Er wartete, bis das trübe Halbdunkel unter dem Schirm ihn einhüllte, und beschleunigte sein Joggen dann zu einem rasanten Machtsprint. Nur kurz, bis zur anderen Seite des Dorfes. Nicht lange genug, um Obi-Wan wütend zu machen, und ganz sicher nicht lange genug, dass irgendjemand es bemerken könnte. Sofern es überhaupt jemanden gab, der in der Macht nach ihnen Ausschau hielt. Doch das war ein Thema, mit dem er sich später noch befassen konnte.

Ich wünschte, ich wüsste, was Obi-Wan dort unten in der Mine gespürt hat. Warum habe ich es nicht auch gefühlt?

Im Moment spürte er nur, was der Sturm mit diesem schutzlosen Dorf anrichten würde, falls er und Obi-Wan nichts unternahmen, und da beschleunigte er das Tempo noch weiter.

Die Stimme seiner Mutter hallte aus den dunklen Ecken seines Gedächtnisses wider.

Er kann Euch helfen. Es ist seine Bestimmung Euch zu helfen.

Als er den nächsten Generator erreichte, brach er den Machtsprint jäh ab. Das Herz raste in seiner Brust, und sein Atem kam rasselnd über seine Lippen, außerdem ächzten seine Muskeln nach Energie. Das Lichtschwert, das noch immer sicher in der Tasche seines Hemdes lag, fühlte sich schwer an, beinahe wie eine Last. Sie mussten endlich etwas Richtiges essen, etwas mit mehr Nährwert als den klumpigen Haferbrei oder den wässrigen Eintopf. Andernfalls würden sie bald ihre Kräfte einbüßen.

Er schaltete die Glühleuchte gar nicht erst ein, sondern ließ sich von der Macht das Innenleben des Generators zeigen. Er war alt und abgenutzt, ja, aber verlässlich - zumindest im Moment noch.

Einer hin, noch viel zu viele im Sinn.

Er sprintete los zum nächsten Generator.

Seine Ohren klingelten und seine Haut brannte selbst unter der schmutzstarrenden, verschwitzten Kleidung, als Obi-Wan sich durch den Lärm und die Hitze von Torbels hoffnungslos veraltetem, überfordertem Kraftwerk vorarbeitete.

Zehnte Reihe, das sechste Ventil von oben. Grünes Instrumentenfeld.

Er versuchte, Anakin in der Macht zu orten, um sicherzugehen, dass mit ihm alles in Ordnung war, aber seine Sinne waren völlig überfordert mit der schieren Gewalt und Größe des Sturms. Die unpersönliche, kalte Bedrohung, die er für jedes Leben im Dorf darstellte, verdrängte alle anderen Gedanken und jegliche Gefühle. Sie überlagerte selbst das Bewusstsein, dass jemand dort draußen war und sie jagte.

Reihe sechs... Reihe sieben... Reihe acht...

Die Luft flimmerte, und die unmittelbare Gefahr durch die extreme Hitze erinnerte ihn an Tatooine, wo die Sonne die Wüste ebenfalls in einen Glutofen verwandelt hatte. Kenobi hatte schon viele Welten besucht, doch keine davon war dem ebenso trost - wie endlosen Dünenmeer nahe gekommen, das dennoch so merkwürdige und wunderbare Dinge hervorgebracht hatte.

Anakin zum Beispiel.

Zehn Reihen nach rechts, das sechste Ventil von oben. Das Gefühl der Bedrohung wurde stärker. Er hatte nicht mehr viel Zeit. Die Qualen des überforderten Kraftwerkes vibrierten durch seinen Körper.

Reihe neun... Reihe zehn!

Er zählte bis sechs, und seine Augen huschten suchend umher. Eine grüne Instrumententafel, eine grüne ...

Da.

Gerade als er sich vor die Hebel und das Handrad stellte, hallte eine kreischende Warnung durch die Macht. Einen Moment später blinkten rote Lichter auf, und ein durchgehender, schriller Alarmton erklang. Obi-Wan fühlte, dass das Ventil jeden Moment explodieren würde. Es war keine Zeit mehr, um nachzudenken, sich Sorgen zu machen oder sich vorzubereiten. Er schlüpfte aus seinem Hemd und benutzte den schmutzigen Stoff, um seine Hände vor dem glühend heißen Metall zu schützen.

Zuerst den linken Hebel betätigen, dann das Handrad so weit aufdrehen, wie es nur geht, und anschließend den rechten Hebel betätigen. Auf das Signal warten, dann beide Hebel gleichzeitig nach oben drücken und das Handrad wieder zudrehen.

Doch die Hebel und das Rad rührten sich nicht. Die Hitze, die unzureichende Wartung, die ganz normale Abnutzung, das Alter - all das hatte seine Spuren hinterlassen. Torbels altersschwache Maschinen fielen Stück für Stück auseinander.

Obi-Wan hatte keine andere Wahl. Er benutzte die Macht, bewegte die Hebel und das Handrad mit ihrer allumfassenden Kraft, obwohl er genau wusste, dass der Feind, der nach ihm suchte, ihn nun so deutlich sehen konnte, wie ein Leuchtfeuer in dunkler Nacht.

Na schön, hier bin ich. Jetzt komm und hol mich.

Seine Hände waren versengt, der Geruch der überlasteten Hydraulik, der überhitzten Kabel und der besonders eigentümliche Gestank gekochten Damotits füllten seine Nase und seinen Mund. Keuchend schlüpfte er wieder in sein Hemd und machte einen Schritt nach hinten. Die hysterisch zuckenden Zeiger auf den Skalen bewegten sich langsamer, dann noch langsamer, und dann waren sie schließlich aus dem roten Bereich heraus. Er schloss die Augen und durchleuchtete das Ventilsystem mit seinem Geist, bis er selbst ein Teil des aufgestauten, brodelnden Minerals darin wurde. Was für ein gefährlicher Treibstoff Damotit doch war. Die Leute hier mussten wirklich völlig verzweifelt sein, es zu benutzen. Einen Moment später spülte eine neue Woge durch das System, und das aufgestaute Damotit rauschte durch das Ventil. Einmal mehr pulsierte das giftige Blut durch die Arterien des Kraftwerks. Kenobi gestattete sich ein kurzes Lächeln.

»Ist alles in Ordnung mit dir, Yavid?«, fragte Devi atemlos, als er in die Kontrollstation zurückkehrte. »Ich kann nicht glauben, dass du es geschafft hast. Ich war überzeugt, du wärst da drin gekocht worden und dass ich jeden Moment mit dem Rest des Kraftwerks in die Luft fliegen würde. Yavid, bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?«

»Ja«, sagte Obi-Wan und erschrak ob des heiseren Krächzens, in das seine Stimme sich verwandelt hatte. Er fühlte sich, als wäre er gerade frittiert worden, und in der relativen Stille der Kontrollstation wurde ihm plötzlich schwindelig.

»Oh, Teeb!«, keuchte Devi. »Was für ein Glück, dass du hier warst!«

Sie schlang die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich. Einen Augenblick stand er verdutzt da, aber da er ihre Gefühle nicht verletzen wollte, erwiderte er die Geste schließlich - woraufhin sie hastig von ihm abließ und einen Schritt nach hinten machte.

»Tut mir leid. Normalerweise tue ich so etwas nicht. Mich fremden Männern an den Hals werfen, meine ich«, murmelte sie. Ihre Wangen glühten.

»Schon in Ordnung.« Er grinste sie an. »Ich habe schon unangenehmere Umarmungen hinter mir.«

Sie blickte ihn nervös an, dann lachte sie los - ein wunderbar fröhlicher, gelöster Laut in all dem Chaos und der Furcht ringsum. »Ich hoffe, dass ihr in Torbel bleiben dürft, Teeb Yavid. Wir könnten uns keine besseren neuen Nachbarn wünschen.«

Es schmerzte ihn, sie anlügen zu müssen. »Ich hoffe auch, dass wir hierbleiben dürfen, Devi. Mein Cousin und ich...« Bevor er die Lüge zu Ende bringen konnte, ruckte sein Kopf zum Eingang der Kontrollstation hinüber. Etwas Schreckliches war gerade geschehen.

Oh, Anakin.

Der Schildgenerator gab den Geist auf, gerade als Anakin ihn erreichte. Die Macht warnte ihn einen Sekundenbruchteil vorher, ein Schrillen, das ihn traf wie ein Schlag mit einem Hammer. Der Sturm schien während dieses Augenblicks den Atem anzuhalten...

... nur um dann mit noch größerer Gewalt loszuheulen, als der Generator Funken spuckte und der Abschnitt des Schildes direkt über Anakin mit dem Jaulen eines verwundeten Tieres in sich zusammenbrach. Ein Mahlstrom glühender Theta-Partikel quoll durch die Lücke herein.

Der junge Jedi reagierte rein instinktiv, angetrieben nur von völligem, ursprünglichem Grauen. Er riss die Hände hoch und setzte die Macht ein, um die Sturmwolke aus Theta-Partikeln zurückzuhalten. Ein Schrei der Anstrengung kam über seine Lippen, als er eins mit dem Sturmschild wurde. Er kämpfte gegen die radioaktiven Winde an, bis sein Blut zu kochen begann. Schließlich verlor er sich völlig und verschwand in einem scharlachroten Wirbel, als die Macht seinen Geist aufsaugte, ihn in reines, alles versengendes Feuer verwandelte.

Wieder hörte er das Flüstern seiner Mutter.

Er kann Euch helfen. Es ist seine Bestimmung, Euch zu helfen.

Brüllend stemmte sich Anakin gegen den Sturm.

... im Tempel auf Coruscant üben Taria Damsin und Ahsoka mit ihren Lichtschwertern, ihr Geist tief in der Macht versunken. Offen und vertrauensvoll schwimmen sie im Licht der Hellen Seite - bis die Sturmwelle der Furcht sie erfasst. Erschrocken zucken sie zusammen und stolpern und verlieren die Lichtschwerter aus den Händen. Schockierte Jünglinge fragen einander flüsternd, was sie tun sollen...

... Yoda wird von einem schmerzhaft intensiven Gefühl der Gefahr aus seiner Meditation gerissen. Die Hand an den Kopf gepresst, versucht er herauszufinden, woher dieses Gefühl kam, was geschehen ist. Doch der Schleier der Dunklen Seite ist undurchdringlich, alle Geheimnisse sind dahinter verborgen. Yoda knirscht mit den Zähnen und versucht, diese Barriere zu durchdringen ...

... der medial begabte Drivok hebt den Kopf und schnüffelt, dann überkommt ihn ein Gefühl des Triumphs. Er ist ein Jäger, und kein Jäger hat es gern, wenn seine Beute sich vor ihm versteckt. Doch jetzt kann er den Jedi, den er schon so lange sucht, deutlich sehen, eine helle Flamme in seinem Geist. Sein Finger deutet auf einen Punkt auf der Karte.

...und Lok Durd lacht und lacht und lacht...

Es gab keinen Alarm in der Kontrollstation, der nicht laut schrillte. Devi rannte von einer Konsole zur nächsten und trieb ihr Stützgeschirr dabei an die Belastungsgrenze. »Nein, nein, bitte nicht!«, rief sie, während sie Hebel umlegte und mit der Faust auf Knöpfe schlug. »Wehe, du wagst es!«

»Devi!«, unterbrach Obi-Wan ihren panischen Monolog. »Sag mir, was ich tun kann ...«

Sie hob den Arm und deutete auf die Anzeigetafel für die Generatoren und den Sturmschild. »Behalte diese Werte im Auge.

Ein Schildgenerator ist hin. Falls noch einer nachgibt, ist es vorbei. Dann sind wir alle tot. Keine Ahnung, warum der Rest des Schildes überhaupt noch hält. Aber er hält, und das ist alles, was zählt.«

Ich weiß, warum. Es ist Anakin. Möge die Macht ihn schützen.

Ihm wurde ganz übel vor Furcht um seinen ehemaligen Padawan, sein Magen zog sich zusammen, und bittere Galle stieg seine Speiseröhre hinauf, als er zur Anzeigetafel hinüberging und die Skalen musterte.

Halte durch, Anakin. Ich komme, sobald ich kann.

Nicht einmal der Auserwählte vermochte ganze allein einen Theta-Sturm zurückzuhalten, da war er sicher.

»Es war das Schrecklichste, was ich je gesehen habe«, hatte Qui-Gon seinerzeit gesagt. »Theta-Stürme können einen auf zweierlei Weise töten. Aus der Entfernung können sie einen vergiften, und es ist ein langer und qualvoller Tod. Und falls man zu nahe an einem solchen Sturm ist, reißt er einen in Stücke und schmelzt einem die Knochen. Ich habe beides gesehen, und beides war äußerst grausam. Da werde ich doch lieber lebend von einem Sarlacc verschluckt...«

»Und?«, fragte Devi. »Hält es? Der Schild? Die anderen Generatoren? Yavid?.«

Obi-Wan riss seinen Verstand aus der Vergangenheit los und überprüfte noch einmal die Anzeigen. »Ja. So weit, so gut.«

Devi schwitzte. Dicke, glänzende Tropfen rannen über ihr blasses, verzerrtes Gesicht. Doch anstatt vor der Furcht zu kapitulieren, kämpfte sie dagegen an.

»Das ist verrückt, Yavid, verrückt«, keuchte sie und schlug mit der Faust gegen einen anderen Monitor. »Falls diese Werte stimmen, ist das ein Sturm der Klasse vier. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so einen noch erleben würde.«

»Dann sollte ich mich wohl geehrt fühlen, hm? Ein einmaliges Begrüßungsgeschenk, das Torbel mir da macht.«

Sie lachte. »Ha! Eine schöne Begrüßung.« Doch dieser kurze Moment befreienden Humors wurde vernichtet, als ein weiterer Alarm losheulte. »Oh, gute Güte«, hauchte sie. »Nein, bitte nicht!« Devi stolperte zu einer anderen Gruppe von Monitoren hinüber, und als sie sich umdrehte, war ihr Gesicht grau wie Asche. »Da baut sich eine Überspannung auf.« Ihr versagte beinahe die Stimme. »Und wir können nichts tun. Nicht ohne den gesamten zweiten Sektor abzuschalten, und dann würde der Sturmschild zusammenbrechen. Yavid ...« Ihre Angst war beinahe überwältigend.

»Devi, bist du sicher, dass wir nichts unternehmen können? Was, wenn wir einen Kurzschluss herbeiführen? Wo wird es zur Überspannung kommen? Devi!«

Sie schüttelte den Kopf, um ihre Hysterie zu verscheuchen, und wandte sich wieder den Monitoren zu. Ihr zitternder Finger fuhr auf dem Flüssigkristallschirm über die Anzeige von Torbels unterirdischem Energienetz.

»Das Bewässerungssystem wird es auf jeden Fall erwischen«, meinte sie, den Tränen nahe. »Die Pumpe des artesischen Brunnens vermutlich auch. Aber ich glaube nicht, dass der Sturmschild ausfallen wird. Und dann - verflucht, die Mine! Wird die Energie in der Mine ausfallen? Nein, nein, nein, nicht in der Mine - in der Raffinerie.« Sie drehte sich so schnell herum, dass sie beinahe hingefallen wäre. »Wenn kein Wunder geschieht, verlieren wir die Raffinerie. Yavid ...«

»Devi, versuch, die Überspannung aufzuhalten«, wies er sie an, während er zur Tür hinüberging. »Es muss eine Möglichkeit geben, die Energie umzuleiten und das System auszugleichen. Irgendetwas. Bitte, du musst es versuchen. Informier Arrad in der Raffinerie und Rikkard in der Mine. Sag ihnen, dass sie alle Leute in Sicherheit bringen sollen.«

Noch während er den ersten Fuß nach draußen setzte, richtete er seine Sinne auf Anakin. Sein Blick fiel auf die gewaltige Lücke im Sturmschild über dem Dorf, und sein Herz setzte einen Moment aus, als er die unglaubliche Konzentration der Macht in dieser Richtung spürte, ihr Brennpunkt der winzige Fleck, wo sein ehemaliger Schüler stand und den Sturm zurückhielt.

Kurz darauf fühlte Obi-Wan auch die Einheimischen, die sich um den Fremden aus Vorteb zusammenscharten und erst ängstlich, dann verblüfft zusahen, wie er etwas tat, was eigentlich keinem Menschen möglich sein sollte.

Halte durch, Anakin. Halte durch!

Er wirbelte herum und rannte in einem halsbrecherischen Machtsprint zur bedrohten Raffinerie hinüber.

 

 

 

 

 

Neun

Die Raffinerie glich einem Kriegsschauplatz. Ohne an die Bedrohung für ihr Dorf zu denken, arbeiteten die Einwohner von Torbel wie besessen, und alles nur, um die Wünsche einer Regierung zu erfüllen, die sie wie Sklaven behandelte. Jede Station war besetzt - Sortierröhren, Kompressionskammern, Aussiebanlagen, Förderbänder, Drehtrommeln, Hobelmaschinen, Laser-Emulgatoren, Schallbürsten und Verladestationen, wo Schwebepaletten darauf warteten, mit zurechtgeschliffenem Damotit beladen und dann ins Lagerhaus gebracht zu werden - genug Tod, um tausende Welten zu vernichten.

Gestank und Lärm waren allgegenwärtig. Ein Rattern, Donnern, Klappern, Klirren, Jaulen, Schleifen. Obi-Wan spürte die Geräusche wie Trommelschläge auf seiner Haut, und seine Knochen waren wie Stimmgabeln, die die Schwingungen bis in sein Gehirn trugen. Die Hitze der ätzenden Dämpfe saugte jedes bisschen Feuchtigkeit aus Mund und Nase. Rohdamotit war hochgiftig, und er trug keinen Schutzanzug - dafür war keine Zeit gewesen. Wie lange würde es dauern, bevor auch ihn das grüne Fieber heimsuchte? Er wusste es nicht, und im Moment war es ihm auch egal.

Die langen Leuchtbänder an der Decke flackerten und blinkten, ein Echo der instabilen Energieversorgung des Dorfes. Doch kein Einziger der vermummten Arbeiter schien davon Notiz zu nehmen. Sie waren erfüllt von Verzweiflung und dem alles andere überlagernden Bestreben, die unmöglichen Anforderungen zu erfüllen. Falls es Devi gelungen war, die Raffinerie zu warnen, hatte ihr wohl niemand zugehört.

Obi-Wan wirbelte die nächstbeste Lanteebanerin zu sich herum. Sie starrte ihn entgeistert durch ihre Schutzbrille an, als er sie bei den Schultern packte und heftig schüttelte. »Du bist in großer Gefahr, Teeba. Ihr müsst hier sofort raus. Lauf!«

Die Dorfbewohner in Hörweite hielten in ihrer Arbeit inne. Kenobi ließ die Frau los und wandte sich dem Nächsten zu.

»Ihr müsst hier alle raus! Da baut sich eine Überladung auf!«

Sie kannten ihn nicht. Sie vertrauten ihm nicht. Das machte ihr Zögern zwar verständlich, aber nicht weniger töricht. Verzweifelt schlug Obi-Wan alle Bedenken in den Wind und setzte die Macht ein, um sie anzutreiben. »Raus hier!«

Die Dorfbewohner ließen ihre Werkzeuge fallen und rannten zum Eingang, langsam und unbeholfen in ihren schweren Schutzanzügen.

Der Jedi spürte, wie die Luft um ihn herum verwirbelte, eine Reaktion auf den explosiven Spannungsanstieg. Auch die Deckenbeleuchtung flackerte nun schneller, und einen Moment später wurde aus dem gleichmäßigen Dahingleiten der Förderbänder ein knirschendes Geruckel. Die verwirrten Stimmen der Arbeiter fügten der Sinfonie der Raffinerie einen weiteren, dissonanten Ton hinzu.

»Raus hier, raus hier!«, schrie er, während er zwischen den Stationen entlangrannte. »Sagt es weiter! Alle müssen hier raus! Dieser Sektor des Energienetzes wird gleich zusammenbrechen!«

Arrad war nirgends zu sehen. Vielleicht wusste Rikkards Sohn gar nicht, dass es Probleme gab, oder er hatte Devis Warnung vorsätzlich ignoriert...

Das Rinnsal der fliehenden Dorfbewohner schwoll zu einem Strom an, als Kenobis Warnung sich wie ein Lauffeuer durch die Raffinerie verbreitete. Statische Entladungen tanzten in tödlichen Blitzen über die alten, abgenutzten Maschinen, schlugen Bögen zu anderen Geräten und ließen zischende Funken aus der Elektronik sprühen.

Ein wütender Ruf schnitt durch den Lärm, und als Obi-Wan herumwirbelte, sah er Arrad, der mit weit ausholenden Schritten in den großen Raum stürmte. »Was tut ihr denn da?« Er hielt zwei Arbeiter fest, die sich an ihm vorbeischieben und aus der Raffinerie fliehen wollten. »Ihr könnt nicht gehen. Wir sind noch nicht fertig!«

»Er sagt, es gibt eine Überladung!«, rief einer der beiden und riss sich los. »Hier wird alles in die Luft fliegen! Wir müssen weg, Arrad!«

»Was?« Rikkards Sohn schüttelte den Kopf. »Was sagst du... Rontl, komm sofort zurück! Harba! Ihr könnt nicht einfach so gehen! Mein Vater verlässt sich darauf, dass wir...«

Doch Rontl und Harba hörten nicht auf ihn.

»Arrad!« Obi-Wan eilte zu dem jungen Mann hinüber. »Du musst alle hier rausschaffen, bevor...«

Arrad stieß ihn fort. »Es ist noch Zeit. Wir haben die Quote beinahe erfüllt. Nur noch diese letzte Ladung Damotit, Yavid! Du verstehst nicht, was ...«

»Nein, du verstehst nicht, du Narr!«, unterbrach Obi-Wan ihn. »Sieh dich doch nur um! Siehst du nicht die statischen Entladungen? Devi sagt, es wird genau hier zur Überladung des Energienetzes kommen!«

Die letzten Arbeiter flohen gerade durch den Ausgang, und Arrad blickte ihnen mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung nach, aber dann machte er eine resignierte Handbewegung und drehte sich wieder um. Ohne auf die Gefahr zu achten, eilte er zum nächsten ruckelnden Förderband und legte einen Schalter um, sodass es stehen blieb, bevor die Rohdamotitbrocken auf den unebenen Ferrobetonboden fallen konnten. Irgendwo in der Raffinerie heulte eine Alarmsirene los.

»Arrad!« Obi-Wan folgte Rikkards Sohn zwischen den Arbeitsstationen hindurch zur nächsten Schallbürste. »Hörst du das? Euer Teilgenerator beginnt, sich zu überladen! Du musst mit mir kommen. Jetzt gleich!«

»Wenn du wegrennen willst, bitte«, zischte Arrad, während er hastig Befehle in die Kontrolltafel der klobigen Reinigungsapparatur tippte. Er nahm den Helm ab, und darunter kam strohfarbenes, vom Schweiß geringeltes Haar zum Vorschein. »Aber mein Vater verlässt sich auf mich. Ich muss diese Ladung ...«

Ist dieser junge Narr verrückt? »Dein Vater will aber sicher nicht, dass du wegen dieser Ladung stirbst! Um der Galaxis willen, Arrad...«

Mit einem Knurren zog der Mann einen Schraubenschlüssel aus seinem tief hängenden Werkzeuggürtel und hob ihn über den Kopf. »Ich brauche nur ein paar Minuten, Yavid! Wenn du mir nicht helfen willst, dann geh mir verdammt noch mal aus dem Weg!«

Der Lärm der Raffinerie und das warnende Heulen der Macht - Verschwinde! Verschwinde! Verschwinde! - dröhnten in Obi-Wans Kopf. Kurz entschlossen sprang er vor und packte Rikkards Sohn am Handgelenk, dann konzentrierte er seine ganze Kraft auf einen Gedankentrick. Mit donnernder Stimme und glühenden Augen rief er: »Arrad, du wirst mit mir kommen!«

Doch der junge Mann schlug seinen Arm beiseite. »Ich kann nicht!« Er musste schreien, um die Sirenen und das Zischen der Entladungen zu übertönen. »Falls wir nicht genug Damotit liefern können, werden sie uns die Nahrung kürzen oder, schlimmer noch, den Auftrag an ein anderes Dorf geben. Das würde Torbel nicht überleben! Wir überleben ja sogar jetzt nur mit Müh und Not! Falls du hier leben willst, Yavid, dann musst du mir helfenl«

Obi-Wan starrte ihn an. Falls ich ihn jetzt mit vorgehaltenem Lichtschwert zwinge, die Raffinerie zu verlassen, dann war's das. Dann wird er uns verraten. Was soll ich also tun ?Ich kann ihn nicht überzeugen, und ich kann ihn nicht hierlassen. Er sah nur eine andere Möglichkeit. »Also schön«, rief er. »Ich werde dir helfen.«

»Schalte die Laser-Emulgatoren ab!«, befahl Arrad. »Beeil dich! Und dann müssen wir...«

»Es tut mir leid«, flüsterte Kenobi, dann legte er seine Finger um den breiten Nacken des jungen Mannes. »Wir haben keine Zeit mehr.«

Es war keine simple Gedankenmanipulation - er löschte Arrads Widerstand durch einen gezielten Stoß mit der Macht aus. Der Zorn des jungen Mannes verblasste, seine Muskeln entspannten sich. Über ihren Köpfen blitzten die Leuchten kurz hell wie winzige Sonnen auf und zerbarsten dann. Dunkelheit breitete sich in der Raffinerie aus, unterbrochen nur von den blauen Blitzen statischer Entladung.

Obi-Wan vertraute sein und Arrads Leben ganz der Macht an. Er schlang seinen Arm um die Schulter von Rikkards Sohn, packte ihn am Kragen ... und rannte los. Arrad taumelte benommen neben ihm her - doch es war zu spät.

Mit einem ohrenbetäubenden Donnern überlud sich das Netz, und eine Welle ungezügelter Energie schleuderte sie wie Puppen durch die stinkende, brennende Luft.

 

Anakin fühlte die Explosion einige Herzschläge, bevor sie Realität wurde. Schwitzend und zitternd hielt er den Theta-Sturm zurück, und er versuchte, die Einwohner von Torbel zu ignorieren, die aus ihren Hütten gekommen waren, um zu sehen, was hier vor sich ging. Er wollte Obi-Wan warnen, aber die unglaubliche Anstrengung, die brodelnde Wolke roter Radioaktivität über dem Dorf abzuwehren, füllte seinen Geist völlig aus. Er konnte nicht einmal die Präsenz seines ehemaligen Meisters spüren.

Einen Moment später flog die Raffinerie in die Luft wie ein Feuerwerkskörper am Tag der Republik auf Coruscant. Panische Schreie und Rufe hallten durch die Macht, grellweiß und verwirrend. Weiße Punkte blitzten vor Anakins Augen auf, und sein Blick verschwamm, als er in der Menge nach Teeba Jaklin suchte. Sie war aus dem Bürgerhaus gekommen, um zu sehen, was vor sich ging, und nun stand sie wie erstarrt da, konnte nicht glauben, was sie sah. »Jaklin! Teeba Jaklin!«

Fluchend bahnte sie sich einen Weg zwischen den anderen Dorfbewohnern hindurch, die keuchten und aufgeregt mit dem Finger zeigten. Einige von ihnen rannten zur Raffinerie hinüber. »Ja, Markl?« Sie verzog das Gesicht. »Ist das überhaupt dein Name?«

»Im Moment ist es mein Name«, presste er hervor. Er hatte die Zähne zusammengebissen, um im Kampf gegen den Sturm nicht vor Schmerzen zu schreien. »Teeba Jaklin, bitte. Du musst Yavid finden. Sieh nach, ob mit ihm alles in Ordnung ist.«

Das Echo der Explosion rollte durch das Dorf, zurückgeworfen von den instabilen Wänden des Schutzschildes. Das Glühen des Sturmes fand nun in den lodernden Flammen der Raffinerie ein Echo. Anakin und Jaklin starrten einander an, während ringsum auch die anderen Einwohner losrannten, um zu helfen, kaum mehr als zuckende Schatten gegen das Brodeln der Theta-Wolke. Einige von ihnen eilten zum Brunnen hinüber, um Wasser zu schöpfen, andere hasteten direkt auf das brennende, mit Damotit gefüllte Gebäude zu.

Ein grausiger Gedanke zuckte durch Anakins Kopf. War das Mineral entflammbar? Dieser Rauch - war er vollgesogen mit der tödlichen Substanz? Würde jeder Mann, jede Frau und jedes Kind unter dem Schild vergiftet werden? »Teeba Jaklin! Ist das Damotit...«

Ihre Augen waren voller Furcht. »Ja. Wir werden nicht alle gleich tot umfallen, aber selbst unser geheimes Heilmittel wird nicht alle retten können.« Sie hob den Kopf zu der wütenden Theta-Wolke. »Es sei denn, der Sturm ist bald vorbei. Wenn wir den Schild deaktivieren, kann der Rauch abziehen.«

»Was ...« Er brach ab, als plötzlich seine Beine nachzugeben drohten. Der Sturm zwang ihn Stück für Stück in die Knie, und sein Atem kam nur noch keuchend und stoßweise. »Was wäre ... schlimmer? Die Theta-Partikel ... oder der Damotit- Rauch?«

Die Frage ließ sie humorlos lachen. »Der Sturm - sofern er nicht länger anhält und wir stundenlang den Rauch einatmen müssen. Dann wären wir so oder so alle tot.«

Natürlich. Das Universum hatte einen wirklich makabren Sinn für Humor.

»Du musst - Yavid finden«, drängte er sie noch einmal. »Falls er... nicht verletzt ist, kann er... helfen.«

Jaklin glaubte nicht mehr daran, dass man ihnen noch helfen konnte, das zeigte ihre Miene deutlich. Dennoch nickte sie. »Ich werde ihn suchen. Wie lange kannst du das noch aushalten, Teeb?«

Er hatte keine Ahnung, und er wollte auch nicht darüber nachdenken. »Ich ... komme schon zurecht. Geh jetzt, bitte!« Zitternd atmete er aus. »Finde Yavid.«

Sie waren nun alleine, abgesehen von den vier Gestalten, die versuchten, den Schildgenerator zu reparieren. »Guyne! Wie lange braucht ihr noch?«

Der älteste der Männer, die fieberhaft an dem Metallkasten herumschraubten, hob kurz den Kopf. »Wir arbeiten so schnell wir nur können, Jaklin. Die Hälfte der Schaltkreise ist durchgebrannt.«

Anakin schloss seinen Geist fester um die Macht. Für ihn war das Peitschen und Brodeln des Sturmes wie das Lodern eines lebenden Feuers. »Ich ... schaffe es schon, Teeba. Mach dir ... um mich keine Sorgen. Geh einfach. Los!«

Mit kleinen Schritten ging Jaklin rückwärts von ihm fort. Ihre Augen hatte sie gegen das glühende Licht zusammengekniffen. Ein Muskel an ihrem Kiefer zuckte. »Ich weiß, was du bist, junger Teeb. Du bist ein ...«

»Nicht ...jetzt«, rief er. Nur mit Mühe unterdrückte er ein Ächzen. »Bitte, finde Yavid. Sag ihm, ich komme ... sobald ich kann.«

Statt ihm zu antworten, blickte Jaklin noch einmal zu Guyne hinüber. »Unser aller Leben liegt jetzt in deiner Hand, alter Teeb«, sagte sie mit brüchiger Stimme. »Enttäusche uns besser nicht.«

Kurz blitzten die Zähne in seinem schmalen, narbigen Gesicht auf. »Ich hab's zumindest nicht vor, Teeba. Jetzt geht endlich. Rikkard wird deine Hilfe brauchen.«

Anakins Rippen schienen zu zerbersten, als er ein weiteres Mal einatmete. »Teeba...«

»Ich weiß«, keifte sie, während sie sich umdrehte. »Yavid. Ich sagte doch, ich suche ihn, und das werde ich auch tun. Ich lüge nämlich nicht - im Gegensatz zu euch.«

Er sah ihr nach, wie sie mit unbeholfenen, plattfüßigen Schritten davonrannte. In seinem Nacken konnte er Guynes Blick spüren.

Starr mich nicht so an, alter Mann. Reparier lieber diesen Generator.

Die Schmerzen waren inzwischen so unerträglich, dass er am liebsten einfach nachgegeben ... aufgegeben hätte. Doch das war natürlich unmöglich. Hunderte Leben hingen davon ab, dass er standhaft blieb und die Qualen ertrug, bis der Generator wieder funktionierte - oder sein Herz stehen blieb. Also schloss er die Augen. Ob es nun Sinn ergab oder nicht, er fand es immer leichter, sich zu konzentrieren, wenn er im Kokon der Dunkelheit eingesponnen war.

Nun, da er nichts mehr sah, drängten seine anderen Sinne weiter in den Vordergrund. Der Gestank der verkohlten Schaltkreise aus dem Generator. Der Gestank des brennenden Damotits von der Raffinerie. Der Gestank seines eigenen Schweißes. Er hörte - fühlte - drei weitere Explosionen. Sie waren schwächer als die erste und ereigneten sich in rascher Folge. Schreie und Sirenen gellten. Geräusche und Echos tanzten miteinander. Er fühlte sich ausgehöhlt und benommen, und jetzt, wo die schrillsten Warnungen der Macht verklungen waren, spürte er nur noch Verwirrung, Furcht und Leid um sich. Es war schrecklich, doch auf eine merkwürdige Weise auch tröstlich. Er kannte sich mit Furcht und Leid aus, er wusste, wie er damit umgehen musste. Das Unbekannte war es, das ihn nervös machte.

Wie lange hatte er hier gestanden und den Sturm zurückgehalten? Vermutlich weniger als eine Stunde, auch wenn es sich anfühlte wie Tage. Nein, Jahre. Bald würde die Entscheidung, ob er ausharren oder aufgeben sollte, nicht länger in seiner Hand liegen. Selbst der Auserwählte hatte seine Grenzen.

Er erinnerte sich daran, wie er als kleiner Junge am Tisch seiner Mutter vor Qui-Gon Jinn angegeben hatte.

War einer von euch schon mal bei einem Podrennen? Ich bin der einzige Mensch, der einen Renner steuern kann.

