6. KAPITEL
Zwei Wochen später liegen wir kurz vor Avula. Morgen sollten wir Land sehen. Das Wetter ist besser geworden. Makris Zustand hat sich ebenfalls gebessert. Wir langweilen uns. Um uns die Zeit zu vertreiben, habe ich Makri überredet, Isuas’ Drängen nachzugeben und ihr die Grundlagen des Schwertkampfs zu erklären. Die Lektionen finden in unserer winzigen Kabine statt, teilweise wegen Isuas’ Befürchtung, dass ihr Vater etwas dagegen einzuwenden hätte, wenn er es erführe, aber es ist auch Makris Wunsch. Sie will nicht, dass ihr Ruf als Schwertkämpferin Schaden nimmt, was er ihrer Meinung nach täte, wenn jemand herausfände, dass sie eine derartig armselige Karikatur eines Elfen wie Isuas im Schwertkampf unterweisen würde. Da unsere Kabine schon für uns zwei zu eng ist, erlebe ich keine einzige Unterrichtsstunde mit, aber Makri versichert mir, dass Isuas das erbärmlichste Geschöpf ist, das jemals ein Schwert in die Hand genommen hat. Wenn sie das Kind mit der Waffe herumfuchteln sieht, würde sie es am liebsten über Bord werfen.
»Das heißt, du magst sie immer noch nicht?«
»Ich verachte sie. Sie bricht aus dem nichtigsten Grund in Tränen aus. Warum hast du mich überredet, sie zu unterrichten?«
»Weil sie uns vielleicht als Bundesgenossin in Avula von Nutzen sein könnte. Sie ist immerhin die Tochter von Lord Khurd. Vielleicht kann sie uns ja ein paar Türen öffnen.«
»Nicht, wenn ich ihr vorher die Finger breche«, knurrt Makri.
Mir persönlich ist nichts Bemerkenswertes zugestoßen.
Ich bin in letzter Zeit nicht einmal mehr bedroht worden. Gorith-al-Dent bin ich zwar einige Male über den Weg gelaufen, aber er hat seit seiner Drohung gegen mich nicht mehr mit mir gesprochen.
Allerdings habe ich auch nicht viel Neues herausgefunden. Wenigstens habe ich ein bisschen Klatsch aufgeschnappt, während ich mit Sosath einige Partien Machplat gespielt habe. Sosath ist der Schiffskoch. Ich mag Sosath. Er ist ein exzellenter Koch. Außerdem ist er einer der wenigen Elfen, die ein bisschen Zusatzballast um die Hüften herum mitschleppen. Meine gewaltige Begeisterung für sein Essen hat seine elfische Zurückhaltung schließlich überwunden, und wir haben einige nette Abende bei Machplat-Spielen verbracht. Das meiste, was ich erfahren habe, wirft zwar kein Licht auf Eliths Fall, aber es sind trotzdem interessante Hintergrundinformationen. Selbst an einem Ort wie Avula herrschen demzufolge politische Spannungen. Lord Khurd hat ein beratendes Konzil von zwölf führenden Elfen-Ältesten an seiner Seite: den Ältestenrat; und ganz offensichtlich versuchen diese Ältesten, mehr Einfluss zu gewinnen. Es wird sogar gemunkelt, dass sie die traditionelle Herrschaft der Elfenlords abschaffen und eine Repräsentative Monarchie einführen wollen. Was bei den Elfen bislang ohne Beispiel wäre.
Zudem scheint es auch Rivalitäten rund um den Hesuni-Baum zu geben. Gulag-al-Floros hat zwar die Position des Hohen-Baum-Priesters inne, aber es gibt einen anderen Zweig der Familie, der seit mehreren Generationen fordert, dass ihm die Ehre dieser Priesterschaft gebühre. Es geht dabei um einen komplizierten Disput, der die Regeln der Erbfolge betrifft und der nie wirklich beigelegt worden ist.
Selbst das Fest ist nicht frei von begleitenden Kontroversen. Die drei Bühnenfassungen der Legende von Königin Leeuven werden jeweils von einer der drei Ossuni-Elfeninseln dargeboten: Von Avula, Ven und Korinthal. Und zwar in der Form eines Wettbewerbs, in dem von einer Jury entschieden wird, welcher Version das Lorbeerblatt des Siegers gebührt. Es ist eine große Ehre, das Spiel zu inszenieren, und auf jeder Insel wetteifern führende Elfen darum. Die Person, die von Lord Khurd auserwählt wurde, Avulas Aufführung dieses Jahr zu inszenieren und zu leiten, findet keine breite Zustimmung. Offenbar macht sich auf der Insel der Eindruck breit, dass diese Aufgabe der falschen Person zugefallen ist.
