Es war ein weiser Ratschlag, und Bail wünschte, dass er die Zweifel an seinen bisherigen Entscheidungen zerstreuen würde, doch die nagenden Schuldgefühle blieben. Sie waren nicht mehr weit vom Jedi-Tempel entfernt, und er bremste den Gleiter ab, um in die fast leere Flugbahn für Priorität-Alpha-Besucher abzubiegen. Sicherheitschips piepten, während die Sensoren ihren Kurswechsel überwachten.
»Wisst Ihr«, sagte Bail, obwohl die Worte eigentlich mehr ihm selbst galten, »während ich aufgewachsen bin, habe ich nicht einmal darüber nachgedacht, dass einmal der Tag kommen könnte, an dem ich das Schicksal anderer Menschen in meiner Hand halten würde. An dem ich zu einem Jedi sagen könnte >Geh dorthin und riskiere dein Leben< - und er würde gehen, weil er mir vertraut. Wir haben so lange in Frieden gelebt, dass ein Krieg völlig undenkbar war. Und jetzt ist der Krieg alles, woran ich noch denken kann, Meister Yoda. Ich sah... und tat Dinge, die mich auf ewig verändert haben. Ich bin nicht länger der Mann, den meine Frau geheiratet hat. Oder der Mann, der zu seiner ersten Sitzung ins Senatsgebäude ging.« Er musste schlucken, bevor er weitersprechen konnte. »Ich habe Angst.«
»Wovor?«, fragte Yoda leise, während die Schatten des gigantisch aufragenden Jedi-Tempels ihren Gleiter verschluckten.
»Davor, dass ich den Mann vergesse, der ich einmal war. Davor, dass ich zu einem Mann werde, der nur noch an den Krieg denken kann.«
Yoda schüttelte den Kopf. »Darum keine Sorgen Ihr Euch machen solltet, Senator. Verloren der Mann, der Ihr wart, nicht ist. Während der dunklen Zeiten in den Hintergrund zurückgewichen, ja, aber vergessen? Nein. Eure Frau und Eure Freunde Euch kennen und lieben. Dass in Vergessenheit gerät dieser Mann sie verhindern werden.« Plötzlich lächelte der alte Jedi- Meister. »Und verhindern auch ich es werde. Denn große Achtung vor Bail Organa ich habe.«
Sprachlos vor Überraschung steuerte Bail den Gleiter zu Yodas privater Landeplattform, dann begleitete er den Großmeister ins Innere des Tempels.
»Über den Angriff auf Lanteeb auf dem Laufenden ich Euch halten werde, Senator«, versprach Yoda.
»Danke, Meister«, sagte Organa mit einer Verbeugung. »Und natürlich werde ich sämtliche Informationen, auf die ich bei meinen Untersuchungen stoße, auch unverzüglich an Euch weiterleiten.«
Yoda ging davon, um sich seinen eigenen, drängenden Pflichten zu
widmen, und Bail machte sich auf den Weg zu Tryns unterirdischem Labor.
»Bail!« Tryn tänzelte förmlich hinter dem Labortisch hervor. Gekleidet war er heute von Kopf bis Fuß in leuchtendes Grün. Seinen Glücksbringer, den zerschlissenen Laborkittel, hatte er auf einen Hocker geworfen. Sein Haar wurde halbherzig durch ein Band gezähmt, und seine Augen hatten ihre natürliche Farbe, ein ausgewaschenes, blasses Blau. Es war offensichtlich, dass er sich seit mehreren Tagen nicht mehr rasiert hatte, und die fahrige Unruhe seiner Bewegungen verriet Bail, dass sein Freund sich in letzter Zeit hauptsächlich von extrem starkem Kaf ernährt hatte. Daran, wie lange Tryn wohl schon nicht mehr geschlafen hatte, wollte er gar nicht erst denken.
»Bail, du kommst gerade zur rechten Zeit«, rief Netzl, seine Stimme rau vor Müdigkeit. »Ich habe es geschafft - zumindest fast. Ich habe die letzte fehlende Molekularsequenz entdeckt und die notwendigen Eigenschaften für ein wirksames Gegenmittel identifiziert. Jetzt muss ich nur noch die Quelle dieser Eigenschaften ermitteln, und schon ...« Er machte einen Schritt nach hinten, und das fiebrige Leuchten in seinen Augen erlosch. Jegliche Freude war plötzlich wie weggewischt. »Bail, was ist los?«
»Tryn...« Er wollte nicht die Schrecken des heutigen Tages rekapitulieren. Er wollte seinem Freund nicht diesen hart verdienten, flüchtigen Moment des Triumphes nehmen. Er wollte nicht der Mann sein, der Tryns Welt zum Einsturz brachte. Aber ich bin dieser Mann. Das ist aus mir geworden. Ich zerbreche anderer Leute Eier, um mein Omelett zu machen. »Durd hat die Biowaffe auf Chandrila eingesetzt. Es gibt mindestens zehntausend Tote.«
»Oh.« Tryns Augen wurden weit. »Oh.«
Das war der Moment, in dem Bail eigentlich etwas Ermutigendes, Tröstliches sagen sollte. Es ist nicht deine Schuld. Du tust dein Bestes. Mach weiter so. Am Ende werden wir gewinnen.
Doch die bemühten, alten Plattitüden blieben ihm im Halse stecken. Er konnte Tryn keinen Vorwurf machen, weil es ihm noch nicht gelungen war, eine Lösung zu finden - aber...
In einem unerwarteten Wutausbruch nahm der Wissenschaftler ein Datapad vom Tisch und schleuderte es quer durch das Labor. »Warum musstest du mir das sagen, Bail?«, schrie er. »Nachdem du dich tagelang nicht hast blicken lassen, kommst du den weiten Weg hierher, nur um mir zu sagen, dass zehntausend Leute tot sind? Warum ...? Hast du geglaubt, ich brauche ein wenig zusätzliche Motivation? Hast du gedacht, ich nehme diese Sache nicht ernst genug? Hast du erwartet, ich würde hier die Füße hochlegen und einen Cocktail schlürfen und eine Zigarre rauchen und meinen nächsten wilden Urlaub auf Umgul planen?«
Ein zweites Datapad zerbarst an der gegenüberliegenden Wand des Raumes, und seine Einzelteile regneten auf den Boden hinab. Schockiert blickte Bail von dem zerstörten Gerät zu seinem Freund und wieder zurück.
»Tryn... nein... natürlich habe ich das nicht...«
»Ich hätte nicht von diesem Angriff auf Chandrila wissen müssen!«, wütete Tryn weiter. Nun marschierte er mit stampfenden Schritten durch das Labor.» Verdammt, Bail, was du von mir verlangst, ist auch so schon schwer genug. Ich brauche keinen zusätzlichen Druck!« Er wirbelte herum, sein Atem ein rasselndes Keuchen. »Wie soll ich jetzt weiterarbeiten, hm? Wie kann ich weiter ein Wissenschaftler sein und die Grenzen der Forschung akzeptierten - Versuch und Fehlschlag, Versuch und Fehlschlag, bis die Wahrheit sich offenbart? Wie soll ich das noch tun, jetzt, wo ich jedes Mal, wenn ich die letzte, entscheidende Verbindung nicht sofort herstelle, deine Stimme hören werde, wie sie sagt, dass zehntausend Leute tot sind?«
Bail hatte das Gefühl, als würde sein wild pochendes Herz gleich seinen Brustkorb durchschlagen. »Das war nicht meine Absicht, Tryn.«
»Warum hast du es mir dann gesagt?«, keifte sein Freund. »Warum?«
»Weil... weil ich dachte, du würdest es wissen wollen.«
»Tja, rate mal, Organa!«, schrie Netzl. »Du hast dich geirrt!«
»Tryn, es tut mir leid«, begann er. »Ich weiß, ich kann das nicht wieder ungeschehen machen, aber vielleicht...«
»Nein, Bail«, knurrte der Wissenschaftler, dann lehnte er sich gegen einen Tisch, der vor Röhren, Bechergläsern, Schläuchen und kleinen Bildschirmen nur so überquoll. »Es gibt nichts, was du tun kannst - außer mich in Ruhe zu lassen. Also, warum versuchst du es nicht damit? Und versuch nicht, mich über Kom zu erreichen. Ich melde mich bei dir, wenn es so weit ist.«
Bail schluckte. »Also gut. Aber ... da ist noch eine Sache.«
Feindselig starrte Netzl ihn an. »Was?«
»Es wird einen Großangriff auf Lanteeb geben. Wir entreißen den Separatisten den Planeten.«
»Wirklich? Wie schön. Obwohl ihr vielleicht schon auf diese Idee hättet kommen können, bevor zehntausend Leute sterben mussten, findest du nicht?«
Was sollte er darauf entgegnen? Es gab keine Antwort auf diese Frage. Also überließ er Tryn seinen Reagenzgläsern und verließ das
Labor. Die Tür fiel leise hinter ihm ins Schloss.
Fünfzehn
Nach seiner perfekt vorgetragenen, leidenschaftlichen Ansprache an den Senat und die Republik im Allgemeinen - und nachdem die zurückhaltend elegante Mon Mothma mit ihrer Antwort auf seine inspirierenden Worte jeden leichtgläubigen Narren im widerhallenden Rund des Versammlungssaales zu stehendem Applaus hingerissen hatte - erklärte Palpatine, dass er in Ruhe über die kritische Lage nachdenken müsste, und zog sich in seine Privatgemächer zurück. Dort warf er sich die Sith-Robe über und kontaktierte Dooku.
»Mein Lord«, grüßte der alte Mann ihn mit einer Verbeugung. »Wie kann ich Euch dienen?«
Sidious stieß ein wütendes Zischen aus. »Habt Ihr den Angriff auf Chandrila befohlen, Lord Tyranus?«
Dookus Kopf ruckte hoch. »Angriff? Was für ein Angriff?«
»Tyranus, soll das heißen, Ihr wisst nicht, was geschehen ist?«
»Lord Sidious, mein Schiff ist gerade erst aus einem Funkloch aufgetaucht«, erklärte Dooku. »Unsere Kommunikationssysteme sind noch nicht alle wieder hochgefahren.«
Sidious spürte, wie der Zorn durch seine Adern brodelte. In der Macht gibt es keine toten Winkel, Tyranus - zumindest nicht in der Dunklen Seite. Wie konnte seinem wichtigsten Helfer etwas so Gewaltiges nur entgangen sein? »Eure Biowaffe wurde in Hanna eingesetzt.«
»Durd hat ohne Erlaubnis gehandelt«, stieß Dooku hervor, seine Augen weit vor Schreck. »Ich werde mich sofort um ihn kümmern. Es gibt mehr als genug Wissenschaftler in...«
»Nein, Tyranus«, unterbrach ihn Sidious. »Ich sehe in der Macht, dass Durd noch eine Rolle zu spielen hat. Davon abgesehen hat uns der Neimoidianer, ohne es zu merken, einen kleinen Dienst erwiesen. Der Senat ist in Aufruhr, und die Republik mit ihm. Ein Kampfverband wird demnächst aufbrechen, um Lanteeb zu befreien. Schickt Grievous, um die Schiffe abzufangen. Er soll eine Blockade um den gesamten Planeten errichten - aber die Kreuzer der Republik dürfen nicht zu schnell zerstört werden. Ich will eine Belagerung, damit möglichst viele Schiffe und Truppen der Großen Armee dorthin abgezogen werden. Je länger der Kampf dauert, desto größer werden ihre Verluste sein.«
»Ja, mein Lord«, sagte Dooku untertänig. »Und Durd?«
»Lasst ihn seine Arbeit fortsetzen. Wenn die Zeit gekommen ist, werdet Ihr ihn unauffällig von Lanteeb fortschaffen. Bringt ihn an einem Ort unter, wo die Republik ihn nicht finden wird.«
Dooku nickte. »Mein Lord«, fragte er mit ernstem Gesicht, »was soll ich wegen Kenobi und Skywalker unternehmen?«
Ach ja. »Ich werde mich darum kümmern. Sie sind nicht Euer Problem.«
»Mein Lord.« Nach einer erneuten Verbeugung hob Dooku den Kopf. »Aber Durd muss bestraft werden. Er hat ohne Erlaubnis gehandelt. Indem er dieses Attentat auf Chandrila verübt hat...«
»Hat er genau das getan, was er tun sollte, Tyranus«, erklärte Sidious eisern. »Lasst Euch nicht von Eurem gekränkten Stolz blenden. Es gibt nur ein Ziel, aber viele Wege, die dorthin führen. Vertraut auf die Dunkle Seite - und befolgt meine Befehle, den Rest könnt Ihr mir überlassen.«
Dooku wollte noch etwas sagen, doch er war weise genug, die Worte zurückzuhalten. Stattdessen verbeugte er sich ein drittes Mal, diesmal noch tiefer als zuvor. »Jawohl, Lord Sidious.«
»Tyranus«, sagte der Sith-Lord mit schneidender Stimme, »an Eurer Stelle würde ich mich nicht darauf verlassen, dass ich beim nächsten Mal noch einmal solchen Großmut walten lasse.« Mit dieser leisen Drohung unterbrach er die Verbindung.
Vertraue auf die Dunkle Seite.
Das war Darth Sidious' Mantra. Die Dunkle Seite war alles für ihn, Wärme und Licht, Speis und Trank, sein einzig wahres Zuhause. Sie barg das Versprechen unvorstellbarer Macht, und bislang war alles, was sie ihm gezeigt hatte, auch geschehen. Er konnte ihr völlig vertrauen, nie würde sie ihn enttäuschen.
Zeig mir Anakin, meinen wahren Schüler, den Sohn meines Herzens.
Mit herrlicher Mühelosigkeit offenbarte ihm die Dunkle Seite, was er sehen wollte, und seine Sorge um den jungen Skywalker verblasste. Anakin würde von Lanteeb entkommen. Wie, war nicht wichtig. Was zählte, war allein, dass er überlebte, war seine Zukunft, sein Schicksal, das sich schon bald erfüllen sollte.
Sidious stellte eine angemessen betroffene Miene zur Schau und ging als Oberster Kanzler Palpatine zurück an seine Arbeit.
Padmè ließ sich vom Raumhafen auf direktem Weg zu Bails Büro fliegen, wo Minala Lodilyn sie mit einem angespannten, entschuldigenden Lächeln begrüßte.
»Es tut mir leid, Senatorin, aber er ist nicht hier«, erklärte sie, und allein während dieses einen Satzes leuchteten sechs, nein, sieben neue Nachrichten auf ihrer Kom-Konsole auf. »Er wurde zu einer weiteren Holokonferenz mit dem Strategischen Einsatzkommando gerufen.«
Padmè spürte, wie ihr Atem stockte. »Gibt es neue Informationen?«
»Ja, ich denke schon«, antwortete Minala zurückhaltend. »Ich möchte nicht unhöflich wirken, aber ich darf...«
»... nicht darüber sprechen. Ich verstehe schon.« Frustriert zog sie an einem ihrer Zöpfe. »Ich weiß, dass es viel zu tun gibt, aber wäre es möglich, dass ich hier warte? Ich muss ihn sprechen, und ich möchte weder seine noch meine Zeit damit verschwenden, dass ich hinter ihm herjage.« Sie hob ihren Aktenkoffer. »Ich habe meinen tragbaren Rechner dabei, ich muss also nicht einmal auf seine Konsole zugreifen. Ich brauche nur einen ruhigen Ort, wo ich mich hinsetzen und ein wenig Arbeit nachholen kann.«
»Natürlich, Senatorin«, sagte Minala, dann stand sie auf. »Folgt mir. Kann ich Euch vielleicht irgendetwas bringen, während Ihr wartet? Kaf? Etwas zu essen?«
Bails persönliche Assistentin war wirklich ein Schatz. »Eine Tasse heißer Kaf wäre wundervoll, Minala. Danach werde ich nicht weiter zur Last fallen.« Sie nickte in Richtung Kom-Konsole. »Es gibt im Moment vermutlich mehr als genug zu tun.«
Lodilyn führte sie in Bails Büro, und nachdem Padmè sich an den großen, ordentlichen Schreibtisch gesetzt hatte, zog sie zunächst ihr Komlink hervor, um die zahllosen Nachrichten zu beantworten, die sich darauf angesammelt hatten. Anschließend klappte sie ihren Rechner auf. Als Vertreterin von Naboo im Galaktischen Senat fiel es ihr zu, in Königin Jamillias Namen eine offizielle Stellungnahme zum Anschlag auf Chandrila zu schreiben. Bevor sie sich dieser Aufgabe widmete, wies sie aber erst noch ihre eigene persönliche Assistentin, Sovi, an, sich mit dem chandrilanischen Senatsbüro in Verbindung zu setzen und zu klären, in welcher Form Naboo sich an den Rettungsmaßnahmen beteiligen konnte. Dank Padmès besonderer Beziehung zur Schwesternschaft von Tafan-jirah profitierte Naboo von einigen günstigen Handelsabkommen mit Chandrila, und nun war der Moment gekommen, sich erkenntlich zu zeigen.
Im Anschluss wandte sie sich den Sicherheitsfragen zu. Wegen ihres Besuches auf Bonadan hatte sie die erste Runde der Besprechungen im Ausschuss verpasst, und nun versuchte sie, das Versäumte aufzuarbeiten. Seit dem Beginn der Krise hinkte sie schon hinter den jüngsten Entwicklungen her, und einige ihrer Kollegen, die nicht sonderlich viel für sie übrig hatten - die sie um ihre Beliebtheit beneideten, die glaubten, Palpatine würde sie bevorzugt behandeln, ja, die behaupteten, eine Frau von einem unbedeutenden kleinen Planeten wie Naboo habe nichts auf der galaktischen Bühne des Senats zu suchen - taten ihr Bestes, um sie von allen wichtigen Entscheidungen auszuschließen.
Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass ich mich mit egomanischen Glasbläsern und ihrem künstlerischen Temperament herumschlagen muss. Ich schwöre, dem Nächsten, den ich sehe, werde ich eine Vase an den Kopf werfen. Und was meine reizenden Kollegen angeht...
Nun, sollten sie ruhig versuchen, Padmè auszuschließen. Es würde ihnen nicht gelingen.
Als sie schließlich sämtliche Nachrichten bearbeitet, einige Köpfe zurechtgerückt, ihre persönlichen Kontaktpersonen befragt, Berichte geschrieben und weitere Informationen über den Angriff auf Hanna eingeholt hatte, waren beinahe drei Stunden vergangen, und sie litt unter mahlenden Kopfschmerzen, die sich anfühlten, als wäre der gesamte Kaliida-Nebel in ihrem Kopf komprimiert. Da konnten nicht einmal eine neue Tasse Kaf und ein Schmerzblocker helfen.
Endlich kehrte Bail in sein Büro zurück, blass vor Wut, Stress und seinen eigenen Kopfschmerzen. »Padmè!« Er brachte ein Lächeln zustande. »Tut mir leid. Minala hat mir eine Nachricht geschickt, dass Ihr hier seid, aber ich konnte nicht aus der Besprechung, um mich bei Euch zu melden, und ich konnte die anderen leider auch nicht bitten, Euch per Kom einzubeziehen. Dafür ging es viel zu hitzig zu.«
»Es ist schon in Ordnung«, sagte sie. »Ich habe mich in der Zwischenzeit auf den neuesten Stand gebracht. Wie geht es Mon Mothma? Ich habe ein paarmal versucht, sie zu kontaktieren, aber ihr Komlink ist abgeschaltet.«
»Sie ist... stark«, meinte Bail nach kurzem Zögern. »Sie wird ihr Volk durch diese Krise führen.« Er warf einen Blick auf das Chrono an der Wand. »Inzwischen sollte sie Chandrila beinahe erreicht haben.«
Chandrila. Ein Gefühl plötzlicher Hilflosigkeit überkam sie, und ihr Blick huschte hoch zu Bails Gesicht. »Was hat die Besprechung ergeben - können wir schon sagen, wie Dooku den Anschlag durchgeführt hat?«
»Die Teile setzen sich allmählich zu einem hässlichen Bild zusammen, ja«, bestätigte er. »Es sieht so aus, als wären mehrere mobile Überwachungskameras mit dem Giftstoff bestückt worden. Natürlich hat niemand den Kameras größere Beachtung geschenkt - diese verfluchten Dinger sind heutzutage ja überall.«
»Überwachungskameras?«, wiederholte sie. »Von welchem Hersteller?«
»Schild Sicherheitssysteme.«
»Schild? Aber... Bail, dieses Unternehmen hat Verträge mit beinahe jeder Regierung im Kern, sogar mit...«
»Mit Alderaan.« Er verzog das Gesicht. »Ich weiß.«
»Und mit Coruscant!« Padmè wurde übel. Der Kaf schien in ihrem Magen hin und her zu schwappen, und sie musste erst tief durchatmen, bevor sie weitersprechen konnte. »Sie stellen die Sicherheitsausrüstung für beinahe die Hälfte der großen Wohnbezirke, außerdem für sechs Handelsdistrikte und die Produktionsviertel Bonchaka, Neldiz und F'tu. Und versuchen sie nicht gerade auch, Aufträge für die Docks der GAR zu ergattern?«
»Ja, aber der Ausschuss hat noch keine Entscheidung getroffen«, erklärte Bail.
Der Gedanke war beinahe zu ungeheuerlich, um ihn auszusprechen. »Soll das bedeuten, dass die Separatisten ihre Agenten bei Schild eingeschleust haben? Aber wo? Auf höchster Führungsebene? Oder reden wir hier nur von Arbeitern in den betreffenden Fabriken?«
Bail zuckte mit den Schultern. »Das weiß niemand. Aber die Ermittlungen konzentrieren sich nun auf diese Möglichkeit. Schild hat uns volle Unterstützung bei unseren Nachforschungen zugesichert.«
»Dann hat Dooku uns mit einem Schlag zwei Treffer beigebracht«, murmelte Padmè, und in ihre Abscheu mischte sich eine unfreiwillige Bewunderung für die Taktiken der Separatisten. »Wir zittern vor seiner schrecklichen Biowaffe, und wir müssen Schild und jede einzelne Überwachungskamera in der Republik überprüfen. Denn wenn sie Schild infiltriert haben, dann vielleicht auch ein anderes Unternehmen. Bail, wir werden diese Sache nicht geheim halten können. Und das bedeutet, es wird noch mehr Angst geben, noch mehr Unruhe, noch mehr Zweifel und noch weniger Vertrauen in unsere Fähigkeit, die Bürger zu schützen.« Sie vergrub ihr Gesicht einen Moment lang in den Händen, dann blickte sie wieder zu ihm auf. »Verdammt.«
»Ich weiß, es sieht schlimm aus«, meinte er und ließ sich in den Besuchersessel fallen. »Und es ist schlimm. Aber ich frage mich, ob Dooku sich nicht vielleicht verrechnet hat. Er wusste, dass wir herausfinden würden, wie er die Waffe nach Chandrila gebracht hat, und dass wir entsprechende Schritte unternehmen würden. Warum also verschwendet er das ganze Überraschungsmoment an einen einzigen Angriff? Warum hat er nicht auf mehreren Planeten im Kern gleichzeitig zugeschlagen, wo Schild für die Überwachung zuständig ist? Falls der Count die Republik wirklich in die Knie zwingen will, hat er gerade eine gute Möglichkeit vertan.«
Padmè lehnte sich zurück. »Ich weiß nicht, ob ich von Eurer Denkweise beeindruckt oder irritiert sein soll, Senator Organa. Aber Ihr habt recht. Dieser Anschlag war nichts verglichen mit den Plänen absoluter Zerstörung, die der Count für gewöhnlich ausbrütet. Vielleicht war es also gar nicht Dooku. Vielleicht steckt unser alter Freund Lok Durd dahinter.«
Stirnrunzelnd dachte Bail über diese Möglichkeit nach. »Ihr glaubt, er wollte sich seinem Meister beweisen?«
»Es wäre zumindest denkbar«, meinte sie gedehnt. »Anakin und Obi-Wan sind auf Lanteeb, er kann sich also denken, dass wir über seine Pläne Bescheid wissen. Dass er zwei Jedi so nahe an sich herangelassen hat, ist ein schlimmer Patzer - und er wird alles tun, um Dooku milde zu stimmen.« Anakin. Sie spürte ein vertrautes Stechen in der Magengegend. »Wo wir gerade von ihnen sprechen, Bail... Habt Ihr etwas Neues gehört?«
»Nein, tut mir leid«, sagte er. »Aber der Tempel hört weiter sämtliche Kanäle ab. Falls sie auch nur in unsere Richtung husten, werden die Jedi es hören - und uns darüber informieren.«
Er kannte sie so gut - zu gut. Sie war sicher, dass er ihr schreckliches Geheimnis enträtselt hatte. Doch der Gedanke machte ihr keine Angst. Er würde sie nie verraten. Sie könnte es ihm ins Gesicht sagen, jetzt und hier, und er würde zu niemandem ein Wort darüber verlieren. Nicht dass sie so etwas vorhatte. Ihn zu einem Mitwisser zu machen, wäre nicht in Ordnung. Davon abgesehen würde Anakin es nicht verstehen.
Bail trommelte grüblerisch mit den Fingern auf der Armlehne seines Sessels. »Wisst Ihr, falls unsere Vermutung wirklich zutrifft, dann haben wir vielleicht einen großen Vorteil.«
»Ihr meint wegen dem Kampfverband?«, fragte sie. »Ja, vielleicht. Falls Durd und seine Leute in Panik geraten, begehen sie vermutlich noch einmal so einen Fehler. Wie viele Schiffe schicken wir eigentlich nach Lanteeb? Wer leitet die Offensive?«
»Admiral Yularen. Er ist der erfahrenste Kommandant, der im Moment verfügbar ist. Die Reparaturen an der Unbeugsam sind beinahe abgeschlossen, und sobald sie wieder für raumtauglich erklärt wurde, wird sie nach Lanteeb aufbrechen, gemeinsam mit der Pionier und der Himmel über Coruscant.«
Ungläubig starrte Padmè ihn an. »Nur drei Schiffe? Um einen ganzen Planeten einzunehmen? Bail, selbst wenn Durds Truppen in Auflösung begriffen wären, würde das nicht reichen, um...«
»Glaubt Ihr etwa, ich wüsste das nicht?«, brummte er, dann stemmte er sich aus dem Sessel und ging vor dem Schreibtisch auf und ab. Mit einer Hand massierte er sich dabei den Nacken.
»Vertraut mir, ich weiß es - aber es gibt einfach zu viele Krisenherde in den Territorien des Mittleren und Äußeren Rands, um die wir uns kümmern müssen. Darum können wir ja auch erst losschlagen, wenn die Unbeugsam und der Rest von Yularens Kampfverband repariert sind. Falls wir auch nur ein Schiff von einer anderen Mission abziehen, würde das mit absoluter Sicherheit in einer weiteren Niederlage enden - und das können wir uns nicht leisten.«
»Aber was ist mit...«
»Oh, ich habe mich um Kopf und Kragen geredet, um Meister Windu und die Dolch für den Angriff auf Lanteeb zu bekommen«, erzählte er grimmig. »Aber Palpatine besteht darauf, dass Jedi und Schiff in der Nähe von Kothlis bleiben - obwohl die Lage dort wieder völlig unter Kontrolle ist. Er hofft, dass das Überraschungsmoment uns zum Sieg verhelfen wird. Und wer weiß? Falls Yularen in den nächsten Tagen starten kann, erreicht er Lanteeb ja vielleicht wirklich, bevor die Separatisten sich auf einen Angriff einstellen können.«
»Aber was, wenn es nicht funktioniert?«, fragte sie mit hämmerndem Herzen.
Bail blieb vor dem großen Fenster seines Büros stehen und blickte auf den Verkehr über Coruscant hinaus. »Dann werden wir die Dominator von ihrer Patrouillenmission bei Kalarba abziehen und beten müssen, dass wir den Planeten nicht an Dooku verlieren.«
»Vier Schiffe sind noch immer nicht genug«, beharrte Padmè. »Wir brauchen mehr Feuerkraft. Wir brauchen ...«
Er wirbelte herum. »Was wir brauchen«, entgegnete er, »ist ein Mittel gegen das Kom-Virus, das unsere Flotte lahmlegt. Ich habe aber leider keine Lösung. Ihr vielleicht?«
Oh, die Kom-Krise. Bei mindestens der Hälfte der Nachrichten, die
Padmè vorhin abgehört hatte, war es um dieses oder eines der anderen Viren gegangen, mit denen die Separatisten die GAR-Flotte lähmten. Kaum dass sie eines eliminiert hatten, tauchte an anderer Stelle ein neues auf. Wer immer hinter dieser elektronischen Offensive steckte, er war ein Genie. Sie stützte die Ellbogen auf Bails Schreibtisch. »Das ist lächerlich. Wir können uns doch nicht von Dooku diktieren lassen, wie wir diesen Krieg führen. Dieses Virus hat also die halbe Flotte lahmgelegt. Schön, dann müssen wir eben einen anderen Weg finden.«
»Einen anderen Weg?«, brummte Bail düster. »Es gibt keinen anderen Weg. Wir können leider nicht einfach mit den Fingern schnippen und eine Ladung neuer virusfreier Schiffe aus dem Nichts herbeizaubern.«
Ein Lächeln verzog ihre Mundwinkel, als sich in ihrem Kopf der Funke einer Idee regte. »Nein, nicht aus dem Nichts. Aber vielleicht von woandersher.«
»Wie bitte? Was soll das ...« Er unterbrach sich, als er, wie so oft, ihre Gedanken erkannte. »Padmè ...«, stöhnte er. »Das kann nicht Euer Ernst sein.«
»Natürlich ist es mein Ernst«, sagte sie. »Vielleicht funktioniert es nicht. Und falls Ihr recht habt und Yularen Lanteeb tatsächlich mit drei Schiffen befreien kann, wird es auch gar nicht nötig sein. Aber falls er scheitert, müssen wir es versuchen.«
Bail schüttelte den Kopf. »Padmè, das ist verrückt. Wir sollen unsere eigene Flotte aufstellen?«
»Warum nicht? Es ist nicht illegal.«
»Aber höchst unorthodox!«, entgegnete er. »Davon abgesehen würde es nie funktionieren. Denkt nur an die Zeit, die es dauern würde, eine Sondersitzung des Senates einzuberufen und sämtliche Genehmigungen zu bekommen.«
»Ja, wenn wir den Amtsweg gehen, würden wir im bürokratischen Treibsand stecken bleiben«, sagte sie mit einem Nicken. »Aber wer sagt denn, dass wir diesen Weg nehmen? Nein, wir werden unter dem Radar arbeiten. Nur dieses eine Mal, Bail. Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, jeden Gefallen einfordern, den man uns schuldet, jeden, dem wir vertrauen, um Hilfe bitten. Nach dem, was auf Chandrila geschehen ist, werden uns ganz bestimmt einige Leute helfen, und sei es nur aus reinem Selbsterhaltungstrieb heraus.«
Bail ließ sich gegen das Transparistahlfenster sinken. »Was ist mit Palpatine?«
»Er erfährt nichts davon«, sagte sie schnell. »Er muss überzeugend leugnen können, in die Sache verwickelt zu sein. Wenn wir die Idee ihm gegenüber auch nur ansprechen, würde ihn das in eine untragbare Situation bringen. Also lassen wir den Obersten Kanzler außen vor. Und wir werden auch nicht unseren Status als Senatoren oder Mitglieder des Sicherheitsausschusses geltend machen, es sei denn, wir haben keine andere Wahl.«
Beinahe hätte er gelacht. »Wie sollen wir denn dann auch nur eine einzige Regierung überreden, uns ein bewaffnetes Schiff für die Befreiung von Lanteeb zu überlassen?«
»Ich dachte eigentlich weniger an Regierungen«, meinte sie. »Mir fallen spontan die Namen von fünf privaten Unternehmen ein, die eine eigene Flotte von bewaffneten Begleitschiffen unterhalten. Fünf Unternehmen, die Milliardenverlusten entgegensehen, wenn diese Biowaffe nicht vernichtet wird. Glaubt Ihr nicht, dass sie uns helfen würden, wenn solche Beträge auf dem Spiel stehen?«
»Nun ... ja, vermutlich schon, aber ...« Er fuhr sich mit den Fingern durch das kurze Haar. »Padmè, was für einen Eindruck wird das vermitteln? Wir sollen nicht sagen, dass wir als Senatoren handeln - aber solange wir nicht zurücktreten, sind wir nun einmal Senatoren, und ...«
»Politische Interpretationen interessieren mich nicht«, brauste sie auf. »Nicht, solange Millionen Leben in Gefahr sind. Aber wenn wir schon eine Begründung brauchen, wie wäre es dann damit? Wir können nicht mehr darauf warten, dass der Senat all unsere Probleme löst. Einer der Gründe für diese Krise ist die Tatsache, dass wir unser Gewissen und unsere Unabhängigkeit hinter einer endlosen Parade eigennütziger Regierungsausschüsse zurückgestellt haben. Was wir jetzt brauchen, sind Taten, nicht noch mehr Worte. Wir haben eine Verpflichtung - eine moralische Verpflichtung, einander zu helfen und die Schwächsten und Kleinsten in unserer Gemeinschaft zu schützen. Diese Republik gehört uns allen, und wir alle müssen tun, was wir nur können, um sie zu bewahren.«
»Verflucht, Padmè«, seufzte er. »Ich sage ja nicht, dass das falsch ist. Aber ich bezweifle, dass Ihr die wahre Tragweite einer solchen Entscheidung erkennt.«
»Oh doch, das tue ich«, erklärte sie fest. »Aber ich will mich davon nicht einschüchtern lassen. Dafür ist diese Sache zu wichtig. Bail Organa, neben mir selbst seid Ihr die überzeugungskräftigste Person, die ich kenne. Ihr seid beliebt, Ihr werdet geschätzt, Ihr kennt Leute, Ihr habt Beziehungen - auf jeder Ebene der Regierung, in jedem privaten Unternehmen, auf jedem Planeten, der in der Republik etwas zu sagen hat. Und ich habe im Verlauf der letzten Jahre auch ein paar nützliche Kontakte geknüpft. Gemeinsam können wir es schaffen. Wir können eine zivile Flotte zusammenstellen, um Yularens Kampfverband falls nötig zu unterstützen.«
Bail schüttelte den Kopf und kehrte zum Sessel zurück. »Ich muss Fieber haben, denn allmählich fange ich an, Euch zu glauben. Oder seid Ihr eine verkappte Jedi und setzt gerade einen Gedankentrick gegen mich ein?«
Sie lachte. »Seid nicht albern. Ich bin nur eine Frau, die ein Nein nicht als Antwort akzeptiert.«
»Also gut.« Er dachte einen Moment schweigend nach. »Gehen wir mal rein theoretisch davon aus, dass ich mich für diesen verrückten Plan einspannen lasse. Wann sollen wir damit beginnen?«
Laut dem Chrono war es inzwischen fast Mitternacht. Er war todmüde, und sie ebenfalls. »So bald wie möglich«, meinte sie. »Und wir sollten uns darum kümmern, wann immer sich zwischen Besprechungen, Abstimmungen und Senatssitzungen eine Gelegenheit bietet. Kommt morgen bis spätestens um sieben in mein Apartment. Ich mache Frühstück, und dann können wir eine vorläufige Liste der Unternehmen erstellen, die wir als Erstes ansprechen. Anschließend übernimmt jeder eine Hälfte der Namen und macht sich an die Arbeit.«
»Ihr meint es wirklich ernst, oder?«, fragte er noch immer ungläubig. »Ihr glaubt wirklich, wir können das schaffen?«
Ihr Adrenalinrausch ebbte unvermittelt ab, als die möglichen Konsequenzen sich ihr ins Bewusstsein drängten, und sie spürte, dass sie zittrig wurde. »Ich finde, wir müssen es versuchen«, erklärte sie schließlich. Auch ihre Stimme bebte. »Für die Leute, die heute gestorben sind. Für die Leute, die sterben werden, wenn wir Lok Durd nicht aufhalten. Für Anakin und Obi-Wan, denn wir müssen sie da rausholen, Bail. Wir können sie nicht auf diesem Planeten verrotten lassen.«
Er blickte sie traurig an. »Nein, das können wir nicht.« Doch dann stahl sich ein müdes und resignierendes, gleichzeitig aber auch warmherziges Lächeln auf seine Lippen. »Dann rettet Padmè also wieder mal den Tag. Wie konnte die Republik nur so lange ohne Euch existieren?«
Sie nahm einen Elektrostift vom Schreibtisch und warf ihn nach Bail. »Sehr komisch! Jetzt lasst uns von hier verschwinden, in Ordnung? Wir müssen morgen früh aufstehen. Es gibt viel zu tun.«
Ahsoka starrte Meister Yoda mit pochendem Herzen an. »Nur ich, Meister? Aber was ist mit Tar ... - mit Meisterin Damsin? Ich habe zwar ein wenig Erfahrung, aber ich bin nur ein Padawan.«
Meister Yoda klopfte mit dem Gimerstock auf den Boden. Sie standen allein in der Ratskammer, die ohne die anderen Meister noch viel größer wirkte, und das Klacken hallte deutlich von den Wänden wider. »Anderweitige Verpflichtungen Meisterin Damsin hat, Padawan. Um sie keine Gedanken dir zu machen du brauchst. Keine Verantwortung für sie du trägst.«
Das bedeutete vermutlich, dass Taria nicht in der Verfassung war, nach Lanteeb zu reisen. Das hätte Ahsoka schneller klar werden müssen. Reumütig blickte sie zu Boden. »Ja, Meister Yoda.«
»Allein mit dem Kampfverband nach Lanteeb du fliegen wirst«, wiederholte Yoda noch einmal. »Dort ein anderer Jedi-Meister zu euch stoßen wird. Gemeinsam die Klone in die Schlacht führen ihr werdet, falls närrisch genug die Separatisten sind und sich weigern, abzugeben die Kontrolle über den Planeten.«
Sie nickte. »Jawohl, Meister. Meister, wisst Ihr, wer...«
»Noch nicht entschieden das ist«, erklärte Yoda. »Und nicht von Bedeutung für dich es sein sollte, Padawan.«
Verflixt, nichts was sie sagte, kam so aus ihrem Mund, wie sie es meinte. Oder war Yoda vielleicht so kurz angebunden, weil er sich Sorgen machte? Sie wagte es nicht, in seinem Geist zu lesen. Doch wenn sie ihn so ansah und das Echo der Anspannung in seiner Stimme hörte ...
