I
Die wilde Jagd
A.D. 470
Wind pfiff durch die große Halle, heulte durch die Dachsparren und rüttelte an den Säulen. Oesc, der sich an die Pfosten des Throns seines Großvaters lehnte, spürte, wie das Holz unter seiner Hand zitterte. Vielleicht ist dies der Sturm, der uns zerstört, dachte er und schauderte, teils vor Aufregung, teils vor Furcht. Der Wind wird die Burg einstürzen lassen, und dann wird das Meer sich über die Felder ergießen und uns hinwegspülen…
Um diese Jahreszeit, wenn die Kräfte des Winters vergebens die letzten Kämpfe gegen den Vormarsch des Frühlings austrugen, waren Stürme durchaus üblich, doch Oesc konnte sich nicht entsinnen, in seinen neun Erdenjahren je einen solch mächtigen Wind erlebt zu haben. Seit Generationen hielten die Myrginge dieses Land und klammerten sich stur an ihre Heime, während andere Stämme fortzogen. Wenn die Männer um die Feuer saßen, erzählten sie von milden Wintern und ergiebigen Ernten, aber seit Oescs Geburt schien das Wetter schlecht zu sein, und dieses Jahr war das Schlimmste von allen.
Ein kalter Windstoß peitschte die Flammen in dem langen Kamin hoch, als die Tür aufschwang. Mehrere völlig durchnässte Gestalten drängten herein und warfen sie hinter sich zu, sie stampften mit den Füßen und schüttelten sich wie nasse Hunde. Neugierig lauschte Oesc, wie sie fluchten, und er ahmte die verbotenen Worte mit leiser Zunge nach.
»Die Jötuns pissen einen Sturm auf uns herab, verflucht sollen sie sein!«, rief Aethelhere aus und warf seinen Mantel einem der Leibeigenen zu. »Ich sage euch, der Regen prasselt seitwärts herein, geradewegs vom Meer!«
»Noch dazu kalt wie die Milch aus Hellas Titten!«, pflichtete ihm Byrhtwold, der ihm folgte, bei.
Die Stiefel der Männer verursachten schmatzende Laute, und aus den nassen Haaren troff ihnen das Wasser über die Hälse.
»Was ist mit der Tide?«
Oesc schaute zu seinem Großvater auf, der seit Mittag reglos dagesessen und dem Wind gelauscht hatte.
»Kurz nach Sonnenuntergang wird die Flut kommen, Herr«, antwortete Aethelhere. »Sofern der Wind bis dahin nicht abflaut.« Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse und schüttelte den Kopf.
Mehr brauchte er nicht zu sagen. Um diese Jahreszeit vermochte der Wind, wenn er seine Kraft mit dem Schwell der Gezeit vereinte, den Fifeldor in seinem Lauf umzukehren. Die Sturmfluten und der anschwellende Fluss dazwischen würden die frisch bestellten Felder überfluten.
»Die Nornen haben uns ein übles Schicksal zugedacht…«, murmelte Eadguth. »Griffen Feinde uns an, würde ich mit Waffen gegen sie angehen, so alt ich auch sein mag, aber niemand vermag der See Einhalt zu gebieten.«
Abermals schaute Oesc zu seinem Großvater auf. Eadguth hatte stets wie ein Abbild der Ewigkeit gewirkt. Nun aber sah der Knabe eingesunkene Augen und eine tief zerfurchte Stirn, die durchscheinende Haut an den hageren Händen, und ihm wurde klar, dass der Myrging-König alt war, nicht so wie ein hoch aufragender, stehender Stein, dessen Oberfläche von den Jahren verwittert ist, sondern wie eine alte Eiche, die von innen verfault, bis sie keine Kraft mehr hat, dem Sturm zu widerstehen. Dieser Wind hatte bereits einigen der Bäume am Hang der grasbewachsenen Kuppe, auf der sich die königliche Halle erhob, die Äste geknickt. Was würde er dem greisen Mann antun? Oesc kroch dichter an Eadguth und schlang die Arme um dessen Bein, als könnte ihn seine jugendliche Kraft im Boden verankern.
Der düstere Blick des Greises wanderte hinab; seine Lippen zuckten.
»Ist es ein Fluch deines Geschlechts, Knabe, der dich dazu verdammt, nirgends Ruhe zu finden? Ich bin nur froh, dass deine Mutter diesen Tag nicht mehr erleben muss.«
Oesc ließ seinen Großvater los und starrte ins Leere. Er erinnerte sich nicht an seine Mutter, eine hellhaarige Frau mit Augen von so üppigem Braun wie Baumrinde in der Sonne, wie die Menschen erzählten; seine Mutter, die mit einem Abenteurer des Volkes der Angeln namens Octha fortgezogen war und später mit einem Kind im Bauch zurückgeschlichen kam, nachdem ihr Gemahl übers Meer gereist war, um sich nach Britannien zu seinem Vater zu begeben. Eadguths Sohn war in einer Schlacht gefallen, und seine Tochter war sein Ein und Alles gewesen.
»Oder bist du es, der das Unheil heraufbeschwört?« Der Blick des Königs wurde stechend. »Fluch deiner Mutter im Kindbett und nun Fluch meines Landes?«
Vorsichtig wich Oesc zurück. Er kannte Eadguths finstere Launen nur allzu gut. Als er noch kleiner gewesen war, hatte er versucht, sich zu entschuldigen, wenngleich er nicht wusste, wofür, und war nur umso heftiger verprügelt worden. Die Frauen behaupteten, er sähe aus wie sein Vater. Vielleicht war das der Grund. Nun aber erkannte er, dass der greise Mann zu erschöpft war, um ihn zu schlagen.
Byrhtwold ließ den Blick von seinem König zu dem Knaben wandern. Dabei schlich sich Mitleid in seine Augen, und er deutete auf die Tür. Der alte Krieger würde nie die Stimme gegen seinen Herrn erheben, dennoch hatte er Oesc stets größtmögliche Freundlichkeit entgegengebracht. Dankbar nickte der Knabe, dann huschte er in die Schatten hinter den Hallenpfeilern und schlich den Gang zwischen ihnen und den Schlafstätten entlang, bis er zur Tür gelangte.
Sein Großvater, König der Myrginge und Herrscher ihres Landes, galt in seiner kleinen Welt als oberste Macht, aber Eadguth hatte sich stets als wankelmütiger Beschützer erwiesen. Trotz allem war er nicht die einzige Macht. Oesc schlüpfte zur Tür hinaus, wobei er sich anstrengen musste, um sie gegen den Wind offen zu halten; dann begab er sich auf die Suche nach jenem Menschen, der ihn noch nie verraten hatte.
Nach wenigen Schritten schon war er nass bis auf die Haut. Der Sturm fegte von Norden herein, kalt wie das Meer, von dem er kam, und peitschte Regen über das Land. Bei jeder Bö schauderte die mächtige Eiche jenseits der Palisade heftig; der Boden war mit Laub und Zweigen übersät. Beinahe vornüber gebeugt stapfte Oesc durch die Pfützen und hielt den Arm schützend vor die Augen. Trotzdem wirbelte ihn der Wind gegen den Spinnereischuppen und beförderte ihn neben der Lagerhütte bäuchlings zu Boden, ehe er in den Windschatten der Holzpalisade gelangte und darin seinem Ziel entgegenkroch.
