9. KAPITEL

Ich schaffte es noch nach Hause, bevor es mich übermannte. Meine Finger hatten Schwierigkeiten, den Schlüssel ins Schloss der Haustür zu bekommen. Ich betete normalerweise nicht, aber jetzt wandte ich mich flehend an welche Gottheit auch immer zuhören mochte, dass ich bitte noch ins Haus kam, bevor ich mich in der Dunkelheit verlor.

Ich öffnete die Tür.

Und es wurde alles andere als dunkel.

Helles Sonnenlicht blendet mich. Ich schirme meine Augen mit einer Hand ab und schlittere über einen Boden, der glatt ist von Bohnerwachs, nicht von Schnee. Ich atme Hitze ein, eine Kakofonie aus Geräuschen und Gerüchen stürmt auf mich ein.

Ein Hauch von Hasch und der stechende Geruch von Zigarettenrauch verdrängen den Duft von Orangen. Ich höre Lachen und Musik und das Weinen eines Kindes. Blinzelnd reibe ich mir die Augen.

Dieses Mal bin ich direkt in Johnnys Haus gelandet. Die Tür hinter mir steht offen. Habe ich überhaupt geklopft? Wenn ja, hat niemand darauf geantwortet. Es scheint überhaupt niemandem aufzufallen, dass ich da bin.

Ich schließe die Augen, um mich zu beruhigen. Dann schlüpfe ich, so schnell ich kann, aus meinem Mantel und hänge ihn zusammen mit meinem Schal an die Garderobe. Ich schüttle mein Haar, überprüfe meine Kleidung – eine Bootcut-Jeans und eine Bluse. Nicht gerade die Sommermode der Siebziger. Unter der Bluse trage ich ein Top. Die Stimmen aus der Küche werden lauter und leiser, als ich mich der Bluse entledige, nach kurzem Nachdenken auch meinen BH ausziehe und beides in einen Ärmel meines Mantels stopfe.

Keinen BH zu tragen fühlt sich seltsam an. Meine Nippel drücken sich gegen den weichen Stoff meines Tops. Ich fühle mich frei, aber auch etwas befangen.

Ein Baby, nur mit einer Windel und einem weißen Body bekleidet, krabbelt so schnell den Flur hinunter, wie es nur kann. Ihm folgt eine lachende Frau, deren lange, dunkle Haare ihr bis zur Taille reichen. Sie trägt einen Overall mit kurzen Hosen aus hellgelbem Nickistoff. Sie hebt das Baby hoch und pustet auf seinen Bauch, bis es vor Lachen quietscht. Ich stehe verlegen daneben und fühle mich irgendwie ertappt.

„Oh, hey“, sagt sie lässig, als sie mich sieht. „Wer bist du?“

„Emm.“

„Sandy.“ Sie setzt das Baby auf ihre Hüfte und hält mir eine schlaffe Hand hin. „Cool.“

Ich bin mir nicht sicher, ob das eine Begrüßung ist oder ein Kommentar zu meiner Kleidung oder eine rein philosophische Betrachtung. „Äh, ich suche Johnny.“

„Oh, ja, das ist super … Außer er schuldet dir Geld oder so. Er ist hinten, in der Küche.“ Sie hat eine seltsame, nasale Stimme und einen ähnlichen Akzent wie er, nur dass er an ihr nicht so charmant wirkt.

„Danke.“ Ich will mich nicht an ihr vorbeidrängen, vor allem weil sie mich jetzt von oben bis unten mustert.

„Was haste noch mal gesagt, wie du heißt?“

„Emm.“

„Emm.“ Einen Moment schaut sie mich ausdruckslos an. „Wir kennen uns noch nicht, oder?“

„Nein, ich glaube nicht.“

Sie zuckt mit den Schultern und rückt das Baby auf ihrer Hüfte zurecht. Der Geruch seiner vollen Windel weht mir entgegen, und ich trete unwillkürlich einen Schritt zurück. Sandy rümpft die Nase.

