10. KAPITEL
Vicki erwachte im Dunkeln. Sie blinzelte und stöhnte, als ihr klar wurde, dass sie sich allein im Schlafzimmer befand. Ihre Nase war verstopft, ihre Augen waren trocken, und ihr Mund fühlte sich an, als wäre er mit Baumwolle gefüllt. Sie rieb sich kurz mit den Händen über das Gesicht, setzte sich langsam auf und stolperte schließlich ins Badezimmer.
“Ich sehe schrecklich aus”, sagte sie zu ihrem Spiegelbild, nachdem sie sich kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt hatte.
“Du bist wunderschön.” Diese leise Bemerkung ließ sie herumwirbeln. Caleb stand im Türrahmen. Er trug seine dunkelgraue Lieblingsjogginghose.
“Wo warst du?”
“Ich habe im Gästezimmer gearbeitet.” Er wies mit dem Kopf in die Richtung. “Ich wollte nicht, dass du allein bist, wenn du aufwachst.”
Vicki hielt sich am Waschbeckenrand fest. Eigentlich wollte sie nicht, dass er sie in diesem Zustand sah. Sie fühlte sich unsicher und war sehr empfindlich.
Calebs Worte fielen ihr wieder ein. “Du wirst dich verkriechen, dich mit aller Macht beherrschen und am nächsten Morgen wirst du mich anlächeln, als wäre nichts passiert.”
Mit einer langjährigen Gewohnheit zu brechen war verflixt schwer. “Ich fühle mich, als wäre mein Innerstes nach außen gekehrt.” Das war eine ehrliche Aussage.
“Das hast du ja auch getan.” Caleb trat hinter sie und legte die Hände auf ihre Schultern. Ihre Blicke trafen sich im Spiegel. “Baby, du hast mir richtig Sorgen gemacht. Da ist so viel Wut, so viel Schmerz in dir.” Der Kosename “Baby”, den er nur selten benutzte, verriet ihr, wie betroffen er war. “Das hast du alles mit dir herumgeschleppt, seit du vier Jahre alt warst. Kein Wunder, dass dich das belastet hat.” Er schlang die Arme um sie.
“Und dich ebenfalls”, sagte sie leise und berührte eine seiner Hände.
Er küsste sie auf die Wange. “Wir werden das beide durchstehen. Wir sind keine Feiglinge.”
Nicht wie deine Eltern. Dieser Satz wurde nicht laut ausgesprochen, aber er hing im Raum. “Ich bin nicht so stark, wie du glaubst”, gab sie zu.
“Ich glaube, das kann ich besser beurteilen als du.” Er stand immer noch hinter ihr, und Vicki spürte seine Wärme. “Du bist zu der Frau geworden, die du bist, obwohl Ada mit aller Macht versucht hat, deinen Willen zu brechen. Für mich bist du ein echtes Wunder.”
Diese Worte waren wie ein kostbares Geschenk für Vicki. “Bis der Tod uns scheidet”, zitierte sie das Ehegelübde.
Zu ihrer Überraschung lachte Caleb. “Falls du glaubst, ich würde dich vorher gehen lassen, irrst du dich.”
Vicki lächelte nun auch wieder. Sie drehte sich in Calebs Armen um und schmiegte sich an ihn. Er war ihr Mann und ihre Stärke, selbst wenn er irgendwo auch ihre größte Schwäche war. Allmählich wurde es Zeit, vor der Wahrheit nicht mehr zu flüchten, sondern anzunehmen, was sich daraus für die Zukunft ergab.
Später am Tag entschied Vicki, dass es noch etwas gab, was zu Ende gebracht werden musste. Sie fand Caleb in der am Haus angrenzenden Garage, wo er das Öl in ihrem Auto wechselte. Zu ihrer Überraschung hatte er sich den Montag freigenommen, um bei ihr zu sein. Sie beobachtete ihn eine Weile und stellte wieder einmal fest, dass Caleb selbst in einer alten Jeans, die ihm fast von der Hüfte rutschte, und mit einem Schmierölstreifen quer über der Brust unglaublich sexy aussah.
