst seid die Send-boten meiner erleichternden Erleuchtung, und dafür bin ich dankbar. Bitte. Sprecht weiter! Ich werde jetzt nicht länger den Schalk spielen, und ihr sollt euch die Schienbeine eurer Empfindsamkeit nicht mehr an meinen Wortspielen aufschürfen. Ich meine es ernst. Meine Freunde, mögen wir alle einen Weg finden, miteinander auszukommen und vorwärtsschauen in eine strahlende Zukunft in wolkenlosem Sonnenschein, der sein Licht über jede Gesellschaft ausgießt.«

Stel lachte wieder, lächelte allen am Tisch zu und begann zu essen. Die anderen starrten ihn eine Weile an, dann sagte Xord: »Bei Mores blauem Bart, Stel, du stellst die Worte auf den Kopf. Wenn man dir zuhört, kommt man sich vor, als führe man auf einem Baumstamm über Stromschnellen.«

Stel grinste und fügte hinzu: »Auf einem Baumstamm über Stromschnellen zu fahren, könnte eine umwerfende Erfahrung sein.«

»Du hast es uns versprochen, Stel«, mahnte Kendo.

»Mir brennen schon die Schienbeine.«

»Lieber brennende Schienbeine als einen tauben Kopf. Aber ich habe es wirklich versprochen und danke für eure Nachsicht. Eure Toleranz ist bemerkenswert – jetzt, wo ich sie sehen kann.«

Major Zimon stöhnte, und Garf murmelte: »Ermu-tige ihn nicht auch noch. Er ist unzumutbar.«

»Die Ansteckung hat schon eingesetzt«, sagte der Major und bedeutete den Dienern durch Klopfen auf den Tisch, sie sollten abräumen.

Spät am Abend fand Zimon Stel in die Druckschrift vertieft, die Celeste geschickt hatte. Stel lächelte zu dem Offizier auf und klopfte auf die Seite. »So etwas könnten wir hier einrichten, Major. Es muß hier noch mehr Leute mit Sehschwierigkeiten geben, nicht nur mich. Das könnte ein neuer Industriezweig für Baligan werden.«

»Ich habe es überflogen, aber nicht viel davon verstanden.«

»Ich schon. Ich könnte helfen, wenn man mir die Möglichkeit gibt, Major.«

»Hmmmm. Ich habe auch den Brief deines Sohnes gelesen.«

»Das habe ich erwartet.«

»Alles sehr rätselhaft. Was ich wiederum erwartet habe. Wer ist Raydi?«

»Meine Tochter«, sagte Stel mit einem wehmütigen Lächeln.

»Und du hast auch einen Sohn.«

»Ja. Tareg.«

»Was für ein Glück für dich, daß er sicher zu Hause sitzt und Mauern baut. Es fällt mir schwer, Garf mit den Peshtak und den Coo auf Streife zu schicken.«

Stel lächelte. »Bei ihnen ist er sicher. Die Ganis sind es, die mir nachts den Schlaf rauben.«