Kapitel 3
Wäre die Musik nicht so laut gewesen, hätte ich mich möglicherweise schreien hören können. So allerdings war das erste Anzeichen, das ich wahrnahm, dass ich überreagierte, eine Welle der Übelkeit und das wilde Schwanken des Raumes vor meinen Augen. Ich blinzelte, holte tief Luft und zwang meinen Mageninhalt unten zu bleiben, während ich blindlings mit einer Hand nach der Wand tastete, dann noch einmal tief durchatmete.
Sobald ich mir sicher war, dass ich mich wieder zuverlässig an die Mechanismen des Atmens erinnerte, versuchte ich einen logischen Gedanken in mein Hirn zu zwängen.
Die Sache ist nämlich die: Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass dies nicht die erste Leiche ist, die ich gefunden habe. Auch wenn ich wirklich nichts dafür kann, scheine ich eine Art Magnet für tote Menschen zu sein. Genau genommen habe ich deswegen auch meinen jetzigen Ehemann kennengelernt, einen Inspektor der Mordkommission. Ich würde gerne glauben, dass es von meiner Seite einfach Pech ist, aber in Wahrheit ist mein Hang, Leichen zu finden, weit schlimmer als Pech. Es ist eine Katastrophe.
Vorsichtig streckte ich eine Hand in die Toilettenkabine und berührte die Tussi mit einem Finger am Hals, um nach ihrem Puls zu tasten. Ihre Haut war immer noch warm, fühlte sich aber irgendwie gummiartig an, wovon mir ganz mulmig wurde. Wenig überraschend ließ sich kein Puls feststellen.
Ich zog meine Hand zurück und wischte sie mir instinktiv an der Hose hinten ab, um die Tote-Leute-Bazillen loszuwerden. Ja, die weilte definitiv nicht mehr unter uns. Im Geiste wog ich ab, ob ich lieber die Polizei rufen sollte oder mir einen der kräftigen Security-Kerle schnappen, die im Crush patrouillierten. Da die Polizei anzurufen unweigerlich dazu führen würde, dass ich mit der Toten in der Toilette bleiben musste, während ich in der Leitung blieb, entschied ich mich für Option zwei.
Also schloss ich die Klotür, sandte ein stummes Gebet gen Himmel, dass niemand sonst in den nächsten zwei Minuten hier hereinstolpern würde, und verließ die Toilette.
Die Lichter des Stroboskops und die Laser von der Tanzfläche schmerzten mir in den Augen, während ich nach einem der Jungs in den schwarzen T-Shirts mit dem Aufdruck „Security“ auf dem Rücken Ausschau hielt. Schließlich entdeckte ich einen in der Nähe einer Tischgruppe rechts von mir und bahnte mir meinen Weg zu ihm.
„Totes Mädchen“, keuchte ich, als ich bei ihm ankam, merkte da erst, dass ich außer Atem war.
Der Security-Kerl musterte mich aus schmalen Augen. Er war mindestens einen Fuß größer als ich und wenigstens hundert Pfund schwerer – was etwas heißen wollte angesichts meines derzeitigen Zustandes – und seine Haut war zwei Schattierungen dunkler als meine. Er hatte praktisch „harter Kerl“ in einschüchternden Lettern auf die Stirn geschrieben.
„Wovon redest du, Kleine?“, fragte er.
Ich hielt inne, atmete tief ein und zwang mein Herz kraft meines Willens, nur noch ein paar Hundert Mal in der Minute zu schlagen. „In der Damentoilette. Da ist eine Leiche.“
„Bist du auf Drogen?“, wollte er wissen und kniff die Augen noch weiter zusammen, während er meine Pupillen betrachtete.
Ich schüttelte den Kopf, sodass mir das blonde Haar in die Augen fiel. „Nein. Ich schwöre es. Gehen Sie selbst nachsehen. Sie ist wirklich tot“, gelang es mir, schwer atmend zu sagen.
Er starrte mich einen Moment lang an, immer noch nicht überzeugt, dass es mein Ernst war. Dann schließlich rang er sich zu einem: „Zeigen Sie‘s mir“ durch.
Dorthin zurückzugehen war wirklich das Letzte, was ich tun wollte, aber mir blieb kaum etwas anderes übrig. Daher tat ich es und führte ihn zu den Toiletten. Obwohl sich immer noch jede Menge Mädchen vor den Spiegeln drängten, um sich zu schminken, waren wenigstens Pumps und Halbschuh inzwischen fertig, sodass eine Kabine frei war. Ich deutete mit zitterndem Finger auf die andere.