Haedwigs Hütte war teilweise durch den Wall geschützt; der Pferdeschädel am Pfosten vor dem Eingang klapperte im Wind, die darunter angebrachten Rabenfedern klatschten feucht hin und her, doch wenigstens konnte Oesc hier aufrecht stehen.
Er holte tief Luft und wischte sich über die Augen, ehe er an die Tür klopfte.
Eine lange Weile schien zu verstreichen, ehe eine Antwort erfolgte. Gewiss, dachte er, würde sie an einem solchen Tag drinnen bleiben, obwohl Zauberkundige nicht wie andere Menschen waren. Und wenn ihre Magie es erforderte, mochte sogar eine Frau, die als Wicce, als Hexe, galt, dem Sturm trotzen.
Das Gewicht der Spindel rollte den Faden aus; sie drehte sich immerfort wie der Kreislauf der Jahreszeiten, das Leben der Menschheit. Haedwig, von der Bewegung in eine Art Dämmerzustand versetzt, vermochte zunächst nicht das Klopfen über das Brausen des Sturmes hinweg zu vernehmen. Es war das Aufflammen eines Gefühls, das ihre Aufmerksamkeit erregte. Gleich darauf spürte sie einen Schmerz – einen Schmerz der Seele, keinen des Körpers –, und sie erkannte, wie man den durchdringenden Duft von zerstampften Kiefernnadeln im Wind wahrnimmt, dass Oesc vor der Tür wartete. Sie fädelte das Garn durch das Öhr im Schaft der Spindel, und ehe es noch einmal klopfte, öffnete sie die Tür.
Als der Junge sich anschickte, einzutreten, versetzte ihm der Wind einen plötzlichen Stoß, der ihn den restlichen Weg hineinbeförderte. Er fiel auf die Knie und blinzelte in den dunklen Raum.
»Kind, du bist völlig durchnässt! Zieh die Schuhe aus, du hinterlässt ja bereits Pfützen auf dem Boden.«
Die Worte klangen derb, ihr Tonfall jedoch nicht. Haedwig war Oescs Amme gewesen und wusste, dass er ihr Schelten gewöhnt war.
Das Feuer loderte auf in der Zugluft und warf seinen Schein auf einen Knaben, dessen Hände und Füße zu groß für seinen zarten Leib wirkten und dessen helles Haar der Regen dunkel an den Kopf geklatscht hatte. Haedwig griff nach einer Decke und legte sie dem Jungen um. Oesc sank auf den dreibeinigen Stuhl neben dem Feuer und rümpfte die Nase, als er die feuchte Wolle roch. Die Wärme des Feuers begann seine Kleider zu trocknen.
Haedwig ließ sich wieder an der Spindel nieder und spann weiter, wobei sie leise summte und ihn aus den Augenwinkeln beobachtete. Oesc musterte sie neugierig, da er wusste, dass die Spindel einer Wicce manchmal mehr als schlichtes Garn hervorbrachte.
»Das ist schwarze Wolle und weiße«, beantwortete Haedwig seine unausgesprochene Frage, »zusammengezwirbelt. Verwobene Gegensätze bringen die Magie ins Gleichgewicht.«
»Wofür brauchst du sie?«
»Überwiegend zum Heilen. Ich kann dieses Garn verwenden, um den Zustand eines Kranken zu messen, und es mit einem Tropfen seines Blutes versiegeln. Dann nehme ich es mit nach Hause und singe darüber; der Heilzauber wirkt dadurch ebenso gut, als wäre der Mensch hier.«
Um zu heilen oder natürlich um zu schaden… Diese Garnspulen waren auch ein Maß des Vertrauens, das Haedwig genoss. In den Dutzend Jahren, seit sie bei den Myrgingen lebte, hatte sie fast jeden im Haushalt des Königs behandelt. Sie ließ den Blick über die Kisten und Säcke wandern, die sich über dem Alkoven mit ihrer Schlafstatt und überall sonst in der Kammer stapelten, und versuchte sich zu erinnern, wie viele Fäden grauen Garns dort lagerten.
»Kannst du auch bewirken, dass Großvaters Stimmung sich bessert?«, fragte Oesc unverhofft.
Die wirbelnde Spindel verharrte. »Hat er dich schon wieder geschlagen?«
Oesc schüttelte den Kopf. »Fast wünschte ich, er hätte es getan. Er redet wie ein vom Schicksal Verdammter und gibt mir die Schuld daran. Ist es wahr, Haedwig? Ist mein Vater deshalb nie zurückgekehrt, um mich zu holen?«
Eine Weile musterte sie ihn. Sie hatte geahnt, dass er ihr diese Frage eines Tages stellen würde und wusste wohl, wie bedacht ihre Antwort ausfallen musste, um das Geflecht aus Schicksal und Wille nicht zu verändern.
»Du bist vom Schicksal gezeichnet; dasselbe gilt für Eadguth und alle anderen Menschen, umso mehr, wenn sie von Göttern abstammen, also Kinder von Königen sind. Eadguths Linie reicht zurück bis Ing, dem Sohn des Mannus, die Familie deines Vaters hingegen entspringt Woden selbst. Als du geboren wurdest, habe ich die Runen geworfen und deinem Großvater erklärt, er müsse dich in die Arme nehmen und dir einen Namen geben.« Sie spulte mehr Garn vom Kunkel und drehte die Spindel weiter.
Oesc nickte. Das wusste er vom Gerede der Mägde, die er manchmal belauschte. Solange das Oberhaupt der Familie das Kind nicht anerkannte, besaß es kein rechtmäßiges Dasein.
Haedwigs Kehle schmerzte vor Mitleid mit dem Knaben, den sie als Säugling von der Seite seiner sterbenden Mutter genommen hatte, einerseits, weil ihr Gott sie dazu anhieß, andererseits, weil sie schon damals die verborgene Macht in ihm spürte. Sie hatte es tun müssen.
»Ich sagte ihm damals, du wärst die Hoffnung dieses Hauses, und seine Linie, nicht jene Octhas, würde aussterben, wenn er dich den Wölfen überließe. Und dennoch sehe ich dich nicht hier auf Eadguths Thron sitzen. Du wirst ein Königreich haben, doch es liegt anderswo. Die Rune, die deinen Weg bestimmt, ist Sigel, die Sonnenstraße, die zum Sieg führt.«
»Weiß mein Vater von mir? «, hakte Oesc nach.
»Ihm wurde eine Nachricht gesandt, doch ich vermag nicht zu sagen, ob sie ihn je erreicht hat. Er kämpft in Britannien. Vielleicht meinte er, du wärst hier sicherer. Und bedenke, der fahrende Spielmann, der letztes Jahr beim Julfest sang, hat uns erzählt, dass Uther, der britische König, ihn gefangen hält.«
»Womöglich ist er bereits tot…«, flüsterte der Knabe.
Haedwig schüttelte den Kopf. »Ich habe euch beide zusammen gesehen. Eure Zeit wird kommen.«
Seufzend ließ Oesc die Decke von seinen Schultern gleiten. Seine feuchten Kleider begannen in der Hitze des Feuers zu dampfen.
