5 Physiologische Aspekte

5.1 Gesundheit und Fitness

In unserer hoch technisierten Industriegesellschaft wird vom einzelnen Individuum immer weniger körperliche Leistungsfähigkeit verlangt.

Durch unzählige Stunden vor dem Bürotisch, dem Fernseher, dem PC, durch weit gehendste Arbeitserleichterung hoch entwickelter Maschinen, durch bequemste Wohnmöglichkeiten zu Haus werden die physischen Grundeigenschaften des Menschen sehr stark reduziert.

Daraus resultieren:

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  • Verminderung der Ausdauerfähigkeit.
  • Verminderung der koordinativen Fähigkeiten.
  • Verminderung des Kraftpotenzials (insbesondere der Rumpfmuskulatur).
  • Verminderung der Beweglichkeit.

Die motorische Eigenschaft der Schnelligkeit ist im Zusammenhang mit fitness- und gesundheitsorientierten Sportangeboten von geringer Bedeutung.

Daher soll an dieser Stelle auf die Betrachtung des Schnelligkeits- (Trainings) verzichtet werden.

Eine mangelhafte körperliche Leistungsfähigkeit macht Kreislauf, Immunsystem und den Bewegungsapparat anfällig für Störungen und Erkrankungen.

Es ist auf Dauer zwingend notwendig, Bewegungstraining zur Gesunderhaltung durchzuführen.

Rope Skipping wirkt sich in den Bereichen der Ausdauer, der Kraft und der Koordination positiv auf die Belastungsfähigkeit aus.

5.2 Wirkungen

Rope Skipping stellt sicher erhöhte Anforderungen an die Ausdauerfähigkeit des Organismus. Vor Beginn eines Ausdauertrainings wird jedem Untrainierten geraten, sich untersuchen zu lassen, dies gilt insbesondere für Personen über 40 Jahren oder mit bestehenden Beschwerden.

Nach der ärztlichen Empfehlung steht dem Beginn eines Ausdauertrainings nichts im Weg.

Zudem sollte untersucht werden, ob orthopädische Bedenken bestehen, um fortschreitende Fehlstellungen und daraus resultierende Belastungsschäden zu vermeiden.

Wichtig erscheint diese Problematik bei Personen, die übergewichtig sind. Grundsätzlich ist ihnen aus Gründen negativer Gelenksbelastung abzuraten, eine entsprechende Sportart auszuüben.

Ist man jedoch in der Lage eine angemessene muskuläre Rumpfstabilisation zu erzeugen und technisch einwandfrei zu springen, ist aus orthopädischer Sicht Rope Skipping nicht bedenklich.

Die Grundforderungen für der Ausübung einer (Ausdauer-) Sportart müssen auch vor Ort von einem kompetenten Übungsleiter oder Lehrer umgesetzt werden. Von ihrem Verhalten und ihrer Qualifikation hängt die Zuordnung einer Sportart zum gesundheitsorientierten Training ab.

Es geht vor allem um die allgemeine wie auch spezifische Vorbereitung sowie das Schaffen von generellen Voraussetzungen (vgl. Kap. 6, „Vorbereitung”, s. hier ff.).

5.3 Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System

Das Springen im Seil, verschiedene Sprungtricks eingeschlossen, hat hinsichtlich der Belastung einen Intervallcharakter.

Die reine Sprungzeit liegt dem koordinativen Leistungsvermögen entsprechend zwischen 20 und 60 Sekunden. Fortgeschrittene und außerdem gut ausdauergeschulte Personen kommen auf eine Sprungzeit von 90 Sekunden und mehr je Sprungintervall.

Deutlich zeigt sich schon beim Einsteiger, dass eine längere Sprungzeit mit einem zunehmend verbesserten Bewegungsablauf einhergeht.

Im Rahmen der Erlernung und Beherrschung der Sprünge wird parallel die Ausdauerfähigkeit geschult, ohne Überlastungen eintreten zu lassen (Grundsprünge lassen sich auch im Langzeitintervall über mehrere Minuten ausführen).

Einfach gesagt:

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  • Ein Hängenbleiben im Seil beendet ein Belastungsintervall.
  • Das Beherrschen von Sprüngen setzt die Anforderungen an den Organismus herab und verlängert die Sprungzeit eines Intervalls.
  • Werden Sprünge beherrscht, ist ein regelmäßiges Training vorausgegangen.

Grafik I zeigt die Sprungintervalle mit Erholungsphasen und die mit einem Intervalltraining verbundene Leistungsanpassung im Anfängerbereich über einen längeren Zeitraum.

Die Leistungsreserven nehmen während der Belastungsphase ab (1). Danach erholt sich der Organismus (2) über das ursprüngliche Leistungsniveau (3) hinaus.

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Grafik I

Grafik II zeigt beim Fortgeschrittenen längere Sprungzeiten bei einer langsamer eintretenden Ermüdung. Verbesserte Bewegungsabläufe bis zur Automatisation stellen geringere Anforderungen an den Körper insgesamt.

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Grafik II

Für ein gesundheitlich ausgerichtetes Sportangebot stellen sich zwei unabwendbare Fragen.

Wie hoch ist eine Belastung einzuschätzen und wie hoch darf eine Belastung sein?

Man wird feststellen, dass bei einem Mittel wie dem Seil, in dem einzelne Sprungtricks durchgeführt werden, die Belastungshöhe durch koordinative Grenzen gesteuert wird.

