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Zehn Strategien für
effektives Lernen

In diesem Kapitel

Warum es wichtig ist, sich selbst zu motivieren

Den Weg zur eigenen Konzentrationsstrategie suchen

Wie ein optimales Lernumfeld aussieht

Was die Lernzeit mit dem Lernerfolg verbindet

Effektives Lesen als Schlüssel zum Lernerfolg

Lernstoff ins Gedächtnis schreiben

Das Ablagesystem des Gehirns

Warum Sprechen beim Lernen hilft

Die clevere Auswahl der Arbeitsmaterialien

Wie die Lebensweise den Lernerfolg beeinflusst

Effektiv lernen heißt, bewusst lernen und die Werkzeuge, die für das Lernen zur Verfügung stehen, gezielt und in angemessenem Maße einzusetzen. Auch wenn es einige Lernmaterialien und Lernhilfen gibt, die wir kaufen können, so sind wir selbst doch zunächst einmal der Werkzeugkoffer, aus dem wir uns bedienen. Die Augen, Ohren, Hände, die Stimme, ja auch die Haut sind ebenso Werkzeuge zum Lernen wie das Gehirn. Es ist Arbeitsspeicher und Archiv, Schaltzentrale und Ratgeber in einem. Je sorgsamer Sie mit ihm und den anderen Werkzeugen umgehen und je gezielter Sie seine Möglichkeiten nutzen, desto erfolgreicher lernen Sie.

Allerdings befindet sich das Gehirn nicht in einem leeren Raum, in dem es ruhig und gemächlich vor sich hin arbeitet. Es ist ständig in Aktion und sammelt alles, was ihm angetragen wird. Auch die weniger schönen Erfahrungen und Erlebnisse, auch die Misserfolge und Verletzungen und da es nun einmal gern sortiert und theoretisiert, sucht es Zusammenhänge, die eher störend als hilfreich sind. Seien Sie also wachsam und prüfen Sie, was Ihr Gehirn aus einer Situation macht. Lassen Sie sich nicht Ihr Leben lang von einer falschen Verknüpfung im Gehirn beeinflussen.

Sich selbst motivieren

Motivation ist die Kraft, die dafür sorgt, dass sich jemand bewegt, dass er etwas tut oder auch nicht tut, dass er Energie aufbringt, um ein Ziel zu erreichen. Am stärksten wirkt die Motivation, wenn sie von innen kommt, wenn man etwas erreichen möchte. Das ist am besten bei Kindern zu sehen, die ungeheure Anstrengungen unternehmen, um Sitzen, Stehen, Laufen, allein Essen und Ähnliches zu lernen. Niemand zwingt sie dazu, keiner lockt mit guten Noten oder anderen Belohnungen. Sie wollen das einfach und was sie wollen, das versuchen sie zu erreichen. Die optimale Voraussetzung für den Lernerfolg – nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen. Erinnern Sie sich daran, warum Sie das, was Sie lernen, lernen wollten. Suchen Sie nach Ihrem inneren Antrieb und nutzen Sie ihn, um sich selbst zu motivieren.

Gibt es einen persönlichen Bezug zum Lernstoff?

Was war der Grund, sich für die Ausbildung zu entscheiden?

Welches Ergebnis steht am Ende des Lernprozesses?

Ist der Lernstoff ein Meilenstein auf dem Weg zum Lebensziel?

Welche Träume werden mit der Lernaufgabe verwirklicht?

Wenn Sie gar nicht suchen müssen, weil Sie genau wissen, wohin Sie wollen, umso besser. Wenn Sie lustlos im Nebel stochern, versetzen Sie sich gedanklich zurück in den Moment der Entscheidung für dieses Studium, diese Ausbildung, diese Weiterbildung. Warum haben Sie sich dafür entschieden?

Icon_tipp2.jpgSie haben sich gar nicht freiwillig für dieses Studium entschieden? Sie wussten schon immer, dass es nichts für Sie ist? Dann prüfen Sie Alternativen. Können Sie den Studiengang wechseln oder das, was Sie gerade machen, mit dem verbinden, was Sie gern machen würden? Werden Sie aktiv und suchen Sie.