„Da drin“, sagte ich und hasste es, wie schwach und piepsig meine Stimme klang.
Der Sicherheitstyp klopfte an die Kabinentür. Aber wie bei mir vorhin auch schwang sie auf, ehe irgendjemand antworten konnte. Nicht dass da irgendjemand drinnen war, der noch antworten könnte. Ich schluckte die wiederkehrende Übelkeit erneut hinunter und schaute schnell weg.
Der Security-Kerl schwieg einen Moment mit ausdrucksloser Miene, während er in die Kabine starrte. Dann sagte er schließlich: „Oh ja. Die ist definitiv tot.“
Vierzig Minuten später hatte ich mich schließlich doch erleichtern können (im Männerklo), Stroboskop und Laser waren ausgeschaltet, das DJ-Pult war still, und die Gäste standen in Grüppchen zu dritt oder viert sich leise unterhaltend beieinander, während uniformierte Polizeibeamte mögliche Zeugen befragten. Meinereiner eingeschlossen. Dana, Marco, der schweigsame Gunnar und ich saßen zusammen in einer Nische im hinteren Teil des Clubs und warteten auf Runde zwei der Befragung. Währenddessen hatten sich die Streifenpolizisten an der Tür zum Damenklo gesammelt und verlangten flüsternd und mit dem Finger zeigend nach Beamten höheren Dienstgrades, dass sie die Drecksarbeit erledigten.
Einen davon erkannte ich unseligerweise sofort, als er erschien.
„Oje“, entfuhr es Dana, während ihr Blick an ihm hängen blieb und sie das aussprach, was mir in dem Augenblick durch den Sinn ging. „Ist das nicht …?“
„Jepp!“ Ich schluckte schwer.
„Weißt du was?“, sagte Marco, der ihn ebenfalls entdeckt hatte. „Ich glaube, ich werde mal für kleine Jungs gehen …“ Seine Stimme verklang, während er sich aus der Nische zwängte, dicht gefolgt von Dana und Gunnar.
Verräter. Während ich beobachtete, wie der Grund für ihren übereilten Rückzug mich erspähte, finster die Stirn runzelte und dann mit entschlossenen Schritten zu meiner Nische kam, konnte ich es ihnen allerdings nicht verübeln. Ich würde auch die Flucht ergreifen, wenn ich könnte.
Er war groß und wie ein Boxer gebaut – ganz Muskeln und Kraft. Eine schwach sichtbare Narbe durchschnitt seine linke Augenbraue, ein tätowierter schwarzer Panther zog sich über seinen linken Bizeps, und seine Augen waren von einem tiefen Dunkelbraun, so intensiv, dass sie fast schwarz waren, als er sie auf mich richtete.
Ich räusperte mich und winkte ihm mit den Fingern. „Hi Schatz.“
Mein Ehemann winkte nicht zurück. Kein Lächeln, keine Andeutung von irgendeiner Form von Erheiterung. Zu seiner Verteidigung muss ich wohl zugeben, dass es die eigene Ehefrau am Tatort des jüngsten Verbrechens zu finden, nicht unbedingt der Traum jedes Kriminalkommissars war. Allerdings muss zu meiner Verteidigung angeführt werden, dass er sich eigentlich mittlerweile daran hätte gewöhnen müssen.
Daher räusperte ich mich erneut, rutschte unruhig auf meinem Sitz umher.
Ramirez verschränkte die Arme vor der Brust. Er schaute von mir zu dem gelben Absperrband, das vor der Tür der Damentoilette gespannt war. Wieder zurück zu mir. Dann schüttelte er langsam den Kopf.
„Lucy“ – (so nannte er mich manchmal) – „du hast etwas zu erklären. Wieder einmal.“
Ich schluckte. Wem sagte er das?
„Es ist nicht meine Schuld“, erklärte ich. „Ich musste einfach aufs Klo.“
„Das musst du immer. Aber du findest nicht immer Leichen.“
„Ich fände es schön, wenn du dich an diese Worte auch in Zukunft erinnern könntest.“
Er sandte mir einen düsteren Blick. „Sag mir einfach, was geschehen ist, Springer.“
Autsch! Nachname. Es war ihm ernst. Ich rutschte wieder umher und berichtete ihm in meinem besten ich-kann-wirklich-nichts-dafür-Ton, wie ich die dürre Zickentussi im Damenklo gefunden hatte.
