8. Felsen, Feuer und Eis



Mike, Aroha und Jeannie treffen sich bei der Statue von Sir Richard Grey im Park vor der Universität, der diese vom Stadtzentrum trennt. Kevin ist im Tongariro Nationalpark beschäftigt und fehlt daher leider bei ihrer Zusammenkunft.

»Ich bin sicher, dass wir alle viel nachgedacht haben«, beginnt Mike.

»Ja, aber ich finde es noch immer schwer zu glauben, was wir im Tongariro Park erlebt haben«, sagt Aroha.

»Ich glaube, wir sollten eine Liste von Feststellungen sammeln und dann versuchen, diese in ein sinnvolles Ganzes einzubinden«, schlägt Mike vor.

»Feststellung eins: Wir haben alle mehrmals eine Änderung im Licht bemerkt.«

»Feststellung zwei: Die Luft war anders, frischer«, wirft Aroha ein.

»Feststellung drei: Wir haben Blumen gesehen, wie ich sie nie vorher bemerkt habe«, ergänzt Jeannie.

»Feststellung vier: Es gab Bäume, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt«, fährt Aroha fort.

»Feststellung fünf: Die Berge erschienen steiler und jünger als sie es sein sollten«, fügt Mike hinzu.

Es ist der letzte Punkt, über den sie am längsten nachdenken. Schließlich spricht Mike das aus, was den anderen auch auf der Zunge liegt.

»Ihr kennt die alte Regel, wenn man alles Mögliche eliminiert hat, dann muss das Unmögliche möglich sein. Es kommt mir vor, als würden wir durch das Kapakapa auf eine visuelle (und vielleicht nicht nur visuelle) Diskrepanz stoßen. Wir sehen Dinge aus längst vergangenen Zeiten.«

»Ich glaube nicht, dass du ‚wir‘ sagen solltest. Es ist Aroha mit dem Kapakapa. Aber wenn sie mit Freunden zusammen ist, die in einem gewissen Sinn offen sind für ungewöhnliche Phänomene, dann werden diese Freunde in das Erlebnis mit einbezogen«, meint Jeannie.

Mike nickt. Aroha sagt: »Ich glaube, dass das alles stimmen mag. Nur fehlt uns noch viel Information. Warum erleben bzw. sehen wir gerade eine bestimmte Zeit? Warum geschieht diese Zeitverschiebung nur an gewissen Stellen und nur manchmal? Ist es ein Naturphänomen? Oder steckt irgendwer oder irgendwas dahinter, und was wird damit bezweckt? Darauf haben wir alle keine Antworten. Aber die größte ‚Verschiebung‘ haben wir im Tongariro Nationalpark erlebt, und dort scheint sie auch am stabilsten zu sein. Ich glaube daher, dass wir dort, und vor allem in der Nähe der Vulkane und auf dem vulkanischen Plateau, versuchen könnten, weiterzusuchen.«

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»Ja«, stimmt Mike zu. »Das Kapakapa ist ja schließlich aus einem Obsidian geschnitzt und dieser Stein mag sehr wohl vor langer Zeit aus einem dieser Vulkane stammen. Aber wenn wir die Vulkane ernsthaft ansehen wollen, wird das kein Spaziergang. Wir benötigen Kletterausrüstung. Ich rufe Kevin heute Abend diesbezüglich an, einverstanden?«

Nach einigen weiteren Gesprächen beschließen die vier Freunde, sich am nächsten Wochenende die höher gelegenen Teile des Tongariro Parks vorzunehmen. Wieder fahren sie am späten Freitagnachmittag von Auckland nach Süden. Sie kommen natürlich erst im Dunkeln an, so dass man nicht mehr viel sehen kann. Kevin berichtet, dass seit dem letzten Besuch Arohas alles enttäuschend normal geblieben war.


Als der Morgen graut, sind sie bald alle auf und laufen zur Tür. Es ist ein kalter, windiger Tag, aber das hindert sie nicht, halb angezogen ins Freie zu stürmen.

Kevin blickt verwundert in alle Richtungen: »Es ist doch wirklich nicht zu glauben. Es ist wieder alles ‚zurück‘ wie es euch Aroha erzählt hat. Schaut euch nur das vulkanische Plateau an mit Mount Ruapehu und Ngauruhoe, bei denen wieder große Dampfwolken aus den Kratern kommen. Und erst da drüben, Mount Tongariro, seht ihr, wie aktiv der ist?«

Und fast als Bestätigung kracht es in diesem Augenblick und ein Gemisch aus glühenden Steinen, Asche und Dampf schießt explosionsartig aus dem Krater des Tongariro.

