Irgendwo musste ein Vogelnest unter dem Dach des baufälligen Hauses sein. Da war sich Frank Kohlhaas sicher. Er wurde nun schon den vierten Morgen durch aufgeregtes Flattern und lautes Zwitschern vor seinem Fenster geweckt. Knurrend rollte er sich zur anderen Seite seines Bettes und zog sich die Decke über den Kopf.
„Verdammte Viecher!“, stöhnte er und kroch schließlich aus den Federn.
Alfred Bäumer saß schon in der Küche und trank gemütlich einen Kaffee. Allerdings hatte auch er schon das ständige Vogelgezwitscher bemerkt, welches die Hausbewohner jetzt jeden Morgen aus dem Schlaf riss.
„Die machen einen Riesenlärm, was?“, brummte Alf. „Vermutlich haben sie Junge.“
„Ja, aber wo ist das Nest?“, erwiderte sein junger Mitbewohner, dem immer noch der Schlaf in den Augen stand.
Frank reckte sich und schlich zur Kaffeekanne, um sich mit dem in diesem Haus häufig genossenen Getränk wacher zu machen. Er gähnte laut und sank dann auf den Stuhl neben dem Küchentisch nieder.
„Wir holen gleich die lange Leiter aus dem Schuppen und suchen das Dach ab. Irgendwo werden die Piepmätze wohl sein“, schlug Bäumer vor und rieb sich genervt die Augen.
Ein weiteres Gähnen zerriss die Stille und Kohlhaas nickte zustimmend. Nach dem Frühstück machten sich die beiden Männer auf den Weg zum verfallenen Holzschuppen neben ihrem Haus und wühlten sich durch einen Berg von Gerümpel hindurch, um schließlich eine ramponierte Leiter vorzufinden.
Es war nicht einfach, doch schließlich gelang es Frank und Alf mit einer bärenhaften Kraftanstrengung die bisher kaum benutzte Leiter zwischen Kisten und alten Holzbohlen herauszuziehen.
„Puh!“, japste Frank und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Das Gepiepe kommt da oben aus der Ecke, unter dem Dach.“
„Lass mich die Vögel suchen“, sagte Alfred, schob seinen Freund zur Seite und kletterte die Leiter hoch. Als er oben angekommen war und auf die vermoderten Ziegel des Hausdaches blickte, wurde ihm klar, dass hier in diesem Sommer auch noch das eine oder andere repariert werden musste. Aber jetzt galt es erst einmal, die gefiederten Gäste ausfindig zu machen.
Schon schoss ein Vogel mit schönen schwarz-weißen Federn an seinem Kopf vorbei und nahm Kurs nach unten. Dabei zischte er mit beeindruckender Geschwindigkeit an Alfs Kopf vorbei, welcher sich verdutzt umdrehte.
„Das sind vermutlich Schwalben“, gab er Frank zu verstehen. „Ich habe das Nest gefunden. Hier ist es!“
Zwischen einigen Balken vernahm Bäumer ein aufgeregtes Gezwitscher und erkannte ein Nest mit fünf kleinen, gelben Schnäbeln, die aus ihm hervorlugten. Sie stellten die Leiter weiter nach links und Alfred kletterte erneut nach oben. Jetzt hatte er alles besser im Blick.
Als sich Alfreds Gesicht mit seinem dunklen Spitzbart und den trotzigen Augen an der Seite des Nestes langsam empor schob, antworteten die Schwalbenküken mit einem nervösen: „Piep! Piep! Piep!“
Der hochgewachsene Mann brummte und machte Anstalten, das Nest zu entfernen, immerhin störte der ständige Vogellärm in diesem Sommer wirklich. Die fünf jungen Piepmätze mit ihren großen Schnäbeln, ihren Kulleraugen und dem hübschen, rötlichen Flaum an ihren Hälsen erregten allerdings nach wenigen Minuten sein Mitleid.
Wenn er das Nest vom Dach geholt hätte, wären die Kleinen wohl verendet und es irgendwo anders zu postieren war auch keine zufriedenstellende Idee.
„Hast du es?“, rief Kohlhaas von unten.
„Ach, lass die Viecher doch. So laut sind sie auch nicht“, knurrte der Rebell Alfred Bäumer vom Dach.
„Willst du das Nest nicht wegmachen?“, erhielt er als verdutzte Antwort.
„Nein! Wir lassen die Vögel in Ruhe. Allerdings müssen wir das Dach hier an einigen Stellen noch einmal abdichten, sonst kommt im Winter Feuchtigkeit rein“, sagte Alf und kam die Leiter wieder herunter.
Frank grinste. „Na, haben wir ein zu großes Herz für kleine Schnuffelvögel, Herr Bäumer?“
„Pah!“, erwiderte Alf mürrisch und trug die Leiter zurück in den Schuppen. „Mich stören die blöden Viecher halt nicht!“
„Aber gestern gingen sie dir doch auch noch auf die Nerven“, schob sein Freund ein.
