Versicherung von Studenten
Voraussetzungen für die Versicherungspflicht
In der gesetzlichen Krankenversicherung sind Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, krankenversicherungspflichtig. Dies gilt auch in der Pflegeversicherung.
Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob die Betreffenden ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht.
Beginn und Ende der Versicherungspflicht in der studentischen Krankenversicherung
Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten beginnt mit dem Semesterbeginn frühestens mit dem Tag der Einschreibung oder der Rückmeldung an der Hochschule.
Wird ein Student wegen einer Erkrankung nicht zu Semesterbeginn, sondern erst später immatrikuliert, dann beginnt erst mit dem späteren Zeitpunkt die Mitgliedschaft in der studentischen Krankenversicherung. Das gilt auch dann, wenn die nachträgliche Immatrikulation rückwirkend zu Semesterbeginn in Kraft tritt (Urteil des BSG vom 17.10.1986, Az.: 12 RK 36/95).
Die Mitgliedschaft beginnt im Übrigen mit jedem Semester (frühestens mit der Einschreibung oder Rückmeldung) neu (Urteil des BSG vom 24.09.1981, Az.: 12 RK 77/79).
Durch eine Beurlaubung vom Studium wird die Versicherungspflicht als Student nicht berührt.
Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten endet einen Monat nach Ablauf des Semesters, für das sie sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben.
Wurde das Studium mit dem entsprechenden Diplom abgeschlossen und ist der Betreffende danach als Doktorand immatrikuliert, besteht keine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten (Urteil des BSG vom 23.03.1993, Az.: 12 RK 45/92).
Weisen Studenten ihren Anspruch auf Aushilfsleistungen mit der nach EU-Recht oder Abkommensrecht vorgesehenen Anspruchsbescheinigung nach, besteht grundsätzlich keine Versicherungspflicht zur deutschen studentischen Krankenversicherung.
Bei der Prüfung, ob Studenten sich vorübergehend oder gewöhnlich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, ist auf die Umstände des Einzelfalles und nicht auf starre Fristen abzustellen.
Die Versicherungspflicht besteht bis zum
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Abschluss des 14. Fachsemesters,
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längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres.
Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des zweiten Bildungsweges, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit, dies rechtfertigen.
Über die Anwendung dieser Ausnahmeklausel entscheiden die Krankenkassen in eigener Verantwortung.
Das BSG hat mit Urteil vom 09.02.1993 (Az.: 12 RK 70/92) festgestellt, dass ein Student, der nach dem Abitur und einem Industriepraktikum Theologie, Religionswissenschaften, Philosophie und Mathematik studierte, nach Vollendung des 30. Lebensjahres nicht mehr der Versicherungspflicht unterlag. Besondere Gründe, die die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen würden, lagen nicht vor.
Die Spitzenverband Bund der Krankenkassen haben die Auffassung vertreten, dass die Mitwirkung in den Gremien der Universitäten während des Studiums als Verlängerungstatbestand zu werten ist.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin im Urteil vom 16.01.1991 (Az.: L 15 Kr 18/90) setzt die Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung der Studenten auch für Studenten des zweiten Bildungsweges voraus, dass das Studium zumindest vor Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen wurde.
Die Spitzenverband Bund der Krankenkassen haben im Übrigen die Auffassung vertreten, dass sich die Begrenzung auf 14 Fachsemester immer nur auf einen Studiengang bezieht. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Erststudium abgeschlossen oder abgebrochen worden ist.
Deshalb endet die Krankenversicherungspflicht aufgrund eines Zweitstudiums mit der Vollendung des 30. Lebensjahres. Entsprechendes gilt, wenn noch während des Erststudiums ein Zweitstudium aufgenommen wird. Sofern in einem Erststudium bereits mehr als 14 Fachsemester absolviert worden sind und die Krankenversicherungpflicht deshalb geendet hat, tritt bei Aufnahme des Zweitstudiums erneut Krankenversicherungspflicht ein. Das gilt dann nicht, wenn das 30. Lebensjahr bereits vollendet ist und keine Verlängerungstatbestände vorliegen.
Der Bezug von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) über das 30. Lebensjahr hinaus führt für sich allein nicht zu einem Fortbestand der Krankenversicherungspflicht.