»Der einzige, der ruhiger zu sein scheint, ist der Vulkan ganz im Westen. Er schaut aus wie Mount Taranaki, nur jünger, viel jünger als er sonst bekannt ist«, ergänzt Kevin.

»Mir kommt auch vor, dass die Berge alle näher aneinander liegen, als sie es nach der Landkarte eigentlich sollten, es ist unglaublich!«, sagt Mike.

»Hat eigentlich der Fluss, den wir schon zweimal untersucht haben, der direkt vor und unter uns liegt einen Namen?«, erkundigt sich Aroha.

»Es kann unmöglich der Whanganui sein, der schaut ganz anders aus. Aber andererseits, ich habe keine Ahnung welcher Fluss es sonst wohl sein könnte.«

Da erinnert sich Aroha (oder ist es das Kapakapa?) an eine Legende, die von den Maoris erzählt wird:

»Die alten Maoris betrachteten die Berge als die steinernen Abbilder der Kinder von Rangi und Papa, des Vater Himmel und der Mutter Erde. Taranaki lebte zusammen mit seinen Brüdern Ruapehu, Ngauruhoe und Tongariro. Aber dann kam es zu einem großen Streit zwischen Taranaki und Tongariro um ein schönes Mädchen. Tongariro war der Erfolgreiche. Deshalb verließ Taranaki seine Brüder in Trauer und wanderte langsam bis ganz in den Westen, wobei er als Spur das Tal des Whanganui Flusses zurückließ.«

»Auf das, was wir hier sehen, passt diese Geschichte jedenfalls sehr gut«, meint Jeannie.

Nach einem eiligen Frühstück packen sie ihren Rucksack. Trotz der Kälte sind alle so neugierig darauf, was sie heute erleben werden, dass sie rasch aufbrechen wollen.


Kevin führt sie flussaufwärts zu der einfachen Hütte, die Aroha und er bei der ersten Erkundung fanden. Diese wollen sie als ihren Hauptstützpunkt hier am vulkanischen Plateau verwenden.

Die beiden Mädchen machen einen Blick in die Hütte und stellen dann fest, dass sie sie unbedingt etwas säubern müssen, bevor man einen Schlafsack auf den Boden legen kann!

Zusammen schneiden sie Bündel von Zweigen ab und wechseln sich ab in dem Bemühen, den größten Schmutz aus der Hütte zu kehren. Die dicken Schichten alten Staubs erzeugen dabei große Wolken, die in den Sonnenstrahlen, die durch das winzige Fensterloch fallen, glitzern. Jeannie hält das einzige Taschentuch, das Mike hat, über Mund und Nase, nachdem sie zuerst mehrmals fast das Gefühl hatte zu ersticken.

»Ich habe den Eindruck, dass diese Hütte noch nie, seit sie gebaut wurde, sauber ausgekehrt wurde«, sagt Jeannie.

Schließlich meldet sich Aroha: »Ich bin inzwischen am Verhungern. Ich glaube es ist jetzt sauber genug und wir sollten eine Essenspause machen.«

»Ich bin so verstaubt«, sagt Jeannie, »ich muss unbedingt zuerst einmal schwimmen gehen«.

Den vier Freunden hat kaltes Wasser noch nie etwas ausgemacht. Also gehen sie alle schwimmen, tauchen in das herrliche aber sehr frische Wasser, bevor sie sich zum überfälligen ‚Mittagessen‘ (einige Sandwiches und etwas Obst) zusammensetzen. Leider beschließen die lokalen Steckmücken auch, an dem Essen teilzunehmen, was die Ruhepause etwas unruhig macht. Mike beschwert sich bei Aroha, dass sie den Mückenklatscher, den er ihr das letzte Mal schenkte, nicht mit hat.

»Ich frage mich übrigens, wovon diese Biester leben, wenn sie keine Menschen als Futter haben«, grummelt er.

»Ich frage mich auch, wovon die Millionen von Milben eigentlich leben, die wir vorher aus der Hütte gekehrt haben«, ergänzt Aroha.

»Glaubst du, dass sie inzwischen in Marschformation gerade dabei sind wieder in die Hütte zurück zu kriechen?«, fragt Kevin.