„Ach, aber so schlimm ist es nicht. Lass uns wieder ins Haus gehen“, lenkte Bäumer ab und trottete davon. Frank lächelte und dachte kurz daran, das Nest selbst zu entfernen. Wenn es Alf allerdings jetzt nicht mehr so sehr störte, dann sollte es ihm auch egal sein.
„Was soll’s …“, dachte sich der junge Mann, schloss den Schuppen ab und folgte Bäumer ins Haus.
Der Rest der sonnigen Woche verging mit Haus- und Gartenarbeit. HOK, der Computerspezialist der Dorfgemeinschaft, war einmal zu Gast und erzählte den beiden Männern von seinen neuesten Programmieraktionen. Wie üblich verstanden sie kaum ein Wort seiner ausführlichen Erläuterungen und Fachbegriffe.
Der Informatiker hatte ihre Scanchips noch einmal überarbeitet und mit neuen Identitäten überschrieben. Immerhin hatten die beiden mit ihren früheren Scanchips vor ihrem Attentat in Paris ein Auto angemietet, welches später als gestohlen gemeldet worden war.
Nachforschungen von Seiten der Polizei konnte man sich nicht erlauben und so wurden die alten Scanchips von HOK einfach auf Eis gelegt. Frank Kohlhaas wurde jetzt zu einem Bauarbeiter aus Bern namens Eduard Rietli und Alfred Bäumer vertauschte seine alte Identität mit einem Peter van Hochvaal aus Belgien. „Sicher ist sicher“, meinte HOK.
Gerade in dieser Zeit war diese Losung ernster denn je.
Bezüglich der seltsamen Organisation „Freiheitsbewegung der Rus“, beziehungsweise des „Warägerbundes“, stellten die beiden Männer in der Folgezeit weitere Nachforschungen im Internet an.
Sie fanden mit HOKs Hilfe einige gesperrte Seiten, die offiziell nicht abrufbar waren, und versuchten sich erneut an der kyrillischen Schrift. Hier stießen sie jedoch an ihre Grenzen, so dass Herr Wilden, welcher die russische Sprache mittlerweile fast perfekt beherrschte, aushelfen musste.
„Na, sieh einer an. Diese Organisation scheint sogar ein geheimes Treffen mit Hunderten von Teilnehmern im Untergrund abgehalten zu haben, allerdings in Minsk. Das ist aber sehr gefährlich und wäre in ‚Europa-Mitte’ vollkommen undenkbar.
Sie haben einige ihrer Werbeaktionen aufgelistet: Flugblätter, Aufkleber, sogar eine kleine Demonstration, die sich nach zwanzig Minuten wieder auflöste. He, he …
Hier steht etwas von ‚Erben der Rus’ und der ‚sozialen Revolution’. Die haben Glück, dass die Sicherheitsbehörden hier im Verwaltungssektor ‚Europa-Ost’ so lustlose und unterbezahlte Gesellen sind. Bei den übereifrigen Spitzeln im Westen sähe das anders aus“, erklärte Wilden, der mit nachdenklichem Blick die russischen Texte auf dem Bildschirm weiter durchforstete.
HOK, der füllige Cyberfreak, rief noch einige andere Seiten auf. Er fand sogar einen behördlichen Aufruf, der etwas mit der Fahndung nach einem Artur Tschistokjow, der wohl der Leiter der Organisation war, zu tun hatte.
„Aha, hier steht, dass dieser Mann offenbar Zellen seiner Gruppe im Baltikum, in Weißrussland und im russischen Teil gegründet hat. Man vermutet, dass er in Minsk unter falschem Namen lebt“, murmelte Thorsten Wilden, der ehemalige Unternehmer aus Westfalen.
„In unserer alten Heimat würde das keine zwei Wochen gut gehen“, sagte Frank und arbeitete sich mühsam von einem der fremdartigen Buchstaben zum nächsten.
„Wir sollten bei dir Russischunterricht nehmen“, meinte Bäumer zu Wilden.
Der ältere Herr freute sich, dass sein Wissen wieder einmal gefragt war und lächelte stolz zurück: „Das lässt sich einrichten. Ein halbwegs gutes Russisch ist hier auf Dauer absolut unverzichtbar. Kommt doch die Tage bei mir vorbei.“
Die beiden Männer nahmen das Angebot in den folgenden Wochen wahr und Frank staunte nicht schlecht über seine offenbar große Sprachbegabung. Alf hingegen tat sich etwas schwerer und Wilden, der sich meist wie ein alter Schullehrer aufführte, erwies sich bei ihm nicht gerade als geduldig. Großen Spaß bereiteten die Russischstunden ihres Vaters auch Julia Wilden, seiner hübschen Tochter, die oft stundenlang mit im Raum saß und ständig verlegen lächelte.