Ja, er macht sich Sorgen. Es steht so viel auf dem Spiel. Und Skyguy und Meister Kenobi sind noch immer vermisst.
»Padawan«, sagte Yoda, nun ein wenig freundlicher. »Gutes über dich gehört ich habe. Deine Leistung bei den Übungen in der Trainingshalle - beeindruckend das war. Bereit für größere Aufgaben du bist.«
Er wusste von ihren Übungen in der Halle? Sie und Taria hatten seit jenem ersten spontanen Wettstreit noch acht weitere Teams durch die künstliche Landschaft geführt, und inzwischen gab es schon so etwas wie eine Warteliste mit Jünglingen, die unbedingt an einer dieser Trainingseinheiten teilnehmen wollten. Ahsoka und Taria hatten angefangen, sich bei den Übungen abzuwechseln, und ein paar von ihnen hatte Ahsoka bereits alleine geleitet. Ihr Ziel dabei war es, den Schülern auf spielerische Weise beizubringen, was sie selbst auf die harte Tour in der Schlacht gelernt hatte. Doch sie hätte nie gedacht, dass Yoda davon wusste.
Dabei hätte es mir eigentlich klar sein müssen. Meister Yoda weiß alles.
»Meister, es ehrt mich, dass Ihr mit mir zufrieden seid. Aber glaubt Ihr wirklich, ich bin bereit?«
»Lobenswert deine Bescheidenheit ist, Padawan«, meinte Yoda, und ein warmes Leuchten trat in seine unergründlichen Augen. »Mehr zu tun, als du tun kannst, niemand von dir verlangen wird. Zu den GAR-Baracken gehen du jetzt solltest. Ein Truppentransporter von der Unbeugsam auf dich und die Torrent-Kompanie wartet. Auf Admiral Yularens Rat du hören wirst, Padawan, bis zu euch stößt der Jedi-Meister.«
Sie nickte entschlossen. »Ja, Meister. Danke, Meister. Ich werde Euch nicht enttäuschen.«
»Dessen mir sicher ich bin, Padawan. Gehen du nun solltest.«
Sie würde also nach Lanteeb fliegen, um den Planeten zu befreien, Lok Durds Pläne zu durchkreuzen und Skyguy und Meister Kenobi zu retten.
Ein Tag sollte dafür reichen. Höchstens anderthalb.
Doch sie wollte Coruscant nicht verlassen, ohne sich zumindest kurz von Taria zu verabschieden. Sie fand die Jedi-Meisterin im Arboretum des Tempels, wo sie gerade einige Meditationsstellungen durchging.
»Ahsoka«, sagte sie, ohne die Augen zu öffnen. Die Jedi-Meisterin trug wie so oft einen eng anliegenden dunklen Ganzkörperanzug, aber diesmal war ihr Haar nicht gebunden, sondern fiel wie ein blaugrün schimmernder Wasserfall über ihren Rücken. Sie stand auf dem linken Bein, das rechte hatte sie nach hinten gebogen, den Knöchel mit beiden Händen umfasst, den Fuß sanft gegen den Hinterkopf gedrückt. Ihr Atem kam tief und langsam, und nichts deutete darauf hin, dass es ihr nicht gut ging. »Du verlässt den Tempel.«
Irgendwann werde ich auch so mühelos in der Macht lesen können. »Ja, ich fliege nach Lanteeb.«
Nun öffnete Taria doch die Augen, und ein helles Feuer loderte darin. »Aber du gehst nicht allein.«
»Nein, mit einem Kampfverband. Es ... es ist eine geheime Mission, Taria.«
»Mit anderen Worten, ich soll es niemandem erzählen?« Taria grinste und ließ ihren Knöchel los, dann beugte sie sich nach vorne, bis ihre Hände flach auf dem grasbewachsenen Boden lagen. Sie war wirklich biegsam wie grüner Tapi-Weizen.
Ihr Haar wogte um ihren Kopf wie die Wellen eines sommerlichen Sees. »Keine Sorge, ich werde schweigen wie ein Grab.«
»Es tut mir leid, dass wir unseren Wettstreit nicht mehr entscheiden können.«
Taria schloss die Arme um ihre Waden und drückte das Gesicht gegen die Knie. »Nein, das tut es nicht. Du ziehst aus, um deinen Skyguy und Obi-Wan zu retten. Du bist aufgeregt, Ahsoka Tano. Versuche gar nicht erst, es zu leugnen.«
Ja, sie war aufgeregt, aber sie fühlte sich auch schuldig, weil Taria sich ebensolche Sorgen machte wie sie. »Ich wünschte, Ihr würdet mitkommen«, gestand sie. »Sie schicken einen Meister, dem ich mich anschließen soll. Ich weiß nicht, wer es ist. Aber Ihr wärt mir in jedem Fall lieber.«
Die Jedi richtete sich wieder auf. »Ich würde auch gerne mitkommen, Ahsoka, aber mir ist ein anderer Weg bestimmt. Geh nach Lanteeb. Rette deine Freunde aus der Gefahr. Und vielleicht können wir unseren Wettstreit nach deiner Rückkehr ja weiterführen. Ich würde dir gerne eine Chance geben, wenigstens gleichzuziehen.«
Wenn ich zurückkomme, wird man mich und Skyguy wieder in den Krieg schicken. Und Ihr werdet weiter im Tempel festsitzen.
Doch das sprach Ahsoka nicht laut aus. Es hätte nichts geändert.
»Das würde mir gefallen«, sagte sie. »Taria, es tut mir leid, ich muss jetzt gehen. Gebt auf Euch acht, ja?«
»Ich werde mein Bestes tun«, versprach Damsin. »Und du sei vorsichtig.«
»Das bin ich doch immer«, erwiderte sie mit einem schwachen, unsteten Lächeln. »Möge die Macht mit Euch sein, Meisterin Damsin.«
»Und mit dir, Padawan Tano.« Taria wedelte mit der Hand. »Und jetzt beeil dich!«
Es tat weh, sie so zurückzulassen. In kürzester Zeit war Taria Damsin ihr eine gute Freundin geworden. Doch Anakin war auch ein Freund, und er brauchte jetzt ihre Hilfe.
»Kleines«, begrüßte sie Rex in der Baracke der 501. »Wir haben gerade erfahren, dass es wieder in den Kampf geht. Kommst Ihr mit uns, oder wollt Ihr Euch nur verabschieden?«
»Ich begleite euch«, erklärte sie, dann ließ sie ihren Blick durch die überfüllte Messe schweifen. »Wie ist die Stimmung, Captain?«
Er zog eine Augenbraue hoch. »Könnt Ihr es denn nicht spüren?«
»Ha, ha«, machte sie. »Ich will nur meine Eindrücke mit deinen vergleichen, in Ordnung?«
Nebeneinander beobachteten sie die Klone, die sich im Zimmer versammelt hatten und sich ungezwungen unterhielten, während sie eine letzte Mahlzeit vor dem Aufbruch hinunterschlangen. Ahsoka spürte Aufregung, Nervosität, Entschlossenheit. Die 501. war bereit - wie immer.
Rex war ebenfalls mit seinen Männern zufrieden. Er nickte. »Könnt Ihr mir sagen, wo es hingeht?«
»Das Oberkommando hat es euch nicht gesagt?«
»Nein«, brummte Rex. »Wir haben nur gehört, dass wir wieder aufbrechen. Das ist alles. Ist es eine geheime Operation?«
»Nicht wirklich geheim. Aber heikel...« Sie blickte zu ihm auf. »Was ich dir jetzt sage, darfst du niemandem verraten: Wir werden versuchen, Skyguy und Meister Kenobi zu retten.«
Rex' vernarbtes Gesicht erstarrte, nur ein Muskel an seinen fest zusammengebissenen Kiefern zuckte. »Ich verstehe.«
»Sie sind in großen Schwierigkeiten, Rex. Sie stecken hinter den feindlichen Linien fest.«
»Ich verstehe«, brummte er erneut. Der Muskel an seinem Kiefer zuckte noch immer. »Hat das irgendetwas mit dem gestrigen Anschlag auf Chandrila zu tun?«
Er war ein schlauer, schlauer Mann. »Ja«, sagte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. »Sie haben versucht, den Angriff zu verhindern, aber...«
»Ihr solltet mir nicht noch mehr verraten«, meinte Rex. Er sprach nun ebenso leise wie sie. »Aber macht Euch keine Sorgen. Wir werden sie nicht hinter den feindlichen Linien zurücklassen.« Mit einem Nicken lenkte er ihren Blick auf die Klone, die sich schwatzend in der Messe drängten. »Ich und die Jungs, wir werden bis zum letzten Mann kämpfen, um sie da raus- zuholen.«
Seine Hand fühlte sich warm und hart auf ihrer Schulter an, tröstend. »Rex, der Truppentransporter wird bald hier sein. Ihr habt noch zehn Minuten, dann geht es los.«
»Jawohl, Ma'am«, sagte er und zog die Hand zurück. »Zehn Minuten. Entschuldigt mich.«
Sie sah ihm nach, als er zu Sergeant Coric hinüberging, der mit Checkers, Dandy und Flash an einem Tisch saß. Checkers drehte den Kopf, als er die Schritte des Captains hörte. Dabei entdeckte er Ahsoka und nickte ihr zu, dann hob er den Zeigefinger in einem knappen, informellen Salut an die Stirn. Sie lächelte und versuchte, nicht die frische Narbe an seinem Kinn anzustarren.
Es ist so leicht, sie zu verletzen. Und falls diese Mission in einer Schlacht endet, werden nicht alle überleben.
Also prägte sie sich jedes Gesicht ein, jedes Lachen, jeden Witz, jeden dummen Spruch, ihren wilden, draufgängerischen Mut. Denn vielleicht war es das letzte Mal, dass sie einige von ihnen sah ... und sie wollte keinen Einzigen von ihnen vergessen.
Eines nach dem anderen blickte Yoda die Holobilder der anderen Ratsmitglieder an. Noch nie hatte er sich so allein in der Ratskammer gefühlt, diesem Ort, den er liebte, der für ihn ein Zuhause innerhalb eines anderen Zuhauses war - des Jedi-Tempels. Der Krieg hatte alle seine Ordensbrüder verschlungen. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass der Rat je so weit über die Galaxis verstreut, seine Einheit je so gefährdet gewesen war. Der Rat funktionierte am besten, wenn seine Mitglieder denselben Raum, denselben Moment teilten, wenn die Macht mühelos ein Band zwischen ihnen weben konnte und ihre individuellen Stärken und Talente sich zu etwas vereinten, das weit größer und mächtiger als die Summe seiner Teile war. Doch wie sollte sie ein Band vereinen, wenn sie viele Lichtjahre voneinander entfernt waren und die anderen nur in Form von Licht und seelenlosen Partikeln sehen konnten?
Nichtsdestotrotz spürte Yoda, dass die Ratsmitglieder in dieser Angelegenheit alle dieselbe Meinung vertraten. »Dann einig wir uns sind«, sagte er. »Darauf bestehen wir müssen, dass Kothlis verlassen Mace Windu soll, um zu helfen bei der Befreiung Lanteebs von Count Dooku.«
»So ist es«, bestätigte Ki-Adi Mundi. »Ich kann noch immer nicht verstehen, warum Palpatine in dieser Sache so uneinsichtig ist. Warum hört er nicht auf unseren Ratschlag? Nach Chandrila ist es doch wohl eindeutig dass der Einsatz auf Lanteeb höchste Priorität hat.«
»Für uns eindeutig dies ist«, meinte Yoda, »aber wie ein Politiker Palpatine denkt.«
»Ihr glaubt, er ist bereit, unschuldige Leben zu opfern, nur um seine eigene Position zu schützen?«, fragte Adi Gallia von ihrem Schiff in den Tiefen der Aostai-Region. »Das klingt nicht nach Palpatine.«
»Besorgt er ist, dass Kothlis und Bothawui vor den Kopf stoßen wir könnten, wenn unseren Schutz wir ihnen entziehen«, erklärte er. »Zu Dooku, glaubt er, sie überlaufen könnten, wenn von uns im Stich gelassen sie sich fühlen.«
»Diese Sorge ist unbegründet«, sagte Mace Windu geradeheraus. »Kothlis und Bothawui würden der Republik niemals den Rücken kehren. Yoda, er muss die Entscheidung des Rates akzeptieren. Ich werde genügend Klone hier zurücklassen, um das Sicherheitsbedürfnis des Regierungsrates zu befriedigen. Sagt Yularen, dass die Dolch bei den Rendezvous-Koordinaten auf seinen Kampfverband warten wird.« Die anderen Ratsmitglieder nickten nüchtern. Damit war die Holokonferenz beendet. Nacheinander unterbrachen sie die Verbindung, bis nur noch Windus Bild in der Luft flackerte. »Ihr seid nicht glücklich mit dieser Entscheidung«, meinte er. »Gibt es vielleicht etwas, das ich noch wissen sollte?«
Yoda ließ das Kinn auf seine Brust sinken. »Übergangen Palpatine sich fühlen wird, wenn von unserer Entscheidung er erfährt.«
»Das ist bedauernswert.« Mace zuckte mit den Schultern. »Aber er irrt sich. Es reicht nicht, darauf zu hoffen, dass Obi-Wan und dem jungen Skywalker auf Lanteeb ein Wunder gelingt. Sie brauchen unsere Hilfe - andernfalls wird Chandrila nur der Anfangsein.«
Yoda seufzte. »Bewusst mir das ist. Aber ebenso weiß ich, dass einen Keil zwischen die Jedi und den Obersten Kanzler diese unglückselige Angelegenheit treiben wird.«
»Politiker sagen den Jedi nicht, was sie zu tun haben, Meister Yoda. Und ein schlauer Politiker nimmt unseren Rat ernst, selbst wenn er unsere Beweggründe nicht immer versteht. So ist es seit eintausend Jahren, und eintausend Jahre lang hat es ausgezeichnet funktioniert.« Mace schnaubte. »Er denkt nur daran, dass er Kothlis beleidigen könnte, aber er sollte auch einmal darüber nachdenken, dass er uns beleidigt. Wir sind schließlich diejenigen, die die Republik zusammenhalten.«
Das stimmte ebenfalls, obwohl Yoda es bei seinem Treffen mit dem Obersten Kanzler nicht so direkt ausdrücken würde. »Mit ihm reden ich nun werde. Kontaktiert mich, wenn am Treffpunkt mit Yularens Kampfverband Ihr seid.«
»Das werde ich«, versicherte Mace, und nun verschwand auch sein Hologramm.
Erfüllt von Müdigkeit und Unruhe blickte Yoda kurz auf die Stadtlandschaft hinaus, dann verließ er die Ratskammer. Er musste sich mit dem Büro des Obersten Kanzlers in Verbindung setzen, um das Treffen zu vereinbaren.
Und mit mir die Macht sein möge, denn was zu sagen ich habe, ihn sicher nicht erfreuen wird.
Sechzehn
Kurz nach Sonnenaufgang hatten die Droiden mit ihrer jüngsten Kanonade begonnen, und auch jetzt, zehn Stunden später, machten sie keine Anstalten, das Feuer wieder einzustellen. Anakin stand vor dem malträtierten Sturmschild und beobachtete sie. Wo sein Körper nicht von Streifschüssen versengt war, war er mit Hydraulikflüssigkeit, Schweiß, Schmutz und Blut verschmiert. Nun brachen sich seine Furcht und sein Zorn in einem langen, lautlosen Schrei Bahn, und er reckte den Kampfmaschinen hilflos die Fäuste entgegen.
Ihr stinkenden Barven! Ihr könnt weiterfeuern, bis Lanteebs Sonne zur Supernova wird! Wir werden euch niemals hereinlassen!
Mit einem Keuchen wandte er sich von den sturen Droiden ab und versuchte, sein empfindliches inneres Gleichgewicht wiederzufinden.
Es war jetzt beinahe fünf Tage her, dass er zum letzten Mal mehr als nur ein oder zwei Stunden geschlafen, mehr als ein oder zwei Löffel gegessen und mehr als ein oder zwei Schluck Wasser getrunken hatte. Das Dorf rationierte die Vorräte strikt, über jeden einzelnen Bissen wurde Buch geführt. Rikkard und
Jaklin hatten sogar schon darüber gesprochen, die Hühner und die Milchkühe zu schlachten. Noch war es nicht dazu gekommen, aber falls nicht bald Hilfe eintraf, würde ihnen keine andere Wahl bleiben - und sie hatten allen Grund anzunehmen, dass sie diesen Kampf alleine austragen mussten. Der Jedi-Tempel meldete sich einfach nicht.
Jedes Mal, wenn Anakin den Kopf hob, schien ein weiteres Versorgungsschiff vorüberzugleiten, um den Droiden noch mehr Munition zu bringen, die sie gegen Torbels Sturmschild werfen konnten. Seit dem Beginn der Belagerung war die Zahl der Maschinen von dreihundert auf über vierhundert angestiegen. Lebende Soldaten gab es in dieser Armee nicht - Durd wollte keinen einzigen seiner Männer riskieren. Dafür hatte der Barve aber auch keinen Grund. Er konnte gemütlich in seiner Basis sitzen und sich den Angriff via Holoübertragung ansehen, umgeben von Luxus und erfüllt von der Gewissheit, dass der Sieg bereits sein war.
Ganz benommen vor Müdigkeit schob Anakin seinen Mikroschraubenschlüssel zurück in den Werkzeuggürtel.
Vielleicht ist der Sieg ja wirklich sein. War es ein Fehler, die anderen zu dieser Strategie zu überreden? Habe ich uns alle zu einem schnellen, grausamen Tod verurteilt? Oder werden wir schon vorher an Durst und grünem Fieber zugrunde gehen?
Noch nie in seinem Leben hatte er sich so verunsichert gefühlt. Jeden wachen Moment verbrachte er damit, im Kraftwerk und an den Generatoren zu arbeiten, den Plasmaschild zu überprüfen, zu schrauben und zu basteln, das Unmögliche möglich zu machen, damit die uralten, überlasteten Maschinen sich nicht in rauchende Schlacke verwandelten. Seine Verbesserungen funktionierten, doch sie forderten einen hohen Preis. Die Flüssigdamotitvorräte des Dorfes schmolzen dahin wie ein Schneeball auf Tatooine, und falls die Leitungen und Schaltkreise weiter so schnell durchbrannten, würden ihnen bald auch die Ersatzteile ausgehen. Doch die anderen vertrauten darauf, dass er eine Lösung finden und dieses Wunder weiter in die Länge ziehen konnte.
Ich weiß nicht, wie lange ich das noch schaffe.
Der Tag neigte sich dem Ende, das letzte Sonnenlicht versickerte am Horizont. Doch für sie machte das keinen großen Unterschied, denn der beständige Hagel von Schüssen gegen den Schild hüllte Torbel in ein flackerndes Leuchten. Die Nacht war hier genauso hell wie auf Coruscant.
Der Gedanke an seine Heimat war wie ein Messerstich, eine Klinge aus Erinnerungen, die sich in sein Herz bohrte. Inzwischen musste Padmè wissen, dass er und Obi-Wan auf diesem von der Macht verlassenen Planeten festsaßen. Yoda hatte es sicherlich Organa gesagt, und der Senator würde sie eingeweiht haben - und falls nicht, würde sie ihn so lange bedrängt haben, bis er es ihr verriet. Wahrscheinlich war sie ganz krank vor Sorge um ihn. Ein paarmal war er das Risiko eingegangen und hatte in der Macht nach ihr geforscht, um zu sehen, wo sie gerade war, wie es ihr ging. Doch er war einfach zu erschöpft. All seine Energie wurde vom Bemühen, Torbel und seine Bewohner am Leben zu halten, aufgefressen. Da war nichts, was er ihr noch widmen könnte.
Oh, meine Liebe. Ich hoffe, du kannst mir vergeben, dass ich dir das alles zumute? Ich werde es wiedergutmachen, das verspreche ich. Wenn ich nach Hause komme, mache ich alles wieder gut.
Zsch... Bumm... Bämm... Bämm... Bämm...
Der Sturmschild konnte den Lärm des Bombardements nicht länger aussperren, und der dumpfe Lärm der Einschläge zerrte an den Nerven der Dorfbewohner und bescherte ihnen Kopfschmerzen. Die Stimmung war angespannt, die geringste Provokation führte zu Streit und Schlägereien. Rikkard und Jaklin hatten sämtliche Werkzeuge konfisziert, die man als Waffe einsetzen konnte, und wollten sie erst wieder herausgeben, wenn sie um ihr Leben kämpfen mussten. Teeba Sufi hatte schon mehr als genug Patienten. Das Heilhaus war heillos überfüllt, und das Bürgerhaus verwandelte sich mehr und mehr in ein zweites Hospital.
Mit zusammengebissenen Zähnen sah Anakin zu, wie das Blasterplasma glühend heiße Blüten auf dem Schutzschild erblühen ließ. Irgendwann musste den Separatisten doch die Munition ausgehen...
Ein Knistern erklang aus seiner Tasche, gefolgt von Devis Stimme. »Anakin? Melde dich.«
Er zog sein Komlink hervor und drückte den Sendeknopf. »Was gibt's?«
»Wo bist du?«
Er war so müde, dass er erst ein paar Sekunden nachdenken musste, bevor er sich erinnerte. »Ich habe gerade Generator zehn überprüft. Wieso?«
»Ich brauche hier Hilfe.«
»Kannst du nicht Rikkard fragen? Ich muss noch ...«
»Rikkard ist zusammengebrochen. Er hat das grüne Fieber. Ich bin hier ganz allein, und eines der Energieventile ist schon wieder verstopft. In ein paar Minuten erreicht die Nadel den roten Bereich.«
Stang! Sie klang verzweifelt. Falls Devi auch noch zusammenbrach ... »Na schön«, sagte er mit geschlossenen Augen und dröhnendem Schädel. »Ich bin gleich da.« Er warf noch einen letzten Blick auf die Droiden, dann machte er sich auf den Weg zum Kraftwerk. »Devi, kannst du Tarnik anfunken? Er soll die restlichen Generatoren überprüfen. Sie sollten in Ordnung sein, aber...«
»Ich hab es schon versucht, aber er meldet sich nicht.«
»Dann versuch es noch mal. Devi, wir müssen die Generatoren ständig im Auge behalten. Sollte auch nur einer ausfallen ...«
»Ich weiß!«, blaffte sie. »Ich werde es weiter versuchen. Sieh du lieber zu, dass du herkommst. Beeil dich!«
Anakin schob das Komlink in die Tasche und beschleunigte seine Schritte zu einem wankenden Trott. Schneller konnte er nicht mehr rennen. Die Sonne war inzwischen hinter den Hügeln verschwunden, die Torbel von der offenen Ebene trennten, und das Licht des Tages verblasste schnell. Hätten die Droiden endlich das Feuer eingestellt, könnte er jetzt vermutlich die ersten, matt glänzenden Sterne am Himmel sehen.
Aber lieber sehe ich nie wieder die Sterne, als hier zu sterben. Bitte, bitte, bitte, lass den Schild halten.
Er joggte an der ausgestorbenen Mine und dem ausgebrannten Skelett der Raffinerie vorbei und dann weiter über den Friedhof der ausgeschlachteten Bodenfahrzeuge zum Kraftwerk. Dort reinigte er das verstopfte Energieventil, rekalibrierte die vier Hauptmonitore für den Schild und beantwortete eine Reihe von Fragen, die Tarnik ihm per Kom über die Generatoren stellte - Devi hatte ihn aus dem Schlaf gerissen, und entsprechend gereizt klang der Lanteebaner. Anschließend überprüfte Anakin auf Devis Drängen die Energieanzeige des Kraftwerks.
»Ich habe es mir also doch nicht nur eingebildet«, brummte sie, als sie seinen erschrockenen Gesichtsausdruck sah. »Unser Verbrauch ist um zwei Prozent gestiegen.«
Er tat sein Bestes, Zuversicht auszustrahlen. »Den Droiden muss bald die Munition ausgehen. Der Verbrauch wird wieder sinken, keine Sorge.«
»Wenn du das sagst«, meinte sie skeptisch. »Anakin ...«
Er wusste, welche Frage sie ihm stellen wollte. Dieselbe Frage, die er auch in den Augen der anderen Dorfbewohner sah, wann immer sie ihn anblickten. »Bald, Devi. Ich weiß nicht, wann genau sie hier sein werden, aber es kann nicht mehr lange dauern.«
»Glaubst du selbst daran?«, fragte sie nach einem Moment. »Oder willst du nur, dass wir es glauben? Lügst du uns an, weil du nicht weißt, was du sonst sagen sollst?«
»Ich lüge nicht!«, sagte er aufbrausend. »Hilfe ist unterwegs. Wir müssen nur noch ein wenig länger ausharren, das ist alles.«
Die Servomotoren an ihrem Antigrav-Geschirr knirschten wie gebrochene Knochen, als sie sich abwandte. Eine Weile standen sie beide schweigend da und lauschten dem monotonen Wummern, mit dem die Blasterschüsse gegen den Schild prallten.
»Ich versuche ja, stark zu bleiben, Anakin«, wisperte sie schließlich. »So gut ich nur kann. Das tun wir alle. Aber...«
»Ich weiß.« Auch seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Es tut mir leid, Devi. Lass mich mal einen Blick auf das Geschirr werfen. Die Servos scheinen defekt zu sein.«
»Na gut«, sagte sie lustlos. »Falls es dir dann besser geht. Mir ist es egal.«
Also reparierte Anakin den Gehapparat, obwohl er genau wusste, dass die Servomotoren morgen noch viel lauter knirschen würden. »Kommst du hier noch eine kleine Weile alleine zurecht?«, fragte er, nachdem er den Vibroschraubenschlüssel in den Werkzeugkasten des Kraftwerks zurückgelegt hatte. »Ich möchte nach Obi-Wan sehen und sichergehen, dass er sich nicht übernimmt.«
Sie zog die Schultern hoch. »Sicher ... Falls etwas passiert, melde ich mich wieder bei dir.«
Wenn wieder etwas passiert. Das Problem war, dass es jetzt, wo Rikkard dem grünen Fieber zum Opfer gefallen war, niemanden außer Anakin und Obi-Wan gab, der Devi hätte ablösen können. Er legte ihr seine echte Hand auf die Schulter. »Ich komme wieder, sobald ich kann.«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Anakin, du musst dich ausruhen. Leg dich eine Stunde hin - oder besser noch zwei. Falls das grüne Fieber dich außer Gefecht setzt oder du vor Erschöpfung zusammenbrichst, dann ist das unser Ende. Das weißt du doch, oder? Ohne dich werden wir sterben.«
Sprachlos starrte er sie an. Ohne dich werden wir sterben. Sie hatte recht, und er wusste es, doch er hatte nicht gewollt, dass man es ihm ins Gesicht sagte.
»Tut mir leid«, flüsterte sie, dann stellte sie sich schwankend auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. Sie hatte schon längst aufgehört, mit ihm zu flirten. Jetzt war da nur noch die Zuneigung einer Schwester. »Ich wollte es nicht noch schwieriger für dich machen. Wir sehen uns später. Und vergiss nicht, etwas zu essen.«
Auf seinem Weg zum Dorfzentrum begegnete er Tarnik, und sie verglichen ihre Notizen. So weit schien alles in Ordnung zu sein. Die Generatoren liefen alle fehlerfrei, und der alte Mann versprach, noch eine Kontrollrunde zu drehen.
»Iss was und leg dich hin Junge«, meinte er noch. »Wir brauchen dich.«
Wenn mich auch nur noch eine Person daran erinnert...
Er musste nicht die Macht konsultieren, um Obi-Wan zu finden. Wenn er nicht im Kraftwerk arbeitete, war er im Heilhaus, um Teeba Sufi zu entlasten. Dank des giftigen Rauches aus der niedergebrannten Raffinerie litt inzwischen mehr als die Hälfte der Einwohner am grünen Fieber. Nicht einmal die mysteriösen Tabletten, die sie schon ihr ganzes Leben nahmen, hatten sie gegen diese Überdosis schützen können, und allein die Macht bewahrte Skywalker und Kenobi davor, ihr Schicksal zu teilen. Anakin wusste nicht, ob er dafür dankbar sein oder Schuldgefühle haben sollte.
In der offenen Tür des Heilhauses blieb er stehen. Niemand nahm von ihm Notiz, auch Obi-Wan nicht. Ein Blick in sein Gesicht war genug, um Anakin lautlos fluchen zu lassen.
So ein Narr. Was tut er nur?
Schließlich bemerkte ihn Teeba Sufi, als sie gerade die Decke eines ihrer Patienten glatt strich. Sie zog die Augenbrauen zusammen, und nach einem kurzen Blick in Obi-Wans Richtung - er saß neben einer überbelegten Pritsche und konzentrierte sich voll und ganz auf die Frau, deren Schmerzen er zu lindern versuchte -, schob sie sich zwischen den Betten hindurch zum Eingang.