»Ich habe mich nie sonderlich für diese Spiele interessiert«, berichtet mir Sosath. »Ich mag am liebsten die Jongleurwettbewerbe. Noch eine Schüssel Suppe, vielleicht?«
Ansonsten hocke ich in meiner Kabine und rauche mit Makri Thazis.
»Ich kann es kaum erwarten, endlich von dem Schiff herunterzukommen«, erzählt sie mir bestimmt schon zum zwanzigsten Mal, während sie beiläufig mit dem goldenen Ring spielt, den sie sich durch die Nase gezogen hat. Das ist noch eine weitere modische Verrücktheit, welche die öffentliche Meinung in Turai angeheizt hat und mit Sicherheit die öffentliche Meinung von Avula aufpeitschen wird. Sie hat sich gerade die Haare gewaschen, und ihre dunkle Mähne scheint einen großen Teil der winzigen Kabine einzunehmen.
Wir lassen die Thazisrolle zwischen uns wandern und haben das Bullauge geöffnet, damit der stechende Geruch abziehen kann. Das ruft das merkwürdige Gefühl in mir wach, dass ich die milde Droge heimlich rauche wie in meiner Jugend. In Turai macht sich niemand mehr die Mühe, Thazis zu verstecken, obwohl es rechtlich gesehen immer noch illegal ist. Seit die viel stärkere Droge Boah die Stadt verseucht, sind die Behörden eher erleichtert, wenn sich jemand nur mit Thazis bedröhnt. Aber ich will die Elfen nicht verärgern. Soweit ich weiß, missbilligen sie sämtliche Drogen.
Isuas stürmt plötzlich herein. Sie ist wie gewöhnlich aufgeregt und gleichzeitig eingeschüchtert.
»Kannst du nicht anklopfen?«, faucht Makri sie an.
Ich schenke der jungen Elfe ein breites Grinsen. Sie ist vielleicht ein bisschen rachitisch, hat struppiges Haar und wässrige Augen, aber ich mag sie trotzdem. Sie hat eine Nachricht von Lord Khurd für mich.
»Er lässt Euch fragen, ob Ihr den letzten Abend bei einer Partie Machplat verbringen wollt.«
»Machplat? Anscheinend stehe ich wieder in seiner Gunst.«
Isuas runzelt die Stirn. »Ich glaube eher, ihm sind die Spielpartner ausgegangen. Er hat alle anderen Spieler auf dem Schiff bereits geschlagen.«
Ich rappele mich hoch. »Dann klingt das nach einer Aufgabe für Thraxas. Wenn ich mit ihm fertig bin, wird Euer Vater bereuen, jemals den ersten Stein in diesem Spiel berührt zu haben.«
Isuas wirkt verlegen. »Mein Vater ist als sehr guter Spieler berühmt.«
»Tatsächlich. Wenn es um Machplat geht, bin ich das beste Pferd im Stall. Frag ruhig Makri.«
Isuas missversteht mich. »Unterweist Ihr mich noch ein bisschen im Schwertkampf?«
Makri runzelt die Stirn. »Warum denn? Wenn es ums Kämpfen geht, bist du etwa so nützlich wie ein Eunuch in einem Bordell.«
Isuas ringt bei dieser rüden Bemerkung nach Luft und lässt den Kopf hängen. »Ich versuche, mich zu bessern«, sagt sie niedergeschlagen.
»Gut, Makri, ich überlasse sie dir. Viel Spaß.«
»Willst du etwa verschwinden und mir diese Göre als Gesellschaft hier lassen?«
»Allerdings. Ein wahrer Machplat-Spieler schlägt keine Herausforderung aus. Wenn ein bisschen Wein übrig bleibt, bringe ich dir eine Flasche mit.«
Ich gehe und freue mich auf die Abwechslung. Vielleicht hat Lord Khurd ja Lust, einen kleinen Einsatz zu riskieren? Ich habe etwas eingesteckt, für alle Fälle.
Ich betrete Khurds gemütliche Kabine zum zweiten Mal auf dieser Reise. Man hätte eigentlich erwarten sollen, dass ich als Gast der Elfen häufiger eingeladen worden wäre. Aber nein. Während Prinzen, Vizekonsuln und die ganze Zauberer-Bagage die Gastfreundschaft des Elfenlords reichlich genossen haben, schmorte Thraxas, der Detektiv, traurig in einer winzigen Kabine am unbequemen Ende des Schiffes vor sich hin und erwartete vergeblich eine Einladung der Oberen Klassen.
