|107|Schade, daß er nicht sprechen kann, er versteht jedes Wort

Es ist ein Irrtum zu glauben, daß die Haustiere der Menschen dümmer seien als die Wildformen, von denen sie abstammen. Gewiß, ihre Sinne sind in vielen Fällen stumpfer geworden, manche feineren Instinkte sind abgebaut. Dies gilt aber auch für den Menschen: nicht trotz dieser Verluste, sondern gerade ihretwegen steht der Mensch über dem Tier. Der Abbau der Instinkte, der starren Gleise, in denen ein großer Teil tierischen Verhaltens verläuft, war die Voraussetzung für das Entstehen bestimmter, spezifisch menschlicher Freiheiten des Handelns. Auch beim Haustier bedingt der Zerfall etlicher angeborener Verhaltensweisen keine Verminderung der Fähigkeit zu einsichtigem Verhalten, sondern neue Grade der Freiheit. Darüber sagt schon 1898 C. O. Whitmann, der diese Dinge als erster gesehen und studiert hat: »Diese Fehler des Instinktes sind nicht Intelligenz, aber sie sind die offene Tür, durch die der große Erzieher ›Erfahrung‹ Eintritt erlangt und alle Wunder des Intellektes vollbringt!«

Zu den instinktiven, artmäßig ererbten Verhaltensweisen gehören auch die Ausdrucksbewegungen und die von ihnen ausgelösten sozialen Reaktionen. Was gesellschaftlich lebende Tiere, Dohlen, Graugänse, auch hundeartige Raubtiere, einander »zu sagen haben«, bewegt sich ausschließlich auf der Ebene dieser gleich Zahnrädern ineinandergreifenden Aktions- und Reaktionsnormen, die den Tieren einer Art angeboren sind. R. Schenkel hat in jüngster Zeit die Ausdrucksbewegungen und ihre Bedeutung beim Wolf gründlich untersucht und analysiert. Vergleicht man nun dieses »Vokabularium« der Signale, das dem Wolf zur sozialen Verständigung zur Verfügung steht, mit demjenigen unserer Haushunde, so findet man dieselben Erscheinungen der Desintegration und des Abbaues wie bei so vielen anderen angeborenen arteigenen |108|Verhaltensweisen. Ich will es dahingestellt sein lassen, ob die betreffenden Ausdrucksbewegungen nicht schon beim Goldschakal weniger deutlich und prägnant sind als beim Wolf, zumal bei diesem die gesellschaftliche Struktur zweifellos höher entwickelt ist. An lupusblütigen Hunden, etwa an Chows, findet man sämtliche Ausdrucksformen des wilden Wolfes, ausgenommen jene Signale, welche durch Bewegungen und Stellungen des Schwanzes ausgedrückt werden: Der Ringelschwanz des Chows ist zu solchen Bewegungen einfach mechanisch unfähig. Dennoch vererbt der Chow spezifisch wölfische Ausdrucksbewegungen des Schwanzes! Alle Tiere meiner Kreuzungszucht, welche von der Schäferhundseite her eine normale, »wildförmige« Rute geerbt hatten, zeigen sämtliche typischen Schwanzbewegungen des Wolfes, die an Schäferhunden und anderen Abkömmlingen des canis aureus niemals zu sehen sind.