»Anakin«, sagte sie, dann legte sie ihm die Hand auf die Stirn. Sie überprüfte bei jeder Gelegenheit, ob er Fieber hatte, inzwischen war er also daran gewöhnt. »Schaff deinen Freund hier raus. Er soll ein wenig frische Luft schnappen, oder was in Torbel dieser Tage eben als frische Luft durchgeht. Am liebsten würde ich ihn bis morgen nicht mehr hier sehen, aber ich weiß, dass das unmöglich ist, also sorg dafür, dass er sich wenigstens ein paar Stunden ausruht.«
Mit einem Nicken blickte Anakin sich unter den knapp zwei Dutzend Kranken und Verletzten um. »Ich werde es versuchen, Teeba. Wo ist Rikkard?«
»Du hast davon gehört?« Mit einem Seufzen deutete sie in die gegenüberliegende Ecke des überfüllten Raumes. »Ich habe ihn neben Arrad gelegt. Dank Obi-Wan geht es dem Jungen von Tag zu Tag besser. Ich glaube, es tut Rikkard gut, die Stimme seines Sohnes zu hören. Sofern er überhaupt etwas hören kann. Es hat ihn wirklich schlimm erwischt.«
»Wann wird dir die Medizin ausgehen, Teeba?«
»In ein oder zwei Tagen«, erklärte sie schweren Herzens. »Ich habe heute die letzten Blätter aus dem Kräutergarten gepflückt. Die letzte Portion köchelt gerade hinter dem Haus auf dem Feuer. Ich verdünne die Medizin bereits und gebe allen nur eine halbe Dosis, aber wenn wir noch sparsamer mit dem Gebräu umgehen, wird es nicht mehr wirken.« Mit gefurchter Stirn nickte sie in Obi-Wans Richtung. »Ich glaube, er hilft den Kranken mehr als die Medizin. Nur werden ihm die Kräfte vermutlich genauso schnell ausgehen wie mir die Kräuter. Und dass Greti ihm manchmal hilft, wenn ich nicht da bin, um sie aufzuhalten, ändert auch nichts daran. Du musst ihn zur Vernunft bringen, Anakin. Auf mich will er nämlich nicht hören.«
»Ich kann nicht versprechen, dass er auf mich hören wird«, meinte er. »Obi-Wan kann ziemlich stur sein, Sufi.«
Sie verschränkte die dünnen Arme vor der Brust und lächelte trocken. »Ist mir auch schon aufgefallen. Das muss wohl eine Grundanforderung für einen Jedi sein.« Doch dann zögerte sie weiterzusprechen. Ihr faltiger Kittel und ihr fleckiges Kleid schlotterten förmlich um ihren Körper. Seit ihrer ersten Begegnung hatte sie deutlich an Gewicht verloren. »Anakin...«
Geht es jetzt schon wieder los? Er nahm ihre Hand und versuchte, ihr Trost zu spenden. »Sufi, ich habe seit dem Tag, als dieser Krieg begann, an der Front gekämpft. Und wenn ich eines gelernt habe, dann, dass eine Schlacht sich in Sekundenschnelle von einer drohenden Niederlage in einen Sieg wandeln kann. Man darf nur nicht aufgeben. Wer glaubt, dass er schon verloren hat, kann nicht mehr gewinnen.«
Sie blies die Backen auf und sah zu ihren kranken Freunden und Nachbarn hinüber. »Ich hoffe, du hast recht. Jetzt geh - und nimm deinen Freund mit.«
»Gut, Teeba«, sagte er, dann überließ er sie ihren brütenden Gedanken.
Obi-Wan tauchte gerade wieder aus der Heiltrance auf, als Anakin neben ihn trat. Er war so erschöpft, dass er seinen früheren Schüler eine Minute lang gar nicht bemerkte, bis Skywalker ihm schließlich die Hand auf die Schulter legte.
»Obi-Wan. Obi-Wan. Kommt, gehen wir.«
Überrascht blickte Kenobi auf. »Anakin ... Was ist los? Das Kraftwerk? Die Schildgeneratoren?«
Er kniete sich neben seinen Freund. »Alles ist in Ordnung. Macht Euch keine Sorgen. Sufi möchte eine Weile ihre Ruhe vor Euch haben. Also kommt.«
»Anakin ...« Tiefe Furchen gruben sich in Obi-Wans Stirn. »Du siehst schrecklich aus.«
»Findet Ihr? Dann tut Euch selbst einen Gefallen und schaut in keinen Spiegel.«
»Ich? Mir geht es gut«, behauptete Obi-Wan kraftlos. »Aber du solltest dich ein wenig ausruhen. Und wann hast du zum letzten Mal etwas gegessen?«
Er schob seine Hand unter Kenobis Ellbogen und zog ihn mit sich in die Höhe, als er sich aufrichtete. »Keine Ahnung. Aber falls Ihr mir deswegen Vorhaltungen machen wollt, dann wartet, bis wir draußen sind.«
»Ich komme gleich nach«, sagte Obi-Wan und blickte auf seine fieberleidende Patientin hinab. »Ich muss nur noch ...«
»Nein, Ihr müsst nicht«, widersprach Anakin. »Ihr seid fürs Erste von Euren Pflichten hier entbunden, Meister Kenobi. Direkte Anweisung von General Sufi.«
Als hätte sie ihren Namen gehört, wandte Sufi auf der anderen Seite des Behandlungsraumes sich um und deutete stumm auf den Ausgang, den Blick fest auf Obi-Wan gerichtet. Ihr ernster Gesichtsausdruck sagte mehr als jeder gebrüllte Befehl.
»Oh«, entfuhr es Kenobi, »ich verstehe.«
Als sie das Heilhaus verließen, war bereits die Nacht über Torbel gefallen, erhellt vom grellen Aufblitzen der Blasterstrahlen. Die kühle Luft vibrierte unter den zahllosen Einschlägen im Schutzschild.
Auf der Stufe vor dem Gebäude blieb Obi-Wan stehen und blickte hinüber zur fernen Plasmakuppel. Noch hielt sie. Noch schützte sie sie. »Wann wird der Schild ausfallen?«, fragte er leise, sodass die Dorfbewohner ihn nicht hören konnten, die sich auf dem großen Platz versammelt hatten.
»Ich weiß es nicht.« Anakin schob die Hände in die Taschen. »Kommt jetzt ein >Ich hab es ja gesagt<?«
»Dafür bin ich zu müde«, brummte Obi-Wan. »Lass uns etwas essen.«
Da sich die Nahrungs- und Wasservorräte des Dorfes bedrohlich dem Ende zuneigten, hatten Jaklin und Rikkard beschlossen, dass alle Mahlzeiten an einem zentralen Ort zubereitet und verteilt werden sollten. Diese behelfsmäßige Küche befand sich auf dem großen Platz, und fast rund um die Uhr waren die Leute dort in Schichten damit beschäftigt, zu kochen und Geschirr zu spülen. Man hatte Tische und Stühle aus den Hütten herbeigeschafft und einen großen Essensbereich unter freiem Himmel errichtet. Da beinahe die gesamte Energie von Torbel für den Schild aufgewendet wurde, kochten die Leute das Essen über offenem Feuer. Fackeln beleuchteten die Tische, und unter anderen Umständen hätte der Anblick wohl etwas beinahe schon Festliches gehabt.
Es war noch früh, und die meisten der Gestalten an den Tischen waren Kinder. Ein paar Erwachsene saßen zwischen ihnen, um den jüngsten zu helfen und die anderen im Zaum zu halten. Fast alle hoben sie die Köpfe von ihren Tellern, als die Jedi an ihnen vorbei zur Theke schritten. Anakin spürte eine Mischung roher Emotionen in ihren Blicken. Furcht und Ratlosigkeit, Zweifel und Hoffnung.
Es war schwer, unter der Last ihrer Aufmerksamkeit nicht zusammenzubrechen. Hatte Obi-Wan vielleicht recht? Hätten wir uns ergeben sollen? Habe ich diese Kinder zum Tode verurteilt? Es brachte nichts, sich jetzt noch in solchen Gedanken zu ergehen. Er konnte die Zeit nicht zurückdrehen. Dennoch nagten die Zweifel an ihm. Jedes verängstigte Gesicht, jeder angehaltene Atem, jede Träne verunsicherte ihn mehr.
Noch immer machten die Droiden keine Anstalten, ihren Beschuss
einzustellen. Bämm... Bämm... Bumm... Bämm...
»Achte nicht darauf«, ermahnte ihn Obi-Wan, als sie die Theke erreichten. »Denk gar nicht erst darüber nach. Wir sind, wo wir sind. Konzentriere dich auf das, was wir noch tun können, nicht auf das, was nicht mehr zu ändern ist.«
»Ihr habt leicht reden«, murmelte er. »Ich habe ...«
»Teebe«, grüßte sie Jaklin. Sie stand neben einem Topf mit Rühreiern hinter der Theke. Wie alle im Dorf war auch sie schmutzig und müde. »Wollt ihr etwas essen?«
»Jaklin.« Obi-Wan beugte sich über den Tisch und legte seine Finger um ihr Handgelenk. »Wie geht es dir? Irgendwelche Anzeichen des grünen Fiebers?«
Sie zog ihren Arm zurück. »Nein. Wann kommt denn nun die Hilfe, die ihr uns versprochen habt?« Jaklin war verbittert. Die anderen Dorfbewohner hatten sie überstimmt, hatten sich von Rikkards blindem Vertrauen und seinem Pflichtgefühl überzeugen lassen. Nun machte sie die Jedi für jedes Opfer verantwortlich, das Torbel erbringen musste, weil sie sich den Droiden nicht ergeben hatten. Sie gab ihnen die Schuld an den neun Feuerbestattungen, die es am Tag nach dem ersten Angriff gegeben hatte, und sie hasste sie für den Tod ihrer Freundin Brandeh.
»Bald, hoffe ich«, sagte Obi-Wan, ohne auf ihren beißenden Ton zu reagieren. »Jaklin, du musst sofort ins Heilhaus kommen, wenn du dich schlecht fühlst.«
»Es geht mir gut«, schnappte sie, dann klatschte sie eine winzige Portion Ei und alten Salat auf einen Teller. »Was ist mit Rikkard?«
Obi-Wan nahm den Teller und dann die gesprungene Tasse mit seiner bescheidenen Ration an Wasser. »Er wird es schaffen, genau wie Arrad.«
»Er stirbt also nicht?« Ihr Kinn bebte, während sie einen zweiten Teller füllte. »Ich habe gehört, er würde es nicht einmal bis morgen früh schaffen.«
Anakin nahm den Teller entgegen. »Du solltest diesen Gerüchten nicht glauben, Teeba. Wenn Obi-Wan sagt, dass Rikkard durchkommt, dann kommt er auch durch.«
Sie legte den Schöpflöffel zurück in den Topf, schenkte ein wenig Wasser in eine Tasse ein und hielt sie ihm hin. »Und warum sollte ich auch nur ein Wort glauben, das aus euren Mündern kommt? Wir sitzen hier fest wie Käfer unter einem Stein, und alles, was wir tun können, ist darauf zu warten, dass man uns zerquetscht.«
Die beiden anderen Frauen, die hinter der Theke arbeiteten, hörten auf, das Geschirr zu spülen, und lauschten der Unterhaltung. Anakin öffnete den Mund zu einer ungestümen Antwort, aber Obi-Wan hielt ihn mit einem Stoß in die Rippen zurück.
»Wir verstehen deine Wut, Jaklin«, erklärte er dann. Seine Stimme war brüchig vor Erschöpfung und Anspannung. »Bislang hat sich nichts so entwickelt, wie wir hofften.«
Zu viel Furcht und zu wenig Schlaf hatten Jaklins Augen trübe werden lassen. »Wie lange noch?«, flüsterte sie. »Ihr sagtet, falls alles andere scheitert, würdet ihr euch ergeben. Wie lange müssen wir noch leiden, bevor ihr endlich das Richtige tut?«
»Jaklin...«
»Rikkard hat das grüne Fieber. Ich bin jetzt also der einzige Anführer dieses Dorfes. Und ich warne euch, Jedi - falls die Hilfe, die ihr uns versprochen habt, nicht innerhalb eines Tages hier eintrifft, dann werde ich euch bei eurem Wort nehmen. Dann werdet ihr euch den Droiden ergeben.«
Obi-Wan nickte. »In Ordnung, Teeba.«
Als sie sich zurückzogen, um ihr karges Mahl zu verspeisen, warf Anakin seinem früheren Lehrmeister einen fragenden Blick zu. »Wie schnell könnt Ihr Rikkard wieder auf die Beine bringen? Jaklin meint es nämlich todernst, Obi-Wan. Sie wird uns den Droiden vorwerfen.«
»Rikkard ist schwer krank«, erklärte Obi-Wan. Er schob sich zwischen den Tischen hindurch und ging dann über den großen Platz zur Straße zurück. »Es könnte ein paar Tage dauern, bis er so weit genesen ist, dass er sich wieder mit derartigen Dingen befassen kann.«
»Obi-Wan, Ihr habt sie gehört! Wir haben keine paar Tage!«
Der ältere Jedi zuckte mit den Schultern. »Anakin, wir hätten so oder so keine paar Tage mehr, ganz gleich, wie Jaklin sich entscheidet.«
Es stimmte. Obwohl jeder Bissen rationiert wurde, schwanden Torbels Nahrungsmittelvorräte erschreckend schnell, und die Pumpe des Brunnens war so schwer beschädigt, dass nicht einmal er sie reparieren konnte. Die Kranken und Verwundeten konnten außerdem nicht richtig versorgt werden, und ihr Verbrauch an Flüssigdamotit war so enorm, dass Anakin Angst hatte, überhaupt auf die Füllanzeigen zu schauen.
Es ist ein Wunder, dass die Dorfbewohner so ruhig geblieben sind. Aber es wird nicht mehr lange dauern, bis sie in Panik geraten. Und dann...
»Ihr findet, wir sollten aufgeben?«
»Noch nicht«, meinte Obi-Wan nach einer kurzen Pause.
»Was sollen wir Eurer Meinung nach dann tun?«
Zur Sicherheit wurden die Straßenkreuzungen durch batteriebetriebene Handlampen beleuchtet. Im Schein einer solchen Lampe setzte Obi-Wan sich auf die Stufe vor einem leeren, verlassenen Haus. »Essen wir doch erst einmal, in Ordnung? Kalt sind die Eier nämlich wirklich nicht mehr zu genießen.«
Das stimmte vielleicht, aber es wollte nicht viel heißen. Es wäre schon ein Wunder nötig, um Jaklins Eier in irgendeiner Form schmackhaft zu machen. Anakin betrachtete den rosafarbenen Batzen auf seinem Teller voller Abscheu, dann spießte er einen Klumpen mit seiner Gabel auf und schluckte ihn ohne zu kauen herunter. Der Würgereiz war übermächtig. »Ich muss zugeben, ich hätte nicht übel Lust, mich auf der Stelle zu ergeben, wenn ich wüsste, das ich dann nie wieder diesen Fraß essen muss.«
Obi-Wan lachte. »Vertrau mir Anakin, verglichen mit rohem Gundark ist das hier ein Festschmaus.«
»Ihr habt nie rohen Gundark gegessen!«
»Nennst du mich etwa einen Lügner?«
»Nein, natürlich nicht, aber... Obi-Wan, niemand isst rohen Gundark.«
»Zumindest kein zweites Mal«, meinte Kenobi sardonisch. »Und beim ersten Mal geschah es auch nicht freiwillig, das kannst du mir glauben.« Er lachte laut, und die Erinnerung vertrieb die Schatten der Anspannung aus seinem Gesicht. Doch dann musste er husten, und auch nachdem er seine Ration Wasser getrunken hatte, dauerte es noch eine ganze Weile, bis er wieder aufhörte.
Anakin bot ihm seine eigene Tasse an, aber Obi-Wan schüttelte den Kopf. »Hört zu«, sagte er nach anfänglichem Zögern. »Ihr könnt nicht so weitermachen, Obi-Wan. Die eine Hälfte des Tages helft Ihr Devi im Kraftwerk, und die andere seid Ihr im Heilhaus. Ob Euch das Mädchen nun hilft oder nicht, Ihr übernehmt Euch. Lange wird Euer Körper das nicht mehr mitmachen.«
»Ich tue, was ich tun muss«, entgegnete Obi-Wan, bevor er eine weitere Gabel Rührei hinunterwürgte. »Diese Leute sind krank, und ich kann ihnen helfen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
»Oh doch, das gibt es«, widersprach Anakin. »Obi-Wan, warum könnt Ihr nicht...« Da wurde ihm plötzlich etwas klar. Verdammt. »Hört zu, Ihr dürft Euch nicht länger für meine Entscheidungen bestrafen. Es ist nicht Eure Schuld, sondern meine. Ich habe Versprechen gemacht, die ich nicht halten konnte.«
»Ich bestrafe mich selbst?« Obi-Wan wandte den Kopf ab. »Das ist lächerlich, Anakin.«
Skywalker stellte seinen fast leeren Teller neben sich auf die Stufe. »Was ist es dann? Sonst seid Ihr es doch immer, der mir sagt, ich soll es nicht übertreiben, vernünftig sein und meine Kräfte so einteilen, dass sie für die ganze Mission ausreichen.
Aber jetzt seht Euch an? Eure Hände zittern. Euer Puls rast. Ich bin kein Heiler, aber selbst ich kann Eure Kopfschmerzen spüren!«
Obi-Wan blickte ihn wieder an. »Willst du damit sagen, ich soll diese Leute sterben lassen, nur um mir ein paar Kopfschmerzen zu ersparen? Ich bin ein Jedi. Es liegt in meiner Macht, ihnen zu helfen, also muss ich das auch tun. Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie sie leiden. Ich werde nicht tun, was die Kritiker des Ordens uns vorwerfen.«
»Die Kritiker des Ordens?« Anakin war verwirrt. »Welche Kritiker? Wovon sprecht Ihr da?«
Mehrere Sekunden saß Obi-Wan schweigend da, während das Bämm ... Bämm ... Bämm des Bombardements weiter durch das Dorf hallte. Ein Teil von Anakins Aufmerksamkeit war permanent auf den verwundbaren Plasmaschild gerichtet, und er nutzte diese Gelegenheit, um auf eine Veränderung im tiefen Summen der Energiekuppel zu lauschen, auf ein Anzeichen dafür, dass die Generatoren schwächelten. Doch nein, ihre behelfsmäßigen Reparaturarbeiten hatten sich bezahlt gemacht. Der Schild hielt, und er würde auch weiterhin halten. Er musste ganz einfach.
Zu guter Letzt stieß Obi-Wan einen Seufzer aus und stellte seinen Teller ebenfalls beiseite. »Da ist etwas, das Bail gesagt hat. Es war auf dem Weg nach Zigoola. Er war wütend, weil ich vollständig geheilt war, während die anderen Verwundeten in den Medizinzentren litten, viele von ihnen für immer entstellt. Er wollte wissen, warum die Jedi sich selbst zuerst heilen, und dann erst die anderen.«
»Dann ist das alles Organas Schuld?«, fragte Anakin verwirrt. »Obi-Wan, das dürft Ihr Euch nicht so zu Herzen nehmen. Er kannte Euch damals doch noch gar nicht, und er wusste auch nichts über die Jedi. Selbst heute weiß er kaum etwas über uns. Ihr könnt Euch nicht aufreiben, nur weil...«
Obi-Wan klopfte ihm leicht aufs Knie. »Beruhige dich, Anakin. Tatsache ist, er hat damit einen wunden Punkt getroffen. Dieser Krieg hat mir gezeigt, dass wir Jedi uns zu sehr von der Republik abgewendet haben, der zu dienen wir schworen. Und wozu führt das? Denk nur daran, wie misstrauisch die Leute hier in Torbel uns gegenüber waren - und es noch immer sind. Außerdem hast du es selbst mehr als einmal gesagt: Wir haben den Kontakt zum normalen Leben verloren.«
»Niemandem ist gedient, wenn Ihr Euch zu Tode schuftet«, entgegnete Anakin. »Ihr müsst damit aufhören - heute Nacht noch. Denn wir wissen beide, dass Ihr Eure Belastungsgrenze längst erreicht habt.«
»Anakin...« Obi-Wan schüttelte den Kopf. »Ich werde ertragen, was ich ertragen muss. Es gibt keine andere Möglichkeit. Und sei es nur, um deinen Verbündeten Rikkard wieder auf die Beine zu bringen.«
Der Hauch eines Tadels lag in diesen letzten Worten. Anakin fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und stellte dabei fest, dass die Bartstoppeln schon viel dichter geworden waren. Als er die Finger über seine Augen legte, klang das Donnern der Schüsse viel lauter und bedrohlicher als zuvor, und selbst durch Lider und Hände konnte er noch die Blitze sehen, mit denen die Blasterstrahlen in den Sturmschild schlugen.
Ich bin daran schuld, dass es so weit gekommen ist. Von Anfang an war ich im Irrtum, und jetzt ist es zu spät, um noch etwas daran zu ändern.
»Tja«, sagte er, als er seiner Stimme wieder vertrauen konnte. »Ich schätze, Ihr hattet doch recht mit Eurer Einschätzung. Ich bin gefährlich.«
»Gefährlich?«, fragte Kenobi überrascht. »Wovon redest du?«
»Erinnert Ihr Euch denn nicht mehr?« Er zuckte mit den Schultern. »Nun, es ist auch schon eine ganze Weile her.«
Es war auf Coruscant gewesen, in einer Nacht, die von funkelnden Lichtern erhellt wurde. Das Schiff der Königin von Naboo stand auf einer Landeplattform und Techniker und Droiden eilten angespannt hierhin und dorthin. Anakin war jung und allein, erfüllt von der Sehnsucht nach seiner Mutter, zerfressen von Zorn, weil der Jedi-Rat seine Träume zu Staub zertreten hatte. Seine einzige Hoffnung war Qui-Gon, groß und stark und unerschütterlich. Ein Beschützer und Verteidiger, ein neu gefundener Freund. Im Gegensatz zu Obi-Wan. Kenobi war noch jung, und er war ungeduldig, scharfzüngig und nicht weniger wütend als Anakin - weil Qui-Gon gesagt hatte, dass er den kleinen, merkwürdigen Jungen selbst ausbilden wollte.
»Der Junge ist gefährlich. Alle können es spüren. Warum Ihr nicht?«
Anakin erschauderte bei dieser Erinnerung. Obi-Wans Verwirrung wich zunehmender Erkenntnis. Auch ihm fiel es nun wieder ein. »Oh«, machte er. »Anakin ...«
Scham und Bedauern ließen seine Stimme vibrieren. Er konnte offenbar nicht glauben, dass sein flüchtiger Zorn und seine gedankenlos dahingesagten Worte sich dem jungen Skywalker so unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt hatten.
Aber das haben sie, Meister Kenobi. Das haben sie. Und jetzt muss ich mich fragen... hattet Ihr damals vielleicht recht?
»Anakin«, sagte Obi-Wan eindringlich. »Hör mir zu. Ich habe mich geirrt. In jenem Moment war ich verletzt. Ich war wütend.« Er schluckte. »Anakin, ich war neidisch.«
Ein Teil von ihm hatte das stets gewusst. Schon damals, als er, ein kleiner Junge in der Obhut eines Astromechdroiden, auf der Landeplattform gestanden hatte, waren ihm die brodelnden Emotionen in Qui-Gons unbeherrschtem Schüler aufgefallen. Er war damals vielleicht noch nicht alt genug gewesen, um alles zu verstehen, doch die Emotionen anderer Wesen hatte er seit jeher erkennen können. Das gehört dazu, wenn man ein Jedi war ... wenn man der Auserwählte war ... der Junge, der mehr war als nur ein Junge.
Nun, viele Jahre später, gestrandet auf einem abgelegenen Planeten, konfrontiert mit dem Tod - oder noch Schlimmerem - war dieser Junge ein Mann, und der Schüler mit dem hitzigen Gemüt sein ehemaliger Meister - sein Freund, sein Bruder, sein Kampfgefährte.
Es sind schon merkwürdige Zeiten.
Anakin schüttelte den Kopf. »Vergesst es. Ich hätte gar nicht davon anfangen sollen.«
»Aber du hast davon angefangen«, sagte Obi-Wan. »Anakin, du bist nicht gefährlich, und du bist auch nicht verantwortlich für die Schwierigkeiten, in denen wir gerade stecken. Falls überhaupt jemanden eine Schuld trifft, dann mich. Ich bin älter als du, ich habe mehr Erfahrung. Ich hätte die Mission jederzeit abbrechen können. Aber ich habe es nicht getan.«
Anakin, du bist nicht gefährlich. Diese Worte und die Ernsthaftigkeit in Obi-Wans müder Stimme zu hören, den ehrlichen Blick in seinem ausgezehrten Gesicht zu sehen ... Ein warmes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus.
Aber wenn er über Tatooine Bescheid wüsste, über das, was wirklich mit meiner Mutter geschehen ist? Wenn er über Padmè Bescheid wüsste, und darüber, wie ich mich fühle, wenn die Macht plötzlich scharlachrot wird und wie kochendes Blut durch meine Adern schießt? Wenn er all das wüsste, was würde er dann sagen?
Er wusste es nicht, und er wollte es nie herausfinden.
Rasch vergrub er diese Gedanken in seinem Innersten, bevor Obi-Wan sie spürte, dann räusperte er sich. »Also, warum habt Ihr die Mission nicht abgebrochen?«
»Weil ich wollte, dass du recht hast«, erklärte Kenobi nach einer langen Pause. »Ich wollte dir die Chance geben, mich einmal eines Besseren zu belehren.« Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Wir nennen dich den Auserwählten, aber wir geben dir viel zu selten Gelegenheit, deine Talente unter Beweis zu stellen.«
»Tja, also ...« Er musste sich räuspern und ein paarmal blinzeln, bevor seine Stimme wieder fest und seine Augen wieder trocken waren. »Diesmal habe ich meinem Ruf keine Ehre gemacht.«
Bumm... Bämm... Bumm... Bämm... Bämm... Der Himmel über dem Dorf brannte weiter wie eine verglühte Sonne.
»Ach, ich weiß nicht«, meinte Obi-Wan mit weicher Stimme. »Wir sind immerhin noch am Leben. Und das bedeutet...«
Ihre Erschöpfung vernebelte den Strom der Macht, dennoch konnten sie es beide spüren. Etwas stimmte nicht. Etwas war...
»Da!«, rief Obi-Wan und deutete über den Platz. Seine Hand zitterte. »Welcher Schildsektor ist das? Vier? Fünf?«
Anakin blinzelte durch die Schatten. »Vier. Verdammt! Ich dachte, ich hätte ihn wieder hinbekommen. Ich ...«
»Egal«, unterbrach ihn Obi-Wan, während er auf die Beine sprang. »Komm schon. Wir haben nicht viel Zeit.«
Keinem der Dorfbewohner war das schwache Flackern des Schildes aufgefallen, welches Zeugnis davon ablegte, dass der Partikelstrahl an Energie verlor. Durds Droiden schienen es ebenso wenig bemerkt zu haben - sie feuerten weiter fröhlich aus allen Rohren. Doch es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie es registrierten, und dann würden sie ihre Blasterstrahlen auf diesen Schwachpunkt im Plasmaschild konzentrieren.
Jeder Schritt tat höllisch weh, aber das war jetzt egal, ebenso wie die Tatsache, dass sie mehr keuchten als atmeten. Anakin hetzte so schnell er konnte neben Obi-Wan her. Da knackte plötzlich sein Komlink, und er zog es im Rennen aus der Tasche.
»Anakin! Generator vier ist...«
»Ich weiß, Devi!«, ächzte er, und beinahe wäre er in der Dunkelheit auf dem schmutzigen Ferrobeton gestolpert, doch er hielt sich auf den Beinen und eilte gemeinsam mit Kenobi weiter die Straße hinab. »Wir kümmern uns darum. Behalte du die Energieversorgung für diesen Generator im Auge. Es darf keine Überladung geben!«
»Ich werd's versuchen«, sagte sie mit angstverzerrter Stimme. »Anakin, beeilt euch. Wir können diesen Sektor jede Minute verlieren.«
Jeder Schritt rammte den Speer des Schmerzes tiefer in seine Wirbelsäule. Er spürte seine eigenen Qualen, und er spürte Obi-Wans, doch er musste es ignorieren. An einen Machtsprint war nicht zu denken, sie waren also gezwungen zu rennen, ganz gleich, wie sehr sie auch vor Verzweiflung ächzten und keuchten.
Als sie den Generator schließlich erreichten, kamen sie wankend zum Stehen, und sie mussten sich gegenseitig stützen, um nicht beide auf den Boden zu fallen. Damit bei einem Notfall keine wertvollen Sekunden verschwendet werden mussten, stand neben jedem Generator ein Werkzeugkasten, und während Anakin das Gehäuse von seinen Schaltkreisen riss, packte Obi-Wan diesen Werkzeugkasten und leerte seinen Inhalt im Gras aus. Über ihnen flackerte der Schild stärker, und sein
Summen wurde lauter und schiefer, bis es schließlich auch die Aufmerksamkeit der Droiden in der Nähe erregte.
»Oh, verdammt«, zischte Anakin. Jeder Atemzug brannte in seinem Hals. »Bleibt zurück, ihr Barven. Hier gibt es nichts für euch zu holen.«
Zu spät. Man hatte den Droiden ihre Holobilder einprogrammiert, zusammen mit dem Befehl, sie lebend gefangen zu nehmen, und nun hatten die Maschinen, die sich dem Schild zugewandt hatten, ihre Beute auf der anderen Seite entdeckt.
Anakin starrte Obi-Wan an, und Obi-Wan erwiderte seinen Blick.
»Meister, vertraut Ihr mir?«
Kenobi nickte sprachlos.
»Dann macht Euch bereit und tut genau das, was ich Euch sage. Keine Fragen. Auf drei. Eins, zwei, drei!«
Die Erklärung musste warten. Im Moment hatten sie ja nicht einmal Zeit zum Atmen. Anakin tauchte ab in eine Welt, in der jede Maschine ein lebender Organismus war, die ihm leise ihre Geheimnisse zuflüsterte. Er vertiefte sich in das mechanische Herz des Generators und ließ sich von ihm erklären, wo der Fehler lag und wie er ihn beheben konnte. Er handelte rein instinktiv. Seine Instinkte waren schneller als seine Gedanken, schneller als seine Gefühle, und die Macht beschleunigte sie noch, bis er eins mit der Maschine wurde. Er spürte, wie seine Lippen sich bewegten und Befehle bellten, die Obi-Wan sofort befolgte, aber was genau er sagte, konnte er nicht hören, ebenso wenig, wie er sehen konnte, was er eigentlich tat. Er war jemand - etwas - anderes, eine Verschmelzung von Mensch und Maschine.
Auf der anderen Seite des flackernden Schildes feuerten Durds Droiden aus allen Rohren weiter. Anakin fühlte das glühende Plasma wie Lava in seinen Adern. Es verbrannte ihn, versengte sein Fleisch, schmolz seine Knochen. Doch das war nicht länger wichtig. Er bestand nicht länger aus Fleisch und Knochen, er konnte nicht verbrennen.
Ein Funkenschauer, eine Woge neuer Energie, ein Beben in der Macht - und das Summen des Generators wurde wieder gleichmäßiger. Der Sturmschild hörte auf zu flackern. Enttäuscht ließen Durds Droiden ihre Blaster sinken.
Jemand schluchzte, und es dauerte einen Moment, bis Anakin erkannte: Oh, das bin ja ich. Seine Beine gaben nach, und der Boden raste auf ihn zu.
Obi-Wan fing ihn auf. »Alles in Ordnung. Ich hab dich.«
Er ließ Kenobi sein ganzes Gewicht tragen, denn er war zu müde, um noch aus eigener Kraft zu stehen. Alles tat ihm weh, sogar sein Armstumpf.
Plötzlich stieß Obi-Wan einen Schrei aus, und Anakin stimmte lauthals ein. Zwischen zwei erschöpften Herzschlägen hatten sie beide eine neue Präsenz in der Macht gespürt.
Irgendwo über ihnen befand sich ein Jedi. Zu guter Letzt war also doch noch Hilfe gekommen.
Siebzehn
Auf der Brücke der Unbeugsam stieß Mace Windu eine Reihe von Flüchen aus, keiner davon in einer Sprache, die Ahsoka verstanden hätte. Doch ihre Bedeutung war nur allzu deutlich. Wäre sie allein oder unten auf dem Mannschaftsdeck bei Rex und den anderen, und könnte sie trotzdem sehen, was sie jetzt sah ...
... dann würde ich vermutlich auch fluchen.
Die Separatisten hatten eine Blockade um Lanteeb errichtet, einen Sperrgürtel aus Kriegsschiffen - und die Schnalle dieses Gürtels war General Grievous' gewaltiger Kreuzer.
Admiral Yularen stand vor dem Sichtfenster, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, die Stirn gefurcht. »Also, so etwas habe ich nicht erwartet.«
»Nein«, brummte Meister Windu mit angespannter Stimme. »Ich auch nicht.«
Yularen blickte aus den Augenwinkeln zu ihm hinüber. »Sie wussten, dass wir kommen, was bedeutet...«
»Ich weiß«, nickte Windu. »Ich brauche eine sichere Kom-Verbindung zum Jedi-Tempel.«
»Lieutenant Avrey«, rief der Admiral über die Schulter. »Sie haben Meister Windu gehört.«
»Bin schon dabei, Sir«, sagte die Offizierin.
Ahsoka riss ihre Augen von dem beunruhigenden Anblick der zahlreichen Schlachtschiffe los, die reglos vor den Transparistahlscheiben im All hingen und auf sie warteten. Stattdessen sah sie sich auf der Brücke um. Eine großartige Mannschaft war hier an der Arbeit, es gab niemanden, der sich seine Frustration oder seine Angst anmerken ließ, auch wenn die Padawanschülerin diese Emotionen deutlich in der Macht spürte.
Aber wer kann es ihnen verübeln? Wir haben vier Schiffe und die Seps mindestens fünfundzwanzig.
Sie wandte sich wieder dem Fenster zu und blickte an Grievous'
gewaltiger Flotte vorbei zu dem Planeten, den sie verteidigte. Lanteeb, ein unwirtlicher Ort, öde und braun. Dort unten gab es nichts von Bedeutung - nun, zumindest fast nichts.
Ich kann ihn fühlen. Ich bilde es mir nicht nur ein.
Meister Windu blickte zu ihr hinab. »Padawan?«
Kein anderer Jedi machte sie so nervös wie er, nicht einmal Meister Yoda. Seine Präsenz in der Macht war überwältigend, und neben ihm zu stehen war, als würde man von der Bugwelle eines Schiffes überrollt. Dabei war er nur er selbst, ruhig, beherrscht. Wie musste es sich erst anfühlen, in seiner Nähe zu sein, wenn er die Macht einsetzte? Ahsoka wusste nicht, ob sie die Antwort auf diese Frage je herausfinden wollte.
»Meister ...« Ihr Mund war trocken. Sie schluckte und versuchte, ihren rasenden Herzschlag zu beruhigen. »Er ist dort unten. Meister Skywalker ... ich kann ihn spüren. Nicht sehr stark, es ist nur ein Wispern, aber er ist da.«
»Ich weiß«, meinte Windu. Nun, da das kurze, blendend grelle Aufblitzen der Wut verblasst war, war er wieder die Ruhe in Person, ein Fels in der Brandung. »Sie sind beide irgendwo dort unten, und sie sind in Schwierigkeiten.«
Oh ... Sie hatte gehofft, dass sie sich diesen Teil nur eingebildet hätte.