Der ältere Herr gab Frank und Alf sogar Hausaufgaben auf, welche er am nächsten Tag gründlich überprüfte. Bäumer bekam dabei des Öfteren eine Schelte verpasst. Offenbar hatte er seit seiner eher unglücklichen Schulzeit keinen Spaß mehr an solchen Dingen gehabt.
Die Monate verstrichen und irgendwann hatte sich der Sommer verabschiedet. Jetzt färbten sich die Blätter der Bäume rund um Ivas rot und die Tage wurden langsam kürzer. Frank Kohlhaas konnte behaupten, dass ihn die anderen Dorfbewohner nach wie vor wegen der kühnen Operation in Paris bewunderten. Sie mochten ihn jetzt, da war er sich sicher, und vor allem Julia Wilden, die Tochter des Dorfchefs, die ihm am Anfang mit so viel Misstrauen begegnet war, schien seine Nähe zu suchen.
Nach den Russischstunden bei Herrn Wilden, in denen Frank mehr und mehr punkten konnte, begleitete sie Alf und ihn oft noch bis vor die Haustür und sprach mit ihnen über dies und das.
Ein besonderes Augenmerk hatte sie stets auf den jungen Kohlhaas gerichtet, der dies zwar bemerkte und Julia ebenfalls sehr anziehend fand, doch irgendwie bei ihr nicht „vorwärts kam“, wie er es formulierte.
Die junge Frau wirkte auch auf seltsame Weise unnahbar und bewahrte immer eine gewisse Distanz zu ihm. Sie war eine sehr gute Freundin, ohne Zweifel, aber Frank war damit auf Dauer überhaupt nicht zufrieden. Gefühle zu zeigen, von Hass abgesehen, hatte er seit seiner Inhaftierung in „Big Eye“ irgendwie verlernt. Er tat sich unglaublich schwer damit und dieser unbefriedigende Zustand hatte sich, wie er sich selbst eingestehen musste, in den letzten Monaten nur noch verstärkt.
Die Albträume und Visionen, die ihn gelegentlich im Schlaf heimsuchten, waren allerdings zurzeit nicht sonderlich häufig und Frank war heilfroh darüber.
Er hatte keine Panikattacken und Ängste mehr wie es noch vor einem Jahr der Fall gewesen war. Selten schreckte er vor dem Einschlafen noch einmal auf oder dachte an „Herrn Irrsinn“, seinen imaginären Zellengenossen, den er damals im finstersten Winkel seines Hirns zur Miete hatte wohnen lassen.
Doch seine gewachsene Immunität gegenüber seinen Ängsten hatte ihren Preis eingefordert. „Ich fühle nicht mehr richtig“, sagte er manchmal zu sich selbst. „Ich kann nicht richtig weinen und auch nicht richtig lachen, ich kann nur leben …“
Aber vielleicht würden die echten Gefühle eines Tages wiederkehren. Sie waren nur eingesperrt hinter einer großen Betonmauer am Ende seines Schädels. Frank wusste nicht, ob dieser Zustand wirklich einen Gewinn darstellte.
Als der Winter über Litauen hereinbrach schienen sich die Emotionen irgendwo ein Loch unter der Absperrmauer gegraben zu haben. Sie kamen langsam wieder, sogar mit einer phänomenalen Wucht und Heftigkeit, die der junge Mann so lange nicht mehr erlebt hatte. Leider waren die positiven Gefühle bei diesem Ausbruch wieder einmal nicht federführend, denn umso dunkler die Tage wurden, desto dunkler wurde es auch in Franks Gemüt.
Depressionen plagten ihn und er hatte bald wieder Angst, nachts zu Bett zu gehen. Das gleißende Licht der Holozelle kehrte in seinen Träumen zurück, begleitet von der computeranimierten Frauenstimme aus dem Lautsprecher. Manchmal träumte er, dass man ihn in ein weiß erleuchtetes Loch ohne Boden hinabgestoßen hatte. Der Sturz dauerte ewig und er raste immer schneller nach unten, doch den ersehnten Boden erreichte er nie. Sein ermordeter Vater und seine tote Schwester schienen ihm Botschaften von der anderen Seite zu schicken. Sie sprachen mit ihm in den tiefen Stunden der Winternächte über Nico und baten ihn, nach ihm zu sehen.
Manchmal tauchte der kleine Junge auch selbst auf und erzählte ihm, dass sie ihm das Herz herausoperiert hatten. Dann hielt er den blutigen Muskel in seiner Hand und sagte: „Wenn du mir nicht glaubst, Onkel Frank. Hier, ich zeige dir alles!“
Diese Visionen waren eine Qual und Kohlhaas hatte irgendwie das Gefühl, dass es niemanden gab, dem er davon berichten konnte. Bäumer war für solche Themen, obwohl er ein guter Freund geworden war, wirklich nicht der richtige, einfühlsame Gesprächspartner. Seine Mutter wäre es gewesen, doch sie hatte diese Welt schon lange verlassen und an ihre sanfte Stimme konnte sich Frank kaum noch erinnern.
