EPILOG
„Ich sehe furchtbar aus! Guck bitte nicht so genau hin“, meinte Mila, als Tyler ihr Krankenzimmer im Lenox Hill Hospital betrat, und berührte vorsichtig ihr geschwollenes Gesicht.
Tyler grinste nur und setzte sich zu ihr ans Bett. „Wie lange musst du hierbleiben?“
„Nur über Nacht. Die Ärzte wollen sichergehen, dass ich keine Gehirnerschütterung habe. Übrigens: Nelly liegt im Zimmer nebenan.“
„Ich weiß. Aber ich besuche dich. Warum erwähnst du sie? Willst du mich loswerden?“
„Nein! Äh … ich dachte nur …“
„Was?“
„Na ja, jetzt, da Nelly wieder aufgetaucht ist, willst du vielleicht lieber bei ihr sein. Schließlich warst … äh … bist du in sie verliebt.“
„Wer hat dir denn den Schwachsinn erzählt?“
„Dann stimmt es nicht?“
„Nein! Nelly und ich waren immer nur gute Freunde.“
„Aber Rafael hat gemeint, du wärst eifersüchtig gewesen, weil sie mit Sebastian …“
„Oh bitte! Du hast ihm geglaubt? Weder er noch Sebastian hatten jemals eine Ahnung, was ich dachte, wollte oder gar fühlte. Ich habe mich blendend mit Nelly verstanden, bis sie eine Affäre mit Sebastian anfing. Ich habe sie sofort gewarnt, weil ich seinen Frauenverschleiß kannte. Sie wollte nicht auf mich hören.“
Seufzend setzte er sich. „Ich hatte vermutet, es läge am Einfluss ihrer Freundinnen. Enie und June gehörten nämlich zur Luder-Fraktion. Sie haben sich den reichen Typen nur so an den Hals geworfen. So bitter das jetzt klingt: Aber von daher hat mich nicht gewundert, dass sie ermordet worden sind. Sie sind mit jedem mitmarschiert, der Geld hatte und Süßholz geraspelt hat. Dass es sich bei den Mördern allerdings um den jungen Fontaine und seinen Kumpel St. Clair handelte, hätte ich nie für möglich gehalten.“
Er schüttelte den Kopf. „Jedenfalls haben Nelly und ich wegen Sebastian gestritten. Wir haben uns überworfen und nicht mehr miteinander geredet. Kurz darauf war sie weg. Ich habe Trevor nach ihr gefragt. Und er hat mir erzählt, sie wäre ohne ihre Sachen weggegangen. Das kam mir komisch vor. Sie hatte sich diese Truhe auf einem Flohmarkt gekauft und war in das alte Ding richtig verknallt. Sie hätte das Teil nicht zurückgelassen. Aber ich habe mir immer noch nichts gedacht. Erst als auch noch Agnès und vor allem Leah starben, bin ich misstrauisch geworden und habe angefangen, Nachforschungen anzustellen. Ich wollte die Wahrheit wissen. Aber in erster Linie habe ich mir große Sorgen um dich gemacht – und dass, obwohl du mich für Raf versetzt hattest. Mann, war ich sauer! Aber ich bin euch nicht nur aus Eifersucht aus dem ‚Kiss & Fly‘ gefolgt. Ich wollte dir noch einmal ins Gewissen reden, weil ich nicht wollte, dass dir einer dieser Typen das Herz bricht.“
„Ich war ein ziemlicher Idiot, Raf und Seb nachzulaufen und dich so mies zu behandeln“, gab Mila reumütig zu. „Ich weiß nicht, wie ich das jemals wiedergutmachen kann, falls das überhaupt möglich ist.“
Er warf ihr ein verschmitztes Lächeln zu. „Ich habe dir längst verziehen. Nachdem ich deine Entschuldigung auf meinem Anrufbeantworter gehört habe, konnte ich dir schon nicht mehr böse sein. Ich bin sofort aufgebrochen, um mit dir zu sprechen.“
„Und hast mir und Nelly dadurch das Leben gerettet. Ich weiß nicht, ob ich Rafael überwältigt hätte.“
Sie sahen einander schweigend an. Es stimmte. Sie verdankten es einer Reihe von Zufällen, dass sie jetzt überhaupt zusammensaßen. Tyler hatte am Morgen in seinem Versteck bei seinem Freund, dem Besitzer des „Kiss & Fly“, Nachrichten im Fernsehen gesehen und erfahren, dass der Au-pair-Mörder Sebastian Fontaine tot war. Ty hatte umgehend Sebs Mordwaffe aus seinem Gästezimmer geholt und sie bei Officer Steele abgeliefert. Dann war er in sein Apartment zurückgekehrt und hatte den Anrufbeantworter abgehört – und sich auf den Weg zur Park Avenue 806 gemacht.
„Ich bin sehr glücklich, dass du mir vergibst … Aber magst du mich auch noch?“, fragte Mila vorsichtig. „Trotz meines Kürbiskopfs?“
„Ich mag dich immer“, erwiderte Ty lachend und küsste sie auf die Nasenspitze, eine der wenigen Stellen, an denen Berührungen nicht schmerzten. „Und ehrlich gesagt, finde ich dein kugelrundes Gesicht ziemlich süß. Von mir aus kann es so bleiben.“
„Bloß nicht!“, wehrte Mila ab. „Dafür bin ich zu eitel. Aber vielleicht kann ich Fotos von mir machen und sie an ein Kuriositäten-Kabinett verkaufen. Das bringt Geld, bis Ruby mich als Au-pair in eine neue Familie vermittelt hat.“
„Ach, du willst wieder als Au-pair jobben? Na dann, ich hatte zwar ein anderes Angebot. Aber wenn du nicht willst …“
„Ein anderer Job? Wer sagt, dass ich den nicht will?“, fragte Mila aufgeregt. „Du hast noch nichts davon erwähnt. Was ist es?“
„Ich hab mit meinem Kumpel vom ‚Kiss & Fly‘ telefoniert, als die Ärzte dich hier im Krankenhaus untersucht haben. Na ja, er sucht jemanden für die Arbeit hinter der Bar. Mit deinen langen schwarzen Haaren passt du hervorragend ins Bild. Er bezahlt gut und du bekommst Berge von Trinkgeld. Du musst nur Ja sagen.“
„Ja!“ Mila schossen die Tränen in die Augen. Sie nahm Tys Hand und küsste sie spontan. „Du bist ein unglaublicher Mann!“, sagte sie. „Ich liebe dich … nur dich.“
„Ich liebe dich auch. Mehr als alles auf der Welt“, meinte Ty, nahm sie in die Arme und küsste sie.
Als seine Lippen ihre berührten, durchfluteten Glücksgefühle Milas Körper. Und diesmal war sie absolut sicher, ihren einzig wahren Traumprinzen gefunden zu haben.
– ENDE –