XV
„Pudern ist nicht pudern!“

In dem Fall kann ich wirklich nicht schimpfen, wenn da wer an was Unanständiges denkt. Weil das pudern im Sinn von Puder auf die Haut auftragen komplett abgekommen ist. Weder Frauengesichter noch Babyärsche werden heutzutag noch gepudert. Wenn gepudert wird, dann nur mehr im Sinn von schnackseln.

Bei Kosmetik kenn ich mich ja nicht so aus. Da weiß ich wirklich nicht, warum das Pudern aus der Mode gekommen ist. Das ganze andere Klumpert schmieren sich die Weiber ja nach wie vor ins Gesicht. Nur das Puder nimmer! Was aber die Kinderärsche angeht, so hab ich mir sagen lassen, dass das Babypuder mehr schadet als nutzt. Weil es die empfindliche Babyhaut nur verpickt, statt dass es sie schützen tät.

Trotzdem werden heut mehr Kinderärsche gepudert als je zuvor. Aber halt leider nicht mit Babypuder, sondern von den ganzen Kinderschändern. Früher, da haben sich wenigstens nur die Klosterbrüder an den Kindern vergangen, aber heutzutags – heutzutags macht das ja schon ein jeder. Praktisch neuer Volkssport! Und warum? Weil unsere ganze Welt immer perverser und perverser wird! Weil das Normale kein Schwein mehr interessiert! Statt dass er ein normales Sparbuch mit normalen Zinsen hat, muss ein jeder fest an der Börse spekulieren. Und statt auf ein normales Sexheftl mit nackerte Weiber drin stürzen sich alle auf die Kinderpornos im Internet. Wenn das nicht krank ist!

Aber da mag ich gar nicht dran denken! Weil mir sonst schlecht wird. Da denk ich lieber an die Gucki: wie sie jetzt vor dem Spiegel steht und sich die Wangen pudert. Dass sie das überhaupt zusammenbringt! Weil sie sich normalerweise kein bisserl schminkt. Weil sie in ihrem ganzen Leben vielleicht zehn Mal so ein Schminkzeug im Gesicht gehabt hat.

Aber heut gibt sie sich das, das ganze Programm sogar: Lidstrich, Lidschatten, Wimperntusche, Rouge, und jetzt kommt noch ein bisserl ein Puder drauf. Weil erstens hat sie von der Renate ein eins a Schminkset geschenkt gekriegt, ein Mitbringsel von der ihrer England-Reise. Zweitens aber ist heut Leonharditag. Der 6. November. Und weil heut Sonntag ist, ist in St. Anton auch der Leonhardiritt. Sprich: ein Haufen Reiter, ein Haufen Kutschen und womöglich ein noch größerer Haufen Journalisten. Weil natürlich alle neugierig sind, ob die Herren Bankfilialleiter wirklich Geld verschenken. 10.000 Euro – das sind ja 1000 Zehn-Euro-Scheine pro Filialleiter. Da tät es nur so wurln vor lauter Geldscheinen: ein rosaroter Blütenregen im Spätherbst!

Die Wilderer kommen natürlich auch. Das war ja einer der wenigen Punkte, auf die man sich bei der Gründungsversammlung einigen hat können: dass alle zum Leonhardiritt nach St. Anton kommen und einen Hut mit einer Hahnenfeder aufhaben. Mit den Statuten für die neue Partei hat man sich schon schwerer getan. Kommunikationsprobleme. Weil die Gründungsversammlung nicht in Mandi’s Saustall stattgefunden hat, sondern vor dem Wirtshaus. In der Wiesen. Wo der Mandi mit Hilfe der Trillinger Feuerwehr in Rekordzeit 150 Bierbänke aufgestellt hat. Hätte man natürlich ein Mikrofon gebraucht. Hat man aber nicht gehabt. Ist gleich: hat man nur die lautesten Schreihälse hören können. Wer aber kann am allerlautesten plärren? Richtig: der kleine Fuzzi!

Nur ein Beispiel, wie das so gelaufen ist mit den Wilderer-Statuten. Hat der Eber einen Antrag gestellt: Einführung einer Vermögenszuwachssteuer in der Höhe von 25 Prozent. Hat der Fuzzi nicht recht gewusst, was das ist, eine Vermögenszuwachssteuer. Und hat das Ganze ein bisserl anders formuliert – vor allem aber wesentlich lauter: „Jeder, der mehr als eine Million Euro hat, muss 25 Prozent hergeben!“ Eh klar, welcher Vorschlag in den Statuten gelandet ist!