Was die angeborenen Ausdrucksbewegungen, Mimik der Gesichtsmuskeln, der Körperhaltung und des Schwanzes betrifft, standen und stehen manche Hunde meiner Zucht dem Wolfe näher als andere europäische Hunde. Doch sind auch sie in dieser Hinsicht ärmer als der Wolf, obgleich reicher als jene. Dies wird den Kenner und Liebhaber aureusblütiger Rassen zunächst paradox dünken, denkt er doch zuvörderst an die Ausdrucksfähigkeit im allgemeinen, nicht an die angeborene, von der ich hier rede. Nirgends nämlich wird das oben angeführte Prinzip deutlicher als auf dem Gebiete des Ausdrucks, daß nämlich der Abbau des starren Angeborenen neue Möglichkeiten zu »frei erfundenen«, anpassungsfähigen Verhaltensweisen gewährt. Beinahe wie ein Wolf bleibt der Chow auf jene mimischen Bewegungen beschränkt, durch welche die Tiere der Wildform einander ihre Gefühle, wie etwa Zorn, Unterwürfigkeit und Freude, kundgeben. Diese Bewegungen stechen nicht besonders hervor, da sie auf das ungemein feine Reagieren des wilden Artgenossen abgestimmt sind. Dieses hat der Mensch weitgehend verloren, da er in der Wortsprache über ein zwar gröberes, aber deutlicheres Verständigungsmittel verfügt. Er ist nicht darauf angewiesen, |109|dem Artgenossen jede leiseste wechselnde Stimmung »an den Augen abzusehen«, da er ja sagen kann, was er will. Deshalb scheinen den meisten Menschen die wilden Tiere ausdrucks-arm zu sein, obwohl genau das Gegenteil richtig ist. Insbesondere der Chow dünkt denjenigen, welcher den Verkehr mit Aureushunden gewohnt ist, geradezu undurchsichtig; ähnlich ergeht es dem Europäer mit den Gesichtern mancher Ostasiaten. Hat man jedoch sein Auge geschult, so vermag man aus dem nur wenig bewegten Antlitz eines Wolfes oder eines Chow-Chows ebensoviel, ja mehr noch herauszulesen als aus den demonstrativen Gefühlsäußerungen der Aureushunde.

Dennoch stehen die Letztgenannten geistig auf einer höheren Ebene: Sie sind weitgehend unabhängig vom Angeborenen, das Tier hat sie größtenteils erlernt, ja sogar frei erfunden! Kein starrer Instinkt veranlaßt einen Hund, seine Liebe dadurch auszudrücken, daß er seinen Kopf auf das Knie des Herrn legt. Eben deshalb ist dieser Ausdruck tatsächlich unserer menschlichen Sprache näher verwandt als alles, was die wilden Tiere einander zu sagen haben.

Dem Sprechvermögen noch näher kommt die Verwendung von andressierten Bewegungsweisen als Ausdruck des Gefühles. Ein schönes Beispiel hierfür ist das Pfötchengeben. Auffallend viele Hunde, die dies gelernt haben, verwenden es in einer ganz bestimmten sozialen Situation dem Herrn gegenüber, dann nämlich, wenn sie ihn besänftigen, vor allem »um Verzeihung bitten« wollen. Wer kennt nicht den Hund, der irgend etwas angestellt hat und nun zu seinem Herrn schleicht, sich vor ihm aufrecht hinsetzt und mit zurückgelegten Ohren und extremem »Demutsgesicht« in krampfhafter Weise das Pfötchen zu geben sucht? Einmal sah ich einen Pudel, der diese Bewegungsweise sogar einem anderen Hunde gegenüber ausführte, vor dem er Angst hatte. Dies ist jedoch eine seltene Ausnahme, im allgemeinen bedienen sich auch solche Tiere, die ihrem Herrn gegenüber ein reiches Inventar individuell erworbener Ausdrucksweisen abspielen, doch nur der angeborenen Mimik der Wildform, wenn sie |110|mit ihresgleichen »reden«. Man kann sagen, daß die Fähigkeit zum freien, erlernten oder »erfundenen« Gefühlsausdruck bei verschiedenen Hunden in einem geraden Verhältnis zum Abbau der arteigenen Mimik der Wildform steht. In dieser Hinsicht sind also die am weitesten domestizierten Hunde in ihrem Verhalten am freiesten und am anpassungsfähigsten. Dieser Satz gilt natürlich nur allgemein, da ja auch die Intelligenz des Individuums eine große Rolle spielt. Ein besonders intelligenter wildformnaher Hund vermag unter Umständen schönere und kompliziertere Verständigungsmittel zu erfinden als ein noch so instinktfreies, aber dummes Tier. Der Ausfall des Instinktes ist immer nur die offene Tür für die Intelligenz, nicht sie selbst.

