MEIN HANDELS-ANSATZ

Wie die meisten professionellen Trader halte ich mich an das KISS-Prinzip („Keep it simple, stupid“). Ich verwende keine Indikatoren und nutze keine bestimmten Chart-Setups, auf die ich bewusst warte. Auch Fibonacci-Retracements sind für mich keine eigenständigen Einstiegs- oder Ausstiegsgründe. Dennoch nutze ich diese Konzepte anderer für meine Aktientrades, und das geht so: Da ich aus dem Orderbuch heraus handle, sind für mich die Unterstützungs- und Widerstandslevels meist gut erkennbar. Welche Gründe andere für ihre konkrete Positionierung haben, will ich jedoch während des Handelstages nicht ergründen. Sollten an bestimmten Marken bei Aufwärtstrades (long) Widerstände erkennbar werden, versuche ich oft – und abhängig vom Momentum – , nicht auf die Überwindung zu warten, sondern nutze die Gelegenheit, um kurz vorher auszusteigen. Falls solche Marken bereits bei Eingehen eines Trades erkennbar sind, spielen sie bereits bei der Bestimmung meines Kursziels eine Rolle.

Für Neueinsteiger sind manche Verhaltensweisen, die ich für mich als gangbar herausgefunden habe, nicht uneingeschränkt zu empfehlen. Dazu gehören sicherlich Stopps, die nicht im System festgelegt werden. Bei virtuellen Stopps ist Disziplin erforderlich und diese bringen manche Anfänger möglicherweise noch nicht auf. Jeder Trader weiß: Bei nicht eingehaltenen Verluststopps kann sich aus tolerierbaren kleineren Verlusten ein großes Minus oder sogar eine Katastrophe entwickeln. Erfahrungsgemäß ist es besser, kleine Verluste zu akzeptieren, zumal sich die ursprüngliche Idee des Trades bei Erreichen des Verlustlevels als gescheitert herausstellt und das Durchbrechen einer Unterstützung beispielsweise ein Signal für den Verkauf darstellt. Wer Sorge hat, noch nicht die nötige Kraft aufzubringen, der muss einen „echten“ Stopp setzen. Möglicherweise wird dadurch die Auswahl der Handelsinstrumente eingeschränkt, denn gerade bei weniger liquiden Aktien können Stopps im System Probleme bereiten.

Meinen eigenen Handelsstil würde ich als intuitiv und diskretionär bezeichnen. Dabei spielt für mich als Aktientrader die Situation und Nachrichtenlage in dem jeweiligen Wertpapier eine zentrale Rolle, und nicht die Gesamtsituation am Markt. Als Day-Trader handle ich Aktien in einem Bärenumfeld ohne zu zögern „long“.

Über Handelsobjekte

Ich handle in erster Linie Aktien direkt an den Börsen mit direktem Einblick ins Orderbuch. Gerne ergänze ich mein Tagwerk um einige Devisentrades. Ich bevorzuge die „Originale“ auf Märkten mit echten Handelspartnern. Für professionelle Trader kommen vor allem einfach konstruierte Futures oder Optionen an den Terminmärkten als Handelsobjekte in Frage. Derivative Instrumente mit abgeleiteten Preisen, die von Emittenten ausgegeben werden, gehören nicht zur ersten Wahl der Instrumente. Das sollte aber niemanden davon abhalten, denn wer mit CFDs, Optionsscheinen oder exotischen Zertifikaten Erfolg hat, der hat keinen Grund, damit aufzuhören.