»Vielleicht sollten wir ein bisschen Marschmusik für sie machen«, schlägt Mike vor. Er nimmt einen Topf und einen Stab und beginnt damit ‚Musik‘ zu machen, aber sein Geschick, was Rhythmus anbelangt, ist nicht sehr ausgeprägt, so dass ihn die anderen bald anflehen, aufzuhören.

»Die Milben erinnern mich an etwas, was ich unlängst in einer technischen Zeitschrift gelesen habe«, sagt Aroha. »Offensichtlich ist es gelungen, Maschinen, so klein wie Milben, zu erzeugen. Sie bestehen zum Großteil aus Silizium, aber sie haben auch bewegliche Teile, Räder, Zahnräder und so. Wenn ich mich richtig erinnere, dann heißen sie Mikro-Mechanische-Maschinen, abgekürzt MEM«.

»Wozu sollen solche MEMs denn verwendet werden?«, fragt Jeannie »Mikrochirurgie?«

»Um ehrlich zu sein, ich weiß es selbst nicht«, sagt Aroha, »aber sie haben offenbar trotz der Winzigkeit recht komplexe Schaltungen,  wie ganz einfache Computer«.

»Wofür auch immer solche MEMs gedacht sind, wir könnten ein paar Millionen als Kämpfer gegen die Milben und Stechmücken hier gut brauchen«, grinst Kevin.

Nun überstürzen sich alle im Versuch, noch verrücktere Anwendungen für MEMs zu finden. Es scheinen ihnen die Ideen nicht auszugehen, bis schließlich Kevin auf seine Uhr zeigt.

»Wenn wir heute noch etwas erkunden wollen, dann wird es Zeit, dass wir weiter machen.«

Sie verstauen Schlafsäcke, Kochgeräte und anderes Zeug, das sie untertags nicht mehr brauchen in der Hütte und verbringen den Nachmittag damit, das Plateau gründlich zu untersuchen. Sie finden viele Stücke Obsidian, aber alle im »Rohzustand« und nichts, was dem Kapakapa ähnlich sieht.

»Interessant ist«, meint Mike, »dass die dünnen Teile des Obsidian, den wir hier finden, ein bisschen durchscheinend sind. Aber selbst die dünnsten Stellen des Kapakapa sind nicht lichtdurchlässig.«


Am nächsten Tag beginnen sie sehr früh mit dem Aufstieg zum Mount Ruapehu. Sie versuchen, die vereisten Stellen soweit es geht zu umgehen, aber es ist nicht einfach. Langsam und vorsichtig kämpfen sie sich durch weichen Schnee, unter dem da und dort eine gefährliche Eisplatte liegt, aufwärts. An steilen Felsen, unter denen sie vorbei gehen, hängen hunderte Eiszapfen, die wie ein erstarrter Wasserfall in der Sonne glitzern. Als sie den Gipfelrücken erreichen, weht ein heftiger Wind, der das Weiterkommen schwierig macht. Aber der Blick ist kaum zu beschreiben: Sie überblicken das gesamte vulkanische Plateau, sehen den Fluss als dünne Linie weit unten und den Mount Taranaki ganz im Westen. Von der höchsten Stelle des Kraterrandes sieht Aroha steil auf einen kochenden, blubbernden, schlammigen Kratersee hinunter und wird unruhig bei dem Gedanken, dass jemand über den Rand ins Innere des Kraters hineinrutschen und im kochenden See versinken könnte. Dann hebt sie ihren Blick und sieht hinüber zu der dampfenden Krone des Ngauruhoe. Plötzlich ‚hört‘ sie, wie das Kapakapa ihr die Maorilegende über das ungeborene Kind des Vater Himmel und der Mutter Erde erzählt. Dieses bewegt sich und strampelt im Leib der Mutter so heftig, das dadurch immer wieder Lava und Asche aus Vulkanbergen wie diesen heraufgeschleudert wird. Sie zuckt zusammen und Kevin merkt es.

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»Kalt?«

»Nein, nicht besonders, das Kapakapa hat mir nur wieder eine mystische Geschichte erzählt.«


Sie suchen einen anderen Weg hinunter. Die Sonne ist jetzt stark, der Schnee sehr weich geworden, sie sinken immer wieder bis zu den Hüften ein, das Weiterkommen wird mühsam. Aroha überlegt sich, ob sie wohl noch eine ‚Geschwindigkeit‘ von 100 Metern pro Stunde erreichen! Sehr erschöpft kommen sie schließlich wieder zur Hütte zurück.