Nun war er vermutlich der einzige Jedi, der sich in einen lebenden Sturmschild verwandeln konnte.

Das hat nichts mit Prahlerei zu tun. Es ist die Wahrheit. Ich habe ein Talent dafür, das Unmögliche möglich zu machen.

Er musste nur noch ein wenig länger durchhalten ...

Schweiß rann über sein Gesicht, sein Herz raste, und er spürte, wie seine Kraftreserven zur Neige gingen, aber er klammerte sich an die Macht wie ein Kind sich an die Hand seiner Mutter klammert. Die Sekunden vergingen, und er zählte sie schweigend mit.

»In Ordnung«, sagte Guyne schließlich. »Ich glaube, das war's. Teeb Markl...«

Er schlug die Augen auf. »Teeb?«

»Wir versuchen jetzt, den Generator einzuschalten. Mach dich bereit.«

Anakin brachte ein mühsames Nicken zustande.

Die drei anderen Männer traten von dem Metallkasten zurück, während Guyne - nervös, müde, unsicher - den Atem anhielt und die Energieversorgung wiederherstellte. Er legte eine Reihe von Schaltern um, wartete ... wartete noch ein wenig länger... und aktivierte dann den Generator.

Mit einem knisternden Summen füllte sich die Lücke im

Schutzschild mit blauem Glühen, und während Guyne und seine drei Freunde jubelten und einander erschöpft auf die Schulter klopften, sackte Anakin in sich zusammen, als hätte er keine Knochen im Körper. Wenig graziös landete er auf dem harten, trockenen Boden.

Er spürte, wie er am ganzen Leib zitterte. Seine Zähne klapperten, seine Lunge ächzte nach Luft, und er rollte sich stöhnend auf die Seite und zog die Beine eng an den Körper. Sein Lichtschwert drückte gegen seine Rippen, als Torbel um ihn herumzuwirbeln schien. Besorgte Stimmen riefen seinen Namen, und behutsame Hände tasteten ihn ab, um sicherzustellen, dass er unverletzt war, aber davon bekam er kaum etwas mit. Er konnte ihre lauten, drängenden Fragen nicht beantworten, konnte nicht einmal sagen, ob er noch Schmerzen hatte, oder ob es nur die Erinnerung an den Schmerz war, die ihn noch quälte. Nur einmal in seinem Leben hatte er sich so gefühlt: in der Höhle auf Geonosis, nachdem Dookus Machtblitze ihn beinahe getötet hatten. Nach einer Weile - Äonen, wie es schien - ließ das Zittern nach. Er öffnete die Augen, streckte den Körper und blickte nach oben. Über ihm erstreckte sich Torbels Schutzschild, ganz ohne seine Hilfe. Auf der anderen Seite der Plasmamauer peitschte weiterhin der radioaktive Wahnsinn des Theta-Sturms.

Wüte, so viel zu willst. Du kommst hier nicht rein.

Er rollte sich auf Hände und Knie und richtete sich auf, wobei helfende Hände ihn stützten. Er war froh darum. Rote und schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen, und er musste mehrmals blinzeln, bevor er wieder halbwegs klar sehen konnte.

»Vorsichtig, junger Teeb«, sagte Guyne, der ihm einen Arm um die Schulter gelegt hatte. »Du bist zusammengebrochen. Vermutlich solltest du erst mal ein wenig durchatmen.«

»Mir geht es gut«, entgegnete er, und es überraschte ihn, wie heiser seine Stimme klang. Wankend drehte er sich um und blickte durch das dunkle Dorf zur Raffinerie hinüber. Die Flammen züngelten inzwischen nicht mehr so hoch, und der Rauch war schon viel lichter. Doch die Luft war noch immer erfüllt vom ätzenden Damotit-Gestank. Er versuchte, nicht an das Gift zu denken, das er mit jedem Atemzug in die Brust sog. Sein Blick kehrte zu Guyne zurück. »Bleib hier und behalte den Generator im Auge, Teeb. Falls es so aussieht, als würde er wieder den Geist aufgeben, lass nach mir rufen. Ich werde zurückkommen.«

Das geisterhafte Licht zeichnete Schatten auf Guynes Gesicht, als er die Augenbrauen hochzog. »Für einen so jungen Teeb bist du aber sehr von dir überzeugt«, bemerkte er trocken. »Ich hab noch keinen Farmersburschen gesehen, der so das Heft in die Hand nehmen konnte. Und ich kenne auch keinen Farmer, der durch die Kraft seines Geistes einen Theta-Sturm abhalten kann.«

Anakin seufzte. »Teeb Guyne, wir wissen beide, dass ich kein Farmer bin. Behalte bitte den Generator im Auge.«

»Wir werden hierbleiben«, brummte der Lanteebaner mit einem Nicken. »Und falls wir einen Jedi brauchen, wissen wir ja, wo wir einen finden können.«

Wundervoll. Obi-Wan wird mich umbringen.

Er dachte nicht einmal daran, die Entfernung zur Raffinerie mit einem Machtsprint zurückzulegen. Die Schmerzen waren nicht mehr so stechend und intensiv, aber er konnte sie noch immer in jedem Knochen, jedem Muskel und jeder Sehne spüren. Sein Gefühl für die Macht hatte sich eingetrübt, und er hatte keine Ahnung, wie lange es dauern würde, bis die Taubheit der Erschöpfung nachlassen würde. Noch nie hatte er sich derart überfordert.

Es gibt ein erstes Mal für alles, schätze ich. Aber auf diese Erfahrung hätte ich gut und gerne verzichten können.

Der Gestank des verbrannten Damotits ließ ihn würgen, als er seine Beine zu einem schwankenden Trab zwang und die Bewohner von Torbel hinter sich zurückließ, um nach Obi-Wan zu suchen.

 

Es war ein haltloses Schluchzen, das ihn wieder zu Bewusstsein brachte. Benommen öffnete Obi-Wan die Augen, dann setzte er sich hustend auf und schnitt eine Grimasse, als seine alten und neuen Blessuren sich bemerkbar machten. Der Geruch von Qualm, angesengten Kabeln und verbrannter Erde erfüllte seinen Mund. Er blickte sich um und erkannte, dass er mehrere Meter vom Eingang der Raffinerie entfernt auf dem Boden lag - weiter entfernt, als die Explosion ihn geschleudert haben könnte. Das bedeutete wohl, dass ihn jemand hierhergezogen und dann sich selbst überlassen hatte.

Die Raffinerie war völlig zerstört. Flammen leckten nach den Trümmern. Einige Dorfbewohner hatten eine Kette gebildet und reichten Eimer zwischen dem artesischen Brunnen und dem Brand hin und her. Gab es hier denn keine chemischen Löschmittel? Einen Moment später sah er einige auf dem Boden liegende Kanister, was bedeutete, dass sie ihre Löschmittel bereits eingesetzt hatten und sich nun mit Wasser behelfen mussten.

Mehrere der Leute hielten tragbare Bogenleuchten, doch nicht einmal die vermochten, den Rauch zu durchdringen, der wie eine geisterhafte grünlich graue Decke über dem Dorf hing. Damotit-Rauch. Sie atmeten jetzt also alle Gift.

Na toll! Weil bis jetzt ja auch alles so glatt gelaufen ist.

In der Nähe schluchzte jemand. Er drehte den Kopf zur Quelle dieses gequälten Lautes herum. Dort, ein paar Meter entfernt, in den Schatten - eine Gruppe dicht gedrängter Dorfbewohner. Es war ein Mädchen, das so haltlos weinte. Eine Frau musste sie stützen. Obi-Wan kannte diese Frau. »Teeba Jaklin!«

Sie hörte auf, beruhigend auf das Mädchen einzureden und richtete den Blick ihrer argwöhnischen Augen auf ihn. »Teeb... Yavid - falls das dein Name ist.«

»Im Moment kannst du mich so nennen«, meinte er unbehaglich, als er sich auf die Füße stemmte. »Wo ... ist mein Cousin? Hast du ihn gesehen?«

Jaklin nickte durch den trüben Rauch in die Richtung, wo der Sturmschild ausgefallen war. »Ja, ich soll dir ausrichten, dass er herkommt, sobald er kann.«

Was? Musste Anakin das Dorf etwa noch immer vor dem Theta-Sturm schützen? Es war unglaublich, dass er diese Anstrengung so lange Zeit ertrug. »Weißt du... was er tut?«

»Ich weiß, was er ist«, brummte sie. »Was ihr beide seid, Teeb.«

Obi-Wan spürte, wie seine Lippen sich zu einem trockenen Lächeln verzogen. »Ärger?«

»Das wird sich noch zeigen, schätze ich.«

Sie wusste es also. Sie hatte es erraten, und so ging Obi-Wan einen Moment in sich, um in der Macht nach Anakin zu suchen und sicherzustellen, dass alles mit ihm in Ordnung war. Was er fühlte, ließ sein Herz einen Schlag aussetzen.

Anakin, halte durch.

Er hob wieder den Kopf. »Es tut mir leid, Teeba. So war das nicht geplant.«

»Nein«, murmelte sie und legte ihre Wange sanft auf den Kopf des schluchzenden Mädchens. »Vieles war so nicht geplant.«

Der Brand war inzwischen größtenteils gelöscht, und die Eimerkette löste sich auf. Kenobi konnte im Dorf keine frenetische Panik mehr spüren, und er atmete erleichtert auf, bedeutete das doch, dass sich nirgends in Torbel eine ähnliche Katastrophe anbahnte.

»Das Kraftwerk? Die Mine? Devi? Rikkard? Sind alle in Sicherheit? Was ist mit dem Brunnen? Devi sagte ...«

»Das Bewässerungssystem ist hin«, erklärte Jaklin. Die Erschöpfung und der Schock höhlten ihre Stimme aus. »Wir müssen auf das Ende des Sturmes und den Tag warten, bevor wir eine Bestandsaufnahme machen können. Die Mine und das Kraftwerk stehen zumindest noch. Devi arbeitet wie besessen im Kontrollraum, und sie will sich nicht ablösen lassen.« Jaklin schüttelte den Kopf. »Sie ist eine gute Frau. Ohne sie wäre jetzt vielleicht alles zerstört.«

»Gibt es Opfer? Ich habe versuchte, alle aus der Raffinerie zu holen. Ist jemand ...« Ihr Gesichtsausdruck ließ ihn verstummen. Plötzlich voller Sorge blickte Obi-Wan sich um. »Teeba? Wo ist Arrad? Hat er...«

»Wir haben ein Haus für die Kranken«, sagte Jaklin, dann deutete sie in Richtung des Dorfplatzes. »Arrad und die anderen Schwerverwundeten wurden dorthin gebracht.«

Sein Mund wurde trocken. »Schwerverwundete? Wie viele?«

»Neun, Teeb Yavid.« Jaklins Augen waren dunkel vor Kummer. »Aber Arrad hat es am Schlimmsten erwischt. Rikkard hat ihn bei Teeba Sufi und Teeba Brandeh gelassen. Die beiden kümmern sich um die schwersten Fälle. Sufi hat früher in einem Krankenhaus in Lantibba gearbeitet.«

Verdammt. Verdammt! »Soll das heißen, dass Arrad...«

Sie seufzte tief. »Ich habe gehört, dass du versucht hast, ihn zu retten, Yav...« Sie unterbrach sich und schüttelte den Kopf.

»Wie lautet dein echter Name, Teeb? Es ist eine Lüge, dich Yavid zu nennen, und heute ist keine Nacht für Unwahrheiten.«

»Obi-Wan«, sagte er und fragte dann: »Jaklin, muss Arrad sterben?«

Sie zog die Schultern hoch. »Vielleicht, Obi-Wan«, murmelte sie, der Verzweiflung nahe, dann blickte sie ihn an. »Vielleicht müssen wir alle sterben, falls der Sturm nicht nachlässt und wir den Schild deaktivieren können. Der Rauch wird uns umbringen.«

Sie atmeten also tatsächlich das Gift ein. »Ich dachte, die Tabletten, die du mir und Mar... Anakin ...«

»Sie sind nur bis zu einem gewissen Grad wirksam, und bei euch vermutlich weniger als bei uns. Wir nehmen sie schon unser ganzes Leben in Torbel. Doch nicht einmal unser Geheimnis kann uns schützen, wenn wir noch mehr Damotitqualm einatmen.« Sie hob den Kopf und blickte zu den grünlichen Rauchschwaden empor. »Aber vielleicht haben du und Anakin ja doch nichts zu befürchten. Ihr seid schließlich keine normalen Menschen.«

Sie war wütend, und er konnte es ihr nicht verdenken. »Teeba, ich muss zu Arrad. Vielleicht kann ich etwas für ihn tun. Könntest du hierbleiben und...«

»Ja, ich bleibe hier.« Sie betrachtete die verbogenen, rauchenden Trümmer vor ihnen und die Bürger, die nach wie vor versuchten, die letzten Flammen zu ersticken. »Ich glaube, das ist das Ende. Unsere Zukunft ist mit der Raffinerie verbrannt. Ich werde später im Heilhaus vorbeischauen. Und jetzt geh und lass mich in Ruhe. Ich muss mich um andere Dinge kümmern.«

»Und Rikkard? Wenn er nicht im Heilhaus ist, wo dann?«

»Das letzte Mal habe ich ihn auf dem Weg zum Kraftwerk gesehen«, erklärte sie. »Er wird verhindern wollen, dass es noch eine zweite Überladung in unserem Energienetz gibt.« Ihre Furcht vibrierte durch die Macht. »Eine weitere solche Katastrophe würde uns alle töten. Kannst du denn nichts tun, um uns zu helfen, Teeb?«

Obi-Wan spürte, wie sein Magen sich verknotete. »Ich weiß es nicht, aber ich werde es versuchen.«

»Streng dich an, und wir werden dankbar sein.«

Was war das - so eine Art Erpressung? Oder nur die Stimme der Verzweiflung? »Jaklin, wir werden unser Bestes tun.«

Er überließ sie ihren Pflichten und machte sich auf den Weg zum Heilhaus. Die Dorfbewohner, an denen er unterwegs vorbeikam, schenkten ihm kaum Beachtung. Viel zu sehr waren sie mit dem Sturm und der Explosion beschäftigt, um auf den Farmer aus Voteb zu achten. Jaklin hatte offenbar niemandem verraten, was sie über ihn und Anakin herausgefunden hatte. Andernfalls wäre er schon längst aufgehalten worden, ungeachtet der Notlage.

Er atmete seufzend ein. Arrad. Er hätte Rikkards Sohn also doch mit dem Lichtschwert zwingen sollen, die Raffinerie zu verlassen. Ihr Geheimnis wäre schließlich so oder so ans Licht gekommen.

Vielleicht hätte ich dann sein Leben retten können...

Obi-Wan erreichte den Rand des großen Platzes. Im Bürgerhaus brannte Licht, und auch hinter den Fenstern des benachbarten Gebäudes, bei dem es sich um das Heilhaus handeln musste, schimmerte es hell. Plötzlich spürte er ein Wabern der Macht - eine zerschlagene, erschöpfte, vertraute Präsenz.

»Obi-Wan!«

Er und Anakin trafen sich in der Mitte der verlassenen Straße. Während ihrer Zeit als Meister und Schüler hatte Kenobi sein Bestes getan, Anakins kindliche Abhängigkeit von Gesten der Zuneigung zu brechen, aber er hatte versagt, und als sein ehemaliger Padawan ihm nun den Arm um die Schulter schlang, konnte er vor Erleichterung und Freude nicht anders, als die Geste zu erwidern. Der schwache Schein, den der Plasmaschild auf den Platz warf, reichte aus, um Skywalkers Gesicht zu sehen, und da erkannte Obi-Wan, welchen Preis sein Freund gezahlt hatte, um den Theta-Sturm zurückzuhalten.

Es dauerte eine Sekunde, bis er seine Stimme wiederfand. »Da bist du ja! Ich hatte schon gedacht, du würdest irgendwo ein Nickerchen machen!«

Anakin zwang ein Lächeln auf sein eingefallenes Gesicht. »Ha, ha. Ist mit Euch alles in Ordnung?«

»Mir geht es gut«, erklärte er. »Aber Arrad nicht. Wir waren noch in der Raffinerie, als sie in die Luft flog.«

Anakin zog die Augenbraue hoch. »Sprengt Ihr jetzt Raffinerien in die Luft, wenn Ihr keine Fahrzeuge zum Absturz bringen könnt? Obi-Wan...«

»Ich weiß, ich weiß. Ich bin unverbesserlich. Und vermutlich das genaue Gegenteil eines Glücksbringers.« Grün-grauer Qualm verdunkelte das Leuchten des Plasmaschildes. »Anakin, das verbrannte Damotit...«

»Ist giftig, ich weiß«, sagte der junge Jedi. Einen Moment lang kehrte sein Grinsen zurück. »Und ich dachte, unsere Lage wäre verzwickt gewesen, bevor wir hierherkamen.«

Obi-Wan wollte es nicht sagen, wollte es nicht einmal denken, aber es ging nicht anders. »Und bald wird sie noch verzwickter. Was immer uns jagt - es hat dich gespürt.«

Anakins Gesicht erstarrte. »Ich hatte keine Wahl, Meister. Der Schild ist zusammengebrochen, und der Sturm ... Ich konnte doch nicht zulassen ...«

Meister. »Ich weiß. Ich bin auch nicht wütend auf dich. Wenn überhaupt, bin ich verblüfft. Anakin, was du geleistet hast...« Obi-Wan schüttelte den Kopf. »Ich glaube, nicht einmal Yoda persönlich hätte diesen Sturm so entschlossen oder so lange zurückhalten können wie du. Du hast dieses Dorf gerettet.«

»Ja«, meinte Anakin. Er zog die Augenbrauen zusammen. »Aber nur, damit alle elendig an einer Damotit-Vergiftung zugrunde gehen können. Obi-Wan, dieses Wesen, das uns jagt...«

»Ich weiß nicht, was es ist. Aber sobald der Sturm vorbei ist, müssen wir von hier verschwinden.«

»Und wohin?«

»Keine Ahnung«, gestand Obi-Wan ein. Er musste gegen die sanfte Berührung der Furcht ankämpfen. Eine gefährliche Emotion. »Hast du vielleicht einen Vorschlag?«

»Obi-Wan ...« Anakin fuhr sich mit dem Unterarm über die verschwitzte, schmutzige Stirn. »Wir müssen ein neues Wort erfinden, um die Schwierigkeiten zu beschreiben, in denen wir gerade stecken.«

»Vielleicht können wir ja einen Wettbewerb starten.«

»Und der Gewinner bleibt am Leben. Klingt nach einem Plan.«

Trotz allem musste Kenobi lächeln. Es könnte schlimmer sein. Immerhin sitze ich nicht alleine hier fest. »Anakin, ich muss zu Arrad. Vielleicht kann ich ihn noch retten.«

»Worauf wartet Ihr dann noch?«, meinte Anakin. »Es ist ja schließlich nicht so, als ob wir uns noch länger tarnen müssten.«

»Würdest du derweil zum Kraftwerk gehen? Jaklin sagte, dass Rikkard und Devi dort sind und versuchen, eine weitere Überladung zu verhindern. Sie könnten jemanden mit deiner Erfahrung brauchen.«

Anakin wankte unsicher, aber er nickte. »In Ordnung. Weiß Rikkard, dass sein Sohn verletzt wurde?«

»Laut Jaklin schon.«

»Soll ich ihm sagen, dass Ihr...«

»Nein, sag nichts«, wies Obi-Wan ihn an. »Ich will nicht, dass er sich zu große Hoffnungen macht. Vielleicht kann ich Arrad gar nicht mehr helfen.«

»Falls jemand es kann, dann Ihr«, sagte Anakin, und weil er eben Anakin war und die Anstrengung der letzten Stunde ihn so ausgelaugt hatte - und weil er stets nur vorgegeben hatte, die Wichtigkeit persönlicher Distanz zu verstehen, wie Obi-Wan wusste -, verabschiedete er sich mit einer kurzen Umarmung von seinem ehemaligen Lehrmeister. »Wir schaffen das schon, Obi-Wan. Das ist doch unser größtes Talent, schon vergessen? Wir überleben jede Katastrophe, so knapp es manchmal auch wird.«

Ja, das stimmt wohl. Ich wünschte nur, dass es nicht jedes Mal noch knapper werden würde.

Er weigerte sich, seinen Sorgen freien Lauf zu lassen, und ging über den Dorfplatz auf das Heilhaus zu, während Anakin in Richtung Kraftwerk aufbrach. Im Inneren der Hütte traf Kenobi Teeba Brandeh und eine andere Frau an. Sie war klein, rundlich und mit dem Aufwickeln von Verbänden beschäftigt. Das musste Teeba Sufi sein, die einst in einem Medizentrum in Lantibba gearbeitet hatte.

Der Macht sei Dank für diese kleinen Glücksfälle.

Sufi drehte sich um, als sie seine Schritte auf dem Holzboden hörte. »Was willst du, Teeb? Bist du verletzt? Falls es nichts Ernstes ist, wirst du warten müssen. Hier werden nur die schlimmen Fälle behandelt.«

Das konnte er sehen. Arrad lag regungslos auf einer Pritsche, neben einer anderen Liege saß das Mädchen Greti. Die Frau, die auf dem Bett lag, musste dann wohl ihre Mutter sein. Sie war groß und schlank und wand sich, vom Fieber geplagt, unter ihrer Decke. Obi-Wan zählte noch acht weitere Kranke und Verletzte in dem Raum, der nach antiseptischen Mitteln, Urin, frischem Blut und Angst roch.

Greti richtete sich auf, als sie ihn sah. »Das ist Teeb Yavid. Er ist mein Freund.«

»Ich bin hier, um euch meine Hilfe anzubieten, Teeba Sufi«, erklärte er und schloss die Tür hinter sich. »Jaklin hat mir gesagt, dass Arrad bei der Explosion schwer verletzt wurde.«

»Ich hörte, du wolltest ihn da noch rausschaffen«, brummte die Heilkundige. Sie musterte ihn mit einem eindringlichen Blick, der ihn auf fast schon unangenehme Weise an Vokara Che erinnerte. »Die meisten anderen konntest du ja rechtzeitig in Sicherheit bringen. Torbel steht in deiner Schuld, Teeb Yavid.«

Obi-Wan ging hinüber zu Arrads Pritsche und starrte auf den bewusstlosen jungen Mann hinab. Beide Arme und das rechte Bein waren gebrochen, die Knochen zersplittert, und um die obere Hälfte seines Kopfes hatte man einen Verband gewickelt, der inzwischen an mehreren Stellen rote Flecken aufwies. Blutergüsse überzogen den sichtbaren Teil seines Gesichts, und seine nackte Brust war aufgerissen, zerkratzt und versengt.

Oh nein, das sieht nicht gut aus.

Er kniete sich neben Rikkards Sohn und legte ihm sachte die Finger auf das Handgelenk. Der Puls des Verwundeten raste, als wollte er vor dem Tod davonrennen. »Um die Wahrheit zu sagen, Teeba Sufi - ich heiße nicht Yavid«, sagte er leise. »Mein Name ist Obi-Wan Kenobi.«

Er spürte ihre Überraschung durch die Macht. »Und du bist ein Arzt?«, fragte sie verunsichert.

Er blickte über die Schulter und sah, wie Gerti ihn anstarrte, ihre alten Augen weit aufgerissen. »Nein, ich bin ein Jedi, und ich glaube, ich kann diesem Mann helfen... falls du mich lässt.«

 

 

 

 


Zehn

»Ein Jedi?« Teeba Sufi wich von ihm fort, ihr Gesicht eine Maske der Furcht. »Greti... los, geh! Suche Teeba Jaklin und...«

»Teeba Jaklin weiß es!«, sagte Obi-Wan schnell. »Bitte, ich bin nicht hier, um Arrad oder irgendjemand anderem wehzutun. Ich will wirklich helfen ... falls ich kann.«

Teeba Brandeh schaute ebenso überrascht drein wie Sufi, aber sie berührte ihre Kollegin sachte am Arm und meinte: »Er hat die Arbeiter aus der Raffinerie geholt, Sufi. Er wollte Arrad retten.«

Die ältere Frau drehte den Kopf. »Er ist ein Jedi, Brandeh! Du weißt, wozu Jedi im Stande sind. Sie versklaven den Geist. Sie verwandeln freie Männer und Frauen in Arbeitstiere für die Republik! Sieh ihn dir nur an! Er hat kaum einen Kratzer abbekommen, und Arrad ist halb zerfetzt!«

Teeba Brandeh zögerte.

Da stand Greti plötzlich auf. »Ich weiß nichts über die Jedi, aber ich glaube, dass Teeb Yav... - Teeb Kenobi ein guter Mensch ist.« Sie klopfte mit der kleinen Faust gegen ihre Brust. »Hier drinnen glaube ich das. Wo ich Dinge fühle.« Sie hielt kurz inne, dann machte sie einen Schritt auf Obi-Wan zu. »Teeb Kenobi...«

Er konnte nicht anders, als zu lächeln. »Obi-Wan.«

»Obi-Wan.« Auch sie brachte ein Lächeln zustande. Es war schüchtern und unstet, aber voller Hoffnung. »Kannst du meine Mutter heilen?«

»Greti!«, fuhr Teeba Sufi das Mädchen an. »Halt den Mund, Kind! Ich kümmere mich schon um Bohle. Ich werde nicht zulassen, dass ein Jedi sich an ihr ...«

Greti schob das Kinn vor. »Nein, Teeba. Bohle ist meine Mutter. Ich bin ihr Blut, und sie ist meines. Wir sind alles, was wir haben. Das ist meine Entscheidung.« Sie hob den Finger. »Vielleicht kann er sie heilen. Kannst du das denn? Bis jetzt hast du nichts für sie getan.«

»Hör doch, Greti«, sagte Teeba Sufi, nun mit einschmeichelnder Stimme. »Du liebst deine Mutter. Das wissen wir. Aber diesem Mann kann man nicht trauen. Er hat uns angelogen. Er kam hierher und nannte sich Yavid, nannte sich einen Lanteebaner. Er und sein Cousin.« Sie wirbelte herum. »Oder bist du ein noch größerer Lügner? Haben Jedi überhaupt Cousins?«

»So wie die Jedi diese Dinge sehen, Teeba, gehört er zu meiner Familie«, erklärte Obi-Wan vorsichtig. »Wir sind nicht hergekommen, um euch zu schaden. Wir sind nicht einmal absichtlich hierhergekommen, und sobald der Sturm vorüber ist, werden wir euch verlassen. Aber bis dahin musst du mich helfen lassen. Ich bitte dich.«

Ohne auf Sufi und Brandeh zu achten, trat Greti vor und nahm seine Hand. »Hilf mir«, wisperte sie. »Ich will nicht, dass Bohle stirbt.«

»Greti...«

»Nein, Teeba Sufi«, entgegnete das Kind. Es zerrte an Obi-Wans Arm. »Ich spreche in ihrem Namen. Ich will, dass er ihr hilft. Und falls er sie heilen kann, dann kann er auch Arrad helfen.«

Obi-Wan ließ sich von dem Mädchen an die Liege ihrer unruhig schlafenden Mutter führen, dann blickte er noch einmal zu Sufi und Brandeh hinüber. »Ich habe einen Eid geleistet, das Böse zu bekämpfen und die Unschuldigen zu beschützen. Ich werde deiner Patientin kein Leid zufügen, Teeba Sufi, darauf hast du mein Wort.«

»Dein Wort?« Sufi spuckte auf den schmutzigen Boden. »Was ist das Wort eines Lügners schon wert? Du behauptest, du kannst Bohle helfen? Hilf ihr, und ich ändere meine Meinung über dich vielleicht. Aber falls du sie nicht heilst, dann wird Torbel sich rächen, ob du nun ein Jedi bist oder nicht.«

Er akzeptierte ihre Drohung mit einem Nicken, dann setzte er sich auf den Hocker neben der Liege der kranken Frau. »Greti ...« Er schloss seine Finger ein wenig fester um die Hand des Mädchens. »Du weißt, ich kann nichts versprechen.«

Ihre vor Furcht geweiteten Augen forschten in seinem Gesicht. »Ich weiß, du wirst dein Bestes tun, Teeb.«

»Mein Allerbestes. Darauf gebe ich dir mein Wort.«

»Ich glaube dir«, flüsterte sie, dann ließ sie seine Hand los und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. »Das tu ich wirklich.«

Das Kind hatte außergewöhnlich starke Jedi-Instinkte. »Du kannst ihr auch helfen, Greti. Lass sie wissen, dass du hier bist und dass du sie liebst.«

Tränen rollten über die hohlen Wangen des Mädchens, als sie nickte, dann schloss sie ihre kleinen Finger um die heile Hand ihrer Mutter und küsste sie auf die Wange. Diese simple Geste war ein tiefgreifender Beweis der Liebe, und sie berührte Obi-Wan mehr, als er zuzugeben bereit gewesen wäre. Hastig machte er sich daran, die Verbände um Bohles Wunde zu entfernen.

Es sah schlimm aus. Die linke Hand der Frau war so sehr geschwollen, dass sie fast dreimal so groß war wie die andere, ihre Haut war grünlich und um die faulenden Ränder der tiefen, Wunde auch violett verfärbt. Man hatte den Schnitt behelfsmäßig genäht, aber die Nähte waren gerissen und stinkender Eiter rann dazwischen hervor. Das Fieber hatte Bohles Blut in Feuer verwandelt, ihre Haut verbrannt und ihren dürren Körper ausgetrocknet. In dunklen Linien zog sich die Vergiftung durch die Adern an ihrem Unterarm bis hoch über den Ellbogen. Bald würde sie die Schulter erreichen. Grüne Flecken prangten auf ihrem Körper wie Fingerabdrücke des Damotits.

Obi-Wan spürte, wie Zweifel in ihm aufstiegen. Er hatte keine richtige Ausbildung als Heiler und auch keinen Heilkristall, der die Sache erleichtern könnte. Da war nur der verzweifelte Wunsch zu helfen.

Oh, Vokara Che. Wenn du jetzt doch nur hier sein könntest.

Er beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken, wie müde er war oder was er alles nicht wusste und nicht hatte. Diese Frau lag im Sterben. Sie war Gretis ganze Familie.

Und falls ich ihr helfen kann, wird Sufi mich auch den anderen helfen lassen. Was für einen besseren Weg gäbe es, ihnen die Wahrheit über die Jedi zu zeigen?

Die Fingerspitzen auf Bohles fiebrig heißen Arm gelegt, schloss er die Augen und tauchte tief in die Macht ein. Gretis Präsenz erbebte, als würde sie es spüren. Obi-Wan atmete ein, atmete aus, dann fand er sein empfindliches Gleichgewicht.

»Greti«, flüsterte er, »stell dir vor, die Hand deiner Mutter wäre nicht verletzt. Kannst du das für mich tun? Stell sie dir in deinem Kopf vor, so wie sie vor dem Unfall war.«

»Ja«, sagte das Mädchen mit zitternder Stimme. »Ich kann sie sehen.«

»Behalte dieses Bild vor Augen, Greti. Entspanne deinen Körper. Vergiss deine Ängste. Stell dir vor, du bist an einem warmen, sicheren Ort. Stell dir die gesunde Hand deiner Mutter vor. Stell dir vor, sie lächelt, anstatt zu leiden.«

Unruhig, ihr Atem ein gequältes Röcheln, warf Bohle den Kopf auf dem Kissen hin und her. Die Schmerzen loderten wie ein Flächenbrand in ihrem Körper. Obi-Wan drückte seine Hand sanft gegen ihre Wange und zwang ihr dann behutsam, aber entschlossen seinen Willen auf.

Ruhig, Bohle. Ganz ruhig. Kämpfe nicht gegen mich an. Fühle deine Tochter neben dir. Fühle ihre Liebe. Vergiss deine Ängste. Lass mich in deinen Geist... Lass mich in deinen Geist...

Er spürte die vertraute Wärme, als er noch tiefer in die Macht hinabsank und ihre Energie ihn durchströmte. Ohne genau zu wissen, was er tat - das wusste er nie -, machte er sich zu einem Leiter dieser mysteriösen Energie, sodass sie in Bohles gebrechlichen Körper fließen konnte. Vage war er sich Gretis Keuchen bewusst, als die Blüte der unausgebildeten Macht in ihr sich instinktiv öffnete. Ein langsamer Schauder rann von Kopf bis Zeh durch den Körper ihrer Mutter.

Irgendwo schrie eine Frau protestierend: »Nein, stopp! Was tust du da? Du wirst sie umbringen. Aufhören!«

»Hab keine Angst«, entgegnete er schlafwandlerisch. »Ich tue ihr nicht weh.« Obi-Wan konnte spüren, wie die Macht sich in Bohles krankem Leib ausbreitete und den Kampf mit der hinterhältigen Infektion aufnahm, und kurz darauf spürte er das Echo dieser Krankheit in seinem eigenen Körper. Er ächzte. Einmal mehr wurde er zu einem Leiter, doch diesmal für ihre Qualen. Die Hitze des Fiebers kochte sein Blut, und es war, als würde sich ein Schraubstock um seinen Kopf schließen. Seine Hand verwandelte sich in eine blendend grelle Nova des Schmerzes. Er hörte - fühlte -, wie Greti wimmerte.

Es tut mir leid, Kind, aber sie braucht dich. Du musst durchhalten.

Der Kampf gegen die Damotitvergiftung war ebenso brutal und hart wie ein Kampf auf dem Schlachtfeld. Die Infektion war der Feind, Bohles Heilung das Ziel, und Obi-Wan so sehr in dieses Ringen vertieft, dass es ihn nicht mehr kümmerte, welche Schmerzen er hatte, welchen Preis er zahlen musste. Alles, was zählte, war der Sieg.

Kämpfe mit mir, Bohle. Gib nicht auf.

Wäre er doch nur ein echter Heiler. Diese Kräfte zu haben, genau zu wissen, dass er die schreckliche Krankheit ebenso problemlos vernichten konnte wie eine Einheit von Kampfdroiden...

Komm schon, Kenobi. Du kannst ihr auch so helfen.

Schließlich spürte er es - eine Veränderung in Bohles Blut. Es war keine Heilung, zumindest keine vollständige, aber ein Ruck in die richtige Richtung. Etwas, das ihr die Chance auf Genesung geben konnte. Obi-Wan löste sich aus der Macht und sah, dass die Frau auf der Liege nun still lag. Ihre Brust hob und senkte sich langsam und gleichmäßig. Einen Moment später ächzte Greti und brach tränenüberströmt zusammen.