Ich unterdrücke meinen Widerwillen und begrüße Lord Khurd freundlich.
»Ihr wolltet mich sehen?«
»Hättet Ihr Lust auf ein Spiel?«
Lord Khurd deutet mit der Hand auf das Machplat-Spiel, das vor ihm aufgebaut ist. Die beiden feindlichen Armeen stehen sich gegenüber. Die vordere Reihe besteht aus Fußsoldaten oder Leichtfüßen, Bogenschützen und Trollen. In der hinteren Reihe lauern Elefanten, schwer gepanzerte Berittene und leicht gepanzerte Lanzenreiter. Außerdem hat jede Armee einen Belagerungsturm, einen Heiler, einen Harfinisten, einen Zauberer, einen Helden und einen Seuchenspender in ihren Reihen. Am jeweiligen Ende des Brettes befindet sich die Burg. In dem Spiel geht es darum, die eigene Burg zu verteidigen und die des Gegners zu erstürmen. Lord Khurds Brett ist von derselben Art, wie es überall in den Menschenländern benutzt wird. Mit der Ausnahme, dass eine der Armeen grün ist statt weiß und dass die Burgen am Ende des Brettes durch große, befestigte Bäume ersetzt worden sind.
»Ich nehme im Allgemeinen Grün«, erklärt Lord Khurd.
»Sehr gut. Man nennt mich auch ›Der Schwarze Thraxas‹. Und ich nehme für gewöhnlich Wein.«
Es ist kein Diener da. Khurd scheint ein wenig verwirrt, als ihm dämmert, dass er tatsächlich aufstehen und mir selbst Wein einschenken müsste, was für einen Elfenlord zugegeben eine ziemliche Zumutung wäre. Also fragt er mich, ob ich weiß, wo sich seine Tochter gerade herumtreibt. Ich gebe ihm zur Antwort, dass sie bei Makri sei, was ihn offensichtlich nicht freut.
»Meine Tochter redet in letzter Zeit nur noch von ihr. Makri hier und Makri da. Das gefällt mir nicht.«
»Ja, als Vorbild ist Makri wirklich höllisch. Aber keine Sorge, sie kann Eure Tochter sowieso nicht leiden.«
Irgendwie hört sich das nicht so an, wie ich es gemeint hatte. Infolgedessen ist Khurd auch wenig besänftigt. Um ihm eine zusätzliche Peinlichkeit zu ersparen, schenke ich mir selbst einen Kelch aus der Karaffe voll. Erneut muss ich sagen, dass sein Wein, gemessen am Elfenstandard, nicht gerade der beste ist. Und abermals vermute ich, dass es mit Lord Khurds Gastfreundlichkeit nicht allzu weit her ist, und er vermutlich auch kein Fässchen Bier oder Wein im Lagerraum hat, das nur darauf wartet, dass sich jemand daran gütlich tut.
»Habt Ihr Interesse an einem kleinen Einsatz?«
Lord Khurd hebt unmerklich die linke Braue. »Ich habe nicht vor, Euch Geld abzunehmen, Detektiv.«
»Das werdet Ihr auch nicht.«
»Seid versichert, dass ich Euch schlagen werde.«
»Das hat Euer Koch auch gesagt, bevor ich seine Armeen in den Elfenwald geschickt habe.«
Lord Khurd lächelt. »Ich habe gehört, dass Ihr Sosath besiegt habt. Ich bin aber ein viel besserer Spieler. Und ich wiederhole, ich werde Euch nicht um Euer Geld erleichtern.«
Ich wickle mein Paket aus.
»Ein … Stab?«
»Ein Leuchtstab. Einer der Besten. Er wurde mir von dem berühmten turanianischen Zauberer, Kemlath Orgk-Schlächter, übergeben.«
Ich spreche ein magisches Wort, und der Stab erstrahlt in einem hellen goldenen Glanz. Es ist wirklich ein sehr schöner Leuchtstab, der beste, den ich jemals hatte. Selbst für einen Elfenlord kann das kein unattraktiver Einsatz sein.
»Ein sehr schöner Stab. Allerdings glaube ich gehört zu haben, dass Kemlath Orgk-Schlächter gezwungen war, Turai in Schimpf und Schande zu verlassen.«
»Er hatte das Pech, dass ich einige Verbrechen untersucht habe, die er begangen hat.«
»Sehr gut. Ich akzeptiere Euren Einsatz. Was soll ich dagegen setzen? Einen goldenen Kelch?«
Elfen glauben immer, dass Menschen dem Gold sklavisch verfallen sind. Was auch nicht verwunderlich ist. Ich selbst habe schon einige höchst zweifelhafte Dinge für Gold getan. Aber das ist es nicht, wonach mir im Moment der Sinn steht.