“Kannst du mir mal den Lappen da geben, Liebling?”, fragte er, als er unter der Motorhaube vorkam.
Sie reichte ihm das Gewünschte und sah zu, wie er sich die Hände abwischte. Als sich seine Lippen langsam zu einem Lächeln verzogen, wusste sie, was er im Sinn hatte. Doch sie schüttelte den Kopf und trat einen Schritt zurück. “Oh nein, nicht bis wir beendet haben, womit wir letzte Nacht angefangen haben.”
Er runzelte die Stirn. “Ich finde, du hast für mindestens eine Woche genug gelitten.”
Mutig unternahm Vicki den nächsten Schritt. “Nun, ich habe meine Karten auf den Tisch gelegt. Was ist mit deinen?” Eine leise Stimme in ihr sagte zwar, dass es einen wunden Punkt in ihr gab, über den noch nicht einmal ansatzweise gesprochen worden war. Doch sie ignorierte diese Stimme.
Nach allem, was Caleb gestern zu ihr gesagt hatte, hatte Vicki keine Zweifel mehr, dass Miranda aus seinem Leben verschwunden war. Dieses Wochenende in Wellington war ein Fehler von ihm gewesen, den Vicki irgendwie verstehen konnte, auch wenn es wehtat. Jetzt musste sie darunter einen Schlussstrich ziehen und um ihrer Ehe willen die Sache wirklich vergessen.
Caleb schloss die Motorhaube. “Da gibt es nichts zu bereden.”
Sie streckte die Hand aus und berührte seinen Rücken. “Bitte, Caleb.”
Er fühlte sich in die Ecke gedrängt. Unwillig drehte er sich um und unterbrach dadurch den Kontakt. “Geht es hier um eine Art Handel? Du redest, und dann muss ich ebenfalls reden?” Wie ein verletztes Tier reagierte er instinktiv, ohne an den Schaden zu denken, den er damit vielleicht anrichtete. Er verhielt sich wie das Kind in ihm, das man auf eine Weise verletzt hatte, wie ein Kind niemals verletzt werden sollte. Dieser Teil in ihm wollte einfach nicht länger leiden.
Vicki wich zurück, als hätte er sie geschlagen. “Eigentlich wollte ich dir nur helfen, so wie du mir geholfen hast.” Unwillkürlich erstarrte sie. “Aber offensichtlich kenne ich die Regeln nicht. Tut mir leid, dass ich so dumm war, zu glauben, wir würden endlich eine ehrliche Partnerschaft führen.” Sie biss die Zähne zusammen und wandte sich ab, um wegzugehen.
Seine Verletzungen schmerzten, doch der Drang, Vicki vor Leid zu beschützen, war stärker. Besonders wenn er selbst die Ursache für ihren Kummer war. Das galt auch, wenn er befürchten musste, sie würde sich für ihn schämen. Sein schlimmster Albtraum war, Vickis Respekt zu verlieren. Aber das war keine Entschuldigung für die grobe Art und Weise, wie er sie gestern und heute zurückgewiesen hatte.
Er hielt sie am Handgelenk fest. “Liebling, nicht.”
“Was soll ich nicht? Etwa mehr von dir erwarten, als du bereit bist zu geben?”, fragte sie, ohne ihn anzusehen. “Dich nicht bitten, mir zu vertrauen?”
Er lehnte sich gegen das Auto und zog Vicki zwischen die Beine. Endlich schaute sie ihn an, doch ihr Blick drückte mehr Ärger als Traurigkeit aus. Sanft streichelte er ihren Arm. “Kannst du einfach akzeptieren, dass es Abschnitte in meinem Leben gibt, über die ich auf gar keinen Fall reden will?” Das war ein letzter verzweifelter Versuch, sich zu retten.
“Konntest du das bei mir akzeptieren?”, entgegnete sie. “Was wäre gewesen, wenn ich dir gesagt hätte, Caleb, hier sind die Teile meines Lebens, die ich mit dir teile. Aber diese Teile dort drüben, die schmerzlichen und schrecklichen, über die wirst du nichts erfahren.” Sie verschränkte die Arme. “Hätte ich das letzte Nacht sagen sollen? Hätte ich mich wieder in das Schneckenhaus verkriechen sollen, das du so hasst?”
