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17.
Ich muss schon sagen, meine Liebe«, sagte Tyson, als er die Tür in der gewaltigen Glasfassade des Hauses aufschloss, »ich war ziemlich beeindruckt.«
»Es war nicht allzu schwierig. Ich habe die Chagas-Krankheit schon so oft gesehen, und ich brauchte Mrs Martinelli nur zu berühren, um zu wissen, dass sie Probleme mit dem Herzen hat. Von da aus war es kein allzu weiter Sprung mehr, vor allem, da ich wusste, dass Ed oft ins Ausland reist. Als er mir von seiner Frau erzählt hat, dachte ich automatisch an Krankheiten, die es hier nicht gibt.«
»Du hast mit dem Gedanken gespielt, ob du nicht vielleicht doch versuchen solltest, sie zu heilen«, sagte Tyson, während er ihr die Tür aufhielt. »Und bei Jonas wolltest du es auch.«
»Bei Jonas habe ich den Heilungsprozess nur beschleunigt, das ist nicht dasselbe.«
Libby ignorierte sein verärgertes Schnauben und zwang sich, über die Schwelle zu treten. Es war absolut lächerlich, dass sie sich in diesem Haus bloßgestellt fühlte, und doch war es so. Sie hatte sich schon in dem Moment in das Anwesen verliebt, als Tyson mit ihr die gewundene Auffahrt hinaufgefahren war und sie einen ersten Blick auf das Haus und die atemberaubende Lage geworfen hatte. Besonders viel bedeutete es ihr, dass er dieses Haus gefunden und für sie erworben hatte. Sie wünschte sich, Geborgenheit und Frieden zu verspüren, statt der Furcht, auf Schritt und Tritt beobachtet zu werden.
»Ich habe mir Gedanken über das Haus gemacht, aber nach deinem goldigen Einschüchterungsversuch habe ich mich zusammengerissen und mir meine Vernunft und meine Aufgeschlossenheit bewahrt.«
Seine Augenbrauen schossen in die Höhe. »Goldig? Mit diesem Blick jage ich jedem im Labor einen Schrecken ein. Etwas mehr Respekt, wenn ich bitten darf, Drake.«
»Ich dachte, wenn du mich küsst, dürftest du mich nicht mehr Drake nennen.«
»Hast du es auf einen Kuss abgesehen?«
»Ja.«
»Warum sagst du das nicht gleich?« Er nahm ihr Kinn in die Hand und zog ihr Gesicht zu seinem hoch. Sie fühlte seinen langen Kuss bis in die Zehenspitzen. Ihre Abneigung dagegen, das Haus zu betreten, legte sich, statt zuzunehmen, wie sie es erwartet hatte. Jedes Mal, wenn er sie berührte, zog sich die Welt weit zurück und sie fühlte nur noch Ebbe und Flut der Leidenschaft und eine Liebe, deren Tiefe sie erschütterte. Es hatte sie gewaltig erwischt.
Libby holte tief Atem, als er ihr vorausging, und lief durch die kühle marmorne Eingangshalle in das riesige verglaste Wohnzimmer. Wo vorher nur vereinzelte Teppiche auf dem herrlichen Hartholzboden des unmöblierten Zimmers gelegen hatten, waren jetzt Sitzgruppen arrangiert, die dem Raum nichts von seiner Großzügigkeit nahmen, sondern nur das Gefühl von Leere vertrieben. Etliche Sessel mit verstellbarer Rückenlehne und niedrige Couchtische strahlten eine intime und entspannte Atmosphäre aus. Sie blieb abrupt stehen. »Wer hat das getan?«
Er zuckte die Achseln. »Die Möbel habe ich schon vor einer Weile ausgesucht, und gestern sind sie geliefert worden. Wenn sie dir nicht gefallen, kannst du sie wieder abholen lassen und andere aussuchen. Mir ging es nur darum, das Haus etwas wohnlicher zu gestalten und dich nicht wieder in ein leer stehendes Gebäude zu führen. Und Voyeure brauchen dir auch keine Sorgen mehr zu bereiten. Sarah hat eine Alarmanlage installiert. Draußen sind etliche Kameras angebracht. Und ich habe diese Vorhänge für dich anbringen lassen.« Er ging strahlend auf die Wand zu, die der Glaswand gegenüberlag. »Mir ist wieder eingefallen, wie Sarah mit einer Hand gewedelt hat, um die Vorhänge zuzuziehen, und das hat mich auf diesen Gedanken gebracht.«
Er drückte auf einen Knopf in der Wand und vor den Glasscheiben senkten sich langsam Vorhänge von der Decke herab. »Wir können sie in beiden Stockwerken von so gut wie jedem Punkt aus schließen, damit du dich jederzeit ungestört fühlst. Ein paar Fernbedienungen gibt es auch dafür.«
Libby blinzelte gegen die Tränen an, die in ihren Augen brannten. Sie hatte schon immer gewusst, dass Tyson ein Genie war und ganz anders funktionierte als die meisten Leute. Häufig schien er von seinen eigenen Gefühlen abgeschnitten zu sein und oft genug war er alles andere als gesellschaftsfähig. Sie war nie auf den Gedanken gekommen, dass er so rücksichtsvoll sein könnte, und doch erwies sich immer deutlicher, dass gerade Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme grundlegende Züge seines Charakters waren. »Es ist wunderbar. Ich kann nicht fassen, wie schnell du das alles hingekriegt hast.«
Auf sein Gesicht trat ein beinah schüchternes knabenhaftes Lächeln. »Gefällt es dir wirklich? Als ich das Haus gekauft habe, habe ich die Vorhänge als Maßanfertigung in Auftrag gegeben und um rasche Abwicklung gebeten. Als es dann hier zu diesen Vorfällen kam, habe ich die Firma angerufen und ihnen eine Menge Geld dafür angeboten, dass sie die Lieferung beschleunigen. « Er grinste breit. »Ich glaube, den Dreh mit dem Geld kriege ich allmählich raus.«
»Ty, das hättest du doch nicht tun müssen.« Ihre Kehle war zugeschnürt, und sie brachte die Worte kaum heraus.
