TAGESABLAUF

Beim Trading sollte man die Rahmenbedingungen seines Tuns von Anfang an professionell organisieren. Zu dieser Organisationsaufgabe gehört neben Ausstattungsfragen die Tagesorganisation inklusive des Einplanens von Pausenzeiten. Am Abend ist mir Ablenkung wichtig. In der Freizeit sollte man sich ohnehin möglichst mit völlig anderen Themen beschäftigen, denn die Börse ist nicht alles im Leben.

Konkret: Erste Anregungen für eine sinnvolle zeitliche Tagesplanung liefern die Marktöffnungszeiten für die selbst gewählten Handelsinstrumente und Märkte. Für Aktientrader beispielsweise beginnt der Arbeitstag natürlich vor 9 Uhr, da Aktien bereits vorbörslich gehandelt werden und Nachrichten eintrudeln. An den Devisenmärkten (FX) kennt man außerhalb der Wochenenden keine Pause, dann erfolgt die Orientierung an den Haupt-Umsatzzeiten in der Londoner City. Zur dortigen Mittagszeit geht der Umsatz an den Devisenmärkten deutlich zurück. Die meisten Trader sind sinnvollerweise dann aktiv, wenn der liquideste Handel stattfindet und die Kurse damit die höchste Validität (Zuverlässigkeit) aufweisen. Ein weiterer Einflussfaktor für die Tagesplanung insbesondere für Futures-Trader sind die Veröffentlichungszeitpunkte von US-Konjunkturdaten.

Zum Tagesablauf gehört auch die Nachbereitungszeit, die nach absolviertem Tagespensum erfolgen kann. Manche Trader nutzen den frühen Abend, um sich auf den nächsten Tag vorzubereiten. Die Tagesabläufe können bei Tradern durchaus stark unterschiedlich organisiert sein. Wichtig ist vor allem, dass die Tagesplanung wie bei einem normalen Beruf den gewünschten Zweck erfüllt und die eigene Leistung sowie die Chancen bestmöglich fördert. Dennoch gilt: Wenn der Magen knurrt, sollte man darauf reagieren oder in einer heißen Phase eine Zwischenmahlzeit einwerfen.

TABELLE 5: Die drei Phasen eines Handelstages

Phase Schwerpunkt
Vorbereitungsphase News-Screening, Watchlist erstellen
Handelsphase Traden, Markt und News auswerten
Nachbearbeitung Tradingjournal, Abrechnungen

Vorbereitungsphase eines Aktientraders

Das Ziel der Vorbereitungsphase ist es, die tägliche Watchlist mit interessanten Aktien zu erstellen. Jeder Trader muss hier seinen eigenen Weg und für sich geeignete Informationsquellen suchen. Hierfür gibt es Software für News in Echtzeit von verschiedenen Nachrichtenlieferanten. Der Tag beginnt für die meisten Aktientrader mit einer Durchsicht der wichtigsten Unternehmensnachrichten und Analysteneinschätzungen. Außerdem werden Ländernachrichten und politische News gescannt, um das Umfeld zu klären. Zur täglichen Vorbereitung gehört es natürlich auch, die Performance wichtiger Weltmärkte in den Vereinigten Staaten und in Asien zu kennen. Neben den Aktien-Indizes interessieren die meisten Trader die Kursentwicklungen an den Devisen- und Rohstoffmärkten (Gold und Rohöl). Durch diesen Gesamtüberblick der Vorgaben erhält man eine erste Vorstellung von der möglichen Grundstimmung am Markt. Zu diesem Teil des Marktscans gehört natürlich auch das Überprüfen von nachbörslichen US-Unternehmensnews, die sich noch nicht am Markt niedergeschlagen haben.

Um im Tagesablauf Überraschungen möglichst zu vermeiden, sollte man zu Tagesbeginn anstehende Konjunkturnachrichten sichten. Wer sein Kurzzeitgedächtnis entlasten will, der druckt sich am besten eine Liste mit den anstehenden Daten aus. Für US-Konjunkturdaten am Nachmittag bietet beispielsweise die NASDAQ (www.nasdaq.com) einen aktuellen Kalender mit übersichtlichen Informationen und aktuellen Analysteneinschätzungen.

Zum täglichen Geschäft der meisten Aktientrader gehören immer das Sichten von Börsenboards und der Chat mit anderen Tradern, denn man will natürlich wissen, wo andere Marktteilnehmer Bewegung erwarten und wie sie sich positionieren wollen.