Was hier über die Fähigkeiten des Hundes gesagt wurde, seine Gefühle dem Menschen auszudrücken, gilt begreiflicherweise in noch erhöhtem Maße für sein Vermögen, menschliche Ausdrucksbewegungen und menschliche Sprache zu verstehen. Wir dürfen den Jägern, die als erste mit halbwilden oder, besser gesagt, fast völlig wilden Hunden in soziale Beziehung traten, wohl zutrauen, daß sie ein feineres Verständnis für tierische Ausdrucksbewegungen hatten als ein heutiger Stadtmensch. Dies gehörte gewissermaßen zu ihrer Berufsausbildung; ein Steinzeitjäger, der einem Höhlenbären nicht anzusehen vermocht hätte, wann das Tier in gefährlicher und wann es in friedlicher Stimmung ist, wäre ein Stümper gewesen. Diese Fähigkeit war beim Menschen keine Instinkt-, sondern eine Lernleistung; dergleichen wird auch vom Hunde verlangt, der menschliche Mimik und menschliche Sprache verstehen lernen soll. Angeborenermaßen verstehen Tiere ja nur die Ausdrucksbewegungen und -laute der nächstverwandten Arten, erfahrungslose Hunde versagen ja schon vor der Mimik katzenartiger Raubtiere. Angesichts dieser Tatsache ist es ein wahres Wunder, bis zu welchem Grade Haushunde sich in die Gefühlsäußerungen des Menschen einzuleben vermögen. Zweifellos hat die Fähigkeit hierzu im Laufe der jahrtausendelangen Domestikation erheblich zugenommen.

|111|Sosehr ich Lupushunde im allgemeinen und Chows im besonderen liebe, besteht für mich doch kein Zweifel, daß ihnen in der Fähigkeit, den Herrn bis in die tiefsten Gefühle zu »verstehen«, alle höher domestizierten Aureushunde weit überlegen sind. Meine Schäferhündin Tito war darin allen ihren lupusblütigen Nachkommen entschieden über. Sie wußte sofort, wer mir sympathisch war und wer nicht. Ich habe unter den Tieren meiner Kreuzungszucht nach Möglichkeit solche bevorzugt, welche diese Feinfühligkeit von Tito geerbt hatten. Stasi beispielsweise reagierte auf alle Krankheitssymptome an mir: Dabei äußerte sich ihre Sorge nicht nur, wenn ich eine leichte Grippe oder Migräne hatte, sondern auch, wenn ich mich aus rein seelischen Gründen stark deprimiert fühlte. Dies drückte sich objektiv darin aus, daß sie in solchen Fällen nicht wie sonst fröhlich umherlief, vielmehr gedrückt war, dauernd zu mir emporschielend bei Fuß ging und, sobald ich stehen blieb, sich mit der Schulter an mein Knie schmiegte. Interessanterweise zeigte sie dasselbe Verhalten, wenn ich einen leichten Schwips hatte; Stasi war dann über meine »Krankheit« dermaßen verzweifelt, daß dies allein genügt hätte, mich vom Trunke zu heilen, hätte ich je dazu geneigt.

Soweit ich die Erfahrungen aus meinen Hundebekanntschaften verallgemeinern darf, steht der mit Recht so gerühmte Pudel, was die hier besprochenen Fähigkeiten anlangt, an erster Stelle. Nächst ihm scheinen mir deutsche Schäferhunde, gewisse Pinscher und vor allem große Schnauzer die in dieser Hinsicht »klügsten« Hunde zu sein, nur haben sie für meinen Geschmack allzuviel von der ursprünglichen Natur des Raubtieres verloren. Denn gerade ihrer außerordentlichen »Menschlichkeit« wegen fehlt ihnen jener Reiz des Natürlichen, der meine wilden Wölfe auszeichnet.