„Mein Gott, dieses Kind kann nur essen, schlafen und scheißen. Ich schätze, ich sollte sie lieber baden.“ Sie geht an mir vorbei die Treppe hinauf, dabei spricht sie in Babysprache auf das Kind ein.

Ich gehe mit klopfendem Herzen zur Küche. Meine Handflächen sind feucht. Mein vorfreudiges Lächeln wird breiter, als ich ihn erblicke. Er sitzt auf der Fensterbank, eine braune Bierflasche an den Lippen, eine Zigarette zwischen den Fingern. Sein Haar wird heute von einem roten Bandana aus dem Gesicht gehalten.

Er ist so schön, dass es schmerzt, ihn anzuschauen.

Als er mich sieht, hält er mitten im Lachen inne und springt vom Fensterbrett. Er stellt sein Bier ab und steckt die Zigarette in den Flaschenhals. Schweigen senkt sich über den Raum. Alle drehen sich zu mir um. Candy ist da, dieses Mal steht er nicht am Herd. Ich sehe Bellina. Dazu eine Gruppe von Leuten, die ich nicht kenne. Ed fixiert mich mit einem intensiven Blick und unterbricht seine Rede kurz, bevor er sich wieder der Frau zuwendet, mit der er gesprochen hat. Seltsam, aber ich schenke ihm kaum Beachtung.

„Johnny“, sage ich atemlos.

„Emm.“ Er kommt auf mich zu, als wären wir ganz allein.

Seine Hand passt perfekt in meinen Nacken. Er schmeckt nach Bier und Rauch, und irgendwie ist es eklig, aber irgendwie auch genau richtig. Seine Zunge schnellt vor und zurück; meine Knie werden weich. Es ist mir egal, dass wir nicht allein sind. Es ist mir egal, dass seine Hand auf meinem Hintern liegt und er mich immer enger an sich zieht.

„Hey.“ Er klingt selber ein wenig atemlos.

Unsere Gesichter sind nur wenige Millimeter voneinander entfernt. Ich versinke in der Tiefe seiner Augen und schwimme dort ein wenig herum, während alles um uns aufhört und wieder anfängt. Er lächelt. Ich lächle auch.

„Du bist wieder da“, sagt er. „Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen.“

Ich habe darauf keine gute Antwort, also küsse ich ihn einfach wieder. „Freust du dich, mich zu sehen?“

„Himmel, ja. Du bist letztes Mal so schnell davongelaufen, dass ich nicht mal nach deiner Nummer fragen konnte.“

„Oh …“ Ich zögere. Die Leute haben sich wieder ihren Unterhaltungen zugewandt und schenken uns keine Beachtung. „Ich habe keine Nummer.“

Johnny zuckt mit den Schultern. „Oh, klar, cool. Unser Telefon ist auch vor ein paar Tagen abgeschaltet worden. Paul sagt, von der Bezahlung für seinen nächsten Gig lässt er es wieder freischalten.“

„Wenn du kein Telefon hast“, flüstere ich ihm kichernd ins Ohr, „wie wolltest du mich dann anrufen?“

Johnny vergräbt seine Nase in meinem Haar. „Von der Telefonzelle am Ende der Straße.“

„Ah.“ Natürlich. Telefonzellen. Mir ist plötzlich ein wenig schwindelig, und ich halte mich an ihm fest, um nicht zu schwanken. Ich muss an die Fernsehserie Life on Mars denken, in der ein Polizist angeschossen wird und in den Siebzigern aufwacht, während sein Körper in der heutigen Zeit im Koma liegt.

Ich bin nicht im Koma … nicht ganz. Aber ich bin mir nicht sicher, wie viel Zeit ich habe. Ich schaue über seine Schulter in die Küche. Niemand achtet auf uns. Sie haben alle ihr eigenes Leben, was irgendwie Sinn ergibt. Ich brauche sie nicht. Ich brauche nur ihn.

„Nimm mich mit nach oben“, flüstere ich und knabbere an seinem Ohrläppchen.

„Du willst dich verdrücken? Find ich dufte.“

Ich kichere. „Dufte“ ist so drollig, so Siebzigerjahre-Sitcom. Irgendwie sogar sexy, wenn er es sagt. Es wirkt vollkommen natürlich. Wie alles an ihm vollkommen natürlich wirkt.