Wenn er des Nachts wach wurde und sich hilfesuchend in seinem unbeleuchteten Schlafzimmer umsah, verfluchte er die Verursacher seiner mentalen Horrorvisionen. Manchmal dachte er daran, in der Erziehungsanstalt anzurufen, in der sich sein Neffe Nico vermutlich noch befand, doch so etwas war mit einem hohen Risiko verbunden. Was sollte er den Betreuern sagen, wo er doch als Frank Kohlhaas offiziell als „flüchtiger Mörder“ galt?
Nur Angehörigen waren überhaupt Nachfragen erlaubt, die meistens ohnehin nicht glaubhaft beantwortet wurden. Nico hatte aber keine Angehörigen mehr, seine Mutter war tot und seinen Onkel durfte es sozusagen nicht mehr geben.
Thorsten Wilden, das oft väterlich wirkende Oberhaupt von Ivas, den Frank mittlerweile als Mentor und Gesprächspartner wirklich schätzen gelernt hatte, kam vermutlich auch nicht dafür in Frage, über psychische Probleme und Ängste zu reden. Dafür war er dann doch zu sachlich.
Mit seiner Tochter verstand sich der junge Mann ohne Zweifel in der letzten Zeit immer besser, aber über solche unangenehmen Themen wollte er mit ihr auf keinen Fall sprechen. Sie hielt ihn für einen zwar verschrobenen, aber sicherlich eisenharten Burschen und so wollte es Frank auch haben. Die dunklen Flecke seiner Seele verbarg er sorgsam vor ihrer Aufmerksamkeit und schämte sich innerlich nicht selten dafür.
Bäumer hatte ihn heute auf seine Schreie in der Nacht angesprochen, doch Frank druckste nur herum und erzählte etwas von allgemeinen Schlafstörungen, die er nun einmal vor allem in den dunklen Wintermonaten hatte. Er betonte ihm gegenüber aber, dass es nichts Ernstes sei.
Den ganzen Winter über gab es einige Frost- und Sturmschäden im Dorf zu reparieren und das tägliche Schneeschippen hielt die beiden Männer auf Trab. Zudem vertrieb sich Frank die Stunden mit dem intensiven Studium der russischen Sprache, mit eifriger Unterstützung von Wilden. Sein Mitbewohner hatte es allerdings scheinbar aufgegeben oder erst einmal vertagt. Manchmal war er genervt, wenn Frank mit seinen neuen Sprachkenntnissen beim Abendbrot prahlte.
Nach einem langweiligen und recht einsamen Weihnachtsfest feierten einige der Dorfbewohner bei Familie Wilden den Jahreswechsel. Dafür hatte der ehemalige Unternehmer eine ganze Armada von Spirituosen aus Russland her bringen lassen. Das Fest war rundum schön. Frank Kohlhaas und Alfred Bäumer ließen sich so richtig voll laufen und gingen in den frühen Morgenstunden, bevor sie sich noch daneben benahmen. Julia Wilden hatte sich ein paar anzüglich Bemerkungen von Frank gefallen lassen müssen, als dieser anständig beschwipst gewesen war. Sie hatte recht zickig reagiert und den ganzen Abend nicht mehr mit ihm geredet.
„Meinst du die Kleine ist noch sauer?“, lallte Frank auf dem Nachhauseweg und legte seinen Arm auf Alfs Schulter.
„Keine Ahnung. Wer versteht schon diese Weiber?“, sagte Bäumer und schwankte voraus.
„Ich habe doch nur … Habe doch nur gesagt, dass sie ein süßes Blondchen ist, he, he!“, brachte der junge Mann heraus und wäre fast über einen Schneehaufen gestolpert.
„Da haste Recht! Hast Recht, Alter!“, erwiderte Alf.
„Wieso war die dann so komisch?“, wollte sein Freund wissen.
„Ach!“, blökte Bäumer angetrunken. „Die is’ doch immer so eine Zicke. Spielt ‚schwer zu kriegen’, Misses Wilden. Ich kenn’ mich mit den Weibern aus. Das is’ normal. Total normales Verhalten für Frauen.“
Alfreds Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht waren allerdings schon eine Weile her und Kohlhaas traf wohl einen wunden Punkt bei seinem Partner, als er diese Tatsache flapsig bemerkte. Alfred wurde auf einmal sauer.
„Was? Was willst du denn damit sagen? Ich hatte viele Frauen vor dem Scheiß Knast, Mann!“, stieß Alf beleidigt hervor.
„Ja, ich meinte nur, dass deine letzte Freundin auch schon ‘ne Weile her is’, Alfi!“, stichelte Frank und glotzte besoffen umher.
„Idiot!“, schimpfte Bäumer und verpasste ihm einen kräftigen Schubs, der ihn in einen matschigen Schneehaufen beförderte. „Was kann ich dafür, dass in diesem Dreckskaff so wenige Weiber sind?“
Sein Freund richtete sich verwirrt auf und torkelte wie ein benommener Bulle umher.