Plötzlich wirkte er ein wenig hilflos und verloren. »Ich kann mir das nicht alles als Verdienst anrechnen. Weißt du, Libby, ich bin nicht sehr geschickt in diesen Dingen, obwohl ich es gern wäre. Auf Sachen wie Vorhänge habe ich noch nie geachtet. Die Maklerin hat mich darauf hingewiesen, dass die Sonne manchmal zu intensiv durch die Glasfront scheinen könnte. Sie hat auch die Firma für mich rausgesucht, die diese Vorhänge angefertigt hat, und dann konnte ich ihre Telefonnummer nicht gleich finden, um sie zu bitten, Druck zu machen.«
Dieses Geständnis ließ ihn wieder zu dem kleinen Jungen werden, der gelegentlich hervorlugte und den sie so entzückend fand. Der schonungslos ehrlich war und stets mit einer Rüge rechnete, wenn nicht gar mit Ablehnung.
Sie stemmte die Arme in die Hüften. »Jetzt sag mir schon, wie du an ihre Nummer gekommen bist.«
Er wand sich vor Verlegenheit. »Das spielt doch keine Rolle.« Er rieb sich den Nasensteg und fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar, ehe er sich einen Ruck gab. »Ich habe Elle angerufen.«
Sie blinzelte und traute ihren Ohren nicht. »Du hast Elle angerufen ?«
»Du hast doch gehört, was ich gesagt habe.«
»Nach all den Jahren, in denen du uns für Scharlatane gehalten hast, hast du Elle angerufen?«
»Sam konnte ich ja nicht fragen, weil ich ihm nichts von dem Haus erzählt habe«, verteidigte er sich. »In der letzten Zeit gefallen ihm meine Entscheidungen überhaupt nicht. Ich habe die kleinen Dinge des Alltags immer so weit wie möglich ignoriert, wie das Bezahlen von Rechnungen oder das Lesen von Schriftsätzen, die mir Anwälte schicken, aber in den letzten Monaten habe ich mich aktiv bemüht, nicht ganz so viel auf Sam abzuwälzen. Er musste sich immer um diesen ganzen lästigen Kleinkram kümmern, bis ich begriffen habe, dass es ihm gegenüber nicht fair ist.«
Libby ließ sich nur deshalb auf einen der weichen Liegesessel sinken, weil er so einladend wirkte. Sie wartete, bis Tyson ihr gegenüber Platz nahm.
»Hat es dir keine Sorgen bereitet, dass es für Sam ein Problem sein könnte, ständig mit großen Summen umzugehen, wenn er das Spielen nicht lassen kann?«
»Dass er ein Spieler ist, wusste ich schon immer, aber wie hoch die Summen sind, ist mir erst kürzlich klar geworden. Ich hatte keine Ahnung, dass er sich Geld von Ed borgt.«
»Hast du Martinelli geglaubt, als er gesagt hat, er hätte diese Männer nicht auf Sam angesetzt?«, fragte Libby.