Passende Konzentrationsstrategien finden

Lernen ist nicht möglich, ohne die Gedanken gezielt auf ein Thema zu lenken. Diese Fähigkeit heißt Konzentration. Konzentration wird beeinflusst von inneren und äußeren Faktoren:

Innere Störungen: Krankheit, angenehme oder unangenehme Gedanken, Persönlichkeit, Erfahrung, Konzentrationsstrategien

Äußere Störungen: Ablenkungen durch andere oder auf dem Arbeitsplatz, Geräusche, Unterbrechungen durch Telefon, Computer, Personen

Finden Sie heraus, was Sie am meisten stört, und stellen Sie diese Störungen ab. Das ist bei äußeren Störungen leichter möglich als bei inneren, indem Sie die Fenster schließen, ein Schild an die Tür hängen, das Telefon abschalten, mit Kopfhörer lernen. Nicht jede innere Störung lässt sich ausschalten; wenn Sie krank sind, können Sie häufig nicht lernen, das müssen Sie akzeptieren. Doch Ihre Gedanken können Sie beiseiteschieben, ruhig, indem Sie sich sagen: »Daran denke ich jetzt nicht!« Alternativ schreiben Sie die Gedanken auf und räumen sie im wahrsten Sinne des Wortes weg, unter das Kopfkissen oder in einen anderen Raum. Testen Sie Entspannungsübungen und Konzentrationstechniken, bis Sie die Strategien gefunden haben, die Ihnen am schnellsten und besten helfen, die innere und äußere Welt beim Lernen auszuschalten.

Icon_tipp2.jpgErinnern Sie sich an einen Moment, in dem es ganz still um Sie herum war und Sie sich wohlgefühlt haben – einen Besuch am Meer oder den Blick vom Berggipfel vielleicht. Stellen Sie sich vor, dass Sie dort sitzen und lernen.

Das Lernumfeld optimal gestalten

Schon durch die Wahl oder Gestaltung des Lernorts lässt sich der Lernerfolg beeinflussen. Wer auf einem zu kleinen oder unbequemen Stuhl kauert, lernt ebenso wenig entspannt wie derjenige, der sich in den Sessel fläzt und dem ständig der Schreibblock von den Knien rutscht. Wählen Sie einen bequemen Stuhl, auf dem Sie gerade sitzen können, und einen Tisch, auf dem Ihre Unterlagen liegen. Ob das ein Schreibheft, ein Buch oder ein Notebook ist, ist gleichgültig. Wichtig ist, dass die Unterlagen auf dem Tisch liegen, weil der Ihnen und Ihrem Gehirn bereits signalisiert, dass es jetzt an die Arbeit geht. Je aufgeräumter der Schreibtisch ist und je weniger ablenkende Dinge dort liegen, desto klarer ist das Signal, das das Gehirn aufnimmt: Jetzt ist Lernen angesagt, jetzt muss ich alle anderen Gedanken verbannen. Das spart wertvolle Zeit und womöglich sogar eine aufwendige Konzentrationsübung.

Die beste Lernzeit finden

Jeder Mensch hat seinen eigenen Rhythmus, der eine schläft gern lange und läuft gegen Mittag zu Hochtouren auf und der andere reißt die meisten Bäume frühmorgens aus. Dieser Rhythmus beeinflusst nicht nur die Arbeitsleistung in einem Job, sondern auch den Lernerfolg. Bei den Spätaktiven bleibt besser hängen, was sie ab mittags lernen, und die Frühaufsteher merken sich besonders gut, was sie frühmorgens lernen.

Versuchen Sie Ihren Tag, wo immer möglich, so zu strukturieren, dass Sie Ihrem Rhythmus entsprechend lernen. Die meisten Menschen wissen genau, wann sie am leistungsfähigsten sind, wagen aber nicht, sich danach zu richten, weil ihre Leistungskurve nicht zum Umfeld passt. Es lässt sich nicht vermeiden, dass Sie Seminare besuchen, die in Zeiten Ihres Leistungstiefs liegen. Aber die freien Lernzeiten, und das sind jene Zeiten, in denen Sie sich auf Prüfungen vorbereiten, können Sie beeinflussen und da sollten Sie sich frei machen von dem, was Ihre Umgebung sagt. Sie sollen und wollen lernen und warum sollten Sie als Mittagslerner morgens die doppelte Zeit für einen Lernstoff aufwenden, der Ihrem Gehirn mittags nur so zufliegen würde.

Effektiv lesen

Der meiste Lernstoff wird lesend aufgenommen. Ob der Text nun als Notiz, Buch, Artikel oder Internetseite daherkommt, entscheidend ist, dass in kurzer Zeit die wichtigsten Informationen gefiltert werden. Das verlangt einige Übung, über die vor allem Lesemuffel häufig nicht verfügen. Lesen lässt sich eben nur durch Lesen trainieren. Nutzen Sie daher jede Gelegenheit zum Lesen, wenn Sie dabei einige wichtige Dinge beachten, springen Ihnen die wichtigsten Informationen irgendwann fast ins Auge:

vor dem Lesen kurz über die Bedeutung des Textes nachdenken

unbedingt als Erstes die Überschrift, Zwischenüberschriften und Bildunterschriften lesen

auf Schlüsselwörter und Zahlen achten und sie unterstreichen

Wichtige Informationen aufschreiben

Wie Lesen der häufigste Weg ist, über den Lernstoff aufgenommen wird, so ist Schreiben der wichtigste Weg, Gedanken sicher und abrufbar zu speichern. Das Geschriebene können Sie abheften und gezielt suchen; mit Wissen im Kopf geht das nicht immer ganz so leicht. Gewöhnen Sie sich an, Stichpunkte zu dem zu notieren, was Sie hören oder lesen, und diese Notizen aufzubewahren. Sie können dazu sowohl Stift und Papier als auch Ihr Laptop oder Tablet nutzen. Hauptsache, Sie »heften« Ihre Notizen so ab, dass Sie sie auch wiederfinden.

