cover ACHTZEHN

Bei ihrem zweiten Date mit Chuck hatte Diana ihre Selbstkontrolle wiedergefunden. Am Ende ging sie aber trotzdem mit ihm ins Bett. Als der Geist erst aus der Flasche war, fiel ihr kein Grund ein, warum sie jetzt wieder einen Rückzieher machen sollte.

Sie lagen in seinem Bett. Die Nacht zuvor war es ein Wasserbett gewesen. Oder so etwas Ähnliches wie ein Wasserbett. Die Flüssigkeit darin hatte sich nicht wie Wasser bewegt. Es gab einen Rhythmus, der sie eher an etwas Atmendes erinnert hatte. Sie hatte aber beschlossen, nicht zu viel darüber nachzudenken und einfach so zu tun, als sei es ein Wasserbett.

An diesem Abend hatte sich das Bett verändert, wie es allgemein die Angewohnheit seiner Möbel war. Das hatte er ja erwähnt. Diesmal war das Bett ein mit gelbem Flaum überzogenes asymmetrisches Oval.

Sie hatte die ganze Nacht über eine seltsame Stimmung bei Chuck gespürt. Am Anfang hatte sie gedacht, sie bilde es sich nur ein, aber es war so geblieben. Er war nervös, fühlte sich nicht wohl. Etwas quälte ihn. Zuerst ging sie nicht davon aus, dass es mit ihr zu tun hatte. Sie hatten bis dahin erst eine einzige Verabredung gehabt, und in seinem Leben gab es sicher noch andere Dinge. Also blieb sie ruhig und genoss es einfach, in seinen Armen zu liegen. Kuscheln war eines der wenigen Dinge, die sie daran erinnerten, was es bedeutete, ein Mensch zu sein.

»Ich fand es super«, sagte er.

Sie lachte. »Das will ich doch hoffen!«

»Oh, so meinte ich das nicht.« Chuck drückte sie fester. »Du bist großartig. Wirklich.«

Diana ließ die Aussage kurz im Raum stehen.

»Machst du Schluss mit mir?«

»Was? Nein.« Er wiederholte sich, diesmal energischer: »Was? Nein! Nein!«

Sie rückte von ihm ab.

»Bist du sicher? Denn ich hatte das schon mal. Kommt mir schrecklich bekannt vor. Du lässt dich noch mal vögeln, und dann lässt du den Hammer fallen.«

Chuck legte ihr die Hand an die Wange und sah ihr in die Augen. »Ich mache aber nicht Schluss mit dir.«

»Es wäre nicht schlimm«, sagte sie. »Wir haben uns nur ein paar Mal getroffen. Es ist ja schließlich noch nichts Ernstes. Ich bin mir nicht einmal sicher, dass ein offizielles Schlussmachen überhaupt nötig ist.«

Er zog sie enger an sich und gab ihr einen Kuss. Sie schmiegte sich an seine nackte Wärme.

»Ich sage nur, es wäre okay, falls du beschlossen hast, dass du die Schnauze voll von mir hast.«

»Hör auf damit.«

»Wir sind beide erwachsen.«

»Hör einfach auf.«

Sie knutschten, begleitet von heftigem Fummeln. Er legte die Hände auf ihren Hintern, und sie überlegte, ob sie darauf warten sollte, dass er das Startsignal für etwas Ernsteres gab, oder einfach selbst damit anfangen.

»Den Hammer fallen lassen?« Er kicherte.

»Lach nicht!« Sie zerwühlte ihm spielerisch die Haare. »Ist mir schon passiert. Zwei Mal.«

»Zwei Mal, was?«

Diana murmelte: »Okay, ein Mal. Das zweite Mal war ich es.«

»Du hast den Hammer fallen lassen?«

»Ja, ich habe ihn fallen lassen. Ich war ein böses Mädchen und habe jemanden für eine letzte sexuelle Eskapade ausgenutzt, obwohl ich wusste, dass ich ihn am nächsten Morgen in die Wüste schicken würde.«

»Ich hatte keine Ahnung, dass du so ein schlechter Mensch bist!«

»Oh, ich habe eine dunkle Vergangenheit.« Sie stand auf, warf sich einen Bademantel über und machte einen Umweg in die Küche. Sie fand ein Stück Karottenkuchen im Kühlschrank und biss hinein.