Aus meiner Sicht wäre es inkonsequent, viel Wert auf einen einfachen Handelsansatz und das KISS-Prinzip zu legen und dann mit den komplexen Derivate-Strukturen mancher Retail-Zertifikate ohne direkten Marktzugang zu hantieren. Hinzu kommt ein ganz praktischer Aspekt: In stürmischen Zeiten benötigt man als Trader natürlich einen direkten Marktzugang und will nicht durch von Emittenten definierte Marktstörungen ausgeschlossen werden. In der Vergangenheit kam es in solchen Zeiten leider des Öfteren vor, dass diverse derivative Produkte nicht handelbar waren. Als beispielsweise am 6. Mai 2011 der Dow Jones Industrial Average aufgrund eines Flash-Crashs innerhalb weniger Minuten um 1.000 Punkte fiel, konnten viele Marktteilnehmer keine Derivate handeln. Viele Emittenten konnten sich in dieser schnellen Bewegung nicht hedgen (absichern) und stellten daher keine Kurse, oder es kam durch die Flut an Aufträgen zu technischen Ausfällen. Solche Situationen sind natürlich sehr ärgerlich, wenn man mit dem entsprechenden Derivat einen schönen Gewinn erzielt hätte, aber diesen nicht realisieren kann. Besonders ärgerlich wäre es dabei, wenn man dann aus einer Verlustposition einfach nicht mehr herauskäme.

Fazit: Als Handelsobjekt kommt für mich jedes „originale“ Instrument – auch Basiswert genannt – mit Handelsinformationen wie einem Orderbuch infrage.

Über Risiken und das Managen von Trades

Bevor ich mein eigenes Risiko- und Money-Management kurz beschreibe, möchte ich einige grundsätzliche Aspekte ansprechen: Auch hierbei gilt natürlich das KISS-Prinzip: Niemand sollte sich zu komplexe und starre Regeln einfallen lassen, um seine Risiken und Trades zu managen. Die Notwendigkeit von einigen Regeln ist jedoch unbestritten.

Grundsätzlich sollte man bei der Beschreibung von Risiken zunächst zwei Arten unterscheiden: systemische und unsystemische Risiken beim Agieren im Kapitalmarkt. Die systemischen Risiken sind beispielsweise das allgemeine Marktrisiko, das Zinsänderungsrisiko, Währungsrisiken und externe Veränderungsrisiken. Solche systemischen Risiken kann der Trader nicht direkt beeinflussen. Er kann sich allerdings gut informieren, bestimmte Risiken meiden oder Folgestrategien für bestimmte Ereignisse planen. Die unsystemischen Risiken begründet der Trader im Kern selbst: Er stellt Regeln für Trades auf, diversifiziert oder auch nicht, und er setzt Stopps. Auch aus ganz vernünftigen Ideen und Regeln entstehen manchmal neue Risiken. Immerhin hat der Trader bei unsystemischen Risiken Einflussmöglichkeiten und er kann sich und seine Regeln ständig verbessern. Schließlich ist er für seine Risikoregeln und deren Zweckmäßigkeit selbst verantwortlich.


Zeitmanagement: Erfahrungsgemäß verwenden Einsteiger bei der Planung eines Trades mehr als zwei Drittel ihrer gesamten Zeit auf das Auffinden des Einstiegs. Daneben wird der Ausstieg kurz überdacht (Gewinnziel) und der Umgang mit dem entstehenden Risiko spielt nur eine untergeordnete Rolle. Erfolgreicher werden Trader auf Dauer nur, wenn es ihnen gelingt, bereits bei der Planung von Trades das Thema „Umgang mit Risiken“ zum wichtigsten Thema zu machen. Ein typischer Unterschied zwischen Profis und Einsteigern besteht beispielsweise darin, dass Profis geduldig auf geeignete Einstiegsmöglichkeiten warten und nicht das erstbeste Signal für den sofortigen Einstieg nutzen. Durch diesen kleinen Unterschied beim Trade-Management kann der Trader seine Ergebnisse um mindestens eine Stufe verbessern. Der Grund dafür liegt in einem dauerhaft besseren Chance-Risiko-Verhältnis.


Order-Management: Wenn ein Future-Trader grundsätzlich mit einer Market-Order in den Markt hineingeht und wieder aussteigt, verschenkt er aufgrund seines Order-Managements etwa 50 Euro je Trade. Dadurch entsteht auf Dauer eine erhebliche Ergebnisreduktion. Bei im Schnitt zehn Trades pro Tag und 200 Arbeitstagen gehen auf diese Weise für 1-Lot-FDAX-Trader 100.000 Euro pro Jahr verloren. Ganz so einfach darf man es sich bei seiner Analyse natürlich nicht machen, denn dagegen muss man die möglicherweise verpassten Trades stellen, aber es geht mir hier um die Herangehensweise an die Bewertung von Strukturregeln. In Ausnahmefällen ist natürlich nichts gegen das Absetzen einer Market-Order zu sagen. Bedenklich wäre es aber, wenn solche Fast-Entrys und Fast-Exits zur ständigen Gewohnheit würden.