Ihre harten Worte trafen ihn mitten ins Herz. “Früher warst du nicht so auf Konfrontation aus.”
“Willst du diese Frau zurück?”
“Machst du Scherze? Diese Frau hat kaum mit mir geredet.” Auch wenn man ihm das nicht anhörte, Caleb hatte Angst. Was wäre, wenn Vicki ihn nie wieder wirklich achten würde?
Endlich lächelte sie. “Wann hast du gelernt, charmant zu sein?”
Das hatte ihm bisher noch nie jemand vorgeworfen. “Als ich herausgefunden habe, dass du nicht genug von mir bekommen kannst”, konterte er. Insgeheim sagte er sich, er müsse Vertrauen in seine Frau haben – sie würde niemals auf ihn herabsehen. Aber im Augenblick fühlte sich gerade nicht der Erwachsene in ihm angesprochen, sondern der verletzbare Junge, der immer behandelt wurde, als wäre er etwas Schmutziges.
Ihr Lachen erfüllte die Garage und ließ die gereizte Stimmung verfliegen, die noch wenige Augenblicke zuvor geherrscht hatte. Das machte ihm Hoffnung. “Sprich mit mir, Caleb. Wenn ich nicht alles von dir weiß, habe ich immer das Gefühl, ich hätte dich im Stich gelassen. Aber das will ich nicht mehr.”
Endlich gab Caleb sich einen Ruck und begann zu erzählen, was er noch nie jemandem erzählt hatte. “Du hast meine Eltern kennengelernt. Du hast gesehen, wie sie leben, und kennst ihre Philosophie.”
“Kunst ist alles und Regeln sind für andere Leute”, fasste Vicki Max’ und Carmens Motto zusammen.
“Einschließlich der Regeln über Treue in der Ehe.” Caleb merkte, dass Vicki langsam anfing zu begreifen. “Bevor ich unterwegs war, führten sie eine offene Ehe.”
“Sie hatten beide andere Partner?” Vicki starrte ihn schockiert an. Ihre Einstellung zu Treue und Loyalität war etwas, was Caleb sehr an ihr bewunderte. Sie hatte eine Scheidung vorgeschlagen, aber er war absolut sicher, dass sie niemals daran gedacht hatte, ihn zu betrügen.
So stark war er selbst nicht gewesen. Enttäuscht von ihrer offensichtlichen Abneigung, mit ihm intim zu sein, hatte er einmal mit dem Gedanken gespielt, sich eine Geliebte zu nehmen. Damit hatte er sich beweisen wollen, dass er begehrenswert war. Zum Glück war es nie dazu gekommen.
“Ja”, bestätigte er. “Meine Mutter war schwanger, während sie mit Max und einem anderen Mann zusammen war … gleichzeitig. Sie hatte keine Ahnung, wer der Vater war, bis ich geboren wurde.” Caleb schluckte. Tief im Innern schämte er sich immer noch für das, wofür eigentlich seine Eltern verantwortlich waren. “Max war sehr verständnisvoll und unterstützte meine Mutter. Zumindest oberflächlich betrachtet, war alles wie immer.”
“Aber?”
“Aber bald nach meiner Geburt wurde klar, dass ich nicht sein Sohn war. Unsere Blutgruppen passten nicht zusammen.” Diese Entdeckung hatte die Fassade der Toleranz zerstört und dem Hass die Tür geöffnet. “Sogar als kleines Kind merkte ich, dass er meinen Anblick nicht ertragen konnte.”
Niemand hätte lernen können zu akzeptieren, dass der Mann, den man als seinen Vater betrachtete, einen selbst als abscheulichen Fehler ansah. “Sie haben meinen Ursprung nie vor mir geheim gehalten, und ziemlich bald kapierte ich, warum Max mich so sehr hasste.”
“Was ist mit deiner Mutter?”