Und in der Art ist es dann auch weitergegangen. Wobei die allerblödesten Vorschläge natürlich die meiste Zustimmung, ja Begeisterung hervorgerufen haben. So hat der Maxi vorgeschlagen, dass ein Dienstauto von einem Politiker höchstens 20.000 Euro kosten darf. Drauf hat der Fuzzi gemeint, die Arschlöcher sollen gefälligst mit dem Radl fahren. Und wenn einer seinen Chauffeur unbedingt behalten will, soll er sich halt ein Tandem zulegen.

Kurzum – die ganze Gründungsversammlung der Wilderer war eine Mordshetz. Nur für die Gucki nicht. Die hat sich beim Bierzapfen derstessen können. Während der Mandi von einem Wirtshaus in St. Anton zum anderen gefahren ist, um sich alle verfügbaren Bierfassl auszuborgen. Sonst hätten ihn die Wilderer in kürzester Zeit trocken gesoffen.

Trotzdem ist die Gucki stolz auf ihre Idee mit der Parteigründung. Weil sie jetzt mit ziemlicher Sicherheit weiß, wer hinter den Wilderern steckt. Besser gesagt: gesteckt ist. Weil jetzt steckt nämlich der Fuzzi hinter den Wilderern. Ist mit überwältigender Mehrheit zum Parteivorsitzenden gewählt worden. Um drei in der Früh. Da hat man gar nicht lang herumgetan: „Wer für den Fuzzi ist, soll aufstehen!“ Und wenn nicht ein paar schon so fett gewesen wären, dass sie nimmer stehen haben können, hätte der Fuzzi doch glatt 100 Prozent gekriegt.

War aber dann vom vielen Schreien und vom vielen Trinken so fertig, der kleine Fuzzi, dass er beim besten Willen nimmer heimfahren hat können. Hat ihn die Gucki in Gottesnamen mitschleppen müssen. Statt dass sie den Eber abgeschleppt hätt. Schad eigentlich!

Aber wer weiß, vielleicht wird es ja heut was? Das neue petrolgrüne Leinenkleid steht ihr wirklich gut, angemalt ist sie auch wie ein frisch lackiertes Hutschpferd, und das Wetter ist wie im Bilderbuch. Ein Herbsttag, wie er strahlender nimmer sein kann! Jetzt muss die Gucki nur noch den Turrini zum Leo-Herrli bringen. Weil das will sie wirklich nicht riskieren, dass ihr Burli beim Leonhardiritt von einem Pferdehuf getroffen wird. Und die Gefahr, dass bei diesem Spektakel das eine oder das andere Pferd durchgeht, schätzt sie eher groß ein. Praktisch 99,9 Prozent.

Hat ja gestern am Nachmittag den Wimmer Heli besucht, den Herrn Raika-Filialleiter von St. Anton. Und ein bisserl ausgefratschelt. So von wegen der Strategie von der Raika: Zahlt sie jetzt – oder zahlt sie nicht? 10.000 Euro pro Filiale ist ja ein Haufen Geld!

Hat die Gucki nicht einmal extra raffiniert fragen müssen, der Heli hat ihr freiwillig alles erzählt. Erstens war er froh, dass er wen zum Reden gehabt hat. Und zweitens hat er so eine Wut auf die Raika gehabt, dass er die Filiale in St. Anton am liebsten eigenhändig in die Luft gesprengt hätt. Nur hat er halt leider keinen Sprengkurs!

Das war nämlich so: Der Vorstand der Raiffeisen Landesbank hat gleich am Mittwoch, wie die Mühlviertler Nachrichten mit dem Erpresserbrief erschienen sind, einstimmig beschlossen, dass nicht gezahlt wird. Nicht einen einzigen Cent! Da hat den armen Filialleitern das ganze Bitten und Betteln nichts genutzt, die gierigen Arschlöcher in Linz unten sind hart geblieben.

Am Donnerstag hat dann die Sache schon ein bisserl anders ausgeschaut. Was der Heli so erfahren hat, hat sich ein Drittel aller Filialleiter krank gemeldet, drunter auch der Heli: Durchfall, war nicht einmal gelogen. Ein weiteres Drittel hat Urlaub genommen, das dritte Drittel aber hat gekündigt. Fristlos.