Tyson zögerte einen Moment und nickte dann bedächtig. »Ich kenne Ed schon seit vielen Jahren, Libby. Die Gerüchte über seine Familie habe ich nie geglaubt. Ich bin seinen Onkeln begegnet, und ich weiß, wie schwierig es für seine Familie war, mit all diesen Gerüchten zu leben.«
»Ich habe ihm auch geglaubt.« Libby lehnte sich zurück und zog die Stirn in Falten, als sie noch einmal über die Situation nachdachte. »Vielleicht sind die Männer, die für Eds Onkel arbeiten, auf eigene Faust über Sam hergefallen?«
»Das leuchtet mir nicht ein, Libby«, wandte Tyson ein. »Es scheint mir ein zu großer Zufall zu sein, dass Harry gleichzeitig mit ihnen aufgetaucht sein soll und sich in meinem Labor unter einem Tisch versteckt hat. Er hat weder versucht, die Polizei zu verständigen, noch hat er Sam in irgendeiner Weise geholfen. Und ein paar Minuten später kam es zu einer Explosion im Labor.«
»Woher sollte er etwas von Sams Spielschulden wissen?«
»Es dürfte nicht allzu schwierig sein, an solche Informationen zu kommen.«
»Vermutlich hast du Recht.« Libby seufzte. »Mir behagt das Wissen nicht, dass jemand mich oder uns beide tot sehen möchte.«
»Baby, ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass jemand dir den Tod wünscht. Ich glaube, dass sie es auf mich abgesehen haben. Du hast dich einfach nur in den falschen Mann verliebt.«
»Wirklich? Das glaube ich nicht.« Sie stand auf und ging zu ihm, nahm sein Gesicht in ihre Hände und beugte sich hinunter, um ihn zu küssen. »Ich glaube, ich habe den Mann gefunden, der genau richtig für mich ist.«
Tyson schloss die Augen und kostete die vollen, weichen Lippen und den warmen Mund aus, der ihn willkommen hieß. Ihre Hände glitten über seinen Hals hinunter auf sein Hemd und öffneten langsam einen Knopf nach dem anderen. Sein Körper reagierte augenblicklich. Jede zarte Berührung ihrer Finger, die seine Haut streiften, heizte sein Blut auf und ließ es heftig durch seinen Körper brausen. Sein Verlangen nach ihr war so groß, dass er kaum noch Luft bekam. Als sie sein Hemd aufgeknöpft hatte, bahnten sich ihre Lippen einen Weg von seiner Kehle zu seinen Brustwarzen und neckten sie mit ihrer Zunge und mit ihren Zähnen.
Tyson streckte seine Beine vor sich aus, um Platz für die wachsende Ausbuchtung in seiner Jeans zu finden. Ihre Hände lagen auf seiner Gürtelschnalle, öffneten sie und zogen den Reißverschluss hinunter, während ihre Küsse eine feuchte Spur über seinen Bauch nach unten zogen. Er streckte die Hände nach ihr aus und wollte sie berühren, wollte die Kontrolle an sich reißen, die ihm mit rasender Geschwindigkeit entglitt.
Libby trat lächelnd einen Schritt zurück. Sie ließ sich Zeit damit, die Knöpfe ihrer Seidenbluse zu öffnen, bevor sie sie auf den Boden flattern ließ. Tyson trat sich die Schuhe von den Füßen und stand auf. Seine Augen wurden dunkler, als sie ihren Spitzen-BH aufhakte und ihn auf ihre Bluse fallen ließ. Sein Hemd flog auf ihre Bluse. Seine übrigen Kleidungsstücke folgten so schnell wie möglich. Er ließ Libby nicht aus den Augen, als sie ihre graue Hose über ihre Hüften gleiten und auf den Boden sinken ließ. Ein winziger Slip folgte.
Sie krümmte den Zeigefinger. »Komm her.«
»Dorthin?«
Sie deutete auf eine Stelle vor sich und sank auf die Knie. »Genau hierher sollst du kommen.«
»Baby, du bringst mich um.« Tysons Glied wurde noch dicker und länger, als er auf sie zukam. Er fuhr ihr mit einer Hand über das dunkle Haar. »Ich liebe deinen Mund.«
»Du wirst ihn gleich noch mehr lieben«, murmelte sie und nahm seinen Schaft in ihre Hände. Sie rutschte auf den Knien näher zu ihm, zwängte sich fast zwischen seine Beine und legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm aufzublicken. Tysons Knie wurden weich. Sie sah wunderschön aus, als sie dort kniete, ihre Hände ihn streichelten und liebkosten und ihre Augen von einer Mischung aus Lust und Liebe verschleiert wurden. Diese Kombination war derart berauschend, dass er seine Finger in ihr Haar grub und ihren Mund näher zu sich zog.
Tyson war viel größer und dicker, als Libby erwartet hatte, aber er war schön, und sein Körper war vom ständigen Training und von den Extremsportarten, mit denen er seine Freizeit verbrachte, gestählt. Sie wollte ihn kosten, ihm zeigen, dass Liebe und Lust ein und dasselbe sein konnten. Dass sie seinen Körper ebenso sehr liebte wie er ihren. Dass ihr ebenso viel an seiner Lust lag wie ihm an ihrer. Heute war er an der Reihe zu erleben, dass sie ihm jeden Wunsch erfüllen wollte. Als er nahezu hypnotisiert auf sie hinabsah, erfüllte sein Blick sie mit Freude und gleichzeitig mit dem Gefühl von Macht.
Libby feuchtete ihre Lippen mit ihrer Zunge an und sah ihm dabei immer noch in die Augen, damit er ihren Eifer deutlich erkennen konnte. Sie fühlte, wie sein Schaft in ihren Händen zuckte. Ihre Zunge schnellte hervor, glitt langsam an dem Schaft hinauf und um die pralle Eichel herum. Sie wurde augenblicklich mit dem Geräusch belohnt, mit dem sich der Atem explosionsartig aus seiner Lunge befreite. Sie sah ihm weiterhin in die Augen, als sie ihre Zunge um ihn wand und ihn so langsam leckte, dass er keuchte. Ihre Nägel streiften zart seine Haut, und ihre Finger streichelten seinen straffen Hodensack.