“Sie musste ziemlich bald schon eine Entscheidung treffen, und sie beschloss, bei Max zu bleiben. Ich blieb ziemlich mir selbst überlassen. Es gab keine Gewalt, aber es gab auch keine Liebe.” Wie oft hatte er früher ein Zimmer betreten und hatte miterlebt, dass sein Vater es verließ? Als Erwachsener verstand er nicht, wie Max ein Kind auf diese Weise hatte behandeln können, jemanden, der ihn vergöttert hätte, wenn er nur die leiseste Ermutigung bekommen hätte.
Es war bemitleidenswert, wie sehr Caleb sich nach Max’ Liebe gesehnt hatte. “Mein Vater sollte stolz auf mich sein. Aber irgendwann habe ich begriffen, dass nichts, was ich unternahm, ihn jemals glücklich machen würde. Ich bin eine lebendige Erinnerung an den Liebhaber seiner Frau und daran, dass er ihre Untreue nicht bloß zugelassen hatte, sondern sogar daran beteiligt war. Nichts, was ich mache, wird die Wahrheit ausradieren.”
“Oh, Darling.” Vicki küsste ihn zärtlich. “Wie konnten sie das nur tun? Sie haben dir die Schuld an ihrem Verhalten gegeben. Du warst ein kleines Kind und völlig unschuldig.”
Als er in Vickis blaue Augen blickte, die um seinetwillen voller Zorn waren, spürte er, wie lange verborgene Wunden aufgedeckt wurden und ohnmächtige Wut in ihm aufstieg. “Vielleicht wäre es mir besser gegangen, wenn mein biologischer Vater ein Fremder gewesen wäre. Aber das war er nicht. Zu dieser Zeit war er Max’ bester Freund, und ich sehe ihm verblüffend ähnlich.”
“Du kennst ihn?”
“Ab und zu kam er vorbei, um nach ’seinem Jungen’ zu sehen. Ich hasste diese Besuche, weil jedes Mal alles schlimmer wurde, wenn er ging. Max … Ich schwöre, manchmal hat er sich gewünscht, er könnte mich umbringen, damit ich ihm nicht mehr unter die Augen käme.”
“Warum bist du nicht mit deinem richtigen Vater weggegangen?”
“Mit Wade? Wade ist immer unterwegs. Er ist ein Säufer ohne feste Adresse und besitzt nichts als eine alte Gitarre. Der wahre Grund, weshalb er mich sehen wollte, war der, dass Carmen ihm immer ein bisschen Geld zugesteckt hat, wenn Max nicht hinsah. Ich habe ihn seit fast zehn Jahren nicht mehr getroffen, obwohl ich von Lara gehört habe, er würde mit jemandem unten im Süden zusammenleben.”
“Was war mit Lara?”
“Das hat mir am meisten wehgetan. Als wir Kinder waren, war ich derjenige, der auf sie aufgepasst und dafür gesorgt hat, dass sie etwas zu essen bekam und ab und zu gebadet wurde. Aber als sie älter wurde und merkte, dass sie das Lieblingskind der Familie war, fing sie an, Max und Carmen nachzumachen. Irgendwann war das kein Nachmachen mehr, sondern echt.”
Er hatte das Gefühl gehabt, das Herz würde ihm brechen, gerade von dem kleinen Mädchen abgelehnt zu werden, dessen Knie er hundertmal geküsst hatte, wenn es hingefallen war. Manchmal dachte er, Lara hatte ihn am stärksten verletzt. Gegen Max und Carmen war er irgendwann immun geworden. Aber Lara hatte ihn immer mitten ins Herz treffen können.
Das war also die ganze schmutzige Geschichte. Aus Lüsternheit war er gezeugt worden. Er hatte einen biologischen Vater, der ein hoffnungsloser Trunkenbold war, einen Stiefvater, der ihn verachtete, und eine Mutter, die ihn emotional ablehnte.
Trotzdem hatte er gewagt, eine Frau zu heiraten, die nichts mit der üblen Welt zu tun hatte, der er angehört hatte.