Haben sie in Linz unten doch umdenken müssen und am Freitag schließlich doch jedem Filialleiter 10.000 Euro genehmigt. Deklariert als Werbeausgaben. Kann man ja eh von der Steuer abschreiben. Damit war die Sache für die Landesbank aber auch schon erledigt. Wie die ganzen Filialleiter einen Platz in einer Kutschen kriegen sollen, das war denen in Linz unten komplett wurscht!

Meingott, was da gestern herumtelefoniert worden ist, bis alle untergebracht waren! Haben ja auch die Filialleiter von der Sparkasse und von der Volksbank und von allen anderen Bankinstituten einen Kutschen-Platz gebraucht. Bisher sind beim Leonhardiritt in St. Anton neben 120 Reitern so an die zehn, zwölf Kutschen mitgefahren. Heuer gibt es mehr Kutschen als Reiter! Und kommen tun sie auch nicht nur aus der Umgebung, sondern von überall her. Aus dem ganzen Mühlviertel, aber auch aus dem Waldviertel und aus dem Mostviertel. Und als Tüpferl auf dem i drei Fiaker aus Bad Ischl. Die sind schon mit einem Pferde­transporter angereist und haben ihre Rösser beim Zellinger Hias eingestellt.

Bei denen ist die Gucki dann gestern am Abend hängengeblieben. Im Gasthaus Weiß, wo sie übernachtet haben. Wollt eigentlich nur ein kurzes Interview mit den Ischler Kutschern machen, die Gucki. Aber dann hat der Franzi so flott Ziehharmonika gespielt, und der Willi und der Walter haben gepascht, was das Zeug hält. Und passenderweise haben sie ausschließlich Wilderer-Lieder gesungen. Ist die Gucki halt schwach geworden. Drei fesche Burschen aus dem Salzkammergut – und keiner unter siebzig! Herz, was willst du mehr?! Weil die Gucki seit eh und je für ältere Herren schwärmt, noch dazu, wenn sie singen können. Praktisch wie der Opa! Nur dass die Ischler halt nicht das Horst-Wessel-Lied gesungen haben, sondern den Wildschütz. Trotzdem heimelig.

Drum hat sich die Gucki ja auch schminken müssen heut in der Früh. Weil ihr aus dem Spiegel ein leichenblasses Gespenst entgegengegrinst hat. Eine Gesichtsfarbe wie ein gespiebenes Äpfelkoch! Weil sie gestern schon hübsch lang pickengeblieben ist und schon hübsch was getrunken hat. Ein Stamperl Schnaps nach dem anderen, praktisch nach jedem Lied. Kann sich die Gucki eigentlich nimmer erinnern, wie sie und der Porsche heimgekommen sind. Ob ein Auto den Heimweg auch allein findet, wie ein Pferd?

Da wiehert es auch schon, vor der Gucki ihrem Haus. Ist aber dann doch nicht der Porsche, sondern die Elli. Weil die Gucki abgeholt wird, von einem Haflinger-Gespann: die Elli und die Mizzi. Am Kutschbock aber sitzen die Nona und der Eber, weil die den alten Bauernhof in Windgschlief auch deswegen gekauft haben, dass die Nona Pferde halten kann.

Kriegen natürlich gleich ein Wasser, die Pferde. Die Nona und der Eber aber ein Bier. Während die Gucki schnell den Turrini in St. Moritz abliefert. Und dann wird es auch schon höchste Zeit, wenn sie den Leonhardiritt nicht versäumen wollen. Auf geht’s!

Muss die Gucki zugeben, dass das Kutschenfahren was hat. Weil du schon viel majestätischer durch die Landschaft rollst als wie mit so einer Auto-Kraxen. Und schneller vorankommen tust du auch. Zumindest heute: weil für alle Autos in Trilling Endstation ist. Der rechte Fahrstreifen zugeparkt. Vier Kilometer parkende Autos, von Trilling bis St. Anton! Wie sie von einem Feuerwehrmann erfahren, ist es an der anderen Straße nach St. Anton noch schlimmer. Da parken die Autos momentan schon bis Gutau. Ist gleich: zehn Kilometer! Der Stau aber reicht bis Linz.