Sie ließ ihn vorsätzlich warten und zog die Vorfreude in die Länge. Ihre Zunge neckte und folterte ihn, und seine Hüften begannen, langsam und fast hilflos zuzustoßen. Abwechselnd schleckte sie ihn wie ein kleines Kätzchen ein Schälchen Sahne und dann lutschte sie an ihm wie an einem Eis am Stiel.
Sie beobachtete jede seiner Reaktionen und sog ihn dann ganz in sich auf, ausschließlich auf seine Lust bedacht. Sein Stöhnen begeisterte sie, aber auch, dass sein Schaft noch härter wurde und seine Hüften noch tiefer zustießen. Ihre Macht über ihn berauschte sie, und je mehr er ihren Mund und ihre Hände genoss, desto länger wollte sie es hinauszögern. Sie nahm ihn tiefer in ihren Schlund auf, als sie es jemals für möglich gehalten hätte.
Tyson konnte seinen Blick nicht von ihr losreißen. Die Lust, die sein Körper ihr offenbar bereitete, steigerte seine Erregung. Sie war der Inbegriff einer schönen Verführerin, ihre Augen von ihrer Gier verschleiert. Jetzt begann sie leise zu summen, und die Vibrationen rasten über seinen Schwanz zu seinen Eiern hinunter, bis er glaubte, vor reiner Ekstase zu explodieren. Er war machtlos gegen sein Stöhnen und gegen die Bewegungen, die seine Hüften ganz von selbst ausführten.
Er spürte, dass sein Körper sich bis zur Schmerzgrenze anspannte, und er kämpfte dagegen an, weil er nicht wollte, dass dieser Moment jemals endete. Doch sie ließ nicht nach in ihren Liebkosungen, und die Explosion begann irgendwo in seinen Zehen und rauschte mit unglaublicher Wucht durch seinen Körper. Er warf den Kopf zurück und fühlte nur noch Seligkeit. Er konnte nicht denken, sein Kopf schwirrte, sein Körper zuckte, und seine Hände zogen sie näher, um ihren engen, heißen Mund noch länger zu spüren.
»Himmel noch mal, Libby«, stieß er aus, als sich endlich sein erster zusammenhängender Gedanke bildete. »Du hast mich fast umgebracht.«
Sie ließ sich auf ihre Fersen sinken. »Ich weiß.«
Er löste seine Finger aus ihrem Haar und rang um Luft. Sie kniete einfach nur mit einem strahlenden Lächeln da, während Glück und Liebe ihre Augen leuchten ließen. Wie konnte sie so glücklich aussehen, wenn er sie noch nicht einmal berührt hatte? Kein anderes Geschenk würde ihm jemals so viel bedeuten wie dieses und keines würde ein so kostbarer Schatz für ihn sein. Sie hatte nichts für sich verlangt, doch das immense Vergnügen, das sein Körper ihr bereitete und das sie daraus schöpfte, ihm etwas zu geben, war nicht zu übersehen.
Tyson nahm ihren Arm, um sie auf die Füße zu ziehen und sie eng an sich zu schmiegen. »Das war eine unglaublich selbstlose Tat, Libby.«
Sie lachte. »Sei nicht so dumm. Ich habe ganz egoistisch gehandelt. Es hat mir ungeheuren Spaß gemacht. Und alles, was mir Spaß macht, kann ich gut.«
Er drückte sie an seine Brust. »Wir haben übrigens auch ein Bett. Im Bett haben wir es noch nie probiert.«
Die Schlafzimmer waren im unteren Stockwerk, und er trug sie die Wendeltreppe hinunter. Er schaltete kein Licht an, sondern schien sich im Dunkeln zurechtzufinden. »Ich habe den Strom zwar anstellen lassen, aber Kerzen wären mir lieber«, sagte er, als er Libby aufs Bett legte.
Sie hielt ihn zurück. »Lass mich sie anzünden.« Libby bildete mit ihren Händen einen Trichter vor ihrem Mund und pustete zart in die Richtung des Dochts. Eine kleine Flamme flackerte, und Libby wedelte mit einer Hand. Daraufhin regte sich die Luft, und die Kerze brannte.
»Das ist wirklich praktisch. Kannst du mir beibringen, wie man das tut?«
Libby legte sich zurück und fragte sich, wie es kam, dass sie sich in seiner Gegenwart ohne einen Faden am Leib so entspannt fühlte. »Ich wüsste nicht, wie ich das jemandem beibringen könnte. Ich glaube, wir werden einfach mit gewissen Fähigkeiten geboren.«
Er streckte sich neben ihr aus und stützte seinen Kopf auf eine Hand. »Werden unsere Kinder diese Dinge auch können?«
Libby schüttelte den Kopf. »Nein, nur Elles Kinder.«
»Was ist, wenn Elle keine Kinder bekommen könnte? Würde die Magie dann aussterben? Das wäre nämlich ein Jammer. «
Libby lächelte. Er sprach zwar mit ihr, doch auf seinem Gesicht stand ein Ausdruck höchster Konzentration, und er schien sich viel mehr für ihren Körper zu interessieren als für das Gespräch, und das war ihr sehr recht. Jede Zelle ihres Körpers pulsierte vor Verlangen. Sie nahm überdeutlich wahr, dass seine Finger auf ihrem Bauch gespreizt waren und sein Haar ihre Brust streifte. Seine Zunge auf ihren Brüsten sandte Glut aus, die auf direktem Wege zu der Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen schoss. Libby schlang die Arme um ihn und hielt seinen Kopf an sich geschmiegt. Sie gab sich ganz dem gemächlichen Tempo hin, mit dem er ihren Körper erkundete.