»Also, wenn es nicht mein Fehler ist, warum gibt der König dann mir die Schuld?«
»Geh nicht zu streng mit ihm ins Gericht. Er ist ein alter Mann. Seit sein eigener Großvater von Offa dem Angeln am Ufer des Fifeldor getötet wurde, haben die Dinge sich für die Myrginge schlecht entwickelt. Nun muss er mit ansehen, wie Überschwemmungen und Stürme sein Land verschlingen. Wenn er zu seinen Ahnen reist, werden die Barden nicht singen, dass die Ernten unter seiner Herrschaft ergiebig waren, und niemand wird Gaben an sein Grab legen. Von allen Schicksalen ist ein solches die schwerste Last für einen König.«
Als Haedwig weitere Wolle aufspulte, riss das Garn plötzlich, und die Spindel rollte über den Boden zu dem mit Runen beschnitzten Speer, der an der Wand lehnte. Die Klinge war von einem Tuch verhüllt.
Ha, alter Mann!, dachte sie. Ist die Zeit gekommen, da du zu handeln beginnst? Einen Atemzug lang vermeinte sie einen leichten Schimmer um den Speer spielen zu sehen. Die Waffe war ihr vor einem Dutzend Jahren anvertraut worden, zur selben Zeit, als ihre Visionen sie anwiesen, in die Dienste des Königs der Myrginge zu treten.
Oesc bückte sich, um die Spindel aufzuheben. Als er sie behutsam neben ihren Stuhl legte, begegnete sein besorgter Blick dem ihren.
»Mein Großvater hasst mich, und mein Vater kennt nicht einmal meinen Namen«, presste er verbittert hervor. »Wer wird mich beschützen?«
Haedwig zuckte zusammen; sie spürte das erste Aufflackern der Macht in ihrem Bewusstsein, sanft wie der Luftzug, der durch das Feuer strich.
»Schau den Vater deiner Väter«, antwortete sie, wobei ihre eigene Stimme sich seltsam in ihren Ohren anhörte. Haedwigs Sicht verfinsterte sich, als ihr weitere Worte zuflogen. »Nicht den Gott des Landes, sondern den, der mit dem Sturm jagt. Er naht. Hörst du ihn?« Mit schief gelegtem Kopf deutete sie gen Norden und lauschte.
Das Feuer fauchte, und dazu gesellten sich die Laute des auffrischenden Windes, der durch die Äste der Bäume jenseits der Palisade fegte; es klang wie die Brandung an einem fernen Gestade. Und darüber, tief wie ihr eigener Herzschlag, das Trommeln von Hufen.
Oescs Stimme drang wie aus weiter Ferne zu ihr. »Ich verstehe nicht…«
»Komm mit.« Die Hexe erhob sich aus dem Stuhl. Ohne nachdenken zu müssen, ergriff sie den Speer aus der Ecke und ging auf die Tür zu.
Sie spürte die Verwirrung des Knaben, der Hufschlag aber kam ihrem Geist immer näher. War die Anwesenheit des Jungen ein zarter Hauch in der Brise gewesen, so war das nun Nahende der Wind selbst, ein Sturm aus Schrecken und Entzücken, der das Bewusstsein selbst hinwegfegen würde.
Haedwig zog die Tür auf. Der Wind wirbelte um sie, fordernd wie ein Geliebter, und riss ihr die Nadeln aus dem Haar. Sie fühlte den Schaft des Speeres in ihrer Hand erzittern und lachte.
Ich komme, ich komme, mein Herr, mein Geliebter…
Lachend stellte sie sich dem Sturm, um dem Gott zu begegnen, und in jenem Augenblick kümmerte es sie kaum, ob der Knabe ihr folgte.
Draußen senkte sich rasch die Abenddämmerung herab. Hastig stapfte Oesc durch die Pfützen, um Haedwig einzuholen, und hob den Arm vor die Augen als Schutz vor dem prasselnden Regen. Es goss in wahren Strömen, als hätte die Kraft des Windes die Sturmwolken aufgebrochen. Hoch erhobenen Hauptes schritt die weise Frau über den Hof auf das Osttor zu; das Haar peitschte ihr um den Kopf, und der Regen färbte es mit jedem Lidschlag dunkler. Oesc kannte sie als Frau knapp jenseits der Mitte ihres Lebens, die Jahre hatten ihre Schultern leicht gebeugt und den Leib gerundet. Nun aber wirkte sie aufrechter und jung, und er wusste, dass sie sich bereits in Trance befand.
Unterhalb der Kuppe, die das Dorf über die Fluten erhob, erstreckte sich eine Ebene mit Wäldern, Sumpfland und Feldern, durchzogen von Tümpeln und Bächen. Im Westen schimmerte ein fahler Schein unter den rasenden Wolken und streifte die Gesetzeseiche und das Versammlungsfeld, wo die Stammestreffen abgehalten wurden, mit einem kränklich gelben Licht. In der Ferne erblickte er das zinnerne Funkeln der See. Dieses letzte Licht glitzerte auf dem Wasser, das mittlerweile noch näher gekommen war; von hier aus konnte er sehen, dass sich die sanfte Schleife des Flusses in ein glitzerndes, halbmondförmiges Maul verwandelt hatte, das mit jedem verstreichenden Lidschlag mehr von den durchtränkten Feldern verschlang. Das ›Tor der Ungeheuer‹ nannte man den Fluss, nun aber waren es nicht die an der Nordküste lebenden Riesen, die Jötun, sondern die Fluten selbst, die das Land verschlangen.
Jenseits der Palisade, die neben der Burg auch die Werkstätten schützte, drängten sich die Langhäuser der Dorfbewohner dicht am Hang. Oesc sah, wie Haedwig zwischen den letzten beiden verschwand, und folgte ihr eilig. Im Osten erstreckte sich das Weideland des Stammes, im Westen hingegen reichte das Moor beinahe bis an den Fuß der Kuppe. Ein schmaler Pfad, um diese Jahreszeit halb überflutet, führte hindurch. Vorsichtig suchte Oesc sich den Weg, entlang der sicheren Stellen, und folgte der weisen Frau. Mittlerweile ahnte er, wohin es sie zog. Im Herzen des Moors lag der dunkle Pfuhl, an dem die Myrginge unter den starrenden Augen der Götterstatuen ihre Opfergaben darbrachten. Nur zum Opfern kamen die Menschen dorthin, sonst mieden sie den Teich; Oesc aber war schon ein paar Mal mit Haedwig dort gewesen, wenn sie Kräuter sammelte.
Obwohl der Regen nachgelassen hatte, als er die weise Frau endlich einholte, hatte ihn das Wasser von den Ästen der Erlen und Weiden, die den Pfad säumten, ebenso durchnässt wie der Sturm zuvor. Gemeinsam bahnten sich die Frau und der Junge einen Weg durch das Dickicht rings um den Teich, und in diesem Augenblick ging die Sonne unter, die Wolken schlossen sich, und es schien, als fielen die Nebel von Niflhel über die Welt.
Der Wind erstarb. Schaudernd suchte Oesc Haedwigs Nähe. Die Vernunft sagte ihm, das Pferd, dessen Haut und Schädel an einem Gestell aus Pfählen über dem Wasser hingen, sei gewiss tot, doch das Wasser war gestiegen, und somit wirkte es, als stünde das Tier im Teich.