„Meinst du ich soll die Julia mal richtig anbaggern?“, lallte er und klopfte sich die Schneespritzer von der Hose.
„Das is’ mir egal, ey! Aber warum nicht? Geh mal ran an die Alte!“, posaunte Alfred.
Die beiden Rebellen wateten noch eine Weile durch den Schneematsch und erreichten schließlich ihr Haus. Nach mehreren Versuchen, die Haustür zu öffnen, hatten sie es geschafft und fielen fast in den dunklen Flur hinein.
Ihre Schädel dröhnten und benommen schlichen sie in ihre Schlafräume. In dieser Nacht hatte der Alkohol seine Wacht über Franks Geist übernommen. Er träumte von nichts, schlief schnell ein und es war nur schwarz in seinem Kopf. Das fand er herrlich.
Julia war scheinbar von Franks Protzerei im Suff nicht sonderlich begeistert gewesen. Wenn er Wilden besuchte, um weitere Russischstunden zu nehmen, begrüßte sie ihn meistens nur mit einem flüchtigen „Hallo“ und ging dann in einen anderen Teil des Hauses. Kohlhaas sah sie kaum.
Irgendwann schrieb man den Februar des Jahres 2031 und das Wetter in Litauen war wieder einmal furchtbar. Schneeregen und eisiger Wind suchten Ivas heim und man traute sich kaum, das halbwegs warme Haus, welches im Grunde noch immer lediglich durch einen einzigen alten Holzofen geheizt wurde, zu verlassen.
Mit politischen Fragen setzte sich Frank in diesen Tagen erst einmal weniger auseinander. Zwar warf er ab und zu einen Blick in den alten Fernseher, der ihnen vom Wilden zu Weihnachten geschenkt worden war, oder durchforstete das Internet nach den neuesten Meldungen aus aller Welt, doch dachte er jetzt sehr viel an Julia und philosophierte im Inneren über sein Leben.
Sein gefälschter Scanchip, den HOKs geniale Computerkenntnisse möglich gemacht hatten, verschaffte ihm ein Gehalt, ein elektronisches Konto für eine Arbeit, welche er nicht verrichtete und für eine Person, die es in der Realität nicht gab. Er hatte also genug Globes zum Leben. Weiterhin hatte er ein Dach über dem Kopf, eine meist warme Stube und einen Freund: Alfred Bäumer.
Thorsten Wilden war sicherlich auch so eine Art Freund, aber vielleicht traf es das Wort „Ausbilder“ etwas besser. Dennoch fehlte ihm eine richtige Aufgabe. Der Anschlag auf Leon-Jack Wechsler war ein Teil seiner persönlichen Rache gewesen und in den ersten Wochen nach dem erfolgreichen Attentat fühlte er sich wie ein Held.
Mit stolz geschwellter Brust schritt er durch die Straßen des Dorfes und viele der Bewohner, die ihn vorher nicht immer gut leiden konnten oder ihm misstrauten, begegneten ihm jetzt mit Respekt und offener Bewunderung. Das war schön, doch langsam verflüchtigte sich dieser Zustand wieder und eine gewisse Eintönigkeit, Ziellosigkeit und Langeweile bestimmten sein Leben.
Zudem fühlte sich der junge Mann einsam. Er dachte in den stillen Stunden, in denen er in seinem Zimmer vor sich hin grübelte, oft an Julia Wilden und ob sie sich im „normalen Leben“ jemals über den Weg gelaufen wären. Dann fragte er sich wieder nach dem Schicksal seines Neffens Nico. Was wohl aus ihm geworden war? Er musste jetzt vier Jahre alt sein – oder fünf. Wo befand er sich jetzt?
HOK warf Frank zuliebe einen Blick auf Nicos Scanchip-Dateien, aber es war alles beim Alten geblieben. Der kleine Junge war weiterhin als „Kind in staatlicher Obhut“ registriert, also in irgendeiner Erziehungsanstalt, irgendwo in „Europa-Mitte“.
Da saß Frank nun: Psychisch nach wie vor instabil, unzufrieden, ohne klares Ziel und auch ohne eine weibliche Bezugsperson, die er, offen gesagt, wirklich gern gehabt hätte.
Er musste an Tina denken, die Studentin, seine letzte Freundin aus Berlin. Damals arbeitete er noch als Aushilfe im Produktionskomplex 42b.
Sie war nach einem halben Jahr Beziehung bei ihm eingezogen, in den schäbigen Wohnblock, in dem er hausen musste. Aber sie hatten sich bald nichts mehr zu sagen und merkten schnell, dass sie nicht zueinander passten. Man nervte sich gegenseitig. Eines Tages war Tina weg. Danach war Frank erst einmal sehr lange allein.
Der folgende Monat änderte alles. Zumindest auf der Bühne der großen Weltpolitik. Hatte man in den letzten Monaten von den politischen Spannungen zwischen dem Weltverbund und dem rebellischen Staat Japan so gut wie überhaupt nichts mehr gehört, so begann in den gesteuerten Medien jetzt ein regelrechter Großangriff.