»Ich liebe diese kleine Erhebung hier, deine Beckenknochen. Weißt du überhaupt, wie oft ich deine Hüften angestarrt und mir vorgestellt habe, du hättest die Beine gespreizt und ich läge mit meinem Kopf dazwischen wie jetzt? Ich habe mich danach verzehrt, dich zu kosten, Libby. Beim Einschlafen habe ich an dich gedacht und bin so steif wach geworden, dass ich dachte, ich explodiere. Ich kann immer noch nicht glauben, dass du tatsächlich mit mir im Bett liegst.«
Sie zog so fest an seinem Haar, dass er aufjaulte. »Ich liege mit dir im Bett, aber ich kann nicht glauben, dass du erotische Phantasien hattest, die mich betrafen. Ich habe mich nie als sexy angesehen, und auf den Gedanken, dass du mich so sehen könntest, wäre ich nie gekommen.«
Tyson vergalt es ihr, indem er zart in die Innenseite ihres Oberschenkels biss. »Ich habe dich ständig angesehen. Im Lauf des zweiten Jahrs im College ist mir klar geworden, dass ich auf dich fixiert bin. Ich habe mich mühsam von dir fern gehalten, weil ich noch nicht mal in Gedanken nachts um dein Haus schleichen wollte.«
»Komm her.« Sie lockte ihn wieder mit gekrümmtem Finger.
»Wohin?«
»Genau hierher.« Sie tätschelte ihren Bauch und machte die Beine breiter.
Tyson legte sich auf sie und glitt tief in sie hinein. »Du fühlst dich so gut an.« Das war eine Untertreibung, aber das Beste, was er unter den gegebenen Umständen bewerkstelligen konnte. Sein Gehirn litt wieder unter Funktionsstörungen, und er war vollkommen damit einverstanden.
Er begann sich zu bewegen, langsam und tief, und dabei behielt er ihr Gesicht im Auge, um ihre Reaktion auf jede seiner Bewegungen daraus abzulesen. Er wollte ihren Körper kennen lernen und wissen, was sie stöhnen ließ, was ihrer Kehle diese kleinen Laute entlockte und vor allem, was sie dazu brachte, ihre Hüften aufzubäumen und seinen Namen zu rufen.
Als sie schon fast schluchzte und er sich nicht mehr an seinen eigenen Namen erinnern konnte, gewährte er ihnen beiden Erlösung.
Libby war so entspannt, dass sie nicht sicher war, ob sie es zur Dusche schaffen würde. Daher blieb sie unter ihm liegen und hielt ihn an sich geschmiegt. »Ich liebe dich, Tyson Derrick. Ich liebe dich mehr, als du jemals begreifen wirst.«
Sein Gesicht lag an ihrem Hals, und er kämpfte darum, die Tränen nicht zu vergießen, die hinter seinen Lidern brannten. Warum musste sie solche Dinge sagen, wenn er keine Ahnung hatte, wie er darauf reagieren sollte? Er versuchte sich zu erinnern, ob und wann jemand diese Worte zu ihm gesagt hatte. »Meine Tante Ida.«
»Was?«
»Sie hat es einmal zu mir gesagt, als ich sehr krank war. Ich erinnere mich noch daran, dass sie in mein Zimmer gekommen ist und bei mir gesessen hat, weil mein Fieber so hoch war. Sie hat mir gesagt, wie lieb sie mich hat.«
»Natürlich hat sie dich geliebt. Sie hat dir die Hälfte ihres Hauses hinterlassen. Das hätte sie nicht getan, wenn sie dich nicht als ihren Sohn angesehen hätte.«
»Du tust mir gut, Libby.«
»Das weiß ich doch selbst, du dummer Kerl. Ich stelle mich jetzt unter die Dusche.«
»Ich habe vergessen, dass wir Handtücher brauchen.«
Sie lachte. »An die Kerzen hast du gedacht, aber die Handtücher hast du vergessen. Vermutlich sind die gar nicht so wichtig. Ich trockne auch so.«
»Ich stelle mich gern zur Verfügung und lecke dich nach dem Duschen trocken.«
»Danke für das Angebot. Es könnte sein, dass ich darauf zurückkomme.« Libby ging zu dem geräumigen Bad mit der Doppelduschkabine und den Glastüren. »Schamhaft war derjenige, der dieses Haus gebaut hat, wohl überhaupt nicht?«
Sie wartete keine Antwort ab, sondern drehte den Hahn weit auf und ließ das Wasser heftig auf sich prasseln. Sogar eine schlichte Dusche erschien ihr wie eine sinnliche Erfahrung. Tyson hatte ihre gesamte Welt verändert und insbesondere ihre Einstellung zu sich selbst und zu ihrem eigenen Körper. Sie spülte das Shampoo aus ihrem Haar und wrang es so kräftig wie möglich aus.