»Was ist denn los?« Unwillkürlich senkte er die Stimme und flüsterte.
Sie drehte sich um, und diesmal sah sie ihn, wenngleich ihre Pupillen immer noch geweitet waren, als mündeten ihre Augen in die Dunkelheit.
»Warte!« Ein Schaudern erfasste sie. »Bald kommt er.« Mit bebenden Fingern band sie das Tuch von der Spitze des Speeres. Der rauchige Stein schimmerte in den Schatten, als wohne ihm sein eigenes Licht inne.
Leise wie aus weiter Ferne ertönte der Ruf eines Horns. Eine plötzliche Bö zerrte an den Rabenfedern des Runenstabes. Dann hörten sie Hufschlag. Männer, so schien es Oesc, ritten über den Knüppelpfad, der durch das Sumpfland führte, doch das Geräusch wurde rasch lauter. Kein Pferd vermochte so sicher über glitschig nasse Stämme zu galoppieren; zudem ließ der schmale Weg sich bestenfalls im Gänsemarsch bewältigen. Was er vernahm, klang jedoch, als näherten sich beachtlich viele Pferde – oder war es Donner, den er hörte? Kreischte der Wind, oder war es die bittere Antwort vieler Hörner?
Oesc vermochte es nicht zu sagen, doch der Laut ließ das Blut in seinen Adern gerinnen. Er kauerte sich zu Haedwigs Füßen nieder und wünschte, er könnte sich in die Erde graben, um Schutz zu finden. Die Tierschädel, die auf den Opferstäben staken, schaukelten heftig, die Pferdehaut über den unruhigen Wassern hob und senkte sich und reckte sich den verwitterten Bildnissen der Götter entgegen.
Im nächsten Augenblick tobte der Tumult, den er hatte herannahen hören, über ihnen. Das letzte Licht war entschwunden; Oesc nahm lediglich ein wirres Durcheinander von Schatten wahr. Gaukelte ihm seine Einbildung Wahnbilder vor, die jene Schatten in Skelettpferde und wilde, Speere oder Schwerter schwingende Reiter verwandelte? Oder, schlimmer noch, in Walkyriun, in Kriegsdämonen, die auf geifernden Wölfen ritten und statt Zügel Schlangen hielten? Entsetzt rang er einen Schrei nieder, als ein Windstoß die Pferdehaut erfasste und sie durch die Luft flatterte und sich zu den Geisterpferden der Wilden Jagd gesellte.
Inmitten dem wilden Toben kauerte er nieder, bis Haedwigs Hand an seiner Schulter ihn neuerlich aufschauen ließ. Die Schreckensgestalten waren verschwunden. Die Schemen, die nun, von eigenem Licht umrahmt, über ihm schwebten, waren edlerer Natur.
»Sieh, Sohn des Octha, deine Urväter – Wihtgils, Witta, Wehta und deren Ahnen…«
Zitternd richtete Oesc sich auf und hob grüßend den Arm.
Die Namen erklangen weiter, doch er nahm sie nicht wahr. Sein gesamtes Wesen richtete sich auf jene leuchtenden Gestalten, die, bald grimmig, bald freundlich, mit prüfendem Blick auf ihn herabstarrten, als wollten sie abwägen, ob er würdig sei, ihr Geschlecht zu vertreten.
Und dann, obwohl sich die Bäume rings um sie nach wie vor im Sturm neigten, erfüllte die Schwere einer gewaltigen Erscheinung die Luft über dem Teich. Oesc blieb stehen, doch er schloss fest die Augen. Er war noch nicht bereit, das, was nun nahen mochte, zu schauen. Dennoch konnte er sich nicht dagegen wehren zu hören, wenngleich er weder zu jenem Zeitpunkt noch später wusste, ob sein Verstand oder seine Ohren die Worte wahrgenommen hatten.
»Das also ist er«, schien eine tiefe Stimme zu grollen.
»Ich habe ihn seit seiner Geburt gehütet«, erwiderte Haedwig. »Wann beginnt die Zukunft, die ich für ihn vorausgesehen habe?«
»Das liegt in der Hand der Nomen. Aber wenn die Zeit kommt, wird er wählen müssen…«
»Welche Wahl hat er?«
»Hier zu bleiben und in einem sterbenden Land ein langes Dasein zu fristen oder jenseits des Wassers alles aufs Spiel zu setzen…«
»Aber die Runen sprachen von Sieg«, warf die weise Frau ein. Die andere Stimme unterbrach sie.
»Den Wechsel der Jahreszeiten zu ertragen ist ein ebensolcher Sieg wie der Tod im Kampf. Ersteres ist der Pfad Ingvis, Letzteres der meine. Wählt er den meinen, wird man sich in einem neuen Land an seinen Namen erinnern, und er wird Könige zeugen.«
»Ist das Euer Wille, Herr?« Nun war es Haedwigs Stimme, die zitterte.
»Mein Wille ist, was sein wird, doch es liegt nicht an mir zu wählen, welchen Verlauf die Zukunft nimmt. Das bleibt dir selbst überlassen – und dem Knaben.«
Unvermittelt wurde Oesc bewusst, dass er der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit war; so musste sich eine Maus fühlen, die zwischen den Klauen eines Wolfes gefangen war. Er presste die Augen noch fester zu. Einen Augenblick dauerte die Spannung noch an, dann löste sie sich, und er vernahm leises Lachen.
»Ich zwinge dich nicht«, erklang das innere Flüstern, »aber man wird dir bald eine Wahl auferlegen, mein Sohn, und dann wirst du dich entscheiden müssen.«
»Ich habe Euch erwählt, Höchster, als ich noch jung war«, meldete Haedwig sich zu Wort.
»So ist es, und ich war nie fern von dir.«
Falls noch mehr gesprochen wurde, war es nicht für Oescs Ohren bestimmt. Er sank zu Füßen der Frau nieder, und erst später, nachdem der Gott und sein Gefolge verschwunden waren, erkannte er, dass sein Gesicht nass war, nicht von Regen, sondern von Tränen.
Der Wald wirkte außergewöhnlich still. Oesc erhob sich und wischte sich über die Augen. Dann erstarrte er, als er abermals den Klang von Hufen und Hörnern vernahm.
Doch dies war keine Geisterjagd. Nun erkannte er den Unterschied. Es waren sterbliche Pferde, deren Hufe er auf den feuchten Holzstämmen klappern hörte, und sterbliche Lungen, deren Atemstöße jene klagenden Hornlaute heraufbeschworen.
»Da sind Reiter, Haedwig! Reiter auf dem Pfad!«, rief er aus. »Beeil dich, wir müssen zurück zur Halle.«
Sie verhüllte die Speerspitze wieder, und er sah, dass ihr Antlitz noch vor freudiger Erinnerung leuchtete. Als sie aber die Aufmerksamkeit wieder der Welt der Menschen zuwandte, vertieften sich die Furchen in ihrer Haut, und sie wirkte mit einem Mal wieder sterblich.