Eine große Schnauzerhündin war es auch, die unter sämtlichen mir bekannten Hunden mit großem Abstand den Rekord im Verstehen menschlicher Worte hält. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, zu meinen, Hunde verstünden die Bedeutung eines Wortes nur aus dessen Betonung und seien für |112|die Artikulation taub. Der angesehene Tierpsychologe Sarris hat dies an drei Schäferhunden einwandfrei nachgewiesen. Die drei Rüden hießen Haris, Aris und Paris. Befahl nun ihr Herr: »Haris (Aris Paris), geh’ in dein Körbchen!« – so stand unfehlbar immer nur der Angesprochene auf und ging traurig, aber gehorsam auf seine Lagerstatt. Dies funktionierte auch, wenn der Befehl aus dem Nebenzimmer kam und jede unbewußte Zeichengebung ausgeschlossen war. Manchmal will es mir scheinen, als erstrecke sich das Wortverständnis eines klugen, mit seinem Herrn in innigem Kontakt stehenden Hundes sogar auf ganze Sätze. Die Äußerung »Ich muß jetzt gehen« brachte sowohl Tito als auch Stasi sofort auf die Beine, auch wenn ich unter scharfer Selbstkontrolle ohne jede besondere Betonung gesprochen hatte; hingegen rief jedes dieser vier Worte, in anderem Zusammenhange gebraucht, keinerlei Reaktion hervor.

Über das reichste Vokabularium nachweislich und eindeutig verstandener menschlicher Worte verfügte die schon erwähnte Schnauzerhündin Affi, die einer sehr tierverständigen und unbedingt glaubwürdigen Freundin meiner Familie gehörte. Die jagdfreudige Hündin reagierte eindeutig verschieden auf die Worte: Katzi, Spatzi, Nazi und Eichkatzi. Die Besitzerin hatte also, ohne von den Experimenten Sarris’ zu wissen, eine weitgehend analoge Versuchsordnung getroffen. Auf »Katzi« sträubte Affi die Rückenmähne und suchte auf dem Boden in einer spezifischen Erregung, die eindeutig der Erwartung eines wehrhaften Wildes entsprach. Spatzen jagte sie nur in ihrer Jugend, in späterem Alter, als sie die Unerreichbarkeit dieser Tiere begriffen hatte, sah sie nur gelangweilt nach ihnen hin, suchte aber offensichtlich den Spatzen, sofern einer vorhanden war, mit ihren Blicken, bis sie ihn gefunden hatte. Das Wort »Nazi« hatte damals noch keine politische Bedeutung, vielmehr hieß so traditionell der jeweilige Igel jener Dame, dem Affi stets feindlich gegenüberstand, den sie aber persönlich nicht kannte. Auf »Nazi« lief sie sofort zu einem Laubhaufen im Garten, in welchem ein freilebender Igel wohnte, und begann dort zu stöbern und in |113|jener spezifischen, wütenden Weise zu kläffen, in welcher alle Hunde das gehaßte und schmerzende Stacheltier verbellen. Dieses unverwechselbare, hohe Kläffen setzte regelmäßig auch dann ein, wenn gar kein Igel vorhanden war! Auf den Ruf »Eichkatzi« blickte Affi aufgeregt nach oben und lief, wenn sie keines erspähte, von Baum zu Baum. (Wie viele Hunde, die eine schlechte Nase haben, war Affi vornehmlich optisch orientiert und sah besser und weiter als die meisten anderen Hunde.) Sie verstand auch die Richtungsgeste der menschlichen Hand, was bei einem Hunde selten der Fall ist. Affi kannte die Namen von mindestens neun Personen und konnte verläßlich durch die Nennung eines Namens zu dem Betreffenden geschickt werden; sie hat sich nie geirrt.