Die Nachrichtensender kannten nur noch ein einziges Thema: Japan. Japan hier und Japan dort.
Stundenlange Berichte über die japanischen Aufrüstungsbemühungen und die unterirdischen Bauten unter dem Ballungsgebiet um Tokio herum bestimmten das Abendprogramm. Präsident Matsumoto hatte riesige Bunkerhallen, woraus die Medien „unterirdische Rüstungsanlagen“ machten, graben lassen, damit die Zivilbevölkerung im Falle von Bombenangriffen dorthin evakuiert werden konnte. Selbstverständlich konnte nur ein Bruchteil der Einwohner der „Megapolis“, des dicht besiedelten Kerngebiets der japanischen Hauptinsel, im Notfall dort untergebracht werden, aber es stellte zumindest einen Versuch dar, bei einem kommenden Krieg nicht vollkommen unvorbereitet zu sein.
Die Fernsehsender geiferten vor sich hin und sahen in den subterranen Anlagen nur Rüstungsfabriken und Atomwaffenlager. In ihren Augen der Beweis, dass Japan einen Krieg gegen den Rest der Welt plante.
Die Filmstudios von Hollywood brachten pünktlich zum 01.03.2031 den Kriegspropagandafilm „Nacht über Yokohama“ in die Kinos. Frank und Alfred luden ihn sich auf einer illegalen Internetseite herunter und staunten nicht schlecht über das bösartige Ausmaß der Hetze gegen das Inselvolk. In dem Film überfielen die Japaner, allesamt kriegslüsterne Psychopathen und Militaristen, das friedliebende China und metzelten Frauen und Kinder nieder.
Ihr Präsident, Marusaki Kokushi, der mit blitzenden Augen und irrem Blick die Weltherrschaft verlangte, eröffnete den Krieg gegen alles und jeden außerhalb der japanischen Inseln. Er sammelte als Hobby Totenschädel und ließ sich das Fleisch seiner Feinde von seinen finsteren Dienern als Delikatesse servieren.
Über seine gekünstelten Wutausbrüche, die Brüllanfälle und seinen albernen Feldherrenmantel konnte man sich eigentlich eher amüsieren, aber dennoch schürte dieser groß angekündigte Kriegsfilm überall die Aversionen gegen das ostasiatische Volk.
Grausame Gewaltszenen und zähnefletschende japanische Mörderbanden fielen über die umliegenden Länder und das entsetzte Kinopublikum her. Die Japaner besaßen in dem Film zudem eine gespenstische Technologie, welche sie scheinbar speziell zur Massenvernichtung entwickelt hatten.
Der Held des Films war Sergeant Steve Williams, ein Elitesoldat der GCF, der am Ende den verrückten japanischen Diktator glücklicherweise doch noch eliminieren konnte und die halbe japanische Armee mit seiner Elitetruppe im Alleingang niedermetzelte.
Frank und Alf verzogen ihre Gesichter und schüttelten den Kopf, als der Abspann des Streifens begann. So eine primitive Hetzpropaganda hatten sie lange nicht mehr gesehen.
„Oh, Mann! Sergeant Williams rettet die Welt! Was für ein Schwachsinn“, stöhnte Bäumer und schaltete das Gerät ab.
„Aber der haut mit einem Schlag mindestens zehn Japaner um“, gab Frank mit einem verächtlichen Lächeln zurück. „Vielleicht gibt es den ja wirklich. Die Geheimwaffe der GCF, ha, ha!“
„Jedenfalls hat der Film in Japan eine wahre Protestwelle ausgelöst. Selbst Matsumoto, und er ist ja als ‚verrückter Tyrann’ durchaus gemeint, hat eine Regierungserklärung abgegeben und verlangt ein weltweites Verbot dieses üblen Machwerks. Habe ich jedenfalls im Internet gelesen. Aber das wird nichts bringen“, erzählte Alf und winkte ab.
„Das ist jedenfalls der bösartigste Streifen, den ich seit langem gesehen habe“, kam es von Kohlhaas.
Anschließend lasen die beiden noch einige Artikel bezüglich der japanischen Reaktionen auf „Nacht über Yokohama“ und gingen dann irgendwann ins Bett.
Die nächste Russischstunde bei Herrn Wilden fiel mehr oder weniger aus. Stattdessen redete sich der ehemalige Unternehmer wegen des Propagandafilms, den er sich vor einigen Tagen auch angetan hatte, regelrecht in Rage. Frank hörte seinen Ausführungen interessiert zu und gab ihm Recht.
„Das ist der Gipfel! So eine primitive Diffamierung! Es wird immer schlimmer!“, schimpfte Herr Wilden und verdrehte die Augen. „Ich bin mir sicher, dass mehr hinter der Sache steckt, als Japan bloß vor aller Augen zum Schurkenstaat abzustempeln. Wenn solche Kinostreifen den Massen präsentiert werden, dann riecht es meistens nach Krieg.“
„Meinst du wirklich, dass sie es demnächst knallen lassen?“, sagte Frank.