„Du bist so anders“, sage ich ihm im Flur, als er seine Finger mit meinen verschränkt.

Johnny schaut mich an. „Anders als was?“

„Egal.“ Ich kann ihm nicht erklären, dass er anders als er selbst ist. „Mir gefällt es auf jeden Fall.“

Ein Grinsen erhellt sein gesamtes Gesicht. Er hält sich mit einer Hand am gedrechselten Geländer fest und schwingt ein wenig an der Treppe hin und her. „Wo warst du überhaupt? Ich habe nach dir gesucht. Du wohnst nicht hier in der Gegend, oder? Bist du wieder nur auf Besuch?“

„Ja, nur zu Besuch.“ Ich nicke.

Oben an der Treppe bleiben wir stehen, um uns zu küssen. Meine Finger berühren sein seidiges Haar. Ich schiebe das Bandana herunter, damit ihm die Haare in die Augen fallen. Als ich ihn küsse, kitzeln mich seine Ponysträhnen.

„Du bist mir vielleicht eine“, sagt er leise und klingt verblüfft.

Ich erinnere mich, wo sein Schlafzimmer ist, aber er bleibt an der Schwelle stehen, als Sandy mit dem Baby auf der Hüfte aus dem Zimmer kommt. Sie bleibt stehen und schaut uns ausdruckslos an. Dann zuckt sie mit den Schultern und hält das Baby so, dass Johnny es betrachten kann.

„Ich habe sie gebadet und umgezogen. Jetzt werde ich ihr das Fläschchen geben.“

Er schlingt einen Arm um meine Taille und zieht mich eng an sich. „Ja, klar, super.“

Sandy schürzt die Lippen und schüttelt den Kopf. „Na ja, wir sehen uns.“

Wir schließen die Tür hinter uns und gehen direkt zum Bett, auf das ich ihn rücklings schubse. Er lässt sich fallen und federt ein wenig nach, bevor er sich auf den Ellbogen abstützt und mich anschaut. Vor seinen Augen ziehe ich mein knappes Top aus und präsentiere ihm meine nackten Brüste. Ich öffne den Reißverschluss meiner Hose, schlüpfe aus den Stiefeln, schiebe die Jeans samt Slip an meinen Beinen entlang nach unten … und bin nackt.

Noch nie habe ich mich so schön gefühlt wie in diesem Augenblick, in dem Johnnys Blick auf mir ruht. Wenn er mich anschaut, ist es egal, dass ich mich an einigen Stellen runder fühle, als mir lieb ist, oder dass meine Brüste nicht mit denen eines Pornostars mithalten können. Das liegt an der Zeit, denke ich und hebe meine Brüste mit den Händen an, um mit der Zunge darüber zu lecken und die Nippel hart zu machen. Damals konnten Frauen noch normale Figuren haben.

Es gibt noch einen Unterschied zu den Frauen, die er gewohnt ist. Johnnys Blick heftet sich auf meine Pussy, die ich erst vor ein paar Abenden rasiert habe. Nicht ganz glatt – ich will ja nicht aussehen, wie ein Schulmädchen. Ich bin eine Frau, und Frauen haben Haare. Aber ich habe meine Bikinizone gestutzt und nur einen schmalen Streifen stehen lassen – was mehr mit Bequemlichkeit als mit Mode zu tun hatte, weil ich in ein paar Tagen meine Periode bekommen werde.

Johnny fährt mit seiner Hand über seinen Mund, seine Lippen glänzen. So wie er auf dem Bett sitzt, hat er die perfekte Höhe. Ich komme näher und stelle mich zwischen seine Beine. Seine Hände packen meinen Hintern, und er schaut mich aus leicht glasigen Augen an.

Berauscht, denke ich. Aber nicht von dem Bier, das er in der Küche getrunken hat. Er ist von mir berauscht.

Ich fahre mit meinen Händen über seinen Kopf, löse das Bandana, das nur noch um seinen Hals hängt, und werfe es aufs Bett. Seine Haare fallen über meine Finger. Ich kralle mich in ihnen fest und ziehe seinen Kopf daran ein wenig zurück.