Wird der Hochschulzugang im zweiten Bildungsweg erworben und anschließend sowie kurz nach Vollendung des 30. Lebensjahres mit dem Studium begonnen, so ist die Versicherungspflicht in der studentischen Krankenversicherung nicht schlechthin ausgeschlossen (Urteil des BSG vom 30.09.1992, Az.: 12 RK 3/91).
In dem Urteil vom 30.9.1992 führt das BSG weiter aus, dass dann, wenn die Krankenversicherung der Studenten erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres beginnen soll, auch während der Zeit vor Beschreiten des zweiten Bildungsweges besondere Gründe vorgelegen haben müssen, die einem früheren Beginn der Weiterbildung entgegengestanden haben.
War jemand im Alter zwischen 29 und 34 Jahren nicht an einem weiteren Studium gehindert, wird er jedenfalls aus diesem Grunde während des im Alter von 35 Jahren aufgenommenen Aufbaustudiums nicht erneut in der studentischen Krankenversicherung versicherungspflichtig (Urteil des BSG vom 30.09.1992, Az.: 12 RK 8/91).
Eine Verlängerung der Versicherungspflicht zur studentischen Krankenversicherung über die Vollendung des 30. Lebensjahres hinaus kommt nicht infrage, wenn ein früherer Studienbeginn wegen fehlenden Studiengangs nicht möglich war (Urteil des BSG vom 30.01.1997, Az.: 12 RK 39/96).
Der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des zweiten Bildungsweges rechtfertigt die Überschreitung der Altersgrenze nur dann, wenn in der Zeit zwischen etwa der Vollendung des 20. Lebensjahres und dem Beginn des zweiten Bildungsweges sowie zwischen dem Abitur im zweiten Bildungsweg und dem Studienbeginn im Wesentlichen durchgehend Hinderungsgründe vorgelegen haben (Urteil des BSG vom 30.06.1993, Az.: 12 RK 6/93 und Urteil des BSG vom 23.06.1994, Az.: 12 RK 71/93).
Der Einwand einer Studentin, sie habe die Altersgrenze deshalb überschritten, weil ihre Eltern sich einem Studium nach dem Abitur widersetzt hätten, rechtfertigt das Überschreiten der Altersgrenze nicht (Urteil des BSG vom 30.09.1992, Az.: 12 RK 52/92).
Der Erwerb von Berufserfahrung und die Verbesserung der Arbeitsmarktchancen durch Ausübung einer Berufstätigkeit zwischen Abitur und Studienbeginn rechtfertigt ein Überschreiten der Altersgrenze in der Regel nicht (Urteil des BSG vom 30. 09. 1992, Az.: 12 RK 40/91).
Dasselbe gilt in Zusammenhang mit der Versagung eines Studienplatzes und dem Bestreben, Berufserfahrung zu sammeln (Urteil des BSG vom 30.09.1992, Az.: 12 RK 50/91). Im zu entscheidenden Fall wurde nicht die einmalige Nichtzulassung zum Studium, sondern die anschließende mehr als siebenjährige Berufstätigkeit als ursächlich für das Überschreiten der Altersgrenze angesehen.
Als persönliche Gründe, die die Überschreitung des 14. Fachsemesters bzw. des 30. Lebensjahres rechtfertigen, haben die Spitzenverbände der Krankenkassen unter anderem die Geburt und anschließende Betreuung eines Kindes angesehen und eine Verlängerung der Krankenversicherung der Studenten für längstens drei Semester für möglich gehalten.
Nachrangigkeit der Krankenversicherung der Studenten
In der studentischen Krankenversicherung ist derjenige nicht versicherungspflichtig, der
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nach anderen gesetzlichen Vorschriften (z. B. als Arbeitnehmer oder Waisenrentner) versicherungspflichtig ist oder
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familienversichert ist (beachten Sie zur Familienversicherung die Ausführungen ab Seite 167).
Die Versicherung als Student geht der als Berufspraktikant vor.
Der Vorrang der Versicherungspflicht nach anderen Vorschriften und des Anspruchs auf Familienversicherung gilt dann nicht, wenn der Ehegatte oder das Kind des Studenten nicht versichert ist.
Hatte eine Studentin durch ihren Vater Anspruch aus der Familienversicherung und heiratet sie, endet der Anspruch aus der Familienversicherung mit der Heirat, unabhängig vom Alter der Studentin. Von diesem Zeitpunkt an setzt die Versicherungspflicht in der studentischen Krankenversicherung ein.
