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Im Krankenhaus arbeiteten sich gleich mehrere Personengruppen an den veränderten Umständen ab. Eine Krankenschwester war überfallen und Celia entführt worden. Hamish Watson war ein Mörder.
Vera Oh rief sofort auf der Wache an, beorderte Polizisten zum Royal, lieferte eine Beschreibung des Verdächtigen und leitete eine landesweite Suche ein.
Niemand in Celias Familie hätte gedacht, dass man sich noch schlechter fühlen könne, als sie sich seit der Entführung ihrer Verwandten gefühlt hatten. Aber jetzt fühlten sie sich schlechter. Zu ihrer hilflosen Trauer kam noch der schmerzliche Aberwitz der Situation. Greg riss sich von seinen Söhnen los und bat seine Eltern, mit den beiden weinenden Jungs nach Hause zu fahren.
Und Pete, der nun endlich frei war, schnappte sich als Erstes das Telefon an der Schwesternstation und versuchte, Bronny aufzuspüren.
Telefonat 1:
Pete: Francesco, nimm ab. Francesco.
Telefonat 2:
Pete: Wo bist du?
Zach: Im Bett.
Pete: Hast du Bronny gesehen?
Zach: Seit etwa neun Uhr nicht mehr. Soweit ich weiß, wollten die Mädels eine neue Bleibe finden.
Pete: Weißt du, wo Francesco ist? Zach: Keine Ahnung, Alter.
Telefonat 3:
Pete: Francesco, wo zum Teufel steckst du?
Francesco: Auf dem Dach. Der Boss hat mir ein paar Stunden freigegeben.
Pete: Was ist das für ein Schnaufen?
Francesco: Ähm, das ist Melissa Jeffreys aus Point Lons… He, sachte! … dale.
Telefonat 4:
Pete: Ist Bronwyn Kelly zu sprechen?
Mr Rutkowski: Wer?
Pete: Ist Fliss zu sprechen?
Mr Rutkowski: Welche Fliss?
Pete: Cheryl-Anne?
Mr Rutkowski: Ich kenne diese Leute nicht.
Telefonat 5:
Pete: Ich heiße Pete McGuire. Ich bin ein Freund von Bronwyn. Ich wollte fragen, ob Sie von ihr gehört haben.
Ursula: Ja, sie hat angerufen. Ich warte auf ihren Rückruf. Ist alles mit ihr in Ordnung? Wir machen uns Sorgen um sie.
Pete: Wissen Sie, von wo sie angerufen hat?
Ursula: Keine Ahnung. Ich hab’s rauszufinden versucht. Alles, was ich habe, ist eine Faxnummer, und die kann ich von hier aus nicht zurückverfolgen. Sie wollte im Krankenhaus anrufen.
Telefonat 6:
Pete: … Wissen Sie, woher Sie angerufen hat?
Dr. Gibbons: Das weiß ich tatsächlich. Ich habe Sie zurückgerufen, und zwar unter … 02075559083.
Pete: Das Porchester …
Dr. Gibbons: Bitte?
Pete: Nichts …
(Langes Zögern).
Dr. Gibbons: Was?
Pete: War es ein Ja oder ein Nein?
***
Die Polizei rief auf Hamishs Computer die drei zuletzt besuchten Webseiten auf: eine Autovermietung, eine Buchungsseite für Fähren und einen Routenplaner für die Strecke London–Dover.
In Hamishs Schlafzimmer fanden sie die Schlüssel zu dem besetzten Haus, die Bronwyn in der Nacht der Einweihungsfeier verloren hatte, sowie, in einem abgeschlossenen Koffer unter dem Bett, einen schwarzen Müllbeuteln mit kotverschmierten Kleidungsstücken.
Vera Oh fühlte sich entsetzlich. Sie hatte Greg nie ganz von ihrer Verdächtigenliste gestrichen. Immer hatte sie gedacht, es könne der Scheißkerl von Ehemann gewesen sein, weil sie eben mit Scheißkerlen von Ehemännern ein Ding am Laufen hatte. Selbst als sie Peter McGuire befragt hatte, dachte sie immer noch, Greg könne seine Frau umgebracht haben. Immerhin hatte ihre Berufserfahrung sie erkennen lassen, dass Pete vielleicht nur ein junger Strolch war, der an der Schwelle zum Erwachsensein ins Straucheln geraten war.
Aber ihr blieb nicht genug Zeit, um sich lange in ihren Schuldgefühlen zu suhlen. Sie wussten jetzt, wer der Mörder war, und es schien klar zu sein, dass er irgendwann nach neun Uhr abends in einem roten Fiat in Richtung Dover aufgebrochen war.