»Ich werde ein Bettlaken brauchen«, kündigte sie bei ihrer Rückkehr an.
»Ich dachte, ich dürfte dein Handtuch sein.«
»Stell dich unter die Dusche, du verrückter Kerl.«
Libby legte sich auf das kühle Laken und ließ ihren Körper von der Luft trocknen, während sie lauschte, wie Tyson unter der Dusche pfiff. Er war glücklich. Sie wusste, dass er glücklich war, und sie hatte dazu beigetragen, indem sie ihm das Gefühl gegeben hatte, geliebt und begehrt zu werden. Und erwünscht zu sein. Dieses Wissen war wohltuend.
Sie war fast eingeschlafen, als er klatschnass zurückkam. »Hast du etwas dagegen, wenn ich die Vorhänge öffne?«, fragte Tyson. »Ich liebe den Blick auf das Meer.«
Wie rücksichtsvoll er war. »Ja, natürlich, zieh die Gardinen auf. Ich fühle, dass niemand in der Nähe ist.«
Der Ausblick auf das schimmernde Meer war phantastisch. Der Mond war fast voll und verströmte sein Licht auf das Wasser und ließ es wie Tausende von Edelsteinen funkeln.
»Sieh dir das Meer an, Baby«, sagte Tyson und öffnete die Schiebetür, um eine kühle Brise ins Zimmer zu lassen. »Die Wirkung, die der Mond auf das Wasser hat, ist immer wieder erstaunlich. Ist dir klar, dass die Anziehungskraft der Sonne auf die Erde nur sechsundvierzig Prozent beträgt? Das macht den Mond zum entscheidenden Faktor, der die Gezeiten herbeiführt. «
Er drehte den Kopf zu ihr um, als sie sich aufsetzte und das mitternachtsschwarze Haar aus ihrem Gesicht zurückstrich. Im Mondschein sah sie aus, als sei sie nicht von dieser Welt – eine kleine Fee – und mit ihren riesigen Augen, dem üppigen Mund und der bleichen Haut hatte sie auch etwas von einer Hexe an sich.
Libby lächelte ihn an. »Die Erde und der Mond stehen in Wechselwirkung zueinander. Der Mond versucht, alles auf der Erde näher an sich heranzuziehen, aber der Erde gelingt es, an allem außer dem Wasser festzuhalten.«
Er ging wieder zu ihr und beugte sich hinunter, um einen Kuss auf ihre Schläfe zu hauchen, bevor er sich neben sie aufs Bett setzte und aus dem Fenster sah. »Wasser ist ständig in Bewegung, und daher kann die Erde nicht daran festhalten.« Er schlang einen Arm um sie. »Ich werde dich festhalten, damit keine Gefahr besteht, dass der Mond versucht, dich zu holen.« Er tat so, als blickte er finster. »Du fliegst doch nicht auf einem Besenstiel am Mond vorüber?«
Sie verzog keine Miene. »Dazu muss man die Levitation beherrschen, und darin ist nur Hannah eine echte Expertin, obwohl Joley es eigentlich auch können müsste.«
Er riss seinen Arm zurück, kniff die Augen zusammen und sah ihr forschend ins Gesicht. »Du lügst das Blaue vom Himmel hinunter.«
»Ach ja?«
»Weshalb sollte jemand überhaupt um den Mond herumfliegen wollen?«, fragte er herausfordernd.
Sie zuckte lässig die Achseln. »Um sicherzugehen, dass die Gezeiten sich anständig benehmen. Das ist schließlich eine der Aufgaben von Hexen.«
Ein kleines Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Und ich habe mein Leben lang geglaubt, der Vollmond verursache die dramatischen Schwankungen der Gezeiten, wogegen ein Viertelmond den Gezeitenhub abschwächt.«
»Hast du das alles im Naturkundeunterricht gelernt? Währenddessen haben wir bereits dafür gesorgt, dass die Sonne und der Mond für die starke Anziehungskraft im richtigen Winkel zueinander stehen. Das war alles das Werk der Drake-Schwestern. « Sie schmiegte sich an ihn und rieb ihr Gesicht an seiner Schulter. »Nur für den Fall, dass du es noch nicht weißt – wir haben eine symbiotische Beziehung zum Mond und zur Sonne.«
»Ich lerne heute Nacht so viel. Das muss so sein wie mit dem Clownfisch und der Seeanemone – eine sehr gefährliche Beziehung. «
Sie nickte ernst.
Jetzt wurde sein Gesicht schelmisch und die hochgezogenen Augenbrauen warnten sie vor einer möglichen Falle. »Du weißt doch, dass der Clownfisch mit einer ekligen Schleimschicht überzogen ist, und wenn die abgewischt wird, bevor er zu seinem Wirt zurückkehrt, wird er von den Tentakeln der Seeanemone gestochen oder sogar getötet. Ich kann mir dich nicht schleimig vorstellen, aber ich wäre bereit, es mit ein paar Tropfen Olivenöl zu probieren.« Er wackelte mit den Augenbrauen.