Die meiste Zeit während ihrer Ehe war er froh gewesen, dass Vicki nicht die Wahrheit über seine Herkunft wusste. Sicher, sie hatte gesehen, dass er aus ärmlichen Verhältnissen stammte, aber das Ausmaß seiner Demütigungen hatte sie nicht einmal geahnt. Sie sollte sich niemals dafür schämen, Caleb Callaghans Frau zu sein, niemals sollte der Glanz in ihren Augen verschwinden.
“Wir sind uns ähnlich”, sagte Vicki leise.
Auf diese Bemerkung war Caleb nicht vorbereitet. “Wie meinst du das?”
“Ich mag der biologische Sprössling meiner Eltern sein, aber das ist bloßer Zufall. Sie haben einander regelmäßig betrogen. Großmutter hat die ganze Schuld meiner Mutter gegeben, aber ich bin nicht dumm. Ich habe gehört, worüber die Hausangestellten getuschelt haben. Mein Vater hatte schon immer eine Vorliebe für junge Sekretärinnen.” Sie zuckte die Achseln. “Das einzig Gute, was man über meine Eltern sagen kann, ist, dass sie sich scheiden ließen und nicht miteinander um mich gekämpft haben.”
“Dafür haben sie dich Ada überlassen.” Sein Ärger auf Ada überwog kurzzeitig seine Überraschung, dass Vicki sich und ihn als ähnlich bezeichnet hatte. “Sie hätten dich besser in ein Internat geschickt. Zumindest hättest du dann nicht ständig Beschimpfungen über dich ergehen lassen müssen.”
Vicki lachte plötzlich und umarmte ihn. “Danke, dass du für mich wütend bist.” Doch dann wurde ihre Miene wieder ernst. “Wenn du für mich wütend sein kannst, dann darf ich auch für dich zornig sein. Ich habe eine Grenze gezogen. Wir stellen sicher, dass Laras Kinder versorgt sind, aber alles andere liegt an ihnen selbst. Ich werde nie mehr zulassen, dass sie sich benehmen, als wäre es ihr Recht, dich um Geld und Unterstützung zu bitten, nachdem sie dir so wehgetan haben.”
Niemals hätte Caleb sich träumen lassen, dass seine Frau einmal sein Beschützer sein würde und seine dunkelsten Geheimnisse einfach akzeptieren würde. Diese schlichte Erkenntnis gab ihm die Chance, sich selbst anzunehmen.
Der Schmerz über die Zurückweisung durch seine Eltern würde nicht über Nacht verschwinden, aber er würde nie wieder so stark sein wie in seiner Kindheit. Er wurde von jemandem akzeptiert, der ihm viel wichtiger war als der Mann und die Frau, die vor langer Zeit ihr Recht auf seinen Respekt verloren hatten. In seinem Leben gab es jemanden, den er mit jedem Atemzug bewunderte und verehrte. “Danke, Liebling.”
Vicki schüttelte den Kopf. “Du brauchst dich nicht zu bedanken. Wir passen gegenseitig auf uns auf. Du beschützt mich vor Queen Ada, und ich beschütze dich vor Max, Carmen und Lara. Abgemacht?”
Er musste lachen, weil sie den Spitznamen benutzte, den er für ihre Großmutter erfunden hatte. Mit Sicherheit war auch Vicki innerlich noch aufgewühlt. Doch gleichzeitig wünschte sie sich, dass er glücklich war. Wie sollte man nach so einer Frau nicht verrückt sein? “Abgemacht.”
Am nächsten Tag ging Caleb beschwingt in die Arbeit, nachdem Vicki ihn zum Abschied geküsst hatte. Er versprach, rechtzeitig zum Abendessen zu Hause zu sein.
Sobald er weggefahren war, wandte Vicki sich den Unterlagen zu, die Helen ihr gemailt hatte. Sie verschaffte sich einen gründlichen Überblick, bevor sie ein Blatt Papier nahm und eine Liste mit Namen erstellte. Sie kannte Leute, die Leute kannten, die wiederum eine Menge Einfluss besaßen. Vielleicht konnte sie tatsächlich etwas für “Heart” tun.