»Meister Windu?«, sagte Lieutenant Avrey hinter ihnen. »Die sichere Verbindung zum Jedi-Tempel steht.«
»Danke.« Windu ging hinüber zur Kommunikationskonsole, nahm das Komlink, das sie ihm hinhielt, und hob es an die Lippen. Sein Blick richtete sich wieder auf die Blockade um Lanteeb. »Hier ist Mace Windu. Ich muss mit Meister Yoda sprechen. Sofort.«
Während er dem Großmeister die Situation erklärte, schloss Ahsoka die Augen und tauchte tiefer in die Macht ein. Vielleicht konnte sie ja Kontakt zu Skyguy aufnehmen. Es galt zwar als praktisch unmöglich, ein Bewusstsein über eine solche Entfernung zu berühren, aber dass sie seine Gegenwart spürte, motivierte sie. Das Band zwischen ihr und ihrem Meister war außergewöhnlich stark, und wenn sie sich intensiver konzentrierte als je zuvor in ihrem Leben, wenn sie ihren Geist zu einem mentalen Laserstrahl bündelte und ihn durch die Kälte des Alls schickte...
Meister... Skyguy... Anakin... Ich bin hier.
Ihr Puls rauschte in ihren Ohren, und sie spürte, wie ihr der Schweiß auf die Stirn trat, aber sie strengte sich noch mehr an, bis eine Gänsehaut ihre Arme überzog und der Schmerz hinter den geschlossenen Augen zu einem schrillen Crescendo anwuchs.
Meister, ich bin es, Ahsoka. Bitte, gebt mir ein Zeichen, dass mit Euch alles in Ordnung ist.
Sie bekam keine Antwort, da war nur das Echo eines Echos, ein kaum spürbares Vibrieren, das ihr sagte: Ja, er lebt. Keuchend kehrte sie in die Realität zurück. Im ersten Moment musste sie um ihr Gleichgewicht kämpfen, aber Meister Windu, der noch immer mit Yoda sprach, schien es nicht zu bemerken.
»... Ordnung. Wir werden keinen Angriff starten, bis wir wieder von Euch hören, es sei denn, sie eröffnen das Feuer. Aber lasst uns hier nicht zu viel Zeit verschwenden. Und falls sie versuchen sollten, an uns vorbeizukommen, um die Biowaffe fortzuschaffen, werde ich sie aufhalten. Windu Ende.«
Lieutenant Avrey unterbrach die gesicherte Verbindung und wandte sich Admiral Yularen zu. »Gute Neuigkeiten, Sir. Die Separatisten haben viermal versucht, unser Signal zu stören, aber die verbesserten Kom-Sicherheitssysteme haben ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht.«
»Ausgezeichnet.« Yularen gestattete sich ein kurzes, zufriedenes Lächeln. »Leiten Sie diese Nachricht an die Pionier und die Himmel über Coruscant weiter. Aber die Separatisten werden es weiter versuchen, wir müssen also alle auf der Hut bleiben.«
Meister Windu drehte sich herum. »Alle Schiffe sollen sich kampfbereit machen. Ein Schuss vor Grievous' Bug wird seine Wirkung nicht verfehlen.«
»Seid Ihr sicher?«, fragte der Admiral. »Warum lassen wir ihn nicht noch ein wenig schwitzen? Zwingen wir ihn dazu, selbst den ersten Zug zu machen.«
»Im Augenblick ist er uns mehr als fünf zu eins überlegen«, erinnerte ihn Windu. »Ich bezweifle, dass er schwitzt, Admiral.« Seine Zähne blitzten in einem grimmigen Lächeln auf. »Aber vielleicht wird er ein wenig nervös, wenn er sieht, mit wem er es zu tun hat. Zumindest wird es ihm zu denken geben, und uns wird es ein wenig Zeit verschaffen.«
»Zeit wofür?«, fragte Yularen leise. »Glaubt Ihr wirklich, das Strategische Oberkommando wird uns mehr Schiffe schicken? Die Republik muss gerade an sieben Fronten gleichzeitig kämpfen, und elf unserer Kreuzer sind noch immer durch das Kom-Virus lahmgelegt.«
Meister Windus Gesicht wurde hart. »Vielleicht wollen sie uns keine Verstärkung schicken, aber sie haben keine andere Wahl. Nicht, wenn sie ein zweites oder drittes Chandrila verhindern wollen. Außerdem ist es Grievous, der uns hier gegenübersteht. Ihn auszuschalten ist von größter Bedeutung, und wenn er bei Lanteeb ist, müssen wir bei Lanteeb gegen ihn kämpfen.«
»Meister Windu, ich widerspreche einem Jedi mit Eurer Erfahrung nur ungern, aber ...« Yularen machte einen Schritt auf ihn zu. »Ich finde, wir sollten das Feuer noch nicht eröffnen. Lassen wir ihn über unsere Strategie im Unklaren. Bringen wir ihn ein wenig aus dem Konzept. Drohgebärden werden nicht funktionieren, solange wir ihm derart unterlegen sind. Ich schlage daher vor, wir warten, bis wir wissen, mit welcher Verstärkung wir rechnen können. Ganz gleich, wie die Lage sich entwickelt, uns steht ein schmutziger, brutaler Kampf bevor - und ich würde gerne wissen, wie schmutzig und brutal er wird, bevor ich mit einem Stock in dieses Nest bizikianischer Hornissen steche.«
Meister Windu dachte einen Moment über diese Worte nach, dann nickte er. »Ich verstehe Eure Bedenken, Admiral. Wir werden eine Stunde warten. Bis dahin sollte Meister Yoda sich wieder gemeldet haben.« Seine Augen wurden schmal. »Und dann werden wir in dieses Hornissennest stechen.«
Ahsoka straffte die Schultern. »Meister Windu?«
»Padawan?«
»Ich würde gerne Captain Rex über die Lage informieren.«
Er zögerte, und sie glaubte schon, er würde ihr die Erlaubnis verweigern, doch dann nickte er. »Gut. Erstatte der Fünfhundertersten Bericht. Ich kümmere mich um die anderen Kompanien.«
»Und danach ... danach würde ich gerne meditieren, Meister.«
Seine Augenbrauen wanderten nach oben. »Meditieren?«
Diesem Mann konnte man nichts vormachen. Nicht, dass sie es versucht hätte. Es behagte ihr nicht, dass Yularen und die anderen Brückenoffiziere jedes Wort hören konnten, das sie sagte, aber sie verschränkte dennoch die Hände hinter dem Rücken - nicht trotzig, nein, überhaupt nicht, eher... entschlossen - und erklärte dann fest: »Meister, ich weiß, die Erfolgschancen sind gering, aber ich würde gerne versuchen, mit Meister Skywalker in Kontakt zu treten.«
»Du hast recht«, meinte Windu. »Die Erfolgschancen sind gering, Padawan. Aber ich werde dir nicht verbieten, es zu versuchen. Es sind schon weit merkwürdigere Dinge geschehen - und während der nächsten Stunde haben wir ohnehin nichts Besseres zu tun.«
Sie gab sich alle Mühe, die Aufregung aus ihrem Gesicht und ihrer Stimme zu verbannen, aber sie war nicht sicher, ob es ihr auch gelang. Zumindest ließ nichts in Meister Windus Miene darauf schließen, dass er von ihr enttäuscht war.
»Danke, Meister. Sobald ich mit Rex gesprochen habe, werde ich mich in meine Kabine zurückziehen. Falls Ihr mich braucht, werdet Ihr mich dort finden.«
Mit einem Nicken entließ er die Togruta, und sie machte sich auf den Weg zum unteren Deck, wo Rex und der Rest der 501. in voller Montur auf den Beginn der Schlacht warteten.
Keine Sorge, Anakin. Wir sind hier. Und hier bleiben wir auch, bis wir Euch und Meister Kenobi von diesem Planeten gerettet haben.
Lok Durd saß hinter seinem Schreibtisch, und seine bösartige Befriedigung ließ ihn noch aufgedunsener wirken als sonst. Der tragbare Holoprojektor auf der Tischplatte vor ihm spielte mehrere Ausschnitte der HoloNet-Berichterstattung über den Anschlag auf Chandrila ab, und der Neimoidianer sog sie mit weiten, leuchtenden Augen in sich auf. Die unaussprechlichen Szenen auf den Straßen von Hanna, der Aufruhr im Senat, die Rede des Obersten Kanzlers, in der er um Geduld und Mut bat. Hin und wieder lachte Durd laut auf und wippte im Sessel vor und zurück. »Sehen Sie, Doktor? Sehen Sie? Ich hatte recht!«, rief er mit hämischer Freude aus. »Durch einen Nadelstich habe ich das verrottete Herz der Republik mit Furcht erfüllt. Noch ein solcher Stich, und sie wird vor mir in die Knie gehen. Einmal mehr habe ich Count Dooku bewiesen, wie wichtig ich bin. Ich werde diesen Krieg eigenhändig für ihn gewinnen, und er wird mich mit Schätzen überhäufen, bis ich reicher bin als jedes andere Wesen, das diese Galaxis je gesehen hat!«
Bant'ena starrte die flackernden Bilder an. Sie wusste nicht, ob ihr Herz noch schlug, ob sie noch atmete oder ob die Luft im Zimmer von selbst in ihre Lunge strömte. Die Welt ringsum schien unendlich weit entfernt. Sie selbst schien unendlich weit entfernt. Als hätte sie sich von einer Frau in einen Droiden verwandelt.
Ich bin schuld. Ich habe alle diese Leute getötet.
Meister Kenobi hatte recht gehabt. Sie hatte das Wohl ihrer Freunde und Familienmitglieder über alles andere gestellt - über ihr Gewissen, ihre Überzeugungen, selbst über den Eid, den sie als Wissenschaftlerin abgelegt hatte. Nun hatten tausende Leben den Preis für ihre Entscheidung zahlen müssen, und die Republik stand am Rande des Chaos.
Es ist meine Schuld. Ich bin für all das verantwortlich.
»Entschuldigen Sie, General«, sagte sie und stand abrupt auf. »Ich müsste mich mal erleichtern. Dürfte ich bitte gehen?«
Die Bilder des Alptraums, bei dessen Orchestrierung sie ihm geholfen hatte, faszinierten Durd viel zu sehr, als dass er ihr mehr als einen kurzen Blick zugeworfen hätte. »Beeilen Sie sich. Wir müssen einiges besprechen. Ich möchte die Waffe noch effektiver machen. Auf Bespin müssen wir natürlich noch die alte Formel benutzen, aber...«
Das Büro schien sich um sie zu drehen. »Bespin? Sie wollen als Nächstes Bespin angreifen?«
Wieder lachte er, grunzend, selbstverliebt. »In ein paar Tagen schon. Sobald die Republik sich wieder sicher fühlt. Genial, nicht wahr? Palpatine zieht seine Truppen zusammen, um die Kernwelten zu schützen, und ich zerstöre den Tibanna-Gas-Markt. Wenn Count Dooku sieht, welchen Schaden ich der Republik zugefügt habe, wird niemand meine Position noch in Frage stellen können.« Das Vergnügen schwand aus seinen Augen, und er zischte. »Niemand wird je wieder mein Urteil anzweifeln. Niemand wird je wieder meine Fähigkeiten infrage stellen.«
Bant'enas Magen zog sich zusammen. »Entschuldigen Sie mich bitte.«
»Machen Sie schnell«, wiederholte er. »Ka-De Siebenundsiebzig, begleite sie.«
Sie musste sich anstrengen, um mit Durds verhasstem persönlichem Droiden Schritt zu halten, der sie jeden Tag mit den Holobildern ihrer Familie quälte, dennoch schaffte sie es fast nicht mehr rechtzeitig, bevor ihr Magen sich umstülpte und ihre letzte Mahlzeit und bittere Galle die Speiseröhre hinaufstiegen. Sie brach auf die Knie zusammen und übergab sich, dann rollte sie sich zitternd und schwitzend auf den kalten Bodenfliesen zusammen.
Zumindest konnte sie außer KD-77 niemand sehen. Durd hatte die Kampfdroiden, die sie sonst begleiteten, abgezogen, um den Jedi nachzujagen. Tatsächlich gab es in der gesamten Basis keinen einzigen Droiden mehr - doch wo immer Anakin und Meister Kenobi auch waren, bislang hatten sie einen Weg gefunden, Durds geballten Streitkräften zu trotzen. Heute erst hatte sie gehört, wie der Neimoidianer Colonel Barev angebrüllt und gefragt hatte, warum die Jedi noch immer nicht gefasst waren. Barev hatte gemeint, dass sie keine Aufmerksamkeit auf die Belagerung lenken dürften, dass es zu viele Fragen aufwerfen würde, wenn sie zusätzliche Droiden oder schwerere Geschütze anforderten. Er hatte Durd beschworen, Geduld zu haben. Das Dorf könne nicht mehr lange ausharren, das waren seine Worte gewesen. Doch sie weigerte sich, das zu glauben. Wenn irgendjemand Durd das Handwerk legen konnte, dann Anakin und Meister Kenobi.
Als sämtliche Droiden aus dieser neuen Basis abgezogen worden waren, hatte sie gehofft, sie könnte vielleicht fliehen - aber nein. Durd hatte ihr einen Sklavenkragen umgelegt. Das verdammte Ding war auch noch zu eng, sodass die Haut über ihrem Schlüsselbein inzwischen ganz aufgeschürft und blutig war. Durd war das natürlich egal. Er musste sich um Wichtigeres kümmern, zum Beispiel um die Planung eines zweiten Massenmordes.
Der Kragen war durch eine Nadel direkt mit ihrem Rückenmark verbunden, und sollte sie versuchen, das Gelände zu verlassen oder den Kragen abzunehmen, würde sie gelähmt zu Boden gehen. Er hatte es ihr demonstriert, und sie hatte zwei Stunden lang in ihrem eigenen Speichel gelegen.
Als wäre das nicht genug, verfügte das Ding auch noch über eine Bestrafungsfunktion. Wann immer sie ein falsches Wort sagte, zu langsam arbeitete oder sich Durd gegenüber nicht untertänig genug gab, drückte er einen Knopf auf seiner Fernbedienung, und schreckliche Schmerzen schossen durch ihren gesamten Körper. Sie waren nicht stark genug, um sie zu verkrüppeln - dafür war Bant'ena zu wichtig -, aber doch stark genug, dass sie schluchzte und sich wand, und der Neimoidianer genoss es, sie leiden zu sehen. Ihm dieses Vergnügen zu verwehren, war die einzige Form der Rebellion, die ihr noch offenstand.
Der Droide summte eine Warnung. »Das war jetzt lange genug.«
Kraftlos, verzweifelt, hoffnungslos stemmte sie sich auf die Beine, und nachdem sie sich das Gesicht gewaschen und den Mund ausgespült hatte, kehrte sie in Durds Büro zurück. Der General hatte die Berichte über Chandrila inzwischen abgeschaltet und betrachtete stattdessen eine holografische Darstellung der Molekularstruktur ihrer Biowaffe. Die simple, tödliche Eleganz des Giftstoffes ließ eine neue Woge der Übelkeit in Bant'ena aufsteigen.
Es war ihre größte Errungenschaft, ihr Meisterwerk, und das Einzige, was sie noch mehr hasste als ihre Schöpfung, war sie selbst, weil sie dafür verantwortlich war.
Ich habe einen Fehler gemacht. Ich hätte sie alle sterben lassen sollen, sogar meine Mutter. Jetzt habe ich das Blut tausend anderer Mütter an den Händen.
Durd starrte sie an. »Stehen Sie nicht einfach so herum, Doktor. Setzen Sie sich.«
Mit mechanischen Bewegungen ließ sie sich auf dem Stuhl nieder, während der Droide an seinen Platz in der Ecke zurückstakste.
»Dank Chandrila ...« Durd tätschelte den Holoprojektor.
»... wissen wir, dass der Giftstoff sich zu langsam ausbreitet. Das Gas ist zu schwer. Nun, in einer geschlossenen Umgebung wie auf Bespin ist das natürlich nicht weiter von Bedeutung. Aber bei unserem nächsten Angriff unter freiem Himmel muss die Waffe effektiver sein. Also Doktor, wie können wir das Gewicht unseres Giftstoffes verringern, sodass selbst der leiseste Windhauch ihn...« Das Piepen des Koms unterbrach ihn. Durd fluchte und drückte auf den Empfangsknopf. »Was ist, Barev? Ich bin beschäftigt!«
Es war nur eine Stimmübertragung, aber die Furcht des Colonels war dennoch klar zu erkennen. »Die Republik hat Kreuzer hergeschickt, um Grievous' Blockade zu durchbrechen! Lanteeb steht unter Belagerung Durd.«
Der Neimoidianer sprang aus seinem Sessel hoch. »Wie bitte? Wie kann das sein?«
»Ihre flüchtigen Jedi müssen einen Hilferuf abgesetzt haben.«
»Das ist völlig unmöglich, Sie Dummkopf! Sie stecken mitten im Nirgendwo fest!« Durd schlug mit der Faust auf den Tisch. »Barev, das haben Sie uns eingebrockt! Dieser Hellseher, den Sie mir angeschleppt haben - ich sagte doch, dass wir ihn hierbehalten müssen, bis die ganze Sache vorbei ist. Aber nein, Sie haben darauf beharrt, dass wir ihn ziehen lassen. Der Drivok hat uns verraten! Die Republik hat ihm mehr Geld geboten, und er hat alles ausgeplaudert! Sie hätten nie ...«
»Versuchen Sie jetzt nicht, es mir in die Schuhe zu schieben, Sie fetter Narr! Diese ganze Sache ist allein Ihre Schuld!«
»Fetter Narr? Fetter Narr?« Keuchend hieb Durd noch einmal mit der Faust auf die Tischplatte. »Wie können Sie es wagen!«
»Nein, General, wie können Sie es wagen...«
»Genug!«, brüllte der Neimoidianer. »Wir müssen uns sofort um diese Katastrophe kümmern, die Sie heraufbeschworen haben. Meine Pläne für die Biowaffe stehen auf dem Spiel! Wo stecken Sie?«
»Was glauben Sie wohl? Im Schutzbunker des Raumhafens!«
»Bleiben Sie dort. Ich möchte mir selbst ein Bild von dieser Blockade machen. Und ich will mit Count Dooku reden. Ich muss ihn daran erinnern, dass es seine Pflicht ist, uns zu helfen. Bleiben Sie, wo Sie sind, Barev. Ich bin schon auf dem Weg zu Ihnen.«
Es kostete Bant'ena große Mühe, ihre Emotionen nicht zu zeigen. Hätte Durd auch nur geahnt, welche Freude sie in diesem Moment empfand, hätte er sie in seinem Zorn auf der Stelle getötet.
Vor Wut schäumend wirbelte er zu ihr herum. »Das ist mindestens ebenso Ihre Schuld wie Barevs! Wenn ich mich um diese Sache gekümmert habe und die Schiffe der Republik nur noch Altmetall am Himmel sind, werde ich Sie bestrafen, Doktor. Ich werde Ihre Neffen töten, hören Sie?« Er griff nach der Fernbedienung ihres Kragens und drückte auf den Knopf. Bant'ena schrie vor Schmerz auf und rutschte vom Stuhl auf den Boden, wo sie sich windend und ächzend liegen blieb. »Wollen Sie diese widerlichen Blutsauger retten?«, zischte Durd, während er die Fernbedienung auf den Tisch warf. »Dann gehen Sie zurück in Ihr Labor und finden Sie einen Weg, den Giftstoff leichter zu machen! Sofern Sie in einer Stunde erste Resultate vorlegen können, werde ich vielleicht in Erwägung ziehen, diese kleinen Würmer zu verschonen.«
Sie biss sich auf die Zunge. Die Welt wirbelte um ihren Kopf, der Geschmack von Salz und Eisen füllte ihren Mund, und es kostete sie alle Kraft, wieder auf die Beine zu kommen. »Ja, General.«
Durd trampelte hinter dem Schreibtisch hervor, dann riss er die Tür seines Büros auf und schubste sie hinaus auf den verlassenen Korridor.
»Worauf warten Sie noch? Los! Ka-De Siebenundsiebzig! Du kommst mit mir!«
Auf unsicheren Beinen ging sie den Gang hinab. Sie konnte hören, wie Durd in die andere Richtung davontrampelte, auf den Ausgang der Basis zu, gefolgt von seinem klappernden Droiden. Ihr Körper vibrierte noch immer vor Schmerz, und frisches Blut rann von ihrem wundgescheuerten Hals über das Schlüsselbein. Chaos erfüllte sie.
Die Flotte der Republik ist hier. Das bedeutet, dass die Jedi hier sind. Falls ich Durd hinhalten kann, verschaffe ich ihnen vielleicht die Zeit, die sie brauchen. Aber was unternehme ich wegen Bespin? Die Republik muss wissen, dass dort Durds nächstes Ziel liegt. Denk nach, denk nach. Irgendwie musst du sie doch darüber informieren können.
Sie hielt inne und blickte über die Schulter zurück. Der Korridor war nach wie vor leer, und Durd ... in seinem Zorn hatte er die Tür des Büros weit offen stehen lassen - was bedeutete, dass sie seine Kom-Konsole benutzen könnte. Der sorglose Barve hatte sich nie die Mühe gemacht, sie mit einem Code zu sichern.
Aber ich kann nicht. Ich kann nicht. Falls er mich erwischt, wird er jeden töten lassen, den ich liebe.
Seufzend drückte sie ihre Stirn gegen die kalte Wand des Korridors. Hinter ihren geschlossenen Augen sah sie wieder Samsams leblosen Körper, der vom Himmel stürzte, und sie versuchte, sich vorzustellen, wie es wohl erst sein müsste, ihre Neffen sterben zu sehen. Schließlich hob sie den Kopf.
Fhernan, du bist eine Närrin. Er wird sie vermutlich so oder so töten. Und selbst, wenn er sie verschonen sollte, werden dafür tausende anderer Kinder mit dem Leben bezahlen. Tausende Kinder. Meister Kenobi hatte recht - du darfst nicht ein zweites Mal denselben Fehler begehen.
Zitternd schob sie sich auf Durds Büro zu. Die ungesicherte Kom-Konsole verfügte über drei separate Kom-Kanäle, von denen jeder leistungsfähig genug war, um ein Signal bis in die Republik zu tragen. Sie war keine Kommunikationsexpertin, aber wenn man sein halbes Leben auf Expeditionen verbrachte, lernte man zwangsläufig das eine oder andere. Also stellte sie das Gerät auf Auto-Signalsuche, deaktivierte den Aufnahmemodus und schaltete den Zerhacker ein, anschließend gab sie mit klopfendem Herzen die private Kom-Frequenz ihrer Mutter ein.
Komm schon, Mutter, antworte mir. Was immer du gerade tust - ob du nun schläfst, isst, badest oder die Einkäufe erledigst -, bitte nimm dein Komlink und antworte mir. Nur einmal in meinem Leben möchte ich noch den Klang deiner Stimme hören.
Nichts. Ihr wurde wieder übel.
»Mata Fhernan.«
Bant'enas Knochen und Muskeln verwandelten sich in Wasser, und sie brach vor Lok Durds Schreibtisch zusammen. »Mutter? Mutter, ich bin es!«
»Benti? Benti, die Göttin sei gepriesen!«
Oh, es war ihre Mutter. Sie war nicht tot. Man hatte sie gerettet. Bant'ena liebte Mata über alles, auch wenn sie sie manchmal nicht ausstehen konnte. Sie war schwatzhaft, mürrisch und theatralisch, nie zufrieden, immer kritisch.
»Mutter«, sagte sie. Es war schwer, ihre Stimme ruhig zu halten. »Stimmt es, dass die Jedi dich gerettet haben?«
»Ja, Benti...«
Eine Woge der Erleichterung rollte über sie hinweg, vermengt mit Scham. Ich hätte ihnen vertrauen sollen. »Mutter, hör zu! Nimm diese Nachricht auf! Ich habe nicht genügend Zeit, um alles noch einmal zu wiederholen...«
»Gut«, sagte Mata. Sie klang ebenfalls kraftlos, ausgezehrt vom Schock, die Stimme ihrer Tochter zu hören. »Das Gerät zeichnet jetzt alles auf.«
»Sag den Jedi, dass Bespin Durds nächstes Ziel ist. Sag ihnen außerdem, dass Anakin und Obi-Wan noch hier sind und ihre Hilfe brauchen. Und sag ihnen, dass die Waffe bei den Koordinaten gelagert wird, von denen diese Nachricht kommt. Sie müssen die Basis zerstören. Ich ...«
»Benti, alle sind in Sicherheit!«, platzte es aus ihrer Mutter heraus. »Die Jedi haben uns alle gerettet - bis auf Samsam. Es tut mir so leid, Benti. Bist du noch da? Benti...«
Sie fühlte sich nicht mehr wie eine Frau, aber auch nicht mehr wie ein Droide. Ein Universum der Leere hatte sich in ihrer Brust ausgebreitet.
Sie sind sicher? Dann waren die Holobilder, die Durds Droide mir gezeigt hat, gar nicht echt. Es ist alles gelogen. Ich habe mich von einer Lüge kontrollieren lassen. Anakin, vergib mir.
»Mutter, ich muss Schluss machen«, wisperte sie. »Sag allen, dass es mir leidtut und dass ich sie liebe. Und Mutter ... dich liebe ich auch.«
»Benti... Benti...«
Sie unterbrach die Verbindung, dann nahm sie sich einen Moment - aber wirklich nur einen Moment -, um die Hände flach auf ihr Gesicht zu pressen und die schreckliche Trauer niederzukämpfen, die ihr die Kehle zuschnürte. Als sie wieder sicher sein konnte, dass sie nicht noch einmal zusammenbrechen würde, wandte sie sich Durds Kom-Konsole zu und stellte alle Kontrollen wieder in die neutrale Position. Sie wollte keine Spuren hinterlassen.
Sie sind sicher. Sie alle sind sicher. Und das bedeutet, ich bin frei.
Der Korridor vor Durds Büro war nach wie vor leer, und nachdem sie sich zweimal nach beiden Richtungen umgesehen hatte, rannte sie los, als wäre eine ganze Droidenarmee hinter ihr her.
»Bespin?«, rief Palpatines flackerndes Holobild aus. Der Oberste Kanzler war gerade mit seiner privaten Yacht auf dem Weg nach Chandrila, um die Moral der Kernwelten zu stärken. »Meister Yoda, seid Ihr sicher?«
Yoda, der auf seinem Sessel in der Kammer des Hohen Rates saß, nickte. »Sehr sicher sogar, Oberster Kanzler. Vertrauenswürdig unsere Quelle ist.«
»Ich verstehe«, meinte Palpatine, dann faltete er die Hände auf seinem Schreibtisch. »Dennoch, fürchte ich, bleibt mir nichts anderes, als Euch zu enttäuschen, Meister Yoda, Senatoren. Alle verfügbaren Schiffe müssen nach Bespin geschickt werden, nicht nach Lanteeb. Falls die Versorgung mit Tibanna-Gas zum Erliegen kommt, hätte das katastrophale Konsequenzen für die gesamte Republik.«
Bail Organa, der neben Yoda stand, wechselte einen beunruhigten Blick mit Padmè. »Kanzler, es tut mir leid, aber ich muss Euch widersprechen. Nach dem, was wir bislang bei den Ermittlungen auf Chandrila in Erfahrung bringen konnten, wäre auch die gesamte republikanische Flotte nicht in der Lage, einen Anschlag auf Bespin zu verhindern. Es wäre viel effektiver, ein Team von Agenten und Biowaffen-Experten einzusetzen und...«
»Zögert nicht, diese Leute zu entsenden«, sagte Palpatine, seine Stimme so scharf wie eine Vibroklinge. »Wir müssen jede Möglichkeit ergreifen, die uns offen steht, um einen zweiten Angriff zu verhindern. Aber ich bleibe dabei: Ein Kampfverband muss in diese Region geschickt werden.«
»Oberster Kanzler«, begann Padmè, doch weiter kam sie nicht, denn Palpatine legte seine Hände flach auf den Tisch und stand ruckhaft auf.
»Genug!«, fuhr er ihr ins Wort. »Muss ich Euch daran erinnern, wie instabil die Republik im Augenblick ist? Weil Ihr nicht in der Lage wart, das Unglück von Chandrila zu verhindern, ist das Vertrauen in die Regierung so gering wie nie zuvor - und nachdem Ihr in Eigenregie beschlossen habt, mir wichtige Informationen vorzuenthalten, hat mein Vertrauen in Euch ebenfalls großen Schaden genommen. Ich bitte Euch also inständig, enttäuscht mich nicht, indem Ihr Euch weiter gegen meine Entscheidung stellt!«
Bail verbeugte sich. »Das war nicht unsere Absicht, Kanzler. Wir werden die Flotte über Euren Entschluss informieren, und ich werde sofort ein Team unserer besten Experten losschicken. Wir wollen alles in unserer Macht Stehende tun, um Bespin zu schützen. Aber ...« Er zögerte kurz. »Es wäre vermutlich in unser aller Interesse, eine Evakuierung einzuleiten.«
»Ihr wollt der Republik und den Separatisten den Eindruck vermitteln, dass wir nicht länger in der Lage sind, unsere Bürger zu schützen?«, fragte Palpatine ungläubig. »Nichts dergleichen werden wir tun, Senator Organa.«
»Ich stimme Euch zu«, erklärte Padmè. »Wir müssen den Bürgern Zuversicht schenken. Wir dürfen sie nicht noch weiter verunsichern. Aber, Oberster Kanzler, was ist mit Lanteeb? Der Planet muss von der Kontrolle der Separatisten befreit werden. Dort befindet sich die Produktionsstätte dieser Biowaffe, und außerdem sitzen die Jedi, denen Ihr und ich so viel verdanken, dort in der Falle. Wir können sie nicht im Stich lassen.«
»Meine liebe Senatorin, wir lassen sie doch nicht im Stich«, entgegnete Palpatine. »Im Gegenteil, jetzt, wo Meister Windu sich Admiral Yularens Kampfverband angeschlossen hat, genießt ihr Wohl sogar höhere Priorität als das gesamte Spionagenetz von Kothlis und Bothawui. Falls das nicht Beweis meiner Sorge um diese beiden ist, dann weiß ich leider nicht, wie ich Euch sonst überzeugen könnte.«
Yoda blickte Padmè aus den Augenwinkeln an und hob warnend die Hand. Sie nickte und machte einen Schritt nach hinten. »Oberster Kanzler«, sagte der Großmeister daraufhin, »akzeptieren Eure Entscheidung in dieser Angelegenheit wir werden. Eure Autorität infrage zu stellen nie unsere Absicht war.«
»Wirklich?« Palpatine legte die Stirn in Falten. »Dann zeigt Ihr und die anderen Ratsmitglieder Eure Loyalität aber auf sehr merkwürdige Weise.«
Yoda brauchte die Macht nicht, um zu erkennen, wie tief Palpatines Zorn saß. Doch daran ließ sich leider nichts ändern. Mace Windu hatte recht: Die Fähigkeit des Tempels, seinen eigenen Mitgliedern zu helfen, durfte durch keinen Politiker eingeschränkt werden, nicht einmal in Kriegszeiten.
»Oberster Kanzler«, schaltete sich Bail ein, »vielleicht gibt es eine Möglichkeit, den Kampfverband bei Lanteeb zu unterstützen, ohne die Sicherheit von Bespin zu gefährden. Würdet Ihr mir gestatten, diese Möglichkeit auszuloten?«
Seufzend blickte Palpatine auf seinen Schreibtisch hinab. »Bail, Bail, Bail ...« Er hob wieder den Kopf. »Also gut, ich will Euch vertrauen. Diese Biowaffe muss vernichtet werden. Und natürlich möchte ich auch, dass Anakin und Meister Kenobi gerettet werden. Ich mache mir schreckliche Sorgen um ihr Wohl. Ihr habt also meine vollste Unterstützung.«
»Ein paar weitere Sternenkreuzer wären mir lieber«, murmelte Bail, nachdem das Hologramm verblasst war. »Ich verstehe ihn einfach nicht. Die Situation auf Lanteeb schnellstmöglich zu klären ist doch eindeutig im allgemeinen Interesse.«
»Seid nicht so hart mit ihm, Bail«, sagte Padmè. »Jede Regierung in der Republik erwartet, dass er ihr neue Zuversicht schenkt, dass er verspricht, ihr Planet würde kein zweites Chandrila werden. Unsere Aufgabe ist es, ihn zu unterstützen, nicht, ihn zu kritisieren und seine Entscheidungen zu hinterfragen.«
Yoda sah, dass die beiden Freunde einander angespannt anstarrten. Er räusperte sich. »Senatoren... Neuigkeiten für mich Ihr hattet, wenn nicht ganz ich mich irre. Mit Lanteeb es zu tun hatte, richtig?«
»Entschuldigt, Meister Yoda«, sagte Bail. »Ja, Padmè und ich haben eine Idee, die funktionieren könnte.«
Der Jedi-Meister lauschte schweigend, während die beiden ihren Plan skizzierten, eine zivile Flotte zusammenzuziehen, um den Kampfverband bei Lanteeb im Notfall unterstützen zu können.
»Das einzige Problem«, gestand Padmè mit zusammengezogenen Augenbrauen ein, »ist, dass zahlreiche Regierungen und Unternehmen unser Vorhaben prinzipiell zwar gut finden, aber niemand bereit ist, auch nur ein Schiff zur Verfügung zu stellen. Sie haben alle schreckliche Angst, ihren Planeten und ihr Volk dadurch zum nächsten Ziel für Durds Biowaffe zu machen.«
»Meister Windus Berichten nach zu schließen, ist es offensichtlich, dass wir mehr Schiffe brauchen, um Grievous' Blockade zu durchbrechen«, fügte Bail hinzu. »Und wir werden keine Schiffe bekommen, solange wir nicht versprechen können, dass wir unsere Verbündeten schützen werden.«
»Könnt Ihr uns vielleicht helfen, Meister Yoda?«, fragte Padmè. »Bail sagt, dass Doktor Netzl die letzte Verbindung nicht finden kann, die für ein wirksames Gegenmittel nötig wäre. Und ohne Gegenmittel gibt es keine Garantien und somit auch keine zivile Hilfe für den Kampfverband. Tja, und da der Kanzler so strikt dagegen ist, weitere republikanische Kreuzer nach Lanteeb zu entsenden ...« Ihr Atem wurde ein Seufzen. »Ich sehe keine Möglichkeit, wie wir Anakin und Obi-Wan von diesem Planeten retten oder Durd und Dooku von weiteren Giftgasangriffen abhalten könnten. Seht Ihr einen Ausweg?«
Yoda strich über sein Kinn. Es war interessant, dass sie die Rettung ihrer Jedi-Freunde über das Wohl der gesamten Republik stellte. Das hätte er nicht von ihr erwartet. Wenn es um Obi-Wan und den jungen Skywalker ging, konnte Senatorin Amidala ganz offensichtlich nicht objektiv denken.