Als ich fertig war, schaute er mich einen langen Moment streng an. „Was, um Himmels willen, hat dich überhaupt erst auf die Idee gebracht, unser ungeborenes Kind in einen Club zu schleppen?“, wollte er schließlich wissen.
Ich blinzelte ihn an. „Entschuldige bitte, aber das letzte Mal, als ich nachgesehen habe, war das immer noch mein Körper.“
„In dem unser Baby ausgetragen wird.“
„Nun, noch mindestens die nächsten vier Monate geht sie dahin, wo ich hingehe, und wenn ich in einen Club will, dann tue ich das. Außerdem ist ein Club kein Schießstand. Welche Gefahr sollte ihr hier schon drohen?“
„Außer, dass ihre Mutter mit einer Frau in Streit gerät, die kurz darauf ermordet wird?“
Ich biss mir auf die Lippen. „Oh. Das hast du schon gehört?“
Er nickte. „Oh ja. Das habe ich gehört. Offenbar gibt es Zeugen, die aussagen, du habest ihr gedroht, sie umzubringen? Sie zu ersticken?“
„Sie hat mich fett genannt!“, brachte ich vor.
Ramirez schloss die Augen. Er zählte stumm bis drei, und ich konnte sehen, dass er ein paar dieser Lamaze-Atemübungen machte, die ich seit Kurzem lernte.
„Kommen wir auf die Leiche zurück“, sagte er schließlich und öffnete die Augen wieder. „Du hast gesagt, du hast sie in der Toilette gefunden, korrekt?“
Ich nickte. „Sie war in einer der Kabinen.“
„Wer sonst war noch zu der Zeit in der Toilette?“, fragte er.
Ich zog die Nase kraus und versuchte, mich an die Einzelheiten zu erinnern. „Da standen ein paar Mädchen vor dem Spiegel, aber sie waren nur da und haben sich geschminkt. Und in der Nebenkabine war ein Pärchen, das anderweitig beschäftigt war.“
Ramirez‘ einer Mundwinkel zuckte. „Anderweitig beschäftigt?“
Ich spürte, wie ich rot wurde. „Naja … du weißt schon. Egal, nein, ich habe niemanden den Tatort fluchtartig mit einem Messer in der Hand verlassen sehen.“ Ich machte eine Pause. „Oder einer Pistole?“, fragte ich, als mir auffiel, dass ich überhaupt nicht sicher war, auf welche Weise die Zickentussi ihr Ende ereilt hatte. Zugegeben, ich hatte die Leiche in der Kabine auch nicht gründlich untersucht.
Ramirez schüttelte den Kopf. „Kein Hinweis bislang auf eine Schussverletzung.“
„Wie ist sie dann gestorben?“, wollte ich wissen.
Ramirez schaute an mir vorbei zum Schauplatz des Verbrechens. „Wir müssen noch auf den Bericht des Gerichtsmediziners warten, um ganz sicher zu sein. Aber es sieht ganz nach massivem Blutverlust aus.“
„Sie ist verblutet?“, fragte ich nach.
Ramirez nickte.
Ich zog meine Brauen zusammen. „Aber da schien gar nicht so viel Blut zu sein“, wandte ich ein und musste an das kleine Rinnsal denken, das ich gesehen hatte. „Ich meine, ich habe ein bisschen auf ihrer Kleidung gesehen, aber nicht viel.“
Er nickte. „Ich weiß. Wir sind dran. Es ist möglich, dass sie woanders umgebracht und hier abgeladen wurde.“
Die Falte zwischen meinen Brauen vertiefte sich. Sicher, das wäre möglich … aber erst eine halbe Stunde vorher war sie an der Bar gewesen und hatte mich beleidigt. Das ließ dem Mörder nicht unbedingt viel Zeit, sie woanders hin zu bringen, sie verbluten zu lassen und dann ihren Leichnam in aller Eile wieder her zu schaffen.
„Warum glaubt ihr, dass sie verblutet ist?“, erkundigte ich mich und überlegte, ob ihre Theorie vielleicht Löcher hatte.