Chuck stand in Jogginghose in der Tür.

»Entschuldige.« Sie teilte ein kleines Stück mit der Gabel ab und nahm einen Bissen, wobei sie sorgfältig darauf achtete, nicht das Besteck mitzuessen. »Macht es dir etwas aus, wenn ich das hier esse?«

»Nur zu. Hast du immer noch Appetitprobleme?«

»Es kommt und geht, aber meistens habe ich es unter Kontrolle.« Sie hielt ihm eine Gabel hin. »Willst du was davon?«

»Nein danke. Ich brauche nichts.«

Er setzte sich ihr gegenüber an den Tisch und sah ihr beim Essen zu. Es war ihr nicht unangenehm, aber es schmälerte den Genuss. Als sie fertig war, pickte sie ein paar vereinzelte Krümel auf, widerstand aber dem Drang, den Teller abzulecken, um auch noch eventuelle, mit bloßem Auge nicht sichtbare Kuchenreste mitzunehmen.

»Ich weiß nicht, wie du das machst«, sagte er.

»Was machen?«

»Damit leben. Mit ihnen. Diese Wesen, mit denen du deine Wohnung teilst.«

»Das ist nicht so schlimm. Zumindest lassen sie mich raus, wann immer ich will. Es ist anders als dein kleines Monster.« Sie bereute fast augenblicklich, es gesagt zu haben. »Tut mir leid. Das klang irgendwie gemein, oder?«

»Nein. Es stimmt ja. Ich kann das verdammte Vieh nicht kontrollieren. Du schaffst drei, und ich kriege nicht einmal heraus, wie ich mit einem leben soll.«

»Vielleicht ist deiner schwerer zu kontrollieren als meine.«

»Nein, das ist es nicht. Du kommst und gehst in meine Wohnung, wann immer du willst. Dich lässt er vollkommen in Ruhe.«

»Vielleicht, weil ich mich nicht von ihm aus der Ruhe bringen lasse«, erwiderte sie. »Du musst entschieden sein. Daran denken, dass er wahrscheinlich kein Stück glücklicher mit der Situation ist als du. Empathie kann einiges bewirken.«

»Du willst, dass ich Mitleid mit dieser Bestie habe?«

»Kann nicht schaden.« Sie nahm über den Tisch hinweg seine Hand. »Ich kenne ja inzwischen ein paar von diesen …«

Sie zögerte, das Wort Monster zu verwenden. Sie waren ihrer Erscheinung nach monströs. Sie sahen die Welt anders als Menschen. Doch Monster erschien ihr zu hart, zu schwarz-weiß.

»Sie versuchen nur, hier zurechtzukommen. In einem perfekten Universum wären sie in ihrer Realität und wir in unserer, und alle wären glücklich. Aber so läuft das eben nicht.«

»Tja, und warum nicht?«

Sie lachte. Er lachte nicht mit.

»Frag mich nicht«, sagte sie. »Aber du gewöhnst dich einfach daran. Hast du mir das nicht bei unserer ersten Verabredung gesagt?«

Chuck zog seine Hand zurück.

»Wie kannst du bloß so ruhig sein? Macht es dich nicht verrückt?« Da war wieder diese Schärfe in seiner Stimme. »Jeden Tag ist es da draußen, auf der anderen Seite dieser Tür. Und wartet. Früher habe ich mich gefragt, warum es mich nicht einfach umbringt. Allmählich wünschte ich mir, es wäre so. Alles, nur raus hier!«

Sie stand auf und legte die Arme um ihn. »Nimm es nicht so schwer. Alles wird gut.«

»Du kapierst es wirklich nicht, oder? Wir sitzen hier in der Falle.« Er lachte. Es war nur ein leiser, bitterer Laut, doch er verunsicherte sie. »Du solltest jetzt lieber gehen.«

»Was ist los?«

»Nichts. Zieh dich einfach an und geh. Bitte.«

Er verschwand im Badezimmer, und sie hörte das Schloss einrasten. Das war deutlich.

Diana zog ihre Sachen an und ging in ihre Wohnung zurück.

»Du kommst früh nach Hause«, sagte Vorm. »Ärger im Paradies?«

»Lass es einfach gut sein, Vorm.«

Sie knallte ihre Schlafzimmertür zu.