Teeba Sufi und Brandeh stießen ihn beiseite. »Weg da, Jedi. Wollen wir doch mal sehen, ob du ihr nicht geschadet hast.«

Er rutschte vom Hocker und stolperte nach hinten. Seine linke Hand schmerzte. Bohles Fieber brannte noch immer in seinem Blut. Er sah zu, wie Sufi sich neben ihre Patientin kniete, während Brandeh Greti in ihre starken Arme nahm und ihr Gesicht an die Schulter drückte. Das Mädchen weinte hemmungslos.

Sufi legte ihre Hand auf Bohles kühle Stirn, dann starrte sie auf die teilweise verheilte Wunde an ihrer Hand und auf das fleckenlose, gesunde Fleisch ihres Armes. Keine Spur des grünen Giftes war zurückgeblieben. Nach ein paar Sekunden hob die Dorfheilerin den Kopf, die braunen Augen zu Schlitzen verengt. »Es geht ihr besser.«

Obi-Wan nickte. »Ich weiß.«

Sufi sah zu Greti hinüber. »Warum sollte sie dir helfen?«

»Sie... liebt ihre Mutter«, erklärte Obi-Wan vorsichtig. »Liebe kann ein mächtiges Heilmittel sein, Teeba.«

»Hmmm.« Sufi richtete ihre Augen wieder auf Bohle. »Und du könntest das noch einmal tun?«

Oh, möge die Macht mir Stärke schenken. »Ich werde es so oft tun, wie es nötig ist, Teeba.«

»Du sagtest, ihr würdet gehen.«

»Es ist sicherer für euch, wenn wir gehen. Aber bis dahin...« Sein Blick wanderte über die Pritschen und die Verwundeten im Heilhaus von Torbel. »... stelle ich meine Fähigkeiten ganz in eure Dienste.«

Teeba Brandeh schnaubte, und es klang wie Yoda. »Dann heile Arrad, Jedi. Er braucht deine Fähigkeiten.«

Ja, Arrad. Rikkards Sohn hatte gebrochene Knochen, zerfetzte Muskeln, und der Druck in seinem Gehirn nahm immer weiter zu. Obi-Wan spürte, wie seine Zuversicht nachließ, als er sich an die Liege des jungen Mannes setzte. Oh, Vokara Che. Schenkt mir Kraft, Meisterin, dachte er, dann bündelte er seine schwindenden Kraftreserven und tauchte erneut in die Tiefen der Macht hinab.

 

Furcht überkam Anakin, als Obi-Wan sich mühsam in die Realität zurückkämpfte. Eigentlich sollten nur ausgebildete Heiler Wunden wie die von Arrad behandeln, außerdem mussten bei solchen Eingriffen spezielle Kristalle verwendet werden, um die Energien zu fokussieren und zu dosieren. Zwei erfahrene Heiler hatten sich selbst zu Krüppeln gemacht, als sie auf dem Schlachtfeld das taten, was Obi-Wan jetzt versuchte.

Was habt Ihr Euch nur dabei gedacht? Das ist nicht Eure Aufgabe.

Neben ihm schlang Teeb Rikkard die Arme in stiller Sorge enger um seine Brust. Teeba Jaklin, die auf der anderen Seite der Liege stand, wippte unruhig auf ihren Fußballen auf und ab.

Endlich öffnete Obi-Wan die Augen.

»Mein Sohn«, murmelte Rikkard. Er machte einen Schritt nach vorne. »Wie geht es meinem Sohn? Wird er überleben? Konntest du ihn heilen?«

Kenobi fuhr sich mit einer zitternden Hand über das Gesicht und nickte. »Ja, Teeb. Er wird es überleben. Sein Körper ist nicht vollends geheilt - seine gebrochenen Knochen müssen erst noch zusammenwachsen. Aber die Wunde an seinem Kopf und die Blutung im Bauch sind behoben.« Er atmete tief ein und noch tiefer aus. »Er muss noch eine Weile in der Obhut von Teeba Sufi bleiben.«

Diese trat mit einer Schere und frischen Verbänden neben das Bett. »Gibt es hier sonst noch jemanden, der in Lebensgefahr ist?«

Anakin öffnete den Mund zum Protest, während Sufi zu den anderen belegten Liegen hinüberblickte, doch Obi-Wan schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab.

»Nein«, brummte Sufi schließlich. »Sie haben Schmerzen, aber keiner von ihnen wird sterben oder bleibende Schäden davontragen.« Sie musterte den Jedi von Kopf bis Fuß. »Du hast genug getan. Jetzt solltest du dich ausruhen.«

»Später«, sagte Obi-Wan. »Teeb Rikkard ...«

Der Vorarbeiter stand über seinen Sohn gebeugt. »Was?«

»Ich muss dich bitten, kurz mit mir, Anakin und Teeba Jaklin vor die Tür zu gehen.«

»Nein. Ich bleibe bei meinem Jungen.« Sein Gesicht war angespannt, und im trüben Licht des Heilhauses glänzten Tränen in seinen Augen. Öl, Schweiß und Schmutz ließen seine Narben schimmern. »Ich lasse ihn nicht allein.«

»Es tut mir leid, Teeb, aber es ist wichtig«, erklärte Obi-Wan. Trotz der Erschöpfung war seine Stimme noch immer voller Autorität. »Es geht um das Dorf, und du bist der Vorarbeiter der Mine.«

Sufi legte Rikkard die Hand auf die gebeugte Schulter. »Ich bleibe so lange bei ihm, Teeb. Falls er aufwacht, rufe ich dich.«

»Bitte, Rikkard«, drängte nun auch Teeba Jaklin. »Ich kann nicht allein für Torbel entscheiden. Das wäre nicht richtig.«

Wütend streifte der Lanteebaner Sufis Hand ab. »Halte mich nicht zu lange von meinem Jungen fern, Teeb Yavid - oder wie immer du dich nennen magst.«

Anakin starrte ihn an. »Teeb Rikkard, willst du wirklich in diesem Ton mit dem Mann sprechen, der gerade das Leben deines Sohnes gerettet hat?«

»Anakin«, murmelte Obi-Wan. »Nicht. Es ist nicht wichtig, welchen Ton er anschlägt.«

Oh doch, das war es, aber darüber konnten sie sich später noch streiten. Sie ließen Teeba Sufi und Teeba Brandeh bei den Verletzten zurück und traten auf die Straße hinter dem Gebäude hinaus. Während der letzten Stunde war wieder so etwas wie Ruhe in Torbel eingekehrt. In einiger Entfernung flackerten Lichter, wo Familien sich in ihren Hütten versammelt hatten. Das tiefe Summen der Generatoren war das einzige beständige Geräusch. Das Heulen des Theta-Sturmes wurde wieder völlig vom blauen Plasmaschild ausgesperrt. Ein schwaches Leuchten schimmerte durch die orangerote Wand der radioaktiven Wolke - die Morgendämmerung. Doch die Luft unter der Kuppel war noch immer voller Rauch, noch immer vergiftet. Anakin hustete, versuchte aber, nicht weiter darüber nachzudenken.

»Was hast du zu sagen, Jedi?«, fragte Rikkard barsch. »Spuck es aus und lass uns dann in Frieden.«

Obi-Wan reagierte nicht darauf. »Anakin, was ist mit dem Kraftwerk? Ist es sicher? Und die Generatoren - wird keiner von ihnen mehr durchbrennen?«

Sicher? Das war ein großes Wort. Er, Rikkard und Devi hatten die letzten sechzig Minuten wie verrückt gearbeitet, um jeden Schaltkreis, jedes Relais, jede Diode und jede Plasmaisolierung und -leitung zu überprüfen. Leider wirkte Torbels Kraftwerk selbst im Vergleich zu Mos Espa veraltet. Wie diese Menschen es nur schafften, hier zu überleben, war inzwischen zu einem beständigen Quell der Verwunderung für Anakin geworden.

»Devi und Teeb Rikkard glauben, dass im Kraftwerk so weit alles in Ordnung ist«, antwortete er vorsichtig. »Ich denke auch, dass es sicher ist. Es wird keine zweite Überladung geben. Und wir konnten auch keinen fehlerhaften Generator finden. Falls der Sturm bald abklingt...«

»Niemand kann sagen, wie lange der Sturm noch dauern wird«, unterbrach ihn Jaklin. »Es ist vorbei, wenn es vorbei ist. Vielleicht in ein paar Stunden, vielleicht aber auch erst in ein paar Tagen.«

Na toll. »Keine Sorge, wir halten das Kraftwerk schon irgendwie am Laufen.«

»Schön«, brummte Rikkard, während er sich die Augen rieb. »Ihr seid also Jedi. Und was bedeutet das für Torbel? Werdet ihr uns vor der Regierung beschützen, wenn sie herausfindet, dass wir ihr nicht genug Damotit liefern können?«

»Nein«, sagte Obi-Wan. »Wir müssen schon längst fort sein, wenn der Konvoi eintrifft. Aber bevor wir gehen, müssen wir noch eine Nachricht zum Jedi-Tempel auf Coruscant schicken.«

Rikkard und Jaklin starrten sie an. »Unsere Kom-Anlage ist nicht stark genug, um ein Signal so weit zu tragen«, erklärte Jaklin dann mit giftiger Stimme. »Wir empfangen ja nicht mal das Signal der nächsten HoloNet-Station.

»Das ist kein Problem«, sagte Obi-Wan. »Wir haben die Mittel, um das Signal zu verstärken. Aber - vermutlich wird das Kom danach nicht mehr einsatzfähig sein.«

»Habt ihr den Verstand verloren?«, schnappte Rikkard. »Ihr wollt uns von Lantibba abschneiden? Von unserer einzigen Möglichkeit, um Hilfe zu rufen?«

Jaklin schüttelte den Kopf. »Ihr könnt nicht erwarten, dass wir zu so etwas Ja sagen.«

»Ich habe gehört, dass die Jedi arrogant sein sollen.« Rikkards Stimme war ein Knurren. »So wie es aussieht, steht ihr nicht umsonst in diesem Ruf.«

»Entschuldigt uns einen Moment«, sagte Anakin, dann führte er Obi-Wan ein paar Schritte von den Lanteebanern fort.

»Anakin...«

Skywalker senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Wir sollten sie über das Damotit aufklären. Sie müssen erfahren, wofür es benutzt wird.«

»Nein«, widersprach Obi-Wan. »Es ist zu gefährlich.«

»Obi-Wan, wir müssen es tun. Das ist die einzige Möglichkeit, sie auf unsere Seite zu ziehen.« Er blickte zu Rikkard und Jaklin hinüber. Sie hatte ihm die Hand auf den Arm gelegt und redete leise mit ihm, doch er konnte nur an seinen Sohn denken. Die Sorge um Arrad hallte laut durch die Macht. »Glaubt Ihr, wir können ihnen vertrauen?«

»Ich glaube, dass sie es nicht wissen müssen«, sagte Kenobi. »Ihnen wurde bereits genug aufgebürdet.«

»Mag sein, aber wir können es uns nicht leisten, ihr Gewissen zu schonen. Unsere einzige Hoffnung, Durd noch aufzuhalten, besteht in einem Sturmangriff auf den Planeten, bevor der Barve seine Biowaffe fortschaffen kann. Sind Euch die Gefühle dieser Menschen wirklich wichtiger als die Leben von Millionen Wesen?«

Deutlich von seiner Erschöpfung gezeichnet, schloss Obi-Wan die Augen. Schließlich seufzte er und wandte sich an Rikkard und Jaklin. »Euer Damotit wird benutzt, um eine biologische Waffe herzustellen. Ein Giftgas, so tödlich, dass es innerhalb von Minuten ganze Städte auslöschen kann. Anakin und ich haben versucht, die Produktion dieses Gases in Lantibba zu verhindern, aber wir sind gescheitert. Ich weiß, euer Kom wird es vermutlich nicht überleben, aber wenn wir jetzt keine Nachricht nach Coruscant schicken, werden Tausende sterben.«

»Ist das die Wahrheit?«, flüsterte Rikkard. »Keine Lüge? Darum will die Regierung unser Damotit weitgehend unverarbeitet?«

»Genau darum«, nickte Anakin. »Werdet ihr uns helfen, Rikkard?«

»Warum fragt ihr überhaupt?«, brummte Jaklin. »Warum manipuliert ihr nicht einfach unseren Geist? Das tut ihr Jedi doch.«

Obi-Wan zögerte. »Falls wir dazu gezwungen sind, ja. Aber ich möchte das nicht tun. Jaklin, bitte. Wir sind nicht euer Feind. Anakin hätte heute Nacht sterben können, als er den Sturm zurückhielt. Würde ein Monster so etwas tun?«

Die Arme vor der Brust verschränkt, starrte Rikkard zu Boden. Wut und Furcht verwischten seine Präsenz in der Macht. Anakin blickte ihn an. »Teeb ... Obi-Wan hat deinen Sohn geheilt. Er hat sein Leben gleich zweimal riskiert. Erst im Kraftwerk, und dann noch mal, als er die Arbeiter aus der Raffinerie holte. Wenn ich keine Bedrohung bin, ist er erst recht keine.«

»Ich ...« Rikkard rieb sich den Hinterkopf. »Ich weiß nicht.«

»Rikkard, wir müssen einander vertrauen«, beschwor ihn Anakin. Er machte einen Schritt auf den Vorarbeiter zu. »Gemeinsam können wir verhindern, dass die Separatisten einen Massenmord einleiten. Und danach werden wir dafür sorgen, dass Lanteeb von ihrer Tyrannei befreit wird und man euch allen...«

»Anakin«, unterbrach ihn Obi-Wan scharf. »Mach keine Versprechen, die du nicht halten kannst.«

»Dieses Versprechen werde ich aber halten«, beharrte der junge Jedi. »Und wenn es das Letzte ist, was ich tue, ich werde dafür sorgen, dass man sich um Lanteeb kümmert. Falls der Senat nichts unternimmt, werde ich mich notfalls sogar direkt an den Obersten Kanzler wenden.«

Jaklins Augen wurden groß. »Du kennst den Anführer der Republik?«

»Seit ich ein Kind war, Teeba«, sagte er. »Vertrau mir - wenn ich ihn darum bitte, wird er euch helfen.«

Jaklin und Rikkard sahen einander an. Im flackernden Licht des Plasmaschildes stand ihnen ihre Unentschlossenheit deutlich ins Gesicht geschrieben. Nach einigen Sekunden nickte Rikkard aber.

»Also gut, benutzt das Kom. Zur Not können wir der Regierung sagen, es wäre durch den Sturm beschädigt worden.«

Obi-Wan neigte schwankend den Kopf. »Ich danke dir, Teeb. Wir wissen das wirklich zu schätzen.«

»Nein, ich danke dir.« Rikkard schluckte hart. »Du hast meinen Jungen gerettet.«

»Du solltest jetzt zu ihm zurückgehen, Teeb«, meinte Obi-Wan mit sanfter Stimme. »Er braucht die Gewissheit, dass du in seiner Nähe bist. Dürften wir euch vorher aber noch um einen letzten Gefallen bitten?«

»Dass wir niemandem von dieser Unterhaltung erzählen sollen?«, fragte Jaklin und schnaubte. »Glaubst du etwa, wir sind vom letzten Regen hier angespült worden.?«

Nach diesen Worten wandten sie und Rikkard sich um und gingen zurück ins Heilhaus.

Anakin sah zu Obi-Wan hinüber. »Ich schaffe das auch allein. Ihr solltet...«

»Mir geht es gut«, wiegelte Obi-Wan ab. Ohne auf eine Entgegnung zu warten, machte er sich auf den Weg zum Bürgerhaus.

Verdammt. Frustriert blickte der junge Skywalker ihm nach. Es geht Euch gut? Ihr alter Sturkopf! Ihr könnt Euch ja kaum auf den Beinen halten. Wie verrückt muss man sein, um jemanden heilen zu wollen, der schon zu drei Vierteln tot ist? Das klingt nach etwas, was ICH tun würde. Ihr seid der Vernünftige von uns beiden, schon vergessen?

Mit einem resignierenden Kopfschütteln joggte er los, um zu seinem ehemaligen Meister aufzuschließen.

»Ich schätze, wir werden beide unsere Lichtschwerter auseinanderbauen müssen«, brummte Obi-Wan, als sie das leere Gebäude betraten. »Es besteht die Möglichkeit, dass der Theta- Sturm das Kom-Signal beeinträchtigt.«

»Die Möglichkeit?«, wiederholte Anakin. »Bei unserem Glück könnt Ihr darauf wetten, dass das Kom-Signal beeinträchtigt ist.«

Obi-Wan lächelte kurz. »Tja, dann sollte ich mir die Credits wohl sparen.«

Doch noch hatte das Glück sie nicht ganz verlassen - die Probleme im Energienetz von Torbel hatten weder das Licht noch das Kom beeinträchtigt. Sie überprüften noch einmal, ob das Gerät auch funktionierte, und gingen anschließend daran, die Diatium-Zellen aus ihren Lichtschwertern auszubauen. Nachdem sie sie in die völlig unzureichenden Schaltkreise des Koms eingeflochten hatten, ohne dass die Elektronik geschmolzen war, setzte Anakin den Zerhacker ein, und Obi-Wan drückte auf den Aktivierungsknopf.

»Also gut«, meinte er nach einem Moment angespannten Wartens. »Es ist nicht explodiert. So weit, so gut.«

Anakin grinste. »Was für ein seltener Anflug von Optimismus. Wie sieht es mit der Signalstärke aus?«

»Sie ist noch immer sehr schwach«, sagte Obi-Wan, als er das Kom wieder in den Bereitschaftsmodus geschaltet und die Anzeige überprüft hatte. »Der Sturm und der Schild wiegen die Diatium-Zellen wieder auf.« Er rieb seinen Nasenrücken zwischen Daumen und Zeigefinger, die Augen zusammengekniffen. »Ich weiß nicht, Anakin. Das sieht nicht sehr erfolgversprechend aus.«

Hörte er da etwa so etwas wie Resignation in der Stimme seines alten Meisters? Obi-Wan gab niemals auf. Ganz gleich, wie haarig oder hoffnungslos die Situation auch war, er hielt an seiner goldenen Regel fest: Es wird sich stets eine Lösung des Problems offenbaren.

Anakin zuckte mit den Schultern. »Eine kleine Chance ist besser als gar keine«, meinte er betont gleichgültig. Kommt schon, Obi-Wan. Reißt Euch zusammen. »Meister Ban-yaro wird im Tempel auf Nachricht von uns warten. Und falls irgendjemand dieses Signal auffangen kann, dann er.«

»Das stimmt allerdings.« Obi-Wan ließ sich im Schneidersitz auf dem Boden nieder und schüttelte sich. »Also gut. Versuchen wir's. Möge die Macht mit uns sein.«

Er schaltete das Kom aus dem Bereitschaftszustand zurück in den aktiven Modus. Das Gerät summte laut, und Vibrationen ließen es auf der Tischplatte beben, als die Diatium-Zellen die neu verbundenen Drähte mit einem heftigen Energieschub erfüllten. Irgendetwas zischte, und kurz lag ein verbrannter Geruch in der Luft, doch schließlich leuchteten die Lämpchen auf der Signalanzeige eines nach dem anderen grün auf.

»Jetzt, Obi-Wan«, rief Anakin. »Ich weiß nicht, wie lange das Kom das aushält.«

Kenobi gab die codierte Frequenz des Tempels ein und wartete, bis der Zerhacker-Chip sich aktiviert hatte, dann drückte er den Sendeknopf. Einmal mehr hieß es warten, diesmal auf die Bestätigung, dass die Verbindung zum HoloNet-Kom-Relais hergestellt war. Doch die Meldung kam nicht.

Anakin spürte, wie die ersten Schweißtropfen seinen Rücken hinabrannen. Verflucht, dieser Kasten war viel zu langsam. Wahrscheinlich war dieses Modell schon vor über zwanzig Jahren aus der Produktion gegangen.

Komm schon, komm schon, komm schon, komm schon...

Endlich blinkte auch das letzte Lämpchen grün, und das Surren und Rauschen von Statik drang aus dem Empfänger. Obi-Wan schloss die Augen und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, dann beugte er sich mit entschlossener Miene zum Mikrofon vor.

»Hier spricht Obi-Wan Kenobi. Ich muss mit Meister Yoda sprechen. Ich wiederhole. Obi-Wan Kenobi ruft Meister Yoda. Priorität Alpha.«

 

Bail Organa fühlte sich, als wäre er erst vor fünf Minuten ins Bett gefallen, als das Piepen des Sicherheitskoms ihn weckte. Er hatte unruhig geschlafen, sich die meiste Zeit hin und her gewälzt, und obwohl er einen Blocker genommen hatte, saß der Kopfschmerz noch immer hartnäckig zwischen den Schläfen.

»Licht!«

Langsam erhellte sich das Schlafzimmer. Das Sicherheitskom piepte derweil gleichmäßig weiter, und sein rotes Warnlicht blinkte im Takt dazu auf dem Nachttisch neben dem Bett.

Wehe, das ist nicht wichtig.

»Organa.«

»Meister Ban-yaro aus dem Jedi-Tempel hier, Senator. Meister Yoda bittet Euch, sich ihm unverzüglich in der Kommunikationszentrale anzuschließen.«

Bail setzte sich auf. Sein Herz raste. »Ich bin schon unterwegs.«

Ungefähr dreißig Standardminuten später zwängte er sich neben Yoda und Ban-yaro in die gesicherte Kom-Kabine, um gemeinsam mit dem Großmeister und dem einschüchternden Kopf der Kommunikationsabteilung der Nachricht von Obi-Wan zu lauschen.

»Ich habe nicht alles verstanden«, sagte er, als die Aufzeichnung abgelaufen war. »Kann ich es noch mal hören?«

Yoda nickte Ban-yaro zu, und der Jedi drückte einen Knopf auf dem Kontrollpult. Einen Moment später wiederholte sich die schwache, von statischem Knistern überlagerte Übertragung.

»... beide noch am Leben. Ein Theta-Sturm hält uns in einem abgelegenen Dorf fest. Meister Yoda, wir konnten Doktor Fhernan nicht befreien. Die Massenproduktion der Waffe schreitet weiter voran. Ich schlage einen sofortigen Angriff der Flotte vor, um den Planeten einzunehmen. Sobald der Sturm nachlässt, werden wir in die Stadt zurückkehren und einen weiteren Versuch unternehmen, Durd aufzuhalten. Falls möglich werden wir außerdem...«

An dieser Stelle wurde die Nachricht von der Statik verschluckt. »Danke.« Bail blickte Yoda an und fragte sich, ob dem alten Jedi gerade wohl auch übel vor lauter Erleichterung war. »Und was nun?«

»Wir warten«, erklärte Yoda, bevor er sich auf seinen Gimerstock gestützt aufrichtete.

»Aber wie lange?«, wollte Bail wissen. »Es ist wohl davon auszugehen, dass die Republik jetzt in noch viel größerer Gefahr schwebt als zu dem Zeitpunkt, als Obi-Wan und Anakin nach Lanteeb aufbrachen. Wir müssen unsere Strategie überdenken, Meister Yoda. Obi-Wan hat recht - wir müssen die Kontrolle über den Planeten erlangen.«

Yodas Ohren zuckten. »Noch immer an einem Gegenmittel Euer Freund arbeitet, Senator«, meinte er. »Bis eine effektive Verteidigung gegen den Giftstoff wir haben, nicht riskieren wir dürfen, dass von den Plänen der Separatisten die Öffentlichkeit erfährt. Panik das auslösen würde. Großen Schaden die Republik nehmen könnte.«

»Ich stimme Euch zu«, erklärte Bail. »Die Öffentlichkeit darf nichts erfahren. Aber seit wann weihen wir die Bürger in die Einsätze der Flotte ein? Niemand muss erfahren, wohin wir den Kampfverband schicken.«

Yoda blickte ihn tadelnd an. »Ein Geheimnis diese Operation bleiben könnte, Ihr glaubt, nachdem darüber informiert das Flottenkommando der GAR ist?«

Die Spione der Separatisten saßen überall in der Großen Armee. Er hat recht. Aber... »Dann müssen wir damit zu Palpatine.

Falls Durd große Mengen seiner Biowaffe hortet, dann steht ein Angriff auf die Republik vermutlich unmittelbar bevor. Als Vorsitzender des Sicherheitsausschusses kann ich nicht länger erlauben, dass der Oberste Kanzler über diese Vorgänge im Dunkeln gelassen wird.«

»Hmmm.« Yodas Ohren zuckten noch einmal. »Euch zustimmen ich muss. Wenn auch nur widerwillig. Mit Palpatine sprechen wir werden.«

»Wann? Jetzt?«

»Jetzt, ja«, nickte der alte Jedi. »Meister Ban-yaro, alle Ressourcen des Tempels darauf verwenden Ihr werdet, Obi-Wans nächste Übertragung aufzufangen.«

»Jawohl, Meister«, erklärte der Kommunikationsexperte mit einer Verbeugung.

Yoda streckte die Hand aus. »Ein sicheres Komlink, bitte.«

Ban-yaro reichte ihm einen Kommunikator, und der Großmeister kontaktierte Palpatines private Residenz, um ein Treffen zu arrangieren. Nachdem er das Gerät wieder zurückgegeben hatte, wandte er sich Bail zu. »Senator?«

Organa stand auf und nickte dem rothaarigen Jedi zu. »Vielen Dank, Meister Ban-yaro. Ohne Euer Können und Euren Einsatz wüssten wir vermutlich nicht einmal um diese Gefahr.«

Erst als er und Yoda bereits in seinem Flitzer saßen und auf der Diplomatenfahrbahn vom Tempel fortrasten, öffnete der alte Jedi-Meister wieder den Mund.

»Senator, Euch bitten ich muss, mir das Wort zu überlassen bei dieser Unterhaltung mit dem Obersten Kanzler.«

Bail blickte die kleine, grüne Gestalt aus den Augenwinkeln an. »Gibt es dafür einen besonderen Grund? Ich bin immerhin einer von Palpatines wichtigsten Sicherheitsberatern, er wird es also von mir hören wollen. Und, um ganz ehrlich zu sein, kann ich es mir nicht leisten, dass meine Prioritäten infrage gestellt werden. Einige mögen vielleicht einen Vorteil darin sehen, dass ich eine so gute Beziehung zum Jedi-Orden pflege, aber ich muss doch als Senator gesehen werden. Als jemand, dessen Loyalität in allererster Linie der Republik gilt.«

»Mir bewusst das ist«, meinte Yoda, der grüblerisch auf dem Beifahrersitz des Gleiters zusammengesunken war. »Dennoch Eure Zurückhaltung erbitten ich muss. Eine heikle Situation dies ist.«

»Bitte, Meister Yoda, fahrt fort«, bat Bail, als Yoda stirnrunzelnd zum strahlenden Nachthimmel über Coruscant hinaufblickte. »Was immer Ihr mir sagt, ich werde es für mich behalten.«

Die Lippen des Jedi kräuselten sich. »Nicht einmal Obi-Wan Ihr es erzählen würdet?«

»Nicht, falls Ihr mir sagen würdet, ich solle es wieder vergessen.«

»Senator ...« Yoda blickte ihn aus grimmigen Augen an. »Vergessen, was ich Euch sage, Ihr wieder müsst.«

Oje. »Also gut.«

»Großes Interesse an den Angelegenheiten der Jedi Palpatine hat«, erklärte Yoda. »Seine Fragen ablenken ich kann. In einem offenen Gespräch mit ihm mehr preisgeben Ihr könntet, als Ihr beabsichtigt - mehr als preisgeben wir sollten.«

»Ich verstehe«, sagte Bail langsam.

Obi-Wan hat nie einen Hehl aus seiner Abneigung gegen Politik und Politiker gemacht. Aber ich hätte nie gedacht, dass die Führer des Ordens diese Einstellung teilen. Oder dass sie Palpatine gegenüber so misstrauisch sind.

»Wütend Palpatine sein wird, wenn von der Mission nach Lanteeb er erfährt«, fügte Yoda hinzu. »Besser, wenn auf mich gerichtet diese Wut ist. Nichts von ihm zu befürchten ich habe. Schaden zufügen sein Temperament mir nicht kann.«

»Wohingegen ich vom Wohlwollen des Obersten Kanzlers abhängig bin.«

»Ein guter Mann Ihr seid, Bail Organa«, murmelte Yoda leise. »Tief in Eurer Schuld wir stehen. Ein schlechter Freund ich wäre, wenn zulassen ich würde, dass wegen Entscheidungen, die getroffen ich habe, Schaden Eure Karriere nimmt.«

Bail räusperte sich. »Meister Yoda - Ihr schuldet mir nichts.«

Yoda schüttelte seufzend den Kopf. »Da irrt Ihr Euch, Senator. Obi-Wans Leben ich Euch schulde.«

Obi-Wan. Es gibt zu wenige echte Freunde in meinem Leben, als dass ich es verkraften könnte, einen davon zu verlieren. »Was ist mit ihm und Anakin, Meister? Werden sie zurückkehren?«

»Das vorhersehen ich nicht kann«, sagte Yoda auf eine Weise, als würden diese Worte ihm großen Schmerz bereiten. »Beten für sie Ihr könntet, falls zu beten Ihr pflegt.«

Nun, er war kein großer Freund solch spiritueller Zwiegespräche mit der Galaxis, aber... »Ich werde jedes Gebet aufsagen, das mir einfällt, Meister. Und ich werde sogar ein paar eigene erfinden, falls es etwas bringt.«

Yoda nickte. »Das würde es.«

Bail bog von der Diplomatenfahrspur ab und steuerte den Flitzer auf den stark gesicherten Wohnsektor zu, wo Palpatine sein Apartment hatte. Kurz blickte er zu Yoda hinüber.

»Ihr wisst, was wir riskieren, wenn wir den Angriff auf Lanteeb hinauszögern.«

Ein Nicken. »Ja, Senator.«

»Und falls es zum Schlimmsten kommt?«

Der Jedi-Meister antwortete nicht - und Bail hakte nicht weiter nach.

Verflucht.

Sie hatten ihr Ziel nun beinahe erreicht. Obwohl er Bail Organa war und sein Passagier kein Geringerer als Meister Yoda, und obwohl der Gleiter über den Signalgeber verfügte, den man brauchte, um in diesen Sektor eintreten zu dürfen, wurden sie den Rest des Weges von vier schwer bewaffneten und gepanzerten Gleitern der Senatswache eskortiert. Kaum dass sie an einer Landeplattform des gesicherten Wohnturmes angedockt hatten, tauchten auch schon mehrere Soldaten des Senatskommandos auf. Sie wiesen die Besucher an, den Gleiter zu verlassen, und unterzogen sie einem dreifachen Scan und einem Netzhautcheck, bevor sie Bail und Yoda schließlich zu einem gepanzerten Lift führten. Mit ihm fuhren die beiden hinauf zur Penthouse-Suite, wo Palpatine sie erwartete.

Von Kopf bis Fuß in schlichtes Schwarz gekleidet - ein gewöhnungsbedürftiger Anblick, wenn man ihn nur in seinem verzierten, zeremoniellen Senatsgewand kannte - gab der Oberste Kanzler der Republik den Soldaten das Zeichen, sich zurückzuziehen. »Nun«, fragte er, als sie alleine waren, »warum habe ich das Gefühl, dass ich mich nicht über diesen Besuch freuen werde?«

Bail machte einen Schritt nach vorne. »Ich hoffe, Ihr vergebt diesen kurzfristigen Besuch, Oberster Kanzler. Unglücklicherweise duldet diese Angelegenheit keinen Aufschub. Es gibt einige Entwicklungen, über die Ihr unverzüglich informiert werden müsst.«

Im warmen Licht des Foyers glänzte Palpatines Haar silbrig. »Ja«, sagte er gedehnt. »Das dachte ich mir schon. Nun gut, Senator, Meister Yoda. Falls die Galaxis, wie wir sie kennen, vor dem Abgrund steht, dann sollten wir uns wenigstens in angenehmer Atmosphäre darüber unterhalten. Hier entlang.«

Als Palpatine sich umdrehte und sie in sein Wohnzimmer führte, blickte Bail kurz zu Yoda hinüber. Ab jetzt habt Ihr das Wort. Der Jedi-Meister nickte, seine Augen kühl, dann folgten sie gemeinsam dem langen Schatten des Obersten Kanzlers.

 

 

 

 

  

Elf

Allein seine gnadenlose Selbstdisziplin - die Disziplin des größten Sith-Lord aller Zeiten - verhinderte, dass Sidious sich das wahre Ausmaß seines Zornes anmerken ließ, als Yoda ihm von der Mission auf Lanteeb erzählte.

Dooku, du hast mich schon wieder enttäuscht.

»Meister Yoda«, sagte er, und es kostete ihn unendliche Mühe, die Emotionen aus seiner Stimme zu verbannen. »Ich muss gestehen, ich bin ein wenig aufgebracht. Warum wurde ich nicht sofort über diese Biowaffe in Kenntnis gesetzt, als Ihr von der Bedrohung erfahren habt?« Er blickte hinüber zu dem Mann, der neben seinem verhassten Erzfeind stand. »Und Ihr, Senator Organa? Ihr seid einer meiner engsten Sicherheitsberater, wie konntet Ihr mir da verschweigen, dass ...«

»Ich die Schuld daran trage, Oberster Kanzler«, erklärte Yoda. »Senator Organa überredet ich habe, geheim zu halten diese Angelegenheit. Meinem Urteil als Jedi gebeugt er sich hat.«

Sidious stand auf und ging wütend vor dem Panoramafenster des Aufenthaltsraums seines Apartments auf und ab.