„Johnny“, sage ich, nur um es zu sagen. Nur weil ich es kann.

„Ja, Baby.“ Seine Stimme ist tief und kehlig. Sexy.

„Johnny, Johnny, Johnny …“ Lachend ziehe ich seinen Kopf noch ein Stücken weiter nach hinten.

Er lacht auch. Seine Hände fangen an, meinen Hintern zu streicheln, die Kuhlen an meinem unteren Rücken, meine Oberschenkel. „Ja, Emm. Ich bin hier, bei dir.“

„Ich auch.“

„Das sehe ich.“ Als ich ihn loslasse, vergräbt er seine Nase zwischen meinen Brüsten und findet meine Nippel mit seinen Lippen. Er saugt vorsichtig an einem, dann an dem anderen und schaut mich grinsend an, als ich stöhne. „Das gefällt dir, was?“

„Oh ja.“ Plötzlich erinnere ich mich lebhaft an eine Szene aus einem seiner Filme, in der er die gleichen Worte gesagt hat. Meine Muschi pocht. „Macht mich das zur Hure?“

Ich sage das mit meinem Pennsylvania-Akzent. Es klingt nicht ansatzweise so, wie er es sagt. Johnny unterbricht die Erkundung meiner Brüste und schaute mich mit gerunzelter Stirn an.

„Zu einer was?“

„Einer … Hure.“ Meine Stimme ist vor Aufregung ganz atemlos.

„Einer … Hure?“

Verdammt. Seine Art, es auszusprechen, lässt in meiner Pussy ein Feuerwerk explodieren. Ich beiße mir auf die Unterlippe und kann das Stöhnen doch nicht ganz unterdrücken. „Wow.“

Sein Lachen klingt etwas verblüfft. Seine Hände hören einen Moment lang auf, meinen Hintern zu kneten. „Glaubst du denn, dass du eine Hure bist?“

Ohhhh. „Mein Gott, das sollte nicht so unglaublich heiß klingen.“

Johnny blinzelt und senkt den Kopf. Seine Schultern beben vor Lachen. „Das turnt dich an, was?“

„Ja. Sag es noch mal.“

Er hört auf zu lachen und schaut mich an. Etwas Dunkles glitzert in seinen grünbraunen Augen. Er leckt sich über die Lippen und wischt sie sich mit dem Handrücken ab. Seine Stimme wird tiefer. „Willst du meine Hure sein?“

Ich will für niemanden eine Hure sein. Ich will nur, dass er es sagt. Ich will, dass er mich auf diese spezielle Art ansieht. Meine Hand in seinem Haar verkrampft sich wieder. Dieses Mal zuckt er zusammen.

Er packt meine Handgelenke. „Das willst du also? Das gefällt dir?“

„Bei dir schon.“

Er ist stärker, als ich erwartet habe. Im Bruchteil einer Sekunde liege ich rücklings auf dem Bett. Johnny hält meine Hände über meinem Kopf fest und schaut mir in die Augen. Sein in Jeans gehüllter Oberschenkel reibt langsam über meine nackte Muschi. Der raue Stoff schickt mir einen Schauer nach dem nächsten über den Körper. Vielleicht sind es aber auch seine Augen, sein Mund, seine Stimme.

„Gefällt dir das?“

„Ja, es gefällt mir sehr.“

Er presst seinen Oberschenkel etwas fester gegen mich. „Macht dich das ganz feucht?“

„Jaaaa“, hauche ich.

Normalerweise traue ich mich nicht, so offen zu sprechen, aber das hier, sage ich mir, ist nicht real. Es ist eine Fantasie. Alles erfunden. All das hier ist nichts anderes als eine Fehlfunktion meines geschädigten Gehirns.