Bedauerlich das ist. Nur Schmerz es ihr bringen wird.
»Lösen Doktor Netzls Problem ich nicht kann«, erklärte er gedehnt. »Auch versprechen, dass sicher es ist, Euch zu helfen, den Regierungen und Unternehmen ich nicht kann. Aber eine Lösung für Lanteeb? Hmm. Die vielleicht ich habe. Eure Unterstützung dabei benötigen ich werde, Senator Organa.«
Bail nickte. »Was immer Ihr wünscht.«
Obwohl er müde und von Zweifeln geplagt war, gestattete Yoda sich ein schmales Lächeln. »Doch unauffällig vorgehen wir sollten, Senator. Falls gelingen mein Plan soll, Stillschweigen darüber bewahren Ihr müsst. Zugang zu einem konfiszierten Separatistenschiff Ihr habt?«
»Den habe ich tatsächlich«, sagte Bail überrascht. »Ein verdeckter Einsatz in der Nähe von Kessel hat gerade erst ein altes Schiff der Techno-Union in unsere Netze gespült. Es ist mitgenommen, aber flugtauglich und ausgestattet mit sämtlichen Sicherheitscodes der Separatisten.«
»Was habt Ihr vor, Meister Yoda?«, fragte Padmè. »Könnt Ihr es uns verraten?«
Er rutschte von seinem Sessel und ging in der Ratskammer auf und ab. Das Klacken seines Gimerstockes klang in der schweren Stille ungewöhnlich laut. »Eure Meinung ich teile, dass mit vier Kreuzern allein Grievous' Blockade durchbrechen Meister Windu und seine Truppen nicht können. Doch ein kleines Schiff, hindurchschlüpfen es könnte, falls für einen Verbündeten Grievous es hält.«
»Ihr wollt einen weiteren Jedi nach Lanteeb schicken?«, fragte Bail. »Meister Yoda, vergebt meine Skepsis, aber ...«
Ein Blick des Großmeisters brachte ihn zum Schweigen. »Geändert die Umstände sich haben«, erklärte Yoda. »Dank Doktor Fhernan die Position der Produktionsstätte wir kennen, in der hergestellt die Biowaffe wird. Möglich es uns nun ist, in Durds Basis einzudringen und sie zu zerstören.«
»Entschuldigt«, sagte Padmè, »aber wenn wir wissen, wo sich diese Basis befindet, warum starten wir dann nicht einen Großangriff? Das war doch von Anfang an der Plan. Ich weiß, wir müssten mit Opfern in der Zivilbevölkerung rechnen, aber falls wir diese Waffe nicht zerstören, wird es mehr unschuldige Opfer in der Republik geben als während der letzten eintausend Jahre. Wir sollten uns noch einmal mit Palpatine in Verbindung setzen, mit ihm darüber reden und ...«
»Ein Angriff der Plan war, als noch das Überraschungsmoment auf unserer Seite wir hatten«, entgegnete Yoda. »Diesen Vorteil verloren wir haben, Senatorin.«
»Er hat recht, Padmè«, meinte Bail, während er sich zu ihr umwandte. »Es würde den Kampfverband zu viel Zeit kosten, sich einen Weg durch Grievous' Blockade zu schießen. Durd hätte seine Basis bis dahin längst verlegt. Vielleicht würde er Lanteeb sogar ganz verlassen, mit einer Schiffsladung dieser neuen Biowaffe. Genug, um die halbe Republik auszulöschen. Den Planeten unbemerkt zu infiltrieren ist im Moment wirklich unsere beste Chance.«
»Anakin und Obi-Wan sollten den Planeten auch schon infiltrieren, und wir wissen ja alle, wie es ihnen ergangen ist!«, hielt sie dagegen. »Meister Yoda, wollt Ihr dieser Bant'ena Fhernan wirklich vertrauen? Sie hat uns schon einmal betrogen. Wie können wir sicher sein, dass sie es nicht noch einmal versucht?«
Ihre Sorge war begründet, dennoch ... »Ihr Leben riskiert sie hat, um über Bespin uns zu berichten, Senatorin. Keinen Grund dafür sie hatte. Auch dass Obi-Wan und der junge Skywalker noch leben, sie sagte, und uns gebeten sie hat, den beiden zu helfen. Das nach einer List für Euch klingt? Erst jetzt sie zudem erfahren hat, dass von den Jedi gerettet ihre Familie und Freunde wurden. Einen Grund, uns zu vertrauen, sie nun hat, einen Grund, diese Schuld zu begleichen. Denkt Ihr nicht auch?«
»Nun, vermutlich«, murmelte sie. »Aber was Ihr da vorschlagt, ist trotzdem ... schrecklich riskant.«
»Riskant es ist, ja«, erklärte er ernst. »Doch unsere einzige Möglichkeit es sein könnte, abzuwenden eine großflächige Katastrophe und zu retten unsere beiden vermissten Jedi.«
Padmè wechselte einen Blick mit Bail, dann nickte sie. »Also gut. Nicht dass Ihr meine Erlaubnis brauchen würdet, aber Ihr habt sie. Bail, während Ihr diesen Plan mit Meister Yoda ausarbeitet, werde ich weiter über die Aufstellung einer zivilen Flotte verhandeln. Man kann schließlich nie wissen. Vielleicht hat Euer Freund Tryn während der nächsten Stunden ja einen Geistesblitz, und es wäre sicher nicht verkehrt, für alle Fälle ein paar zusätzliche Schiffe zur Verfügung zu haben.«
»Gut«, sagte Bail. »Aber ...« Er runzelte wieder die Stirn. »Meister Yoda, werdet Ihr Palpatine in diese Pläne einweihen?«
Yoda hörte auf, durch den Raum zu wandern. »Ich das tun sollte, Ihr findet?«
»Ich würde gerne Ja sagen«, meinte Bail. »Aber, um ehrlich zu sein...«
»Nicht eingeweiht werden er muss, Senator«, erklärte der Großmeister entschlossen. »Eine Angelegenheit der Jedi dies ist, ebenso wie die Befreiung von Lanteeb. Genügend Probleme mit Chandrila und im Senat unser Oberster Kanzler bereits hat. Zufrieden sein er wird, wenn abgewendet diese Krise ist. Nicht weiter stören ihn dann wird, dass nicht über alle Einzelheiten informiert er war.« Er lächelte ein zweites Mal, und diesmal wirkte es fast ein wenig schelmisch. »Außerdem die Erlaubnis gegeben er Euch hat, andere Möglichkeiten zu verfolgen, oder etwa nicht? Hmmm?«
Beinahe hätte Bail das Lächeln erwidert. »Nun, ich schätze, das hat er wirklich.« Er blickte Padmè an, besorgt, dass sie nicht damit einverstanden sein könnte. Doch falls sie noch Vorbehalte hatte, so behielt sie sie für sich.
Nachdem er die Senatoren zu Bails wartendem Gleiter begleitet hatte, machte Yoda sich auf die Suche nach Taria Damsin. Fündig wurde er schließlich in einem leeren Übungsraum, wo die Jedi gerade mit ihrem Lichtschwert trainierte.
»Eine Mission, um Obi-Wan und Anakin zu retten?« Ihre gelbbraunen Augen leuchteten auf. »Meister Yoda, natürlich bin ich dabei. Ihr braucht gar nicht erst zu fragen.«
»Ihre Rettung unser Hauptziel nicht sein wird«, korrigierte er sie streng. »Zu zerstören die Anlage, wo hergestellt die Biowaffe wird - das höchste Priorität hat.«
»Oh«, machte sie. »Ja, Meister. Ich verstehe.«
Er betrachtete forschend ihr Gesicht und suchte in der Macht nach einem Anzeichen dafür, dass sie vielleicht doch nicht die Richtige für diese wichtige Mission war. Taria spürte das natürlich und ließ sich vor ihm auf die Knie sinken.
»Meister Yoda, ich schwöre bei meinem Eid als Jedi: Ich bin dieser Aufgabe gewachsen. Ich werde Euch nicht enttäuschen.«
Kurz leuchtete die Macht auf. Ja, sie war die Richtige - eine strahlende Silhouette. Sie gehörte zu den besten Jedi, die der Tempel während Yodas Zeit hervorgebracht hatte. Sie konnte diese Mission durchführen, und ja, sie würde ihn nicht enttäuschen. Doch sie würde einen Preis zahlen müssen ... einen schrecklichen Preis...
Sie sah ihre Zukunft in seinem Gesicht, aber sie schüttelte den Kopf. »Das ist unwichtig. Das Einzige, das für mich zählt, ist, dass ich etwas bewirken kann. Bitte, Meister Yoda. Ändert nicht Eure Meinung. Nicht jetzt.«
Mit einem tiefen Seufzer schloss er die Augen und legte das Kinn auf die Brust. Was wollte die Macht? In welche Richtung führte sie ihn? Er wartete ... und wartete ... und dann bekam er eine Antwort.
»Begleitet mich, Taria«, sagte er, voller Trauer über das Leid, das sie in der Zukunft erwartete. »Erklären die Details Eurer Mission ich Euch werde.«
Achtzehn
»Lügner!«, schrie Teeba Jaklin. »Ihr seid Lügner, Kenobi! Du und dein Freund. Ihr habt unsere Gedanken manipuliert, damit wir glauben, man würde uns retten, und jetzt sieh dich um - wir verhungern hier. Und da erwartest du allen Ernstes, dass wir dir noch einmal vertrauen?«
Obi-Wan war mit Anakin auf den großen Platz zurückgekehrt, und wohin er auch blickte, überall starrten ihn verängstigte, unfreundliche Gesichter an. Die Handvoll Dorfbewohner, die nicht dem grünen Fieber anheimgefallen war, hatte sich um die beiden Jedi versammelt, ausgezehrt von Schrecken und Hunger. Durds Droidenarmee hatte fürs Erste das Feuer eingestellt, doch das angespannte Warten darauf, dass sie den Beschuss fortsetzte, war beinahe genauso schlimm wie das stundenlange Bombardement selbst.
Jaklins blutunterlaufene Augen füllten sich mit Tränen, Wut und Scham erfüllten sie. Sie schrie die beiden Fremden an, aber sie machte sich selbst für das Unglück verantwortlich, das ihr Dorf heimgesucht hatte, und nichts, was Obi-Wan tun oder sagen könnte, würde daran etwas ändern. Dennoch musste er es versuchen. »Jaklin, es ist keine Lüge«, sagte er und versuchte, sie mit seiner entschlossenen Stimme zu überzeugen. »Die Hilfe, auf die wir gehofft haben, ist eingetroffen. Wir müssen nur noch ein wenig länger ausharren. Unsere Freunde werden kommen.«
»Wann?«, wollte sie wissen, während die Leute ringsum von einem Bein aufs andere traten und einander skeptisch zuflüsterten. »Und wo sind sie?« Spöttisch reckte sie den Finger zum Himmel über dem Schild empor. »Da oben? Im All? Von dort aus können sie uns nicht helfen, Jedi. Ich glaube, sie können uns überhaupt nicht helfen.«
»Jaklin, sie können uns helfen«, entgegnete Anakin. »Mein Wort darauf. Gib jetzt nicht die Hoffnung auf. Wir stehen kurz vor...«
»Vor dem Hungertod!«, unterbrach sie ihn. »Weil Rikkard ein sentimentaler Narr war, und weil ich dumm genug war, mich von ihm überzeugen zu lassen.«
Obi-Wan machte einen Schritt auf sie zu, die Hand erhoben. »Teeba, bitte! Denk daran, warum wir das tun - wir wollen Lok Durd aufhalten. Wir wollen verhindern, dass er diese Biowaffe gegen Unschuldige einsetzt.«
»Wir sind auch unschuldig«, fauchte sie mit blitzenden Augen. »Wann werdet ihr endlich anfangen, euch um uns zu kümmern?«
»Das tut er doch!«, sagte Anakin wütend. »Würde er sich in eurem Heilhaus völlig verausgaben, um die Verletzten und Kranken zu heilen, wenn er sich nicht um euch kümmerte? Wir beide machen uns Sorgen um euch, Jaklin. Aber jetzt, so kurz vor dem Sieg aufzugeben? Das ist verrückt. Deine Furcht spricht aus dir, Teeba. Du solltest sie unter Kontrolle bringen, bevor sie noch dein ganzes Dorf vernichtet.«
Das Gemurmel der Menge wurde lauter und zorniger, und Obi-Wan spürte, wie das Gefühl der Gefahr in der Luft sich verdichtete. Er berührte Anakin am Arm und nahm ihn beiseite. »Nicht«, sagte er leise. »Wir bewegen uns auf dünnem Eis. Wir müssen vorsichtig sein, oder wir werden einbrechen.«
Sein ehemaliger Schüler nickte frustriert. »Na schön, bringt Jaklin auf die sanfte Weise Vernunft bei. Aber beeilt Euch. Ich muss zurück zu den Schildgeneratoren.«
Die Schildgeneratoren... das Kraftwerk... die kranken Dorfbewohner im Heilhaus ... wohin sie sich auch wandten, überall warteten Probleme, um die die beiden Jedi sich kümmern mussten.
Obi-Wan sah wieder Jaklin an. Hör auf mich. Bitte, du musst auf mich hören. »Teeba, ich kann dir nicht genau sagen, was im Moment über Lanteeb vor sich geht. Die Macht hat es mir nicht gezeigt. Aber ich kann dir sagen, was ich spüre - was ich weiß. Jedi sind gekommen, um uns zu helfen, aber noch halten die Separatisten sie zurück. Das ist der einzige Grund, warum sie nicht schon längst hier sind.«
»Dort oben sind sie uns keine Hilfe!«, rief Jaklin, und die Menschen von Torbel stimmten ihr lautstark zu. »Sie hätten ebenso gut daheimbleiben können!«
»Jaklin ...« Sanft berührte er sie an der Schulter. »Ich habe schon in diesem Krieg gekämpft, bevor er überhaupt offiziell begann. In den vergangenen Monaten musste ich mehr Freunde sterben sehen, als ich je für möglich gehalten hätte, und ich musste Grausamkeiten miterleben, die du dir nicht einmal vorstellen könntest. Für jedes Leben, das ich gerettet habe, ist ein anderes ausgelöscht worden. Wir sind in einem Alptraum gefangen, und es gibt Tage, viele Tage, an denen ich glaube, wir werden nie wieder daraus erwachen. Aber...«
Zitternd schlug sie seinen Arm beiseite. »Torbels Alptraum ist eure Schuld. Ihr kamt hierher. Ihr brachtet dieses Grauen über uns. Und jetzt...«
»Und jetzt tun Anakin und ich unser Bestes, um euch zu retten«, erklärte er. »Aber alleine werden wir es nicht schaffen. Jaklin, ich sage die Wahrheit.« Er ließ seinen Blick über den Kreis der dicht gedrängten, ängstlichen Dorfbewohner schweifen, und als er fortfuhr, sprach er sie alle an. »Ich schwöre euch bei meinem Leben, wir lügen euch nicht an. Hilfe ist eingetroffen, und sie wird, sobald sie nur kann, nach Torbel kommen.«
»Aber was, wenn es dann schon zu spät ist?«, wollte Jaklin wissen, so laut, dass die Frage das Gemurmel und vereinzelte Schluchzen aus der Menge übertönte. Die Verzweiflung in der Luft war beinahe greifbar, und sie drohte, ganz Torbel zu ersticken. Ein zweites Mal richtete die Teeba den Finger nach oben. »Jeden Moment könnte dieser Schild zusammenbrechen, Jedi. Jeden Moment.«
»Nein«, widersprach Anakin. »Das werde ich nicht zulassen. Der Schild wird nicht ausfallen, Jaklin, genauso wenig wie das Kraftwerk. Selbst wenn ich sie mit meinem eigenen Blut antreiben muss, sie werden nicht ausfallen.«
Doch noch immer wollte sie ihnen nicht glauben. Ihre Augen waren kalt und erbarmungslos. »Wir könnten diese Belagerung jetzt und hier beenden. Wir könnten euch den Droiden ausliefern, und dann würden sie Torbel in Ruhe lassen.«
»Nein!«, schrie eine Kinderstimme. »Nein, das können wir nicht tun!«
Es war Greti. Sie schob sich zwischen den Dorfbewohnern hindurch nach vorne, dann baute sie sich vor Jaklin auf und starrte sie wütend an.
»Teeba, es ist nicht richtig...«
»Halt den Mund, Greti«, sagte Jaklin ungeduldig. »Wir Erwachsenen werden diese Entscheidung treffen. Du solltest besser nach Hause zu deiner Mutter gehen.«
»Dank Teeb Kenobi wird Bohle auch ohne mich wieder gesund«, konterte Greti. »Aber ohne ihn wäre sie gestorben. Genau wie Arrad und all die anderen. Er hat Rikkard geholfen, und Brandehs armer Tochter, Moyjn, und ... und ... ach, einfach allen! Ich weiß es, ich bin oft bei ihm gesessen. Er schläft kaum, er isst kaum. Teeba Jaklin, er weint vor Müdigkeit, aber er macht weiter. Er macht immer weiter.«
Obi-Wan schluckte einen Fluch hinunter. Ein Moment der
Schwäche. Ein Moment, in dem die Tragweite seiner Aufgabe ihn überwältigt hatte. Er war überzeugt gewesen, das Kind hätte geschlafen. Anakins anklagender Blick bohrte sich in sein Gesicht, aber er schüttelte warnend den Kopf. Nicht jetzt!
Die Fäuste in die Hüften gestemmt wie eine kleinere Ausgabe von Sufi, stand Greti da. Sie bebte vor Zorn. »Wie kannst du darüber sprechen, sie den Droiden vorzuwerfen, Teeba? Das ist schrecklich. Du solltest dich schämen.«
»Sie hat recht«, erklärte eine weitere müde Stimme aus den Reihen der Dorfbewohner, und dann erklang ein vertrautes, schleifendes Knirschen. Die Menge teilte sich, um Devi in ihrem behelfsmäßigen Antigrav-Geschirr durchzulassen. Jeder unbeholfene Schritt bereitete ihr augenscheinlich große Schmerzen, aber sie biss die Zähne zusammen und trat entschlossen vor.
»Devi...«, stieß Anakin überrascht hervor. »Was tust du...«
»Du kannst mich nachher ausschimpfen«, sagte sie mit einem flackernden Lächeln in seine Richtung. »Poolin behält die Instrumente im Auge. Sie wird mich sofort informieren, falls eine Nadel in den roten Bereich wandert. Hier ist die Nadel aber bereits im roten Bereich, und ich bin hier, um mich darum zu kümmern.« Wie Greti wandte sie sich wütend zu Jaklin um.
»Wie schnell du vergisst, Teeba. Anakin wäre beinahe gestorben, als er uns vor dem Theta-Sturm gerettet hat.«
»Und du findest, wir sollten diese Schuld begleichen, indem wir unser Leben wegwerfen?« Jaklin schüttelte energisch den Kopf. »Wenn der Junge dir den Kopf verdreht hat, Devi, dann ist das dein Problem. Mach es nicht zu unser aller Angelegenheit.«
Die Röte schoss in Devis Wangen. »Mir hat niemand den Kopf verdreht. Jaklin, nicht die Jedi sind schuld am Leid von Lanteeb, sondern die Separatisten. Sie wollen mit unserem Damotit Unschuldige ermorden. Anakin und Obi-Wan versuchen nur, sie aufzuhalten. Du hast es gesehen. Wie kannst du jetzt nur die Augen davor verschließen?« Sie drehte den Kopf und sah ihre Freunde und Nachbarn an, die in einem Kreis um sie standen. »Es ist leicht, für das Richtige einzustehen, wenn es außer heißer Luft und mutigen Worten nichts kostet. Sind wir wirklich solche Menschen? Menschen, die ein Unrecht geschehen lassen, weil es ihnen ein wenig Schmerz erspart?« Sie wandte sich wieder an Jaklin und spuckte auf den Boden. »Und du nennst dich eine Lehrerin!«
Nun wurde Jaklin rot. »Devi...«
Obi-Wan hielt den Atem an, und er spürte, wie Anakin neben ihm sich ebenfalls anspannte. Etwas berührte seine Hand, und als er nach unten blickte, sah er Greti, aus der eine so außergewöhnliche Jedi hätte werden können. Mit ernstem Gesicht und einem entschlossenen Blick in ihren alten Augen legte sie die Finger um seine Hand.
Falls ich mich irre, wird sie sterben, gemeinsam mit all den anderen. Damit könnte ich nicht leben.
»He«, flüsterte Anakin. »Verliert jetzt nicht den Mut.«
»Ich sage, halten wir durch!«, rief Devi, als Jaklin nicht weitersprach. »Ich sage, bleiben wir stark!«
»Aber für wie lange?«, fragte die Dorflehrerin. Sie klang kraftlos, und mit einem Mal wirkte sie alt, müde und traurig.
»Bis Hilfe kommt«, erklärte Devi. »Und sie wird kommen. Ich habe keinen Beweis, aber ich glaube daran. Ich glaube ihnen.«
Jaklin starrte sie noch einen Moment länger schweigend an, dann drehte sie sich um und ging davon. Verunsichert blickte die Menge ihr nach, und verwirrtes, ratloses Gemurmel wurde laut.
Doch Devi blieb entschlossen in ihrer Mitte stehen. »Hört mir zu!«, rief sie. »Wir sind zu weit gekommen, um jetzt aufzugeben. Ja, wir sind auf den Knien, aber wir sind nicht besiegt. Wenn wir uns jetzt ergeben, schlagen wir uns selbst.«
Mehrere Sekunden herrschte Stille, dann fragte eine anonyme Stimme. »Könnt ihr wirklich versprechen, dass es bald vorbei sein wird, Jedi? Könnt ihr versprechen, dass wir das alles nicht umsonst ertragen müssen?«
Obi-Wan spürte, wie sich die Strömung im stürmischen Meer der Emotionen um ihn änderte, und er atmete tief ein. »Wir versprechen, dass wir euch bis zum Tod verteidigen werden. Und ja, es wird bald vorüber sein.«
Wieder brandete das Surren geflüsterter Kommentare auf, und dann wandten die Leute von Torbel sich zu Kenobis großer Überraschung ab und gingen über den großen Platz davon, zurück zu ihren Häusern und ihren Kindern, um die Belagerung auszusitzen.
Anakin lächelte. »Und der Unterhändler schlägt wieder zu.«
Obi-Wan schüttelte den Kopf. »Nein, diesen Sieg verdanken wir Greti und Devi.«
»Ja«, nickte Anakin. »Devi...«
Sie schlug ihm mit dem Handrücken gegen die Brust und zog in gespielter Verärgerung die Augenbrauen zusammen. »Du kannst dich revanchieren, indem du dir noch einmal die Energieversorgung von Steuereinheit sechs ansiehst. Was immer du letzte Nacht getan hast, es funktioniert nicht auf Dauer.«
Anakins Gesicht verdüsterte sich augenblicklich. »Gut. Gib mir nur eine Minute, ja?«
»Aber wirklich nur eine«, sagte Devi, dann deutete sie mit dem
Daumen über die Schulter die Straße hinab. »Ich warte beim Transporter auf dich.«
Während sie zu dem Fahrzeug hinüberging, blickte Obi-Wan zu Greti hinab. »Und für dich ist es jetzt Zeit, nach Hause zu gehen und ein wenig zu schlafen. Deine Mutter wird sich sicher fragen, wo du bist.«
»Bohle weiß, wo ich bin, Teeb«, entgegnete das Mädchen mit einem Schulterzucken. »Sie weiß, dass ich dir im Heilhaus helfen kann. Und sie will, dass ich helfe.«
Oh, was für eine reine Seele. Ihre Stärke hatte ihn gerettet, und viele andere auch. Er wollte sie nicht hier zurücklassen, wenn sie den Planeten wieder verließen. Falls sie ihn wieder verließen.
»Du hast fürs Erste genug geholfen, Greti. Du musst dich jetzt ausruhen. Wie soll ich denn zurechtkommen, wenn du krank wirst?«
Ihr schmutziges Gesicht wurde nachdenklich. »Du würdest ohne mich nicht zurechtkommen?«
»Nein. Also geh jetzt und schlaf ein wenig.« Er strich ihr mit den Fingern über das struppige Haar. »Und, Greti - danke.«
Widerwillig, aber gehorsam ging das Mädchen davon. Obi-Wan und Anakin waren nun allein auf dem Dorfplatz. Schweigend blickten sie einander an.
»Verflucht«, murmelte Skywalker schließlich. »Das war knapp.«
Kenobi nickte. »In der Tat.«
Beinahe vierzehn Stunden waren vergangen, seit sie zum ersten Mal dieses Vibrieren in der Macht gespürt hatten, das die Ankunft weiterer Jedi verkündete. Vierzehn Stunden, während deren sie sich um die kranken Dorfbewohner, die störrischen Schildgeneratoren und das altersschwache Kraftwerk gekümmert hatten. Vierzehn Stunden, die schließlich in dieser verzweifelten Konfrontation mit den Menschen von Torbel gegipfelt hatten.
»Ich habe versucht zu erkennen, was dort draußen vor sich geht«, erzählte Anakin. »Aber ich schaffe es nicht. Ich kann nicht einmal sagen, wer da gekommen ist. Ich glaube, es ist Ahsoka, aber ...« Er rieb sich die Augen. »Ich bin zu müde, um wirklich sicher zu sein. Ich hätte nie gedacht, dass man so müde sein kann.«
Vor Zigoola hätte ich das auch nicht gedacht. »Keine Sorge. Sie werden bald hier sein.«
»Glaubt Ihr das wirklich?«, fragte Anakin. Verunsicherung spiegelte sich auf seinem Gesicht wider.
»Ja«, sagte Obi-Wan nur. »Ich muss daran glauben.«
Sein früherer Padawan hob den Kopf, als könnten seine Augen den Sturmschild und die Wolke der Moskitodroiden und all die Schichten der lanteebanischen Atmosphäre durchdringen und bis in die kalte, dunkle Leere des Weltalls blicken.
»Ich glaube, es ist Grievous«, murmelte er mit leiser, hasserfüllter Stimme. »Er steht zwischen unseren Freunden und diesem Planeten.«
»Selbst, wenn du recht hast, Anakin - das ändert nichts«, erklärte Obi-Wan. »Wer immer es ist, unsere Freunde werden siegen. Sie sind nicht den weiten Weg gekommen, um sich nun auf der Türschwelle abweisen zu lassen.«
Anakin sah zu ihm hinüber. »Könnt Ihr sehen, wer es ist?«
Er schüttelte den Kopf. »Nicht mit Gewissheit. Aber ich glaube, es ist Meister Windu.«
»Meister Windu und Ahsoka? Das wäre eine interessante Paarung. Falls es wirklich diese beiden sind, sollte Grievous sich besser schnellstmöglich aus dem Staub machen. Er...« Die Hupe des Transporters drüben auf der Straße unterbrach ihn. Anakin winkte. »Ich sollte jetzt wohl besser los. Sobald ich im Kraftwerk fertig bin, muss ich mir noch einmal den Generator ansehen, der uns gestern Nacht solche Probleme bereitet hat. Obi-Wan...«
»Falls du mir jetzt sagen willst, dass ich furchtbar aussehe und Schlaf brauche, werde ich dir eine Ohrfeige verpassen«, sagte Kenobi, aber seine Stimme war sanft. »Mir geht es nicht besser oder schlechter als sonst irgendjemandem in Torbel.«
»Obi-Wan...«
»Anakin, muss ich es etwa wirklich noch einmal sagen?«
Frustriert schüttelte der junge Skywalker den Kopf. »Die Mühe könnt Ihr Euch sparen. Ich weiß. Ein Jedi muss tun, was ein Jedi tun muss.«
»So ist es«, erklärte Obi-Wan noch immer mit sanfter Stimme. Wie könnte er Anakin auch tadeln, wo seine Furcht um ihn doch laut wie ein Schrei durch die Macht hallte. »Also lass uns beide tun, was wir tun müssen.« Kurz legte er seinem Freund die Hand auf den Arm. »Ich bin froh, dass du hier bist. Ich würde mit niemand anderem dieser Krise begegnen wollen.«
Diesmal kam keine schnippische Entgegnung von Anakin. Er sagte nur: »Mir geht es genauso. Und falls ich Hilfe mit den Generatoren brauche...«
»... weißt du, wo du mich finden kannst.«
Obi-Wan blickte Anakin nach, als er den Platz überquerte und neben Devi in den Bodenwagen kletterte. Kaum dass sie davongefahren waren, erwachten die Moskitodroiden über dem Sturmschild wieder zum Leben und eröffneten das Feuer. Die Hundertschaft der Kampfdroiden folgte ihrem Beispiel einen Sekundenbruchteil später. Kenobi legte den Kopf in den Nacken.
Verflucht. Mace, falls du da oben bist, beeil dich. Torbel wird nicht viel länger durchhalten.
Obi-Wan hatte nicht vorgehabt einzuschlafen - nicht, solange noch neunzehn Dorfbewohner seiner ständigen Hilfe bedurften. Doch auch wenn er gegen Anakins fortwährendes Genörgel gefeit war, gegen seinen heillos überforderten Körper war sein Geist machtlos. Zwei Stunden später erwachte er auf dem Boden des Heilhauses. Greti, die neben einer ihrer fieberleidenden Spielkameradinnen kniete und dem kleinen Mädchen mit einem Schwamm den Schweiß von der Stirn tupfte, hörte, wie er sich streckte und drehte den Kopf.
»Oh, habe ich dich geweckt?«, fragte sie, beinahe ängstlich. »Das wollte ich nicht.«
Obi-Wan setzte sich auf. Seine Wirbelsäule knackte. »Schon in Ordnung.« Etwas war anders, doch es dauerte einen Moment, bevor er erkannte, was. »Wann haben die Droiden den Beschuss eingestellt?«
»Ungefähr vor einer halben Stunde.« Greti grinste. »Das ist doch gut, oder?«
Er blickte sich in dem nach wie vor überfüllten Raum um. »Ja. Wo ist Teeba Sufi?«
»Sie ist nach nebenan gegangen, um sich ein wenig auszuruhen«, erklärte Greti, während sie den Schwamm in eine Schale mit Wasser tunkte. »Im Moment sind nur wir beide hier.«
»Wir beide sind einer zu viel, Greti...« Er unterdrückte ein Gähnen. »Ich sagte doch, du sollst nach Hause gehen.«
»Ich weiß, was du gesagt hast, Teeb. Und ich bin ja auch nach Hause gegangen. Aber ich konnte nicht schlafen, also bin ich wieder hergekommen.«
Frustriert schüttelte er den Kopf. Sie ist genauso starrköpfig wie Anakin in seinen schlimmsten Zeiten. »Deine Mutter wird mir ewig böse sein.«
»Bohle versteht das schon.« Vorsichtig breitete Greti eine Decke über ihrer kranken Spielgefährtin aus. »Und du verstehst es doch auch, oder?«
Ja, er verstand. Der Wunsch zu helfen brannte blendend hell in ihrer Aura. »Wie geht es unseren anderen Patienten?«
Sie zog die Schultern hoch und ging mit der Schale schmutzigen Wassers zum Waschbecken hinüber. »Es ist niemand gestorben. Nicht einmal Ryfus. Das ist gut.«
Ryfus war von einem Moskitodroiden halb zerfetzt worden, doch auch wenn sie ihn bis jetzt am Leben erhalten hatten, würde er es ohne anständige Behandlung in einem Medizinzentrum nicht schaffen. »Ja, das ist gut. Greti, wann hast du zum letzten Mal die Medizin gegen das grüne Fieber genommen?«
Sie wrang schweigend den Schwamm aus.
»Greti.« Er schluckte ein gequältes Ächzen hinunter und stemmte sich auf die Füße. »Ich werde dich hier nicht länger helfen lassen, wenn du deine Medizin nicht nimmst.«
»Sie schmeckt fürchterlich«, brummte das Mädchen, als er die Flasche aus dem Schrank holte und ein wenig der heilsamen Flüssigkeit in den Messbecher schenkte. Die Flasche war beinahe leer. »Und du nimmst sie doch auch nicht.«
Obi-Wan hielt ihr den Becher hin. »Ich komme auch ohne zurecht, du nicht. Trink.«
Wütend stürzte sie Sufis bittere Medizin hinunter, dann fuhr sie sich mit dem Handrücken über den Mund.