Caleb bearbeitete seine Akten in Rekordzeit und schaffte es, noch vor sechs Uhr zu Hause zu sein. Er hatte nicht die Absicht, Vicki zu enttäuschen, nachdem sie ein wunderbares Wochenende gemeinsam verbracht hatten. Wenn er ganz ehrlich war, dann wollte er allerdings auch prüfen, ob Vicki ihre Meinung über ihn nicht inzwischen geändert hatte.
Seine plötzliche Verwundbarkeit war ihm unangenehm, aber Caleb wusste, ein Blick in Vickis Augen, wenn sie ihn zu Hause willkommen hieß, würde alles erträglich machen. Als er jedoch ankam, saß sie vollkommen vertieft in irgendwelche Unterlagen in ihrem Arbeitszimmer. Von einem Abendessen war keine Spur zu entdecken. Ein bisschen verwundert wählte er die Nummer eines chinesischen Restaurants und bestellte etwas. Anschließend ging er zu Vicki.
“Bist du fleißig?”, fragte er und blieb im Türrahmen ihres Arbeitszimmers stehen. In der Vergangenheit hatte sie sich oft hierher zurückgezogen und ihn ausgeschlossen. Obwohl er wusste, dass das heute anders war, verband er mit diesem Zimmer gewisse Erinnerungen, die seiner im Augenblick sowieso sensiblen Stimmung nicht gerade guttaten.
Zerstreut sah Vicki auf. “Oh, du bist zu Hause.” Sie runzelte die Stirn. “Wie spät … ach, du liebe Zeit! Gib mir ein paar Minuten, damit ich uns rasch etwas zu essen machen kann.”
Er hielt sie auf, als sie an ihm vorbeieilen wollte. “Ich hätte lieber, wenn du diese Zeit damit verwendest, mich zu küssen.”
“Aber was ist mit dem Essen?”
“Darum habe ich mich bereits gekümmert.”
Schuldbewusst lehnte sie den Kopf an seine Brust. “Die Zeit ist mir davongelaufen. Diese Arbeit für die Wohltätigkeitsvereine ist sehr interessant. Ich habe schon ein paar Ideen, wie wir Geld auftreiben können. Hoffentlich bekomme ich den Job, wenn der Monat vorbei ist.”
So aufgeregt hatte Caleb sie noch nie gesehen. “Erzähl mir beim Abendessen davon.” Dann küsste er sie auf die Art und Weise, wie er das schon tun wollte, seit er durch die Haustür gekommen war.
Vicki erwiderte seinen Kuss. Wie immer wusste sie genau, was sie mit Lippen und Zunge machen musste, um ihn zu reizen. Caleb drückte sie fester an sich und stöhnte leise, als er merkte, wie seine Erregung wuchs. Vergiss das Abendessen, dachte er. Viel lieber genoss er den wundervollen Körper seiner Frau. Dabei ging es um viel mehr als Sex, denn ohne den körperlichen Kontakt würden ihre Seelen nicht heilen.
“Ich hasse dieses Zimmer”, gestand er und verriet Vicki dabei eine andere Wahrheit, die er viel zu lange mit sich herumgetragen hatte.
Vicki löste seine Krawatte. “Warum?” Die Krawatte flog beiseite und sie wandte sich dem Knopf an seinem Hemdkragen zu.
“Hier drinnen hast du dich normalerweise vor mir versteckt.” Dadurch war sein Gefühl verschlimmert worden, seine Frau würde seine Gegenwart nicht ertragen. Richtig erholt hatte er sich von dieser Vorstellung noch nicht. Er war immer noch nicht ganz sicher, dass Vicki sich nicht wieder in ihr Schneckenhaus zurückziehen würde, falls er zu viel von ihr verlangte.
Sie versuchte nicht, sich zu rechtfertigen. “Willst du vielleicht neue Erinnerungen mit mir schaffen?” Sie küsste ihn auf die Stelle am Hals, die sie gerade entblößt hatte und lächelte. “Ich könnte auch ein paar glückliche Erinnerungen gebrauchen. Ich fürchte, diese Seite in unserer Ehe haben wir sträflich vernachlässigt.”