»Also hat es begonnen…«
Oesc spähte durch die Tür in den großen Saal, der noch an jenem Vormittag so riesig und leer gewirkt hatte. Nun waren Männer dort eingetroffen in abgetragenen Rüstungen und zerschlissenen Prunkgewändern, alle über und über mit Schlamm bespritzt. Mägde und Knechte umsorgten sie, trugen nasse Mäntel fort und brachten Becher voll warmem Bier.
»Möge Frey Euch segnen«, sprach der Anführer, der sich von Aebbe, der verwitweten Schwester des Königs, ein Horn voll Met reichen ließ. So lange Oesc denken konnte, führte sie den Haushalt der Halle. Der Mann musste einst gut ausgesehen haben, dachte der Knabe, nun aber hing ihm ein Augenlid herab, und eine lange Narbe verunzierte die linke Hälfte seines Gesichts.
»Aber wo ist Eure Nichte, Aebbe? Sollte nicht sie es sein, die uns willkommen heißt?«
»Es gibt keine andere Herrin in dieser Halle«, entgegnete die Frau und wich einen Schritt zurück. »Und welches dämonische Wesen hat Euch meinen Namen verraten?«
Der Fremde wirkte überrascht. »Also hat Hildeguth wieder geheiratet? Vermutlich glaubte sie mich tot. Ich selbst habe mich in den letzten Jahren ein paar Mal tot geglaubt!« Seine Hand fuhr über die Narbe. »Habe ich mich so sehr verändert, Aebbe, dass nicht einmal Ihr mich erkennt?«
»Es ist meine Tochter, die tot ist«, ertönte eine harsche Stimme vom gegenüberliegenden Ende des Saales, »getötet von dem Samen, den du in ihren Leib gepflanzt hast. Und hättest du nicht bereits Anspruch auf Gastrecht, hätte ich dich von meiner Tür verjagt!« Auf seinen Stock gestützt, humpelte Eadguth zum Thron und ließ sich darauf nieder.
Oesc starrte vom einen zum anderen, spürte jeden Herzschlag in der Brust und ohne recht zu glauben, begriff er, wer der Neuankömmling sein musste.
Octha, Sohn des Hengest… sein Vater!
Octha richtete sich auf; sein Gesicht wurde starr. »Und das Kind?«, fragte er mit leiser Stimme. »Ist auch das Kind gestorben?«
»Soll ich dir sagen, es sei in ihrem Bauch gestorben?«, spie Eadguth ihm entgegen. »Oder dass ich es in der Heide ausgesetzt habe den Wölfen zum Fraß?«
»Ihr sollt ihm die Wahrheit sagen, alter Mann«, forderte Haedwig ihn auf, umfasste Oescs Schultern und schob ihn vor sich her ins Licht des Feuers. »Obschon es Euch schmerzlichen Kummer bereitet hat, Ihr habt seinen Sohn aufgezogen!«
Eine Weile blieb der Blick des Kriegers noch mit jenem des Königs verhaftet. Dann drehte Octha sich um; seine Miene veränderte sich, als er den Knaben betrachtete.
»Komm her.«
Mit Füßen, die ihm nicht zu gehören schienen, trat Oesc vor. Octha kniete sich nieder und umfasste das Gesicht des Jungen mit schwieligen Händen. Nach einer Weile schluckte er.
»Du hast die Augen deiner Mutter…«
Oesc nickte. Dasselbe hatte Haedwig ihm gesagt.
»In deiner Stirn aber erkenne ich Hengest… Wie nennt man dich?«
»Ich bin Oesc, Sohn des Octha.« Seine Stimme schwankte nur ein wenig.
»Mein Sohn!«
Starke Arme schlossen sich um ihn; Oesc roch Pferd, feuchte Wolle und den durchdringenden Geruch des Mannes. Es erschien ihm seltsam. Erst vor kurzem hatte Woden ihn seinen Sohn genannt. Der einst vaterlose Knabe fand sich plötzlich überhäuft mit Verwandten. Als Octha ihn losließ, holte er tief Luft.
»Ich kehre zurück nach Britannien, wo die Kühe auf den grünen Weiden fett werden und die Äpfel süß und saftig an den Ästen hängen. Willst du mit mir kommen?«
Bald, hatte Woden ihm vorausgesagt, würde er wählen müssen. Oesc blickte in die sturmgrauen Augen seines Vaters, doch als er sprach, wusste er, dass er dem Gott antwortete.
»Ja, Vater, ich komme mit dir.«
Drei Tage waren seit Octhas Ankunft vergangen. Der Sturm war weitergezogen, doch auf dem Versammlungsfeld spiegelte sich der blaue Himmel in vereinzelten Pfützen. Nur im Südosten hingen noch ein paar Wolkenfetzen. Als die Leute sich einfanden, zertrampelten sie das grüne Gras zu braunem Matsch. Aber vielleicht würde das gar keine Rolle mehr spielen, dachte Oesc, während er sie von seinem Platz an der Seite seines Vaters aus beobachtete. Sollte die Versammlung dafür stimmen, Octha übers Meer zu folgen, schlachteten oder verkauften sie die Rinder, und niemand würde mehr Weideland brauchen.
Der Gedanke rief ein unruhiges Prickeln in Oescs Bauch hervor. Er wusste, dass es andere Länder gab, denn er hatte die Lieder gehört, welche die fahrenden Sänger und Spielmänner sangen, doch Eadguths Halle war seit jeher der Mittelpunkt seiner Welt gewesen.
Die meisten Myrginge hatten sich eingefunden. Frauen und Kinder bildeten einen großen Ring um die Stammesfürsten und Familienoberhäupter. Oesc sah sich nach Haedwig um, dann fiel ihm ein, dass die Weise ihm gesagt hatte, sie brauche der Versammlung nicht beizuwohnen. Sie hatte das Ereignis bereits gesehen, als sie die Runen warf.
Warum hat sie Eadguth dann nicht davon erzählt und erspart uns allen die Mühe, eine Entscheidung zu treffen?, fragte er sich. Aber wie die Weisfrau ihm schon des Öfteren erklärt hatte, mochte man wohl vorhersagen, dass die Sonne aufgehen würde, trotzdem musste man warten, bis es tatsächlich geschah.
Für den König war unter der Eiche eine Bank aufgestellt worden. Rings um ihn saßen seine Witan, der Rat der Stammesältesten. Das Sonnenlicht flutete durch die jungen Zweige und zeichnete Muster auf sein weißes Haar. Eadguth Gamol nannte man ihn, Eadguth den Alten, denn von allen Königen des Nordens hatte allein Healfdene von Sillende länger geherrscht.
Auch sein anderer Großvater, Hengest, war alt, kam es dem Knaben in den Sinn. Der aber herrschte über einen Bund von Kriegshorden, wie die Seekönige von Friesland. Eadguth dagegen war durch zahlreiche Ahnen mit dem Thron und diesem Land verbunden.
Ein Raunen erhob sich in der Menge, als Geflaf vortrat, der Anführer der Hauskarle des Königs. Er hob ein großes, silbergefasstes Horn an die Lippen und blies. Als der Widerhall erstarb, verstummte es ringsum.
»Hört, ihr hier versammelten Häuptlinge und Leute der Myrginge. Ein Fremder, Octha, Sohn des Hengest, hat sich bei uns eingefunden. Die Witan haben euch zusammengerufen, um seinen Worten zu lauschen und Bedacht zu schenken.«
»Er ist ein Spross königlichen Blutes der Angeln und somit unser Feind!«, rief das Oberhaupt einer der älteren Sippen der Myrginge.