»Gutes Mädchen.«
Doch anstatt sein Lob mit einem Lächeln zu quittieren, wie sie es sonst stets tat, blickte sie nur schweigend aus dem kleinen Fenster über dem Waschbecken. Da die Droiden das Feuer eingestellt hatten und nicht länger Lichtblitze über den nächtlichen Himmel zuckten, wurde ihr junges, schmales Gesicht fast völlig von den Schatten verschluckt. »Hast du ernst gemeint, was du gesagt hast, Obi-Wan? Dass Hilfe kommt, meine ich.«
»Natürlich habe ich das ernst gemeint. Ich würde nie lügen, wenn es um etwas so Wichtiges geht.«
Sie sah zu ihm auf. »Warum hast du dann noch immer Angst?«
Noch immer Angst? Und ich dachte, ich könnte meine Gefühle vor ihr verbergen. »Ich bin müde, Greti. Es ist leicht, sich entmutigen zu lassen, wenn man müde ist. Aber glaube nicht, dass ich den Glauben an meine Freunde verloren habe. Ich vertraue ihnen nach wie vor.«
Mit geschürzten Lippen wusch sie die Schale aus und stellte sie zum Trocknen auf den Fenstersims, dann drehte sie sich zu Obi-Wan herum. »Habe ich dir wirklich geholfen, Teeb?«
»Ja. Mehr, als du ahnst.«
»Es ist nur, weil...« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Obi-Wan, ich bin anders als die anderen, oder?«
Möge die Macht mir Stärke schenken. »Niemand ist gleich, Greti.«
Sie zog die Augenbrauen zusammen. »Du weißt, was ich meine.«
Wenn es doch nur nicht so wäre. »Greti...«
»Bohle sagt mir ständig, ich solle nicht so oft auf meine Gefühle hören«, erklärte sie, während sie die Hände an ihrer fleckigen Tunika abwischte. »Aber ich kann nicht anders. Ich wurde schon so geboren.«
Obi-Wan schluckte. »Ich weiß.«
Hoffnungsvoll sah sie ihn an. »Teeb ... wenn ihr geht, könnt ihr mich dann mitnehmen? An einen Ort, wo ich so sein kann, wie ich bin.«
Er hätte es kommen sehen müssen. Er hätte sich darauf vorbereiten sollen. »Greti, das geht nicht«, sagte er. Die Worte schienen ihm die Kehle zusammenzudrücken. »Dort, wo ich herkomme, gibt es bestimmte Konventionen, Regeln.«
»Oh.« Ihr Kinn ruckte hoch. »Bin ich nicht gut genug?«
Er zwang sich, dem Blick ihrer glänzenden, großen Augen zu begegnen. »Du bist schon zu alt. Es ist zu spät.«
»Oh.« Ihre Lippen zitterten. »Aber ... ich bin gut genug?«
Kleine Kinder, großer Ärger. Oh, Qui-Gon. »Greti, du bist mehr als gut genug. Es war eine Ehre, dir das wenige beizubringen, das ich weiß.«
»Warum kannst du mich dann nicht...« Sie biss sich wieder auf die Lippe. »Regeln.«
Schweren Herzens schüttelte er den Kopf. »Es tut mir leid.«
Im Schein der Lampe wälzte eine Frau sich auf ihrer Liege herum und stöhnte. Gretis Blick huschte zu ihr hinüber. »Das ist Teeba Yancy«, meinte sie. »Ich hatte vorhin schon das Gefühl, dass es ihr nicht besser geht.«
Obi-Wan drehte sich um, erleichtert über diese Möglichkeit, das Thema zu wechseln. »Dann sollten wir ihr helfen, findest du nicht?«
Gemeinsam und unter vorsichtigem Einsatz der Macht senkten sie das lodernde Fieber der Frau. Anschließend sahen sie sich die anderen Patienten noch einmal an, Liege um Liege, und wo immer nötig, linderten sie Schmerzen, wechselten sie Verbände und rieben sie die letzten Reste von Sufis Salben und Ölen auf verheilende Wunden. Die meiste Zeit verbrachte Obi-Wan an Rikkards Pritsche und versuchte, ihn aus den Fängen seiner Damotitvergiftung zu befreien. Seit der Versammlung weigerte Jaklin sich, ihre Hütte zu verlassen. Torbel brauchte also so schnell wie möglich seinen anderen Anführer zurück.
Doch der giftige Rauch hatte sich tief in Rikkards Fleisch und Knochen gefressen. Kenobi wollte Greti nicht überfordern, und so behandelte er ihn alleine, doch obwohl er sich bis an die Grenzen seiner eigenen Leistungsfähigkeit trieb und zeitweise kurz vor einem Zusammenbruch stand, wollte es ihm einfach nicht gelingen, das Damotit aus seinem Körper zu verbannen.
Greti berührte ihn am Arm. »Teeb, Teeb, das macht dich kaputt. Hör auf. Wir brauchen dich.«
Er biss sich auf die Zunge, um ein Ächzen zu unterdrücken, und löste seinen Geist von Rikkards Leid. Als er dann nach ein paar tiefen Atemzügen den Kopf hob, stellte er fest, dass Arrad wach war und ihn von der benachbarten Liege aus beobachtete.
»Alles ist in Ordnung, Arrad«, krächzte er. »Dein Vater wird wieder gesund.«
Rikkards Sohn schloss die tief in den Schädel zurückgesunkenen Augen, um seine Furcht und seine Zweifel zu verbergen.
»Obi-Wan«, flüsterte Greti. Sie zerrte an seinem Ärmel. »Komm, setz dich hin.«
Er fühlte sich zu müde, zu schwach und zu zittrig, um dem Mädchen zu widersprechen, und so ließ er sich von ihr zu einem leeren Fleck auf dem Boden führen, wo er in den Schneidersitz sank, den Rücken fest gegen die Wand gelehnt. Greti brachte ihm eine halbe Tasse Wasser und blieb wachsam vor ihm stehen, bis er ausgetrunken hatte. »Du bist ganz schön herrisch«, murmelte er, als er ihr die Tasse zurückgab.
»Weil du sonst nicht zuhörst.«
»Sagte das Mädchen, das alles tat, um nicht ihre Medizin nehmen zu müssen.«
Ein flüchtiges, schiefes Grinsen huschte über Gretis Gesicht, dann setzte sie sich neben ihn, hakte ihren Arm unter seinen und ließ mit einem Seufzer den Kopf gegen seine Schulter sinken. »Sie schmeckt scheußlich.«
»Ich weiß. Aber das ist keine Entschuldigung.«
Sie kicherte. »Wer ist jetzt herrisch?«
»Ich bin der Erwachsene. Es ist meine Aufgabe, herrisch zu sein.«
Sie brummte abfällig, dann verfiel sie mehrere Sekunden in Schweigen. Schließlich seufzte sie noch einmal. »Obi-Wan ... wenn es für mich schon zu spät ist, ist das nicht deine Schuld. Ich verstehe das. Regeln sind Regeln.«
Es brach ihm beinahe das Herz, dass sie versuchte, ihm seine Schuldgefühle zu nehmen, obwohl er sie doch zu einem Leben auf diesem öden Planeten verdammt hatte.
»Ja, Greti. Regeln sind Regeln.«
Aber für Anakin haben wir eine Ausnahme gemacht. Warum kann ich nicht dasselbe für sie tun, wo sie doch eine geborene Heilerin ist und Fähigkeiten wie die ihren in der Republik dringend benötigt werden?
»Obi-Wan«, flüsterte sie. »Vielleicht könnte ich ja...«
In diesem Moment eröffneten die Droiden wieder das Feuer, und als die Blasterschüsse zischend gegen den Sturmschild schlugen, wurden die Gedanken des Mädchens von einer Woge kaum zurückgehaltener Furcht hinfortgewischt.
Zeig mir, was dort draußen ist. Zeig mir, was uns erwartet.
Doch die Zukunft entzog sich Obi-Wan weiterhin. Alles, was er noch hatte, war sein Glaube - und dieser Glaube wankte allmählich.
Ahsokas Mund war ganz trocken vor Anspannung, als sie von der Brücke der Unbeugsam aus beobachtete, wie die Gold- und die Pfeil-Staffel den Feind angriffen. Die grimmige Freude der Piloten hallte durch die Macht und erinnerte sie an die freudige Entschlossenheit, die sie oft in der Schlacht spürte. Am liebsten wäre sie jetzt mit den Klonen dort draußen gewesen, doch leider reichten ihre Fähigkeiten als Kampfpilotin dafür nicht aus - noch nicht. Meister Windu hatte aber versprochen, dass sie noch genug Gelegenheit zum Kämpfen haben würde, sobald die Blockade erst durchbrochen war und sie auf Lanteeb landen konnten. Das linderte das Gefühl der Enttäuschung ein wenig.
Das heißt, falls es uns überhaupt gelingt, die Blockade zu durchbrechen. Falls wir landen können.
Meister Windu und Admiral Yularen hatten sich auf die Kampfbrücke zurückgezogen, um den Angriff mithilfe der Holodiagramme zu koordinieren. Bislang hatte Grievous noch keinen Weg gefunden, ihre Kom-Frequenzen zu stören, die Kommunikation zwischen der Unbeugsam und den Piloten wurde also nicht eingeschränkt. Windu hatte Ahsoka angeboten, ihn zu begleiten, doch sie wollte das Gefecht lieber von hier aus verfolgen, in Echtzeit und mit eigenen Augen, genau wie bei den beiden vorangegangenen Scharmützeln. Meister Windu war damit einverstanden gewesen, auch wenn er ihr nach jedem Gefecht mehrere Fragen gestellt hatte, um ihr taktisches und strategisches Verständnis auf die Probe zu stellen.
Wahrscheinlich suchte er auch nach Schwächen in ihrer Einschätzung der Situation, die ihnen später Probleme bereiten könnten. Doch er hatte keine gefunden.
Er war beeindruckt von ihr gewesen, das hatte sie gespürt. Eigentlich hätte sie das nicht weiter kümmern sollen, doch wie konnte man ignorieren, dass man dem großen Mace Windu imponierte? Das Gefühl war beinahe ebenso befriedigend wie bei Anakin.
Bislang hatte es keine ausgewachsene Raumschlacht mit Grievous' Kampfverband gegeben - nur diese drei kurzen, gezielten Stiche in seine Flanke, um ihn beschäftigt zu halten, sodass er nicht darüber nachdachte, warum sein Feind einfach nur reglos im All hing. Das gehörte nämlich alles zum Plan, und als sie noch einmal darüber nachdachte, begann Ahsokas Puls zu rasen. Taria. Es war verrückt. Sie war verrückt. Sie hatte sich auf eine Selbstmordmission eingelassen.
Die Leere jenseits des Sichtfensters der Brücke füllte sich mit Feuer und blitzenden Laserstrahlen, als ein Pilot der Pfeil- Staffel mit einem einzigen Schuss zwei Geierdroiden vernichtete. Ein Mitglied der Brückenmannschaft stieß ein gedämpftes aber triumphierendes »Ja!« aus.
Ahsoka grinste, richtete den Großteil ihrer Aufmerksamkeit aber auch weiterhin auf die Sternenjäger der Gold-Staffel - Anakins Staffel... ihre Staffel... ihrer beider Staffel. Weitere Droiden quollen aus den Bäuchen von Grievous' Kriegsschiffen wie Hornissen aus einem aufgescheuchten Nest. Einen Moment später summte die Kom-Konsole hinter ihr.
»Also gut, sie ist bereit«, meldete Lieutenant Avrey, dann legte sie einen Schalter um. »Meister Windu? Admiral? Wir haben grünes Licht.«
»Danke, Lieutenant.« Meister Windus Stimme drang so ruhig aus dem Kom, als hätte Avrey ihnen gerade nur die Zeit mitgeteilt. »Informieren Sie die Pionier und die Himmel über Coruscant.«
Das erklärte, warum all die Geierdroiden plötzlich in die Offensive gegangen waren. Sie hatten das näher kommende Schiff der Techno-Union entdeckt. Vermutlich hatte Taria die Separatisten angefunkt und ihnen mitgeteilt, dass sie die feindlichen Linien durchbrechen würde - und die Seps schienen tatsächlich zu glauben, dass sie eine von ihnen war -, was bedeutete, dass Meister Yodas gewagter Plan funktionierte. Ahsoka wünschte, sie könnte ihre Sinne ausstrecken und das Bewusstsein ihrer Freundin durch die Macht berühren, um ihr zu zeigen, dass sie nicht alleine war. Doch das ging nicht. Es könnte schließlich sein, dass sich machtempfängliche Wesen auf Grievous' Schiffen befanden. Sie durften also kein Risiko eingehen.
Die Togruta spürte ein Kribbeln in ihrem Geist, eine vertraute Präsenz, und dann raste auch schon Tarias schlankes, schnelles Separatistenschiff an den Backbordfenstern der Unbeugsam vorbei. Meister Windu hatte Fireball die Führung des vorgetäuschten Angriffs übertragen, und Ahsoka hielt den Atem an, als der Klon einige weitere Sternenjäger in ein Abfangmanöver führte. Taria versuchte, ihnen zu entgehen, und es gelang ihr, ihre Flucht absolut überzeugend und verzweifelt wirken zu lassen. Sie war wirklich eine großartige Pilotin. Fireball und seine Leute standen ihr aber in nichts nach. Alles sah so echt aus, dass Grievous unmöglich eine List vermuten würde. Geierdroiden schwärmten aus, um das Schiff der Techno-Union zu schützen, und die Hälfte der Pfeil-Staffel änderte ihren Kurs, um sich den fliegenden Kampfmaschinen zu stellen. Einen Moment später - ja, ja, ja - rasten die Maschinen der Hammer-Staffel aus den Hangars der Pionier, und aus dem Scharmützel über Lanteeb wurde eine ausgewachsene Raumschlacht, in der Maschinen aus allen Richtungen aufeinander zurasten.
Die Hände zu Fäusten geballt, die Sinne zum Zerreißen gespannt, versuchte Ahsoka, alle Sternenjäger gleichzeitig im Auge zu behalten, während sie gleichzeitig Tarias Flugbahn folgte. Die Jedi ließ sich noch immer von Fireball und drei anderen Gold-Piloten über das Schlachtfeld jagen. Die Padawanschülerin hätte beinahe aufgeschrien, als einer von Fibs Klonen von einem Geier getroffen wurde und sich wild überschlagend zur Seite wegkippte. Wer war es? Konnte sie es spüren? Sandcat? War er das? Doch es war nur ein Streifschuss, der Sternenjäger konnte schlingernd kehrtmachen und zu Yularens Schiff zurückfliegen.
Leider hatten nicht alle so viel Glück. Eine andere Gold-Maschine verging nur wenige Sekunden später in einem Flammenball, und Ahsoka schnürte es die Kehle zu, während ringsum auf der Brücke Seufzer und Keuchen zu hören waren.
Das war Bammer. Er mochte Nerf-Eintopf und Opern. Stang! Ich habe gespürt, wie er starb.
Fireball war vermutlich mindestens ebenso traurig wie sie, aber natürlich konzentrierte er sich weiter auf seine Aufgabe. Er und sein Flügelmann setzten Taria nach, während der Rest der Gold- und die Hammer-Staffel zurückblieben, um die überlebenden Geierdroiden in Schach zu halten.
Wüsste ich es nicht besser, würde ich glauben, sie versuchen wirklich, Taria abzuschießen. Sie lassen es absolut überzeugend aussehen.
Grievous schöpfte nach wie vor keinen Verdacht. Er schickte weitere Geier aus, um Taria zu helfen, und dann schoss Fib dem Techno-Schiff die Spitze der Steuerbordflosse ab, genau so, wie Meister Yoda es geplant hatte. Damsin riss das Schiff daraufhin in einen beeindruckenden Sturzflug und zündete die Sprengladungen, die sie an der Attrappe des linken Triebwerks angebracht hatten, sodass eine dichte Rauchfahne aus dem Flügel quoll. Die Geierdroiden ließen sie passieren, dann formierten sie sich neu und rasten mit glühenden Plasmakanonen auf Fireball und seinen Begleiter Can zu.
Mach, dass du da wegkommst, Fib! Verschwinde!
Ahsoka wollte die Warnung laut hinausschreien, wollte mit den Fäusten gegen die Transparistahlscheibe des Sichtfensters hämmern, wollte hinunter in den Hangar stürmen, sich einen Jäger schnappen und selbst losfliegen, um Fireball zu helfen. Sie hasste es, tatenlos zusehen zu müssen. Das war etwas für Droiden.
Doch Fib brauchte keine Hilfe. Nach Anakin war er der beste Pilot der Gold-Staffel. Er und Can vollführten ein tollkühnes Manöver nach dem anderen und verwandelten die angreifenden Droiden in glühende Metalltrümmer.
Taria war inzwischen nur noch ein rasch kleiner werdender Lichtpunkt in der Ferne. Die Jedi traf sicher schon Vorbereitungen für ihre vorsätzliche Bruchlandung auf Lanteeb. Ahsoka lachte erleichtert, doch einen Moment später wurde sie wieder ernst. Es galt noch immer, eine richtige Raumschlacht zu gewinnen. Grievous würde Verdacht schöpfen, wenn die Jagdmaschinen der Republik sich einfach so zurückzogen - sie mussten also erst die verbliebenen Geier in Fetzen schießen.
Die junge Togruta schloss die Augen und schickte der davonrasenden Taria eine Botschaft hinterher.
Möge die Macht mit Euch sein, Meisterin Damsin. Tut nichts Dummes. Lasst Euch nicht töten. Und sorgt bitte dafür, dass Anakin und Meister Kenobi sich auch nicht töten lassen.
Sie hatte schon schlimmere Bruchlandungen überstanden. »Trotzdem«, meinte Taria, nur um den Klang ihrer eigenen Stimme zu hören, »ich würde glücklich sterben, wenn ich nicht noch eine erleben müsste.«
Das verformte Cockpit des Schiffes füllte sich rasch mit Qualm, und Funken, und kleine Flammen tanzten über die Hauptkonsole über ihrem Kopf. Der bittere Geschmack von verbrannter Elektronik und schmelzendem Plastoid ließ sie husten. Zeit zu verschwinden.
Die Leiche, die Senator Organa für ihre List organisiert hatte, war im Sitz des Kopiloten festgeschnallt. Zu Lebzeiten war sie Mitglied einer Spezialeinheit gewesen, das war alles, was Taria wusste, und eigentlich schon mehr, als sie wissen wollte. Mit schnellen Bewegungen ging sie daran, die Gurte der Toten zu lösen und sie dann hinüber auf den Pilotensitz zu wuchten. Anschließend legte sie kurz ihre Hand auf den dunklen, schlaff herabhängenden Kopf.
Danke. Ich weiß nicht, wie du wirklich gestorben bist, aber dein Opfer soll nicht vergessen werden. Jedenfalls nicht von mir.
Lantibba und Durds Separatistentruppen waren viel zu nahe, als dass sie es riskiert hätte, die Macht einzusetzen. Es müsste nur ein Adept der Dunklen Seite in der Gegend sein, und schon wäre ihr Plan gescheitert. Ihr Lichtschwert wollte sie ebenfalls nicht benutzen, auch wenn sie das Schiff ohnehin zerstören musste. Die Schnitte einer solchen Klinge waren unverkennbar. Also setzte sie grobe Gewalt ein, um die verbogene Luke zu öffnen - doch leider war sie nicht mehr so stark, wie sie es einmal gewesen war.
Von den höher schlagenden Flammen im Cockpit zur Eile getrieben, trat, schlug und stemmte sie sich einen Weg in die relative Sicherheit außerhalb des Schiffes frei.
»Verflucht!«
Taria ließ sich auf Hände und Knie sinken. Sie hatte mehrere Blutergüsse, außerdem blutende Kratzer an der linken Wange und dem rechten Handrücken, und es kostete sie einige wertvolle Sekunden, wieder zu Atem zu kommen. Unter ihr waren Gras und Erde, über ihr ein leerer Himmel. Doch in der Ferne wurde bereits das schwache Heulen eines ersten Rettungsfahrzeuges hörbar.
»Also gut«, murmelte sie. »Jetzt ist es wirklich Zeit zu verschwinden.«
Sie stemmte sich auf die Beine, zog den Gurt der Tasche fest, der diagonal über ihre Brust verlief, und blickte sich um. Dort, im Nordosten, lag die Stadt, genau, wie ihr persönliches Navigerät angezeigt hatte. Die Lichter des Raumhafens leuchteten und schillerten in der Dunkelheit, ein schöner, einladender Anblick, wenn man es nicht besser wusste. Sie schätzte, dass Lantibba ungefähr fünfzehn Kilometer entfernt war. Eine gute Strecke für einen kleinen Dauerlauf. Sie atmete tief aus, um auch die letzten Reste des Qualms aus ihrer von der Krankheit zerfressenen Lunge zu vertreiben, dann berührte sie kurz ihr Lichtschwert - ein kleines Ritual, das ihr Zuversicht schenkte - und zog den Fernzünder aus der Hüfttasche ihres Ganzkörperanzugs.
Die jaulenden Sirenen waren schon viel lauter. Taria entfernte sich hastig mehrere Meter von dem verbeulten Schiff, bevor sie den Knopf auf dem Zünder drückte. Der Explosion ging ein warnendes Vibrieren in der Macht voraus, dann zündete das Signal die Sprengladungen, die so entworfen waren, dass es keinerlei Rückstände geben würde. Das sollte das Bild des abgestürzten Schiffes perfekt machen.
Der Lichtblitz und das Donnergrollen brandeten gleichzeitig über Taria hinweg, als die beiden Minibomben explodierten. Sie spürte, wie die Hitze über ihr brennendes Gesicht strich, wie die freigesetzte Energie an ihrem Fleisch und ihren Knochen rüttelte. Der Boden unter ihren Füßen erbebte, die Luft erzitterte. Das Schiff der Techno-Union bäumte sich auf und brach auseinander.
Sie nickte zufrieden, wartete aber noch einen Moment, um die blinkenden Lichter der näher kommenden Rettungsmannschaft zu beobachten. Nur ein Fahrzeug? Wie erbärmlich. Doch es machte ihre Aufgabe leichter, sie wollte sich also nicht beschweren.
Kurz bevor die Bergungskräfte die Absturzstelle erreichten, zog sie sich tiefer in die Schatten der Nacht zurück und verwischte ihre Präsenz in der Macht, dann ließ sie sich von den Lichtern den schnellsten, sichersten Weg in Richtung Stadt weisen. Die Versuchung, Obi-Wans Geist zu berühren, war schier übermächtig, doch sie widerstand dem Drang. Solange sie nicht genau wusste, wo er war und in was für Schwierigkeiten er steckte, könnte eine solche Kontaktaufnahme ihnen allen mehr schaden als nutzen.
»Aber keine Sorge, Eskaba«, versprach sie ihm, während sie durch die Nacht rannte. »Ich bin jetzt hier - du musst bloß noch ein bisschen durchhalten.«
Neunzehn
»Es tut mir leid, Miss Padmè, aber der Direktor der Bagrila Industriebetriebe ist derzeit nicht zu sprechen.«
Seufzend rieb Padmè sich den Nasenrücken. Noch einer. Mir gehen die Leute aus, die mir einen Gefallen schulden. »Also gut, Dreipeo. Wer ist der Nächste auf der Liste?«
»Die Yylti-Gesellschaft, Miss«, erklärte C-3PO. »Aber dort wird erst in einer halben Standardstunde mit der Arbeit begonnen.«
»Schön. Würdest du mir bitte noch eine Tasse Kaf bringen, während wir warten.«
»Ähm«, machte der Droide. »Miss Padmè, seid Ihr sicher, dass das eine gute Idee ist?«
Im Moment hatte sie mehr Kaf als Blut im Körper. Eigentlich hätte sie auf C-3PO hören sollen, aber ... »Tu einfach, was ich sage, Dreipeo.«
Während der Droide davonstakste, wandte sie sich dem Panoramafenster ihres Wohnzimmers zu und beobachtete, wie der Regen in dichten Fäden auf die Stadt herabprasselte. Seidige graue Wolkenfetzen trieben zwischen den Gebäuden dahin. Hier, weit, weit über der Oberfläche des Planeten, konnte man leicht den Eindruck gewinnen, dass es so etwas wie einen Boden überhaupt nicht gab, dass sie in einem Ballon dahintrieb, frei von den Fesseln der Schwerkraft - oder der Realität.
Ob es auf Lanteeb wohl auch gerade regnet?
Die Angst um Anakin durchzuckte sie wie ein Stromschlag. Yodas letzte Nachricht war alles andere als ermutigend gewesen. Nicht durchbrochen die Blockade ist, Senatorin. Obwohl sie damit begonnen hatte, sämtliche Gefallen einzufordern, die man ihr schuldete, hatte sie sich noch einmal an Palpatine gewandt und ihn angefleht, Admiral Yularen und Meister Windu mit weiteren GAR-Schiffen zu unterstützen.
Doch Palpatine war unnachgiebig geblieben. Die Situation, so hatte er erklärt, war prekär, und die Republik ein komplexes Uhrwerk, wo jede seiner Entscheidungen weitreichende Konsequenzen hatte. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie wütend auf ihn, enttäuscht. Zum ersten Mal während ihrer langen Freundschaft fühlte sie sich im Stich gelassen.
Ohne Anakin und Obi-Wan hätten wir keine Heimat mehr. Wenn wir uns weigern, den Gefallen zu erwidern und ihnen zu helfen, was sagt das dann über uns aus?
Sie hatten noch immer kein Mittel gegen die Biowaffe, doch Königin Jamillia hatte ihr selbstlos zwei Staffeln von Jägerpiloten versprochen. Naboo hatte kein großes Militär, mehr konnte sie also gar nicht bieten. Doch Palpatine war der Oberste Kanzler, der Oberbefehlshaber der Großen Armee der Republik.
Ich kann nicht glauben, dass er die Politik über die Leben unserer Freunde stellt.
Doch was sollte sie sonst glauben?
»Hier.« Bail trat hinter sie. Um Zeit zu sparen und Komplikationen zu vermeiden, arbeiteten sie beide in Padmès Apartment. »Euer Kaf. Eigentlich sollte ich ihn ins Spülbecken schütten. Wie viele Tassen hattet Ihr schon seit dem Mittagessen? Vier?«
»Fünf«, gestand sie mit einem reuevollen Lächeln, dann blickte sie zu ihm hoch. »Aber wer zählt schon mit?«
Er reichte ihr die dampfende Tasse. »Euer Protokolldroide. Seine Schaltkreise brennen gleich durch, solche Sorgen macht er sich um Euch.«
»Mir geht es gut.«
Bail blickte sie tadelnd an. »Nein, tut es nicht.«
Er hat recht. Doch darüber zu diskutieren, brachte sie auch nicht weiter. »Also, wie sieht es aus?«
Organa kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie nicht in der Stimmung für Belehrungen war. »Ich warte noch auf zwei Rückmeldungen«, erklärte er, dann setzte er sich auf die Armlehne des nächsten Stuhls. »Aber ich erwarte mir nicht allzu viel davon.«
»Was ist mir Brentaal?«
»Brentaal hat versprochen, uns drei schwer bewaffnete Schlachtschiffe zu geben - falls wir ihnen einen Schutz vor Durds Biowaffe bieten können.« Bail verzog das Gesicht. »Brentaal, Anaxes, das Ch'zimi-kho-Konglomerat... alle singen sie dasselbe Lied, Padmè. Natürlich werden wir Euch helfen - sobald es ein Gegenmittel gibt.«
»Wir können ihnen keinen Vorwurf machen«, sagte sie und nahm einen Schluck Kaf, um ihre wachsende Verzweiflung zu verbergen. »Nach Chandrila haben alle Angst vor einem Vergeltungsschlag.«
»Und das ist genau, was die Separatisten wollen.« Bail verlagerte sein Gewicht auf der Armlehne. »Ich habe gerade mit Tryn gesprochen.«
»Wie kommt er voran?«
Er schüttelte den Kopf. »Gar nicht. Er sagt, er steckt in einer Sackgasse. Ich habe ihn noch nie so verzweifelt erlebt, Padmè. Ich wünschte...«
»Ihr hattet keine Wahl«, meinte sie sanft. »Er ist einer der besten Wissenschaftler auf seinem Gebiet, und er ist der einzige, dem Ihr vertrauen könnt. Ihr musstet Euch an ihn wenden.«
»Ja«, murmelte er und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Aber es macht ihn kaputt.«
Er wirkte so mutlos. Das sah ihm gar nicht ähnlich. »Daran dürft Ihr jetzt nicht denken, Bail. Wir müssen uns auf die Zusammenstellung einer zivilen Flotte konzentrieren.«
»In der Theorie mag das ja schön und gut klingen«, brummte er mit einem finsteren Blick. »Aber ohne Gegenmittel werden wir keinen Erfolg haben! Dreißig Sternenjäger sind ein Begleitschutz, keine Flotte!«
»Ich weiß«, sagte sie nach einem kurzen Moment. »Es tut mir leid. Bitte, lasst uns nicht streiten. Ich habe noch nicht alle Namen auf meiner Liste abgehakt. Ihr?«
Er erhob sich und nickte. »Keine Sorge, noch gebe ich nicht auf.«
»Natürlich nicht. Genauso wenig wie ich. Wir werden es schaffen, Bail.« Sie konnte sehen, dass er ihr glauben wollte. Verdammt, ich würde mir selbst gerne glauben. Doch nach neun Stunden der vorsichtigen Ausflüchte und unverblümten Absagen war auch das letzte bisschen Zuversicht aufgebraucht. »Also gut«, sagte sie. »Macht Ihr mit Eurer Liste weiter, und ich kümmere mich um meine.«
Nachdem er den Raum verlassen hatte, starrte sie wieder in den Regen hinaus.
Ich tue mein Bestes, Anakin. Gib die Hoffnung nicht auf.
Bant'ena stand hinter ihrem Labortisch und versuchte, nicht auf die brennenden Schmerzen zu achten. Durd hatte sie dreimal ins Gesicht geschlagen, weil sie nicht schnell genug Fortschritte machte. Sie schmeckte Blut in ihrem Mund, warm und metallisch, und einige ihrer Zähne wackelten, wann immer sie sie mit der Zunge berührte. Doch das war nicht wichtig. Sie wollte ihn wütend machen. Sie wollte ihn zu Fall bringen.
Ein Kom-Spruch von Colonel Barev hatte verhindert, dass Durd noch weiter auf sie einschlug, und nun stampfte er wütend durch das Labor, das Komlink in der fleischigen, schwitzenden Hand.
»Es ist abgestürzt? Von der Pilotin ist nur noch eine verbrannte Leiche übrig? Was soll das, Barev? Sie haben gesagt, diese Agentin hätte wichtige Informationen für mich, und Sie haben mir versichert, sie wäre sicher an dem GAR-Kampfverband vorbeigekommen. Wie kann es dann sein, dass sie jetzt tot ist und ich nicht weiß, welche Nachricht sie für mich hatte? Barev...«
Was immer der Colonel sagte, es vermochte Durds lodernden Zorn nicht zu löschen. Der Neimoidianer bekam nicht, was er wollte, und das konnte er einfach nicht ertragen.
»Barev, halten Sie die Klappe!«, brüllte Durd. »Ihre Ausflüchte interessieren mich nicht! Ist wenigstens die Belagerung des Dorfes endlich beendet? Sind die Jedi unterwegs hierher?«
Bant'ena konnte die Antwort nur als leises Summen hören, doch Durd quiekte entsetzt.
»Das ist mir egal, Sie dummer Mensch! Dieser Irrsinn hat lange genug angedauert. Lassen Sie jedes Munitionsdepot auf dem Planeten leerräumen und schaffen Sie alles zu diesem Dorf, gemeinsam mit jedem Droiden, den wir noch haben, einschließlich der Superkampfdroiden. Ich will diese Jedi binnen
Tagesfrist hier in meiner Basis! Hören Sie, Barev? Tun Sie, was ich Ihnen sage, oder ich lasse Sie in Scheiben schneiden!«
Bant'ena hätte am liebsten vor Freude geweint. Anakin und Meister Kenobi waren noch immer frei, und Grievous hatte die Flotte der Jedi nicht besiegt.
Ich muss nur noch ein wenig Zeit schinden - und Durds geliebte Biowaffe ruinieren, nur für den Fall, dass die Republik scheitert.
Der Neimoidianer warf sein Kom auf einen anderen Tisch und wirbelte drohend zu ihr herum. »Nun?«
Es fiel ihr nicht schwer, verängstigt zu wirken. Sie hatte Angst, auch wenn er jetzt nur noch ihren Körper verletzen konnte. Sie hörte auf, gegen die Tränen anzukämpfen, weil sie wusste, dass der Anblick ihn befriedigen würde, und hob dann mit zitternden Händen ihr Datapad auf. »General, es tut mir leid«, wisperte sie. »Ich versuche es ja. Aber was Sie von mir verlangen - die Formel von Grund auf zu überarbeiten -, das ist kompliziert. Sie wissen doch, wie lange es gedauert hat, sie in ihrer Ursprungsform zu perfektionieren. Jetzt muss ich ganz von vorne anfangen. Die zentrale Matrix muss neu ausgerichtet werden, und...«
Seine Faust traf sie so hart, dass sie beinahe das Bewusstsein verloren hätte. »Das ist mir egal!«, grollte er. »Tun Sie, was ich sage, oder ich lasse Ihre erbärmlichen Neffen herbringen, damit ich sie vor Ihren Augen häuten kann!«
Sie wusste, dass er keinem ihrer Familienmitglieder mehr Schaden zufügen konnte, aber er durfte keinen Verdacht schöpfen. Er musste glauben, dass die Drohung wirkte, und so ließ sie sich auf die Knie fallen und bettelte winselnd um Gnade.
Er trat sie. »Stehen Sie auf. Stehen Sie auf! Ihre Versprechungen sind wertlos! Ich will Resultate. Ich will meine neue Formel heute Nacht testen!«
Das war zu früh. Sie musste erst herausfinden, wie sie den
Giftstoff modifizieren musste, sodass er nur während der ersten drei Minuten nach der Freisetzung tödlich war, und dann seine Wirkung verlor. Es mussten drei Minuten sein, auch wenn viele Wesen in dieser Zeitspanne sterben konnten. Durd durfte noch nicht bemerken, dass sie jetzt gegen ihn arbeitete.
Sie schluchzte, damit der Neimoidianer ihren Schmerz sehen und hören konnte, und stemmte sich dann wankend auf die Füße. »General, ich werde tun, was immer Sie möchten. Aber heute Nacht? Ich glaube nicht...«
Er schob sein feuchtes, plattes Gesicht dicht vor ihres. »Mir ist egal, was Sie glauben. Ich will meine neue Formel, und ich werde sie in diesem Labor einsperren, bis ich sie habe.« Er machte einen Schritt nach hinten. »Barev darf man nicht aus den Augen lassen, also muss ich zurück zum Raumhafen. Sie haben Zeit bis morgen früh, Doktor. Falls Sie bis dahin keine Ergebnisse liefern können...«
»Sie können nicht gehen«, rief Bant'ena aus. »Was, wenn ein Problem auftritt? Was, wenn ich Ihre Hilfe brauche?«
Er schubste sie von sich fort. »Das Einzige, was Sie brauchen, ist ein Wunder. Also machen Sie sich besser an die Arbeit. Vergessen Sie nicht - die Leben dieser kleinen Blutsauger hängen ganz von Ihnen ab.«
Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen und verriegelt hatte, spuckte sie Blut aus und wischte sich den Mund am Ärmel ihres Kittels ab. Doch dann verdrängte sie den Schmerz und trat wieder an den Labortisch.