Muss man vielleicht einmal dazusagen, wie St. Anton überhaupt zu einem Leonhardiritt kommt. Weil – St. Anton ist ja nicht St. Leonhard! Warum feiert man dann den hl. Leonhard und nicht den hl. Antonius? Ist gar nicht so leicht zu erklären. Also: Gefeiert wird der hl. Antonius von Padua ja eh, aber eher bescheiden: mit einem Kirtag. Weil er halt nicht so ein wichtiger Heiliger ist. Weil er nur für unwichtige Angelegenheiten zuständig ist, hauptsächlich für das Wiederfinden von verlegten Sachen. Kann ich mir aber gut vorstellen, dass er in der Hierarchie der Heiligen schon bald einmal steil aufsteigt. Weil wenn die Demenzerkrankungen weiterhin so zunehmen, wird der hl. Antonius als Schutzpatron der Vergesslichen bald unangefochten die Nummer eins unter den Heiligen sein.

Derzeit ist das im Mühlviertel aber nach wie vor der hl. Leonhard. Weil Schutzpatron der Haustiere. Damit sind aber nicht Kuschel- und Schmusetiere wie Hunde und Katzen gemeint, sondern Kühe und Pferde. Siehst du ja heute noch bei allen alten Mühlviertler Bauernhöfen: Der Wohntrakt liegt auf der Nordseite, während der Stall auf die sonnige Südseite gebaut worden ist. Weil die Viecher für Gedeih und Verderb einer Landwirtschaft wichtiger waren als wie die Menschen. Heißt ja heute noch: „Viel Glück im Stall und in der Familie!“ und nicht etwa in umgekehrter Reihenfolge. In Bayern hat man den hl. Leonhard früher sogar den Bauern-Herrgott genannt. Weil man öfter zum hl. Leonhard gebetet hat als wie zum Herrgott selber. Weil für die Bauern ein Landwirtschaftsminister halt wichtiger ist als wie ein Bundeskanzler.

Damit bin ich aber auch schon beim Leonhardiritt. Hat schon auch eine wirtschaftliche Bedeutung. Weil im Mühlviertel die Rösser immer mehr werden. Weil immer mehr Leute unbedingt ein eigenes Pferd haben wollen. Daheim aber natürlich kein Platz, müssen sie die Viecher halt irgendwo anders unterbringen. Und wo? Bei einem Bauern!

„Kostet ein Schweinegeld!“, erklärt jetzt die Nona. „Hätt ich mir nie leisten können, die Elli und die Mizzi bei einem Bauern einstellen. Um das Geld, das du bei uns für ein Ross zahlst, kannst du locker zwei Asylanten derhalten!“

Drum hat man also in St. Anton den Leonhardiritt erfunden. Damit am ersten Sonntag nach dem Leonharditag möglichst viele Reiter nach St. Anton kommen und eine schöne Hügellandschaft sehen. Und sich sagen: „Da hat es mein Pferd wirklich schön. Das darf ruhig ein bisserl was kosten!“

Und die Ortsbauernschaft profitiert natürlich auch von so einem Leonhardiritt. Weil die Reiter und Kutschenfahrer, vor allem aber die ganzen Zuschauer nachher was fressen und saufen müssen. Alles, aber auch wirklich alles kannst du da haben: Most, Schnaps, Bier, Wein, Bratwürstl, Schnitzel, Krapfen, gebackene Mäuse und und und!

Aber noch sind wir nicht so weit, noch hat der Leonhardiritt 2011 gar nicht begonnen. Weil sich noch immer von zwei Seiten ein unüberschaubarer Strom von Reitern und Kutschen und Fußgängern auf St. Anton zuwälzt. Wie eine Völkerwanderung!

„Wie wenn es was geschenkt geben tät!“, sagt die Gucki und schüttelt ungläubig und angewidert den Kopf.

„Gibt es ja auch!“, erklärt der Eber mit lachendem Gesicht. „10.000 Euro pro Bankfiliale, in kleinen Scheinen!“

„Wirklich genial, Eber!“

„War eigentlich die Idee von der Nona. Also so von wegen Leonhardiritt und die Geschichte mit den Kutschen. Und die Idee mit der Erpressung stammt ja sowieso von dir.“

„Hnn?“

„Kannst dich nimmer erinnern? Du hast doch gemeint, dass die Wilderer höchstwahrscheinlich hundsordinäre Erpresser sind. Wortwörtlich!“

„Da hab ich dich doch nur provozieren wollen: ob du jetzt der Briefschreiber bist oder nicht.“