»Meister Yoda, Ihr wisst, wie sehr ich Euch und Euren Orden schätze, darum sollt Ihr wissen, dass ich das, was ich jetzt sagen werde, nicht leichtfertig ausspreche.« Er wirbelte herum und spießte den Jedi-Troll mit einem eisigen Blick auf. »Wie könnt Ihr es wagen? Ich bin der Oberste Kanzler dieser Republik und verantwortlich für das Wohlergehen von Billiarden Bürgern. Wer hat Euch zum Hüter allen Wissens gemacht? Wer hat Euch zu meinem Vormund ernannt, dass Ihr entscheidet, was man mir über die Ereignisse innerhalb meines Verantwortungsbereiches sagt und was nicht? Ich bin der gewählte Repräsentant des Volkes, nicht Ihr. Wie konntet Ihr mein Vertrauen nur auf solch unverschämte Weise missbrauchen?«

Tief über seinen Gimerstock gebeugt stand Yoda da, den Kopf gesenkt. »Unbekannt das Ausmaß des Problems zunächst war.« Nun blickte er doch auf. »Und nicht über jede Mission der Jedi ich Euch informiere, Oberster Kanzler.«

Sidious blieb stehen und verschränkte die Hände fest hinter seinem Rücken. »Vielleicht solltet Ihr das aber«, sagte er frostig. »Doch darüber können wir später diskutieren. Was jetzt zählt, ist, dass Ihr mich sofort hättet informieren müssen, als Euch das volle Ausmaß der Bedrohung bewusst wurde.«

Denn dann hätte ich Dooku entsprechende Schritte einleiten lassen können. Und jetzt ist es zu spät. Jetzt muss ich irgendwie einen Wegfinden, die Situation zu bereinigen.

Organa, der Wichtigtuer, räusperte sich. »Meister Yoda war der Auffassung, dass wir schnell und diskret auf diese Gefahr reagieren müssen, damit die öffentliche Moral nicht noch einen weiteren Dämpfer erhält, und ich teile seine Ansicht. Es ging nie darum, Eure Autorität zu unterminieren, Oberster Kanzler.«

Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Aber du hast sie untergraben, du kleines, unbedeutendes Prinzlein. Und dafür wirst du büßen...

Seine Stimme blieb eisig. »Wie immer es auch sei, Senator...«

Reumütig senkte Organa den Kopf.

Yoda hingegen schien alles andere als einsichtig. Er begegnete Sidious' feindseligem Blick, ohne auch nur zu blinzeln. »Meine Hoffnung es war, dass Lok Durds Plan vereiteln Meister Kenobi und der junge Skywalker würden, und auch jetzt noch diese Hoffnung ich habe.«

Anakin. Ein unheilvolles Zittern rollte durch die Macht. Sein baldiger Schüler war in Gefahr, er konnte es spüren. Die Zukunft, die er vorhergesehen hatte, war nach wie vor unverändert - der Moment rückte stetig näher, an dem Anakin zu Sidious' starker rechter Hand würde -, aber das hieß nicht, dass dem Jungen in der Zwischenzeit kein Leid geschehen konnte. Seine Begegnung mit Dooku hatte das bereits mehr als deutlich gemacht.

Sei stark, Anakin. Sei tapfer und furchtlos. Noch kann ich dir nicht offen helfen - aber aus den Schatten werde ich alles in meiner Macht tun, um dich zu beschützen.

»Ich will keinen Hehl daraus machen«, erklärte er streng. »Ihr habt mich beide zutiefst enttäuscht, und Ihr habt einen besorgniserregenden Mangel an Urteilsvermögen gezeigt. Ich hätte mehr erwartet - von Euch, Meister, und von Euch, Senator.«

Er gab ihnen einen Moment, um über diesen Tadel nachzudenken, und setzte sich derweil wieder auf seinen Sessel. Seine Gäste blieben stehen wie Bittsteller, wie Untertanen.

»Ich habe keinen Zweifel daran, dass Ihr der Auffassung wart, in meinem Interesse zu handeln, und im Interesse der Republik«, fuhr er dann fort. »Zumindest das spricht für Euch. Aber lasst mich eines über jeden Zweifel hinaus klarstellen: Ich brauche Euren Schutz nicht. Habt Ihr das verstanden?«

»Oberster Kanzler«, murmelte Organa, die Augen noch immer auf den Boden gerichtet.

»Verstanden wir haben«, sagte Yoda, zumindest nach außen hin demütig. Seine wahren Gefühle blieben undurchschaubar. »Oberster Kanzler.«

»Dann wollen wir nicht länger darüber sprechen«, erklärte er voll versöhnlicher Großzügigkeit. »Stattdessen sollten wir uns jetzt Lanteeb zuwenden. Meister Yoda, wie sieht Euer Plan aus? Ihr sagt, Meister Kenobi hat um einen Großangriff auf den Planeten gebeten. Teilt Ihr seine Einschätzung der Lage? Ich war der Auffassung, dass wir derzeit nur eingeschränkt auf unsere Streitkräfte zugreifen können.«

Jetzt gelang es Yoda nicht mehr so gut, seine Emotionen zu verbergen. Seine Zweifel färbten die Macht. »Ja. Die Sabotage der Kommunikationssysteme die Flotte noch immer beeinträchtigt.«

»Ganz zu schweigen davon, dass diese Kreuzer nach der Schlacht von Kothlis noch immer im Raumdock repariert werden«, fügte Sidious hinzu. »Meine Frage bleibt also bestehen - ist ein groß angelegter Angriff zur Wiedereinnahme von Lanteeb überhaupt möglich?«

»Vielleicht haben wir keine Wahl«, ereiferte sich Organa. »Durds Biowaffe ist zerstörerisch genug, um den Krieg zu unseren Ungunsten entscheiden.«

Ja, ich weiß. Darum habe ich sie ja auch entwickeln lassen.

»Was ist mit Meister Kenobi und dem jungen Anakin? Können sie diesem verabscheuungswürdigen Neimoidianer das Handwerk legen, bevor wir den gesamten Planeten stürmen müssen?« Er schüttelte den Kopf. »Ihr sagt, Ihr habt Hoffnung, Meister Yoda. Habt Ihr vielleicht auch etwas Konkreteres?«

»Nein«, brummte der Jedi. »In ständiger Bewegung die Lage ist, Oberster Kanzler. Erst weiter darüber meditieren ich muss.«

»Ich verstehe. Senator Organa?«

Der Alderaaner konnte nichts vor ihm verbergen. Sidious spürte die quälenden Zweifel des Mannes, seine wachsende Besorgnis, die Angst um seinen Freund, den Jedi. Da waren auch Schuldgefühle, weil er so lange den Mund gehalten hatte. Ein solcher Mahlstrom von Gefühlen war äußerst unterhaltsam und nützlich obendrein. Je weiter der Senator aus dem Gleichgewicht kam, desto mehr litt seine Arbeit darunter.

Zweimal schon haben Organas Instinkte mir nun einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich muss ihn wirklich genauer im Auge behalten.

»Den Angriff auf Lanteeb hinauszuzögern, ist riskant«, sagte der Senator gedehnt. »Was, wenn wir zu lange warten und Dooku seine Biowaffe einsetzen kann? Ich will gar nicht an die Konsequenzen denken, Oberster Kanzler.«

Er tat so, als würde er diese Worte abwägen. »Ich stimme Ihnen zu, Senator. Falls wir diesen Verbrecher Lok Durd nicht schleunigst stellen und die Produktionsstätte seiner Waffe zerstören, könnte das den Separatisten Gelegenheit zu einem katastrophalen Angriff geben. Aber - und hier liegt unser Dilemma - ein schnelles Eingreifen birgt ebenfalls Gefahren. Sollte die Öffentlichkeit von der Existenz dieser schrecklichen, neuen Waffe erfahren, würde das zahllose Welten in Panik versetzen. Es wäre sogar möglich, dass es zu einer Massenabwanderung von Systemen aus der Republik zu den Separatisten kommt, weil sie hoffen, Dooku und seine grausamen Spießgesellen so besänftigen zu können. Und was ist mit unseren gegenwärtigen militärischen Verpflichtungen? Falls wir die wenigen einsatzfähigen Kreuzer, die wir haben, für diesen Angriff von ihren Missionen abziehen, dann überlassen wir viele unschuldige Bürger der Willkür der Separatisten. Das würde das Vertrauen in die Jedi und die Regierung schwächen. Dieses Vertrauen wird ohnehin schon auf eine viel zu große Belastungsprobe gestellt.«

»Eurer Meinung nach wie vorgehen wir sollten, Oberster Kanzler?«, fragte Yoda. »Welches Risiko geringer Euch erscheint?«

»Mir gefällt keine der beiden Optionen, Meister Yoda«, entgegnete er. Wieder gab er vor, über ihr Problem zu sinnieren. »Würden wir hier nicht über Meister Kenobi und den jungen Anakin reden, würde ich vermutlich ohne zu zögern einen Angriff auf Lanteeb autorisieren. Aber wir reden nun einmal von diesen beiden speziellen Jedi... und wir wissen alle drei, wozu sie in der Lage sind, vor allem wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen.«

Organa sterrte ihn an. »Seid Ihr sicher? Sie sind nur zwei Männer, gefangen auf einem feindseligen Planeten, ohne Unterstützung, ohne verlässliches Kommunikationsgerät, bewaffnet nur mit ihren Lichtschwertern. Und sie stehen der Feuerkraft einer ganzen Droidenarmee gegenüber.«

»Sie sind nicht einfach nur zwei Männer, Senator«, sagte Sidious leise, »sondern zwei Jedi - und auch nicht irgendwelche Jedi. Ja, das ist das Risiko, für das ich mich entscheide. Ich habe absolutes Vertrauen in ihre Fähigkeiten. Ohne zu zögern, würde ich ihnen mein Leben anvertrauen. Ihr etwa nicht?«

»Natürlich würde ich«, erklärte Organa hastig. »Aber es geht hier nicht nur um unser Leben, sondern um das Leben derer, für die wir Verantwortung tragen. Oberster Kanzler...«

Sidious erhob sich. »Ich habe Euer Argument zur Kenntnis genommen, Senator. Leider sind so oder so zahllose Leben in Gefahr, ganz gleich, wie wir uns entscheiden.«

»Wahr das ist«, meinte Yoda schwermütig. »Und Eure Vorsicht ich teile, Oberster Kanzler.«

»Dann vertraut Ihr also auch auf Meister Kenobi und Anakin?«, fragte er. »Ihr glaubt, dass sie uns einmal mehr retten können?«

Yoda schwieg mehrere Sekunden, die Augen halb geschlossen. »Dass mehr Zeit man ihnen geben sollte, ich glaube«, antwortete er schließlich. »Ungewiss die Situation auf Lanteeb ist.«

»Für uns vielleicht, Meister Yoda, aber nicht für Meister Kenobi und Anakin«, protestierte Organa. »Sie kennen die Situation - und sie haben um unser Eingreifen gebeten.«

Sidious hob warnend die Hand. »Und wir werden eingreifen, Senator. Doch zuerst, finde ich, sollten wir unseren Jedi-Freunden Gelegenheit geben, ihre Mission zu erfüllen. Falls es ihnen gelingt, dieses Komplott der Separatisten zu vereiteln, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfährt oder wir unsere ohnehin schon überforderten GAR-Streitkräfte entsenden müssen, dann wäre das gleich in dreifacher Hinsicht ein Segen.«

Organa schluckte seine Gefühle hinunter und nickte. »Die endgültige Entscheidung liegt bei Euch, Oberster Kanzler.«

»Unglücklicherweise, ja«, brummte Sidious. »Ich wünschte, ich könnte den gesamten Senat darüber abstimmen lassen, meine Freunde. Ich wünschte, ich könnte einen Teil dieser Last von Euren Schultern nehmen. Aber falls dieser schreckliche Krieg mich eines gelehrt hat, dann die Wichtigkeit besonnenen Handelns. Dieser Konflikt ist äußerst komplex, und wenn wir ihn gewinnen wollen, dann dürfen wir uns nicht in die Karten schauen lassen, um ein altes Sprichwort zu bemühen. Aber...« Wieder hob er die Hand, und als er fortfuhr, haftete seiner Stimme eine mahnende Schärfe an. »... ich muss die

Karten jederzeit sehen können. Ich möchte Euch nicht noch einmal an daran erinnern müssen.«

»Nein, Oberster Kanzler«, versicherte ihm Organa ehrlich zerknirscht. »Das wird nicht nötig sein. Danke.«

»Meister Yoda?«

»Euch umgehend informieren ich werde, wenn wieder Kontakt mit Kenobi und Skywalker wir haben«, versprach der alte Narr. »Falls Durd das Handwerk zu legen ihnen gelingt, kein Eingreifen unsererseits nötig wird. Doch falls scheitern sie sollten, sofort einen Angriff auf Lanteeb starten wir müssen.«

»Das sehe ich genauso«, erklärte Sidious. »Und - was können wir in der Zwischenzeit tun, um die Arbeit dieses Wissenschaftlers zu erleichtern?«

»Nichts, Oberster Kanzler«, meinte Organa. »Doktor Netzl hat alles, was er braucht. Und er ist ein Genie. Er wird ein Mittel gegen den Giftstoff finden.«

»Ich hoffe, Ihr habt recht, Senator«, sagte der Sith-Lord mit einem Stirnrunzeln. »Um unser aller willen. Haltet mich bitte über jede Entwicklung auf dem Laufenden, ganz gleich, wie trivial sie auch sein mag.«

Mit diesen Worten entließ er sie, und kaum dass sie sein Apartment verlassen hatten, versuchte er, mit seinem Schüler Kontakt aufzunehmen. Doch Dooku meldete sich nicht. Wut erfüllte Sidious. Er wusste, dass der Count ihn nicht absichtlich ignorierte, aber so fühlte es sich an, zumal nach diesen jüngsten Offenbarungen. Er hinterließ seine Signatur auf Dookus Kom-Station und zog sich dann zurück, um über Anakin und diese neuen Probleme zu meditieren. Sein Schüler würde sich schon melden, sobald er die Insignien seines Meisters auf dem Kom-Speicher sah.

Und dann wird er meinen Zorn zu spüren bekommen. Ich habe nicht all diese Jahre so hart gearbeitet, um meine Pläne jetzt wegen eines Schwächlings wie ihm scheitern zu sehen.

 

Der erste Schimmer der Dämmerung verfärbte den Nachthimmel von Coruscant, als Bail seinen Gleiter zurück zum Jedi-Tempel steuerte. Er wartete darauf, dass Yoda etwas sagte, doch der Jedi-Meister hüllte sich in Schweigen - er wirkte regelrecht abweisend. Als der Tempel schon vor ihnen aufragte, räusperte Organa sich schließlich. »Ich glaube, Palpatine hatte das Recht, wütend zu sein, Meister Yoda. Letzten Endes ist die Sicherheit der Republik seine Verantwortung.«

Yoda warf ihm einen kurzen Blick zu. »Nein, Senator. Unser aller Verantwortung die Sicherheit der Republik ist. Unsere persönliche Verantwortung abzugeben, das bedeutet, die Freiheit zur Geisel zu machen. Die Republik schützen wir alle müssen, mit jeder Entscheidung, die wir treffen.« Ein zweiter, längerer Blick. »Als mit dieser Angelegenheit an Obi-Wan Ihr herantratet, noch der Ansicht Ihr wart, dass nichts davon erfahren Palpatine sollte.«

War ja klar, dass das irgendwann kommen würde. »Damals waren es auch nur Vermutungen. Und aufgrund der schwerwiegenden Sicherheitslecks hielt ich diese Vorsichtsmaßnahmen für gerechtfertigt. Aber wir sind jetzt weit über Vermutungen hinaus, Meister Yoda.« Er zog das Steuer des Gleiters ein wenig nach hinten, als sie sich der Abfahrt zum Tempel näherten. »Falls Ihr mir die Frage gestattet - hättet Ihr es ihm denn überhaupt nicht gesagt?«

»Doch«, brummte Yoda, während sie die Flugbahn wechselten. »Nach dem erfolgreichen Ende der Mission.«

»Er hat so viel Vertrauen in Obi-Wan und Anakin.« Bail schüttelte den Kopf. »Es macht mir fast schon ein wenig Angst.

Nicht, weil ich nicht von ihren Fähigkeiten überzeugt wäre, nein. Es ist nur...«

»Keine mythischen oder magischen Gestalten die Jedi sind«, erklärte Yoda. Er klang beinahe traurig. »Aus Fleisch und Blut sie sind. Sie bluten. Sie zerbrechen. Zu viel, Ihr glaubt, von Obi-Wan und Anakin Skywalker wir verlangen.«

»Ja, das tue ich.« Er blickte Yoda an. »Ihr denn nicht?«

Die Antwort bestand aus tiefem Schweigen.

Das macht mich nicht gerade zuversichtlicher.

Nachdem er den Jedi-Meister am Tempel abgesetzt hatte, flog Bail zu Padmès Apartment. Eigentlich hätte er lieber Tryn aufgesucht, um zu sehen, wie viel näher sein zerstreuter Freund dem Durchbruch gekommen war, aber es war noch zu früh. Eigentlich war es auch zu früh, um Padmè zu besuchen, aber sie würde ihm ewig böse sein, wenn er ihr Neuigkeiten über Obi-Wan und Anakin vorenthielt. Wobei es ihr vor allem um Anakin ging. Organa war inzwischen ziemlich sicher, dass er ihr Interesse an dem jungen Jedi durchschaute.

Wenn das mal nicht genug ist, um ein Gundark-Nest aufzuschrecken. Oh, Padmè.

Zu seiner Überraschung war sie bereits auf. Gekleidet in einen engen, waldgrünen Einteiler packte sie gerade ihre Koffer, als er klingelte, und sie schien alles andere als gut gelaunt.

»Tut mir leid, Bail«, sagte sie, als er am Eingang zum Schlafzimmer stehen blieb. »Ich lasse Euch im Sitzungsmarathon der nächsten Tage nur ungern allein, aber die Königin hat mir in aller Deutlichkeit erklärt, dass es interplanetare Folgen haben wird, wenn ich nicht schleunigst diese Sache mit der Handwerkergilde regle.«

»Was?« Er ging hinüber zum Fußende ihres Bettes. »Hieß es nicht, der Streit wäre beigelegt?«

»Das war er auch!«, brummte sie, während sie ein Paar Schuhe aus ihrem Kleiderschrank nahm. »Aber jetzt haben sie ihn neu aufgerollt.« Sie warf die Schuhe in den Koffer. »Ich schwöre, der nächste Barve, der meint, er müsse sich nicht an die Regeln der Höflichkeit halten, weil er ein künstlerisches Temperament hat, dem werde ich ...«

Mit sichtlicher Mühe schluckte sie den Rest der Drohung hinunter, dann atmete sie tief durch und setzte sich auf die Bettkante. Obwohl es noch so früh und sie augenscheinlich so wütend war, sah sie bezaubernd aus wie immer. Mit einem reuevollen Kopfschütteln blickte sie zu ihm hoch.

»Tut mir leid. Der Moment für einen Besuch ist sehr ungünstig gewählt.«

»Kein Grund, sich zu entschuldigen«, entgegnete er mit einem halbherzigen Lächeln. »Ein Senator zu sein, fühlt sich manchmal an, als würden tausend tartarianische Mäuse gleichzeitig an einem nagen, das weiß ich.«

»Ein treffender Vergleich«, meinte sie. »Ich werde ...« Erst da schien ihr wirklich aufzufallen, dass er in ihrem Schlafzimmer stand. »Bail? Die Sonne ist noch nicht einmal aufgegangen. Warum...« Sie brach ab, als ihr klar wurde, dass er nur aus einem Grund um diese Uhrzeit hierherkommen würde. »Sie stecken in Schwierigkeiten. Wie schlimm ist es? Wurden sie ... sind sie...?«

»Nein, sie sind nicht tot«, sagte er rasch. »Und auch nicht verletzt. Glaube ich zumindest. Aber sie sitzen fest.«

»Auf Lanteeb?«

Er nickte. »Sie versuchen noch immer, Durd aufzuhalten.«

»Und was dann?« Ihre Stimme klang zerbrechlich, als hätte die Sorge all ihre leidenschaftliche Energie erstickt. »Wie kriegen wir sie wieder von diesem Planeten herunter?«

»Ich weiß es nicht.«

»Werden die Jedi sie denn nicht retten?«

»Padmè, ich weiß es nicht.«

Sie sprang auf und ging nervös vor dem Bett auf und ab. »Auf Geonosis sind sie ihnen doch auch zu Hilfe gekommen. Sie müssen ... Sie dürfen nicht einfach zulassen, dass ...« Ihr Gesicht wurde hart. »Nun, wenn der Jedi-Rat ihnen nicht helfen will, dann werde ich es eben tun. Ich werde sie nicht allein dort draußen zurücklassen.« Die Senatorin wirbelte herum und blickte ihn aus brennenden Augen an. »Und ich weiß auch schon, wer mir helfen wird. Nur wegen Euch sind sie schließlich nach Lanteeb geflogen, Bail, und weil die Befürchtungen sich bestätigt haben und sich dort Ärger zusammenbraut, ist das noch längst kein Grund ...«

»Padmè, Padmè, ganz ruhig!«, sagte er und hob beide Hände. »Wir können nicht einfach so losstürmen. Die Situation ist unglaublich heikel. Eine falsche Bewegung, und Millionen Unschuldige würden sterben! So soll es doch nicht enden, oder?«

»Natürlich nicht«, schnappte sie. »Was ich will, ist, dass sie heil und sicher nach Coruscant zurückkehren. Was ich will, ist ...« Sie drehte ihm den Rücken zu. Ihre Schultern bebten leicht, und es war deutlich zu sehen, dass sie versuchte, nicht zu weinen.

Oje. »Padmè«, begann er vorsichtig. »Redet mit mir. Was immer das Problem ist, ich werde es niemandem verraten. Bitte, lasst mich Euch helfen.«

Er wagte es nicht, noch mehr zu sagen. Sie musste von sich aus mit der Wahrheit herausrücken. Ganz gleich, was er auch vermutete, ganz gleich, wie sicher er sich war, sie musste die Linie überschreiten.

Mehrere Sekunden sagte sie nichts, und als sie sich schließlich wieder zu ihm umwandte, waren ihre Augen trocken, ihr Gesicht gefasst und verschlossen. Sie lächelte nicht, aber da war Wärme in ihrem Blick. »Es ist lieb, dass Ihr Euch Sorgen macht, Bail. Danke«, meinte sie, ihre Stimme leise und ebenmäßig. »Ich hasse es, so unhöflich zu sein - aber ich muss meine Sachen packen und dann schleunigst los zum Raumhafen. Ich weiß, verglichen mit all den Problemen, die unsere arme Republik im Moment plagen, müssen die kindischen Zankereien einiger Glasbläser trivial wirken - unbedeutend. Aber Naboo ist stolz auf seine Kunsthandwerker, und Königin Jamillia verlässt sich darauf, dass ich einen Weg aus dieser Krise finde - denn für mein Volk ist es das, eine Krise.«

Mit anderen Worten: Bail, kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten. Er nickte. »Wohin geht die Reise denn?«

»Bonadan«, sagte sie, während sie sich wieder dem Koffer und ihrer Kleidung widmete. »Die Königin ist überzeugt, dass der Vorstand des Silbersand-Konsortiums seine Blockadehaltung aufgibt, wenn ich mit ihnen rede und ihnen die Probleme unserer Glasbläser verständlich mache.«

Er musste grinsen. »Ich nehme an, die Glasbläser selbst wurden nicht zum Treffen eingeladen.«

Padmè nickte abwesend. »Ich habe gehört, nach ihrem letzten Wutausbruch hat das Silbersand-Konsortium gedroht, den Verkauf von Silizium nach Naboo zu verbieten, falls sich in den nächsten tausend Jahren auch nur ein Kunsthandwerker von Naboo auf weniger als fünfzig Parsec an Bonadan Vier heranwagt.«

»Das muss ja ein beeindruckender Wutausbruch gewesen sein.«

»Königin Jamillia war überrascht, dass man ihn nicht bis ins Senatsgebäude hören konnte.« Mit einem Seufzen klappte sie den Koffer zu und verschloss ihn. Ihre Lippen wurden zu einer weißen Linie, als sie von ihrem Bett zurücktrat. »Ich werde natürlich mein privates Komlink mitnehmen«, erklärte sie, ohne ihn anzusehen. »Falls Ihr etwas hört... ganz egal, wie spät es ist... würdet Ihr...«

»Das wisst Ihr doch«, brummte er. »Was immer ich höre und wann immer ich es höre, ich werde Euch sofort davon in Kenntnis setzen, versprochen.«

»Danke. Ich ...« Wieder presste sie die Lippen aufeinander, und plötzlich sah es aus, als kämpfte sie mit den Tränen.

Würde er jetzt einen Schritt auf sie zu machen, sie sachte am Arm berühren oder ihr auf andere Weise sein Mitgefühl zeigen, dann würde sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen, das wusste er. Ebenso sicher war er aber, dass sie ihn dafür hassen würde.

»Ich muss jetzt los«, sagte er mit einer erzwungenen Heiterkeit, bei der ihm ganz übel wurde. »Falls die Mäuse zu sehr an Euch nagen und Ihr selbst einen kleinen Wutausbruch nötig habt, wisst Ihr ja, wie Ihr mich erreichen könnt.«

»Ja«, nickte sie. »Danke, Bail.«

C-3PO bestand darauf, ihn hinauszubegleiten. Padmès kleinlicher Protokolldroide hatte bereits die Tür geöffnet und höflich einen Schritt nach hinten gemacht, als Bail auf der Schwelle noch einmal innehielt. Er drehte sich um und blickte in die leuchtenden Fotorezeptoren, auch wenn er sich dabei ein wenig töricht vorkam. C-3PO war schließlich nur eine Maschine. Er war nicht lebendig. Trotzdem ...

»Falls du glaubst, dass sie Probleme hat, Ce-Dreipeo, dann meldest du dich bei mir«, wies er den Droiden im Flüsterton an. »Egal ob Tag oder Nacht. Hast du verstanden?«

C-3PO blickte ihn ausdruckslos an. Schätzte er ihn gerade ab? Fällte er ein Urteil über ihn? Überlegte er, ob er dem Senator vertrauen konnte?

Natürlich nicht. Er ist nur ein Droide.

Schließlich nickte die Maschine. »Senator.«

War das nun ein Ja oder ein Nein? Er wusste es nicht, und er wollte auch nicht danach fragen. Er würde einfach abwarten und es auf diese Weise herausfinden. Doch als er durch den morgendlichen Verkehr zu seinem eigenen Apartment zurückflog, ohne auf den wunderschönen Sonnenaufgang über Coruscant zu achten, da betete er plötzlich, dass es ein Ja gewesen war - und dann bat er das Universum, dass die Jedi einen sicheren Ausweg aus ihrer jüngsten Notlage finden mochten. Er wollte nämlich gar nicht daran denken, wie es wohl wäre, wenn er Padmè eine wirklich schlechte Nachricht überbringen müsste.

Oh, Padmè, die Galaxis ist so groß. Konntest du dich nicht in jemand anderen verlieben?

 

Es dauerte beinahe zwei Stunden, bis Dooku sich von Umgul aus mit Sidious in Verbindung setzen konnte. Während er wartete, wies der Sith-Lord Mas Amedda an, eine Änderung in Palpatines Terminkalender vorzunehmen. Bislang war er stets vor halb acht in seinem Büro im Senat gewesen - ein Beispiel für Pünktlichkeit und Eifer, dem nur die wenigsten der anderen Abgeordneten nacheiferten. Sie glaubten, er würde es nicht merken. Doch da irrten sie sich.

Anschließend versank er tief in der Macht, in dem ständigen Wechsel von Ebbe und Flut, der die Dunkle Seite war. Er wollte alle seine Möglichkeiten erforschen und herausfinden, wie er aus den jüngsten Ereignissen einen Vorteil ziehen konnte. Rückschläge waren unvermeidbar. Was zählte, war nur, wie man damit umging.

Im Laufe der Jahre war er ein Experte darin geworden, eine

Niederlage in einen Sieg zu verwandeln, aus einem Rückzug einen Vorstoß aus einer anderen Richtung zu machen. Er hatte keinerlei Zweifel, dass er Dookus Versagen auf Lanteeb zu seinem Vorteil nutzen konnte. Auf lange Sicht würde diese Episode ohnehin bedeutungslos sein. Es war sein Schicksal, über ein Imperium zu herrschen, und kein Jedi konnte daran etwas ändern.

Aber ich muss auf Anakin achtgeben. Im Moment sitzt er auf einem unwichtigen, weit entfernten Planeten fest, ich muss ihm also zu einer Chance zur Flucht verhelfen. Doch wie stelle ich das am besten an?

Tiefer und tiefer sank er und suchte in der Dunklen Seite nach einer Antwort.

Als Dooku sich schließlich meldete, hatte er bereits grob einen Plan ausgearbeitet, und seine Wut war selbstzufriedener Zuversicht gewichen. Auch diesmal würde er wieder den Takt der Geschehnisse vorgeben. In seine Sith-Robe gehüllt aktivierte er den Holoprojektor im schalldichten Arbeitszimmer seines Apartments. »Ihr habt versagt. Ihr konntet die Regierung von Umgul nicht dazu bringen, sich der Allianz anzuschließen«, schnappte er, ohne Dookus vorsichtige Begrüßung zu erwidern. »Ich bin sehr enttäuscht, Darth Tyranus.« So groß die Entfernung zwischen ihnen auch war, konnte er doch die stechende Furcht seines Schülers spüren.

»Ihr wisst bereits davon? Aber ich bin doch gerade erst...«

Sidious' Stimme war wie ein Peitschenknall der Dunklen Seite. »Glaubtet Ihr etwa, ich würde es nicht wissen?«

Dooku ließ sich auf ein altersgeprüftes Knie sinken. »Lord Sidious, sie ließen sich nicht manipulieren.«

»Dann hättet Ihr sie manipulierbar machen müssen!«

»Mein Lord, ich konnte es nicht wagen. Unser Treffen wurde aufgenommen und als Holo an andere Politiker überall auf dem Planeten weitergeleitet. Es gab zu viele Zeugen. Unter den gegebenen Umständen hielt ich es für besser, diese Niederlage zu akzeptieren.«

»Ich kann mich nicht daran erinnern, Euch gelehrt zu haben, dass die Sith Niederlagen akzeptieren, Lord Tyranus.«

»Nur zeitweise, mein Lord«, erklärte Dooku schaudernd. »Ich hatte vor, die Regierung von Umgul im Glauben zu lassen, dass sie ihre eigenen Entscheidungen treffen können, und dann, sobald unsere Feinde glauben, dass sie nichts mehr zu befürchten haben, wollte ich... Maßnahmen einleiten... die dazu führen, dass Umgul darum fleht, in die Allianz eintreten zu dürfen.«

Ah. Es steckte also doch noch Leben in diesem welken Körper. »Das könnte sich als akzeptable Alternative erweisen, Lord Tyranus«, sagte er nach einem langen Schweigen, das Dookus Nerven an ihre Zerreißgrenze brachte. »Vorausgesetzt, Ihr begeht keine Fehler.«

Dooku verbeugte sich. »Mein Lord, Ihr habt mein Wort. Es wird keinen Fehler geben.«

»Ich hoffe, Ihr könnt dieses Versprechen halten, Tyranus«, meinte er eisig. »Selbst mein Großmut hat seine Grenzen.« Er machte eine abfällige Handbewegung, um mit dem Thema abzuschließen. »So viel zu Umgul. Was gibt es von Lanteeb zu berichten?«

»Mein Lord?« Dooku hob den Kopf. »An dieser Front gibt es keine Neuigkeiten, die ich Euch verkünden könnte.«

»Oh, ich denke schon. Denn auch dort habt Ihr versagt, Tyranus!«, zischte er. »Die Jedi wissen alles. Kenobi und Skywalker sind sogar auf dem Planeten und versuchen, Lok Durd und seine Waffe zu vernichten. Die Wissenschaftlerin, die unser Neimoidianer für seine Zwecke entführen ließ, hat ihnen geholfen. Alle Geiseln, mit denen Durd die Frau zur Zusammenarbeit zwang, sind inzwischen befreit, und während wir hier sprechen, arbeitet einer der intelligentesten Köpfe der Republik an einem Gegenmittel für den Giftstoff. Es scheint, als hättet Ihr keinerlei Kontrolle mehr über die Situation auf Lanteeb, Darth Tyranus. Muss ich Euch schon wieder vergeben, mein Schüler?«

Dookus verwirrte Bestürzung war echt. Im Gegensatz zu Yoda hatte er also keine unvorteilhaften Geheimnisse für sich behalten.

»Lord Sidious...« Das Zittern in der Stimme des alten Mannes entstammte purer Furcht. »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«

»Das sehe ich«, entgegnete er, und sein weicher Tonfall machte die Worte nur noch bedrohlicher. »Es ist weise von Euch, Tyranus, sich nicht in Entschuldigungen zu flüchten. Ich werde Euch diesen Fehler nachsehen, vorausgesetzt ihr wandelt diese bevorstehende Niederlage noch in einen Sieg um. Und ich hoffe doch, dass Ihr den Neimoidianer zur Rechenschaft zieht.«

»Wünscht Ihr, dass ich ihn töte, mein Lord?«

»Nein«, sagte Sidious. »Aber er soll nicht erfahren, dass sein Leben außer Gefahr ist. Zumindest fürs Erste. General Durd muss daran erinnert werden, wo sein Platz ist. Das richtige Maß an Todesangst sollte die Lektion umso einprägsamer machen.«

»Mein Lord, ich werde ihm diese Lektion erteilen«, versprach Dooku - und die Dunkle Seite erbebte. »Aber was ist mit Kenobi und Skywalker? Wir müssen sie gefangen nehmen. Oder besser noch, wir töten sie.«

Genau hier lag das Problem. Er musste Anakin schützen, aber Dooku durfte keinen Moment lang den Verdacht schöpfen, dass er nur ein Platzhalter war, ein nützlicher Lakai, und nichts weiter.