Aroha fühlt sich nass, fertig, aber auch psychisch ausgelaugt: »Es war ja eine schöne, wenn auch anstrengende Tour, nur ich sehe leider nicht, dass sie uns irgendwie weitergebracht hat, was das Rätsel um das Kapakapa und diese sonderbare Welt betrifft.«

»Ich bin nicht ganz so pessimistisch wie du«, sagt Mike. »Bitte lass mich dein Kapakapa noch einmal genau ansehen.«

Aroha gibt Mike ihr Kapakapa. Mike öffnet seinen Rucksack und nimmt eine Anzahl von Obsidian Bruchstücken, die er in den letzten beiden Tagen gesammelt hat, heraus. Schließlich wählt er ein Stück, das eine annähernd gleiche Gestalt wie das Kapakapa hat und gleich groß ist. Er wiegt die beiden Stücke sorgfältig in den Händen.

»Es besteht kein Zweifel, das Kapakapa ist deutlich schwerer als der Stein«, sagt er schließlich.

Die anderen testen das Gewicht gleichfalls: Mike hat recht, der Gewichtsunterschied ist bemerkenswert. Aber Mike hat noch eine größere Überraschung. Er nimmt ein kleines Stück Obsidian, das offenbar nur ein Splitter eines größeren Stückes ist. Keiner sieht zunächst etwas Besonderes. Dann nimmt Mike eine Lupe, hält das Stück nahe an die brennende Gaslampe und prüft den Splitter sorgfältig.

»An der Seite, wo er ganz schmal ist, sieht man ein Netz von ganz feinen Linien. Mich erinnern diese Linien an etwas, aber ich möchte wissen, ob ihr etwas Ähnliches denkt.«

Neugierig schauen sich die anderen den Splitter unter der Lupe an.

»Ja, das sind eindeutig regelmäßige Linien, die sich exakt rechtwinkelig kreuzen und von denen ich mir nicht vorstellen kann, dass sie natürlich entstanden sind. Ich bin mir sicher, dass sie von Menschen gemacht wurden«.

»Oder zumindest von intelligenten Lebewesen. Ich glaube, wenn wir die Verwerfung der Zeit, die das Kapakapa anscheinend auslösen kann berücksichtigen, dann müssen wir auch andere sehr ungewöhnliche Möglichkeiten ins Auge fassen«, ergänzt Jeannie.

Ken hat sich bisher zurückgehalten. »Mich erinnern die Muster auf diesem Splitter fast an Muster, wie ich sie bei Computerchips gesehen habe... das hast du doch gemeint, Mike, oder?«

Mike nickt: »Ja, und alles ist natürlich wilde Spekulation und ich verstehe noch überhaupt nicht, wie das alles zusammenpasst. Aber erlaubt mir einmal laut zu denken. Ich glaube wir stimmen überein, dass wir hier und jetzt in einem Neuseeland sind, wie es vor langer Zeit existiert hat. Wir finden hier einerseits eine Hütte, eine alte Befestigungsanlage aus der Maori Zeit, aber die gesamt Geographie scheint noch viel älter zu sein. Ich vermute, dass auch dieser Splitter sehr viel früher bearbeitet wurde. Vielleicht von Lebewesen, die über gewisse Arten von Computern verfügten, wie wir sie nicht kennen. Auch Arohas Kapakapa scheint aus dieser Zeit, lange vor den Maoris, zu kommen. Vielleicht sind die von ihm ausgelösten Effekte nicht so ‚übernatürlich‘ wie sie uns vorkommen, sondern sind irgendwie systematisch in das Kapakapa eingebaut.«

»Du vermutest also«, sagt Kevin, »dass das Kapakapa nicht einfach von Maoris aus Obsidian geschnitzt wurde, sondern dass der Obsidian, der offenbar das Grundmaterial ist, auch sonst noch bearbeitet wurde, vielleicht sogar angereichert mit MEMs oder ähnlichen Dingen, von denen uns heute Aroha erzählte, und dass dadurch das Kapakapa mehr ist als nur ein mystisches Objekt.«