Das Springen im Seil (Training) hat eine mittlere bis hohe Intensität bei ausreichender Sauerstoffversorgung der beteiligten Muskulatur (aerobe Energiebereitstellung).

In der Grafik III kann sich der Einsteiger genauso wie der Fortgeschrittene in den optimalen Bereich zur Schulung des Herz-Kreislauf-Systems einordnen.

Der schattierte Bereich markiert die Belastungsgrenzen in der Ausdauerschulung des Freizeitsportlers.

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Grafik III

In Abhängigkeit vom Alter findet sich ein Seilspringer belastungsmäßig im oberen Drittel dieses gekennzeichneten Raums wieder.

Die flexible Betrachtung der dargestellten Grenzen für die Belastung darf nicht außer Acht gelassen werden. Mit verbesserten Fähigkeiten im Ausdauerbereich kommt es zu individuellen Verschiebungen.

Ausdauertraining sollte kontinuierlich durchgeführt werden, mindestens jedoch 2x pro Woche.

Zehnminütiges Seilspringen (hier ist die reine Sprungzeit gemeint) entspricht einem adäquaten Joggingprogramm von einer halben Stunde (Intervalltraining), wenn der Leistungsumsatz der verbrauchten Energiemengen gerechnet wird.

5.4 Auswirkungen auf das Muskelsystem

Jede Sportart stellt unterschiedliche Anforderungen an die Muskelkraft. Dreht es sich bei Bewegungsabläufen, die schwerpunktmäßig azyklisch geprägt sind, vorwiegend um Schnellkraft, liegt das Augenmerk bei den Ausdauersportarten vornehmlich im Kraftausdauerbereich. Für den Gesundheitssport ist die Kraftausdauer daher von hoher Relevanz.

Ebenso gilt die Forderung, möglichst viele Muskelgruppen anzusprechen.

Für das Springen mit und im Seil wird ein gewisses Potenzial an Kraft vorwiegend im Bereich der Bein-/Sprunggelenkmuskulatur gefordert.

Betrachtet man weiter gehend die Techniken verschiedener Sprungaufgaben, so ist ein Mitwirken der Arm- und Schultergürtelmuskulatur festzustellen.

Die zur Stabilisierung des Körpers aktivierte Rumpfmuskulatur erfährt gleichzeitig einen positiven Reiz.

Die im Ausdauertraining beanspruchten Muskelgruppen erfahren eine Belastung von geringer bis mittlerer Intensität (30-60 % der maximal möglichen Kraftentwicklung).

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  1. Oberarmspeichenmuskel
  2. Langer Speichenhandstrecker
  3. Ellenhandstrecker
  4. Kapuzenmuskel
  5. Deltamuskel
  6. Großer Brustmuskel
  7. Zweiköpfiger Armbeuger
  8. Dreiköpfiger Armstrecker
  9. Breiter Rückenmuskel
  10. Rautenmuskel
  11. Gerader Bauchmuskel
  12. Äuß. schräg. Bauchmuskel
  13. Großer Gesäßmuskel
  14. Zweiköpf. Schenkelbeuger
  15. Halbsehnenmuskel
  16. Großer Schenkelanzieher
  17. Lendendarmbeinmuskel
  18. Vierköpf. Schenkelstrecker
  19. Schneidermuskel
  20. Zwillingswadenmuskel
  21. Schollenmuskel
  22. Vorderer Schienbeinmuskel
  23. Langer Wadenbeinmuskel
  24. Langer Zehenstrecker

Rope Skipping beansprucht einen Großteil der in der Grafik dargestellten Muskelgruppen.

Hauptbeanspruchte Muskelgruppen bedürfen während der Trainingseinheiten, zwischen den einzelnen Sprungserien, hin und wieder der Dehnung und Lockerung.

Auf die spezifische Dehnung sollte nicht nur am Anfang eines Trainings Wert gelegt werden. Zwischenzeitliche Stretching-Phasen optimieren die Arbeitsweise der Muskulatur und tragen zur Verbesserung der Koordination bei.

5.5 Koordinative Anforderungen im Rope Skipping

Die Bewegungskoordination stellt das Zusammenspiel verschiedener Muskelgruppen vor dem Hintergrund einer zielgerichteten Bewegung dar.

Die Steuerung erfolgt über das zentrale Nervensystem.

Je vielschichtiger und komplexer sich eine Bewegung darstellt, desto höher sind die Anforderungen an die Steuermechanismen des menschlichen Körpers.

Betrachtet man die Komplexeigenschaften in differenzierter Form, stellt sich die Koordination als eine Vielzahl von Fähigkeiten dar:

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  • Reaktionsfähigkeit
  • Anpassungsfähigkeit
  • Gleichgewichtsfähigkeit
  • Orientierungsfähigkeit
  • Rhythmusfähigkeit.

Darüber hinaus sind Gewandtheit und Beweglichkeit zu beachtende Größen.

Auf der Basis einer guten Koordination können nicht nur konditionelle Aspekte wie Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit hervorragend geschult werden. Der Kraftaufwand verringert sich bei der Ausführung eines Bewegungsablaufs und die Gefahr von Verletzungen wird erheblich vermindert.

Die vielseitigen und komplexen Trainingsformen der Sportart Rope Skipping verbessern die konditionellen Eigenschaften des Menschen, die oftmals, zivilisatorisch bedingt, unterentwickelt sind.

Durch die Schulung der Kraft, der Ausdauer und der Koordination kann eine verbesserte Anpassung des Organismus an Alltagsbelastungen erwartet werden.

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