»Falls ich es mir leisten könnte, Euch nach Lanteeb zu entsenden, Tyranus, dann würde ich es tun. Aber ich brauche Euch, um die anderen Anführer der Separatistenbewegung im Zaum zu halten. Vor allem der Abschaum des Bankenclans bereitet mir im Moment Sorgen. Allesamt von Gier zerfressene Kaufleute sind sie, und keinen von ihnen darf man aus dem Auge lassen. Mein Instinkt sagt mir, dass sie versuchen werden, ein geheimes Abkommen mit der Handelsföderation zu schließen, und Ihr müsst dafür sorgen, dass diese giftige Blüte ausgerissen wird, bevor sie überhaupt erblühen kann. Macht Euch keine Sorgen, Tyranus. Die Dunkle Seite wird sich schon bald um Kenobi und Skywalker kümmern.«

»Mein Lord.« Dooku drückte das Kinn auf die Brust. »Ihr seid nachsichtiger, als ich es verdient habe. Ich werde Euch nicht noch einmal enttäuschen, das schwöre ich.«

Sidious beschloss, dem alten Mann ein wenig Anerkennung zu schenken. Schließlich hatte auch Dooku seinen Stolz, und obwohl er bis ins Mark von der Dunklen Seite erfüllt war, gab es keinen Grund, unnötige Risiken einzugehen. »Tyranus, wir arbeiten auf ein gewaltiges Ziel hin, und ich weiß, dass Euch dabei viel abverlangt wird. Eure Bürde ist schwer, meine Erwartungen hoch. Ich vertraue darauf, dass Ihr Eure Fehler wieder wettmacht.«

Dookus Erleichterung war ebenso deutlich zu spüren wie zuvor seine Furcht. »Das werde ich tun, mein Lord. Euer Vertrauen soll nicht enttäuscht werden. Ich gebe Euch mein Wort darauf.«

Zufrieden unterbrach Sidious die Verbindung zu seinem Schüler, dann verstaute er die schwarze Robe wieder in ihrem Versteck, und als er kurz darauf in Palpatines reich verzierter Kleidung das Apartment verließ, war er wieder der geliebte, bescheidene Oberste Kanzler der Republik. Den ganzen Weg bis zum Senatsgebäude lag ein Lächeln auf seinen Lippen.

 

Lok Durd schlenderte durch die Produktionsanlage seiner neuen Basis, und er war so zufrieden mit sich, dass all die Ängste und Sorgen der letzten Tage wie weggewischt schienen. Die Wissenschaftlerin hatte seine Erwartungen übertroffen und in kürzester Zeit auch die letzten Fehler in der Formel korrigiert, die ersten Ladungen des Rohdamotits waren bereits eingetroffen, getestet und als waffentauglich befunden, und seine Droiden arbeiteten ohne Unterlass, um die Damotit-Rondium-Mischung in pures Gift zu verwandeln. Zu guter Letzt konnte Durd sich nun also im Schein seines Erfolges sonnen.

Was seine Laune noch weiter hob, war die Gewissheit, dass diese lästigen Jedi innerhalb der nächsten Stunden sterben würden - nie würde jemand von seinem Fehler erfahren, der um ein Haar das gesamte Projekt ruiniert hätte.

Lächelnd sah er den Droiden dabei zu, wie sie eine weitere Ladung des Kampfstoffes in kleine, mehrfach abgedichtete Kanister füllten. Jeder dieser Behälter enthielt genug Gift, um in einem Radius von achthundert Metern alles Leben auszulöschen. Auf manchen Planeten reichte ein solcher Kanister für eine ganze Stadt, auf anderen, wie Coruscant, Corellia oder Alderaan wären mehrere Schläge nötig, um die gesamte Population auszumerzen - oder zumindest einen so großen Teil der Population, dass der Rest die Waffen streckte.

Ich bin wirklich ein Genie.

Seiner Schätzung nach brauchte er für den erfolgreichen Abschluss seiner Mission noch zwei Wochen Produktionszeit und noch eine Ladung Rohdamotit - und die sollte in ein paar Tagen hier eintreffen. Dann könnte er Count Dooku die gute Nachricht verkünden, und ihre nächste, verheerende Offensive gegen die Republik würde beginnen. Diesmal würde es keine Störungen geben. Diesmal würden die Jedi gezwungen sein, hilflos zuzusehen, wie Millionen sich in Todeszuckungen wanden.

Ob ich den Count wohl überreden könnte, dass er den Jedi-Tempel selbst zu einem der Ziele macht? Dann wäre meine Rache wahrlich vollkommen.

Sein persönliches Komlink summte. Verärgert zog er es aus der Tasche seines Gewands. »Was?«

»Ein dringendes Gespräche für Sie, General.«

Barev, der selbstgefällige Barve. Seitdem sein Drivok-Seher die Jedi gefunden hatte, war der Mann unerträglich geworden. Arrogant, überheblich - und anmaßend. Es war Zeit, ihn aus dem Weg zu räumen.

Wenn ich Dooku sagen kann, dass die Biowaffe bereit für den Einsatz ist, bin ich in einer Position, bestimmte Gegenleistungen für meine Dienste einzufordern. Barev hinrichten zu dürfen wird meine erste Forderung sein - und ganz bestimmt auch die befriedigendste.

Durd starrte auf das Komlink hinab. »Ja? Und?«

»Es ist Count Dooku«, erklärte Barev. »Er scheint - unzufrieden zu sein.«

Diese Worte waren alles, was nötig war, um Durds gute Laune hinfortzuwischen. »Was soll das heißen, unzufrieden?«, wollte er wissen. »Was haben Sie ihm gesagt, Colonel? Haben Sie hinter meinem Rücken mit ihm gesprochen?«

»Warum sollte ich so etwas tun, General?«, stellte Barev die Gegenfrage. »Meine Karriere hängt von Ihrer Karriere ab. Wenn sie stolpern, stolpere ich auch. Ich habe keine Ahnung, was er will.«

»Ich komme«, blaffte der Neimoidianer. »Sagen Sie dem Count, ich melde mich in ein paar Sekunden.«

Er nahm die Holobotschaft in seinem Büro entgegen. Die Tür hatte er fest geschlossen, und er aktivierte den Projektor erst, als er einen angemessen zurückhaltenden Gesichtsausdruck gefunden hatte. Es dauerte eine Weile, bis Dookus Hologramm erschien, und die Miene des Count war alles andere als ermutigend.

»Halten Sie mich für einen Narren, General Durd?«

»Ein Narr? Nein, nein, mein Lord. Ihr seid die intelligenteste Person, die ich kenne.«

»Dann müssen Sie der Narr sein!«, knurrte Dooku. »Haben Sie ernsthaft geglaubt, ich würde die Wahrheit nicht erfahren?«

Durd spürte, wie seine Mägen sich ineinanderschoben. »Die Wahrheit, mein Lord?«

»Über die Jedi! Über die Geiseln! Sie haben mir nichts als Lügen erzählt!«

Der Schock war so groß, dass Durd beinahe umgekippt wäre. »Mein Lord ... Count...«

»Halten Sie Ihre schleimige neimoidianische Zunge im Zaum, oder ich werde sie Ihnen herausreißen lassen!«

Er nickte benommen. Grauer Schweiß quoll aus seiner Haut, und die Robe erschien mit einem Mal unerträglich dick und heiß zu sein.

»Haben Sie auch bezüglich der Waffe gelogen, Durd?«

»Nein! Nein! Mein Lord, keine Lüge! Ich habe die Waffe! Ich komme gerade von einem Inspektionsrundgang. Unser Vorrat wächst stündlich an. Das schwöre ich!« Er stammelte, und er hörte es, aber er konnte nichts dagegen tun. Dookus Augen - er wird mich umbringen. Sobald ich keinen Nutzen mehr für ihn habe, bin ich tot. »Ich werde Euch eine Probe schicken. Soll ich Euch eine Probe schicken?«

Dooku ignorierte ihn. »Auf Coruscant arbeitet in diesem Momentein Wissenschaftler an einem Mittel gegen unsere Waffe.«

»Mein Lord, diese Information kann nicht stimmen«, brachte er hervor. »Es gibt kein Gegenmittel für dieses Gift. Das müsst Ihr mir glauben, ich flehe Euch an.«

Ein Moment der Stille folgte, in dem Dookus Augen sich direkt in Durds Schädel zu brennen schienen. »Ich will Ihnen glauben. Was den Rest betrifft - das wird Folgen haben, Durd. Bald schon. Fürs Erste konzentrieren wir uns aber auf die Fertigstellung meiner Waffe. Und Sie halten sich besser für Ihre Bestrafung bereit.« Das Holobild verschwand, als der Count die Verbindung unterbrach.

Durd stand hinter seinem Schreibtisch und rang um Atem.

Nein, nein, nein. Das kann nicht sein. Das darf nicht sein.

Er schrie nach Barev. Wenige Augenblicke später öffnete sich auch schon die Tür.

»General?« Mit gezücktem Blaster blickte der Colonel sich um. »Werden wir angegriffen?«

Was für ein Narr. Was für ein stinkender, menschlicher Narr. »Beordern Sie die Droidenarmee zurück, die auf dem Weg nach Torbel ist. Wir müssen sie neu programmieren. Ich will die Jedi lebend.«

Langsam ließ Barev seine Waffe sinken. »Lebend?«

»Ja, Sie inkompetenter Idiot! Lebend!«, brüllte er. »Dooku weiß es. Hören Sie? Er weiß alles. Und wir werden beide bald tot sein, wenn wir keinen Weg finden, ihn zu beschwichtigen. Ich will die Jedi lebend, als Geschenk für den Count. Sie müssen den Droiden die Holobilder der beiden einprogrammieren, damit sie sie nicht auch abschlachten, wenn sie das Dorf angreifen. Und ich will... ich will...« Er schlug sich mit der Faust gegen die Brust, als könnte er so die Worte aus seinem Körper zwingen. »Ich will Dooku einen Beweis dafür liefern, wie wertvoll ich bin. Ich will ihm beweisen, wie gut meine Waffe ist.«

»Wir sollen sie jetzt testen?«, fragte Barev überrascht. »Sind Sie sicher? Haben Sie die Erlaubnis dafür?«

»Das ist mein Projekt!«, zischte der Neimoidianer. »Ich brauche keine Erlaubnis. Ich werde ein Ziel im Herzen der Republik auswählen, und Sie werden dafür sorgen, dass unsere Demonstration ein durchschlagender Erfolg wird. Es ist sowieso schon alles für einen Angriff bereit, oder haben Sie mich etwa doch betrogen?«

Barev war doch kein so großer Narr. Er wusste genau, wann sein Leben in Gefahr war. »Nein, General, niemand hat sie betrogen. Sie müssen nur den Befehl geben, und der Angriff wird gestartet.«

»Was stehen Sie dann noch hier herum?«, gellte Durd. Seine Stimme kippte beinahe. »Zuerst die Droiden, dann der Angriff. Raus hier! Machen Sie sich an die Arbeit. Wir haben keine Zeit zu verlieren!«

 

 

 

 

 

Zwölf

»Obi-Wan...«

Anakins Stimme und eine Berührung an seiner Schulter ließen Kenobi aus seiner Meditation aufschrecken. Er öffnete die Augen und blickte sich um. »Gibt es ein neues Problem?«

»Im Gegenteil«, meinte Anakin. Seine Müdigkeit war ihm deutlich anzusehen, aber er lächelte. »Rikkard sagt, die Theta-Werte fallen endlich. Der Sturm zieht vorbei.«

Das verfärbte, wabernde Licht, das durch die offene Tür und die Fenster des Bürgerhauses hereinschien, erweckte den Anschein, als wären sie unter Wasser. Die kühle Luft stank noch immer nach Rauch und verbranntem Metall, aber nun trug sie auch den Geruch gekochten Essens und das Surren menschlicher Stimmen mit sich. Ein Blick in die Macht zeigte Obi-Wans Sorge, aber keine überwältigende Furcht.

»Das sind gute Neuigkeiten.« Er hatte im Schneidersitz meditiert, den Rücken gegen die Wand, und nun lockerte er die Schultern, während er zum Kom-Gerät hinüberblickte. »Hattest du Glück?«

Anakins Lächeln schwand. »Nein. Es ist völlig durchgeschmort. Kein Ingenieur könnte das Ding wieder zum Laufen bringen.«

»Und unser Zerhacker-Chip?«

»Der ist geschmolzen.« Anakin zog einen kleinen, unförmigen Klumpen Elektronik aus der Tasche seiner schmutzigen Hose und hielt ihn Obi-Wan hin. »Das dürfte unsere Mission noch interessanter machen.«

Kenobi verzog das Gesicht, als er das traurige Gebilde anstarrte, zu dem der geschmolzene Chip erstarrt war. »Wie viel interessanter kann es denn noch werden?«

Anakin zuckte mit den Schultern. »Stellt Euch nur vor, wie langweilig es wäre, wenn alles nach Plan laufen würde. Einen Trost gibt es außerdem: Die Diatium-Zellen wurden nicht beschädigt.« Er klopfte auf die verborgene Tasche seines Hemdes. »Ich habe mein Lichtschwert schon wieder zusammengesetzt.«

Obi-Wan nickte und warf den zerstörten Chip beiseite. »Gut, ich werde auch gleich mit meinem anfangen.«

»Nicht nötig«, sagte Anakin selbstzufrieden. »Hier.«

Kenobis Lichtschwert schwebte durch die Luft zu ihm herüber. »Danke.«

»Gern geschehen. Oh, und falls Ihr Hunger habt...« Anakin deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Es gibt so eine Art Gemeinschaftsfrühstück draußen auf dem Platz.«

Obi-Wan war halb verhungert, aber ... »Ich werde etwas essen, sobald ich nach Teeba Sufis Patienten gesehen habe. Hast du schon gefrühstückt?«

»Ja, es war gar nicht schlecht.« Ein weiteres kurzes Lächeln. »Sofern man einen Bogen um Teeba Jaklins Eier macht.«

Er war jetzt nicht in der Stimmung für Witze. »Und die Dorfbewohner? Wie geht es ihnen?«

»Sie wissen, wie nahe sie dem Tod gestern Nacht kamen. Außerdem ist ihnen klar, dass es Probleme geben wird, jetzt, wo die Raffinerie zerstört ist. Dementsprechend gedämpft ist die Stimmung.« Anakin schürzte die Lippen. »Ich habe ernst gemeint, was ich gesagt habe, Obi-Wan. Dass ich ihnen helfen werde, meine ich.«

»Das weiß ich.« Er schlug einen versöhnlichen Tonfall an. Sie waren beide zu müde für einen weiteren Streit. »Und wir werden ihnen helfen. Aber erst müssen wir uns auf unsere Mission konzentrieren.«

»Wo wir gerade davon sprechen«, meinte Anakin, »wann wollt Ihr Jaklin sagen, dass wir Torbel verlassen?«

Obi-Wan zögerte. »Ähm ... ja, was das betrifft...«

Der jüngere Jedi starrte ihn an. »Ihr wollt doch nicht etwa nach wie vor auf den Konvoi warten? Obi-Wan ...«

»Ich weiß«, sagte er, als Anakin sich frustriert abwandte. »Aber das ist noch immer unsere beste Chance, unbemerkt nach Lantibba zurückzukehren. Wir können nicht einfach so losmarschieren. Wir hätten keinen Schutz, und unsere gefälschten Identichips sind auch nutzlos ...« Er schüttelte den Kopf. »Das Risiko, gefangen genommen zu werden, wäre zu groß. Lieber kommen wir ein wenig später an, als in Durds Hände zu fallen.«

»Und dieses Wesen, das uns jagt?«

»Ich kann es nicht mehr spüren«, erwiderte er. »Über eine Stunde habe ich nach ihm geforscht, aber seine Präsenz in der Macht ist verschwunden.«

»Und was bedeutet das?«, fragte Anakin. Er wirkte nicht sehr überzeugt. »Hat es unsere Spur verloren? Hat es aufgegeben?«

»Vielleicht.«

»Obi-Wan, das ist ein großes Risiko. Was, wenn Ihr Euch irrt? Was, wenn es schon unterwegs ist? Es könnte uns mühelos finden, wenn wir hierbleiben.«

Über dieses Problem hatte er während der letzten dreißig Minuten intensiv nachgedacht. »Du hast recht, es ist ein Risiko. Aber ich finde, es wäre ein noch größeres Risiko, nicht auf den Konvoi zu warten und einfach loszuziehen.«

»Ich sage ja nicht, dass es ungefährlich wäre«, räumte Anakin ein, während er die Hände in die Taschen rammte. »Es ist nur ... wir würden hier noch einen weiteren Tag festsitzen. Vierundzwanzig Stunden, während denen Durd seinen ersten Angriff auf die Republik starten könnte.«

Obi-Wan stemmte sich in die Höhe, und das leise Ächzen seiner Muskeln erinnerte ihn daran, dass er nicht gerade in Topform war. »Vielleicht hat er diesen Angriff schon längst gestartet. Unsere Flucht wäre ein passender Anlass gewesen, seine Waffe einzusetzen. Was ich damit sagen will, Anakin, ist: Wir wissen es nicht. Wir können nur raten. Und wir dürfen uns nicht von unserer Panik zu einer falschen Entscheidung hinreißen lassen.«

Sein ehemaliger Schüler bedachte ihn mit einem langen Blick. »Soll das heißen, Ihr hattet letzte Nacht Panik?«

»Das soll heißen, dass wichtige Entscheidungen mit kühlem Kopf getroffen werden müssen«, entgegnete er. »Tödliche Theta-Stürme, überladene Energienetze und explodierende Raffinerien laden nicht gerade zu nüchternen Überlegungen ein.«

»Das habe ich gemerkt«, murmelte Anakin mit leichter Belustigung, dann schüttelte er den Kopf. »Ich schätze, es ist alles eine Frage des richtigen Timings. Vielleicht macht es keinen Unterschied, ob wir noch einen Tag hier vertrödeln oder nicht. Falls die Republik schnell genug einen Kampfverband herschickt und einen Großangriff auf Lanteeb startet...«

»Darauf können wir natürlich hoffen«, sagte Obi-Wan gedehnt. »Anakin...«

»Ja«, brummte der junge Jedi, und sein Gesicht verfinsterte sich wieder. »Ich weiß. Wir haben nie in Echtzeit Kontakt mit dem Tempel aufgenommen, wir können also auch nicht wissen, ob sie unsere Nachricht erhalten haben. Aber, Obi-Wan, denkt Ihr nicht, dass das eigentlich ein Grund mehr wäre ...«

»Was ich denke«, murmelte Kenobi, während er sein Lichtschwert zurück in die Geheimtasche seines Hemdes steckte, »ist, dass wir ohnehin hierbleiben müssen, bis der Sturmschild deaktiviert wird. Also werde ich jetzt im Heilhaus nach dem Rechten sehen und dann etwas essen. Wie sieht es mit dir aus?«

»Einige Leute wollen die Trümmer der Raffinerie durchforsten«, sagte Anakin nach kurzem Zögern. Er war noch immer nicht überzeugt. »Ich habe versprochen, ihnen zu helfen. Vielleicht kann ich ja reparieren, was die Explosion nicht in Fetzen gerissen hat. Rikkard hofft noch immer, dass sie ihre Quote erreichen können. Er ist gerade dabei, die Dorfbewohner zu mobilisieren, um die Arbeit in der Mine wieder aufzunehmen. Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass es verrückt ist, aber er will nicht auf mich hören.«

Das hätte Obi-Wan auch gewundert. Sein Pflichtbewusstsein und seine verzweifelte Hoffnung waren alles, was Rikkard noch geblieben war. »Er versucht, das Dorf zu retten, Anakin. Das kann man ihm nicht übel nehmen.«

»Das tue ich auch nicht«, murmelte Anakin. Er klang unglaublich traurig. »Aber er wird es nicht schaffen, und er weiß es. Als der Sturm aufzog, hat er alle ihre Hoffnungen begraben.«

»Ohne dich hätte der Sturm nicht nur ihre Hoffnungen, sondern auch die Leute selbst begraben. Hast du dich einigermaßen erholt?«

Anakin fuhr sich mit den Fingern durch das schmutzige Haar. Das Licht, das verfremdet durch den Plasmaschild drang, hob die Schatten unter seinen Augen und auf den stoppeligen Wangen hervor. »Es ging mir schon besser«, meinte er mit einem Schulterzucken. »Aber auch schon schlechter. Was ist mit Euch?«

»Ich habe Kopfschmerzen«, gestand Obi-Wan. »Nicht einmal die Meditation konnte sie vertreiben. Außerdem ist da dieser widerliche Geschmack in meinem Mund.«

»Den habe ich auch«, sagte Anakin langsam. »Ihr glaubt doch nicht, dass...«

»Wir haben zwar stundenlang giftigen Qualm eingeatmet«, erklärte Kenobi, »aber ich bezweifle, dass wir an einer Damotitvergiftung sterben werden. Wir sind Jedi - unsere Körper werden die Wirkung des Rauches abmildern. Aber sei bitte trotzdem vorsichtig, wenn du in den Trümmern dieser Raffinerie herumstocherst. Keine Heldentaten - und zieh dir einen Schutzanzug an.«

»Und das von dem Mann, der in einem instabilen Kraftwerk sein Leben aufs Spiel gesetzt hat«, meinte Anakin kopfschüttelnd. »Devi hat mir alles erzählt. Obi-Wan, Ihr könnt von Glück sagen, dass Ihr nicht als brennender Plasmafleck geendet seid.«

»Glück?«, wiederholte Obi-Wan in gespielter Empörung. »Glück hatte nichts damit zu  tun!  Nun  geh  schon.  Ich  werde euch helfen,

sobald ich kann.«

Viele der Frauen und Kinder von Torbel saßen noch draußen auf dem großen Platz, wo sie aßen, miteinander schwatzten und Kraft aus dem Gefühl der Gemeinschaft zogen. Ein paar Männer waren ebenfalls da, aber die meisten schienen mit Rikkard in die Mine zurückgekehrt oder zur Raffinerie hinübergegangen zu sein, um die Trümmer zu durchsuchen. Obi-Wan blieb auf der Stufe vor dem Eingang des Bürgerhauses stehen und genoss einen Moment lang das Gefühl des Sonnenscheins auf seinem Gesicht, dann sah er sich nach Greti um. Das Mädchen war nirgends zu sehen, stattdessen fiel sein Blick aber auf Teeba Jaklin, die sich mit Sufi und Brandeh unterhielt. Sie hatten ihn noch nicht bemerkt, und er hatte nicht vor, sie auf sich aufmerksam zu machen. Er fühlte sich noch nicht in der Verfassung, all die Fragen zu beantworten, mit denen sie ihn bombardieren würden.

Also ging er hinüber zum Heilhaus. Hier fand er schließlich Greti: Still und hoffnungsvoll saß sie an der Seite ihrer schlafenden Mutter. Sie war die einzige Person im Raum, die nicht auf einer der Pritschen lag. Als sie ihn sah, stand sie auf, die Finger gegen den Stoff ihrer flickenübersäten Tunika gepresst.

»Teeb Kenobi!«

»Obi-Wan«, sagte er, dann trat er neben sie. »Wie geht es dir, Greti - und deiner Mutter?«

Das Mädchen machte einen Schritt zur Seite. »Sag du's mir.«

Er kniete sich neben die Liege und legte Bohle eine Hand auf das schmale Gesicht. Ihre Haut wirkte nicht mehr so blass, und ihre Atmung war auch schon viel ebenmäßiger. Er konnte kaum noch Schmerzen in ihr spüren, und als er vorsichtig ihre verletzte Hand inspizierte, stellte er fest, dass die Wunde sauber und ihr ganzer Arm frei von Damotitflecken war. Seine Berührung störte ihren Schlaf nicht.

»Teeba Sufi hat ihr ein Mittel gegeben, damit sie weiterschläft«, erklärte Greti. »Sie sagt, man wird schneller gesund, wenn man tief und sorgenfrei schläft.«

Behutsam platzierte Obi-Wan Bohles Arm wieder auf dem Laken. »Da hat sie recht.« Er lächelte. »Deine Mutter wird wieder gesund, Greti. Du musst dir keine Sorgen mehr machen.«

Das Kinn des Mädchens ruckte nach oben. Ihre Augen waren voller Fragen, aber da waren auch Mut und Hoffnung, vermischt mit einem letzten Rest Furcht. »Ich habe dabei geholfen, oder? Sie gesund zu machen, meine ich. Wie habe ich das gemacht?«

Er könnte sie anlügen, und vermutlich wäre das sogar die bessere Lösung. Dieses Kind musste nicht erfahren, dass es eine Jedi hätte sein können, und vermutlich auch eine Jedi geworden wäre - eine wirklich große Jedi -, wäre das Leben nicht so ungerecht.

»Teeb? Obi-Wan?«, hakte sie nach. »Hast du etwas mit mir gemacht?«

»Nein«, sagte er rasch. »Nein, versprochen. Ich habe deinem Geist nur gezeigt, wie er auf eine andere Weise denken kann.«

Ihre Finger schlossen sich um den Stoff ihrer Tunika. »Es hat sich komisch angefühlt«, flüsterte sie. »Warm und stark. So, als wäre ich überhaupt nicht in meinem Körper. Als würde ich mir von außen zusehen.«

»Hat dir das Angst gemacht?«

Nach einem kurzen Zögern nickte sie. »Ja.« Doch gleich darauf schüttelte sie den Kopf. »Aber irgendwie auch nicht. Es hat... Spaß gemacht. Ich möchte es wieder tun.«

»Und vielleicht wirst du es eines Tages ja wieder tun«, meinte er. »Wer weiß?«

»Weißt du es denn nicht?«, fragte sie. »Du bist doch ein Jedi.«

Sein Blick zeigte ihr, wie leid es ihm tat. Sie hatte so viel mehr verdient als das Leben in diesem armen Dorf auf Lanteeb. »Ich wünschte, ich könnte es dir sagen, Greti.«

Sie schwieg mehrere Sekunden, und ihre Augen füllten sich mit Schatten, aber schließlich nickte sie. »Du solltest nach Arrad sehen, Teeb. Sein Vater war die ganze Nacht bei ihm, aber jetzt ist er wieder in die Mine gegangen.« Sie verzog das Gesicht. »Ich hasse die Mine.«

»Das glaube ich dir sofort, Greti«, murmelte er, aber dann schluckte er sein Bedauern hinunter und tat, wie das Mädchen es ihn geheißen hatte.

Er überprüfte gerade, wie Arrads Genesung voranschritt, als Teeba Sufi ins Heilhaus zurückkehrte. »Ich habe gesehen, wie du dich hierhergeschlichen hast, Teeb Kenobi. Du hast wohl kein Vertrauen in meine Fähigkeiten.« Da war ein neckischer Unterton in ihrer Stimme, der ihre beißenden Worte Lügen strafte.

Obi-Wan blickte von Arrads gebrochenem Arm hoch zu ihrem Gesicht. »Es scheint ihm den Umständen entsprechend gut zu gehen. Hat er schon gesprochen?«

»Er ist nur einmal ein paar Minuten aufgewacht«, erklärte die Dorfheilerin. »Er wusste noch, wie er heißt, und er erkannte seinen Vater. Das ist ein guter Anfang.«

Mit einem Nicken sah er zu den anderen Liegen hinüber. »Ich sehe, du hast drei Patienten weniger als gestern Nacht, Teeba.«

»Es ging ihnen so weit besser, dass sie nach Hause gehen konnten«, berichtete sie mit sichtlicher Befriedigung. »Ein Segen, dass niemand gestorben ist. Und diese fünf hier werde ich vermutlich auch nur noch einen Tag hierbehalten und dann heimschicken.« Sie kam herüber, legte ihre Finger um sein Kinn und drehte dann mit geschürzten Lippen seinen Kopf zur Seite. »Du hast Kopfschmerzen, richtig? Und deine Zunge schmeckt wie ein verfaulter Schwamm?«

Er blinzelte. »Es geht mir gut, Teeba.«

»Ha!« Sufi ließ sein Kinn los und trat verärgert von ihm fort. »Du glaubst wohl, jeder außer dir ist ein Dummkopf, hm? Ich habe ja gehört, dass die Jedi arrogant sind.«

Arrogant? »Teeba Sufi...«

»Ich hatte mein ganzes Leben mit Damotitvergiftungen zu tun, aber du glaubst, ich sehe nicht, dass du das grüne Fieber hast?« Sie starrte ihn finster an. »Wenn das mal nicht arrogant ist. Bleib sitzen und rühr dich nicht vom Fleck.«

Also blieb er sitzen wie ein gescholtener Jüngling und sah zu, wie Teeba Sufi in einem Vorratsschrank herumkramte und dann mit einer verkorkten Flasche und einem Messbecher zu ihm zurückkehrte.

»Es wird dir erst schlechter gehen, bevor es besser wird, Teeb«, erklärte sie ohne Umschweife, dann füllte sie eine viskose, bräunliche Flüssigkeit in den Becher. »Aber tröste dich, anderen wird es genauso schlecht gehen.«

»Der giftige Rauch«, sagte er, und sein Körper spannte sich unwillkürlich an. »Wie schlimm wird es werden?«

»Schwer zu sagen«, meinte sie. »Hast du heute schon etwas gegessen?«

Er nahm den Becher, den sie ihm hinhielt. »Nein.«

»Gut, dann wirkt es schneller.«

»Teeba...« Plötzlich schien sie seinem Blick auszuweichen. »Sufi. Wie schlimm wird es werden?«

Sie sah zu Greti hinüber, die die Hand ihrer Mutter hielt und so tat, als würde sie die beiden nicht belauschen. »Schlimm genug. Ich will es nicht schönreden: Ich mache mir Sorgen. Am meisten wegen der Kinder. Dieser Sturm ...« Die Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Wir haben alle zu viel Rauch eingeatmet, Teeb. Seit Stunden sind wir nun schon unter dem Sturmschild mit dem Qualm eingesperrt. So lange war noch niemand diesem Zeug ausgesetzt, der danach wieder gesund wurde.« Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen. »Trink diese Medizin, Teeb. Und schick deinen jungen Freund her. Er muss auch davon trinken. Je früher, desto besser.«

Skeptisch blickte er auf die dickflüssige Brühe hinab. »Schmeckt es genauso widerlich, wie es aussieht?«

»Sogar noch schlimmer«, sagte sie mit einem grimmigen Lächeln. »Aber du wirst mir dafür dankbar sein.«

Da er wohl keine Wahl hatte, würgte er die abscheuliche Medizin hinunter. Er musste mehrmals husten, als die Flüssigkeit sich durch die Speiseröhre in seinen protestierenden Magen hinabbrannte, und er starrte Sufi aus tränenden Augen anklagend an.

»Dir danken? Dafür? Wohl kaum!«, ächzte er. »Was ist das für ein schreckliches Gemisch?«

»Dies und das«, meinte sie nur. »Es ist mehr als ein Becher nötig, um das Gift aus deinem Körper zu spülen, Teeb Kenobi. Dein Körper ist mit dem Rauch vollgesogen, und egal ob Jedi oder nicht, du wirst es noch eine ganze Weile spüren. Wir müssen so bald wie möglich den Sturmschild deaktivieren und frische Luft in unsere Lungen bekommen.« Sie runzelte die Stirn. »Und ich muss mehr Medizin herstellen. Hoffentlich habe ich noch genug von allen Zutaten. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal das ganze Dorf damit behandeln müsste.«

Von Übelkeit geplagt, stand Obi-Wan von seinem Hocker auf. Ein letztes Mal blickte er noch auf den schlafenden Arrad hinab, doch er konnte keine Gefahr für den jungen Mann erkennen. Sein Körper war auf den Heilungsprozess angesprungen, den Kenobi angeregt hatte, und alles, was Rikkards Sohn jetzt noch brauchte, waren Ruhe und Zeit. Obi-Wan gönnte sich einen kurzen Moment der Genugtuung, und er schwor sich, Vokara Che zu danken - all ihre Lektionen hatten sich nun letzten Endes doch noch bezahlt gemacht. »Falls du Hilfe bei der Zubereitung deiner Medizin brauchst, Teeba, musst du nur fragen«, sagte er. »Anakin und ich werden das Dorf morgen verlasen, aber bis dahin wollen wir helfen, wo immer wir können.«

Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Nie hätte ich gedacht, dass ich mal einem Jedi begegnen würde. Ich habe Lanteeb nicht ein einziges Mal verlassen, und ich habe auch nie den Wunsch danach verspürt. Aber selbst hier hört man Geschichten. Nun, zumindest bis die Separatisten kamen.« Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Du bist nicht wie die Jedi aus diesen Geschichten. So rein gar nicht.«

Mit einem Lächeln gab er ihr den leeren Becher zurück. »Niemand ist je so, wie er in Geschichten beschrieben wird.«

Er spürte ihren nachdenklichen Blick auf seinem Rücken, als er wieder auf den Dorfplatz hinaustrat, wo Jaklin und einige der anderen Frauen gerade dabei waren, die Reste des gemeinschaftlichen Frühstücks abzuräumen. Ein paar Kinder spielten in der Nähe mit einem Synthfaserball. Jaklin winkte ihn zu sich herüber.

»Du hast noch gar nichts gegessen«, sagte sie anklagend und drückte ihm einen Teller mit Brot, Eiern und Fleisch in die Hand. »Es ist inzwischen kalt, aber daran kann ich nichts ändern. Iss ... und da in der Kanne ist noch Tee. Ich schenke dir eine Tasse ein, wenn du möchtest.«

Sein Magen kämpfte noch immer mit Sufis Medizin, aber er wusste, dass er essen musste, um wieder zu Kräften zu kommen, also schlang er die kalte Mahlzeit hinunter, während sein Blick über den schimmernden Plasmaschild und die dünner werdende Sturmwolke dahinter schweifte. Hie und da schimmerten bereits der bläuliche Himmel und die eintönige Landschaft durch.

»Der Sturm ist bald vorbei«, meinte Jaklin zufrieden. Sie ließ ihr Handtuch sinken und überließ es den anderen Frauen, sauber zu machen, während sie an Obi-Wans Seite trat. »Bald werden wir wieder frische Luft atmen.«

Kenobi warf ihr einen kurzen Blick zu. »Hast du mit Teeba Sufi gesprochen?«

»Ja, ich kenne die Gefahren«, antwortete Jaklin kurz angebunden. »Aber wir werden schon damit fertig, Teeb Kenobi. So ist das Leben hier in Torbel. Ein Problem folgt auf das nächste, und wir müssen schnell mit ihnen fertigwerden, bevor ein weiteres auftaucht und uns überrollt.« Ihr Schmerz war ein blutrotes Flackern in der Macht.