 

Wenn diese Versuche den Laboratoriums-Tierpsychologen geradezu unglaubhaft dünken, so ist dagegen anzuführen, daß das Versuchstier im Zimmer nicht so viele qualitativ voneinander unterscheidbare Erlebnisse hat wie der seinen Herrn frei begleitende Hund. Die künstliche Assoziation einer bestimmten, dem Tiere im Grunde höchst gleichgültigen Dressurleistung mit einem bestimmten Worte fällt dem Tiere selbstverständlich schwerer als diejenige eines primär aufregenden und bedeutungsgeladenen Jagdwildes von so verschiedener Qualität wie Katze, Vogel, Igel und Eichhorn. Gerade beim Hund wird im Laboratorium die Möglichkeit zu höchsten Leistungen des Wortverständnisses kaum in Bruchteilen ausgeschöpft, weil einfach die nötigen Interessen, die »Valenzen« im Sinne der Tierpsychologie, nicht in genügender Zahl vorhanden sind.

Jeder Hundebesitzer kennt folgenden Vorgang, dessen Komplikation unter Laboratoriumsbedingungen nicht nachzuahmen ist. Der Herr sagt ohne Betonung, ohne den Namen des Tieres zu nennen, ja er vermeidet dabei sogar das Wort »Hund«: »Ich weiß nicht, soll ich ihn mitnehmen?« Schon ist der Hund aufgeregt, da er weiß, daß jetzt ein größerer und vielleicht unterhaltender Gang bevorsteht. Hätte der Herr etwa gesagt: »Jetzt muß ich ihn hinunterführen«, |114|wäre das Tier gelangweilt und ohne Freudenbezeugung aufgestanden. Sagt der Herr nun: »Ach was, ich nehm’ ihn doch nicht mit«, sinken die erwartungsvoll gespitzten Ohren traurig hinab, aber die Augen bleiben immer noch flehend auf den Herrn gerichtet. Sagt dieser endgültig und entschlossen: »Ich lasse ihn zu Hause«, wendet sich der Hund beleidigt ab und geht auf seinen Platz. Man mache sich bewußt, welche komplizierte Versuchsanordnung und welche mühsamen Vordressuren nötig sind, um ein analoges Verhalten künstlich zu reproduzieren, so einfach und alltäglich es im natürlichen Zusammenleben von Herrn und Hund auch sein mag.

Ich war leider nie mit einem der großen Menschenaffen wirklich eng befreundet; meines Wissens ist auch noch nie ein berufsmäßiger Erforscher dieser Tiergruppe mit einem Individuum in ein so enges persönliches und freundschaftliches Verhältnis getreten, wie es zwischen Herrn und Hund alltäglich ist. Grundsätzlich wäre dies vielleicht nicht unmöglich, wenigstens während der ersten Lebensjahre des Tieres, das ja leider, geschlechtsreif geworden, zu gefährlich wird, als daß man es frei halten könnte. Gerade ein solcher engster Kontakt, vornehmlich zwischen einem kritischen, wissenschaftlich erfahrenen Menschen und einem durch intensive gegenseitige Liebe ihm verbundenen Tiere ist unbedingte Voraussetzung, um die höchsten geistigen Leistungen des Tieres gerecht beurteilen zu können. Es ist sicher verfrüht, den Hund mit dem Menschenaffen zu vergleichen, was nämlich die hier erörterten Leistungen betrifft. Dennoch will ich mich zu einer Voraussage verleiten lassen: Ich glaube, daß der Hund in der Fähigkeit, menschliche Sprache zu verstehen, selbst den großen Menschenaffen überlegen ist, sosehr ihn diese in gewissen anderen Intelligenzleistungen übertreffen mögen. In einer bestimmten Hinsicht ist nämlich der Hund unbedingt menschenähnlicher als die klügsten Affen: Wie der Mensch ist nämlich auch er ein domestiziertes Wesen, und wie der Mensch verdankt auch er der Domestikation zwei konstitutive Eigenschaften: erstens das Freiwerden |115|von den starren Bahnen des instinktiven Verhaltens, das ihm, gleich dem Menschen, neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet, zweitens aber jene Verjugendlichung, welche bei ihm die Wurzel seiner dauernden Liebesbedürftigkeit ist, dem Menschen aber die jugendliche Weltoffenheit erhält, derentwegen er bis in das hohe Alter ein Werdender bleibt.