»Du musst das völlig falsch verstanden haben. Wir, das heißt die Drake-Schwestern, sind die Anemone mit den Tentakeln. Wir senden den Clownfisch mit seinen leuchtenden Farben aus, um arglose Beute anzulocken. Der Clownfisch führt uns die Beute zu, und wir packen sie mit unseren Tentakeln. Wir töten sie und essen uns satt, und der arme Clownfisch bekommt die Reste, die wir ihm übrig lassen. Wie ich symbiotische Beziehungen liebe.«
»Ich kann mir dich mit jeder Form von Tentakeln vorstellen. « Sein Schwanz hob sich ihr entgegen, als sie ihn mit ihrem warmen Atem anhauchte. »Armer, argloser Fisch.«
Sie lachte und setzte sich wieder auf. »Es kommt noch schlimmer. Der Clownfisch ernährt sich nicht nur von Plankton und Algen, die im Riff leben und wachsen, sondern er knabbert auch die toten Tentakel seines Wirts, der Anemone, ab.«
»Ich werde ganz bestimmt nicht der Clownfisch sein, und schon gar nicht, wenn er tote Tentakel und Algen frisst. Wenn die Meeresalgen nicht wären, hätten wir keine Luft zum Atmen. «
»Und du glaubst, der arme Clownfisch verschlingt sie in Mengen, die den Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre bedrohen ?« Ihr Tonfall war unschuldig, aber der Mund, der seinen Schaft umfing, war sündig und gierig und leidenschaftlich.
Tyson sah auf ihren Kopf hinunter und begriff, dass er nie erkannt hatte, wie viel Spaß es machen konnte, einander zu necken, ob sexuell oder verbal. Auch deshalb war er im Umgang mit anderen immer so unbeholfen gewesen. Jetzt strahlte er, und das Atmen fiel ihm schwer. »Siehst du?«, sagte er lachend. »Der Gedanke an den Clownfisch stellt eine echte Bedrohung dar. Ich bekomme keine Luft.«
Sie ließ ihre Zunge ein letztes Mal kreisen, setzte sich wieder auf und lächelte selbstgefällig. »Du Armer. Bilde dir bloß nie ein, du könntest in einer Diskussion mit einer Drake gewinnen. «
»Das liegt daran, dass ihr mogelt.«
Sie ließ sich so zur Seite fallen, dass ihr Mund auf seiner Erektion landete.
»Das kann nicht dein Ernst ein. Männer haben angeblich keine multiplen Orgasmen. Oder jedenfalls nicht so viele.«
Sie leckte das Wasser von ihm. »Bist du sicher? Ich möchte keinen irreparablen Schaden anrichten.«
Er war schon wieder steinhart, und ihr neckender Atem, ihre Zunge, die über ihn glitt, und die Geräusche des Meeres im Hintergrund vermittelten ihm ein Gefühl von tiefem Frieden. Er schloss die Augen und kostete den Moment aus, das uneingeschränkte Gefühl, geliebt und akzeptiert zu werden und das Objekt von Libbys Lust zu sein.
Er zog an ihren Haaren, bis sie den Kopf hob und ihre funkelnden Augen seinem ernsten Blick begegneten. »Libby. Ich muss dir etwas sagen …« Er erstickte an den Worten, wie er es erwartet hatte. Ihm war nie klar gewesen, dass er ein gefühlsbetonter Mann war, aber als sie jetzt so dasaß, ihr feuchtes Haar um sie fiel und ihre Augen ihre Gefühle so deutlich ausdrückten, kam er sich wie ein Narr bei dem Versuch vor, die richtigen Begriffe zu finden, um ein Gefühl zu beschreiben, das zu groß und zu intensiv für Worte war.
Libby schlang ihm die Arme um den Hals und schmiegte sich an ihn. Ihre Lippen glitten über seine Kehle und über sein Kinn. »Ich weiß es, Ty.«
»Gott sei Dank, denn ich schwöre es dir, ich wünsche mir wirklich, dass du weißt, was in meinem Innern vorgeht.«
»Du brauchst Schlaf. Du scheinst nie zu schlafen.«
»Das liegt daran, dass du den wunderbarsten Mund auf dem Planeten hast.«
»Das mag zwar sein, aber ich werde dafür sorgen, dass du ordentlich isst und genug schläfst, Ty, sogar dann, wenn du arbeitest.«
»Hast du schon gewusst, dass man innerhalb von einem Jahr, wenn man sich an die empfohlenen acht Stunden Schlaf hält, knapp dreitausend Stunden verschläft?«
Libby schnitt ihm eine Grimasse, als sie sich flach ausstreckte und auf das Laken klopfte. »Leg dich hin.«
Tyson tat es und drehte sich um, weil er sie in seinen Armen halten wollte. Seine Gedanken überschlugen sich. Erst dachte er an sie und daran, wie viel sie ihm bedeutete und wie sehr sie sein Leben verändert hatte, ihn als Person rundum verändert hatte. Dann dachte er daran, wie ihre Familie ihn akzeptiert und in ihren Kreis aufgenommen hatte und dass er dabei war zu lernen, wie man lachte und miteinander scherzte. Vielleicht würde er nie wirklich gesellig sein, aber mit Sicherheit würde er immer seinen Spaß an dem Geplänkel zwischen Libby und ihren Schwestern haben, vor allem dann, wenn sie ihn einbezogen.