»Er entstammt nicht der Verwandtschaft Offas, des Königsmörders, sondern einer niedrigeren Linie, und er hat nie die Waffen gegen uns erhoben«, erklang die Antwort.
»Unsere Verwandten dienen in der Kriegshorde seines Vaters«, erklärte der Anführer der Juten, die sich bei den Myrgingen niedergelassen und nach den Kriegen gegen die Angeln verlassene Gehöfte übernommen hatten. »Lasst uns hören, was er zu sagen hat.«
Eine Weile dauerte der Tumult noch an, bald aber stellte sich heraus, dass die Stimmung der Versammlung zu Octhas Gunsten stand.
Als er mit Oesc an der Seite vortrat, erhob sich abermals Gemurmel. Mittlerweile hatte natürlich jeder das Gerücht gehört, der geheimnisumwitterte Vater des Sohnes der Herrin sei aufgetaucht. Oesc wollte zurückweichen, als ihm bewusst wurde, dass die Menschen ihn ebenso anstarrten wie seinen Vater, doch Octhas Griff war unnachgiebig.
Er benützt mich, um ihnen zu zeigen, dass er kein Feind ist, begriff der Knabe plötzlich, und er ließ sich vorwärts ziehen. Die meiste Zeit seines kurzen Lebens war er für die Verwandtschaft seiner Mutter bestenfalls eine Schande gewesen; es fühlte sich ausgesprochen seltsam an, vor den Leuten zu stehen als jemand, der ein Recht auf Ehrerbietung hatte. Zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass vielleicht auch er eines Tages ein König sein würde.
»Männer der Myrginge!«, rief Octha. »Und auch ihr alle, ob Juten, Sachsen oder Franken, die ihr durch Heirat oder Bündnis Teil dieses Stammes geworden seid. Ich komme zu euch als Verbündeter, denn es war eine Prinzessin eures Volkes, die mir meinen Sohn geschenkt hat!«
Jemand stimmte Jubel an, und Oesc fühlte, wie ihm Röte in die Wangen stieg.
»Warum habt Ihr bis jetzt damit gewartet, ihn zu holen?«, ertönte eine andere Stimme.
»Es gibt viele Männer, die kinderlos in den Krieg ziehen und bei der Rückkehr erfahren, dass sie einen Erben haben. Zehn Winter habe ich in Britannien gekämpft; ich habe zahlreiche Fürsten der Briten getötet und jene gemetzelt, die sich für die Erben Roms hielten. Zuerst kämpften wir um Beute, nun aber kämpfen wir um Land. Die Briten haben kaum noch Kraft, sich uns zu widersetzen; ihr König ist ein kranker Mann und hat keinen Sohn. Das Land liegt unverteidigt da und wartet nur darauf, eingenommen zu werden. Um jene Erde zu halten, muss sie bestellt werden, und deshalb wende ich mich an euch.
Folgt mir nach Britannien, nehmt eure Frauen und Kinder mit! Und eure Äxte und Pflüge!«
»Warum sollten wir die Herde unserer Mütter verlassen und die Täler, in denen unsere Väter begraben liegen?«, rief jemand.
»Weil dieses Land ertrinkt«, erwiderte Octha. »Seht euch doch um: Die Felder sind von schlechtem Wetter verwüstet, und eure Rinder verenden. Jedes Jahr verschlingt die See ein Stück mehr von euren Ufern. In Britannien gibt es riesige Felder, fruchtbar und blühend, gute Ernten an Hafer und Gerste, Äcker mit goldenem Weizen und alles andere, was in Mittelerde wächst.«
»Aber es sind nicht unsere Felder. Werden sie auch für uns Früchte tragen, wenn wir die Namen der Götter nicht kennen, die dort wohnen?«
»Diese Felder haben allen Stämmen Früchte getragen, die von den Römern in jenem Land angesiedelt wurden«, entgegnete Octha. »Krieger aus Iberien, Sarmatien und Gallien, die zu Bauern wurden, nachdem ihre Zeit in der Legion vorüber war. Unsere Vettern, die Franken, erzielen reiche Ernten in dem Land, das sie in Gallien errungen haben. Bestellt die Felder, und bringt Opfer dar, und lasst eure Leiber in jener Erde begraben, wenn eure Zeit gekommen ist. Durch Blut und Schweiß werden wir Anspruch auf Britannien erheben und es uns zu Eigen machen.«
»Wir gehen mit dir!«, rief einer der jütischen Häuptlinge, ein Mann namens Haesta. »Männer meines Blutes dienen bereits in Hengests Heer. Sie sagen, Cantuware sei ein Land fruchtbarer Erde und üppigen Grases, in dem die Kühe um diese Jahreszeit dreimal am Tag Milch geben.«
»Und es bringt wackere Kämpfer hervor«, ergriff ein greiser Mann das Wort und hob seinen Arm, den eine alte Verletzung zernarbt und verkrüppelt hatte. »In meiner Jugend war auch ich in Britannien, doch alles, was ich dort fand, war scharfer Stahl. Krieger sollen ein solches Wagnis meinetwegen eingehen, aber ich setze meine Familie nicht in einem Land aufs Spiel, in dem die Einheimischen irgendwann erwachen und sich fest entschlossen zeigen, ihr Eigentum zurückzuerobern.«
»Besser durch Stahl zu sterben als an Hunger zugrunde gehen!«, rief ein anderer, und plötzlich brachen ringsum Streitgespräche aus.
»Was meint Eadguth?«, wollte schließlich jemand wissen. »Wie lautet das Wort des Königs der Myrginge?«
Langsam kehrte Ruhe ein. Nachdem es völlig still war, half der Leibeigene Cubba, der noch älter war als der König, Eadguth dabei, seinen ausgezehrten Leib aus dem Stuhl zu erheben. Auf seinen Stock gestützt, trat der König vor. Eine Weile schaute er sich um, und jenen, die am lautesten nach Auswanderung geschrien hatten, fiel es schwer, seinem Blick zu begegnen.
»Die Götter haben mich mit einem langen Leben gesegnet. Seit mehr als vierzig Wintern bin ich euer König…«
Seine Stimme tönte nicht laut, war aber dennoch weithin vernehmbar.
»In jenen Jahren habe ich vieles gesehen. Ich habe fünf Sommer miterlebt, in denen so wenig Regen fiel, dass die Flüsse versickerten, bis ihre Ufer zahnlosen Kiefern glichen. Jene Zeit hat geendet. Auch diese wird enden. Ich habe Winterstürme miterlebt, die unsere Mauern halb mit Schnee verschütteten und uns von einem Mond bis zum nächsten zu Gefangenen machten. Jene Zeit hat geendet. Auch diese wird enden. Und ich habe so reiche Ernten miterlebt, dass wir zu wenig Scheunen hatten, um alles zu lagern. Und auch jene Zeiten haben geendet. Jetzt jammert ihr wie Kinder, die wegen des Regens nicht zum Spielen nach draußen können. Aber ich sage euch, auch diese Zeit wird nicht von Dauer sein.«
Er sprach bedächtig, ein freundlicher Großvater, der ungestüme Jungen schalt, und der eine oder andere senkte verschämt die Augen zu Boden.