Mit der Hand, die nicht meine Handgelenke festhält, öffnet Johnny seinen Gürtel. Er verlagert das Gewicht. Ich biege meinen Rücken durch, hebe ihm meine Hüften entgegen, warte darauf, dass er in mich eindringt – aber er überrascht mich. Johnny zieht mit seinem Mund eine heiße Spur über meinen Körper, über die Schwellung meiner Brüste, über meinen Bauch. Seine Hände gleiten unter meinen Arsch und heben mich hoch, seine Zunge streicht über meine Klit, dann legt er die Lippen an und saugt vorsichtig.

Ich erschauere und sage seinen Namen. Johnny erwidert nichts, sondern widmet sich ganz dem Vergnügen, meine Pussy zu lecken.

Das habe ich noch in keinem seiner Filme gesehen.

Oh, es wurde durchaus angedeutet. Weichgezeichnete Einstellungen von sich windenden Frauen. Halb verdeckte Schüsse von seinem Kopf an ihrer Hüfte, dann ein Schnitt auf das verzerrte Gesicht seiner Gespielin, die seinen Namen schreit. Aber keiner der Filme hatte ihn wirklich leckend und saugend zwischen ihren Beinen gezeigt. Ich habe keine Bilder, die ich dazu abrufen kann.

Das hier ist also ganz allein meine Fantasie.

Er leckt mich mit geschlossenen Augen und gibt kleine, stöhnende Geräusche von sich. Die Art Geräusch, die ein Mann macht, wenn er etwas Köstliches isst, ein Mahl, das seinen Hunger vollkommen befriedigt. Er kostet eine Weile von meiner Klit, bevor er einen Finger in mich hineinschiebt. Dann zwei. Ich schreie auf.

„Du bist so feucht“, murmelt er.

Wilde Lust brennt in mir. Mir wird heiß, meine Wangen werden rot, mein Hals, meine Brüste. Sein Mund brennt auf meiner Haut. Ich bewege meine Hüften unter seiner Zunge, unfähig, stillzuhalten.

Ich habe nicht mitbekommen, dass er zwischendurch seine Jeans heruntergeschoben hat. Ich schmecke mich auf seinen Lippen, als er mich jetzt küsst. Als er in mich eindringt, hole ich tief Luft und mache seinen Atem zu meinem.

Johnny vergräbt sein Gesicht an meinem Hals und gleitet tiefer in mich hinein. Dort verharrt er kurz, ohne sich zu bewegen. Dann stemmt er sich mit den Armen hoch und schaut mir ins Gesicht. Er sieht verträumt aus. Ich lächle und ziehe ihn für einen weiteren Kuss zu mir herunter.

„Du bist mir vielleicht eine“, sagt er.

Er fängt an, sich zu bewegen. Es ist anders als beim letzten Mal, als ich oben war und wir uns beide wie rasend bewegt haben. Dieses Mal ist es langsamer. Dieses Mal dauert es ewig.

Ich habe noch nie in der Missionarsstellung kommen können, ohne mir mit der Hand ein wenig Hilfe zu leisten. Andererseits war ich noch nie mit einem Mann zusammen, der sich wie Johnny bewegte. Rein, raus, jeder Stoß verstärkt durch ein leichtes Drehen seiner Hüften, wodurch er mich an genau der richtigen Stelle trifft. Und er küsst mich, oh Gott, und wie er mich küsst! Süß und weich, dann härter, seine Zunge streichelt meine, er knabbert an meinen Lippen. Ein sinnlicher Angriff auf meine Nervenzellen. Ich gebe mich ihm ganz hin, ohne mich zurückzuhalten.

Mein Orgasmus kommt langsam, aber mächtig und unaufhaltbar. Ich komme noch ein zweites Mal, nachdem er uns herumgerollt hat, sodass ich auf dem Rücken liege und er mich auf der Seite liegend in einem anderen Winkel fickt. Und schließlich, als er mich noch einmal herumdreht und ich auf seinem Schoß sitze, sein Rücken gegen das Kopfteil des Bettes gelehnt, meine Oberschenkel an seine Hüften gepresst, komme ich noch ein drittes Mal. Ich beiße in seine Schulter, mein Körper zuckt unkontrolliert. Schweiß hält uns zusammen, und der Geruch nach unseren Körpersäften überdeckt alles andere.