»Wäre es Euch lieber, wenn ich einen magischen Gegenstand setze? Mein Hexenmeister Abra-al-Kabra besitzt viele schöne Zauberdinge.«
»Nein, ich dachte eher an Makri.«
Lord Khurd runzelt die Stirn.
»Ich möchte sie in Avula mit an Land nehmen. Sie hilft mir bei der Ermittlung. Wenn ich gewinne, möchte ich, dass Ihr sie ohne jede Diskussion an Land lasst. Und garantiert, dass die Avulaner sie gastfreundlich aufnehmen.«
»Es ist völlig ausgeschlossen zu garantieren, dass mein Volk gastfreundlich zu ihr ist.«
»Wenigstens könntet Ihr offene Feindseligkeiten untersagen. Akzeptiert Ihr diesen Einsatz?«
Der Elfenlord schüttelt den Kopf. »Ich kann sie nicht auf meiner Insel dulden.«
Ich stehe auf. »Schade. Ich habe mich auf dieses Spiel gefreut. Man bekommt nicht oft die Chance, einem Elfenlord zu zeigen, dass ungeachtet seiner raffinierten und hervorragenden Weiterentwicklung der Harfinisten-Stellung seine Chancen gegen Thraxas in etwa so groß sind wie die einer Ratte gegen einen Drachen. Ich denke dabei an eine sehr kleine Ratte und an einen sehr großen Drachen.«
Der Elfenlord verzieht gequält das Gesicht. Ich bezweifle, dass er je zuvor mit einer Ratte verglichen wurde.
»Setzt Euch!«, befiehlt er kalt. »Und bereitet Euch seelisch darauf vor, Euren Stab zu verlieren.«
Wir fangen an. Lord Khurd scheint seiner neuen Variante allerdings nicht so ganz zu trauen, denn er beginnt mit der Leichtfußeröffnung. Das ist eine sehr solide, wenn auch gänzlich unaufregende Strategie. Ich begegne ihr ganz konventionell mit den leicht gepanzerten Lanzenreitern, während ich meine eigenen Hopliten zum Gegenschlag formiere und einige Trolle als Unterstützung heranziehe. Es sieht nach einem heftigen Gemetzel im Mittelfeld aus, was mir ganz recht sein soll. Doch dann überrascht mich Lord Khurd, als er seinen Helden vor seiner Armee herschickt und ihn mitten in meine Leichtgepanzerten führt.
Das wirkt auf den ersten Blick ziemlich dumm. Der Held hat eine Menge Gewicht auf dem Feld und kann mit allerlei Problemen fertig werden, aber nicht mit einer ganzen Schwadron Kavallerie, die von Leichtfüßen und Trollen gedeckt wird. Ich umringe ihn und bereite mich auf den Todesstoß vor, habe dabei aber weiterhin ein wachsames Auge auf den Lord.
Als ich gerade seinen Helden niedermetzeln will, schickt er plötzlich seine Bogenschützen auf meiner rechten Flanke vor. Die Elefanten decken sie. Mit ihnen marschieren sein Harfinist und sein Seuchenspender voran. Ich bin einen Moment verwirrt. Offensichtlich will Lord Khurd jetzt seinen Helden heraushauen, aber ich wüsste nicht, wie selbst diese starke Streitmacht ihn noch rechtzeitig erreichen sollte. Sein Harfinist lullt mit seinem Spiel meine Truppen ein, denn er hat die Macht, sie zu paralysieren, und auch sein Seuchenspender richtet einigen Schaden an. Aber ich baue meine Trolle zu einer starken Verteidigungslinie auf und schicke einen Teil meiner schwer gepanzerten Berittenen zur Unterstützung hinterher. Mein Heiler und mein Zauberer lauern in Warteposition. Lord Khurds Ersatztruppen kommen nicht durch, und ich erledige seinen Helden, was mir meiner Meinung nach einen deutlichen Vorteil verschafft.
Plötzlich fällt mir auf, dass sein Harfinist unbemerkt vorgerückt ist und ein viel zu großes Kontingent meiner Truppen auf der linken Seite seinem Lied verfallen ist. Dann schickt Lord Khurd überraschend seine leicht gepanzerten Lanzenreiter in die Lücke. Auf dem Brett bleibe ich ganz gelassen, aber innerlich fluche ich wie ein Rohrspatz. Der Lord hat tatsächlich eine neue Variante der Harfinisten-Stellung entwickelt. Dabei ist anscheinend das Helden-Opfer eingeplant. Offenbar hatte er gar nicht die Absicht, ihn zu retten, sondern das Manöver nur als Ablenkung geplant.