Das Risiko-Management eines Traders beschäftigt sich demnach mit grundlegenden Fragen der Trading-Strategie. Die Regeln dienen hierbei in erster Linie dem Erhalt des Kapitals, während das Trade-Management hauptsächlich auf das Erzielen von Gewinnen ausgelegt werden sollte. Der Trader kann beispielsweise zunächst festlegen, wie hoch der Anteil seines Trading-Kapitals am Gesamtdepot sein soll (Risiko-Management). Eine weitere Festlegung ist die Bestimmung des maximal zulässigen anfänglichen Risikos je Trade (Risiko-Management). Der Trader muss sich entscheiden, ob er mit fixen Positionsgrößen oder mit flexiblen Größen agieren will. Beide Herangehensweisen haben ihre Berechtigung und sind ein weiterer Teil des übergeordneten Risiko-Managements. Solche Regeln dürfen der Gewinnerzielung jedoch nicht entgegenstehen. Genau an dieser Stelle beginnt das Trade-Management und in Regeln ausgedrückt das Money-Management.


Stopp-Management: Bei jedem Trade ist ein Verlust-Begrenzungs-Stopp zu setzen – so lautet eine denkbare Regel im übergeordneten Risiko-Management. Der Einsatz von festen oder flexiblen Stopps und ihre grundsätzliche Positionierung ist dann eine Frage des Money-Managements. Letztlich kommt es jedoch nicht auf solche Unterscheidungen an. Wichtiger ist das ständige Überprüfen auch der Regeln im Money-Management: Welche Folgen hat das aktuelle Stopp-Regime für das Handelsergebnis? Wer beispielsweise mit einem festen Gewinnziel arbeiten möchte, der kann durchaus einen festen Stopp zur Begrenzung der Verluste gleich mit absetzen – er verwendet dann ein einheitliches CRV je Trade. Allerdings dürfte es in der Praxis schwierig sein, die richtigen Situationen für solche wenig flexiblen Trades zu finden. Möglicherweise verschenkt der Trader mit diesem sehr starren Stopp-Management auch erhebliche Gewinnpotenziale. Aber: Am Ende zählt vor allem, ob man mit seinem Stopp-Management profitabel ist.

Die meisten erfahrenen Trader dürften jedenfalls eher flexibel bleiben wollen und passen ihre Stopps daher lieber an die vorhandene Volatilität des Marktes, die konkrete Situation oder das Handelsinstrument an. Der Wert einer flexiblen Herangehensweise ist beim Traden ohnehin nicht zu unterschätzen. Übrigens: Statt beim Positionieren der Stopps Kompromisse einzugehen (Fehler!), sollte der Trader lieber seine Positionsgröße an die Gegebenheiten anpassen. Dabei können Aktientrader grundsätzlich flexibler agieren als Futures-Trader, die in der Regel mit einer geringen Kontraktzahl im Markt agieren.


Emotionaler Stopp: Wer als Trader nur ungern Verluste hinnimmt, der kann bei seinen Trades mit Break-even-Stopps arbeiten. Sobald ein Trade ausreichend in die gewünschte Handelsrichtung unterwegs ist, setzt man einen Break-even-Stopp. Ein Beispiel: Hat ein Trader bei einem Kursziel von zwei Euro in einem Trade ein Risiko von einem Euro begründet, dann ist es sinnvoll, den Stopp auf Break-even nachzuziehen, sobald der Trade einen Euro im Plus ist, also die halbe Wegstrecke absolviert wurde. Eine Gedankenhilfe dazu: Würde der Trader nichts tun, bliebe dem Trade zu dem Zeitpunkt dieser Betrachtung ein unvorteilhaftes CRV von 0,5 (einem Verlust von zwei Euro stünde ein Gewinn von einem Euro gegenüber). Er würde den Trade also möglicherweise jetzt nicht mehr absetzen. Stichhaltiger ist jedoch die emotionale Komponente: Verliert man bei einem Trade, der schon deutlich im Plus lag, seinen Einsatz, dann ist das besonders ärgerlich und die nächsten Trades dürften in dieser Grundstimmung sicherlich nicht besser werden. In jedem Fall hilft der Break-even-Stopp, die emotionale Balance des Traders zu schützen.