Mit einem Stöhnen ergießt er sich in mir. Seine Hände gleiten über meinen schweißnassen Rücken. Er schiebt mir die zerzausten Strähnen aus dem Gesicht. Dann atmet er tief aus und zieht mich an sich.

„Johnny, ich … oh.“ Die Frau von vorhin stürmt ins Zimmer.

„Mein Gott, Sandy“, ruft Johnny genervt, ohne jedoch auch nur den Versuch zu unternehmen, uns mit dem Laken zu bedecken, selbst als ich mich an seiner Brust verkrieche. „Ich habe dir doch gesagt, du sollst verdammt noch mal anklopfen, bevor du reinkommst.“

„Sorry! Ich brauche nur meine Tasche. Mein Gott, Johnny, du hättest auch einfach abschließen können. Mann!“ Sandy stapft genervt zur Kommode und schnappt sich eine große Basttasche mit Bambusgriffen. Der Inhalt der Tasche klimpert und klappert, als sie die Hände in die Hüften stemmt. „Ich gehe.“

„Wer hat das Kind?“ Johnny schaut sie über meine Schulter an, seine Hände halten mich fest.

„Ich habe meine Mutter angerufen, damit sie die Kleine abholt.“ Sandy sieht mich an. „Wie heißt du noch mal?“

„Raus mit dir, Sandy. Verdammte Scheiße.“ Johnny verlagert das Gewicht, als will er mich von seinem Schoß schieben und aufstehen. Sandy springt einen Schritt zurück und hebt abwehrend die Hände.

„Okay, okay. Meine Güte, reg dich ab, Mann. Alles cool. Ich will dir hier nicht deinen großen Auftritt versauen oder so.“

„Raus“, sagt Johnny.

Sandy geht und schließt die Tür hinter sich. Ich rühre mich nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich überhaupt bewegen kann. Johnny sieht mich an.

„Tut mir leid. Sie ist eine dumme Schnepfe.“

Ich steige von ihm herunter, fühle mich klebrig und glitschig. Wir haben kein Kondom benutzt, und ich staune mehr über die Details, die mein Gehirn mir liefert, als über die Tatsache, dass ich ihn ohne Schutz verführt habe. Ich setze mich neben ihn auf die Matratze. Sandy hatte ich gar nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt – nur Johnny zählte für mich. Aber der Blick, mit dem sie mich zum Schluss bedacht hat, verrät mir eine Menge.

„Also Sandy?“

„Ja?“ Johnny streckt seine Hand nach einem Päckchen Zigaretten aus, das auf dem Nachttisch liegt. Er bietet mir eine an und zuckt mit den Schultern, als ich den Kopf schüttle. Er zündet sich eine Zigarette an, inhaliert den Rauch und atmet ihn bei seinem nächsten Satz aus. „Was ist mit ihr?“

„Hast du was mit ihr?“

„Sie ist meine Alte.“ Johnny zuckt erneut mit den Schultern und beugt sich vor, um mich zu küssen. „Aber mach dir keine Sorgen. Sie ist cool.“

„Warte mal.“ Ich runzle die Stirn und halte ihn mit einer Hand zurück. „Deine Alte? Du meinst deine Frau?“

„Ja. Na ja. Wir haben uns vor einer Weile getrennt. Haben nur die Papiere noch nicht unterzeichnet. Sie kommt ab und zu her, um das Kind vorbeizubringen.“

„Warte, warte, warte.“ Mein Kopf schmerzt. Ich nehme die Zigarette und ziehe daran. Ich habe bisher nur ganz selten geraucht, aber ich schaffe es, nicht zu husten. „Sie ist deine Frau. Und das war dein Kind?“

„Ja. Das ist Kimmy, meine Tochter.“

„Dann könnt ihr noch nicht sehr lange getrennt sein“, weise ich ihn auf das Offensichtliche hin. „Sie ist doch höchstens zehn Monate alt.“

„So ungefähr, ja.“ Er nimmt die Zigarette zurück und mustert mich durch einen Schleier aus Rauch. „Hast du ein Problem damit? Ich meine, wir sind nicht mehr zusammen oder so. Wie ich schon gesagt habe, sie ist da nicht so. Sie zieht ihr eigenes Ding durch.“