Eine Weile steht das Spiel auf der Kippe, während ich mich bemühe, meine linke Seite zu verstärken. Doch selbst dabei bin ich misstrauisch, weil ich fürchte, etwas zu übersehen. Ich will nicht übertreiben und plötzlich feststellen müssen, dass Lord Khurd irgendwo anders durchbricht. Es erfordert einige schnelle Kalkulationen meinerseits, um meine Verteidigung neu zu organisieren. Dabei verliere ich meinen Harfinisten, als er von einem wild gewordenen Elefanten zu Tode getrampelt wird.
Doch schließlich gelingt es mir, die Frontlinie zu halten, und ich fange sogar an, den Lord zurückzudrängen. Ohne seinen Helden, mit einem beinah erschöpften Zauberer und seinen Trollen, denen meine schwer gepanzerten Berittenen den Weg verbauen, hat er keine Wahl, als sich zurückzuziehen. Und je mehr sich das Spiel in seine Hälfte verlagert, desto schwerere Verluste kann ich seiner Armee zufügen. Es gelingt mir sogar, seinen Zauberer zu isolieren und zu töten. Jetzt habe ich ihn. Aus dieser Position kann sich niemand befreien, jedenfalls nicht gegen mich.
Makri muss sich ausgerechnet diesen Moment aussuchen, um in die Kabine zu platzen. Sie wird von einer verängstigt aussehenden Isuas und zwei wütenden Elfendienern verfolgt. Sie kommt geradewegs auf uns zu und baut sich direkt neben Lord Khurds Stuhl auf.
»Was hat mir Eure Tochter da erzählt? Ihr habt Befehl gegeben, dass ich das Schiff nicht verlassen darf?«, fordert sie eine Erklärung.
Ein kurzer Blick auf Makris Hüften beruhigt mich. Wenigstens hat sie kein Schwert dabei. Was nicht heißen muss, dass sie unbewaffnet ist. Makri ist immer gut für einen Dolch oder einen Wurfstern, die sie an irgendwelchen unmöglichen Stellen versteckt. Ich habe noch nie jemanden erlebt, der so scharf darauf ist, Dolche in seinen Stiefeln zu verstecken.
»Allerdings habe ich diesen Befehl gegeben«, erwidert Lord Khurd hoheitsvoll. Er lässt sich nicht im Geringsten anmerken, ob ihn Makris wütende Haltung besorgt. Als seine Diener vorstürmen, hält er die Hand hoch, um ihnen zu zeigen, dass er alles unter Kontrolle hat.
Rasch stehe ich auf. »Mach dir keine Sorgen, Makri. Ich habe alles arrangiert.« Ich deute auf das Machplat-Spiel und werfe Khurd einen Blick zu. »Ich nehme an, dass Ihr diese Partie nicht zu Ende spielen wollt?«
Erneut muss ich zugeben, dass der Lord wirklich souverän ist. Ausgezeichnete Haltung. Es kann ihn nicht gerade glücklich machen, dass er gegen mich im Machplat verloren hat, und er hat unverhohlen deutlich gemacht, dass er Makri nicht auf Avula dulden will. Aber würde man nach seinem Gesichtsausdruck urteilen, hätte er gerade einen weiteren wunderschönen Tag im Baumpalast erlebt.
»Das gebe ich zu. Ausgezeichnet gespielt, Detektiv. Wie ich sehe, bedarf meine Variante noch weiterer Arbeit.« Er sieht Makri an. »Ihr dürft auf Avula an Land gehen. Tut nichts, was meine Elfen stören könnte. Und haltet Euch von meiner Tochter fern.«
»Was soll das heißen?«, will Makri wissen. Ich sage ihr, dass ich es ihr später erkläre, und schiebe sie hastig zur Tür hinaus, bevor sie Schlimmeres anrichten kann.
An Deck laufen wir Zitzerius über den Weg.
»Habt Ihr etwa …?«
»Ja«, unterbreche ich ihn. »Wir haben Lord Khurd so richtig einen zwischen die spitzen Ohren gegeben. Es handelt sich um einen schwer wiegenden diplomatischen Zwischenfall. Geht lieber hin und bügelt ihn aus. Wir sehen uns auf Avula.«