Sexakt und Fetische
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Enthaltsamkeit ist für viele die langweiligste der bekannten sexuellen Perversionen – und für die meisten ebenso wenig eine Tugend wie das Fasten. Dennoch verlangt etwa die katholische Kirche von ihren Nonnen, Mönchen und Priestern, keusch zu bleiben. Ob das wohl immer eingehalten wird? Ohne Grund gibt es bestimmt nicht so viele Witze über Pfarrer und ihre Haushälterinnen bzw. Berichte über schwule Geistliche ...

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Denn der Mensch ist in erster Linie ein triebgesteuertes Wesen, und zu den Urtrieben gehört der Drang, sich fortzupflanzen. Deshalb streben die meisten auch nach Zweisamkeit – die man aber leider nicht auf Knopfdruck vorfindet. Und so wird das Glück schließlich selber in die Hand genommen. Nachdem beim Menschen die Arme bis über die Hüftknochen reichen, liegt das Gute ziemlich nah: Masturbation ist Sex haben mit einem Menschen, den man wirklich mag, wie schon Woody Allen sagte.

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Sich selbst zu befriedigen, hinterlässt manchmal aber auch ein Gefühl der Traurigkeit. Das hat damit zu tun, dass wir für die Mühe, Nachwuchs zu erzeugen, von Mutter Natur bei der „partnerschaftlichen sexuellen Betätigung“ mit viel Spaß belohnt werden. Selbst bei zärtlichen Berührungen durch eine andere Person schießt das Hormon Oxytocin in einer ungleich höheren Konzentration ins Blut, als wenn man sich selbst berührt bzw. befriedigt. Gemeinsamer Sex macht demnach sehr glücklich und bindet die Partner aneinander. Deshalb sehnt sich die überwältigende Mehrheit der Menschen nach einem Gefährten oder einer Gefährtin. Und setzt meist Himmel und Hölle in Bewegung, um nur ja den richtigen Partner oder die richtige Partnerin auf diesem Erdball zu finden.

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Am Anfang steht die Erregung , erfährt man aus Aufklärungsbüchern. Das stimmt – aber die wenigsten teilen ihrem Gegenüber mit: „Schatzi, ich bin erregt!“ Man ist spitz, rattig, wuschig, scharf, geil oder zeigt stumm, dass es nun bitte zur Sache gehen soll. Mit etwas Glück kommt es dann „zum Äußersten“, wie Frauen es gerne treffend und ein bisschen ironisch nennen. Und mit noch etwas mehr Glück sind wir verliebt, wenn es „zum Äußersten“ kommt. Es kann aber auch sein, dass wir einfach nur übereinander herfallen, ohne tiefere Gefühle für den Partner/die Partnerin zu empfinden. Manchmal ist Sex einfach nur Sex.

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Im schönsten Fall ist Verliebtheit im Spiel – am besten natürlich bei beiden. Nüchtern betrachtet handelt es sich dabei um einen biochemischen Prozess, der im Körper abläuft: Noradrenalin wird in die Blutbahnen geschossen, das puscht. Gleichzeitig überflutet uns das „Glückshormon“ Dopamin, und wir fühlen uns wie Jan Ullrich bei der Tour de France.

Wenn wir verliebt sind, sind wir optimistisch, geil, waghalsig, glücklich, vor allem aber ein „bisschen blöde“. Alles andere tritt automatisch in den Hintergrund, und die Umwelt glaubt, man hat nicht mehr alle Fransen am Teppich. Verliebtheit ist ein herrlicher Ausnahmezustand, der glücklicherweise nicht ewig anhält und am besten in Liebe übergeht. Erzwingen kann man Verliebtheit natürlich nicht: Wer mit aller Gewalt Schmetterlinge im Bauch fühlen will, muss sich leider Raupen in den Popo stecken.

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Wenn Mann und Frau Sex haben, kommen im Grunde zwei unterschiedliche Körper und Seelen zusammen, die nicht unbedingt im Gleichklang schwingen, sich aber ergänzen. Wir dürfen nicht vergessen: Die Natur möchte vor allem, dass wir die Art erhalten und möglichst optimalen Nachwuchs zeugen; belohnt werden wir für unsere unglaublichen Mühen mit einem Orgasmus. Im ursprünglichen Plan von Mutter Natur war nicht vorgesehen, dass auch Gefühle im Spiel sein können. Und so wirkt das Verhalten beim Akt wechselseitig möglicherweise befremdlich.

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Deshalb ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass Männer und Frauen unterschiedlich lange bis zum Höhepunkt brauchen. Rein statistisch gesehen benötigt ein Mann durchschnittlich drei Minuten bis zum Orgasmus – Frauen hingegen 15 Minuten. Er soll ja eigentlich nur seine Spermien abgeben, und dafür gibt es zur Belohnung den frühen Orgasmus. Käme die Frau eher als er, würde sie sich vielleicht mit Dank, aber „unbefruchtet“ zurückziehen. Aber auch die Männer sollen sich anstrengen, damit es der Frau Spaß macht und sie auch beim nächsten Mal wieder geneigt ist mitzumachen. Also hat die Orgasmusfähigkeit der Frau durchaus ihren Sinn. Ohne den möglichen Höhepunkt wäre kaum eine Frau bereit, ihre Zeit zu opfern und vor allem: ihre Frisur zu ruinieren.