Die beschwingten Gefühle von heute Morgen kehrten zurück. “Wenn wir ein Emotionskonto hätten, wären wir glatt in den roten Zahlen.” Er zupfte am Saum ihres Tops, und Vicki hob die Arme und ließ es sich von Caleb ausziehen. “Knallrote Zahlen.” Er strich mit den Fingern über die dünnen Träger ihres BHs.
Sie knöpfte sein Hemd auf und schob es auseinander. “Du bist vollkommen, Caleb. Manchmal denke ich, du stammst direkt aus meinen Träumen.”
So etwas Schönes hatte noch niemand zu ihm gesagt, und keine Frau hatte ihn je angeschaut, als wäre er alles, was sie sich wünschte. Vicki akzeptierte ihn nicht bloß, sie war dankbar dafür, dass er in ihr Leben getreten war.
Hingerissen schob er einen BH-Träger über ihre Schulter nach unten.
In einiger Entfernung läutete die Türglocke.
“Unser Essen.” Vickis enttäuschte Miene diente nicht gerade dazu, Calebs Erregung zu dämpfen.
“Schlechtes Timing”, murmelte er. “Bleib hier.”
Rasch schloss er ein paar Knöpfe seines Hemdes und ging zur Tür. Er vermutete, dass Vicki sich wieder anziehen würde, sobald er den Raum verlassen hatte. Deshalb war er ganz und gar nicht auf den Anblick vorbereitet, der sich ihm bot, als er zurückkam. Seine Frau lag auf dem Sofa und erwartete ihn … nackt.
Auf dem dunkelblauen Stoff schimmerte ihre makellose Haut wie Perlmutt. Vicki lud ihn ein, sie zu berühren und zu verführen, und Caleb wusste, dass diese Einladung ausschließlich ihm allein vorbehalten war.
Er ließ den Karton mit dem Essen auf den Boden fallen, zerrte seine Hemdknöpfe auf und schlüpfte aus dem Hemd. Ihr Anblick war überwältigend.
“Warum?”, sagte er, und seine Stimme klang rau vor Erregung. Ohne sich erst die Hose auszuziehen, ging er zu ihr und kniete neben dem Sofa nieder.
“Für heiße Erinnerungen”, flüsterte Vicki und errötete.
Caleb wusste genau, wie schwierig es für sie gewesen war, sich über sämtliche Regeln hinwegzusetzen, die man ihr jahrelang eingebläut hatte. Niemals hatte er erwartet, dass sie ihre Ängste vor Zurückweisung so bald schon überwand, nachdem sie sich ihm doch gerade erst geöffnet hatte.
Er legte eine Hand auf ihren flachen Bauch, knapp oberhalb des Dreiecks zwischen ihren Beinen. “Liebling, das ist mehr als heiß. Ich verbrenne gleich.”
Ein Teil ihrer Anspannung wich. “Und du?” Sie deutete auf seine Hose.
“Ich finde, meine mutige Frau verdient es, ein wenig verwöhnt zu werden, und wenn ich die Hose ausziehe, bin ich vielleicht nicht mehr dazu in der Lage.” Er ließ die Hand tiefer gleiten und berührte das feine Haar auf dem Dreieick zwischen ihren Schenkeln.
“Es ist so hell”, stieß Vicki aus.
“Es ist perfekt”, erwiderte er. Für ihn war es toll, dass er jeden Zentimeter ihres Körpers sehen konnte. “Ich möchte dir zusehen, wenn du zum Höhepunkt kommst.” Bisher hatten sie äußerst selten über Erotik gesprochen, weil er gedacht hatte, Vicki käme damit nicht zurecht. Sogar jetzt beobachtete er genau ihr Gesicht, bereit, sich zurückzunehmen, sobald ihre Miene auch nur das geringste Unbehagen ausdrückte.
Vicki schluckte, dann spreizte sie ein klein wenig die Beine. Er nahm eines ihrer Beine und stellte ihren Fuß vor ihm auf den Boden. Mit klopfendem Herzen beobachtete Vicki, wie er ihren Anblick genoss.