»Die Laune eines Menschen ist wechselhaft; bald ist er glücklich, bald trübsinnig. Auch unsere heilige Mutter Erde durchlebt ihre Launen und Veränderungen. Wollt ihr sie verlassen, weil sie jetzt gerade weint? Für Männer, die keine Heimat mehr haben, mag es wohl sein, dass ein Land so gut wie das andere ist. Die Myrginge aber leben hier, seit Mannus selbst auf Erden wandelte. Wir sind ein freies Land und ein freies Volk, das einzig diesem Boden verbunden ist.«
Behutsam bückte sich Eadguth und ergriff eine Hand voll schlammiger Erde. Dann hielt er sie hoch, und das Wasser strömte zwischen seinen Fingern hervor und rann ihm wie braunes Blut die Hand hinab.
Die Gebeine meiner Mutter liegen in dieser Erde begraben, dachte Oesc. Wenn ich von hier fortgehe, verliere ich sie nun ganz. Doch sein Vater stand immer noch neben ihm, und seine Knochen waren in warmes, lebendiges Fleisch gehüllt.
»Wollt ihr diese heilige Erde, die unserer Väter Blut gesegnet hat, verlassen um eines fremden Landes willen? Vielleicht wird es euch, so wie Octha behauptet, nach einer Weile anerkennen. Ich aber sage euch, das wird nicht zu euren Lebzeiten geschehen, ebenso wenig zu jenen eurer Kinder. Bleibt, Männer der Myrginge und alle jene, die wir hier willkommen geheißen haben. Bleibt und verteidigt das Land, das euch ernährt.«
Einige der Männer knieten ehrfürchtig nieder und betteten die Hände auf das feuchte Gras, andere hingegen blieben stehen, die Häupter gedankenvoll geneigt.
Geflaf trat wieder vor. »Der Myrging-König hat gesprochen. Geht nun, Männer und Sippenälteste, freie Menschen unseres Volkes. Sprecht miteinander, und wenn die Sonne auf das Meer zusinkt, dann kehrt zurück und verkündet eure Entscheidung.«
Damit wandte er sich ab, und die Männer fanden sich zu Gruppen zusammen, um sich zu beraten.
»Was jetzt?«, fragte Octha, der beobachtete, wie König Eadguth sich langsam den Weg zurück zur Halle bahnte.
»Jetzt warten wir«, antwortete Geflaf. Auch er beobachtete den König, und Oesc sah Kummer in seinem Blick.
Oesc erschien jener Tag überaus lang, länger noch als der Tag vor dem Mittsommerfest. Er versuchte ihn damit zu füllen, seinem Vater zu zeigen, wo Hildeguth begraben lag und wo unter dem Strudel die besten Plätze waren, um Fische zu fangen. Sogar zu den Götterbildern im geheiligten Sumpf führte er ihn, doch er spürte, dass Octhas Aufmerksamkeit woanders war. Und während die Sonne ihren Karren über die Gefilde des Himmels zog, steigerte sich seine Unruhe, bis es an der Zeit war, die Schritte wieder zu der großen Eiche zu lenken.
Im Westen schimmerte die Sonne in bernsteinfarbenen und rosigen Tönen. Der untergehende Feuerstern sandte breite Lichtstreifen aus, als wollte er den Weg nach Britannien weisen. Über den Ländern der Myrginge aber war unendlicher Friede eingekehrt. Sogar das Meer lag still da, die Wasser klar und blau, und jedes Blatt, jeder Grashalm schien in den goldenen Schimmer des Sonnenuntergangs getaucht. Wirkte das Land deshalb so atemberaubend, fragte sich Oesc, weil er es womöglich bald verlassen würde? Dann schaute er sich abermals um und dachte: Aber vielleicht gehen wir ja gar nicht. Es ist so wunderschön. An einem solchen Abend könnte niemand die Entscheidung treffen, von hier fortzureisen.
König Eadguth kam wieder herbei, setzte sich auf den geschnitzten Stuhl und musterte sein Volk mit halb geschlossenen Augen. Auch die Menschen versammelten sich wieder um den mächtigen Baum.
»Männer der Myrginge!«, ergriff Geflaf das Wort, nachdem wieder Schweigen eingekehrt war. »Die Sonne hat ihren Weg vollendet, und es ist an der Zeit, den unseren zu wählen. Seid ihr bereit, euch zu entscheiden?«
»Ja!«, ertönte die Antwort aus zahlreichen Kehlen.
»Dann lasst die Anführer eurer Sippen vortreten und euren Willen verkünden.«
Haesta war der Erste, der sich aus der Menge löste.
»Ich spreche für die Juten, die entlang des Fifeldor leben. Seit einer Generation bewachen wir eure nördliche Grenze. Wir fürchten uns nicht davor, zu kämpfen. Aber die Felder tragen keine Früchte für uns. Wir stimmen dafür, in die neuen Länder jenseits des Meeres zu reisen.«
Daraufhin erhob sich Gemurmel, denn die Juten stellten einen beträchtlichen Teil der kampffähigen Männer. Als nächster trat ein Lehnsmann der Myrginge vor und erklärte, er würde bei seinem König bleiben. Einer nach dem anderen folgte und verkündete den Willen seiner Sippe. Und obwohl einige schworen, im Heimatland der Myrginge zu verweilen, wurde alsbald klar, dass diejenigen, die sich von Octhas Worten hatten überzeugen lassen, die Mehrheit bildeten.
»Ich würde ja bleiben, aber ich habe das Gefühl, die Wahl wird mir abgenommen«, meinte ein Bauer, dessen üppige Felder sich weiter im Landesinneren befanden, fernab des Meeres. »Wir können jene nicht aufhalten, die beschließen, uns zu verlassen, und wie sollen wir uns gegen unsere Feinde verteidigen, wenn nur ein Zehnt unseres Volkes bleibt?«
Diese Worte wurden zustimmend aufgenommen, und danach erklärten die meisten Männer, die vortraten, sie würden Octha folgen. Nur noch einige Häuptlinge aus den ältesten Familien sprachen sich fürs Bleiben aus, ebenso Eadguths treue Lehnsmänner, die kundtaten, sie würden bei ihrem König ausharren, solange er lebte.
Geflaf wandte sich mit besorgter Miene an seinen Herrn.
»Mein König, der Wille der Versammlung steht fest. Wollt Ihr nicht Eure Meinung ändern und einwilligen, uns in das neue Land zu führen?«
Eadguth erhob sich aus dem Stuhl und legte die Hand auf die rissige Borke des mächtigen Baumes.
»Wollt ihr diese Eiche entwurzeln und sie über das Meer befördern?« Seine Stimme klang schmerzlich rau. »Sie ist zu alt, zu tief verwurzelt, und dasselbe gilt für mich. Geht, wenn ihr wollt, ich kann euch nicht aufhalten. Ich bleibe in meinem Land.«
Oesc schaute zu seinem Großvater und spürte einen Stich im Herzen, als hätte es jemand mit einer Nadel durchbohrt. Er sieht aus wie ein Toter. Plötzlich erfasste ihn das Verlangen, zu dem greisen Mann zu laufen, wie er es getan hatte, als er klein war, ehe er begriff, weshalb Eadguth ihn hasste. Doch auf seiner Schulter ruhte die Hand seines Vaters, und so rührte er sich nicht.
