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Kafka fälscht eine Unterschrift (II)
Seine Besuche im Weimarer Goethehaus, in Goethes Gartenhaus und im Goethe-Schiller-Archiv, die Kafka im Juli 1912 gemeinsam mit Max Brod absolvierte, nahm er auffallenderweise gleich zweimal zum Anlass, um Unterschriften nachzuahmen: einmal die Unterschrift Margarethe Kirchners, in die er sich verliebt hatte (siehe Fundstück 67), daneben aber auch die Unterschrift eines anderen, schon damals sehr prominenten Besuchers: Thomas Mann.
Kafkas Versuch findet sich auf einem Notizblock, den er während der Reise nach Weimar benutzte und auf dem er überwiegend Stichworte notierte, teilweise in stenographischer Schrift. Obwohl zu vermuten ist, dass er die Unterschrift Thomas Manns in einem der Gästebücher gesehen hatte, die an den Weimarer Goethe-Orten auslagen, konnte diese Originalunterschrift bisher nicht aufgefunden werden. Wahrscheinlich betrachtete Kafka jedoch seinen Versuch als misslungen, denn er strich den nachgeahmten Schriftzug wieder aus.
Die Abbildungen zeigen die von Kafka selbst durchgestrichene ›Fälschung‹ sowie den digital rekonstruierten Schriftzug Kafkas ohne die Streichung.