»Ich wünschte, ich könnte etwas tun, um eure Situation zu verbessern.«

Verärgert drehte sie sich zu ihm um. »Du hättest überhaupt kein Recht, Torbel zu verbessern. Das Dorf gehört uns. Wir kümmern uns darum. Tu du, weswegen du mit deinem jungen Freund hergekommen bist. Sie wollen uns zu Mördern machen, und das werden wir nicht akzeptieren. Hast du verstanden?«

Obi-Wan bekam keinen Bissen mehr hinunter, also stellte er seinen Teller auf den nächsten Tisch, dann nickte er. »Ja, Teeba. Anakin und ich werden unser Bestes tun.« Er blickte sich um. »Werde ich hier noch gebraucht? Falls nicht, würde ich gerne zum Kraftwerk gehen und fragen, ob ich dort helfen kann.«

»Sicher, und falls Devi keine Hilfe braucht, dann geh zum artesischen Brunnen. Diese Überladung hat die Pumpe zerstört, und ein paar Männer versuchen gerade, sie wieder zum Laufen zu bringen.«

Er starrte sie an. »Dann hat das Dorf im Moment kein Wasser?«

»Wir haben noch Wasser in den Tanks«, erklärte sie. »Das sollte reichen, bis die Pumpe repariert ist.« Ein Seufzen kam über ihre Lippen. »Vermutlich werden wir Ersatzteile brauchen. Aber von der Regierung können wir keine Hilfe erwarten, wenn wir ihnen nicht genug Damotit liefern...« Ihre Schultern sackten nach unten, und sie wandte sich von ihm ab. »Eigentlich sollte ich Rikkard sagen, dass er nicht mehr in die Mine zu gehen braucht. Wie können wir ihnen unser Damotit geben, wenn sie...?« Sie atmete zitternd aus. »Aber ohne das Damotit müssen unsere Kinder verhungern.«

Es gab keine einfache Lösung. Nichts an dieser Situation war fair oder einfach. »Gebt ihnen das Damotit, Jaklin«, sagte er. »Sie werden niemandem damit Schaden zufügen, dafür sorgen Anakin und ich schon.«

Sie blickte ihn über die Schulter an, ihre Augen voller Qualen. »Kannst du mir das versprechen, Jedi?«

»Ja«, erklärte er voller Zuversicht, obwohl er keine Ahnung hatte, ob es ihnen tatsächlich gelingen würde. Die Macht konnte - oder wollte - es ihm nicht sagen. Doch Jaklin musste daran glauben. »Ich gehe dann mal zum Kraftwerk. Anakin ist drüben bei der Raffinerie. Falls ihr unsere Hilfe braucht, zögert nicht. Danke für das Frühstück.« Er überließ die Lanteebanerin wieder ihren Pflichten und machte sich auf den Weg.

Devis Gesicht leuchtete auf, als er das Kraftwerk betrat. »Ah!«, rief sie aus und stakste hinter der Überwachungsstation hervor. »Der Jedi. Teeb Obi-Wan?« Sie lächelte, aber unter ihrer neckischen Fröhlichkeit verbarg sich Schmerz. Die Servomotoren ihres Antigrav-Geschirrs knirschten nach den Ereignissen der letzten Nacht lauter denn je.

»Ich wollte sehen, ob du vielleicht Hilfe gebrauchen kannst«, sagte er. »Aber es sieht aus, als hättest du alles unter Kontrolle.«

»Nur dank Anakin«, erklärte sie. »Ich habe noch niemanden gesehen, der so gut mit Maschinen umgehen kann. Das soll aber keine Beleidigung sein. Wärst du gestern nicht gewesen, dann...«

»Glaub mir, du musst dich nicht entschuldigen«, versicherte er ihr. »Verglichen mit meinem jungen Begleiter bin ich kaum mehr als ein Amateur. Devi, sag - wann werdet ihr die Sturmschilde deaktivieren können?«

Sie blickte hinüber zu den Monitoren. »Die Theta-Werte sind beinahe wieder im grünen Bereich. Es wird nicht mehr lange dauern. Aber wir wollen nichts überstürzen. Es wäre wirklich eine Schande, wenn wir den Sturm überlebt hätten, nur um von den letzten, hartnäckigen Theta-Partikeln unter die Erde gebracht zu werden, Obi-Wan.«

Er konnte ihr nur zustimmen. »Dürfte ich die Wartezeit dann vielleicht dazu nutzen, mir dein Stützgeschirr anzusehen? Ich bin zwar nicht Anakin, aber ich denke, meine Fähigkeiten reichen aus, um es ein wenig effizienter zu machen.«

Devi zögerte lange, bevor sie nickte. »Ja, danke. Ich tue mein Bestes, um es zu warten, aber ...« Sie zog die Schultern hoch. »Die einzige Anleitung, die ich habe, ist älter als ich. Da ist ein Werkzeugkasten unter diesem Pult da.«

Er holte den Kasten, dann löste er die gelähmte Frau aus dem krummen, veralteten Geschirr und half ihr, sich auf den Boden zu setzen. Doch anstatt sich sofort wieder dem Gehapparat zuzuwenden, nahm er ihre Hand mit der Rechten und legte seine Linke auf ihren Hinterkopf.

»Was tust du da?«, fragte sie verwirrt.

Sufis übel schmeckendes Gebräu hatte nicht nur seine Magenschleimhaut, sondern auch seine Kopfschmerzen hinfortgebrannt. Er konnte die Macht wieder klar spüren, und sie zeigte ihm, woher Devis Schmerzen rührten und wie er ihr helfen konnte.

»Ich würde dir gerne ein wenig helfen«, sagte er. »Aber natürlich nur mit deiner Erlaubnis.«

»Ich... tja, also ... ja, warum nicht?« Sie lachte nervös. »Woher wusstest du ... wie kannst du...?«

»Jedi fühlen solche Dinge.«

»Anderer Leute Schmerz? Oh, das wusste ich nicht.«

Er schloss seine Finger fester um ihre Hand. »Du musst keine Angst haben. Ich wurde schon selbst mehrmals auf diese Weise geheilt. Es ist ziemlich unspektakulär, glaub mir.«

»Für dich vielleicht«, murmelte sie. »Ich weiß, dass du Bohle und Arrad geholfen hast. Ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du mir auch helfen könntest. Manchmal...« Sie atmete tief ein. »Ich sage es niemandem. Das würde ohnehin nichts ändern. Aber manchmal...«

»Ich weiß«, sagte er sanft. »Manchmal fühlt es sich an, als würdest du nie wieder etwas anderes fühlen können. Als würdest du den Rest deines Lebens nur diese Schmerzen fühlen.«

»Ja«, hauchte sie. »Ich kann mir die Medizin aus Lantibba nicht leisten. Sufi tut, was sie kann, mit ihren Kräutern, aber...« Sie wischte sich mit der Hand über die Augen. »Es besteht wohl keine Möglichkeit, dass du ...«

Das Bedauern schnitt tief wie ein Skalpell. »Es tut mir leid, Devi. Ich bin kein richtiger Heiler. Außerdem liegt die ursprüngliche Verletzung schon ein paar Jahre zurück, richtig? Selbst wenn ich voll ausgebildet wäre, könnte ich die Lähmung vermutlich nicht wieder rückgängig machen.«

Sie schloss die Augen. »Ich verstehe.«

»Aber ich werde dir deine Schmerzen nehmen«, versprach Obi-Wan. »Atme jetzt ganz langsam tief ein und aus. Ja, genau so.«

Er war froh, dass er ihr helfen, die Macht für etwas Positives einsetzen konnte. Unzählige unschuldige Wesen würden leiden und sterben, falls es ihnen nicht gelang, Lok Durd und Count Dooku aufzuhalten, und angesichts dieser Tatsache gewann jede noch so kleine Geste des guten Willens für ihn eine gewaltige, tiefgreifende Bedeutung. Indem er Gretis Mutter und Rikkards Sohn geheilt hatte, indem er nun die Schmerzen dieser tapferen Frau linderte, bewirkte er etwas. Bald würden er und Anakin fort sein, und der Gedanke, dass es diesen armen Menschen dann besser ginge als vor ihrer Begegnung, war Balsam für seine müde, wunde Seele.

Ein paar Minuten später waren Devis Schmerzen nur noch ein vages Echo, und er bettete sie auf den Boden, um sich dem Antigrav-Geschirr zu widmen, bis sie wieder aufwachte. Der Gehapparat war in mitleiderregendem Zustand, an zahlreichen Stellen zerbrochen und behelfsmäßig wieder zusammengeschweißt. Es war ein Wunder, dass er noch nicht völlig auseinandergefallen war. Kenobi würde tun, was er konnte, aber Anakin könnte zweifelsohne noch mehr verbessern. Er beschloss, seinen ehemaligen Schüler darauf anzusetzen, bevor sie nach Lantibba aufbrachen. Als er Blicke auf sich spürte, hob er den Kopf. Devi lächelte ihn an.

»Es tut nicht mehr weh«, sagte sie verwundert. »Ich kann mich nicht mehr an das letzte Mal erinnern, als ich nicht irgendwo Schmerzen hatte. Obi-Wan...«

»Gern geschehen«, sagte er. »So, und jetzt wollen wir mal sehen, was wir wegen dieses Geschirrs tun können.«

Seine Änderungen waren alles andere als perfekt, stellten aber doch eine klare Verbesserung dar. Nachdem er fertig war, half er Devi dabei, sich die Gurte umzuschnallen, und einen Moment später warf sie auch schon die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich. »Danke! Ich habe keine Ahnung, warum du auf Lanteeb bist, und es ist mir auch egal. Sollen die anderen über die Jedi sagen, was sie wollen. Ich weiß es jetzt besser. Danke!« Als sie ihn schließlich wieder losließ, tänzelte sie förmlich zu den Monitoren hinüber, warf einen Blick auf die

Theta-Werte und reckte triumphierend die Faust in die Luft. »Ja! Wir können den Schild deaktivieren.« Grinsend zwinkerte sie ihm zu. »Diese Ehre gebührt dir.« Sie deutete mit dem Finger. »Diese Tafel da. Mit den roten Schubreglern fährst du die Generatoren herunter, und mit dem grünen Knopf gibst du das Signal, dass alles in Ordnung ist.«

Mit großer Ernsthaftigkeit ging Obi-Wan daran, den Sturmschild zu deaktivieren,  der sie während der letzten, langen,  wilden Nacht vor

dem Tod bewahrt hatte.

»Komm«, rief Devi dann und ging zur Tür hinüber. »Lass uns ein wenig frische Luft schnappen.«

Das Alles-in-Ordnung-Signal war eine tiefere, freundlichere Version der Alarmsirene, und als Obi-Wan den Knopf drückte, dröhnte es aus jedem Lautsprecher des Dorfes. Sie traten hinaus in den ungefilterten Sonnenschein, und Kenobi sah, dass sie nicht die Einzigen waren, die nach draußen geströmt waren, um das Ende der Gefahr zu feiern. Jeder, der nicht in der Mine arbeitete, legte seine Werkzeuge beiseite, umarmte den Nebenmann und lachte, während der Rauch der explodierten Raffinerie sich in der lebhaften Brise nach und nach verflüchtigte. Obi-Wan spürte ein vertrautes Vibrieren in der Macht. Ja, da stand Anakin, drüben bei den Ruinen des Gebäudes. Seine Größe und sein helles Haar hoben ihn klar von den Lanteebanern ab. Der junge Jedi hatte ihn ebenfalls gespürt, denn er hob die Hand und winkte. Als Kenobi die Geste erwiderte, spürte er einen unerwarteten Anflug von Optimismus, der die Müdigkeit und die Sorgen aus seinem Kopf verscheuchte.

Vielleicht können wir diese Sache doch noch zu einem guten Ende bringen.

Da schrie plötzlich jemand: »Schaut! Droiden!«

Eine eisige Vorahnung überkam ihn. Devi neben ihm drehte den Kopf und kniff die Augen zusammen. »Was sagt Teki da? Kommt der Konvoi diesmal etwa früher? Rikkard wird an die Decke gehen!«

Obi-Wan sah, wie sich Sonnenlicht auf Durastahl spiegelte, hörte das schwache Klacken metallener Füße auf hartem, trockenem Boden, dann ertönte ein hohes, summendes Geräusch, ein vertrautes, blechernes Heulen. Keine Sekunde später tauchte ein Schwarm von Moskitodroiden hinter einem Hügel auf und spie Laserblitze auf das ungeschützte Dorf. Eine Dorfbewohnerin schrie auf, kippte um und verstummte abrupt. Obi-Wan wirbelte herum und schickte Anakin eine verzweifelte Nachricht durch die Macht.

Sie haben uns gefunden. Schaff alle nach drinnen!

Ohne auf eine Antwort zu warten, sprintete er zurück zum Kraftwerk. Mit der Schulter rammte er die Tür auf, dann sprang er an die Kontrolltafel für den Sturmschild und schob alle Regler nach oben. Er hatte keine Ahnung, wie lange es dauern würde, bis die Generatoren wieder ansprangen, ob der Schild Laserstrahlen abhalten konnte, oder wie lange er einem konzentrierten Beschuss standhalten würde, aber eines wusste er: dass der Schild vielleicht ihre letzte Hoffnung war.

Sie haben auf uns gewartet. Wir hatten nie eine Chance.

»Obi-Wan! Obi-Wan? Was ist los? Warum bist du...«

Er blickte über die Schulter. »Das ist nicht der Konvoi, Devi. Bleib hier drinnen. Geh auf keinen Fall nach draußen. Leite alle Energie auf die Schilde und informiere Rikkard. Sag ihm, dass er niemanden herauflassen darf. Im Moment ist die Mine der sicherste Ort im ganzen Dorf.«

Mit einem verängstigten Glänzen in den Augen nahm sie seinen Platz an den Kontrollen ein. Ihre Furcht zuckte und wand sich in der Macht, als wäre es ein lebendes Wesen, doch darum konnte er sich jetzt nicht kümmern. Er griff unter sein Hemd, um das Lichtschwert aus der verborgenen Tasche zu ziehen, und legte den Finger auf den Aktivator. Einen Moment später erwachte die blaue Klinge mit leisem Summen zum Leben.

Devi keuchte. »Willst du etwa gegen sie kämpfen?«

»Ja«, nickte er, während er zum Eingang zurückging. »Alle Energie, die nicht anderweitig benötigt wird, auf die Schilde. Das ist im Moment das Wichtigste.«

Wieder draußen hob er den Kopf. Er zählte zehn ... zwölf... nein, sechzehn Moskitodroiden. Die Zahl der toten und verwundeten Dorfbewohner war ebenfalls angestiegen, doch er zwang sich, seinen Geist vor diesem Leid zu verschließen. Anakin stand noch immer bei den Ruinen und rief den Leuten zu, in ihre Hütten zu flüchten. Als die Droiden das Feuer auf ihn eröffneten, wirbelte er sein eigenes Lichtschwert mit atemberaubender Geschwindigkeit durch die Luft und wehrte die Schüsse mit der Klinge ab.

Der Sturmschild war noch nicht wieder zum Leben erwacht, und immer mehr Droiden flogen und marschierten heran. Durd hatte ihnen eine ganze Armee auf den Hals gehetzt. Da waren zig Reihen von Kampfdroiden, und ihre im Licht glänzenden Metallleiber waren bereits nahe genug, um sie zählen zu können.

Wie konnte ich mich nur so irren? Warum habe ich das nicht gespürt? Diese Leute... diese armen Leute...

»Obi-Wan!«

Er schnellte vor, um sich zwischen die letzten der davonrennenden Lanteebaner und den Schwarm hin und her sausender Moskitodroiden zu stellen. Drei der metallenen Biester erledigte er, noch bevor er Anakin erreicht hatte.

»Was ist mit dem Schild?«, rief dieser über das Heulen der fliegenden Kampfmaschinen hinweg. »Ihr habt ihn doch aktiviert, oder?«

»Nein, Anakin, ich dachte mir, es wäre schöner, unter freiem Himmel zu kämpfen!«, antwortete er, während er einen weiteren Moskito halbierte. »Natürlich habe ich ihn aktiviert!«

»Warum ist er dann noch nicht...«

Mit einem lauten Brummen breitete der blaue Plasmaschild sich wieder über Torbel aus. Doch bevor er sich schließen konnte, hatten bereits die ersten Reihen der Kampfdroiden die Dorfgrenze erreicht.

»Obi-Wan...«

Er wurde eigentlich nie wütend, doch in diesem Moment war ihm regelrecht übel vor Zorn. Kenobi, du Narr. Du arroganter Narr. »Ich weiß. Ich kümmere mich um sie. Schalte du die Moskitos aus.«

Bevor Anakin Gelegenheit zu einem Einspruch hatte, sprintete er die Straße zum Dorfeingang hinab, den Kampfdroiden entgegen, die in perfektem Gleichschritt dahinmarschierten. Wie viele waren es? Zwanzig? Eher mehr. Nun entdeckten sie ihn und hoben ihre Blaster. Ohne auch nur langsamer zu werden, riss Obi-Wan erst das Lichtschwert hoch und dann die andere Hand, um mit einem Machtstoß eine Bresche in die feindlichen Linien zu schlagen. Doch da...

»Nicht schießen! Nicht schießen!«, befahl der Droiden-kommandant. »Ziel gesichtet! Gefangen nehmen, nicht töten!«

Wie bitte? Bevor er die ganze Bedeutung dieser Worte fassen konnte, hatten die Droiden bereits die Schalter an ihren Blastern umgelegt, und einen Moment später zuckten ihm die ersten Betäubungsstrahlen um die Ohren.

Obi-Wan rannte noch ein paar Schritte, dann stieß er sich mit einem Machtsprung vom Boden ab und segelte in hohem Bogen über die Köpfe der Droiden hinweg. Ihre Blaster folgten seiner Flugbahn und spien ohne Unterlass einen Strom aus glühender Energie. Ein Betäubungsstrahl streifte seine Schulter. Das Bild vor seinen Augen verschwamm und färbte sich an den Rändern rot ein, und er hatte das Gefühl, alles würde sich um ihn drehen, dennoch gelang es ihm, auf den Beinen zu landen. Auf wankenden Beinen wirbelte er herum und verpasste den Droiden in der letzten Reihe einen Machtstoß. Sie wurden nach hinten geschleudert, und ihre Schüsse bohrten sich in den Boden, ohne Schaden anzurichten, während sie gegen ihre Kameraden stießen und vier von ihnen in einem Knäuel metallener Gliedmaßen zu Boden rissen. Gut. Noch immer taumelnd, reckte er den nächsten Blechbüchsen die Hand entgegen, doch dieser Machtstoß fegte nur zwei der Droiden von den Beinen. Er schüttelte den Kopf, um die Benommenheit zu vertreiben. Die Damotit-Kopfschmerzen waren jetzt wieder da, noch stärker als zuvor. Vielleicht war es aber auch nur ein Nebeneffekt des Streifschusses. Ihm wurde übel.

»Obi-Wan! Nach links!«

»Vorsicht!«, krächzte er, als er in die Richtung stolperte, von der er hoffte, dass es links war. »Betäubungsladungen. Sie wollen uns lebend.«

»Ich weiß!«, rief Anakin und rannte an ihm vorbei auf die Droiden zu.

Einen Moment dachte Obi-Wan, dass er vielleicht schon bewusstlos war und nur einen wilden Traum hatte, denn Anakin warf sein Lichtschwert, und es flog wirbelnd in die Gruppe der Feinde. Durch die Macht kontrollierte der junge Jedi Geschwindigkeit und Flugbahn der Waffe, sodass sie funkensprühende Ernte unter den Droiden hielt und die meisten von ihnen zu Schrott zerhackte.

Obi-Wan wankte wie ein Betrunkener im verruchtesten Nachtclub von Coruscant, als er zusah, wie Anakin auch die letzten Feinde vernichtete. Wäre ihm nicht so übel gewesen, hätte er vermutlich gelacht oder seinen ehemaligen Schüler gelobt.

Guter Junge... Du hast es diesen Barven gezeigt.

Mit arroganter Mühelosigkeit ließ der junge Skywalker das Lichtschwert zurück in seine Hand fliegen, dann nickte er mit grimmiger Befriedigung zu dem Haufen zerstörter Droiden hinüber und drehte sich um. »Ist mit Euch alles in Ordnung?«

Er konnte nicht antworten. Nicht nur, weil er noch immer von den Nachwehen des Betäubungsschusses zitterte, sondern auch, weil...

»He!«, rief Anakin mit Nachdruck. »Obi-Wan, es ist nicht Euer Fehler. Die Droiden wurden nicht aus Lantibba hierherteleportiert. Sie müssen schon seit Stunden unterwegs gewesen sein. Vermutlich wurden sie losgeschickt, während wir durch den Sturm hier festgenagelt wurden. Wir wären ihnen unmöglich entkommen. Das wisst Ihr doch, oder?«

Langsam ließ die Übelkeit nach. Nun, da er wieder ein wenig gerader stehen konnte, deaktivierte er sein Lichtschwert. »Vielleicht, aber für die Leute hier ist das wohl kaum ein Trost. Sie haben uns bei sich aufgenommen - und nun sieh dir an, was ihre Gastfreundschaft ihnen gebracht hat.«

Anakin starrte die Straße entlang, die aus dem Dorf hinausführte. Auf der anderen Seite des Sturmschildes standen, leicht verzerrt durch die Wand aus blauem Plasma, zahlreiche Kampfdroiden und Moskitos. Stirnrunzelnd ließ Anakin einen Blaster aus der Hand eines zerfetzten Droiden in seine Hand schweben, dann schaltete er wieder um auf tödliche Energie, zielte auf den Schild und drückte den Abzug. Der Strahl prallte gegen den Schutzschirm und verpuffte. Das Plasma waberte kurz, blieb aber stabil.

»Gut«, brummte Anakin und ließ den Blaster auf den Boden fallen.

»Eine Frage wäre also schon mal beantwortet.«

Obi-Wan rieb sich die Schläfen und kämpfte gegen den betäubenden Schmerz an. »Das war ein einzelner Blasterschuss«, sagte er. »Was, wenn sie einhundert Schüsse abgeben? Oder eintausend? Das ist ein Sturmschild, kein Belagerungsschirm.«

Anakin zuckte mit den Schultern. »Im Moment vielleicht nicht. Aber falls Ihr mir ein paar Stunden gebt...«

»Ist das dein Ernst? Anakin, willst du wirklich sagen, du kannst einen Theta-Schild in einen Belagerungsschirm umwandeln?«

Ein erneutes Schulterzucken. »Ich kann es versuchen.«

Mit schwerem Herzen blickte Obi-Wan zu den Leichen der Männer und Frauen hinüber, die dem Angriff der Droiden zum Opfer gefallen waren - es tut mir leid, so entsetzlich leid -, dann ruckte sein Kopf wieder zu Durds Armee herum.

»Und ich bin mir sicher, dass es dir sogar gelingen würde, Anakin«, murmelte er. »Die Frage ist aber nicht, ob du es tun kannst... sondern, ob du es tun solltest.«

 

 

 


 

Dreizehn

»Aufgeben?« Erschöpft und schmutzig stand Rikkard da. »Ist das euer Ernst? Ihr wollt euch diesen Droiden ausliefern?«

»Von wollen kann keine Rede sein.« Obi-Wan schüttelte den Kopf. »Aber euer Dorf kann einer längeren Belagerung nicht standhalten, Teeb. Ihr habt nicht genügend Vorräte, und es gibt keine Garantie, dass der Sturmschild mehrere Tage oder vielleicht sogar Wochen halten wird. Davon abgesehen habt ihr jetzt schon neun Tote und siebzehn Verwundete. Wenn ihr uns beschützt, werden noch mehr Leute sterben, und das können Anakin und ich nicht von euch verlangen.«

»Glaubst du wirklich, dass es Wochen dauern könnte, bis die Republik kommt, um euch zu helfen?«, fragte Teeba Jaklin mit einem Stirnrunzeln.

»Nein, es wird nicht Wochen dauern«, sagte Anakin, »Die Flotte sollte in...«

Obi-Wan unterbrach ihn mit einem tadelnden Blick. »Das Problem ist: Wir können nicht versprechen, dass wirklich Hilfe unterwegs ist. Darum sollten wir, denke ich, davon ausgehen, dass wir auf uns allein gestellt bleiben.«

»Oh«, machte Teeba Jaklin mit zitternder Stimme, dann legte sie die Finger auf die Lippen. Verwirrung und Sorge erfüllten sie. Rikkard, obwohl nicht weniger aufgewühlt, legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter.

Sie standen auf der Stufe am Eingang des Bürgerhauses, und als er die Furcht der Dorfführer in der Macht spürte, wandte Anakin, von Obi-Wans mahnender Präsenz zurückgehalten, den Kopf ab und blickte über den großen Platz. Beinahe eine halbe Stunde war seit dem Angriff der Droiden vergangen, und die Leute von Torbel standen noch immer unter Schock, während sie um ihre Toten trauerten und die Verwundeten behandelten.

Eine Handvoll Dorfbewohner hatte sich Jaklins und Rikkards Befehl widersetzt und war zum Ende der Straße gegangen, um die Kampfdroiden auf der anderen Seite des Sturmschildes zu beobachten. Die herumsurrenden Moskitodroiden nicht mitgezählt, hatten sich dort draußen ungefähr dreihundert schwer bewaffnete Killermaschinen versammelt. Es erschien Anakin wie ein Wunder, dass während der letzten zehn Minuten keine von ihnen mehr auf den Schutzschirm geschossen hatte. Vielleicht warteten sie ja auf neue Instruktionen - den meisten Droiden mangelte es an Initiative. Nun, zumindest war der Schild lange genug deaktiviert gewesen, damit der Qualm abziehen konnte, sie mussten also nicht länger giftigen Rauch atmen. Doch davon abgesehen...

Wann immer wir glauben, dass wir unmöglich in noch größere Schwierigkeiten geraten können, beweist uns die Galaxis das Gegenteil. Aber Obi-Wan kann nicht ernst meinen, dass eine Kapitulation unsere beste Chance ist.

Doch ein Blick in das beherrschte, emotionslose Gesicht seines ehemaligen Meisters zeigte ihm, dass es Kenobi sehr wohl ernst damit war.

Das bedeutet wohl, dass wir noch ein Problem mehr haben.

»Seid ihr sicher, dass ihr das Kom nicht mehr reparieren könnt?«, fragte Teeba Jaklin schließlich. »Falls wir herausfinden könnten, ob wirklich Hilfe unterwegs ist...«

»Es tut mir leid«, murmelte Anakin. »Das zentrale Leitungsrelais ist völlig durchgebrannt. Wir haben weder einen Ersatz noch die Teile, die nötig wären, um einen zu bauen.«

Ihr anklagender Blick brannte in seinem Gesicht. »Aber du hast doch sonst alles repariert! Devi sagt, du bist ein Genie. Du musst das Kom wieder hinkriegen. Es ist unsere einzige Verbindung mit dem Rest von Lanteeb.«

»Es tut mir leid«, wiederholte er hilflos. Er wusste nicht, was er sonst sagen sollte.

Rikkard rüttelte sanft an Jaklins Schulter. »Sei nicht böse auf den Jungen. Er hat sein Bestes getan. Das haben sie beide.«

»Ihr Bestes getan?« Ungläubig fegte sie seine Hand fort. »Rikkard, sie haben das doch alles erst heraufbeschworen! Ohne sie müssten jetzt keine Kinder um ihre Väter und Mütter trauern. Sufi müsste nicht Decken auf den Boden legen, um all die Verwundeten im Heilhaus unterzubringen. Und Brandeh... die arme Brandeh...« Ihre Stimme kippte. »Sie wäre jetzt noch am Leben.«

»Ich weiß, es ist schrecklich, Jaklin, aber sei nicht ungerecht!«, entgegnete Rikkard. »Dass hier überhaupt noch jemand lebt, verdanken wir allein diesen beiden. Wegen ihnen bin ich noch immer ein Vater. Und du willst sie den Droiden vorwerfen wie ein Stück rohes Fleisch für die Spikawölfe? Schäm dich, Teeba. Ich hätte mehr von dir erwartet.«

Unter dem Schmutz und Schweiß, der auf ihrem Gesicht getrocknet war, erblasste Jaklin sichtlich. »Ja, sie haben uns geholfen, Teeb Rikkard - aber nur, um sich selbst zu helfen. Das ist nicht ehrenhaft, es ist pragmatisch. Außerdem hast du den

Jedi genauso deutlich gehört wie ich. Der Sturmschild wird nicht halten. Nicht gegen den Beschuss einer Droidenarmee.«

Anakin öffnete den Mund, um das infrage zu stellen, doch Obi-Wan stieß ihm den Ellbogen in die Seite. Frustriert blickte er zu seinem früheren Meister hinüber.

Obi-Wan, wir machen einen Fehler, glaubt mir.

Doch Obi-Wan hatte, von Schuldgefühlen geplagt, seine Entscheidung getroffen, und er weigerte sich, sie noch einmal zu überdenken oder Anakins mentalen Einwand auch nur zur Kenntnis zu nehmen.

»Was wird geschehen, wenn ihr euch den Droiden ergebt?«, wollte Rikkard wissen. »Werden sie euch töten?«

»Nein«, entgegnete Kenobi. »Sie wollen uns lebend. Man wird uns nach Lantibba bringen und uns der von den Separatisten kontrollierten Regierung übergeben - oder direkt Lok Durd. Er hat schon einmal versucht, uns gefangen zu nehmen.«

»Aber dann wird man euch töten, oder?«

»Möglich«, gestand Obi-Wan nach einem kurzen Moment. »Vielleicht setzen sie uns auch als Pfand ein, um Zugeständnisse von der Republik zu erpressen.«

Rikkard dachte über die Worte des Jedi nach. »Würden sie euch foltern, um an Informationen zu kommen?«

»Sie könnten es versuchen«, meinte Anakin. »Aber sie würden damit keinen Erfolg haben.«

»Ich weiß nicht...« Rikkard straffte die Schultern. »Falls ihr mit ihnen geht - könntet ihr dann auf dem Weg nach Lantibba fliehen? Ich meine, ihr seid Jedi. Ihr seid zu Dingen in der Lage, die wir uns nicht mal vorstellen können.«

»Das wäre natürlich unser Ziel«, erklärte Obi-Wan zurückhaltend. »Aber da wir ihnen schon einmal entkommen sind, bezweifle ich, dass sie diesmal irgendein Risiko eingehen.«

»Aber ... ihr seid Jedi«, wiederholte Rikkard ungläubig. Als würde sie das unbesiegbar machen.

»Normalerweise wäre das auch unser größter Trumpf«, meinte Obi-Wan mit einem schmalen Lächeln. »Aber Count Dooku, der Anführer der Separatisten, war selbst einmal ein Jedi. Er kennt unsere Fähigkeiten, und er weiß, welche Tricks er anwenden muss, um uns unter Kontrolle zu halten.«

Teeba Jaklin schnaubte. »Wisst ihr, wie das für mich klingt? Als wolltet ihr uns überreden, den Schild doch nicht herunterzufahren. Das ist nicht sehr mannhaft. Wenn ihr möchtet, dass wir euch Schutz gewähren, dann sagt es geradeheraus.«

»Jaklin«, grollte Rikkard, »du kannst doch nicht...«

»Was, Rikkard?«, keifte sie. »Was kann ich nicht? Ich werde es dir sagen: Ich kann nicht einfach nur dastehen und zusehen, wie diese Jedi unser aller Schicksal besiegeln.«

»Aber das ist nicht allein deine Entscheidung«, brummte Rikkard gekränkt. »Ich habe da auch noch ein Wörtchen mitzureden.«

Sie blickte ihn an, als wollte sie ihn packen und schütteln, oder ihn ohrfeigen - oder weinen. »Verstehst du es denn nicht? Ich habe sie ins Dorf gelassen. Ich habe sie in meinem Haus schlafen lassen. Es ist mein Fehler, dass so viele tot und verletzt sind und dass wir jetzt ohne jede Hoffnung auf Flucht unter diesem Schild festsitzen.« Sie schlug sich mit der schmutzigen Faust gegen die Brust. »All das Blut, das hier vergossen wurde, klebt an meinen Händen.«

Rikkard nahm sie in den Arm. Trotz ihrer Verzweiflung, ihrer Furcht und ihrer offensichtlichen Differenzen verband eine große Zuneigung diese beiden Menschen. Rikkard litt ebenso unter Jaklins Schmerzen wie unter seinen eigenen.

»Ich sage es noch einmal, und diesmal wirst du mir zuhören müssen«, erklärte er. »Mit ihrer Hilfe haben wir schon einen Sturm überlebt. Und mit ihrer Hilfe werden wir auch diesen Sturm überleben, den sie, ohne es zu wollen, über uns gebracht haben.«

Sie wand sich aus seiner Umarmung heraus und blickte Obi-Wan aus brennenden Augen an. »Was würde mit uns geschehen, wenn ihr euch den Droiden ergebt? Würden sie Torbel in Ruhe lassen, oder würden sie uns dafür bestrafen, dass wir euch aufgenommen haben? Wenn wir ihnen sagen, wir hatten keine Ahnung, dass ihr Jedi seid, würden sie uns dann glauben?«

»Sie sind Droiden, Teeba Jaklin«, sagte Anakin, bevor Obi-Wan Gelegenheit zu einer Antwort hatte. »Menschen zu glauben gehört nicht zu den wichtigsten Direktiven ihrer Programmierung.«

»Dann ist es also egal, wie wir uns entscheiden? Unser Schicksal ist bereits besiegelt. Wir werden bestraft, weil wir euch geholfen haben.« Jaklin unterdrückte eine neue Woge der Verzweiflung und blickte hinüber zu der Gruppe verängstigter Kinder, die sich auf dem Platz zusammengedrängt hatten. »Das ist nicht gerecht!«

»Ich weiß«, murmelte Anakin. Er musste kämpfen, um ihren Schmerz nicht zu nahe an sich heranzulassen. »Teeba, es tut mir leid.«

»Ihr dürft nicht die Hoffnung aufgeben«, warf Obi-Wan ein. »Vergesst nicht, sie brauchen das Damotit aus Torbel.«

»Aber brauchen sie uns, um es abzubauen?«, stellte Jaklin die Gegenfrage. Noch immer ruhte ihr Blick auf den Kindern. »Sie könnten uns töten und Arbeiter aus den anderen Dörfern herschicken.«

»Das könnten sie«, räumte Obi-Wan widerwillig ein. »Aber es würde ihren Zeitplan durcheinanderbringen, und das ist das Letzte, was die Separatisten wollen. Es würde eine Weile dauern, neue Arbeiter herzubringen und einzuweisen. Die Separatisten können sich keine Verzögerung leisten.«

Seufzend fuhr Rikkard sich mit der Hand über den vernarbten Schädel. »Könnt ihr mir garantieren, dass die Droiden nicht einfach das Feuer eröffnen und jeden Nichtjedi in Torbel über den Haufen schießen, wenn wir den Schild deaktivieren?«

»Garantieren kann ich das nicht«, sagte Obi-Wan gepresst. »Aber wir würden alles tun, um das zu verhindern.«

»Angenommen, wir liefern euch aus, ohne alle umgebracht zu werden, könnt ihr dann wenigstens garantieren, dass man euch nicht hinrichten wird?«

Eine lange Pause, dann ein Kopfschütteln. »Nein, Rikkard. Auch das kann ich nicht garantieren. Aber...«

»Einen Moment. Beantworte mir diese Frage.« Rikkards Augen waren hart wie Stahl. »Was willst du?«

Überrascht blickte Obi-Wan ihn an. »Was ich ...? Nun, Rikkard, ich will, dass eure Leute sicher sind. Und ich will Lok Durd aufhalten, bevor er seine Biowaffe einsetzen kann.«

»Und am Leben bleiben möchtest du vermutlich auch«, brummte Jaklin. »Du...«

Rikkard legte ihr die Hand auf den Arm, und sie klappte den Mund wieder zu. »Was, wenn du nicht alles erreichen kannst? Wenn du dich für eines entscheiden musst?«, bohrte er nach. »Wen würdest du retten, Teeb Kenobi? Dich und Anakin? Uns? Oder den Rest der Galaxis?«

Obi-Wan antwortete nicht.