Ich bin mir nicht sicher, ob ich auch „nicht so“ bin, aber was soll ich sagen? Ich komme von der Straße hereingeschneit und vögle ihn in einem Haus voller Fremder, und das zu einer Zeit, die weit vor meiner Geburt liegt. Beim Gedanken daran schüttelt es mich. Irgendwo da draußen haben meine Eltern sich noch nicht einmal kennengelernt. Ich existiere in dieser Welt noch gar nicht, und Johnny ist bereits verheiratet und hat ein Kind. Seine Tochter ist älter als ich.

„Hey. Alles in Ordnung mit dir?“ Johnny schiebt mir die schweren Haare von der Schulter und über meinen Rücken, der vom trocknenden Schweiß ganz klebrig ist.

„Ja, sicher. Mit geht’s super. Alles gut.“ Ich bin nicht mal richtig eifersüchtig, sondern nur genervt von meinem Gehirn, dass es sich so einen Scheiß ausdenkt wie Exfrauen, die keine Grenzen kennen.

„Gut.“ Ihm scheint das zu reichen. Nackt, wie er ist, lehnt Johnny sich gegen das Kopfteil des Bettes und seufzt. Er wirft mir einen Blick zu. „Dieses Mal rennst du ja gar nicht davon.“

Ich schaue mich in dem Zimmer um und atme tief ein. In der Luft liegt nur der Geruch nach Sex und Zigarettenrauch. „Nein. Soll ich gehen?“

Er lächelt und beugt sich vor, um mich träge zu küssen. „Verdammt, nein. Du bleibst hier. Wir bitten Candy, uns etwas Schönes zu kochen. Paul kommt später noch vorbei, um an seinem Projekt zu arbeiten. Du solltest wirklich bleiben.“

Ich knülle ein paar flache Kissen zusammen und strecke mich neben Johnny aus. „Was für ein Projekt?“

„Ein Kunstprojekt. Magst du Kunst, Emm?“

„Ich … klar.“ Das ist nicht mal wirklich gelogen. Ich bin überzeugt davon, dass ich Kunst mögen würde, wenn ich sie nur verstünde.

Johnny lacht und drückt seine Zigarette in dem Aschenbecher auf dem Nachttisch aus. Er legt einen Arm um mich und zieht mich näher heran, sodass ich meinen Kopf auf seine Brust legen kann. Das ist ein wesentlich besseres Kissen als die anderen. „Was für Kunst gefällt dir?“

„Oh, äh … van Gogh, denke ich. Und Dalí.“

Er schnaubt.

Ich gucke ihn an. „Was für Kunst magst du denn?“

„Das weiß ich erst, wenn ich sie sehe. Wie auch immer, Paul macht nichts dergleichen. Keine Malerei oder so. Er hat eine Filmkamera. Er will, glaube ich, einen neuen Film machen. Ich weiß nicht. Ich hab ihm gesagt, ich würde ihm noch mal helfen.“

Johnny und Paul haben zusammen drei oder vier dieser selbst gemachten Kunstfilme gedreht, die noch weniger Handlung haben als die Horrorfilme. Da Jen sie nicht in ihrer Sammlung hatte, habe ich nur Auszüge daraus im Internet gesehen. Einige gibt es nicht einmal auf DVD.

„Ich habe sie gesehen.“

Johnny neigt den Kopf und schaut mich neugierig an. „Du warst in einem seiner Filme? Stehst du darauf?“

„Oh, nein. Ich meine … Ist auch egal.“

„Du bist mir eine“, sagt Johnny erneut. „Ich werde aus dir einfach nicht schlau.“ Er küsst mich und sieht mir dann in die Augen, als würden die ihm alle meine Geheimnisse verraten. Ich entziehe mich ihm ein wenig.