“Leg das andere Bein auf die Seitenlehne”, bat er, obwohl er nicht wusste, ob er damit nicht zu weit ging.
Sie biss sich auf die Lippe. “Warum schaltest du nicht das Licht aus?”
“Ich will sehen, wie du ausgebreitet vor mir liegst, heiß und bereit. Die Augen sind ein sehr wichtiges Sinnesorgan für Männer”, scherzte er.
Sie lachte. “Nicht nur für Männer.” Sie musterte seinen nackten Oberkörper. “Können wir langsam vorgehen?”
Caleb hatte sich nicht einmal träumen lassen, dass sie je so weit kommen würden, weder körperlich noch emotional. Das Vertrauen, das sich in den vergangenen Tagen zwischen ihnen entwickelt hatte, war ein kostbares Geschenk und berührte jeden Teil ihres gemeinsamen Lebens. Wer wusste, wohin das noch führen würde? “Ja, Schritt für Schritt.” Sanft drückte er gegen das Bein vor ihm, wodurch ihre Schenkel noch ein kleines bisschen mehr auseinandergebogen wurden. Das andere Bein stellte sie nun angezogen auf das Sofa.
Liebevoll streichelte er die zarte Haut auf der Innenseite ihres Schenkels. Vicki seufzte leise, und Caleb sah, wie sich ihre Finger in den Bezug des Sofas krallten. Mit der freien Hand wiederholte er die Liebkosung am anderen Bein. Vicky seufzte, und er freute sich darüber. Endlich kommunizierte sie mit ihm bei der Liebe und fing an, ihm mehr zu geben als nur ihren Körper.
“Ich werde dich küssen”, warnte er sie und sah hoch, bis sich ihre Blicke trafen. “Ich werde jeden Zentimeter deiner Haut kosten und wenn ich fertig bin, fange ich von vorne an.”
Sie schluckte und hob den Fuß an, der auf dem Sofa gestanden hatte. Caleb war so stark erregt, dass er das Gefühl hatte, jede Sekunde zu kommen. Er legte eine Hand unter ihre Wade und drehte Vickis Bein so, dass der Fuß über der Seitenlehne des Sofas lag.
Er sah zu ihrem Gesicht und entdeckte, dass Vicki die Augen geschlossen hielt, als wäre es zu viel für sie, ihn dabei zu beobachten, wie er ihren Anblick in sich aufnahm. Seine Hände zitterten leicht. Er atmete tief ein und erlaubte sich dann, sie anzusehen. Sie war wunderschön. Eine Welle der Begierde überrollte ihn.
Er schob eine Hand unter ihren Po und hob ihn leicht an. Dann neigte er den Kopf. Vicki erschauerte, als sie seinen heißen Atem zwischen ihren Beinen spürte. Kurz darauf umspielte Caleb ihren empfindlichsten Punkt mit der Zunge.
“Oh!”
Dieser verzückte Schrei brachte Caleb dazu, sie noch intensiver zu liebkosen.
“Caleb!”, flehte sie.
“Ja, Liebling, so ist es gut”, antwortete er. “Lass dich gehen.” Erneut küsste er sie und benutzte seine Lippen, um ihr einen weiteren Schrei zu entlocken, bevor sie zum Höhepunkt kam. Hingerissen beobachtete er, wie Vicki den Rücken durchbog. Ihre Brustspitzen waren aufgerichtet. Ihr Körper erbebte, als sie von einer Woge der Lust überrollt wurde.
Erst als sie sich erschöpft zurücklehnte, stand er auf und zog sich ganz aus. Dann schob er sich zwischen ihre Schenkel, nahm ihr Bein, das sie über die Seitenlehne geschwungen hatte, und schlang es sich um die Hüfte. Das brachte Vicki in die perfekte Position für weiteres Vergnügen.
Eine Sekunde, bevor er die Hand unter ihren Oberschenkel schob, öffnete Vicki die Augen. Er hielt sie fest und drang in sie ein. Langsam und tief, wieder und wieder, bis Vicki vor Lust schrie, und er keine Wahl hatte, als ihr zum Gipfel zu folgen.