Stunden vergingen, der Tag wurde zur Nacht. Durd kehrte nicht zurück - was Bant'ena ganz recht war. Sie hatte ihn nur angefleht zu bleiben, damit er sich in Sicherheit wiegte. Tatsächlich war es viel leichter, sich zu konzentrieren, wenn er nicht hinter ihr auf und ab marschierte und sie anschrie oder sie zusammenschlug. Niemand brachte ihr etwas zu essen, doch das war egal. Sie hatte keine Zeit zu essen. Sie brauchte jede Minute, jede Sekunde, um ihre eigene Schöpfung zu sabotieren.
Als sie über sich ein Klacken im Lüftungsschacht hörte, glaubte sie einen Moment lang, sie würde träumen, ein Gefühl, das noch verstärkt wurde, als das Lüftungsgitter klappernd auf den Boden des Labors fiel. Eine sehnige Frau in einem staubigen schwarzen Ganzkörperanzug sprang hinterher und landete federnd vor ihr.
»Bant'ena Fhernan? Ich bin Taria Damsin.«
Ein silberner Lichtschwertgriff schimmerte an ihrer Hüfte. Bant'ena wich zurück, bis sie mit den Beinen gegen einen Hocker stieß. »Ihr seid eine Jedi.«
»Korrekt«, sagte die Frau, während sie sich einen langen blaugrünen Haarzopf von der Schulter strich. »Doktor, ich weiß, das muss sehr verwirrend für Sie sein, aber Sie müssen sich jetzt konzentrieren.«
Leichter gesagt als getan. »Wie habt Ihr mich gefunden? Wie seid Ihr hier hereingekommen?«
»Wie Sie schon sagten, ich bin eine Jedi.« Die Frau grinste. Getrocknetes Blut verkrustete ihre Hand und ihre Stirn. »Unbemerkt herumzuschleichen, ist unsere Spezialität.«
»Wie habt...«
»Also gut, die Kurzform: Ihre Mutter hat Ihre Nachricht an uns weitergeleitet, und dank des Codes, der in die Aufzeichnung eingebettet war, konnten wir Ihre Position orten. Wegen meiner ... Erfahrung ... wurde ich ausgewählt, den Planeten und diese Einrichtung zu infiltrieren.«
Wie benommen schüttelte Bant'ena den Kopf. »Ah, ich verstehe.«
»Ihre Mutter ist übrigens eine tolle Frau«, fügte Taria hinzu, während sie sich Staub von der Schulter wischte. »Schlagfertig.«
Wirklich? Instinktiv sagte sie: »Ihr seid die Jedi, die sie gerettet hat.«
Ein Grinsen. »Wir waren zu zweit, um die Wahrheit zu sagen.«
Einen Moment lang stockte Bant'ena der Atem. »Danke«, brachte sie schließlich mit heiserer Stimme hervor. »Aber ... Ihr seid nicht hier, um mich zu retten, oder?«
»Nun, ich werde Sie liebend gerne retten, Doktor«, erklärte die Jedi. »Aber zuerst muss ich diese Basis in die Luft sprengen und jeden Tropfen der Biowaffe vernichten, die Sie erfunden haben.«
»Ist das Euer Ernst?«, fragte sie ungläubig.
»Nach Chandrila?« Das Gesicht der Frau wurde hart. »Absolut.«
Oh, Chandrila. »Es tut mir leid«, flüsterte Bant'ena. »So unendlich leid.«
Taria Damsin blickte sie mehrere Sekunden schweigend aus kühlen goldgelben Augen an. »Tut es das? Warum beweisen Sie es dann nicht, indem Sie meine Fragen beantworten? Wo wird der Giftstoff gelagert? An wie vielen Droiden und Offizieren muss ich vorbei, um dorthin zu gelangen? Und wo steckt unser Freund Durd? Und noch eine Frage: Wo sind Obi-Wan und Anakin? Ich dachte, wo ich schon hier bin, könnte ich sie auch gleich retten.«
Mit klopfendem Herzen starrten Bant'ena die exotisch aussehende Frau an. »Ist das Euer Ernst? Ihr könnt sie retten?«
»Ich sage nie etwas, das ich nicht ernst meine, Doktor«, erklärte die Frau, dann blickte sie hinauf zur Decke des Labors. »Da oben wartet ein Kampfverband der Republik auf mein Signal. Sobald meine Arbeit hier erledigt ist, wird er die Separatisten ausschalten. Und ich werde mich dann um Meister Kenobi und Meister Skywalker kümmern. Offenbar stecken die beiden ziemlich in der Klemme.«
Anakin. Wie ernst, wie zuversichtlich, wie leidenschaftlich er gewesen war. Das Leben hatte ihn älter gemacht als seine Jahre. Das Leben - und der Schmerz. Sie hatte seine Pein erkannt... und sie hatte ihn verraten. Falls Durd Erfolg haben sollte, hätte sie ihn auf dem Gewissen. »Wie wollt Ihr die Basis zerstören?«
Die Jedi tätschelte die Tasche, die an einem Gurt vor ihrer Brust hing. »Ich habe genügend Sprengstoff mitgebracht. Den Großteil davon habe ich bereits im Lüftungssystem platziert. Jetzt muss ich mich nur noch um Ihr Labor und den Lagerraum der Biowaffe kümmern.«
Das ist alles? Wie ... effizient. »Ich verstehe«, sagte sie mit trockenem Mund. »Aber was Anakin und Meister Kenobi betrifft ... Sie haben sich in einem Bergarbeiterdorf namens Torbel versteckt. Es liegt ein paar Stunden entfernt im Südwesten von Lantibba. Aber Durd hat sie gefunden, und jetzt sitzen sie in der Falle. Er hat gerade weitere Droiden und Munition dorthin geschickt, um das Dorf einzunehmen. Meisterin Damsin, er hat vor, sie Count Dooku zu übergeben.«
»Wirklich?«, fragte Taria leise. »Nun, es wird ihm nicht gelingen.«
Bant'ena starrte sie an. Wie Anakin und Meister Kenobi war diese Frau von einer rätselhaften Aura umgeben, als wäre sie kein normaler Mensch, kein normales Lebewesen. Eine unglaubliche Kraft schlummerte in ihr, wie eine gespannte Feder, bereit, sich explosionsartig zu entfalten. Die chemikaliengeschwängerte Luft des Labors vibrierte förmlich. Darüber hinaus erweckte sie ein instinktives Vertrauen in Fhernan, genau wie es auch bei Anakin und Meister Kenobi der Fall gewesen war.
Wenn sie sagt, dass sie ihnen helfen kann, dann will ich ihr glauben. Aber jetzt muss sie erst einmal von hier verschwinden.
»Meisterin Damsin.« Wie soll ich es ihr nur sagen? »Mein Leben ist vorbei. Ich habe eine Waffe entwickelt, die tausende unschuldiger Wesen ausgelöscht hat. Ich bin eine Massenmörderin.«
»Von einem bestimmten Standpunkt aus sind Sie das, ja«, meinte Taria langsam. »Aber Sie hatten keine Wahl.«
Bant'ena schüttelte den Kopf. »Nein, das ist nur die Rechtfertigung, mit der Leute wie ich sich aus der Verantwortung ziehen wollen. Ich hatte eine Wahl, und ich habe das Leben meiner Familie und Freunde über das Leben von Milliarden Fremden gestellt.«
Tarias Blick wurde offener. »Die meisten Leute würden so entscheiden.«
»Ich kann aber nur für mich sprechen«, entgegnete Bant'ena. Ihr Herz pochte laut, ihr war kalt und übel. Ich muss es tun. Ich muss. »Lasst den Sprengstoff hier bei mir. Ich werde ihn im Labor und in den Produktions- und Lagerbereichen für die Biowaffe verteilen. Ihr habt mein Wort darauf, dass ich diese Basis in einen rauchenden Krater verwandeln werde. Versucht Ihr lieber, Anakin und Meister Kenobi zu retten. Flieht mit ihnen von diesem verlorenen Planeten und sagt ihnen bitte, dass es mir leidtut.«
»Bant'ena...« Taria zog die Augenbrauen zusammen. »Nein, wir werden beide von hier verschwinden, nachdem die Sprengladungen platziert sind.«
»Das geht nicht.« Sie berührte den Sklavenkragen um ihren Hals. »Falls ich das Gelände verlasse, werde ich sterben.«
»Ich kann es Ihnen abnehmen.«
Bant'ena lächelte. »Dafür ist keine Zeit. Und ganz davon abgesehen - wann bekommen wir schon Gelegenheit, unsere schlimmsten Fehler zu korrigieren?«
Mehrere Sekunden herrschte Schweigen, dann zog Taria sich die Tasche über den Kopf, öffnete sie und holte eine kleine schwarze Kugel hervor.
»Jeder Sprengsatz hat eine Polygriff-Oberfläche«, erklärte sie schnell, ihr zerkratztes Gesicht eine Maske, hinter der jede Emotion verborgen blieb. »Sie bleiben überall haften. Platzieren Sie zwei hier drinnen und den Rest bei den Waffenvorräten. Die Ladung wird den Giftstoff verdampfen lassen.« Nun griff sie in eine Tasche ihres eng anliegenden Anzugs und zog eine Fernbedienung heraus. »Das ist der Zünder. Sehen Sie diesen Knopf? Drücken Sie zweimal darauf, erst kurz, und beim zweiten Mal halten sie ihn gedrückt. Fünf Sekunden später detoniert der Sprengstoff.« Die Jedi sog scharf den Atem ein, und ihre Maske zerbrach. »Bant'ena...«
Sie streckte die Hand aus - und stellte stolz fest, dass ihre Finger nicht zitterten. »Das klingt nicht sehr kompliziert, Meisterin Damsin. Ich werde es schon schaffen.«
Taria ließ die Kugel zurück in die Tasche fallen und reichte sie dann mitsamt dem Zünder Bant'ena. »Ist Durd hier in der Basis?«
Die Tasche war ziemlich schwer, der Zünder hingegen überraschend leicht. »Nein, er macht gerade Colonel Barev - dem Verbindungsoffizier der Separatisten - das Leben zur Hölle. Die beiden sind in letzter Zeit nicht mehr sonderlich gut aufeinander zu sprechen...«
Taria schnitt eine Grimasse. »Verdammt ... Ich hatte gehofft...«
»Es ist besser so«, meinte Bant'ena. »So ist es viel leichter, die Sprengladungen zu platzieren. Die Einrichtung ist praktisch verlassen. Seinen persönlichen Droiden hat er mitgenommen, und die Kampfdroiden hat er alle hinter Anakin und Meister Kenobi hergeschickt.«
»Also gut«, sagte Taria. Ihre Augen hatten sich verdunkelt. »Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«
»Ohne ein schnelles Fahrzeug werdet Ihr Torbel nicht rechtzeitig erreichen. Rechts neben dem Gebäude ist ein Bodenwagen abgestellt. Wartet einfach, bis die Basis in die Luft fliegt, dann solltet Ihr ihn stehlen können, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.«
Die Jedi lächelte. »Die Fhernan-Frauen scheinen wohl alle temperamentvoll zu sein.«
Mutter. »Taria...«
»Keine Sorge«, versicherte sie mit bebender Stimme. »Mata Fhernan wird erfahren, wie mutig ihre Tochter gehandelt hat.«
Kurz ließen Tränen das Bild vor Bant'enas Augen verschwimmen. »Ich muss Euch noch um einen Gefallen bitten. Durd hat mich hier eingesperrt. Könnt Ihr ...«
»Kein Problem.« Taria hob den Arm, und die Tür öffnete sich. »So, das hätten wir.«
Bant'ena griff nach der Hand der Jedi. »Danke! Und jetzt geht. Rettet Anakin und Meister Kenobi.«
Mit einem Nicken und einem traurigen Lächeln sprang Taria hinauf zum Lüftungsschacht, dann schlängelte sie sich durch die Öffnung und war verschwunden.
Bant'ena platzierte zwei Sprengsätze im Labor, dann stopfte sie die Tasche unter ihr Hemd, knöpfte ihren Laborkittel zu, um die Ausbuchtung zu verbergen, und steckte den Zünder in die Hosentasche. Anschließend verließ sie das Labor und rannte durch den leeren Korridor in Richtung der Produktionsanlage und des Lagerraums.
Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit fühlte sie sich ... frei.
Lok Durd beugte sich vor, griff über die Rückenlehne des Fahrersitzes und schlug KD-77 auf den Metallarm. »Warum trödelst du so herum, du dumme Maschine? Fahr schneller! Ich will sehen, wie weit die Frau mit meiner Waffe ist.«
Der Droide drehte den Kopf so weit, bis Durd seine orange leuchtenden Fotorezeptoren sehen konnte. »Ich halte mich an die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit, General.«
»Sehe ich so aus, als ob mich Geschwindigkeitsbegrenzungen interessieren? Glaubst du, ich muss mich an eine Höchstgeschwindigkeit halten?« Hätte er den Droiden nicht mehr gebraucht, er hätte ihm jetzt seinen unverschämten, kleinen Kopf abgerissen. »Fahr schneller!«
»General«, sagte KD-77 und beschleunigte den Bodenwagen.
Durd ließ sich auf seinen Sitz zurücksinken und faltete die Hände vor dem Bauch. Dummer Droide. Sein Blick streifte über Lantibbas dunkle, leere Straßen, die jenseits der Panzerglasscheibe vorbeirauschten. Dummer Droide, dummer Barev, dumme Galaxis.
Ich bin zu wichtig, um mich mit solchen Dingen herumzuschlagen.
»Ich kann nicht glauben, dass dieser Barve von einem Colonel versucht hat, mir zu widersprechen. Wir können es uns nicht leisten, alle Superkampfdroiden nach Torbel zu schicken? Pah! Nicht zu fassen! Da stand er vor dem Raumhafen und hat mir allen Ernstes ins Gesicht gesagt, dass er Bedenken wegen der Sicherheit hat. Wovon redet er überhaupt? Der Raumhafen ist nicht in Gefahr - und General Grievous kümmert sich darum, dass es auch so bleibt. Nein, hier geht es allein um meine Sicherheit, und die ist gefährdet, solange diese beiden Jedi auf freiem Fuße sind. Ich weiß es Ka-De-Siebenundsiebzig, er will, dass sie aus Torbel entkommen. Er will, dass sie mich töten. So ist es doch, oder?«
»Das ist eine plausible Theorie, General«, meinte der Droide.
Durd klopfte mit dem Knöchel gegen den Hinterkopf seines metallenen Chauffeurs. »Es ist keine Theorie, es ist die Wahrheit, du Idiot. Die Wahrheit. Colonel Barev hat vor, mich zu zerstören. Aber er wird es nicht schaffen. Niemand wird das schaffen. Ich bin schließlich Lok Durd.« Er presste seine Nase gegen das Seitenfenster des Gleiters. »Ich kann dort draußen nichts erkennen. Wie weit ist es noch zur Basis?«
»Noch achthundertzweiundvierzig...«
Der Rest der Antwort wurde von einer donnernden Explosion verschluckt, die den Himmel über Lantibba erhellte wie ein falscher, rot und weiß brennender Sonnenaufgang. KD-77 brachte den Bodenwagen ruckartig zum Stehen.
»Was war das?«, schrie Durd. Es klang wie das Quieken einer Larve, aber das war ihm egal. Es war nicht die Basis. Es kann unmöglich die Basis gewesen sein. »Steig aus! Steig aus und sag mir, was du siehst!«
Der Droide aktivierte den Stand-Schwebemodus und kletterte aus dem Fahrersitz. Würde Barev seine Befehle doch auch nur mit diesem blinden Gehorsam befolgen.
Der Neimoidianer öffnete das Fenster und streckte den Kopf hinaus. »Nun, Droide? Steh nicht einfach so herum!« Er musste husten - die kalte Nachtluft war voller Rauch und Gestank. »Was ist da los?«
Die Scheinwerfer des Bodenwagens verwandelten den roten Metallkörper von KD-77 in eine weiße Silhouette, und seine
Fotorezeptoren schimmerten geisterhaft, als er sich umdrehte. Hinter ihm stiegen Flammen und dichter Qualm vom Horizont empor.
»General, die Basis wurde zerstört.«
Stockmutter, hab Erbarmen. Die Jedi!
»Ka-De Siebenundsiebzig, steig sofort wieder ein!«, schrillte Durd, bevor bittere Galle in seinen Rachen hinaufstieg. »Fahr mich zurück zum Raumhafen! Sofort! Sofort!«
Auf dem Rückweg rasten sie an zwei Noteinsatzfahrzeugen vorbei. Durd starrte sie an, und seine Mägen verknoteten sich. Nur zwei? Mehr war seine Sicherheit Barev nicht wert?
Ich könnte jetzt tot sein. Wäre ich ein paar Minuten früher aufgebrochen, wäre ich in der Basis gewesen, als sie explodierte. Ich könnte jetzt zerfetzt sein, meine Körperteile über halb Lantibba verteilt. Und würde Barev um mich trauern? Nein, er würde sich ins Fäustchen lachen.
Ihm war so übel, dass er sich am liebsten übergeben hätte. Das war eine Katastrophe. Seine Einrichtung - seine Waffe - seine Wissenschaftlerin: alles verloren. Wenn Count Dooku davon erfuhr, würde er vor Wut schäumen. Er würde... aber nein. Nein, er musste Ruhe bewahren. Panik war keine Lösung. Er musste nachdenken. Es gab einen Ausweg aus diesem Dilemma. Es gab immer einen Ausweg.
Die Jedi haben nicht den gesamten Bestand des Giftstoffes zerstört. Die Ladung die für Bespin bestimmt war, wurde bereits aus der Basis fortgebracht. Damit kann ich arbeiten. Ich werde einen anderen Wissenschaftler entführen, damit er die Formel verbessert. Ich werde mich von diesem Schlag erholen. Oh ja, ich werde mich erholen. Barev hingegen...
Am Raumhafen angekommen, schob Durd sich zwischen dem menschlichen Sicherheitspersonal hindurch und befahl KD-77 kurz entschlossen, die Tür zu Barevs Büro einzutreten. »Barev!«, keifte er, als er in den Raum stürmte. »Wie konnten Sie das zulassen? Ich erwarte eine Erklärung!«
Mit offenem Mund starrte der Colonel ihn an. »Durd! Sie leben noch!«
Idiot. »Offensichtlich, ja. Sind Sie jetzt enttäuscht?«
»Was? Sie geben mir die Schuld?« Barev sprang hinter seinem Schreibtisch auf. »Sie glauben allen Ernstes, ich hatte etwas mit der Zerstörung Ihrer Basis zu tun?«
Durd schnaubte. »Nicht direkt. Dafür sind sie viel zu feige. Nein, das war das Werk der Jedi - aber Sie waren derjenige, der sie unschädlich machen sollte. Also: Ja, ich mache Sie dafür verantwortlich!«
»Die Jedi?«, wiederholte Barev ungläubig. »Die Jedi sitzen noch immer in Torbel fest, Sie Narr. Nein, Sie tragen die Schuld. Ob nun durch Ihre Ignoranz oder Ihre Inkompetenz - oder durch beides. Sie haben das Sicherheitsprotokoll missachtet und einen ganzen Sektor der Stadt in Gefahr gebracht. Glauben Sie mir, ich werde Count Dooku Bericht erstatten und ihm sagen, was für eine nutzlose Witzfigur Sie sind, und dann...«
Durd schloss seine Finger um Barevs Hals und lachte laut, als er die Angst im schreckensbleichen Gesicht des Menschen sah. Er zerrte den Colonel über den Schreibtisch, bis nur noch wenige Millimeter ihre Gesichter voneinander trennten. »Barev«, sagte er leise. »Ich fürchte, Sie werden Count Dooku überhaupt nichts mehr berichten.«
Es war ein unglaubliches Vergnügen, zuzusehen, wie das Leben aus Barevs hellen, hässlichen Augen wich. Nach einer Weile ließ er die Leiche auf den Boden sacken, dann nahm er das Komlink vom Schreibtisch und warf es KD-77 zu. »Ich will eine sichere Verbindung zu General Grievous.«
Der Droide war ein Kommunikationsgenie. Es kostete ihn nur wenige Augenblicke, einen Kanal zu öffnen.
»Grievous, hier spricht General Lok Durd«, sagte der Neimoidianer, während er auf den stinkenden Haufen aus Fleisch und Knochen hinabblickte, der einmal Colonel Barev gewesen war. »Meine Sicherheit ist auf Lanteeb nicht länger gewährleistet. Ich komme daher zu Euch, mit wichtigen Informationen für Count Dooku. Er hat Euch befohlen, mit mir zu kooperieren, nicht wahr? Also haltet Euch bereit, mein Shuttle in Empfang zu nehmen.«
Ohne der widerlichen Kreatur Gelegenheit zu einer Antwort zu geben, unterbrach er die Verbindung. Sein Blick richtete sich wieder auf KD-77. »Das war's dann.«
Die Fotorezeptoren des Droiden blinkten. »Was ist mit den Jedi, General?«
Er lächelte. »Was soll mit ihnen sein? Sie können nirgendwohin. Ich werde Grievous auftragen, sie zu schnappen, sobald er sich um die Schiffe der Republik gekümmert hat.«
»Eine ausgezeichnete Idee, General«, lobte KD-77. »Aber ich muss Sie darauf hinweisen, dass der General schon mehr als einmal an dieser Aufgabe gescheitert ist.«
Das stimmte. Durds Gesicht verzerrte sich vor Abscheu. »Dann werde ich ihm eben befehlen, sie zu töten. So oder so - die Jedi sind kein Problem mehr.«
Obi-Wan legte sich gerade hin, um ein paar Minuten zu schlafen, als er plötzlich eine vertraute, aber völlig unerwartete Präsenz spürte. Ruckhaft setzte er sich auf.
Taria.
»Obi-Wan ...« Greti, die gerade eine Mullbinde aufgerollt hatte, starrte ihn an. »Bist du krank?«
Er hatte es aufgegeben, das Kind nach Hause schicken zu wollen. »Nein, es geht mir gut. Greti, leg die Verbände weg und ruh dich ein wenig aus.«
»Du siehst komisch aus«, meinte sie. »Bist du wirklich sicher, dass du nicht das grüne Fieber hast?«
Er stand auf, obwohl jeder Muskel und jeder Knochen in seinem Körper protestierten. »Ich sagte doch schon, es geht mir gut. Jetzt ruh dich aus.«
»Aber...« Schmollend legte sie sich auf eine freie Liege. »Wo gehst du hin?«
»Nur kurz raus auf die Straße. Ich brauche ein wenig frische Luft. Komm und hol mich, falls einer der Patienten aufwacht.«
Die lanteebanischen Nächte waren lang, aber das Flackern und Blinken, mit dem der Plasmabeschuss den Sturmschild überzog, hielt die durchdringende Finsternis von Torbel fern. Das Zischen und Donnern des Blasterfeuers ließ seine Knochen vibrieren, auch wenn es ihm mittlerweile kaum noch auffiel. Nach all der Zeit blendete sein Körper den Lärm einfach aus.
Taria? Bist du das?
Er spürte, wie die Macht sich träge verwirbelte.
Taria. Es war also kein Traum gewesen. Taria. Doch etwas stimmte nicht. Abgesehen von all den anderen Dingen, die nicht stimmten. Die Jedi war ausgezehrt, voller Schmerz, voller Sorge um ihn.
Ich lebe noch. Taria...
Er spürte, was sie vorhatte: mit einem Machtsprint durch die Reihen der belagernden Droiden zu brechen und einen Weg ins Dorf zu finden. Das war genau die Art verrückter Plan, die sie sich ausdenken würde. Vielleicht würde es sogar funktionieren, doch sie brauchte Hilfe - Anakins Hilfe. Er ließ sich von der Macht zu ihm führen, auch wenn ihn die Anstrengung vor
Schmerz zusammenzucken ließ. Anakin war auf der anderen Seite des Dorfes und tauschte die Verkabelung von Schildgenerator drei aus.
Als er Kenobi erblickte, zog der junge Jedi wütend die Augenbrauen zusammen. »Obi-Wan? Was tut Ihr denn? Ihr habt versprochen, Ihr würdet...«
»Nicht jetzt«, fiel er ihm ins Wort. »Taria ist hier. Wir müssen sie ins Dorf lassen. Schalte du für ein paar Sekunden Generator sieben ab, und ich halte solange die Droiden zurück.«
Anakin starrte ihn an. Sein Gesicht war inzwischen so schmal, dass man ihn kaum noch wiedererkannte. »Das ist kein Witz, oder? Also gut, gehen wir.«
Keuchend und ächzend joggten sie am Rand des Schildes entlang bis zu Generator sieben. Zum ersten Mal seit mehreren Tagen blickte Obi-Wan zu den Droiden auf der anderen Seite der Barriere hinüber. Vor diesem Abschnitt der Kuppel hatten dreißig der Metallgestalten Aufstellung bezogen, und sie feuerten ohne Unterlass ihre Blaster ab. Heißer Zorn stieg in ihm auf.
Anakin warf ihm einen Blick zu. »Ich weiß«, murmelte er, dann reckte er den Kopf, um an den Droiden vorbeisehen zu können. »Ich kann sie nirgends entdecken, Obi-Wan. Und ich kann sie auch nicht spüren. Seid Ihr sicher, dass Meisterin Damsin...«
»Ganz sicher. Bereite den Generator vor.«
»Ja, Meister«, brummte Anakin, aber er tat, wie ihm geheißen.
Obi-Wan konzentrierte sich, dann zog er sein Lichtschwert aus der Innentasche des schmutzigen, in Fetzen hängenden Hemdes und aktivierte die Waffe. Helles blaues Licht schnitt durch das rote Glühen des Bombardements.
Taria? Hier.
Er spürte ihre Präsenz in der Macht, und er hörte, wie Anakin scharf einatmete, als er sie ebenfalls spürte. Einen Moment später erklang ein Alarmsignal und mechanisches Geklapper, und dann flog ein halbes Dutzend Droiden wie Puppen durch die Luft, fortgeschleudert von einem gewaltigen Machtstoß.
Jetzt, Obi-Wan! Jetzt!
»Jetzt, Anakin«, rief er und wappnete sich mit erhobenem Lichtschwert für den Kampf.
Erst war nur ein tiefes Grollen zu hören, als Anakin die Energieversorgung des Generators unterbrach, dann löste dieser Abschnitt des Sturmschildes sich flirrend in Nichts auf. Die Droiden zogen sich augenblicklich zusammen und eröffneten das Feuer.
»Obi-Wan!«, schrie der junge Skywalker. »Lasst mich ...«
»Nein«, entgegnete er, während er die Schüsse nach links und rechts ablenkte. »Bleib beim Generator.«
Er spürte, wie Taria in einem Machtsprint auf ihn zukam, doch er konnte sie noch immer nicht sehen. Noch einmal flogen mehrere Droiden in hohem Bogen durch die Nacht. Der Sprint, die Machtstöße - Damsin musste sich völlig verausgaben.
Beeil dich, Taria. Ich kann sie nicht mehr lange zurückhalten.
Das Lichtschwert fühlte sich unglaublich schwer in seinen Händen an, und die Welt verschwamm vor seinen Augen. Die Arbeit im Heilhaus hatte ihn sämtliche Kraft gekostet. Er hatte seine Energie in die Körper der kranken Männer, Frauen und Kinder geleitet, damit sie nicht sterben mussten. Anakin ging es nicht besser. Obi-Wan konnte ihn fluchen hören, und er spürte seinen Schmerz.
»Alles in Ordnung, ich habe mich nur ein wenig verbrannt! Obi-Wan...«
»Ich weiß, ich weiß«, keuchte er. Es fiel ihm unglaublich schwer, auf den Füßen zu bleiben und den Hagel von Blastersalven abzuwehren. »Sie ist fast da. Nur noch ...«
Da erblickte er sie endlich, als sie ihren Machtsprint beendete und in normalem Tempo weiterrannte. Ihre Kräfte waren aufgezehrt, ebenso wie seine, und das Einzige, was sie nun noch antrieb, war verzweifelte Entschlossenheit, genau wie bei ihm. Taria ... Sie sollte überhaupt nicht hier sein - und doch war sie es.
Gerade, als sie die Grenze des Schutzschildes überquerte, traf sie ein Blasterschuss in den Rücken. Sie schrie auf und stürzte schwer zu Boden, mit dem Gesicht voran ins Gras.
»Taria!« Er ließ das Lichtschwert fallen und sprang zu ihr hinüber. »Anakin, fahr den Schild hoch!«
Das musste man Skywalker nicht zweimal sagen. Generator sieben erwachte brummend zu neuem Leben, und ein engmaschiges Netz aus Plasmapartikeln schloss die Lücke im Sturmschild. Doch im letzten Augenblick gelang es einem Schwarm von Moskitodroiden, durch die schnell kleiner werdende Lücke zu schwirren. In einer tödlichen Wolke rasten sie auf die Jedi hinab.
»Ich kümmere mich um sie!«, rief Anakin. »Seht Ihr nach Taria!«
Obi-Wan kniete bereits neben ihr, und er sah nur aus den Augenwinkeln, wie Anakin sein Lichtschwert aufhob und gleichzeitig sein eigenes zündete. Die zwölf Moskitos griffen ihn an - und einen Herzschlag später regneten sie als Schrott auf den Boden herab.
Kenobi beugte sich derweil über Taria. Seine Erleichterung, sie zu sehen, machte eisigem Schrecken Platz, als ihm auffiel, wie reglos sie dalag, wie kalt sie sich anfühlte. Nein, nein, nicht so. Es ist noch zu früh. Taria ... »Halte durch«, flehte er sie an. »Ich bin bei dir. Geh noch nicht.« Er spürte Anakin dicht hinter sich.
»Obi-Wan, ist sie...«
Stöhnend rollte Taria sich auf die Seite. »Keine Sorge«, ächzte sie, »so leicht werdet ihr mich nicht los. Der Anzug ist ein Geschenk von Senator Organa. Ein Prototyp. Aus neuem, energiezerstreuendem Material. Ich bin ein wenig angesengt, aber nicht durchlöchert.« Noch ein Ächzen. »Helft mir, mich aufzusetzen.«
Obi-Wan schlang seinen Arm unter ihren und zog sie in eine aufrechte Position. Sie stieß einen langgezogenen Seufzer aus und lächelte ihn an. »Hallo, schöner Mann. Was treibt ein gut aussehender Kerl wie du auf einem so hinterwäldlerischen Planeten?«
Der aufgestaute Zorn und seine Angst um sie entzündeten sich explosionsartig. »Taria...«
»Schrei mich nicht an, ich bin nur leicht verwundet«, sagte sie, dann blickte sie über seine Schulter und schenkte auch Anakin ein Lächeln. »Ich grüße Euch, Meister Skywalker. Oder darf ich Euch auch Skyguy nennen?«
Anakin ließ sich auf ein Knie fallen, in den Händen noch immer die deaktivierten Lichtschwerter. »Ihr könnt mich nennen, wie immer Ihr möchtet, Meisterin Damsin, aber erst müsst Ihr uns sagen, was hier vor sich geht.«
Die Luft war erfüllt von Donnern und Zischen, als die Droiden ihre Blasterbatterien in den Plasmaschild entleerten. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Taria ihre Ordensbrüder an.
»Sag du mir erst mal, ob dieser Schild halten wird.«
Obi-Wan warf Anakin einen Blick zu. »Er wird halten«, versicherte er, dann nahm er sein Lichtschwert entgegen und verbarg es wieder unter dem Hemd. »Taria, bitte. Was tust du hier?«
»Die kurze Version?« Sie verzog das Gesicht und tastete ihre rechte Schulter ab. »Durds Basis ist zerstört. Explodiert, mitsamt seinem Giftstoff.«
»Was ist mit Durd selbst?«
»Der Barve lebt leider noch«, erklärte sie. »Er war nicht da.«
Anakins Enttäuschung war deutlich spürbar. »Wo ist er dann? Und was ist mit der Wissenschaftlerin, Doktor Fhernan?«
Obi-Wan wollte den Blastertreffer an ihrem Rücken untersuchen, doch sie schlug seine Hand ungeduldig beiseite. »Durd ist noch irgendwo auf Lanteeb. Und was Bant'ena Fhernan angeht - es tut mir leid. Sie ist tot.«
»Tot?« Anakin starrte sie an. »Ihr habt sie mitsamt der Basis in die Luft gejagt?«
Tarias Gesicht war voller Bedauern. »Nein, sie hat sich selbst in die Luft gejagt. Anakin, alles, was sie noch kümmerte, war, ob Ihr und Meister Kenobi in Sicherheit wäret. Und... sie wollte ihren Fehler wiedergutmachen.«
Obi-Wan blickte noch einmal zu Anakin hinüber, dann seufzte er. »Also hast du ihr die Sprengladungen gegeben und dich dann auf die Suche nach uns gemacht? Taria...«
»Sie hatte ihre Wahl getroffen, Obi-Wan. Das musste ich akzeptieren.«
Natürlich musstest du das. Er nahm ihren Arm und überprüfte den Puls an ihrem Handgelenk. »Wir werden später darüber reden. Was ist sonst noch ...«
»Weitere Droiden sind auf dem Weg hierher«, sagte sie grimmig. »Mit jeder Menge Munition. Sie werden in den nächsten Minuten hier eintreffen.«
»Verdammt«, zischte Anakin und rieb sich die Augen. »Meisterin Damsin, Ihr habt einen denkbar schlechten Zeitpunkt für Euren Hausbesuch gewählt.«
Obi-Wan, der noch immer Tarias Hand hielt, konnte den brennenden Schmerz des Blastertreffers in der Macht spüren, und darunter war noch etwas anderes, ein dunklerer, tieferer Schmerz ... der sie Stück für Stück verschlang.
Oh nein!
