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Ich jagte durch den Vorraum und griff nach dem von der Maske herabhängenden Luftschlauch. Er war nahe den Sauerstofftanks durchgeschnitten und nützte mir gar nichts mehr. Ein Strom von perlenden Luftblasen stieg steil in die Höhe, der dunklen Decke entgegen. Ich schloß das Ventil – und wußte, daß ich unbedingt Misuyagas Raum erreichen mußte.
Von einer alles andere verdrängenden, blinden Panik erfaßt, trat ich mit den Flossen und schwamm durch die Vorkammer und den inneren Aufenthaltsraum. Meine Lungen brannten, und in den Ohren dröhnte es. Ich konnte die Treppe nicht finden. Hinter mir flutete helles Licht durch den Raum, als Tobias hereinkam, und ich glaubte, in all meinem Entsetzen seine schreiende Stimme zu hören. Doch ich mußte mich irren: Warum sollte Tobias am Meeresgrund irgend etwas über Kinder schreien? Ich trat mit den Flossen, warf mich vorwärts, wirbelte herum, verzweifelt bemüht, den metallenen Killern hinter mir zu entgehen, die Treppe zu finden und in der Sicherheit der verborgenen Kammer Zuflucht zu suchen. Endlich sah ich die breiten Stufen vor mir, ließ mich von den Düsen nach vorn katapultieren, schätzte die Entfernung falsch ein und prallte gegen die Wand. Sonnenheiße Pein flammte durch Schulter und Brust, ließ mit einem Schlag die Luft aus den Lungen entweichen und spülte bitteres Meerwasser hinein. Ich versuchte, der nassen Umklammerung des Ozeans zu entkommen, weigerte mich mit einem stummen Schrei, der all die Kraft meiner Gedanken in sich vereinte, den Tod zu akzeptieren.
Ein plötzlicher Schmerz fuhr durch mein Hirn, ein Stich, ein Zerren – und ich fand mich nackt, mit Händen und Füßen um mich schlagend, auf einem weichen, schwarzen Boden wieder. Ich keuchte und würgte und klammerte mich elend an die dunkle Festigkeit des Bodens. Wasser strömte mir aus Mund und Nase. Kehle und Lunge brannten wie verätzt; der Boden schien so wild zu schwanken und zu tanzen, daß mir übel wurde. Langsam tropfte das Zittern von mir ab, versickerte und ließ mich allein in der Schwärze zurück.