„Ich fürchte schon. Seit Tagen sind die Fernsehkanäle vollgestopft mit Gräuelberichten über Matsumoto. Man will die Welt auf Krieg einschwören und der wird vermutlich bald aufziehen“, erwiderte Wilden.
Frank war sich diesbezüglich noch nicht so sicher und äußerte seine Zweifel.
„Das wollen wir doch nicht hoffen, dass sie Japan bald doch fertig machen und tatsächlich angreifen“, sprach er kleinlaut.
„Was wir hoffen, interessiert die Logenbrüder nicht. Warte es ab. Ich habe ihre Methoden viele Jahre studiert. Das riecht nach einem Militärschlag. Das meint auch Masaru!“, donnerte sein Gegenüber und ließ sich auf dem Küchenstuhl nieder. „Noch einen Kaffee?“
Kohlhaas verneinte die Frage und blickte Wilden verwundert an: „Wer ist Masaru?“
„Ach, habe ich dir noch nichts von ihm erzählt? Nun, wir haben seit einigen Wochen wieder Kontakt zueinander aufgenommen. Masaru Taishi ist ein alter Geschäftspartner von mir. Also, er war es mal, als ich noch unternehmerisch tätig war. Er war viele Jahre in Düsseldorf ansässig und leitete dort die Außenstelle eines japanischen Konzerns in Deutschland. Ist schon lange her. Mittlerweile lebt er mit seiner Familie wieder in Tokio.
Wir waren damals gute Bekannte und ich habe ihm Ende Januar eine E-Mail geschrieben, um zu fragen, wie es ihm und seiner Frau geht. Er ist so in meinem Alter. Ganz netter Kerl.“
„Aha“, gab Frank verblüfft zurück und lächelte.
„Ja, wirklich. Er hält mich seitdem über die Situation in Japan auf dem Laufenden. Glaube mir, den Japanern geht es besser denn je, seitdem Matsumoto die Regierungsgewalt übernommen hat. Er hat der breiten Masse in seinem Land nicht nur wieder eine vernünftige soziale Absicherung und Arbeitsplätze verschafft, sondern auch Handel und Gewerbe in großartigster Weise voran gebracht.
Masaru ist regelrecht begeistert von ihm, so wie die meisten Japaner. Der Präsident fördert Kultur und Bildung, unterstützt die Familien. Das verschweigen die Medien im Rest der Welt und machen ihn zum Buhmann.“
„Du hast auch überall deine Kontakte, was?“, sagte Frank und grinste vielsagend.
„Ja, warum auch nicht? Irgendwann besuche ich mal Masaru. Das habe ich mir fest vorgenommen“, gab Wilden fröhlich zurück.
„Und Masaru meint auch, dass sie Japan irgendwann angreifen werden?“, warf Kohlhaas in den Raum.
„Er ist sich sicher. Und das ist kein Spaß. Er sagt, dass sich alle um ihn herum große Sorgen machen und die Regierung die Bevölkerung bereits vorgewarnt hat“, antwortete der ältere Mann. „Es gibt in Tokio mittlerweile mehrfach im Monat Übungen mit Fliegeralarm und so weiter. Das werden die wohl nicht umsonst machen und die japanische Regierung weiß mehr als wir.“
Frank Kohlhaas stöhnte und verlangte jetzt doch noch einen Kaffee. Sollte der einzige Staat auf Erden, der sich als Lichtblick in dieser finsteren Epoche erwies, nun auch wieder von den Mächtigen zerschlagen werden? Der junge Mann nippte an seiner Tasse und schaute betreten drein. Wilden setzte wieder an: „Diese Bunkeranlagen, die uns die Medien hierzulande als Atomwaffenlager oder was weiß ich noch alles verkaufen wollen, werden laut Masaru zurzeit erweitert oder auch ganz neu gebaut. Das werden sie dort sicher nicht aus Langeweile tun.“
„Glaubst du denn, dass Japan überhaupt eine Chance hätte, wenn die GCF angreift?“, fragte Frank.
„Das ist schwer zu sagen. Großartige Chancen hat das Land vermutlich nicht, wobei ich das kaum von hier aus beurteilen kann. Die Japaner können harte Hunde sein, wenn sie sich verteidigen müssen. Das haben sie schon oft bewiesen.
Es kommt darauf an, wie viel Kraft und Geld die Weltregierung in den Krieg gegen den abtrünnigen Inselstaat stecken wird. Wenn sie Japan in Ruhe lassen und andere Staaten sogar sehen, dass es wieder aufblüht, dann könnten ihm bald andere Regionen der Erde folgen.