„Worum geht es in dem Film, Johnny?“

Er zuckt mit den Schultern und gähnt. „Wenn ich das wüsste. Ich hab einfach nur gesagt, dass ich ihm helfe, weißt du? Er hat die Kamera und das Geld. Und irgendeinen reichen Kerl, der ihm verspricht, sein Zeug in die Kinos zu bringen.“

Das gibt mir wenigstens einen kleinen Anhaltspunkt, in welchem Jahr wir uns befinden. Der erste von Pauls Filmen ist 1976 entstanden. Alle anderen folgten innerhalb einer Zeitspanne von gut anderthalb Jahren.

Johnny streicht mir übers Haar. „Paul ist ein Künstler.“ „So wie du.“

„Ich? Himmel, nein.“ Er lacht. „Ich kann nicht für fünf Dollar zeichnen. Ich kann nicht singen. Ich bin nicht mal ein guter Schauspieler. Das Einzige, worin ich halbwegs gut bin, ist für Fotos zu modeln.“

Ich lache leise. „Du siehst ja auch verdammt gut aus.“

Johnny schnaubt. „Klar. Na ja, so gut, wie es eben geht, hm? Es reicht, um die Rechnungen zu bezahlen. Und es ist besser, als Autos zu klauen.“

„Du wirst das nicht für immer machen“, versichere ich ihm.

In dem folgenden Schweigen ist das Ticken der Uhr auf der Kommode sehr laut zu hören. Johnny sieht mich an und nimmt alles an mir in sich auf. Er fährt mit seiner Hand in mein Haar, umfasst meinen Nacken, zieht mich aber nicht näher.

„Nein“, sagte er. „Das weiß ich. So etwas kann man nicht für immer machen, oder man endet auf der Straße.“

„Du wirst nicht auf der Straße enden“, sage ich.

„Was bist du, eine Wahrsagerin?“

„So in der Art.“ Ich nehme seine Hand und fahre die Linien nach. Ich habe keine Ahnung von Handlesen oder Tarotkarten oder irgendetwas in der Richtung. Aber ich kenne seine Zukunft. „Ich sehe in deiner Zukunft Ruhm und Reichtum.“

„Gut, gut. Das ist sehr gut.“ Johnny beugt sich vor, um das Mysterium seiner Handfläche ebenfalls zu betrachten, so als könne er dort das sehen, was ich ihm beschrieben habe.

„Und … Liebe.“ Die Worte rutschen mir einfach so heraus. Er schaut mich an. „Ja? Du siehst Liebe?“

„Ich sehe Liebe für dich, ja.“ Meine Stimme ist verträumt und heiser. Ich fahre eine weitere Linie auf seiner Hand nach, denke mir alles aus und bin doch irgendwie davon überzeugt, die Wahrheit zu sagen. Ich schaue Johnny tief in die Augen, bin wie gefangen von seinem Blick, der mich so fest in dieser Zeit, an diesem Ort hält, zumindest für diesen Augenblick, der vielleicht alles ist, was ich je erwarten darf.

Er zieht mich näher und küsst mich lang, sehnsüchtig und süß. „Das gefällt mir.“

Wir küssen uns eine Weile nur um des Küssens willen. Mit ihm auf diesem breiten Bett zu liegen, die Kissen und Decken zerknüllt um uns herum, hat eine ganz besondere Qualität, beinahe wie in seinen Filmen. Sein Schwanz erhebt sich hart zwischen unseren Körpern, aber Johnny scheint es nicht eilig zu haben, mich noch einmal zu ficken – was vollkommen in Ordnung ist. Anders, unerwartet, aber okay. Es reicht mir, bei ihm zu sein, mit ihm herumzumachen, als wenn wir alle Zeit der Welt haben.

Was natürlich nicht stimmt. Meine Blase drückt – etwas, das mir in einer Episode noch nie passiert ist. Lachend winde ich mich aus Johnnys festem Griff und steige aus dem Bett, um auf nackten Füßen ins Badezimmer zu gehen. An der Tür schaue ich mich noch einmal zu ihm um. Schicke ihm einen Kuss. Als ich mich wieder umdrehe und über die Schwelle trete, stolpere ich und falle und lande auf Händen und Knien in meinem Hausflur.

Ich war immer noch nackt.