Die Handelsphase eines Aktientraders

Die Handelsphase ist das Traden im engeren Sinne. Der Handelstag beginnt natürlich schon vor Eröffnung des Kassageschäfts. So kann man bereits vorbörslich einige Orders oder „Abstauber“ platzieren. Auch liefern vorbörsliche Kursbewegungen erste Indizien für die Auswirkungen der gescannten News auf die Watchlist-Aktien.

Während des Handelstages gilt es, den Newsticker zu kontrollieren und mit Filter- oder Alarmfunktionen neuere Entwicklungen aufzugreifen. Daneben kann man auch in Börsenboards stöbern oder mit anderen Tradern chatten, um zusätzliche Anregungen zu erhalten. Diskutieren zum Beispiel viele Trader über einen Wert, den man bis dahin noch nicht auf der Watchlist hat, dann fügt man diesen Wert hinzu und schaut sich das Geschehen im Hinblick auf einen möglichen Trade an.

Die Nachbereitungsphase eines Aktientraders

Insbesondere Neulinge im Geschäft sollten viel Wert auf die dritte Phase des Tages legen: die Analyse des Handelstages. Das Anlegen eines Tradingjournals ist für Berufsanfänger eine Pflichtaufgabe. Hier können die Fakten jedes Trades wie Kurse und Positionsgrößen, Motive für Entry und Exit oder andere Informationen notiert und später ausgewertet werden. So kann ein Verbesserungsprozess in Gang gebracht werden, um profitable Verhaltensweisen zu fördern und weniger profitable Trades systematisch zu eliminieren. Das akribische Führen eines Tradingjournals ermöglicht die grafische Darstellung von Gewinnkurven oder anderen Informationen. Das Errechnen des CRV sollte automatisiert sein. Mit einer ausreichenden Datenbasis können auch Trefferquoten und Durchschnittsergebnisse ermittelt werden.

Wer sich keine eigene Excel-Tabelle basteln möchte, kann professionelle Tradingjournale nutzen.

TABELLE 6: Tradingjournal

Beschreibung Beispiel
Datum/Zeit Trade-Eröffnung 06.09.2011; 9.30 Uhr
Handelsinstrument DBK (Deutsche Bank)
Stückzahl 1.000
Traderichtung long
Kurs bei Eröffnung 24,00
Stopp 23,50
Kursziel 25,00
Art des Trades Newstrade/Technik/fundamental
Grund für den Einstieg Q2-Zahlen besser als erwartet
Datum/Zeit Trade-Ende 06.09.2011; 10.30 Uhr
Stückzahl 1.000 (Teilausführungen denkbar)
Kurs bei Exit 25,00
Grund für den Exit Kursziel erreicht
Ergebnis vor Gebühren (brutto) 1.000
Ergebnis nach Gebühren (netto) 954,72 (45,28 Gebühren)
Anmerkungen Trade hat mit Glück funktioniert …

Mea Culpa: Meine Aufgabe in der Nachbereitung besteht inzwischen vor allem im Prüfen der abgerechneten Kurse. In den Anfangsjahren meines Tradings habe ich ein Tradingjournal geführt, aber inzwischen ist dies wegen meiner Erfahrung nicht mehr nötig. Das sollte aber niemandem als Ausrede dienen, nicht die notwendigen ersten Schritte auf dem Weg zum Erfolg zu tun. Durch das Führen eines Tradingjournals lernt man mit der Zeit, die „Guten“ von den „Schlechten“ (Trades) zu unterscheiden. Man gewinnt Selbstsicherheit im eigenen Trading und stärkt das eigene „Bauchgefühl“. Das Führen eines Tradingjournals ist insbesondere in den Anfangsjahren unabdingbar und ein absolutes Muss.

Über Ernsthaftigkeit

Um als Trader erfolgreich zu sein und sich auf Dauer eine gewisse Leichtigkeit zu erarbeiten, muss man zunächst die notwendige Ernsthaftigkeit entwickeln. Das gilt natürlich vor allem bei der Auswahl der Trades: Nur wer sich umfassend informiert und seine Handelsobjekte gezielt auswählt, der dokumentiert sich selbst, dass er die notwendige Ernsthaftigkeit an den Tag legt. Dazu gehören auch das Führen eines Tradingjournals und das tägliche Überprüfen der Abrechnungen.