Und die Unzufriedenheit ist an vielen Orten gewaltig – das brauche ich dir nicht zu sagen, Frank. Japan ist ein Stachel im Fleisch der Herrschenden und den werden sie irgendwann wieder loswerden wollen. Sie können es sich schlichtweg nicht leisten, dass sich ein Staat neu gründet, sich von den Krediten der Großbanken weitgehend unabhängig macht und damit auch noch erfolgreich ist.“
Wildens Worte klangen einleuchtend und der junge Mann nickte zustimmend. Der Ex-Unternehmer hatte die Situation wieder einmal glasklar analysiert und schien mit seinen Schlussfolgerungen nicht auf dem Holzweg zu sein.
Es war ein beklemmendes Gefühl und Wildens Worte klangen wenig aufbauend. Da hatte einer wie Matsumoto den Mut gehabt, sich gegen die Verbrecherbande der Weltregierung zur Wehr zu setzen und jetzt erwartete ihn so etwas. Doch es sollte noch schlimmer kommen.
Es war gegen Monatsende, da erschütterte ein Ereignis die Weltöffentlichkeit wie seit Jahren nicht mehr. Thorsten Wilden hatte Frank und Alf schon in den frühen Morgenstunden aus dem Bett geklingelt und ihnen aufgeregt die neuesten Schlagzeilen der Weltpresse vorgetragen.
In der vorherigen Nacht war die Großstadt Hangzhou an der Ostküste Chinas Opfer eines verheerenden Anschlages mit biologischen Waffen geworden. An mehreren Orten der Stadt waren Raketen eingeschlagen und hatten Wolken von tödlichen Viren freigesetzt. Hunderte starben nach nur wenigen Minuten, in den folgenden Tagen verendeten über 50000 Einwohner Hangzhous an den Folgen der sich ausbreitenden Epidemie. Eine kilometerlange Quarantänezone wurde durch die Behörden des Unterverwaltungsbezirks „China“ um die Stadt gezogen und Tausende von Reportern berichteten rund um die Uhr von der Katastrophe.
Jetzt galt es den Verursacher des Anschlags zu suchen und es dauerte nur Stunden, da hatten ihn die Medien auch schon gefunden: Japan!
Es begann ein wütendes Gezeter und schon wurden die ersten Meldungen über den Äther geschickt, dass die Raketen laut geheimen GSA-Berichten von einem japanischen Kriegsschiff aus abgefeuert worden waren. Angeblich im Auftrag Matsumotos, der Presseberichten zufolge plante, China und andere Teile Asiens anzugreifen.
Wer den Berichten kritisch gegenüberstand, wurde ruhig gestellt oder einfach vom wütenden Geschrei der Kriegstreiber des Weltverbundes überstimmt. Ausländischen Diplomaten wurde es sogar verboten, mit Matsumoto oder einem seiner Berater überhaupt noch zu sprechen.
Gleichzeitig gingen in China in so gut wie allen Großstädten Millionen Menschen auf die Strassen und forderten Vergeltung für den hinterlistigen Anschlag auf Hangzhou. Der alte chinesisch-japanische Hass wurde jetzt weiter geschürt, denn immer neue Falschmeldungen über die vermeintlichen japanischen Angriffspläne wurden in alle Welt hinausposaunt.
Die mächtigen Herren hinter den Kulissen hatten ihr Ziel erreicht und der Hass in China brodelte in höchstem Grade, während der Sub-Gouverneur des Unterwaltungssektors, Li-Zheng, schon offen zum Krieg gegen Japan aufrief. Das ohrenbetäubende Brüllen der Medienmaschinerie sollte sich von Tag zu Tag steigern und Zorn und Hetze über die Welt speien. Thorsten Wilden war zutiefst entsetzt.
Er rannte nervös durch Franks und Alfs Küche und fuchtelte mit den Armen. Die beiden Männer waren hingegen noch nicht ganz ausgeschlafen und wirkten etwas verstört. Mit müden Augen musterten sie den Dorfchef.
„Das ist unfassbar! Dieser Anschlag! Unglaublich, wozu diese Schweine fähig sind!“, stieß der Dorfchef aus.
„Beiweise haben die doch gar nicht …“, stammelte Bäumer, um von Wilden unterbrochen zu werden.
„Beweise! Beweise! Wann brauchten die schon einmal Beweise, wenn doch Behauptungen schon immer ausreichten, um einen Krieg vom Zaun zu brechen!“, zischte Herr Wilden und sein Gesicht wurde immer roter.
„Ein Anschlag mit biologischen Waffen?“, hakte Frank nach.
„Ja, habe ich doch gesagt. Das waren Raketen mit Viren drin. Jedenfalls behaupten das diese Ratten in den Medien. Ich war ja nicht dabei. Vergelt’s Gott!“, sagte Wilden. „Damit ist der Militärschlag gegen Japan jetzt vor aller Augen gerechtfertigt und glaube mir: Der wird kommen!“
Frank und Alfred sahen sich betreten an, es fehlten ihnen die Worte. Wilden hatte sich bisher mit seinen Vermutungen selten getäuscht und auch diesmal sollte er richtig liegen …