»Ja«, antwortet Mike, »so ähnlich könnte ich mir das vorstellen. Es würde erklären, warum das Kapakapa schwerer ist als ein gleich großes Stück Obsidian und warum es auch an den dünnsten Stellen nicht durchscheinend ist. Die Tatsache, dass wir einen anderen Obsidiansplitter gefunden haben, der wohl ein Teil eines komplexeren Objektes gewesen ist und eine sehr ungewöhnliche Struktur aufweist, spricht auch dafür. Wenn das Kapakapa brechen würde, vielleicht würden wir innen auch solche Strukturen sehen.«

»Genug spekuliert«, meint Kevin, »deine Beobachtungen sind interessant. Wir sollten den Splitter im Labor genau untersuchen. Und vielleicht finden wir in der nächsten Zeit weitere Indizien für oder gegen deine Thesen. Und jetzt sollten wir schlafen, wenn wir morgen wirklich den Mount Ngauruhoe ersteigen wollen!«


Die Entscheidung diese Tour zu machen, ist ihnen nicht leicht gefallen. Es wird kein leichter Anstieg werden. Der Berg besteht zum größten Teil aus einem fast perfekten Kegel von Vulkanschlacke, der im Sommer die Wärme einfängt und unerträglich heiß wird, wobei neue Lava oder Asche vom Krater die Situation nicht einfacher macht. Zu jeder Jahreszeit können unvermutet heftige Stürme aufziehen. Im Winter bewegt man sich dann plötzlich in arktischen Bedingungen, im Frühling kann der Wind so stark werden, dass er Eisplatten durch die Luft schleudert ...

Beim ersten Tageslicht brechen die vier auf. Der Himmel ist klar und es ist windstill. Also zumindest der Anfang stimmt! Im Laufe des Vormittags frischt der Wind auf und treibt Wolken aus dem Süden heran. Viele Stellen sind unangenehm vereist. Die vier arbeiten sich langsam höher und höher, die Männer führen und versuchen die Moral der Mädchen mit ermutigenden Bemerkungen hoch zu halten. Gegen Mittag wird die Situation aber immer kritischer. Der Wind hat Sturmstärke angenommen, die Sicht wird immer schlechter. Dicke Wolken haben nicht nur Nebel gebracht, sondern auch eine Mischung von Regen und Schnee, der ihnen in die Gesichter bläst.

Plötzlich hören sie eine gewaltige Explosion aus der Richtung des Mount Tongariro. Die Erde bebt, es lösen sich Schnee- und Steinlawinen, die wie durch ein Wunder an ihnen vorbeigehen. Sie sind durchnässt, die Sicht ist auf Null gesunken. Sie müssen umkehren.

Als sie etwas abgestiegen sind und der Wind wieder erträglicher ist, genießt Aroha das Abrutschen über die Geröllfelder, die zum Plateau hinunter führen. Sie merkt aber im Nebel nicht, dass sie sich einer steilen Felskante nähert. Mike erinnert sich vom Anstieg an diese Stelle, erkennt die Gefahr und läuft mit riesigen Sprüngen zu Aroha, wobei er bei jedem Aufsprung im Geröll einige Meter weiterrutscht. Er stürzt in der Eile einmal, merkt gar nicht, dass er seinen Rucksack dabei aufreißt, und erreicht Aroha noch rechtzeitig. Sie wundert sich über das besorgte Gesicht von Mike, bis dieser ihr den Felsabbruch zeigt, auf den sie zugesteuert ist.

An diesem Abend sitzen sie lange um ein warmes Feuer, essen, trinken und reden. Aroha näht den Rucksack von Mike, als kleine Geste des Dankes für ihre ‚Rettung‘. Mike kontrolliert den Inhalt, es scheint nichts verloren zu sein. Erst in Auckland wird er zu seiner Frustration feststellen, dass einige Obsidianstücke, darunter der interessante Splitter mit dem Muster, fehlen.


Es ist der letzte Abend vor ihrer Rückfahrt nach Auckland. Sie gehen die Ereignisse der letzten Tage durch, bis sie allmählich immer müder werden. Aroha liegt angenehm nahe bei Kevin. Mike und Jeannie flüstern noch lange miteinander.

In der Nacht heult der Wind um die Hütte. Aroha ‚sieht‘ ihn als mythisches Ungeheuer, das den Berg vor Menschen schützt und droht, beim nächsten Besteigungsversuch weniger freundlich mit den Menschlein umzugehen.

Beim Frühstück ist Mike verträumt und stiller als sonst, Jeannie hat glänzende Augen. Es wird Aroha und Kevin klar, dass die Freundschaft zwischen Jeannie und Mike zu mehr geworden ist.