„Scheiße! Und ich bin dir hineingefallen. Wie bist du denn überhaupt auf mich gekommen?“

„Du hast zwei schwere Fehler gemacht. Erstens: Das Narkosemittel gibt es nur in einem Spital, und wo arbeitet die Nona? Also! Zweitens aber die Dagobert-Duck-Maskerade: Das war kein Faschingskostüm, das du einfach in einem Geschäft kaufen kannst, das war eine perfekte Maske und ein perfektes Kostüm. Kann nur aus einem Theater kommen. Und wo arbeitet der Eber?“

„Stammt übrigens aus der Faust-Inszenierung von 2007. Da hat sich der Regisseur für alle Walt-Disney­-Kostüme eingebildet. Der Dagobert hätte den Mephisto spielen sollen. Ist aber dann doch nichts geworden. Weil sie den Regisseur wegen einem akuten manischen Schub ins Narrenhaus gesteckt haben.“

„Und dann natürlich drittens“, fährt die Gucki fort, „wegen der Bumserei. Da muss einer schon wirklich in Übung sein, wenn er fünf Banken in einer einzigen Nacht sprengt.“

„Man tut, was man kann!“, meint der Eber bescheiden. Und lächelt. „Und? Wie geht es jetzt weiter? Wann lasst du mich auffliegen?“

„Uns“, mischt sich jetzt die Nona ein. Hat die ganze Zeit zugehört, aber nichts gesagt. Sitzt ja am Kutschbock und muss sich in dem ganzen Fußgänger-, Reiter- und Kutschen-Wirrwarr auf ihre Pferde konzentrieren. Während die Gucki und der Eber gemütlich hinten in der Kutsche sitzen. „Uns!“, erklärt die Nona noch einmal nachdrücklich. „Ich war ja von Anfang an beim Projekt Wilderer mit dabei.“

„Keine Ahnung, wie es weitergeht“, sagt die Gucki. „Ich nehm an, die Leute werden sich bei der Jagd nach dem Geld gegenseitig die Schädel einschlagen. Dann wird eine Panik ausbrechen, und die Pferde werden alles niedertrampeln. Nächste Woche dann Massenbegräbnis. Und der Strache wird sagen: ,Die ausländischen Pferde waren schuld!‘“

„Ich nehm an, dass du in der nächsten Ausgabe auf der Titelseite ein schönes Foto von der Nona und mir bringen wirst. Drum haben wir uns ja heute auch so in Schale geschmissen. Und dazu eine schöne Schlagzeile wie: Mörderische Geschwister.“

Und wirklich! Wirklich fesch sind sie beinand, die Geschwister Bauer: Die Nona hat ein schwarz-grünes Dirndl mit einer grünen Strickjacke an, der Eber aber genau das gleiche Gewand wie am Freitag bei der Gründungsversammlung der Wilderer. Wenn sich die Gucki bei Trachten auskennen tät, tät sie wissen, dass das Ausseer Trachten sind. Weil der Eber in seiner schönen Jugendzeit aus einer jeden Schule hinausgeflogen ist und zum Schluss in einem Internat in Bad Aussee gelandet ist.

Die Mode spielt bei diesem Leonhardiritt überhaupt eine wichtige Rolle. Die eine Hälfte der Reiter trägt die klassische Kleidung des Reitsports: schwarzer Reithelm, schwarze Reitjacke, beige Reithose, schwarze Reitstiefel. Die andere Hälfte aber ist als Cowboy beziehungsweise Cowgirl verkleidet und schaut aus, wie wenn sie Tag und Nacht nur Country-Music hören tät.

Aber modisch gesehen sind die Fußgänger am interessantesten. Zwar gibt es da und dort einzelne Heavy-Metal-Fans mit glänzenden Nieten auf schwarzem Leder oder versprengte Grüppchen von Punks mit farbiger Haarpracht und feschen Palästinenser-Tüchern, die die Gucki allerdings an Geschirrtüchl erinnern. Der Kern der Fußtruppen aber ist streng uniformiert: Knickerbocker-Lederhose, rot-weiß kariertes Hemd, graue kurzärmelige Strickjacke, grauer Filz-Hut. Hat sich wirklich ausgezahlt, dass sämtliche Billig-Trachten-Erzeuger in allen Zeitungen ganzseitig inseriert haben:

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