Prolog
Wie schwarzes Öl glitzerte der See im Schein des Mondes. Die Nacht war wolkenlos, Bäume warfen gespenstische Schatten und ihre Äste zeigten wie verknöcherte Finger in die Landschaft. Die Finsternis fraß sich durch die Stadt, vereinzelt unterbrochen von den Lichtern der Häuser.
Er bewegte sich durch das Dickicht. Schnell, geradezu geschmeidig, mit leichter Eleganz. Abrupt blieb er hinter einer Eiche stehen und lauschte. Dort, genau ein paar Meter vor ihm, lief eine Gestalt unsicher auf hochhackigen Schuhen. Sie knickte um, fluchte und ging gehetzt weiter. Niemand schien hinter ihr her sein – noch nicht, doch sie hatte es eilig, aus dem Park herauszukommen. Sie trug eine enge Jeans und dazu eine kurze, gefütterte Jacke. Ihre Haare waren zu einem Bob geschnitten und glänzten in den Laternenlichtern feuerrot.
‚Was machst du auch so spät noch hier draußen? Hat deine Mama dir nicht beigebracht, dass kleine Mädchen um diese Zeit nichts in der Dunkelheit zu suchen haben?’, dachte er grimmig und ein Lächeln glitt über seine perfekten Züge. Er blickte sich nochmals um, sog die eisige Nachtluft in seine Lungen, horchte in sich hinein. Ja, der Hunger war da, grollend und übermächtig. Er musste sie haben, von ihr kosten, ihr süßes Blut in sich aufnehmen, bis sie sich in seinen Armen wand. Gier durchzuckte seinen sehnigen Körper, machte ihn schier willenlos. Im nächsten Augenblick sprang er hinter dem Baum hervor, lautlos, effizient, tödlich. Sie hatte nicht einmal Zeit, zu schreien.