»Obi-Wan«, flüsterte sie mit sanfter Stimme. »Es ist in Ordnung.«
Nein, nichts war in Ordnung. Doch seine Trauer und seine Wut mussten warten. »Was kannst du uns sonst noch sagen?«
Er und Anakin lauschten mit wachsender Besorgnis, während Taria ihnen von dem Anschlag auf Chandrila erzählte und von der republikweiten Panik, die darauf gefolgt war. Sie erklärte auch, dass Meister Windus Kampfverband über dem Planeten dem Gegner zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen war und sie es einfach nicht schafften, ein Mittel gegen Durds Biowaffe herzustellen, obwohl einer der größten Wissenschaftler der Republik mit dieser Aufgabe betraut worden war. »Er kann die letzte Biosequenz einfach nicht finden«, schloss sie. »Das hat zumindest Yoda gesagt. Es geht wohl darum, das Rohdamotit zu neutralisieren. Ich habe es nicht wirklich verstanden. Ich weiß nur, dass Doktor Netzl in einer Sackgasse steckt. Wir stecken alle fest, und ...« Der Ausdruck auf Anakins Gesicht ließ sie innehalten. »Was ist?«
Skywalkers Augen leuchteten. »Obi-Wan, denkt Ihr gerade auch, was ich denke?«
Zwanzig
Zum ersten Mal seit Tagen spürte Obi-Wan wieder so etwas wie Hoffnung. Er nickte. »Sufis Kräuter. Das wäre möglich. Und selbst, wenn es nicht die Lösung ist, hilfreich wird es sicher trotzdem sein. Anakin...«
Sein ehemaliger Padawan wandte sich zu Taria um. »Habt Ihr ein Komlink dabei?«
»Natürlich.« Sie runzelte die Stirn. »Wir müssen Meister Windu auf der Unbeugsam informieren. Ihm sagen, dass ...«
»Was für ein Komlink?«, hakte Anakin nach. »Kann es Biodaten übermitteln?«
Taria griff in die Tasche ihres Kampfanzugs. »Ich glaube, schon. So wie Ban-yaro davon geschwärmt hat, müsste es sogar selbstständig ein Schiff fliegen können.«
Obi-Wan nahm ihr das Gerät aus der Hand und betrachtete es einen Moment lang. »Wir müssen zum Heilhaus. Nicht nur wegen dir, Taria. Da ist etwas, das Bails Freund, dieser Wissenschaftler, wissen muss.«
»Du sprichst in Rätseln«, brummte sie verwirrt. »Oder wurdest du vielleicht auch von einem Blasterschuss getroffen?«
»Nein. Kannst du aufstehen?«
»Natürlich kann ich aufstehen«, blaffte sie, dann schob sie ihn von sich fort. »Ich bin doch kein... Au!«
Von Krankheit und Anstrengung aller Kraft beraubt, sank sie auf den Boden zurück. Doch Obi-Wan konnte sie nicht tragen, selbst wenn er die Macht eingesetzt hätte, und Anakin ebenso wenig. Sie waren viel zu erschöpft.
»Wartet hier«, sagte Anakin, während er sein Lichtschwert wieder einsteckte. »Ich hole einen Schwebeschlitten.«
Er verschwand in der Dunkelheit, und Tarias Blick wanderte hinüber zu den Droiden auf der anderen Seite des Schildes. Sie setzten ihr Sperrfeuer ungerührt fort. »Geben diese Blechbüchsen denn niemals auf?«
Obi-Wan schüttelte den Kopf. »Leider nicht, nein.«
»Das macht einen ja wahnsinnig. Kein Wunder, dass du so gereizt bist.« Sie legte ihm die Hand aufs Knie. »Tut mir leid, dass ich euch solche Unannehmlichkeiten bereite.«
Unannehmlichkeiten? Er strich eine grünblaue Strähne hinter ihr Ohr zurück. »Sei nicht albern. Taria, lass mich einen Blick auf diese Blasterverbrennung werfen.«
Sie nahm seine Hand in ihre. »Gleich.« Ihre Augen wurden weit, als sie in ihm las. »Obi-Wan.«
Selbst wenn er versucht hätte, es vor ihr zu verbergen, es wäre ihm nicht gelungen. Seine Selbstbeherrschung war hinfortgeätzt, die sorgsam aufgebauten Barrieren in seinem Geist niedergerissen. Es ging ihm... wie ihr. Sie konnte jeden Schmerz in ihm spüren, jeden wunden Nerv, jede überstrapazierte Sehne.
Er zwang sich, ihrem schockierten Blick standzuhalten. »Keine Moralpredigten bitte. Ich hatte keine andere Wahl.« Sie ließ seine Hand los und strich dann über sein Gesicht. Ihre Fingerspitzen berührten die vorstehenden Knochen, die eingefallenen Wangen.
»Ich hätte nicht übel Lust, dich zu ohrfeigen.«
»Dann solltest du dich selbst aber auch ohrfeigen. Warum bist du hierhergekommen, Taria?«
»Irgendjemand musste es tun.« Sie versuchte zu lächeln, aber der Versuch scheiterte. »Obi-Wan ...« Der Schmerz in ihr wurde größer. Hierherzukommen hatte einen schrecklichen Preis von ihr gefordert.
»Wie hast du Grievous' Separatisten getäuscht?«, fragte er, um sie abzulenken. »Wie bist du durch die Blockade und in die Stadt gelangt?«
Die Frage entlockte ihr ein amüsiertes Lächeln. »Das war alles Meister Yodas Werk. Er ist unglaublich verschlagen. Dank ein wenig Hilfe von Senator Organa und den Piloten der Fünfhundertersten konnte ich in einem Separatistenschiff eine wilde Flucht vor dem republikanischen Kampfverband vortäuschen. Alles verlief genau nach Plan. Ich wurde angeschossen und habe ganz in der Nähe von Durds Einrichtung eine Bruchlandung hingelegt. Tragischerweise habe ich nicht überlebt.«
Nun war es an ihm, sie anzustarren. »Du hast eine Leiche in dem Schiff mitgenommen?«
»Ja.« Sie runzelte die Stirn. »Das war Senator Organas Idee. Weißt du, wenn er nicht so charmant wäre, würde ich ihn wirklich für... unheimlich halten.«
Bail hatte das arrangiert? Mein Freund, es tut mir schrecklich leid.» Taria, ich wünschte, Yoda hätte jemand anderen geschickt.«
»Es gab niemand anderen«, erklärte sie. »Die Lage dort draußen verschärft sich, Obi-Wan.« Sie verzog das Gesicht. »Die Leute hier sehen auch nicht sonderlich glücklich aus.«
»Weil sie nicht sonderlich glücklich sind«, brummte er. Scham erfüllte ihn, als ihm klar wurde, wie zerbrechlich seine Stimme klang.
»Tut mir leid.« Sie seufzte, dann legte sie ihre Arme um ihn und zog ihn zu sich heran. »Was für ein Chaos.«
»Nicht.« Er versuchte, sich aus ihrer Umarmung herauszuwinden. »Es geht mir gut. Außerdem müssen wir Meister Windu kontaktieren und...«
Sie schlang die Arme nur noch fester um seine Schultern. »Meister Windu kann warten, bis wir ihm auch wirklich etwas zu sagen haben. Jetzt sei still. Du bist so schrecklich müde. Schhhh...«
Obi-Wan spürte, wie etwas tief in seinem Innern zerbrach. Er vergrub sein Gesicht in ihrer Schulter und ließ seinen Gefühlen freien Lauf.
Fassungslos stand Anakin im Schatten und beobachtete, wie Taria Damsin Obi-Wan tröstete. Er sah zu, wie sie ihm durchs Haar strich und seinen Rücken streichelte, ihre Hände in unablässiger Bewegung, ihre Stimme ein sanftes, beständiges Flüstern, und er spürte, wie Kenobi sich ihrer Stimme und ihrer Berührung hingab, wie offen er seine Gefühle in ihrer Umarmung zeigte.
Sie sind Liebende - oder waren es zumindest einmal. Er hat es mir nie gesagt. Und ich hätte es nie für möglich gehalten.
Die beiden verloren sich ineinander. Sie nahmen die Droiden überhaupt nicht mehr wahr - und Anakin auch nicht.
All diese Lektionen darüber, dass ein Jedi niemanden braucht. Darüber, dass man keine emotionalen Bindungen eingehen darf. Und jetzt seht Euch an. Seht Euch an. Ihr ertrinkt ja förmlich in ihr. Ihr liebt sie.
Was bedeutete das? Dass alles, was Obi-Wan ihm beigebracht hatte, eine Lüge war? Dass er eine Lüge lebte? Dass er seine Gefühle verleugnete? Dass er sich nicht etwa deshalb an das Liebesverbot des Ordens hielt, weil er daran glaubte, sondern nur weil er zu schwach war, um sich dagegenzustellen? Anakin fühlte sich betrogen. Obi-Wan hatte ihn betrogen.
Padmè.
Kenobi sagte etwas, das Anakin nicht verstehen konnte, dann löste er sich aus Taria Damsins Armen, nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und küsste sie sanft auf den Mund.
Anakins Seele erstarrte zu Eis. Er setzte den Schwebeschlitten aus der Mine wieder in Bewegung, und mit leise ächzenden Motoren glitt er aus der Dunkelheit in das fahle Licht des Plasmaschildes. »Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat«, sagte er. »Ihr wisst ja, wie es ist. Ich musste erst einen funktionierenden Schlitten finden.«
Obi-Wan stand auf, sein Gesicht bar jeglicher Emotion. »Anakin.«
»Wir sollten los«, meinte er, während er den Schlitten zu ihnen hinüberschob. »Ich muss noch die anderen Generatoren überprüfen - und Devi braucht mal wieder eine Pause.«
Kenobi schob Meisterin Damsins Komlink in seine Hemdtasche. »Ja, natürlich.«
Gemeinsam halfen sie Taria auf die Ladefläche des Schlittens, dann brachten sie sie zum Heilhaus, wo Teeba Sufi sie mit großen Augen begrüßte.
»Ein neuer Patient?«, fragte sie kraftlos, doch dann fiel ihr das Lichtschwert an Damsins Hüfte auf. »Noch ein Jedi? Wie ist sie...«
»Wir werden später alles erklären, Sufi«, versprach Obi-Wan, während er Taria zu einer leeren Liege trug. »Hast du noch ein wenig von deiner Medizin gegen das grüne Fieber? Ein Tropfen würde schon reichen. Sufi, es ist sehr wichtig.«
Die Lanteebanerin kniff die Lippen zusammen. »Wofür braucht ihr die Medizin? Ich habe nicht genug, um auch nur einen Tropfen zu verschwenden.«
»Sufi, es ist keine Verschwendung«, sagte Obi-Wan. »Bitte.«
»Na gut«, brummte sie zähneknirschend, dann ging sie hinüber zu dem Schrank im hinteren Teil des Raumes.
Kenobi zog derweil wieder Tarias Komlink hervor. »Ist es abhörsicher?«
Totenbleich nickte sie. »Es gibt einen direkten Kanal zu Meister Windu.« Als Obi-Wan das Komlink aufklappte, drehte sie den Kopf. »Anakin? Ist mit dir alles in Ordnung?«
Dies war weder die Zeit noch der Ort, um über Liebe und Lügen zu reden. »Ja, ich bin nur ein wenig müde.«
Das Komlink knackte, als der sichere Kanal geöffnet wurde. »Unbeugsam, hier spricht Kenobi«, begann Obi-Wan. »Bitte kommen.«
»Obi-Wan, hier ist Meister Windu. Wie ist die Lage?«
Anakin schloss die Augen. Ausnahmsweise erfüllte es ihn mit Freude, Meister Windus tiefe Stimme zu hören.
»Noch halten wir durch, aber lange werden wir es nicht mehr schaffen«, erklärte Kenobi. »Durds Droidenarmee wird unseren Verteidigungsschirm bald durchbrechen. Meister, Taria Damsin ist bei uns. Sie hat uns über die Situation aufgeklärt. Wir glauben, dass wir Doktor Netzl weiterhelfen können. Wir schicken Euch eine Bioübertragung.«
»Wir halten die Verbindung offen«, sagte Meister Windu. Nicht einmal die große Entfernung und die Jahrzehnte strikten Jedi-Trainings konnten die unterdrückte Aufregung aus seiner Stimme vertreiben.
Obi-Wan drehte sich um und blickte zu Teeba Sufi hinüber, die vor dem Schrank stand, in der Hand die fast leere Flasche mit ihrer Kräutermedizin. »Danke, Sufi. Anakin ...«
Er nahm die Flasche entgegen, zog den Korken heraus und neigte sie dann vorsichtig, bis ein einziger Tropfen der übel schmeckenden Flüssigkeit auf die Bioscan-Fläche des Koms rann. Der hochmoderne Kommunikator summte kurz, dann stieß er ein Piepen aus, und Obi-Wan drückte den Sendeknopf.
»Eure Übertragung ist eingegangen«, meldete sich Meister Windu. »Wir werden sie unverzüglich an den Tempel weiterleiten.«
»Was immer die Wirkstoffe sind, sie beugen einer Damotit-Vergiftung vor. Sagt das Doktor Netzl.«
»In Ordnung«, bestätigte Windu. »Obi-Wan, ich will die Lage nicht beschönigen. Wir werden hier oben aufgerieben. Ohne zusätzliche Schiffe werden wir Grievous' Blockade nicht durchbrechen. Ich weiß nicht, ob wir zu euch vorstoßen können, bevor die Droiden eure Verteidigung durchbrechen.«
»Verstanden«, brummte Obi-Wan. »Durds Waffe wurde zerstört. Das ist die Hauptsache.«
»Noch haben wir nicht aufgegeben, Obi-Wan«, entgegnete der ältere Jedi. »Also haltet durch. Lass mich jetzt mit Meisterin Damsin sprechen.«
Taria nahm das Komlink und räusperte sich. »Meister Windu.«
»Meine Anweisung lautete, unbemerkt zu bleiben, bis wir euch sicher abholen können.«
»Ja, Meister, das stimmt.«
»Nun sind aus zwei potenziellen Jedi-Geiseln drei geworden.«
»Meister Windu, wir werden uns nicht als Geiseln nehmen lassen.«
»Taria...«
»Mace, es tut mir leid«, sagte sie. »Aber habt Ihr wirklich erwartet, dass ich ihnen den Rücken kehren würde?«
Anakin zog die Augenbrauen hoch. Mace? Er blickte zu Obi-Wan hinüber, doch der zuckte nur mit den Schultern. Sein Gesicht war emotionslos, sein Blick beherrscht. Er wusste nur zu gut, dass sein ehemaliger Schüler wütend war.
»Meister Windu«, fügte Taria hinzu. »Fürs Erste sind wir wohlauf. Konzentriert Euch also auf Grievous. Und wenn diese Sache vorbei ist, könnt Ihr mich persönlich tadeln.«
»Mit Sicherheit«, brummte Windu. »Unbeugsam Ende.«
Anakin blickte noch einmal zu Obi-Wan hinüber. »Ich muss los.«
»Ich weiß.« Er nickte. »Taria, warte bitte einen Moment... Sufi?«
Die Dorfärztin schluckte verunsichert. »Ja?«
»Wo ist Greti? Hast du sie nach Hause geschickt?«
»Ich hab's versucht«, meinte Teeba Sufi. »Aber sie wollte nicht gehen. Sie schläft im Nebenzimmer.«
»Es tut mir leid, aber könntest du sie bitte wecken? Meisterin Damsin ist verletzt.«
»Sie ist nur ein Kind, Obi-Wan, und sie ist erschöpft«, protestierte Sufi. »Sie hat dir schon genug geholfen. Ich kann mich um deine Freundin kümmern. Die kleine Greti braucht...«
Obi-Wan berührte sie am Arm. »Bitte! Es ist wichtig. Außerdem würde Greti helfen wollen.«
»Obi-Wan ...« Taria versuchte, sich aufzusetzen. »Vielleicht ...«
»Nicht jetzt«, sagte er mit einem wütenden Blick in ihre Richtung. »Leg dich wieder hin. Ich bin gleich wieder da.«
Anakin ging nach draußen, und Obi-Wan folgte ihm. Auf der Stufe vor dem Eingang griff er nach seiner Schulter. »Anakin...«
Er streifte Kenobis Hand ab. »Nicht.«
Obi-Wans Gesicht war voller Verständnis und Bedauern, das konnten nicht einmal die Schatten der Nacht verbergen. »Anakin ... das war vor langer Zeit. Und es endete vor langer Zeit.«
Sein schlummernder Zorn erwachte. Wirklich? Für mich sah das aber gerade nicht so aus. »Ihr liebt sie.«
»Sie ist eine Freundin.«
Seine Finger ballten sich zur Faust. Lügt mich nicht an! Nicht, wenn es um etwas so Wichtiges geht. »Ihr liebt sie.«
Das monotone Donnern des Blasterbeschusses füllte die Stille zwischen ihnen. Schließlich nickte Obi-Wan. »Ja, Anakin, ich liebe sie. Aber ich war nie verliebt. Es gab eine Zeit, da brauchten ich und Taria einander. Aber als diese Zeit vorbei war, trennten unsere Wege sich wieder - und wir blieben Freunde.«
So funktionierte das also? Solange man distanziert bleibt, von allem losgelöst, und nicht zu stark oder zu innig fühlt, drückte der Tempel ein Auge zu?
Falls Padmè und ich vorgeben, wir wären nicht ineinander verliebt...
»Anakin«, unterbrach Obi-Wan seine Gedanken. »Glaubst du wirklich, dass du wieder zurückgehen könntest, falls du mit Padmè diese Grenze überschreitest? Dass du je wieder damit zufrieden sein könntest, ihr nur ein Freund zu sein?«
Der Gedanke war unerträglich. Niemals. »Wollt Ihr mir etwa sagen, Ihr seid zufrieden?«
Obi-Wan hielt seinem Blick stand, ohne zu blinzeln. »Ja.«
Es war die Wahrheit. Verwirrt verschränkte Anakin die Arme vor der Brust. Sein Zorn war verraucht. »Ich verstehe Euch nicht, Obi-Wan.«
Beinahe hätte sein alter Meister gelächelt. »Ich weiß.«
Und vermutlich werde ich ihn auch nie verstehen. Zumindest nicht, wenn es um diese Dinge geht.
»Ich muss los«, wiederholte er. »Die Energieversorgung muss überprüft werden, und Devi schafft das nicht alleine.«
»Ich komme bald nach«, versprach Obi-Wan. »Ich sehe nur noch kurz nach Taria.« Ein Muskel an seinem Kiefer zuckte. »Vielleicht gibt es etwas, das ich tun kann, um ...«
Ein Schimmern in der Macht warnte Anakin. »Es geht ihr nicht gut, oder?«
»Die Symptome ihrer Krankheit machen sich wieder bemerkbar«, erklärte Kenobi mit seltsam tonloser Stimme. »Auf sehr aggressive Weise.«
Plötzlich empfand Anakin Mitleid - nicht nur mit Meisterin Damsin, sondern auch mit Obi-Wan. Nicht einmal das Jedi- Training konnte einen auf diese Art von Trauer vorbereiten. Das wusste er aus eigener, bitterer Erfahrung.
Aber ich hatte Padmè. Sie hat mir geholfen, darüber hinwegzukommen. Und ich wollte, dass sie mir hilft. Er wird sich von niemandem helfen lassen. Er glaubt noch immer, dass er jede Bürde alleine tragen muss.
»Vielleicht bessert ihr Zustand sich ja wieder.«
Obi-Wans Blick strich über den schattenverhangenen Dorfplatz, dann schüttelte er den Kopf. »Ich denke, nicht. Nicht diesmal. Sie hat sich zu viel abverlangt.«
Um Euch zu helfen. Doch das konnte er natürlich nicht sagen. Nicht, wo Kenobis Schmerz so deutlich in der Macht loderte. »Es tut mir leid.«
Nach einem langen Moment des Schweigens stieß Obi-Wan seufzend den Atem aus. »Ich weiß«, murmelte er und sah ihn an. »Mir auch.«
»Obi-Wan ...« Er musste es sagen. »Taria ist aber nicht die Einzige, die in Gefahr schwebt.«
»Auch das weiß ich.«
»Also, was denkt Ihr? Sollen wir darauf warten, dass die Droidenverstärkung eintrifft und sie den Schild zerstören, oder stellen wir uns ihnen zu einem letzten Gefecht.«
»Ich denke ...« Er fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Ich denke, es ist traurig, dass Doktor Fhernan den Tod gewählt hat.«
Anakin blickte zu Boden. Bant'ena. Sie hatte ihre Fehler gehabt, hatte sich erpressen und täuschen lassen, aber am Ende war sie als Heldin gestorben. Irgendwo in seiner Brust brannte Schmerz um sie, doch er konnte es sich nicht leisten, ihm nachzugeben - nicht jetzt. »Sie hatte ihre Chance. Wir sehen uns im Kraftwerk.«
»Weißt du, das würde viel schneller gehen, wenn man mir nicht ständig über die Schulter blicken würde«, meinte Tryn mit scharfer Stimme.
»Entschuldige«, sagte Bail. »Aber da gibt es einige sehr nervöse Leute, die nur einem Augenzeugenbericht glauben werden.«
Tryn legte sein Datapad beiseite. »Na schön, aber ihr könnt auch da drüben Augenzeuge sein.« Er deutete auf die andere Seite des Labors. »Ich meine es ernst, Bail. Ich kann so nicht arbeiten.«
»Um Verzeihung wir bitten, Doktor Netzl«, erklärte Yoda. »Platz zum Arbeiten wir Ihnen geben werden.«
»Ja, Entschuldigung«, fügte Padmè hinzu. »Wir werden nicht länger im Weg stehen.«
Sie gingen ans andere Ende des Labors und beobachteten schweigend, wie Tryn eine Reihe komplexer Biosimulationen durchführte, um die Daten zu überprüfen, die Obi-Wan ihnen geschickt hatte.
»Ich kann es noch immer nicht glauben«, flüsterte Padmè nach einer Weile. »Wie oft werden wir noch in letzter Minute eine Lösung finden?«
Bail zog die Brauen zusammen. »Noch haben wir keine Lösung.«
»Oh, ich glaube schon«, entgegnete sie. »Ich habe es im Gefühl. Spürt Ihr es auch, Meister Yoda?«
Der Jedi-Großmeister stützte sich auf seinen Gimerstock und seufzte. »Hoffnung ich habe, Senatorin. Mehr sagen ich nicht werde.«
»Wisst Ihr schon, ob wir Obi-Wan und Anakin von Lanteeb retten können?«, wollte Bail wissen. »Und Meisterin Damsin?«
Padmè versteifte sich. »Ja, wir werden sie retten. Wir müssen.«
Bail legte ihr die Hand auf die Schulter. Es war eine Warnung. Deutlicher konnte er ihr in Yodas Gegenwart nicht sagen: Vorsicht, du bewahrst dieses Geheimnis aus gutem Grund.
Auf der anderen Seite des Raumes begann eines von Tryns Instrumenten zu piepen, dann erschien über dem kleinen Holofeld eine Reihe von Bildern, auf denen sich komplexe, mehrarmige kodierte Matrizen träge im Kreis drehten. Jede von ihnen blinkte rot.
»Verdammt«, zischte Padmè. »Rot ist schlecht, richtig?«
Bail beobachtete, wie Tryns erschöpftes Gesicht länger und länger wurde. »Ja, rot ist schlecht.«
Da tauchte ein fünftes Holobild auf, das langsam in der Luft rotierte, und es war nicht rot, sondern leuchtete in allen Farben des Regenbogens. Ein Lächeln verzerrte Tryns Gesicht, dann lachte er los, und einen Moment später schlug er mit beiden Fäusten auf den Labortisch.
»Das ist es!«, schrie er. »Das ist die Sequenz. Das ist die fehlende Verbindung. Es funktioniert!«
Bail eilte zu seinem Freund hinüber. »Bist du sicher? Tryn, bist du sicher?«
»Ich werde erst noch eine Probe synthetisieren und testen«, erklärte der Wissenschaftler grinsend, »aber ja, ich bin sicher. Wir haben das Gegenmittel. Der Schlüssel lag in diesen drei Biowirkstoffen. Alle sind sie natürlichen Ursprungs, und alle lassen sie sich problemlos synthetisieren. Das Programm musste nur erst das richtige Verhältnis ermitteln.«
»Wie schnell kannst du die ersten Testergebnisse vorlegen?«
»Gib mir eine Stunde.«
Falls die Tests erfolgreich waren, mussten sie das Gegenmittel schnellstmöglich und in großer Menge produzieren, doch das sollte kein Problem sein. Ein corellianisches Pharmachemie-Unternehmen mit Einrichtungen in Coruscants hochmodernem Abroganto-Forschungssektor hatte ihnen einen ganzen Produktionskomplex zur Verfügung gestellt, und die Chemiker dort warteten nur auf die Formel.
»Doktor Netzl, du bist der Beste«, sagte Bail kopfschüttelnd. »Also gut, dann können wir bis heute Nachmittag mit dem Gegenmittel in Produktion gehen. Anschließend schicken wir die ersten Ladungen nach Bespin, nur für den Fall der Fälle - und den Rest lagern wir hier, als eine Art Versicherung.« Er drehte sich um. »Padmè...«
Sie hatte das Komlink bereits an die Lippen gehoben, und ihre dunklen Augen leuchteten triumphierend. »Ich werde gerade zum Premierminister von Brentaal durchgestellt. Meister Yoda, jetzt haben wir unsere zivile Flotte.«
Yoda klopfte mit seinem Gimerstock auf den Boden. »Dann nicht länger von Euren Aufgaben abhalten Euch ich werde. Den Kampfverband bei Lanteeb kontaktieren ich will. Informiert mich, sobald zum Einsatz die zivile Flotte bereit ist.«
»Natürlich, Meister Yoda«, versicherte Bail. »Ich werde Euch über jede Entwicklung auf dem Laufenden halten.« Der alte Jedi verließ das Labor, und da Padmè noch immer in ihr Komlink sprach, wandte er sich wieder an Tryn. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Was ich von dir verlangt habe ... war ein Wunder - und du hast uns ein Wunder geschenkt.«
Tryn fuhr sich mit den chemikalienbefleckten Fingern durch das lange, wirre Haar. »Ich habe nur einen Teil der Arbeit erledigt. Ohne deinen Jedi-Freund...« Er lachte. »Ich kann nicht glauben, dass es so gekommen ist. Dass er ausgerechnet an dem Ort gestrandet ist, wo die Antwort auf mein Problem lag. Wie kann es nur solche Zufälle geben? Das ist verrückt. Mehr noch, das ist unmöglich. Es ist... unwissenschaftlich.«
Das ließ Bail schmunzeln. »Die Macht ist keine Wissenschaft, Tryn. Die Macht... setzt die merkwürdigsten Dinge in Bewegung.«
Tryns Augen wurden groß. »Die Macht? Seit wann glaubst du denn an mystische Kräfte?«
»Seit sie mein Leben gerettet haben«, meinte er nur. »Es ist eine lange Geschichte. Ich werde sie dir bei Gelegenheit erzählen, wenn das hier alles vorbei ist.«
»Also gut. Jetzt sollte ich mich aber erst einmal wieder an die Arbeit machen«, sagte Tryn, nur um noch einmal innezuhalten. »Bail, dein Freund, dieser Jedi. Er ist noch nicht in Sicherheit, oder?«
Ein kalter Schauder der Furcht rann über Organas Rücken. »Nein.«
»Das tut mir leid.«
»Melde dich, sobald du die Testergebnisse hast, dann werde ich mich um alles Weitere kümmern.«
»Bail?«, rief Padmè von der anderen Seite des Labors. »Brentaal ist einverstanden. Wir müssen uns jetzt mit allen anderen Unternehmen und Regierungen kurzschließen und dann schnellstmöglich eine Holokonferenz für die Kapitäne und Kommandanten der Flotte organisieren. Gehen wir.«
Bail gab Tryn eine erdrückende Umarmung, und er fragte sich, wen von ihnen beiden diese Geste wohl mehr überraschte. »Die Republik steht in deiner Schuld«, erklärte er, während er zu Padmè hinüberging. »Ich stehe in deiner Schuld. Was immer du möchtest, sag es, und es gehört dir.«
Tryn blickte zu Senatorin Amidala hinüber, die ungeduldig an der Tür wartete. »Wie wäre es mit einem Abendessen bei Kerzenschein mit deiner Freundin da drüben?«
»Tut mir leid«, grinste Bail, »aber ich fürchte, sie ist schon vergeben. Würdest du dich auch mit einem Dinner bei Kerzenschein mit mir zufriedengeben?«
Tryn scheuchte sie nach draußen, damit er sich wieder in Ruhe seiner Arbeit widmen konnte.
»Das ist wichtig, Bail. Das ist wirklich bedeutsam. Ich kann es spüren«, murmelte Padmè, als er sie zu ihrem Apartment zurückflog. »Trotz aller Schwierigkeiten und der schrecklichen Bedrohung haben Leute aus allen Teilen der Republik sich vereint. Nicht des Profites wegen oder der Macht oder des Ruhmes, sondern, weil es das Richtige ist. Weil es eine Chance ist, dem Bösen die Stirn zu bieten.«
Er liebte sie für ihre Zuversicht, ihre Hingabe an jede Sache, der sie sich verschrieben hatte. Doch als er seinen Gleiter aus dem dichten Verkehr auf die Prioritätsflugbahn steuerte - den schnellsten Weg zu ihrem Apartment - und dabei zu ihr hinüberblickte, sah er die mahlende Furcht in ihren Augen.
»Wir werden sie retten, Padmè«, versprach er, dann nahm er ihre Hand. »Wir lassen sie nicht auf Lanteeb zurück.«
»Ich weiß«, hauchte sie, »ich weiß. Sie werden zurückkehren.«
Sie versuchte, stark auszusehen, stark zu klingen, aber ihre Finger waren kalt, und sie schlangen sich so fest um seine Hand, dass er beinahe zusammengezuckt wäre.
Den Rest des Weges flog er einhändig ... und er versuchte, nicht darüber nachzudenken, was bei der Rettungsmission auf Lanteeb alles schiefgehen konnte.
Nachdem er vier Stunden lang seine Grenzen ausgelotet hatte, musste Obi-Wan schließlich akzeptieren, dass er alles für Taria getan hatte, was er nur tun konnte, zumindest hier auf Lanteeb. Die Droiden und die Munitionslieferung, vor der Damsin sie gewarnt hatte, waren vor einer Weile eingetroffen, und trotz des erneuten, gnadenlosen Laserbeschusses war sie eingeschlafen. Doch auch jetzt war jeder Atemzug ein schmerzerfülltes Ächzen. Unter ihrem ruhigen Gesicht brodelte schrecklicher Schmerz. Weil sie so tapfer und so stur gewesen war, würde dieser Schmerz von jetzt an jeden Tag ihres verbliebenen Lebens beherrschen.
»Also gut«, murmelte er, während er die dünne Decke über ihre Schultern zog. »Das reicht fürs Erste.«
»Aber es geht ihr nicht besser«, meinte Greti, die auf einem Hocker neben ihm kauerte. Das Mädchen war völlig erschöpft. Er hatte kein Recht gehabt, sie schon wieder um Hilfe zu bitten, aber es ging hier um Taria, und allein wäre er zu schwach gewesen.
»Besser als vorhin jedenfalls«, brummte er. »Danke, Greti. Ohne die Stärke, die du mir geschenkt hast, hätte ich es nicht geschafft. Aber jetzt solltest du dich ausruhen.«
»Teeb Kenobi hat recht«, sagte Sufi, die drüben beim Waschbecken stand und sich gerade die Hände abtrocknete. »Du hast mehr als genug getan, Kind.«
Obi-Wan blickte zu ihr hinüber. Sie war noch immer wütend, weil er Greti geweckt und gebeten hatte, mit ihm gegen Tarias Krankheit anzukämpfen.
Er stieß das Mädchen mit seinem Knie an. »Du solltest auf Teeba Sufi hören.«
»Aber...«
»Greti.«
Mit einem schnaubenden Seufzen gab sie nach.
»Und du solltest dich auch ausruhen«, meinte Sufi, während sie sich zwischen ihren anderen Patienten hindurchschob und neben Kenobi trat. »Geh nach nebenan und schlaf etwas, Teeb. Ich werde dich wecken, falls deine Freundin sich rührt.«
Obi-Wan stand auf, und nun musste er seine eigenen Schmerzen niederkämpfen. »Ich kann nicht. Ich sollte schon längst drüben im Kraftwerk sein. Bitte, sorge dafür, dass Greti nach Hause geht oder wenigstens hier schläft.«
Sufi versuchte gar nicht erst, ihm sein Vorhaben auszureden. »Du tust ja sowieso, was du willst.«
»Obi-Wan...«
Überrascht drehte er sich um. »Rikkard?«
Der Vorarbeiter der Torbel-Mine schlug seine Decke zurück, setzte sich auf und schwang seine Beine über die Bettkante. »Du willst zum Kraftwerk? Ich werde dich begleiten.«
»Nichts dergleichen wirst du tun«, sagte Sufi. »Du ...«
Rikkard stand auf, schwankend, aber entschlossen. »Oh doch! Ich gehe.«
Obi-Wan musterte ihn. Tage der Krankheit hatten den Mann ausgezehrt, doch das Schlimmste hatte er überstanden. »Also gut.«
»Teeb Kenobi...«
»Sufi.« Er hob die Hand. »Wir müssen wichtige Entscheidungen treffen. Rikkard spricht für das Dorf. Er hat ein Recht, dabei zu sein.«
»Wenn du jemanden willst, der für das Dorf spricht, dann geh zu Jaklin! Sie kann ...«
»Wir wissen beide, dass Jaklin - nicht mit mir reden will«, erklärte Obi-Wan. »Bitte, wir müssen jetzt los.« Er strich Greti mit den Fingern durchs Haar. »Und du, kümmer dich um Teeba Sufi.«
Rikkard drehte sich noch kurz um und küsste seinen schlafenden Sohn auf die Stirn, dann verließen sie nebeneinander das Heilhaus. Das Morgengrauen war bereits angebrochen, und jenseits des Plasmaschildes spiegelte sich das Licht des neuen Tages auf Dutzenden Kampfdroiden, die unablässig ihre Blaster abfeuerten. Rikkard starrte die Belagerungstruppen an.
»Deine kranke Freundin, Teeb. Ist das die einzige Verstärkung, die kommt?«
Es hatte keinen Sinn, ihn zu belügen. »Vielleicht. Ich hoffe, nicht.«
»Da sind wir schon zu zweit«, murmelte Rikkard.