Er überlegte sich, dass seine Gespräche mit Libby jedem anderen sonderbar erscheinen würden, dass sie aber einen großen Teil dessen ausmachten, wer er war. Fakten waren für ihn immer interessant. Fakten und naturwissenschaftliche Sachverhalte und Phänomene. Ihr war es sogar gelungen, um einen Clownfisch und eine Anemone eine faszinierende und doch witzige Diskussion zu entfachen.
Er setzte sich abrupt auf und sah in ihr Gesicht hinunter. Ihre Wimpern waren zwei dichte Halbmonde, und ihr Atem ging gleichmäßig, aber sie lächelte und schloss ihre Finger um sein Handgelenk. Selbst ihre Schönheit und der Anblick ihres Körpers konnten seinen Verstand nicht davon abhalten, mit hundert Meilen in der Stunde voranzustürmen. Er hatte eine Spur gefunden. Er war ganz sicher.
»Was tust du?«, fragte Libby mit schläfriger Stimme.
»Ich sehe dich an, während ich nachdenke.«
Sie schlug die Augen auf, als sie seinen Tonfall hörte. »Dir ist etwas eingefallen.«
»Noch nicht wirklich, aber die Daten, die ich brauche, sind da und arbeiten sich langsam zu mir vor. Schlaf jetzt, Baby.« Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht und beugte sich hinunter, um sie zu küssen. »Ich werde diesen Einfall gründlich durchdenken und dann versuchen, ein bisschen daran zu arbeiten.«
»Wie denn?« Sie berührte seinen Handrücken mit ihren Fingerspitzen. »Hat die Explosion nicht alles zerstört?«
»Ich lege von allem mehrere Backups an. Ich habe etliche Computer bei BioLab stehen, und auch dorthin habe ich sämtliche Daten geschickt. Ich weiß nie, wo ich sein werde, und daher sorge ich dafür, dass ich von überall aus, wo ich gerade bin, Zugang zu meinen Daten habe, falls ich zufällig eine Inspiration bekommen sollte.«
»Dann ist deine Arbeit gar nicht vernichtet worden?« Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Du bist wirklich ein Genie, stimmt’s?«
»Und gründlich bin ich auch. Ich gehe keine Risiken ein, wenn es um meine Arbeit geht. Oder um meine Frau.«
»Musst du zurückfahren, damit du bei BioLab an deine Daten kommst?«
»Bevor ich mich an die Innenausstattung des Hauses gemacht habe, habe ich angefangen, mir hier ein Labor einzurichten. Im Moment habe ich nur einen Computer, aber da kriege ich alles, was ich brauche, rein.«
»Was ist an deiner neuen Eingebung so anders als an deinen bisherigen Überlegungen?«
»Etwas, worüber wir vorhin gescherzt haben. Eine symbiotische Beziehung. Dazu kommt es häufig, nicht nur beim Clownfisch und der Seeanemone, sondern auch bei Pflanzen. Manche Pflanzen sind gefährlich und giftig, wie die Anemone, aber oft wächst direkt neben ihnen eine Pflanze oder ein Pilz, der ein Gegengift bereitstellt.«
Sie begriff sofort, worauf er hinauswollte. »Du hast für deine ursprüngliche Studie eine Pflanze verwendet, nicht wahr?«
Er nickte. »So hieß das Medikament anfangs. Ich habe den Ibenkiki Cyperus aus dem Regenwald im östlichen Peru benutzt. Unter dem Strich heißt das, wenn etwas nicht klappt, kehrt man zu den Anfängen zurück.«
»Zum Ibenkiki Cyperus?«
»Zum Regenwald.«
»Du brauchst wirklich Schlaf, Ty.«
»Nicht während ich arbeite. Wenn ich dieses Problem geknackt habe, haue ich mich hin und schlafe ein paar Tage durch.« Er küsste sie wieder. »Ich bleibe hier, bis du eingeschlafen bist.«
Es war zwecklos, mit ihm zu streiten. Sie konnte verstehen, wie sehr es Sam frustriert haben musste, für Tys leibliches Wohl sorgen zu wollen, aber sie sah auch ein, dass Tyson arbeiten musste. Sein Verstand weigerte sich, ihm Entspannung zu gönnen. Sein Gehirn arbeitete zu schnell, machte kühne Sprünge und trieb ihn an. Tyson würde keine Ruhe finden, solange er das Rätsel nicht gelöst hatte. Wenn sie Tyson akzeptierte, musste sie ihn rundum akzeptieren. Und sein brillanter Verstand machte den größten Teil von ihm aus. Er war seine Hauptantriebskraft und würde es auch immer sein. Libby strich zart über sein Gesicht, drehte sich auf die Seite, rollte sich unter der Decke zusammen und schloss die Augen. Ihr letzter Gedanke vor dem Einschlafen war, wie froh sie sein konnte, ihn zu haben.