Abermals strich Eadguths düsterer Blick über sein Volk, dann wandte er sich ab und trat den Rückweg in die Halle an. Seine Lehnsmänner folgten ihm mit ernsten Mienen.
Jene aber, die dafür gestimmt hatten, mit Octha zu gehen, drängten sich nun um ihn und bestürmten ihn mit Fragen über das neue Land.
Oesc erwachte aus einem Albtraum und rang nach Luft. Die Bettlaken drohten ihn zu erwürgen; mühevoll kämpfte er sich frei und verharrte keuchend. In dem Saal war sein eigener, rasselnder Atem der einzige Laut, draußen aber vernahm er Vogelgezwitscher. Es muss Sonnenaufgang sein, dachte er blinzelnd. Durch die geteilten Vorhänge vor seinem Alkoven erspähte er einen fahlen Schimmer aus dem langen Kamin und dahinter ein kälteres Licht. Er zog die Vorhänge auf und schaute hinaus in den Saal.
Entlang des Kamins erblickte er die klobigen Umrisse schlafender Männer. Hinter ihnen jedoch stand die kleine Seitentür offen. Welcher tölpelhafte Leibeigene hatte sie wohl offen gelassen, fragte er sich. Aebbe, die stets früh aufstand, um die Leibeigenen beim Frühstück zu beaufsichtigen, würde gewiss schelten, wenn sie davon erführe.
Doch nun war er neugierig. Wer war schon so früh hinausgegangen? Rasch stülpte er das Hemd über den Kopf und schlüpfte in die Schuhe; dann, weil die Luft kalt war, nahm er auch noch den Mantel vom Haken. Leise bahnte er sich einen Weg zwischen den schlafenden Männern hindurch und weiter zur Tür.
Jenseits der Schwelle zeigten sich im schlammigen Boden zahlreiche Fußspuren, von einem zarten Frost verschleiert, den das erstarkende Licht bereits zu verzehren begann. Aber von jenem funkelnden Schleier zeichneten sich zwei Spuren unverkennbar ab, entlang der größeren Abdrücke sah Oesc die runden Male eines Stocks. Eine lange Weile starrte Oesc darauf, während frostige Kälte seinen Magen zusammenzog.
»Mach die Tür zu, Junge«, ertönte Aebbes Stimme von hinten. »Du lässt die Kälte herein.«
»Aebbe…«, setzte er an und drehte sich um. »Warum ist der König so früh hinausgegangen?«
»Was soll das heißen, Kind? Alte Männer schlafen lange. Er ist noch im Bett!«
»Sieh doch nur, sind das nicht seine Fußabdrücke? Wohin ist er gegangen?«
Einen Augenblick starrte sie über seine Schulter auf den gezeichneten Boden, dann eilte sie wortlos zurück in die Halle. Oesc sank auf eine Bank und zitterte, und das nicht der Kälte wegen. Wenig später kehrte die alte Frau mit Byrhtwold und Aethelhere zurück. Als sie über den Hof aufbrachen, schloss Oesc sich ihnen an.
Sie folgten der Fährte zu Haedwigs Hütte; von dort an gesellten sich zu den Spuren die Fußabdrücke einer Frau. Nahe des Seitentors verloren sie die Fährte, aber der junge Krieger, der es bewachte, gab gegenüber den ranghöchsten Lehnsleuten des Königs bereitwillig Auskunft: dass sein Herr das Tor passiert hatte, und zwar, als das erste fahle Licht, das die Morgendämmerung ankündigt, den Himmel erhellte. Der Leibeigene Cubba sei bei ihm und die weise Frau.
»Ich dachte, sie wären unterwegs, um den Göttern ein Opfer darzubringen. Er befahl mir, Stillschweigen zu bewahren und auf meinem Posten zu bleiben«, erklärte der Krieger. »Aber meine Wache ist beinahe zu Ende, und gewiss breche ich meinen Eid nicht, indem ich es Euch berichte…«
»Zweifellos ist das der Grund«, meinte Aebbe seufzend. »Ich gehe zurück in die Küche; gewiss will der König sein Frühstück, wenn er zurückkehrt.«
»Ich gehe ihm entgegen«, sagte Aethelhere. »Es ist nicht gut, wenn der König der Myrginge ohne Leibwächter unterwegs ist.«
Byrhtwold nickte, und als sie durch das Tor traten, folgte Oesc den beiden Lehnsleuten den Hügel hinab.
Hier und da markierten Abdrücke im gefrorenen Gras die Spur. Sie führte zur Gesetzeseiche.
Als die drei um den Rand des Waldes bogen, hielten sie wie erstarrt inne, denn eine unzeitgemäße Frucht hing an den Ästen des Baumes.
Es war König Eadguths Leichnam, der dort hing. Blut aus einer Schnittwunde unterhalb der Brust hatte sein Hemd befleckt, und der Leibeigene Cubba lag unter ihm, ein Messer in der Hand; das Blut aus seiner aufgeschlitzten Kehle tränkte den Boden.
»Einen Aetheling vermag nichts zu erschüttern, nicht einmal das eigene Verhängnis«, hatte Eadguth einst zu ihm gesagt, doch nachdem Oesc kurz in das purpurne Antlitz und die blicklosen Augen seines Großvaters geschaut hatte, richtete er den Blick fest auf den Boden.
»Ach, mein lieber Herr«, meinte Aethelhere kopfschüttelnd. »Es ist nicht wohlgetan, mir dieserart voranzugehen, nur mit einem Leibeigenen als Begleiter. Dennoch glaube ich, Euer Vorsprung ist noch nicht so groß, dass ich Euch nicht einholen könnte.«
»Warum hat er das getan?«, fragte Byrhtwold. »Wir hätten bis zu seinem Lebensende zu ihm gestanden.«
»Und das habt ihr auch«, erklang eine andere Stimme. Sie drehten sich um und sahen, dass Haedwig dort stand, auf einen Stab gestützt, dessen Kopfstück in ein blaues Tuch gehüllt war. »Versteht ihr es nicht? Er hatte keinen Sohn, der ihm nachfolgen konnte, und diejenigen von euch, die gelobt haben zu bleiben, sind nicht genug, um das Land zu verteidigen. Durch seinen Tod hat Eadguth sie von ihrem Eid entbunden und Woden ein Opfer für ihren Schutz dargebracht. Dies war eine edle Tat.«
»Durch das Messer eines Leibeigenen?«, meinte Byrhtwold zweifelnd.
Haedwig schüttelte den Kopf. »Cubba hat sich selbst das Leben genommen, Eadguths Blut aber wurde durch Wodens Speer vergossen.« Sie hob den Stab, und die Haare an Oescs Armen und Nacken stellten sich auf, als er den runenbedeckten Schaft unterhalb des Tuches erkannte.
»Dies ist die letzte und größte Tat eines Königs«, sprach Aethelhere. »Seinen Atem dem Gott darzubringen und sein Blut dem Land, auf dass sein Volk leben möge.«