Der Vorarbeiter der Mine drehte den Kopf. »Und du, Anakin? Was willst du?«

Skywalker blickte zu Boden. Er wusste, welche Antwort Obi-Wan von ihm erwartete.

Aber das ist nicht die Antwort, die ich geben möchte, Obi-Wan. Ich finde, wir sollten uns erst dann den Droiden ergeben, wenn alles andere gescheitert ist.

»Rikkard, ich kann euren Sturmschild modifizieren«, erklärte er mit leiser, ruhiger Stimme. Obi-Wans Verärgerung ignorierte er geflissentlich. »Ich kann ihn verstärken und die Impulsfrequenz so anpassen, dass die Waffen der Droiden ihn nicht durchschlagen. Dann können wir sie so lange auf Abstand halten, bis Hilfe eintrifft - falls ihr ausreichende Energievorräte für die Generatoren habt.«

Rikkard rieb sich erneut den mit Narben übersäten Kopf. »Kommt darauf an, was du mit ausreichend meinst«, sagte er gedehnt. »Wir haben ein wenig flüssiges Damotit gelagert.«

»Wie viel?«

»Genug für einen Monat. Größere Mengen können wir nicht lagern. Zu gefährlich.«

Verdammt. Wenn die Schilde bei voller Leistung ohne Unterlass aktiv waren, würden diese Vorräte nur ein paar Tage reichen. »Könntet ihr mehr davon herstellen, falls es nötig wäre?«

»Nein«, sagte Jaklin, und die Furcht ließ ihre Stimme verbittert klingen. »Es sei denn, du könntest mit einer deiner Handbewegungen die Raffinerie wieder aufbauen. Kannst du das, Jedi?«

»Ich wünschte, ich könnte es.« Anakin ließ zischend den Atem entweichen. »Du möchtest wissen, was ich will, Rikkard? Ich will mich nur im äußersten Notfall ergeben. Ich bin überzeugt, dass unsere Nachricht den Tempel erreicht hat und Hilfe unterwegs ist. Wenn wir vorsichtig sind, können wir hier ausharren, bis sie eintrifft. Rikkard, ich will, dass wir alle überleben, und ich glaube, dass wir es schaffen können.«

Rikkard musterte ihn mehrere Sekunden schweigend, während Hoffnung und Zweifel in seinen von Sorgen verdunkelten Augen miteinander rangen. »Aber wissen tust du es nicht.«

»Nein«, sagte Obi-Wan. »Er weiß es nicht.«

Die eisige Kälte unter seiner distanzierten Höflichkeit ließ Anakin schaudern.

Oh, oh. Jetzt stecke ich in Schwierigkeiten.

»Rikkard, falls ich mich irre, können wir uns noch immer ergeben«, erklärte er, ohne Kenobi anzusehen. »Falls unsere Reserven aufgebraucht sind und noch immer keine Hilfe eingetroffen ist, werden wir es so aussehen lassen, als hätten wir euch als Geiseln genommen, und als hättet ihr euch befreit und uns überwältigt. Bitte ... ich weiß, es ist gefährlich, aber ich denke, es ist unsere beste Chance.«

Teeba Jaklin blickte zu Obi-Wan hinüber. »Du bist nicht seiner Meinung?«

»Oh, ich stimme ihm zu: Es ist gefährlich«, brummte Obi-Wan. Er versuchte nicht einmal, seine Wut zu verbergen.

»Aber stimmt das, was er sagt? Kann er den Sturmschild wirklich verstärken?«

So wütend er auch sein mochte, Obi-Wan war stets gerecht. »Ja, das kann er.«

Jaklins Augen wurden schmal. »Hast du Angst, Jedi?«

Ihr feindseliger Ton ließ Kenobi blinzeln. »Teeba, Jedi lernen, dass Angst gefährlich ist. Sie kann uns auf den Pfad der Dunkelheit führen und Dinge heraufbeschwören, die wir weder uns noch anderen wünschen.«

»Aber du bist doch ein Mensch«, hakte sie nach. »Du hast ein Herz, oder? Du hast Gefühle.«

Als er den verschlossenen Ausdruck auf dem Gesicht seines früheren Meisters sah, biss Anakin sich auf die Lippe.

Kommt schon, Obi-Wan. Öffnet Euch ein wenig. Sie muss wissen, dass Ihr mehr als nur ein mysteriöser Jedi seid, dass Ihr wisst, wie es sich anfühlt, wenn man allein und verängstigt ist. Sie wird ihre Leute nicht bitten, ihr Leben für uns zu riskieren, wenn sie glaubt, wir wären nicht besser als die Droiden da draußen.

»Ich weiß, was du von mir hören möchtest, Teeba«, meinte Obi-Wan schließlich. »Ich kenne deine Beweggründe. Aber ich kann nicht vorgeben, etwas zu sein, das ich nicht bin, nur um deine Zweifel zu vertreiben. Das wäre unverzeihlich. Ich verstehe deine Furcht, und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um dafür zu sorgen, dass deine Ängste sich nicht erfüllen.«

»Na also, Jaklin«, meinte Rikkard. »Mehr kann man von einem Mann nicht verlangen.«

Ihrer Miene nach zu urteilen sah sie das anders, aber Rikkards durchdringender Blick hielt sie von weiteren Fragen ab. »Unser armes Dorf«, flüsterte sie nur. »Wird dieses Leiden denn nie enden?«

»Doch, das wird es«, erklärte Rikkard mit unsteter Stimme. »Es muss ganz einfach. Nichts Schlechtes dauert ewig.«

Anakin spürte einen schmerzhaften Stich unter seinen Rippen.

Nein, es fühlt sich nur so an.

Rikkard und Jaklin blickten einander an, vertieft in eine persönliche, wortlose Unterhaltung.

Obi-Wans Unwille loderte hell in der Macht, aber Anakin versuchte, sich auf den Plasmaschild über ihren Köpfen zu konzentrieren. Er war so aufgebaut, dass Sauerstoff die Schutzschicht durchdringen konnte. War es möglich, dass die Droiden sie von dieser osmotischen Luftversorgung abschneiden konnten? Was, wenn sie den Schild von außen versiegelten, bis Torbel erstickte oder sich ergab?

Auf diese Idee müssten sie aber erst mal kommen. Droiden sind nicht gerade die größten Denker.

Also gut, was könnte sonst noch geschehen?

Abgesehen davon, dass uns das Flüssigdamotit ausgeht, es zu einer zweiten Überladung im Kraftwerk kommt, weitere Generatoren den Geist aufgeben, wir alle Vorräte aufbrauchen oder unsere Nachricht doch nicht auf Coruscant angekommen ist... Was, wenn die Hilfe zu spät kommt? Was, wenn überhaupt keine Hilfe kommt?

Es wurde allmählich ermüdend, immer neue Risiken und Gefahren zu entdecken.

Zum Glück brach in diesem Moment Jaklin ihr Schweigen. »Selbst wenn wir in dieser Angelegenheit einer Meinung wären - und das sind wir nicht -, ist das keine Entscheidung, die wir alleine treffen könnten.«

»Das stimmt«, nickte Obi-Wan. »Berufe eine Versammlung ein, Rikkard. Erkläre deinen Freunden und Nachbarn den Sachverhalt und lass sie dann entscheiden, was geschehen soll.«

»Und ihr werdet euch dieser Entscheidung beugen?«, fragte Jaklin streitlustig. »Ihr werdet keine Jedi-Gedankentricks einsetzen, damit wir tun, was ihr wollt?«

Obi-Wan zuckte unmerklich vor der Lanteebanerin zurück, aber Anakin fiel es natürlich trotzdem auf. Sie hatten so viel getan, um Torbel zu helfen, hatten sogar die Leben der Einwohner gerettet, aber dennoch war Jaklin voller Zorn. Dieser Zorn speiste sich aus Furcht, weil die Jedi große Gefahr über ihr Dorf gebracht hatten; aus Empörung, weil sie sich unter falschem Namen ihr Vertrauen erschlichen hatten; und aus Scham, weil sie auf diese Lüge hereingefallen war. Er konnte verstehen, warum sie so fühlte. Mehr noch, er konnte fühlen, warum sie so fühlte, ebenso wie Obi-Wan. Genau das machte es manchmal so schwer, ein Jedi zu sein.

 Langsam atmete Kenobi aus. »Natürlich nicht, Teeba. Wie immer ihr euch entscheidet, wir werden es akzeptieren. Wenn ihr mich jetzt entschuldigen würdet. Ich werde sehen, ob ich im Heilhaus helfen kann, während ihr und eure Leute euch beratet. Lasst mich rufen, wenn ihr einen Beschluss gefasst habt.« Er deutete eine Verbeugung an, drehte sich um und ging davon.

Anakin blickte ihm nach, und auch er seufzte nun, wusste er doch, dass  das  klärende  Gespräch   mit   seinem  ehemaligen  Lehrer  nur

verschoben, nicht aber aufgehoben war.

»Du hast ihn vor den Kopf gestoßen«, brummte Rikkard. »Er wollte, dass du dich seiner Meinung anschließt.«

Obi-Wan betrat das Heilhaus und schloss die Tür hinter sich. Mit einem Seitenblick auf Rikkard nickte Anakin. »Ich war viele Jahre lang sein Schüler. Er hat mich gelehrt, was es heißt, ein Jedi zu sein. Ja, er wollte, dass ich seine Meinung unterstütze.«

»Aber du hast es nicht getan«, meinte Jaklin barsch. »Manche würden das Respektlosigkeit nennen. Vielleicht sogar Arroganz. Du bist vielleicht groß und kennst dich mit Maschinen aus und beherrschst all diese Jedi-Tricks - aber du bist noch immer ein Kind. Wer bist du, dass du die Meinung eines Älteren ignorierst? Jeder Blinde kann sehen, dass er ein Mann mit großer Erfahrung ist.«

»Ja, das ist er in der Tat«, pflichtete Anakin ihr bei. »Er ist ein weiser Mann. Und vielleicht stellt sich ja heraus, dass er recht hat, und ich unrecht, und dass wir uns den Droiden ergeben müssen. Aber dann haben wir zumindest alles andere versucht.«

Rikkard fuhr sich mit der Hand über das vernarbte Gesicht. »Er versucht, uns zu schützen.«

»Ich weiß.« Genau da liegt ja das Problem. »Aber das tue ich auch.«

»Anakin ...« Der Vorarbeiter blickte ihn an, als könnte er in ihn hineinsehen, eine verborgene, unausgesprochene Wahrheit in seinem Innersten erkennen. »Hast du Angst?«

»Ja«, meinte er nur. »Ich habe Angst, dass noch mehr Leute verletzt oder getötet werden, weil wir hierhergekommen sind. Ich habe Angst, dass, während wir hier unter dem Schild festsitzen, irgendetwas geschieht, das ich nicht mehr ändern kann. Ich habe Angst, dass meine Freundschaft zu Obi-Wan Schaden genommen hat, weil ich ihm widersprach.« Und ich habe Angst, dass ich auf diesem schrecklichen Planeten sterben und Padmè nie wiedersehen könnte. »Ich bin ein Mensch, Rikkard. Ich weiß, was Angst ist. Aber ich lasse mich nicht von ihr beherrschen.«

Ein Teil der Anspannung wich aus Rikkards müden Augen. »Ich weiß deine Ehrlichkeit zu schätzen, junger Teeb. Wenn man nicht ehrlich miteinander ist, wird man nicht überleben. Das lehrt einen das Leben in den Minen. Ich weiß nicht, was dein Leben dich gelehrt hat, aber manche Dinge ändern sich nie. Du und Arrad, ihr seid im selben Alter. Ich weiß, wie du dich fühlst - und wie er sich fühlt.« Er nickte in Richtung des Heilhauses. »Diskutiert das aus, findet einen gemeinsamen Nenner und bleibt dabei. Du und er, ihr braucht einander. Und Torbel braucht euch beide, Schulter an Schulter, wenn wir das überleben wollen.«

»Rikkard hat recht«, meinte Teeba Jaklin mit rauer Stimme. »Also, kannst du diese Streitigkeiten mit deinem Freund aus der Welt schaffen, damit die Bewohner nicht mit ihrem Blut für euren Eigensinn zahlen müssen?«

»Ja«, sagte er, und er hoffte, dass er es wirklich konnte.

Jaklin rümpfte die Nase. »Dann kümmere dich besser mal darum, während Rikkard und ich die Versammlung einberufen.«

Teeba Sufi bemühte sich gerade, einen Platz für die letzten Verwundeten zu finden, als Anakin das Heilhaus betrat. Der kleine Hauptraum des Gebäudes war völlig überfüllt mit Patienten, von denen die meisten schliefen oder bewusstlos waren. Anakin blickte sich entsetzt um. Seine heilerischen Fähigkeiten waren äußerst bescheiden, doch selbst er konnte den Chor der Schmerzen in der Macht hören. Die Verwundeten atmeten langsam und schwer oder stoßartig und keuchend. Der Geruch von altem Blut und frischen Bandagen lag schwer in der Luft, und der junge Jedi fühlte sich auf unangenehme Weise an das Feldlazarett nach der Schlacht von Kothlis erinnert. Seit dem Ausbruch des Krieges hatte er das Gefühl, überall, wo er hinsah, nur Schmerzen und Verlust und Schrecken vorzufinden. Der grausame Unterschied war, dass die Verletzten in den Lazaretten, ob nun Zivilisten oder Klonsoldaten der Republik, mit modernster medizinischer Ausrüstung versorgt wurden.

Und was haben diese armen Leute hier? Verbände, Salben, drittklassige Schmerztabletten und einen todmüden Obi-Wan, der nicht weiß, was er tun soll.

Kenobi hatte nicht aufgeblickt, als sich die Tür des Heilhauses geöffnet hatte, und er ignorierte Anakin auch weiterhin. Als wäre er überhaupt nicht da.

Oje.

Der junge Skywalker spürte, dass er der Verzweiflung gefährlich nahe war, und er zählte hastig die Verwundeten, um sich von diesen düsteren Gedanken abzulenken. Es gab dreiundzwanzig Patienten - ein paar waren Opfer der Raffinerie-Explosion, die meisten hatten ihre Wunden aber beim Angriff der Droiden davongetragen. Oh, und Bohle war auch noch da - die Mutter des kleinen Mädchens, deren Leben Obi-Wan gerettet hatte. Das Mädchen selbst - Greti - konnte Anakin nirgends sehen. Sie war ein merkwürdiges Kind, stark in der Macht, aber durch das Leben in Torbel ihres Potenzials beraubt. Eine Schande. Obi-Wan sollte dafür sorgen, dass sie sich vom Heilhaus fernhielt. Dies war wohl kaum der richtige Ort für ein junges Mädchen. Greti war nicht Ahsoka.

Kenobi saß auf einem Hocker neben einer mit zwei Patienten belegten Pritsche und hielt die Hand einer Frau, die von Durds Moskitodroiden getroffen worden war. Er tat sein Bestes, um ihr Stärke zu schenken, auf dass sie ihre Schmerzen überwinden könnte. Anakin spürte seine Anstrengungen deutlich in der Macht. Was die medizinische Situation anbelangte, war Torbel praktisch in der Steinzeit stehen geblieben. Wunden, die ein Medidroide in Minutenschnelle heilen konnte, führten hier nicht selten zum Tod durch Schock oder Schmerz.

Sogar Mutter und ich und die anderen Sklaven auf Tatooine wurden besser versorgt, auch wenn das natürlich nur daran lag dass die Hutts ihre Investitionen schützen wollten. Diese Leute hier sind niemandes Investition. Niemand schert sich um sie, außer ihnen selbst - und mir. Und Obi-Wan.

Trotz seiner Frustration und seiner Sorge, dass Kenobi ihn vielleicht nie als Gleichberechtigten akzeptieren würde, ganz egal, was er tat oder wie viele Schlachten er gewann, war er doch gerührt von dem Mitgefühl, das er in ihm spürte.

Warum vergesse ich nur immer wieder, dass er als Jedi erzogen wurde? Er wird nie verstehen, wie es ist, heftige Emotionen zu empfinden, ohne deswegen Schuldgefühle zu haben. Die Dinge, worauf ich mich als Kind zu verlassen lernte - ihm wurde beigebracht, sie zu unterdrücken oder zu leugnen. Das muss ich im Kopf behalten.

Teeba Sufi wandte sich von ihrem Patienten ab und blickte Anakin stirnrunzelnd an. »Bist du verletzt, junger Jedi?«

»Nein, Teeba. Aber du sollst zum Dorfplatz kommen. Es gibt eine Bürgerversammlung.«

»Soll das ein Witz sein?«, fragte sie und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Ich kann diese Leute nicht...«

»Du solltest gehen«, sagte Obi-Wan leise. »Ich kümmere mich um die Verwundeten.«

»Na gut«, brummte sie widerwillig. »Aber ich werde mich beeilen. In ein paar Minuten bin ich wieder da, also mach keine Dummheiten, Obi-Wan. Und wenn du schon dabei bist, gib deinem Freund etwas Medizin. Er hat das grüne Fieber, auch wenn er es vermutlich nicht zugeben würde.«

Als die Tür sich hinter ihr schloss, löste Kenobi sich aus seiner Heiltrance. Er ließ die Hand der Frau los und blickte auf. »Falls du nur gekommen bist, um dich zu entschuldigen, damit ich mich wieder beruhige, dann lass es.«

Tief einatmen, tief einatmen. »Ich bin nicht deswegen hier.«

»Unsere Gegenwart in Torbel stellt eine klare Bedrohung für das Leben dieser Leute dar, Anakin.«

»Ich weiß, und es gefällt mir ebenso wenig wie Euch«, erklärte er.

»Aber selbst wenn wir einmal davon absehen, dass die Leute hier vermutlich abgeschlachtet werden, sobald wir den Schild deaktivieren: Indem wir die Droiden ein paar Tage zurückhalten, geben wir der Republik genügend Zeit, einen Kampfverband hierherzuschicken. Uns Durd zu ergeben wäre das Schlimmste, was wir tun könnten. Er würde uns als Pfand benutzen, um die Republik zu erpressen.«

Obi-Wan strich der schlafenden Frau das Haar aus der Stirn und erhob sich. »Das ist deine Meinung.«

»Genau. Ich habe eine eigene Meinung, Obi-Wan. Und hin und wieder deckt sie sich eben nicht mit Euren Ansichten.«

»Ja, Anakin.« Kenobi warf ihm einen Blick zu, bei dem er früher in sich zusammengesunken wäre. »Das hast du mehr als deutlich gemacht.«

So viel dazu, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Noch war die Kluft zwischen ihnen nicht unüberbrückbar, aber wenn Obi-Wan so weitermachte, würden sie bald auf den gegenüberliegenden Seiten einer tiefen Schlucht stehen. In einem mentalen Kraftakt verdrängte Anakin seine Emotionen.

»Was ist das grüne Fieber?«

»Eine Damotitvergiftung«, erklärte Obi-Wan, dann deutete er auf den Schrank, der neben dem Waschbecken an der rückwärtigen Wand des Raumes stand. »Im oberen rechten Fach steht eine Flasche mit Medizin. Trink einen halben Becher.«

Anakin befolgte die Anweisung, auch wenn er würgen musste, als die ätzende Flüssigkeit seinen Hals hinunterrann. Obi-Wan ging derweil zu Arrads Liege hinüber, ohne ihn noch eines weiteren Blickes zu würdigen, dann ging er neben Rikkards Sohn in die Knie und legte ihm die Hand auf die Stirn. Arrad wirkte friedlich - doch war es die Ruhe der Heilung oder die Kälte des nahen Todes, die ihn still liegen ließ? Obi-Wans Gesichtsausdruck gab keinen Aufschluss darüber. Er blickte ernst und konzentriert drein, während er seine Energie nach innen richtete.

Das bedeutet wohl, dass er diese Unterhaltung für beendet erklärt hat.

Das wiederum bedeutete, dass sie ihren gemeinsamen Nenner später finden mussten. Vielleicht war die ganze Angelegenheit in ein paar Stunden ohnehin schon irrelevant. Die Dorfbewohner könnten schließlich entscheiden, sie ihres Dorfes zu verweisen.

Ich würde gern wissen, ob er etwas in der Macht gespürt hat. Hatte er eine seiner üblen Vorahnungen? Kann er sehen, wohin dieser Wahnsinn führen wird?

Offensichtlich  mussten  diese  Fragen  aber noch warten. Er wusch

den Messbecher im Waschbecken des Heilhauses aus und stellte ihn dann zurück neben die Flasche in den Schrank. »Es tut mir leid, falls ich respektlos gewesen bin, Obi-Wan. Ich... ich musste aber für meine eigene Überzeugung einstehen.«

Kenobi hob den Kopf. Das Licht, das durch das Fenster fiel, ließ seine Haut kalkweiß erscheinen. »Das weiß ich, Anakin. Und ich weiß, dass du diese Leute retten willst. Aber Tatsache ist nun einmal, dass man nicht jeden retten kann.«

Skywalker schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht.«

»Das weiß ich auch.« Obi-Wan zog leicht die Augenbrauen zusammen. »Es ist deine größte Schwäche ... und deine größte Stärke.«

Plötzlich spürte Anakin Bedauern. Ich kann es nicht dabei belassen. Es geht einfach nicht. »Ich möchte nicht, dass Ihr wütend auf mich seid, Obi-Wan. Wir werden nicht überleben, wenn wir nicht...«

»Ich werde nicht wütend. Wut ist eine kontraproduktive Emotion.«

Ja, genau. »Dann seid Ihr eben enttäuscht«, sagte er, weil er keinen neuen Streit beginnen wollte. »Unzufrieden. Wie immer Ihr es nennen wollt.«

»Anakin.« Kenobi rieb sich die Schläfen. Seine Kopfschmerzen waren ein Regen heller, stechender Funken in der Macht. »Wie du schon sagtest, wir sind verschiedener Meinung. Jetzt liegt die Entscheidung aber nicht mehr bei uns. Warum gehst du also nicht los und fängst an, die Generatoren zu modifizieren, nur für den Fall? Ich komme nach und helfe dir, sobald ich hier fertig bin.«

Natürlich hatte er recht. Sie hatten beide Wichtigeres zu tun. Trotzdem ... »Ich bin wirklich davon überzeugt, dass unsere Nachricht durchgekommen ist, Obi-Wan. Ich glaube, Yoda wird Hilfe schicken.«

Kenobi nickte, ohne ihn anzusehen. »Hoffen wir's.«

Eine große Menge hatte sich auf dem Dorfplatz versammelt. Die Männer und Frauen von Torbel gestikulierten mit den Armen und riefen durcheinander, während sie hitzig diskutierten. Anakin blieb ein paar Sekunden vor dem Eingang des Heilhauses stehen und beobachtete, wie Rikkard und Jaklin zwischen den Dorfbewohnern hin und her gingen, beschwichtigend auf sie einredeten und ihnen zunickten - die ruhige Stimme der Vernunft -, dann machte er sich auf den Weg zum Kraftwerk. Die Emotionen der Leute begleiteten ihn als helles Glühen in der Macht. Wut und Angst, Unsicherheit und Ablehnung. Das waren die Menschen, die über sein und Obi-Wans Schicksal entscheiden mochten. Würden sie den beiden Jedi vertrauen, oder würden sie sie fortschicken, sodass Durd sie gefangen nehmen und früher oder später vermutlich auch töten konnte?

Sein Leben in der Hand von Fremden zu wissen war alles andere als angenehm, aber was ihm im Augenblick größeres Kopfzerbrechen bereitete, waren die Droiden auf der anderen Seite des Sturmschildes. Sie standen einfach nur da, hatten schon seit Stunden nicht mehr geschossen. Merkwürdigerweise beunruhigte ihn das mehr als eine anhaltende Laserkanonade.

Er war überrascht, als er Devi in der Kontrollstation des Kraftwerkes vorfand. Nach der langen Nacht und dem schrecklichen Morgen wirkte sie zerbrechlich und müde. Allein ihr behelfsmäßiges Antigrav-Geschirr hielt sie noch aufrecht.

»Ich dachte, du wärst draußen bei den anderen«, sagte er. »Um darüber zu entscheiden, was mit mir und Obi-Wan geschehen soll.«

Sie zuckte mit den Schultern und stützte ihren dürren, verkrümmten Körper mit einer Hand auf ein Überwachungspult. »Rikkard kennt meine Meinung.«

Ihr Geist war wie ein offenes Buch: Da war Furcht, Zorn und Dankbarkeit, alles in gleichen Maßen. Sie grinste, und er lächelte ebenfalls. »Danke, Devi. Ich wünschte, ich könnte euch versprechen, dass nichts Schlimmes geschieht, falls wir bleiben, aber...« Nun war es an ihm, die Schultern hochzuziehen. »Das kann ich leider nicht.«

»Irgendwo geschieht immer etwas Schlimmes«, meinte sie. »Und jetzt, wo Krieg herrscht, geschieht vermutlich überall etwas Schlimmes.«

Es fiel ihm schwer, diese grausame Wahrheit zu ertragen. »Ja.«

Mit einem Seufzen ließ Devi ihre Hand über die Reihen der Lichter und Schalter gleiten, die Zeugnis von der mitleiderregenden Lage in Torbel ablegten. »Die Leute sagen, es ist unwichtig, was in der Galaxis vor sich geht. Sie sagen, nichts davon geht uns auf Lanteeb etwas an. Würdest du mich hassen, wenn ich dir sage, dass ich früher selbst so gedacht und gesprochen habe?«

»Nein, natürlich nicht.«

»Denn das habe ich getan«, sagte sie mit leiser, beschämter Stimme. »Aber dann habe ich dich und Obi-Wan getroffen, und jetzt ist plötzlich alles so kompliziert.«

War es das? Wurde so die Geschichte verändert? Eine zufällige Begegnung... eine plötzlich Krise... zwei Männer zur rechten Zeit am falschen Ort, die ihrem Gewissen folgten und den Leuten eine andere Perspektive zeigten ...

Kann es wirklich so leicht sein, das Schicksal der Galaxis zu ändern?

»Nichts  ist  je  so  einfach,  wie  es  oberflächlich erscheint,  Devi«, meinte  er.  »Wenn ich  etwas  während  meiner  Zeit als Jedi gelernt

habe, dann das.«

»Anakin...« Sie zögerte. »Wie ist es, ein Jedi zu sein?«

»Wundervoll. Beängstigend. Überwältigend.«

»Bedrückend?«

Die Frage verwirrte ihn. »Warum sagst du das?«

»Ich weiß nicht. Es ist nur...« Sie wurde rot. »Manchmal fühle ich mich bedrückt, weil ich weiß, alle verlassen sich darauf, dass ich das Kraftwerk in Gang halte. Ich dachte, vielleicht wäre es bei dir ähnlich. Jeder in der Republik erwartet, dass du ihn rettest, oder etwa nicht?«

Ihr ebenso unbeholfenes wie unerwartetes Mitgefühl berührte ihn. »Mir geht es gut, Devi. Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen.« Er tippte auf einen Monitor. »Ich kenne ein paar Kniffe, um den Sturmschild zu verstärken, und ich würde mich gerne an die Arbeit machen, sofern du damit einverstanden bist.«

Sie lächelte wieder, müde, aber kämpferisch. »Klar. Kann ich helfen?«

Sie hatten beinahe eine Stunde in den Eingeweiden des Kraftwerkes verbracht und die Verteilung des flüssigen Daraotits neu reguliert, als Obi-Wan zu ihnen stieß. Anakin registrierte seine gewohnheitsmäßig unterdrückten Emotionen - Sorge, Schuldbewusstsein, Verunsicherung Entschlossenheit - und drehte sich zu ihm herum. Ein Blick in Kenobis Gesicht sagte mehr als tausend Worte. »Wir können bleiben?«

»Ja«, bestätigte Obi-Wan leise. »Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass die Dorfbewohner ihre Entscheidung nicht bereuen.«

»Das werden wir bestimmt nicht«, sagte Devi. »Wir ...« Plötzlich stockte ihr der Atem. »Oh nein.«

Die Droiden hatten wieder das Feuer eröffnet.

Anakin wandte sich zu ihr um. »Wir sind sicher, Devi, keine Sorge. Sie können hier nicht rein.«

»Noch nicht«, murmelte sie, aber dann richtete sie sich auf. »Also gut, machen wir uns wieder an die Arbeit.«

 

Nach einer Weile ignorierten sie das ununterbrochene, gnadenlose Surren, mit dem die Blasterstrahlen sich in den Sturmschild bohrten. Mehrere Stunden vergingen, bis sie alle Leitungen nach Kurzschlüssen abgesucht und sämtliche altersschwachen Elemente durch neue ersetzt hatten.

Als sie schließlich fertig waren, machte Obi-Wan sich auf, um wieder seinen selbst auferlegten Pflichten im Heilhaus nachzukommen, und Anakin wies Devi an, dass sie sich erst einmal ein wenig ausruhen sollte. »Wir können es uns nicht leisten, dass du zusammenklappst«, erklärte er, als sie Protest anmelden wollte. »Bitte, hör auf mich.«

Es war genau die Art gut gemeinter Bevormundung, die Padmè zur Weißglut brachte. Wäre sie hier, hätte sie jetzt trotzig die Arme verschränkt - aber Devi gab nach und nickte.

»Na schön, ich werde mich zwei Stunden hinlegen«, brummte sie. »Aber dann komme ich wieder.«

Anakin war froh, wieder ein wenig alleine zu sein. Er behielt ein Auge auf den Monitoren und machte sich an die mühsame Aufgabe, die verrosteten Einspritzventile von Sektion Gelb zu reinigen. Sie sahen aus, als hätten sie seit Monaten kein Ölbad mehr gesehen. Doch obwohl es eine wichtige Arbeit war, hätte er sie am liebsten unterbrochen, um in der Macht nach Padmè zu suchen. Er wollte wissen, ob mit ihr alles in Ordnung war, und das Einzige, was ihn zurückhielt, war das Wissen, dass Obi-Wan zu nahe war und es vielleicht bemerken könnte. Seine Sehnsucht nach ihr war wie ein schwarzes Loch in seiner Brust. Wenn er an sie dachte, fiel es ihm manchmal schwer zu atmen. Der Gedanke, dass sie allein in einer gefährlichen Galaxis zurückbleiben würde, falls er hier starb, machte ihm solche Angst, dass seine Finger um die schmutzigen Ventile zu zittern begannen. Er schloss die Augen und stellte sich ihr wunderschönes Gesicht vor, das herrliche Gefühl ihrer warmen Haut auf seiner eigenen.

Gib auf dich acht, Padmè. Halte dich von Schwierigkeiten fern.

Devi machte ihre Drohung wahr und kehrte fast genau zwei Stunden später wieder zurück. »Hast du es gemerkt? Sie haben das Feuer eingestellt, Anakin. Was für ein Glück. Jetzt solltest du dich ein wenig ausruhen - und etwas essen. Ich komme schon ohne dich klar.«

Er setzte ein müdes Lächeln auf. »Na gut, Teeba.«

Draußen strich die Nachtluft über sein Gesicht. Sie war dünn und kühl und erinnerte ihn an Tatooine nach Sonnenuntergang. Er sah zu den fernen Sternen hinauf, die in diesem Teil der Galaxis weit über den Himmel verstreut waren, aber dann wanderte sein Blick hinüber zum Großaufgebot der Kampfdroiden, die jenseits des Sturmschildes Stellung bezogen hatten, und Wut loderte in ihm auf. War ihnen die Munition ausgegangen? Oder glaubten sie, ihre Präsenz alleine würde die Einwohner von Torbel so verängstigen, dass sie die Waffen streckten? Er machte ein paar Schritte auf den Plasmaschild zu und hob die Faust.

Ob ich wohl...

»Tu es nicht.« Obi-Wan tauchte aus den Schatten auf. »Nicht einmal du kannst eine  ganze  Armee  zerstören.  Wir  sollten sie  gar

nicht erst provozieren.«

Er erkannte, wie leichtsinnig er gewesen war, und ließ die Arme wieder sinken. »Ich weiß. Ich wünschte nur...«

»Ich auch«, meinte Kenobi mit einem Lächeln. »Obi-Wan...«

Noch ein Lächeln. »Ist schon gut, Anakin. Vergeben und vergessen. Jetzt komm und iss etwas. Und danach solltest du dich hinlegen.«

Sie wandten den Droiden den Rücken zu und gingen davon.

 

 

 

 

 

Vierzehn

Bail steckte gerade in einer Sitzung des Finanzunterausschusses, als die Nachricht sich wie ein Lauffeuer im HoloNet ausbreitete.