Ramirez schürzte die Lippen. „An ihrem Hals waren Wunden.“
„Wunden?“, wiederholte ich. „Wie Schnitte? Oder Stichverletzungen?“
Er runzelte die Stirn. „In gewisser Weise. Aber es handelt sich eher um punktförmige Einstiche.“
Ich schaute ihn aus zusammengekniffenen Augen an. „Punktförmige Einstiche. An ihrem Hals. Wie viele?“
Ramirez räusperte sich. „Zwei.“
„Warte“, verlangte ich und hielt eine Hand hoch. „Willst du mir damit etwa sagen, dass sie Bisswunden am Hals hat?“
Ramirez‘ Mund wurde schmal. „Punktförmige Stichverletzungen.“
„Gütiger Himmel, ist sie von einem Vampirbiss getötet worden?“
Ramirez sandte mir einen gequälten Blick. „Das reicht. Genug Moonlight, Springer.“
„Aber du hast doch gerade eben gesagt, ihr sei das Blut ausgesaugt worden.“
„Sie ist verblutet. Ich habe nicht gesagt, ihr sei das Blut ausgesaugt worden.“
„Und sie hat Bisswunden.“
„Punktförmige Stichverletzungen. Und für alles darüber hinaus warte ich den Bericht des Gerichtsmediziners ab, ehe ich weitere Mutmaßungen darüber anstelle, wie oder warum sich solche Wunden auf ihrem Hals finden. Und“, fügte er mit einem strengen Blick zu mir hinzu, „ich schlage vor, dass du das auch sein lässt.“
Richtig. Nur, wie sollte ich nicht? Blasse Haut, langes schwarzes Haar, Bisswunden und Tod wegen Blutverlustes. Das alles ergab meiner Ansicht nach ein unmissverständliches Bild.
Tod durch einen Vampir.
„Nein! Die dürre Zickentussi war ein Vampir?“ Marco starrte mich am nächsten Morgen über meinen Küchentisch hinweg an und hätte fast den Kaffee aus seinem Becher verschüttet.
Ich setzte mich anders hin. „Ich bin nicht sicher, ob wir sie weiter so nennen sollten, nachdem sie jetzt tot ist. Und nein, sie war kein Vampir, sie wurde von einem Vampir gebissen.“
„Gütiger Himmel, das ist das Aufregendste, das mir je passiert ist“, erklärte Marco. „Echte Moonlight-Tussis unter uns.“ Bei dem Gedanken lief ihm sichtlich das Wasser im Mund zusammen.
Dana verzog den Mund. „Komm schon. Du glaubst doch nicht ernsthaft an das ganze Vampirzeug, oder?“
Marco zuckte die Achseln. „Man darf ja wohl noch träumen.“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube nicht wirklich, dass es unter uns Vampire gibt. Aber eines steht fest: Auch wenn es so etwas wie Vampire in Wahrheit gar nicht gibt, so hat doch jemand ganz eindeutig versucht, es so aussehen zu lassen, als ob sie von einem Vampir gebissen wurde. Bissspuren und das Blut ausgesaugt. Jemand hat entweder gedacht, er sei ein Vampir, oder will, dass wir das glauben.“
„Was wissen wir über Zic…“ Marco brach ab, fing sich gerade noch rechtzeitig. „Über das Opfer?“, verbesserte er sich.
„Ihr Name ist Alexa Weston“, konnte ich sagen und ratterte die Fakten herunter, die ich gestern Nacht Ramirez entlockt hatte. „Sie war vierundzwanzig, lebte in Burbank und ist polizeiaktentechnisch bislang unauffällig gewesen.“
„Du hast gerade eben die Hälfte der Frauen dieser Stadt beschrieben“, bemerkte Marco und nippte von seinem Becher. Dann verzog er das Gesicht zu einer Grimasse, rümpfte die Nase und schürzte die Lippen. „Süße, was ist das für ein Zeug?“, wollte er von mir wissen.
„Äh … Kaffee?“, erwiderte ich.
„Du nennst das Kaffee? Mads, mein Babyfläschchen hatte stärkeren Stoff als das hier.“
„Sorry. Ich darf kein Koffein zu mir nehmen wegen …“ Ich deutete nach unten auf die Beule.
„Also muss der Rest von uns mit dir leiden?“, beschwerte sich Marco und schob seine Tasse weg.
