Der Januarhimmel sendete dicke Flocken auf den gefrorenen Boden. Eisschollen trieben auf dem See, an dessen Ufer ein paar Möwen auf der Suche nach Essbarem watschelten. Das Horn eines ablegenden Schiffes tönte in ihr Krächzen, und als sei dies ein Weckruf, hallten ein Hupen und eine Sirene aus der nahen Stadt. Ihre stolze Silhouette sonnte sich im Licht der aufgehenden Wintersonne und begrüßte einen von Hunderten neuer Samstage.
Ihre Schritte echoten über die Steine des Beach Walks, der um diese Uhrzeit noch still lag. Wie Nebel stieg ihr Atem in Stößen aus ihren Mündern.
»Willst du etwa schon schlapp machen?«, frotzelte Leander, als Muriel ein paar Schritte zurückfiel und wandte sich nach ihr um. »Oder ist dir zu kalt?« Er drehte sich ganz um, um rückwärts vor ihr herzulaufen. »Wenn das so ist, denk einfach an was Heißes!«
»Zum Beispiel?« Muriel holte auf. »Die Tasse heißen Kaffees, die meine Hände beim Frühstück umschlungen halten?«
Leander schien das zu überdenken und verzog dann das Gesicht. »Ach, weißt du, ich dachte da vielmehr an ...«
»Die heiße Dusche, die ich vorher nehme?«
»Das trifft sich schon eher mit ...«
»Deinen Vorstellungen, da du während ich dusche genügend Zeit haben wirst, das Frühstück vorzubereiten?«
Er drosselte die Geschwindigkeit weiter und legte eine Hand in Muriels Nacken, um ihr Gesicht dicht vor seines zu ziehen. »Das werde ich definitiv ...«
»Pflichtbewusst ...«
Ausführen, hatte Muriel noch sagen wollen, doch da war Leander schon stehen geblieben und verschloss ihre Lippen mit einem Kuss.
»Wenn wir anhalten, fällt es uns gleich schwerer, wieder in den Laufrhythmus zu finden«, murmelte sie an seinen Mund.
»Wenn wir laufen, können wir uns nicht küssen«, entgegnete er und platzierte seine Hände auf ihrem Hintern. »Du musst endlich lernen, Prioritäten zu setzen!«
Muriel gab nach, was ihr nicht sonderlich schwer fiel. Sie schlang die Arme um ihn und vertiefte den Kuss. Irgendwann verstummten alle Geräusche um sie herum und wieder einmal war es, als tauchten sie ab in ihre ganz eigene Welt, in der es nur sie beide gab. Nur allmählich kehrte der Sound der Realität zurück und mit ein paar kleineren Küssen, lösten sich ihre Münder voneinander.
»Ist dir eigentlich bewusst, dass wir gestern deinen Rekord gebrochen haben?«, fragte Muriel und strich über Leanders Rücken. »Du warst ganze zehn Minuten zu spät.«
»Du doch auch«, lautete sein vermeintlich unbeeindruckter Kommentar. »Macht aber nichts, ich ziehe es dir einfach vom Gehalt ab.«
»Okay. Dann werden wir ab Montag verdammt pünktlich sein.«
Ein abenteuerlustiges Funkeln blitzte in seinen Augen. Er schüttelte den Kopf und lächelte. »Wie um alles in der Welt sollen wir das schaffen?«