Anschlag auf Chandrila: Biologische Waffe verwüstet Hanna.

Das komplexe Uhrwerk des Senats kam zu einem abrupten Stillstand. Senatoren, ihre Assistenten, ihr ganzer Stab und die Assistenten ihres Stabes erstarrten ob der Brutalität des unerwarteten Angriffs. Wie betäubt versammelten sie sich vor den gewaltigen Bildschirmen und Holoprojektionen des Senatsgebäudes und beobachteten die Szenen unglaublichen Leids, die die HoloNet-Droidenkameras aufzeichneten und per Kompaktstrahl überall in die Republik übertrugen.

Bail empfand nichts als tiefe, eisige Trauer, als er zwischen seinen Kollegen in einem der offenen Versammlungsbereiche in der Nähe seines Büros stand und sich die Bilder ansah, im Vergleich zu denen die Kriegsberichterstattung wie ein fröhlicher Kinderfilm wirkte. Obwohl er die Wirkung der Biowaffe in Nahaufnahme sah, konnte er nicht verstehen, wie diese monströse Entwicklung der Separatisten funktionierte. Wesen mindestens sieben verschiedener Spezies waren auf den Straßen von Hanna zu blutigem Schleim und klumpigem Schaum zusammengeschmolzen. Minala, die neben Bail stand, begann zu weinen.

Ohne an die senatorischen Benimmregeln zu denken, legte er einen Arm um die Schulter seiner persönlichen Assistentin. In all den Jahren, seit er sie kannte, während all der Krisen, die sie gemeinsam durchgestanden hatten, war sie nicht einmal in Tränen ausgebrochen. Doch dieser Angriff war zu viel.

Noch während sie so dastanden, piepte sein Komlink, und als er es aktivierte, erklang die selbstherrliche Stimme von Mas Amedda. Der Senatssprecher wies ihn an, sich im Büro des Obersten Kanzlers einzufinden.

»Minala«, sagte er leise. »Ich muss los, und es gibt ein paar Dinge, die du für mich tun musst.«

Sie atmete mehrmals tief ein, und mit jedem Atemzug wichen ihre Emotionen weiter in den Hintergrund, bis sie wieder die Minala Lodilyn war, auf die er sich jeden Tag verließ, ein Musterbeispiel an disziplinierter Effizienz und stiller Selbstbeherrschung. »Natürlich, Senator.«

Er schob sie vor sich her in sein Büro, und nachdem er die Tür geschlossen und die Dämmschirme hochgefahren hatte, wandte er sich ihr zu. Sein Schock und seine Trauer machten allmählich brodelndem Zorn Platz. »Ich habe eine Nachricht für Agentin Varrak persönlich«, begann er. »Sie soll herausfinden, was genau da passiert ist. Ich brauche die Informationen noch vor Sonnenuntergang. Anschließend kontaktierst du Nathe von der Sondereinsatzbrigade. Sag ihm, er soll die Aufzeichnungen aller Überwachungskameras an den öffentlichen Raumhäfen von Chandrila, an sämtlichen privaten Landeanlagen des Planeten - ganz egal, wem sie gehören - und in einem Fünf-Kilometer-Umkreis vom Anschlagsort besorgen. Ich will, dass er sie Bild für Bild analysiert und mir einen Bericht schickt.«

Minala nickte. »Was ist mit den Aufzeichnungen der Holo-Net News?«

»Die soll er sich auch ansehen«, nickte Bail. »Das hat allerhöchste Priorität, lass dich also nicht abwimmeln, Minala. Ich will ihm nicht drohen, aber wenn es sein muss, werde ich es tun.« Er atmete tief durch und versuchte, seine rasenden Gedanken zu zügeln. »Sag Nathe auch, dass er seine besten Leute darauf ansetzen soll. Sie müssen jedes winzige Detail überprüfen, so unbedeutend es auch erscheinen mag. Ach ja, und sorge dafür, dass Nathe und Agentin Varrak ihre Arbeit über das Sicherheitsbüro von Chandrila koordinieren. Die beiden sollen einander aber nicht mehr verraten, als unbedingt nötig. Und was das Sicherheitsbüro angeht: Sag ihnen, dass sie dem Sicherheitsausschuss des Senats und seinen Organen vollständige Kooperation zusichern müssen - auf ausdrücklichen Befehl des Büros des Obersten Kanzlers.«

Minalas perfekt geschwungene Augenbrauen schössen in die Höhe.

»Ich lasse das später noch autorisieren«, versicherte er ihr. »Mach dir darum keine Sorgen. Oh ... und sag Varrak, dass der Jedi-Tempel sich womöglich mit ihr in Verbindung setzen wird. Sie soll mit niemandem außer mir darüber reden.«

»Senator«, meinte sie mit einem kurzen Nicken.

Er brachte ein schwaches Lächeln zustande.  »Und  sobald  du alles

mit Agentin Varrak und Nathe geklärt hast und ich von meinem Treffen mit dem Obersten Kanzler zurück bin, müssen wir eine Sitzung des Sicherheitsausschusses anberaumen. Kümmere dich bitte auch darum, ja? Sagen wir, in drei Stunden. Falls wir den Termin verschieben müssen, gebe ich dir rechtzeitig Bescheid.«

»Sir«, sagte Minala nickend.

Bail wusste, würde er sie jetzt darum bitten, könnte sie seine Instruktionen Wort für Wort wiederholen. Ihr Gehirn war wie ein permanent auf Aufzeichnen gestellter Datenkristall. Falls sie je beschließt, der Politik den Rücken zu kehren, bin ich aufgeschmissen. Was noch? Sein Verstand drehte sich im Kreis, verfolgt von diesen grausigen Holobildern. Denk nach, Organa. Denk nach. »Ach ja. Wenn du damit fertig bist«, sagte er, »versetzt du bitte die Spezialeinheiten Gold und Grün in Alarmbereitschaft. Sie sollen jedem ihrer Informanten auf den Zahn fühlen und jeden Kommunikationskanal überprüfen. Der Erfolg dieses Angriffes wird die Attentäter motivieren, noch einmal zuzuschlagen. Und nächstes Mal müssen wir ihnen einen Schritt voraus sein.«

»Gold und Grün«, bestätigte Minala. »Ja, Sir. Senator ... ist Doktor Netzl bereits über die Ereignisse informiert?«

Tryn? Herrje. »Ich weiß nicht. Meister Yoda hat es ihm vielleicht erzählt. Andernfalls ... weiß er wohl noch nichts. Er ver- lässt sein Labor so gut wie nie. Ich werde es ihm sagen müssen.« Er spürte, wie sein Magen sich zusammenzog. Er wird sich die Schuld daran geben. »Also ... verschieb das Treffen des Sicherheitsausschusses um eine halbe Stunde.«

»Natürlich, Sir.« Ein zweites Mal zeigten sich Risse in Minalas kühler Professionalität. »Senator, bedeutet das, dass Meister Kenobi tot ist?«

Hoffentlich nicht. »Ich habe keine Ahnung. Aber ich will nicht voreilig unangenehme Schlüsse ziehen.«

Ihre Lippen bebten. »Aber es sieht nicht gut aus, richtig? Ich meine, falls er und der junge Skywalker diesen schrecklichen Angriff hätten verhindern können, dann hätten sie es getan.«

Er konnte ihr nicht in die Augen sehen. »Ich weiß. Aber dass sie es nicht verhindern konnten, heißt nicht, dass sie tot sind.«

Sie kannte ihn zu gut - genauso wie Breha oder Padmè. »Natürlich nicht. Es tut mir leid. Ich werde mich sofort an die Arbeit machen.«

»Falls du auf Probleme stößt, falls irgendjemand sich querstellt, mach ordentlich Druck«, meinte er noch, während er zur Tür ging. »Ich bin heute nicht in der Stimmung für Diplomatie.«

Als er Palpatines Büro erreichte, wies Mas Amedda ihn zunächst an, im Vorzimmer zu warten. Ein hektischer Strom von Droiden und Lebewesen kam und ging, während er dasaß, und nun, da der erste Schock vorüber war, überkam ihn ein Gefühl der Orientierungslosigkeit.

Ist das alles mein Fehler?

Er hielt es nicht länger aus zu sitzen. Er musste aufstehen, und nur mit Mühe unterdrückte er den Wunsch, im Raum auf und ab zu gehen. Da piepte plötzlich sein gesichertes Senatskomlink. Es war Padmè, die noch immer an den Verhandlungen auf Bonadan teilnahm.

»Die Nachricht ist gerade erst zu uns durchgedrungen. Geht es Euch gut?«

Wie typisch für sie, zuerst an seine Gefühle zu denken. Er hatte auf dem Weg hierher kurz mit Breha gesprochen. Sie hatte genau dieselbe Frage gestellt, und er gab Padmè nun genau dieselbe Antwort wie seiner Frau. »Nicht wirklich.«

»Ich komme sofort zurück«, erklärte sie, ihre Stimme angespannt vor Sorge. »Hier kann ich ohnehin nichts mehr bewirken. Bail, ganz egal, was die anderen sagen - und selbst, wenn es Palpatine selbst ist -, Ihr tragt keine Schuld an diesem Anschlag.«

Auch Breha hatte ihm das versichert. Seine Ehefrau und die Senatorin von Naboo, die er seine Freundin nennen durfte, waren wirklich zwei außergewöhnliche Frauen. Manchmal fragte er sich, womit er so viel Güte verdient hatte. »So fühlt es sich im Moment aber nicht an«, murmelte er. Das war nicht die Antwort, die er Breha gegeben hatte.

»Euer Freund, hat er Fortschritte gemacht?«

»Leider keine sehr großen«, erklärte er. »Aber er wird das Gegenmittel finden, das weiß ich. Padmè ...«

Er drehte sich um, als die Türen des Vorzimmers aufglitten und Mon Mothma eintrat, ihre hochgewachsene, schlanke Gestalt in dunkelgraue Synthseide gehüllt. Sie sah aus, als hätte der Angriff auf ihre Heimatwelt sie nicht im Geringsten aufgewühlt, doch ihr leerer Blick verriet, wie tief der Schock wirklich saß.

»Tut mir leid, Padmè, ich muss Schluss machen«, sagte er. »Meldet Euch, sobald Ihr wieder auf Coruscant seid, ganz egal, wie spät es ist.«

»Das Schiff startet gleich. Bail, wir werden diese Sache durchstehen. Bis bald.«

Er steckte das Komlink zurück in die Tasche seines Gewands und schob sich durch das Gedränge von Palpatines Assistenten zur chandrilanischen Senatorin hinüber. Als sie ihn sah, weiteten sich ihre Augen, und sie hob die Hand in einer Geste, die beinahe beschwörend wirkte.

»Mon Mothma«, sagte er, als er vor ihr stand. »Es tut mir so unendlich leid. Seid Ihr alleine hier? Wo sind die anderen?«

»Sie haben Coruscant bereits verlassen, um nach Chandrila zurückzukehren«, erklärte sie mit tiefer Stimme. »Ich selbst werde mich auch auf den Weg machen, sobald ich mit Palpatine gesprochen habe - außer natürlich, er verlangt, dass ich hierbleibe.«

Unter ihrer Beherrschtheit wand sich unerträglicher Schmerz. »Dieser Anschlag? Seid Ihr persönlich betroffen? Verzeiht. Was ich meine, ist, wurde jemand, den Ihr kennt...«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß von keinen Freunden oder Mitgliedern meiner Familie, die getötet wurden. Aber Ran Harvas Frau...«

Sie musste den Satz nicht beenden. Harva war der jüngere der beiden anderen Repräsentanten ihrer Welt, ein schroffer Mann, der nur selten Mitgefühl zeigte. Nun brauchte er selbst Mitgefühl. Bail atmete tief ein. Würde er sich wohl je an die Launenhaftigkeit des Lebens gewöhnen? Gestern Abend erst hatten er und Mon Mothma bei einem gemeinsamen Abendessen ihren Erfolg bei Umgul gefeiert - durch langwierige und harte Arbeit im Hintergrund hatten sie es geschafft, den Planeten im Schoße der Republik zu halten -, und nun riss die Galaxis diese Freude in Fetzen.

Sie wird mir nie verzeihen, wenn sie von meiner Rolle in dieser Sache erfährt. Wie konnte ich mich nur so irren?

Wie hatte Yoda sich nur so irren können?

Als wäre dieser Gedanke ein Signal gewesen, öffnete sich die Tür des Vorzimmers ein weiteres Mal, und der älteste und ehrenwerteste Meister des Jedi-Tempels trat auf einen Gimerstock gestützt herein, sein faltiges, aufmerksames Gesicht eine undurchdringliche Maske.

Die Unterhaltungen im Raum verstummten, die hektische Bewegung erstarrte. Zweifel füllten die Luft des überfüllten Zimmers wie Rauch, und in allen Augen lag dieselbe brennende Frage.

Warum habt ihr Jedi das nicht vorhergesehen? Warum wurden wir nicht gewarnt?

Falls Yoda die Blicke und die stillen Anschuldigungen wahrnahm, so ließ er sich zumindest nichts anmerken. Er zeigte weder Enttäuschung noch Sorge. »Senatoren«, grüßte er, als er sich zu ihnen gesellte. »Der Tempel Euch sein Beileid ausdrückt an diesem schrecklichen Tag, Senatorin Mothma. Mit Euch um Euren Verlust die Jedi trauern.«

Ein wenig skeptisch, aber doch mit völliger Selbstbeherrschung, neigte Mon Mothma den Kopf. »Danke, Meister Yoda.«

Die Augen des Jedi  wanderten  zu  Bail,  und  der  Senator  wusste,

dass der kleine Jedi all seine Emotionen spüren konnte: seine Trauer, seinen Zorn, seine Enttäuschung, seine Verzweiflung.

Wir tragen die Verantwortung für diesen Angriff. Ihr und ich. Es ist unsere Schuld. Was sollen wir jetzt nur tun?

Yoda begegnete seinem sorgenvollen Blick mit ausdrucksloser Miene. Es war noch immer unmöglich zu erkennen, ob die Ereignisse auf Chandrila irgendwelche Emotionen in dem kleinen Jedi aufgewühlt hatten. Er beherrschte seine Gefühle noch besser als Mon Mothma.

Mas Amedda blickte von den Kom-Geräten auf seinem breiten Schreibtisch auf, von denen jedes blinkend und schrillend um seine Aufmerksamkeit heischte. »Ihr könnt jetzt hineingehen, Senatoren, Meister Yoda.«

Die Türen zu Palpatines innerstem Heiligtum öffneten sich, aber Bail und Mon Mothma überließen Yoda den Vortritt und passten ihre Schritte seinem Tempo an.

Der Oberste Kanzler stand vor dem wandgroßen Panoramafenster und blickte auf die Stadtlandschaft von Coruscant hinaus, die in ständiger Bewegung war und sich doch nie wirklich veränderte. Er trug eine dunkelviolette Robe von dezenter Pracht und hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Im mittäglichen Sonnenschein wirkte sein Profil wie ein Scherenschnitt des Bedauerns.

Die Türen glitten hinter den drei Besuchern wieder zu, und sie warteten darauf, dass er das Gespräch eröffnete. Es dauerte aber noch einige Sekunden, bis Palpatine sich vom Fenster abwandte und sie musterte. Der Scherenschnitt des Bedauerns wurde zu einem Gemälde der Betroffenheit.

»Zunächst einmal«, begann er mit leiser, beherrschter Stimme, »erlaubt mir, Euch das Beileid des gesamten Kanzleramtes zu bekunden, Senatorin Mothma. Das Leid des chandrilanischen Volkes ist beinahe zu groß, als dass ich es ertragen kann. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie Ihr Euch fühlen müsst. Natürlich werden wir Chandrila in dieser schwierigen Lage auf jede erdenkliche Weise helfen. Ihr müsst nur fragen, und was immer Ihr wünscht oder benötigt, wird Euch zur Verfügung gestellt.«

Mon Mothma nickte. »Oberster Kanzler, Chandrila dankt Euch.«

Palpatine legte eine Hand auf sein Herz. »Während wir hier sprechen, Senatorin, wird bereits eine Krisensitzung des Senates einberufen«, erklärte er mit ernster Stimme. »Ich werde versuchen, die Panik einzuschränken, die sich nach einem so hinterhältigen und feigen Angriff zwangsläufig ausbreitet, und ich habe mich gefragt, ob Ihr vielleicht auch einige Worte an Eure Kollegen richten könntet. Ich verstehe natürlich, dass Ihr schnellstmöglich nach Chandrila wollt, und es gibt keinerlei Verpflichtung, aber Ihr seid im Moment die einzige chandrilanische Abgesandte auf Coruscant, und ich dachte mir, dass es gut für die Moral Eures Volkes wäre, wenn es sieht, wie Ihr die formelle Mitleidsbekundung des Senates entgegennehmt. Und für die Republik wäre es ebenfalls vorteilhaft, wenn jemand der Trauer von Chandrila eine Stimme verleihen würde.«

Mon Mothma zögerte, nickte dann aber. »Danke, Oberster Kanzler. Ich hatte in der Tat daran gedacht, sofort in meine Heimat zurückzukehren, aber vielleicht könnte ein kleiner Aufschub uns zum Vorteil gereichen. Mein Volk wird großen Trost in dem Wissen finden, dass die Republik in dieser fürchterlichen Notlage an seiner Seite steht.«

Palpatines Gesicht wurde ein wenig weicher. »Daran habe ich keinen Zweifel. Euer Volk wird neuen Mut aus Euren Worten schöpfen, genauso wie Naboo durch Königin Amidalas Worte Mut fasste, als wir das Opfer ungerechtfertigter Gewalt wurden.«

»Oberster Kanzler, wisst Ihr, ob die Separatisten hinter diesem Anschlag stecken?«

Bail zuckte zusammen, als Palpatines Blick sich auf ihn richtete und so frostig wie Gletschereis wurde. Kurz sah der Oberste Kanzler auch Yoda an, bevor er sich schließlich wieder an Mon Mothma wandte.

»Leider haben wir im Moment keine eindeutigen Beweise für diese Theorie, Senatorin, auch wenn es natürlich wahrscheinlich ist«, sagte er. »Wie Ihr sicherlich wisst, hat sich noch keine terroristische Gruppe zu der Tat bekannt. Aber ich bin überzeugt, dass die Geheimdienste der Republik der Wahrheit bereits auf der Spur sind - und den Tätern. Ist es nicht so, Senator Organa?«

Bail räusperte sich. »Ja, Oberster Kanzler. Ich habe alle zuständigen Abteilungen in höchste Alarmbereitschaft versetzt, und ich werde mich heute noch mit den entsprechenden Agenten und dem Sicherheitsausschuss treffen. Ich kann Euch versichern, dass die Ergreifung der Täter für uns höchste Priorität hat.«

»Ja«, brummte Palpatine, seine Augen kalt und hart. »Ich wusste, dass Ihr das sagen würdet. Senatorin Mothma, sicherlich hättet Ihr gerne ein wenig Ruhe, um Eure Gedanken zu sammeln, bevor Ihr zum Senat sprecht. Mas Amedda wird Euch in mein privates Lesezimmer bringen. Ich werde ebenfalls gleich nachkommen. Es gibt da nur eine Kleinigkeit, die ich vorher noch mit Senator Organa und Meister Yoda besprechen muss.«

»Gewiss, Oberster Kanzler«, murmelte Mon Mothma. »Senator, Meister Yoda.«

Sie verließ das Büro, und Palpatine wandte sich wieder dem Panoramafenster zu. Bail nutzte diesen Moment, um einen Blick mit Yoda auszutauschen. Der Jedi-Meister schürzte die Lippen und schüttelte unmerklich den Kopf. Einmal mehr würden sie es dem Obersten Kanzler überlassen, das Schweigen zu beenden.

»Man hat mir berichtet, dass die endgültigen Opferzahlen in die Zehntausende gehen werden«, sagte Palpatine schließlich, während er weiter aus dem Fenster blickte. »Ich habe die Holobilder in den Nachrichten gesehen. Ihr vermutlich ebenfalls.« Er wirbelte herum, und sein Gesicht verzerrte sich vor Wut. »Ich bin kein Naivling, Gewalt und Grausamkeit sind mir nicht fremd. Aber noch nie ...« Er atmete tief durch. »So etwas darf sich unter keinen Umständen wiederholen. Eure Agenten, Senator Organa, und Eure Jedi, Meister Yoda, müssen verhindern, dass es einen weiteren Anschlag gibt. Eigentlich hättet Ihr schon diesen ersten Angriff verhindern müssen.«

Bail öffnete den Mund zu einer Antwort, einer Entschuldigung, aber Yodas erhobene Hand hielt ihn zurück.

»Oberster Kanzler, eine Tragödie dies ist«, begann der alte Großmeister. »Tiefe Trauer wir empfinden wegen des Verlustes unschuldiger Leben. Doch in einem Krieg wir uns befinden, den zu kämpfen gezwungen wir wurden. Einen Feind ohne Mitleid und Skrupel wir haben. Die Verantwortung für seine Brutalität wir nicht tragen.«

»Nein«, brummte Palpatine. »Aber für Euer Schweigen tragt Ihr die Verantwortung. Hättet Ihr mir sofort Bericht erstattet, als Ihr von der Entwicklung dieser Waffe erfahren habt...«

»Wie ihren Einsatz Ihr verhindert hättet, Oberster Kanzler?«, fragte Yoda.

Überrascht starrte Bail ihn an. Was tat er da? Niemand unterbrach das Oberhaupt der Republik! Er wartete auf eine wütende Entgegnung des Obersten Kanzlers - doch sie kam nicht. Stattdessen kniff Palpatine die Lippen zusammen.

Yoda seufzte. »Die Antwort beide wir kennen. Mich aufgesucht Ihr hättet. Die Jedi mit der Vernichtung dieser Waffe beauftragt Ihr hättet. Versucht, diese Tragödie zu verhindern, wir hätten. Und versucht, sie zu verhindern, wir haben.«

»Und Ihr habt versagt, Meister Yoda!«, konterte Palpatine. »Ihr habt versagt, und jetzt liegen tausende Bürger der Republik tot auf den Straßen Chandrilas. Ihre Leichen sind so grauenhaft verstümmelt, dass man sie vermutlich nie identifizieren wird. Diese Sache wird der Moral der Republik einen heftigen Dämpfer verpassen, die Furcht wird sich wie ein Lauffeuer von Planet zu Planet ausbreiten. Ich bin mir nicht sicher, ob Ihr vollends begreift, was das bedeutet, Meister Yoda. Angst kann eine Seuche sein, und ich mache mir Sorgen um eine flächendeckende Pandemie. Nun sagt mir - was wollt Ihr deswegen unternehmen?«

Yoda richtete sich auf und schob das Kinn vor. »Vertrauen darauf ich werde, dass ihre Mission Meister Kenobi und der junge Skywalker erfüllen können.«

Palpatine starrte ihn an. »Ihr glaubt, sie leben noch?«

»Überzeugt ich bin, Oberster Kanzler«, erklärte der Jedi. »Ihren Tod spüren ich würde. Das mir glauben Ihr müsst.«

»Dann ist das wohl die einzige gute Nachricht an diesem tragischen Tag«, murmelte Palpatine. »Ich werde von jetzt an eine sehr viel aktivere Rolle in dieser Angelegenheit übernehmen. Ich hatte zwar gehofft, Anakin und Meister Kenobi könnten Lok Durds Pläne vereiteln, aber dieser Optimismus kam leider etwas voreilig, so ungern ich es auch zugebe. Ich will damit natürlich keineswegs Anakins Tapferkeit infrage stellen - und auch nicht die von Meister Kenobi. Ich habe nur keine andere Wahl mehr, als zu akzeptieren, dass sie diesmal mit ihrer Aufgabe überfordert sind. Darum müssen wir eingreifen. Ich will Lanteeb sofort aus dem Griff der Separatisten befreien. Alle entbehrlichen Schiffe werden unverzüglich dorthin aufbrechen, mit Ausnahme der Kreuzer, die bei Kothlis stationiert sind. Die Lage dort ist zu instabil, als dass wir sie gefährden dürften.«

Bail faltete die Hände vor der Brust und versuchte, eine möglichst respektvolle Haltung einzunehmen. »Oberster Kanzler, wir alle möchten eine Wiederholung der Ereignisse von Chandrila vermeiden, aber ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, die Flotte nach Lanteeb zu schicken. Die andauernden Schwierigkeiten mit den Kommunikationssystemen...«

»Ich will keine Ausflüchte hören, Senator!«, fuhr Palpatine dazwischen. »Habt Ihr den Ernst dieser Situation vielleicht nicht ganz begriffen? Ihr wusstet, dass diese Waffe einsatzbereit ist, aber Ihr konntet Lok Durd nicht davon abhalten, sie zu benutzen. Bei den Sternen, Ihr konntet ja nicht einmal verhindern, dass er aus der Gefangenschaft floh. Und weil Ihr es nicht konntet sind Tausende unserer Mitbürger auf grausamste Weise ums Leben gekommen. Jetzt muss ich der Republik Lügen erzählen, um sie wieder zu beruhigen. Schlimmer noch, ich muss den Senat belügen. Ich muss sagen, dass es keinen Grund zur Sorge gibt, dass ich größtes Vertrauen in die Jedi habe - dass sie die Verantwortlichen für dieses monströse Verbrechen finden und in Ketten legen werden.«

»Finden und ihnen das Handwerk legen wir werden, Oberster Kanzler«, sagte Yoda emotionslos. »Eine Lüge das also nicht ist.«

»Ich bin sicher, Ihr werdet es versuchen«, entgegnete Palpatine. Er klang alles andere als überzeugt. »Doch solange Ihr mir nicht sagen könnt, dass Ihr in der Macht einen Triumph vorausgesehen habt, muss ich davon ausgehen, dass ein weiteres Versagen mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Erfolg, Meister Yoda.«

Bail blickte auf den Teppich hinab. Noch nie hatte Palpatine Yoda so deutlich gerügt. Er musste wirklich völlig außer sich sein, dass er seinen wertvollsten Verbündeten im Kampf um das Überleben der Republik derart vor den Kopf stieß. Sein Vertrauen in die Jedi hatte augenscheinlich gewaltigen Schaden genommen.

Und wie sehr hat sein Vertrauen in mich gelitten?

Yoda legte beide Hände auf den Griff des Gimerstocks. »Den Ausgang dieser Ereignisse in der Macht vorhergesehen ich nicht habe, Oberster Kanzler. Doch zuversichtlich ich bin, dass den Sieg davontragen wir werden.«

»Zuversicht ist schön und gut, Meister Yoda«, meinte Palpatine unbeeindruckt. »Aber es wird nicht reichen, wenn ich vor die HoloNet-Kameras trete und sage, dass ich Zuversicht habe. Und Zuversicht wird den Senat auch nicht davon überzeugen, dass wir unsere Pflichten erfüllen. Meine Entscheidung steht fest. Ich will Lanteeb unter allen Umständen unter republikanische Kontrolle bekommen. Habe ich mich klar ausgedrückt?«

Yoda nickte. »Ja, Oberster Kanzler.«

»Und Ihr, Senator Organa?«, fragte Palpatine. »Seid Ihr auch voller Zuversicht, dass keine weitere Welt das Schicksal von Chandrila teilen muss?«

»Ja, Oberster Kanzler«, murmelte er. »Wir werden nicht eher ruhen, bis Lok Durd wieder in einer republikanischen Gefängniszelle sitzt und jeder letzte Tropfen dieser Biowaffe sichergestellt und zerstört ist.«

Palpatines Lippen wurden schmal. »Ich werde Euch beim Wort nehmen, Senator. Was ist mit Eurem Freund Doktor Netzl? Inzwischen wird er doch wohl sicherlich ein Gegenmittel für Durds Giftstoff entwickelt haben, oder?«

»Ich fürchte, so weit sind wir noch nicht, Oberster Kanzler.«

»Wir sind noch nicht so weit?«, echote Palpatine. »Vielleicht ist Euer Vertrauen in ihn dann nicht ganz gerechtfertigt. Es gibt viele Wissenschaftler in unserer großen Republik, Senator Organa. Ich denke, die Zeit ist gekommen, um ...«

»Vergebt mir, Oberster Kanzler, aber ich muss Euch widersprechen«, platzte es aus Bail heraus. »Tryn Netzl ist unsere beste Wahl. Er ist der Lösung jetzt schon zum Greifen nahe. Alles, was noch fehlt, ist der letzte Durchbruch.«

Palpatine starrte ihn mehrere Sekunden an, ohne zu blinzeln. »Teilt Ihr seine Meinung, Meister Yoda?«

»Seine Meinung ich teile«, antwortete der kleine Jedi mit einem Nicken. »Große Integrität und Hingabe in Doktor Netzl ich spüre. Sich nicht schonen er wird, bis gefunden die Antwort er hat.«

Palpatines Züge wurden einen Deut offener. »Ihr mögt ihn wohl.«

»Unwichtig meine Gefühle sind«, brummte Yoda. »Allein was ich weiß, von Bedeutung ist.«

»Es stimmt, Oberster Kanzler, Doktor Netzl ist der richtige Mann für diese Aufgabe«, fügte Bail hastig hinzu. »Er weiß, dass Milliarden Leben auf ihn zählen.«

»Dann werde ich wohl auch auf ihn zählen müssen«, meinte Palpatine. »Sagt ihm das das nächste Mal, wenn ihr ihn seht.«

»Das werde ich, Sir.«

Schweigend musterte Palpatine ihn und Yoda. Er wirkte unendlich viel müder als noch am Tag seines Amtsantrittes. Müder ... und grimmiger. Trauriger. Der Krieg verlangte einen hohen Tribut von ihm. »Ihr glaubt vielleicht, dass ich zu hart über Euch urteilte, dass ich nicht verstehe, wie schwierig es für Euch beide ist, unsere wertvolle Republik zu schützen. Aber ich verstehe es nur zu gut. Ihr habt diese Situation von Anfang an falsch eingeschätzt, und jetzt musste Chandrila den Preis dafür zahlen. Ich bezweifle, dass irgendjemand hier sich noch eine solche Fehleinschätzung leisten kann.« Sein Blick huschte nach unten. »Meister Yoda?«

Der Großmeister war tief über seinen Gimerstock gebeugt, und als er seufzte, wirkte er plötzlich noch älter als neunhundert Jahre. »Zu einem guten Ende diese Angelegenheit bringen wir werden. Darauf mein Wort als Jedi Ihr habt.«

»Und ich glaube Euch«, sagte Palpatine. »Ich kann nicht leugnen, dass Ihr mich enttäuscht habt, Meister Yoda - aber ich bin niemand, der nachtragend ist. Wir müssen diesen unglückseligen Fehltritt hinter uns lassen und weiter dem Sieg entgegenschreiten. Und ich glaube, dieser Sieg ist näher, als wir alle denken. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Zukunft, auf die ich mit all meiner Macht und all meiner Energie hinarbeite, bereits hinter dem Horizont wartet.«

»Es betrübt mich zu wissen, dass enttäuscht ich Euch habe, Oberster Kanzler.« Yoda senkte den Kopf.

»Ich weiß«, meinte Palpatine. »Aber ich mache mir keine Sorgen, dass Ihr mich noch einmal enttäuschen werdet. Um die Wahrheit zu sagen, mache ich mir nur um eine Sache Sorgen. Sagt mir, Meister: Könnt Ihr Anakin sicher nach Coruscant zurückbringen? Der Gedanke, ihn zu verlieren, ist mehr, als ich ertragen kann.«

»Mit ihm die Macht ist, und mit Obi-Wan«, antwortete der kleine Jedi nach langem Zögern. »Falls nach Coruscant zurückzukehren ihnen bestimmt ist, zurückkehren sie werden.«

Palpatine nahm hinter seinem großen, polierten Schreibtisch Platz. »Das ist wohl alles, worauf ich hoffen konnte.« Kurz legte er die Hand über seine Augen. »Ich will Euch jetzt nicht länger aufhalten. Ihr habt viel zu tun, ebenso wie ich.«

 

Bail fuhr Yoda mit seinem Gleiter zum Tempel zurück, und als sie durch die heillos überfüllten Luftstraßen des Stadtplaneten glitten, beschloss er, eine persönliche Frage zu riskieren. »Geht es Euch gut, Meister Yoda?«

»Dieser Angriff auf Chandrila«, meinte der Jedi leise, während er sich die Stirn rieb. »Eine große Erschütterung in der Macht ausgelöst er hat. Viel Furcht und Schmerz ich spüre.«

Da war er nicht der Einzige. »Ich wusste, dass Palpatine aufgebracht sein würde, aber ... mit einem so aggressiven Verhalten hätte ich nicht gerechnet. Ihr etwa?«

»Die Hoffnung von Milliarden geworden er ist«, brummte Yoda. »Jetzt Milliarden ihn anblicken und die Frage sich stellen, ob gerechtfertigt ihr Vertrauen in ihn ist.«

Das war ein unvermeidbares Risiko, wenn man ein beliebter politischer Führer wurde. »Er hat uns die Schuld für seine Entscheidung gegeben, auf Obi-Wan und Anakin zu vertrauen, aber Ihr habt keinen Einspruch erhoben.«

Yoda schnaubte. »Ihr ebenso wenig.«

»Ein politisches Manöver?«

»Politik«, sagte Yoda nickend, nur um noch einmal zu schnauben. »Kein großer Freund der Politik ich bin.«

Und an Tagen wie diesem bin ich geneigt, Eure Meinung zu teilen, Meister Yoda.

Er zögerte einen Moment. »Ich habe Tryn noch gar nicht von dem Angriff erzählt. Habt Ihr es ihm gesagt?«

»Nein«, meinte Yoda. »Aber ihn informieren ich kann, falls jetzt nicht mit ihm treffen Ihr Euch könnt.«

»Nein, ich habe meinen Terminplan umgestellt. Ich werde es ihm sagen. Das bin ich ihm schuldig.«

Yoda, der auf dem Beifahrersitz neben Bail geradezu winzig wirkte, schürzte die Lippen. »Verantwortlich für diese Katastrophe Ihr nicht seid, Senator. Euer Bestes stets Ihr getan habt. Mehr als das niemand verlangen kann, weder Palpatine noch ich oder Obi-Wan Kenobi. Mehr als Euer Bestes von Euch erwarten Ihr nicht könnt.«