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Hast du schon mal jemanden getötet, Liebling?«

Die Frage kam plötzlich, mitten im sonntagabendlichen Frieden auf der Polstergarnitur. Obwohl Herr Bengtsson, wie wir inzwischen wissen, als direkte Folge seiner Ehe mit unserer Hausfrau allerhand Einfälle und Merkwürdigkeiten gewohnt war, zuckte er zusammen. Er sah nicht nur von seiner Sonntagszeitung auf, sondern hopste sichtlich ein Stück vom Sessel auf.

»Wie? Was? Wen soll ich getötet haben?«

»Na irgendjemanden.«

»Aber Kleines. Wen sollte ich denn töten und warum?«

»Du bist doch ein Mann.«

»Äh, ja?«

»Na ja, ihr macht doch Wehrdienst und so …«

Herr Bengtsson unterbrach sie lachend. »Man läuft beim Wehrdienst nicht herum und bringt wahllos Leute um, ach Liebling!«

»Woher soll ich das denn wissen?«, sagte sie sauer.

»Ich muss zugeben, es würde die ganzen Anekdoten interessanter machen oder jedenfalls spannender.«

»Igitt, ja. Geschichten vom Bund. Jetzt, wo du es sagst … Es ist immer dasselbe: wie sie Steine im Rucksack tragen und meilenweit marschieren müssen. Dann kommen sie irgendwo an und kriegen doch kein Essen in ihrem Dings da … Primus, sondern müssen weiterlaufen.«

»Primus! Das ist lange her. Aber du hast recht. Hast du je eine Geschichte gehört, in der jemand getötet wird?«

»Nein.« Sie dachte nach. »Aber!«

»Was?«

»Hast du nur Wehrdienst gemacht?«

»Was soll das heißen, nur? Das ist alles andere als nur, das kann ich dir sagen.«

»Haben sie dich denn nie in irgendeinen Krieg geschickt?«

»Nein, da bin ich zum Glück drum herumgekommen. Ich war elf Monate beim Heer –, kurz bevor wir uns kennenlernten – und das war wirklich kein Zuckerschlecken. Fast ein ganzes Jahr lang schleppen, marschieren, Liegestütze. Und pampiges Essen aus dem Primus.«

»Bäh.« Sie rümpfte die Nase. »Wie schrecklich.«

»Na ja, der größte Spaß war es nicht, aber man hat auch viele nützliche Dinge fürs Leben gelernt. Zum Beispiel, wie man an eine Tanne gelehnt im Stehen schläft.« Er kicherte.

»An eine Tanne?«

»Ja. So müde wird man nur beim Heer. Man nutzt jede Gelegenheit zum Schlafen. Aber ich habe noch viel mehr gelernt. Man wird nicht über Nacht Feldwebel, weißt du.«

»Du bist Feldwebel?«

»Ja, wusstest du das nicht? Du hast wohl meinen Soldatengeschichten nicht richtig zugehört?«

»Ehrlich gesagt nein, Liebling. Entschuldige, ich finde sie nicht besonders interessant. Du hörst mir auch nicht richtig zu, wenn ich über Gardinensäume rede. Oder über Bücher, wenn wir schon dabei sind.«

»Ja, ja, schon gut. Aber jetzt weißt du es jedenfalls: Man tötet beim Wehrdienst niemanden, und ich bin Feldwebel.«

»Überhaupt nicht sexy.«

»Findest du?« Er schielte über die Zeitung hinweg.

»Ist das ein hoher Titel?«

Herr Bengtsson war klug genug zu antworten: »Ja, das ist es.«

»Cool«, sagte sie und betrachtete ihren Mann mit anderen Augen. Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: »Du weißt doch, dass man nicht töten soll, oder? Ich meine das fünfte Gebot in der Bibel.«

»Ja.«

»Dort steht: ›Du sollst nicht töten.‹ Einfach so. Wen oder was, steht nicht dabei. Wie soll man da wissen, ob man etwas falsch gemacht hat?«

Herr Bengtsson, der den Ernst ihrer Frage nicht ganz verstanden hatte, lachte und antwortete leichtfertig: »Man weiß doch wohl, ob man jemanden getötet hat, oder?«

»Ja, natürlich. Aber da steht nicht: ›Du sollst niemanden töten.‹« Sie sah ihn herausfordernd an, aber er verstand noch immer nicht.

»Wie soll man jemanden töten, der nicht jemand ist?«

»So gesehen hast du auf jeden Fall getötet.«

»Wie denn?«

»Denk nur an all die armen Spinnen, die du für mich plattgemacht hast. Oder das arme Wühlmäuschen, das du heldenhaft beseitigt hast. Das süße Ding.« Sie spitzte den Mund.

»Fängst du etwa schon wieder mit dieser verdammten Wühlmaus an? Das ist doch Jahre her. Ich dachte, wir wären uns einig gewesen, dass wir unseren schönen Rasen behalten wollten?«

»Ich finde immer noch, du hättest sie auf einem Acker aussetzen können. Es war schließlich eine Feldwühlmaus.«

Herr Bengtsson seufzte. »Warum müssen wir ausgerechnet jetzt wieder über dieses Vieh reden?«

»Vergiss es, du Mäusemörder, es geht doch um etwas ganz anderes: Du hast oft getötet, ohne jemanden zu töten. So muss es in der Bibel gemeint sein. Nicht wie im … äh, war das im Hinduismus, wo man nicht mal auf eine Ameise treten darf?«

»Keine Ahnung. Hinduismus oder Buddhismus, glaube ich. Aber das Gebot gilt ganz klar nur für Menschen. Man wird nicht wegen Mordes verurteilt, wenn man seinen Hund einschläfern lässt, oder?«

»Was hat denn das damit zu tun?«

»Weiß ich nicht. Ich dachte einfach an Menschen und Tiere. Irgendwo in der Bibel steht doch, dass der Mensch die Macht über alle Tiere und Fische und Vögel bekommt, nicht wahr?«

Frau Bengtsson war beeindruckt. »Ja, das stimmt. Ich dachte, du hättest sie nicht gelesen?«

»Ich lebe schließlich nicht ganz hinterm Mond. In vierzig Jahren bekommt man so einiges mit. Und erst recht in zwanzig Jahren mit einem Besserwisser wie du.«

»Wie dir.«

Herr Bengtsson sah verwundert drein. »Wie ich?«

»Nein, es heißt wie dir. Mit einem Besserwisser wie dir.«

Plötzlich wurde ihr klar, was sie gesagt hatte, und Herr Bengtsson brach in schallendes Gelächter aus. »Siehst du, ich hab’s doch gesagt.«

Frau Bengtsson konnte nicht anders und stimmte in das Gelächter ihres Mannes ein, der sagte, dass sie ein verrücktes Huhn sei.

Somit hatten sie über das fünfte Gebot geredet und waren zu dem Schluss gekommen, dass Frau Bengtsson wohl gezwungen war, einen Menschen zu töten.