Icon_tipp2.jpgWenn Sie mit dem Computer schreiben möchten und noch mit dem Zwei-Finger-Suchsystem arbeiten, sollten Sie einen Tastenschreibkurs belegen. Der dauert zwar einige Stunden, aber diese Zeit sparen Sie über das Seminar oder Studium gesehen locker dadurch ein, dass Sie am Computer wie mit der Hand automatisch schreiben.

Wissen kategorisieren

Das Gehirn speichert Informationen nicht einfach wahllos ab, es ordnet jede Information ein wie wir Dateien in Computerordner. Wenn es keinen Hinweis bekommt, wo es die Information einlagern soll, interpretiert es das, was ihm übermittelt wird, und sucht selbstständig den passenden »Ordner«. Meist ist die Zuordnung richtig, vor allem wenn der Lernstoff früher schon thematisiert wurde. Und dennoch erfolgt diese Zuordnung zufällig und Sie können dem Gehirn helfen, die neuen Erkenntnisse gleich richtig einzusortieren. Denken Sie bewusst über das Gehörte, Gelesene oder Gesehene nach und stellen Sie gedanklich einen Zusammenhang mit bereits bekanntem Wissen her. Oder stimmen Sie sich vor einem Seminar bewusst auf das Thema ein, indem Sie kurz darüber nachdenken. Das sind Kleinigkeiten, die wenig Aufwand verlangen, und langfristig eine hohe Wirkung erzielen.

Über Gelerntes sprechen

Das Gehirn freut sich über jede Wiederholung einer Information, weil es dann weiß, dass diese wichtig ist und dabei Hinweise erhält, ob es sie richtig abgespeichert hat. Neben dem Schreiben bietet sich das Gespräch über den Lernstoff als Chance zur Wiederholung geradezu an und das muss gar nicht mit einem Partner erfolgen. Selbstgespräche oder das Diktieren des Gelernten auf Smartphone, PC oder Diktiergerät versprechen den gleichen Erfolg. Plaudern Sie also öfter mal mit Freunden oder sich selbst über das, was Sie gerade gelesen, geschrieben oder gelernt haben. Das hilft Ihnen und Ihre Freunde lernen womöglich gleich auch noch etwas, das sie immer schon wissen wollten.

Sinnvolle Hilfsmittel wählen

Die wichtigsten Lernwerkzeuge sind das Gehirn und die Sinne; die haben Sie immer bei sich. Das heißt aber nicht, dass Sie Ihren körpereigenen Lernwerkzeugen nicht mit Hilfsmitteln unter die Arme greifen dürften. Damit sind nun nicht irgendwelche chemische Substanzen gemeint, sondern Bücher oder Studienhefte, die einladend wirken, Stifte, mit denen Sie gerne und flott schreiben, ein Laptop oder Tablet, wenn Sie gern mit dem Computer arbeiten. Prüfen Sie, welche Arbeitsmaterialien Ihnen helfen, sich zu organisieren und Zeit zu sparen, und leisten Sie sich die Dinge. Diese Investition zahlt sich langfristig in Lernerfolg aus.

Sich bewegen und lernförderlich ernähren

Einen Großteil Ihrer Lernzeit verbringen Sie sitzend am Schreibtisch, daran ändern auch Experimente, Recherchefahrten und Exkursionen wenig. Dadurch bewegen Sie sich zwangsläufig weniger als Ihr Körper gern hätte. Dies kann wiederum Einfluss auf das Gehirn haben, das sich Ihrem trägen Körper anpasst und schneller schlappmacht. Sorgen Sie lieber dafür, dass Ihr Geist beweglich bleibt, indem Sie sich bewegen. Dazu müssen Sie weder einen Leistungssport ausüben noch ins Fitnessstudio gehen; Spaziergänge, Springseil und Jonglierbälle bringen Sie und Ihr Gehirn ebenfalls auf Trab. Und wenn Sie sich und Ihrem Gehirn noch etwas Gutes tun, dann schlafen und trinken Sie viel und ernähren sich lernförderlich mit viel Vollkornprodukten, Nüssen und Gemüse.