„Ich hoffe nur, dass Ramirez den Mörder findet – ob nun unsterblich oder auch nicht“, bemerkte Dana und warf einen Blick in Marcos Richtung, „und das möglichst rasch, damit das hier alles vorbei ist. Wisst ihr, was das für das Crush bedeutet?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Ricky hat mir erzählt, dass sie bis auf Weiteres geschlossen haben. Sie machen jeden Tag, an dem die Türen geschlossen sind, einen irren Verlust. Aber nicht nur das, wenn ein Club in dieser Stadt für eine Woche schließt, kennt ihn hinterher niemand mehr.“
Marco winkte den Einwand beiseite. „Ach, bestimmt nicht. Schließlich wurde jemand darin umgebracht.“
„Großartig. Ich kann mir gut vorstellen, wie sich das aufs Geschäft auswirkt.“
„Süße, wir sind schließlich in Hollywood. Jeder Möchtegern-Vampir in der Stadt wird dorthin rennen, von der Hoffnung getrieben, gebissen zu werden“, wandte er ein.
Dana sandte ihm einen Blick. „Oder der Club wird in der Versenkung verschwinden, weil kein Geldgeber etwas damit zu tun haben will, und dann ist es mit Rickys Plan vorbei, eine Weile kürzer zu treten. Er wird die Stadt verlassen, um mehr Moonlight-Filme zu drehen.“ Sie schnitt eine Grimasse. „Mit Ava.“
„Komm schon. So schlimm kann sie doch gar nicht sein“, warf ich ein.
„Sie hat sich letzte Woche nackt für den Playboy fotografieren lassen.“
„Gut, du hast recht.“
Dana schmollte.
„Nun, dann müssen wir einfach dafür sorgen, dass dieser Fall rasch gelöst wird“, entschied Marco und tätschelte Dana mitfühlend den Arm.
„Ich bin sicher, Ramirez arbeitet daran“, sagte ich. Genau genommen, arbeitete er so sehr daran, dass er nur heimgekommen war, um sich umzuziehen, ehe er wieder in der Nacht verschwand. Eine Tatsache, die mich milde enttäuscht hatte, da ich irgendwie gehofft hatte, wir könnten unter der Decke die nicht unbedingt so wunderbare Erfahrung im Crush durch eine angenehmere ersetzen. Unseligerweise funktionierte Ramirez, wie ich gut wusste, wenn er einen Fall hatte, nur in eine Richtung. Schlafen, Essen und Ehefrau verschwanden schneller aus der Gleichung, als man benötigte, um das Wort „Tötungsdelikt“ auszusprechen.
Aber Marco schüttelte den Kopf. „Sicher, er überprüft alle Fingerabdrücke, DNA-Spuren und Zeugen. Doch was ist mit dem Vampirgesichtspunkt? Ermittelt Ramirez das auch?“
Ich biss mir auf die Lippen. Unwahrscheinlich. Genau genommen schien er ziemlich stur darauf zu beharren, dass es keinen derartigen Aspekt dabei gab. „Ich bin mir nicht sicher, ob er von der Vampirgeschichte überzeugt ist …“
„Richtig“, sagte Marco. „Aber du hast selbst gesagt, dass jemand sich ziemlich Mühe gegeben hat, dass es nach einem Tod durch einen Vampir aussieht. Ich würde sagen, das ergibt einen reichlich bedeutsamen Aspekt.“
Ich musste zugeben, dass ich ihm da beipflichtete.
„Und wer“, fuhr Marco fort, „wäre besser dafür geeignet, einen Vampir-Killer zu entlarven als wir? Ich meine, wie oft habt ihr Moonlight gesehen?“
„Sieben Mal“, sagte ich. „Diese Woche.“
Er wandte sich an Dana. „Und du?“
„Viel zu oft“, antwortete sie und verdrehte die Augen.
„Da habt ihr es“, bemerkte Marco. „Wir sind Vampir-Experten.“
„Nun, ich denke, es kann nicht schaden, ein paar Fragen zu stellen …“, wand ich mich.
Berühmte letzte Worte.
Marco quietschte vor Begeisterung und klatschte in die Hände. „Himmel, ich habe den perfekten rosa Trenchcoat für die Vampirjagd. Ich wollte immer schon als Buffy mit jeder Menge fieser, aber sexy Untoter zu tun zu haben.“
Ich verdrehte nur die Augen. Ich hoffte um unser aller willen, dass Ramirez schnell Ergebnisse erzielte.