Ob das Setzen eines Break-even-Stopps dauerhaft die richtige Idee ist, hängt letztlich von der Art des Setups und den typischen Gewinnzielen ab. Im Journal des Traders dürfte sich durch das Einführen von Break-even-Stopps die Zahl der Verlierer und natürlich auch der Gewinner verringern. Break-even-Stopps lohnen sich emotional schon dann, wenn der durchschnittliche Erwartungswert je Trade auf dem alten Niveau bleibt. Zum Glück gibt es beim Traden keine Drei-Punkte-Regel wie beim Fußball. Denn für Fußballmannschaften ist das Eingehen höherer Risiken sogar kurz vor Spielende noch sinnvoll, weil ein Sieg wie drei Unentschieden zählt.

Beim Traden ist erlaubt, was funktioniert. Demnach gibt es keine bestimmten Regeln, die jeder Trader für sich aufstellen muss. Ohnehin ist die Disziplin beim Umsetzen von Regeln viel wichtiger als die Regeln selbst: Eine Schutzregel für Trader besteht beispielsweise darin, mit sich selbst einen Trading-Stopp zu vereinbaren. Der kann darin bestehen, dass der Trader nach einem Tagesverlust von beispielsweise fünf Prozent seines Kapitals aussteigt. Genauso können Regeln für schlechte Wochen vorgesehen sein. Die Idee des Trading-Stopps ist es, sich zu sammeln und nicht in Aktionismus (ich muss die Verluste ausgleichen!) zu verfallen. Denn genau in solchen Momenten machen unerfahrene Trader ihre größten Fehler und aus überschaubaren Verlusten werden ruinierte Konten.


Disziplin: Wer beim Umsetzen eines Trading-Stopps Zweifel an der eigenen Kraft und Disziplin hat, der sollte weitere Schutzmechanismen mit sich selbst vereinbaren. Das könnte so aussehen: Nach einem Trading-Stopp ist ein Herunterfahren des Rechners vorgeschrieben. An dieser Stelle darf man dann Microsoft und seinem langsamen Betriebssystem danken, denn ein späteres erneutes Hochfahren dauert seine Zeit und erhöht dadurch die Hemmschwelle. Vielleicht hilft es auch, wenn man seinen Handelsplatz verlässt, um in ein Café oder ins Kino zu gehen. Wer will, der kann nach einer Pause die vermeintlichen Fehler der Trades analysieren und so wieder zu einer objektiveren Sicht auf die Ereignisse gelangen. Bei größeren Verlusten hilft vielleicht sogar ein Zwangsurlaub, um erst mal auf völlig andere Gedanken zu kommen.

Risiko- und Money-Management

Für jeden Trade lege ich ein Gewinnziel und einen maximalen Verlust in Euro fest. Daraus ergibt sich der Stoppkurs, der an wichtigen Marken gesetzt wird. Aus diesen Überlegungen ergibt sich die Positionsgröße des Trades. Meine Frage lautet: Wie viel sind mir der Trade und seine Chancen wert? Die Antwort ist abhängig von der gehandelten Aktie und vor allem von deren Handelsliquidität. Die Gesamtpositionsgröße eines Trades kann bei DAX-Werten natürlich deutlich größer sein als bei Pennystocks. Die Folge meines Money-Managements ist, dass für mich kein fester maximaler Verlust je Trade existiert; dieser kann also in Prozent oder Promille ausgedrückt völlig unterschiedliche Größenordnungen annehmen.

Trotz Gewinnziel und Stoppkurs halte ich meine Positionen nicht offen, wenn sich die Marktbedingungen und damit die Voraussetzungen für den Trade plötzlich ändern. Im Zweifel schließe ich den Trade dann sofort. Eine andere Herangehensweise besteht insbesondere bei Devisentrades im Realisieren von Teilgewinnen, was sicherstellen soll, dass ich den Trade in jedem Fall mit einem Plus abschließe.