Wie bereits erwähnt, ist auch die Mitgliedschaft in der Rentnerkrankenversicherung (z. B. als Waisenrentner) vorrangig vor der Mitgliedschaft als Student. Während der (sog.) Mitgliedschaft als Rentenantragsteller ist allerdings zu beachten, dass die Mitgliedschaft als Rentenantragsteller nachrangig gegenüber jeder anderen Mitgliedschaft ist. Dies gilt auch gegenüber der Mitgliedschaft im Rahmen der Krankenversicherung für Studenten.
Wird die Rente aber zugebilligt, geht die Krankenversicherung der Rentner der studentischen Krankenversicherung vor. Bei rückwirkender Rentenzubilligung ist daher das Versicherungsverhältnis gegebenenfalls rückwirkend (frühestens ab Rentenantragstellung) umzustellen.
Berufspraktikanten
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, sind versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung. Das gilt auch für Personen, die ohne Arbeitsentgelt zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden.
Auszubildende des zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem BAföG befinden, sind Praktikanten gleichgestellt.
Allgemein wird von der Versicherungspflicht der Berufspraktikanten gesprochen.
Beitragshöhe für Studenten und Berufspraktikanten
Zur studentischen Krankenversicherung sind von den Studenten und Berufspraktikanten Beiträge zu zahlen. Als Beitragsbemessungsgrundlage, dies ist der Betrag, aus dem die Beiträge berechnet werden, gilt der monatliche Bedarfssatz, der im BAföG für Studenten an Hochschulen festgesetzt ist, die nicht bei ihren Eltern wohnen. Dieser Bedarfssatz beträgt zurzeit 597 Euro.
Unter Umständen müssen Studenten und Berufspraktikanten auch aus anderen Beträgen Beiträge zahlen. Insbesondere ist hier der Zahlbetrag einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zu beachten, wenn der Student Waisenrente bezieht. Das gilt auch beim Vorhandensein von Betriebsrenten (Versorgungsbezüge). Ferner sind Beiträge aus dem Arbeitseinkommen zu entrichten, das der Student als Selbstständiger erzielt. Sowohl aus Versorgungsbezügen als auch aus Arbeitseinkommen sind Beiträge nur insoweit zu entrichten, als sie die Beiträge aus dem Bedarfssatz übersteigen. Die Spitzenverbände der Kranken- und Rentenversicherungsträger haben sich darauf verständigt, dass der vorstehende Grundsatz auch beim Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gilt:
Der für Studenten und Berufspraktikanten maßgebliche Beitragssatz beläuft sich auf sieben Zehntel des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen. Auszugehen ist hier vom bundeseinheitlichen Beitragssatz von 15,5 Prozent. Der Beitragssatz gilt für Studenten vom Beginn des auf die Feststellung folgenden Wintersemesters, für Berufspraktikanten vom 01.10. an.
Seit 01. 01. 2011 beläuft sich der bundeseinheitliche Beitragssatz für Studenten und Berufspraktikanten auf 10,85 Prozent. Dies bedeutet zurzeit einen Monatsbeitrag von 64,77 Euro. Bezogen auf ein Semester, beläuft sich der Krankenversicherungsbeitrag auf 388,62 Euro.
In der Pflegeversicherung ist der bundeseinheitliche Beitragssatz von 1,95 Prozent maßgebend. Dies bedeutet, dass seit dem 01. 01. 2011 monatlich 9,98 Euro zu zahlen sind bzw. ab dem Sommersemester 2011 im Monat 11,64 Euro. Für ein Semester ergibt dies 59,88 Euro bzw. 69,84 Euro.
Studenten, die älter als 23 Jahre sind und keine Kinder haben, müssen zusätzlich den Zuschlag zum Pflegeversicherungsbeitrag von 0,25 Prozent zahlen. Dies ergibt einen Monatsbeitrag zur Pflegeversicherung vom 11,26 Euro (Semester 67,56 Euro) bzw. 13,02 Euro (Semester 78,12 Euro).
Die Zahlungspflicht gilt unter anderem nicht für Bezieher von Arbeitslosengeld II.
Als Ausgleich für die Beitragszahlung erhalten die nach dem BAföG geförderten Studenten einen Zuschuss zur Krankenversicherung. Dieser Zuschuss beläuft sich auf 62 Euro monatlich.
Für nach dem BAföG geförderte Studenten entstehen demnach unter dem Strich für die Kranken- und Pflegeversicherung nur geringe Kosten.