Wer Probleme mit der Eigenmotivation hat, für den könnte es eine Anregung sein, sich Rituale zu schaffen, um die notwendige Ernsthaftigkeit für das Trading zu unterstützen. Damit ist natürlich nicht gemeint, dass man sich jeden Tag im Anzug und mit Hemd und Krawatte an den Schreibtisch setzen sollte. Wenn man sich mit einem Schlips um den Hals unwohl fühlt, könnte das sogar eher hinderlich sein. Sicherlich hilft die Organisation des eigenen Tagesablaufs, der beispielsweise durch einen Wecker eingeleitet nach dem Aufstehen mit einem ordentlichen Frühstück beginnen könnte. Das Mittagessen ist ein anderes Beispiel für ein Tagesritual, das man sich fest vornehmen kann. Weiteren Ideen sind keine Schranken gesetzt – Sport oder Musik geht zum Beispiel auch. Wer seine Arbeitszeiten aufschreiben möchte, der tue das einfach. Manche Psychologen empfehlen sogar, dass man einen Vertrag mit sich selbst abschließen sollte. Für Trader ist erlaubt, was funktioniert.

Mein typischer Handelstag

An normalen Arbeitstagen stehe ich um 7 Uhr auf. Etwa um 7.30 Uhr sitze ich dann am Rechner, um bis zum offiziellen Handelsstart um 9 Uhr in verschiedenen Newsabonnements nach relevanten Nachrichten zu suchen, die meine typischen Handelsinstrumente und die üblichen Verdächtigen meiner Watchlist betreffen. Hinzu kommt das Studium von Börsenbriefen, die bekanntermaßen Aktienkurse „pushen“. Für mich als Aktientrader sind natürlich Unternehmensnachrichten wichtiger als Konjunkturdaten oder statistische Informationen, die zu Tagesbeginn bekannt werden – wenn man mit Devisen, Futures oder Anleihen handelt, kann das natürlich anders sein.

Falls die Suche nach geeigneten Aktien nicht erfolgreich verläuft oder der Markt mir keine Chancen bietet, kann mein Arbeitstag schon mal um 10 Uhr und ohne Trade enden. Das Auslassen solcher Tage ist für mich ein wichtiger Teil des Geschäfts, denn dadurch verzichte ich darauf, im falschen Moment aktiv zu sein. Handelstage ohne Trades sind jedoch die Ausnahme. Die Handelshäufigkeit und die Chancen bestimmen natürlich den Tagesablauf und meine Handelsfrequenz. An extremen Handelstagen tätige ich bis zu 250 Trades. Dann fällt das eigentlich obligatorische warme Mittagessen meistens aus. Dennoch gehört die Mittagspause zu meiner Tagesplanung dazu. Die Zeit der Nahrungsaufnahme und von Pausen ist für mich als Day-Trader zeitlich nicht genau planbar, da ich prinzipiell keinen Trade offen lasse, wenn ich essen gehe. Beispiele von völlig ruinierten Tradern, die unvorsichtigerweise aus verschiedenen Gründen ihren Rechner verlassen haben, ohne ihre sämtlichen Positionen zu schließen, sind mir Warnung genug.

Abends endet die Handelsphase nicht unbedingt, aber oft, mit dem Börsenschluss um 17.30 Uhr. Die Zeit danach nutze ich vor allem, um die gemachten Trades und Abrechnungen durchzusehen. Außerdem schaue ich mich in Chats und Börsenboards nach neuen Handelsideen für den nächsten Tag um oder ich tausche mich mit anderen Tradern aus.

Ein Detail noch: Zu meiner Vorstellung von Professionalität gehört die Wahl der Getränke während der Arbeitszeit. Trading ist bezogen auf den einzelnen Trade bei mir ein Sprint, wobei der Handelstag insgesamt eher einem Marathon gleichkommt, der meine ständige Konzentration erfordert. Ich trinke daher Tee und Wasser und vermeide so das kurzfristige Aufpeitschen, das man durch das Trinken von Kaffee oder Cola erreicht. Auch dieser Aspekt ist nicht unwichtig für einen professionellen Trader, der einen Beruf ausübt und den gesamten Handelstag über eine möglichst gleichmäßige Leistung bringen muss.

Nicht wirklich zum Arbeitsalltag gehört das Entspannen danach, aber solche Ruhephasen sind mir wichtig und ich versuche, jeden Tag für Ausgleich zu sorgen, um mich gedanklich vom Börsengeschehen zu lösen und zu entspannen. Als Day-Trader ohne Overnight-Positionen besitze ich den großen Vorteil, dass nichts den Genuss des Kinofilms oder des Essens am Abend trüben kann. Nicht zum Tagesablauf, aber zu meinen Entspannungsphasen, gehört ein Jahresurlaub, den ich jedes Jahr fest einplane.