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Der Mann, einmal losgelassen, will den Höhepunkt erreichen. Wenn der Verstand sich ausschaltet, gibt es nur noch dieses eine Ziel. Nun bleibt es der Frau überlassen, einen kühlen Kopf zu bewahren. Seit Urzeiten sind die Rollen so verteilt: Er rammelt drauflos und vergisst alles um sich herum; sie achtet darauf, dass nicht plötzlich ein Säbelzahntiger aus dem Badezimmer kommt. Er grunzt – und sie überlegt derweil, ob die Bettwäsche eigentlich farblich zur Tapete passt oder die Decke mal wieder gestrichen werden sollte. Um sich ganz und gar im Akt zu verlieren, muss die Frau sich sicher und behütet fühlen. So sieht das Grundschema aus, aber glücklicherweise hat sich im Laufe von Jahrmillionen der Verstand entwickelt – und wir können diese naturgegebenen Zwänge überwinden und tun das sogar manchmal.

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Die Männchen können nichts dafür, nur das Hormon Prolaktin: Das wird beim Orgasmus ausgestoßen und sorgt dafür, dass der Mann etwas Zeit braucht, um seine Batterien wiederaufzuladen. Er ist glücklich, aber müde. Die einzigen höherstehenden Wesen, die durch sexuelle Betätigung einen Energieschub erfahren, sind Frauen und Hühner – so heißt es zumindest! Sie fangen sofort an, ein Nest zu bauen und sind voller Tatendrang.

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Es gibt allerdings einige Menschen, die an der Stelle quasi einen blinden Fleck besitzen, wo sich bei der Masse die Lust oder der Wunsch, mit einer anderen Person Sex zu haben, befindet. Asexualität nennt man dieses Phänomen, das ganz unterschiedliche Gesichter haben kann. Körperliche Ursachen, wie bestimmte chronische Krankheiten, können der Grund sein, dass jemand sein Verlangen verdrängt und sich mit der Unfähigkeit, Sex zu haben, arrangiert. Oft ist Asexualität aber durch psychische Verletzungen bedingt. Deshalb können sich beispielsweise manche Menschen in der Sexualität dem anderen nicht offenbaren. So jemand mag einen Trieb verspüren, wird ihn aber alleine oder mit einem sexuellen Fetisch ausleben. Wieder andere sind von bestimmten Eigenschaften ihrer Mitmenschen angezogen, aber jedes sexuelle Verlangen ist ihnen fremd. Und schließlich die gar nicht so kleine Gruppe derer, denen es nicht gelingt, Gefühle und Sex miteinander zu verbinden.

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Verliebt in eine Brücke, verlobt mit einem Baum, verheiratet mit einem Luftballon – in Sachen Vorlieben und Hilfsmittel gibt es nichts, was es nicht gibt. So unterschiedlich jeder Mensch ist, so verschieden können auch seine im Geheimen oder ganz offen gebrauchten sexuellen Fetische sein.

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Der Begriff Fetischismus leitet sich von dem lateinischen „facticius“ ab, was so viel heißt wie „nachgemacht“ oder „künstlich“. Dabei geht es um die Fixierung auf einen Gegenstand oder einen bestimmten Körperteil des Partners, der wichtig ist, um die sexuelle Erregung zu steigern und die Befriedigung zu erhöhen. Bei manchen Leuten geht diese Leidenschaft sogar so weit, dass sie ohne den Fetisch gar nichts mehr machen können. Aber erst wenn jeder Bezug zu einem anderen Menschen verloren geht, wird es kritisch.

Jedes Kleidungsstück kann zum Fetisch werden!

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Bei manchem Geschäftsessen sitzt mehr als ein Strapsträger am Tisch, der nicht weiß, dass sein Gegenüber der gleichen Leidenschaft frönt. Es gibt sehr viel mehr Menschen als man ahnt, die unter ihrer Alltagskleidung einen Latexbody tragen und im eigenen Saft schmoren: Well done im Bratschlauch! Manchmal ist auch wichtig, ob die Kleidung schon getragen wurde oder wer der Vorbesitzer war.

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Meistens ist das Material eines Gegenstands von größerer Bedeutung als seine Form. Gummi und Leder, Nylon und Seide, Pelz und Wolle gehören zu den beliebtesten Materialien. Selbst Luftballons haben eine große Fangemeinde – die empfindet das Zerplatzen tatsächlich als besonders anregend. Was mit ihnen sonst noch alles möglich ist, bleibt der Fantasie überlassen. Die Leidenschaft vieler Frauen für ihre Pumpskollektion gehört sicherlich in einen Grenzbereich, aber Schuhfetischismus ist ziemlich weit verbreitet. Auch mancher Mann hat eine geheime Liebesbeziehung zu Schuhen, seien es Gesundheitssandalen oder die Lackstiefel aus dem Übergrößengeschäft.

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Zu den etwas merkwürdigen sexuellen Vorlieben gehört sicher die Plushophilie, wobei man sich durch Plüschtiere erregen lässt. Die sexuelle Neigung zu Bäumen nennt man Dendrophilie, und mit Statuophilie ist natürlich eine erotische Beziehung zu Statuen gemeint. Gewöhnungsbedürftig ist der Gedanke, dass im Allgemeinen als etwas unappetitlich angesehene Gegenstände zum Fetisch werden können. Dass es sexuell motivierte erwachsene Windelträger gibt, hat sich aber inzwischen herumgesprochen.

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Darüber hinaus gibt es einen florierenden Handel mit gebrauchter Unterwäsche, die zahlreiche und zahlungskräftige Liebhaber hat. Über Fetischisten, die mit Hackfleisch Orgien veranstalten, mag die Mehrheit bestimmt nicht gern lange nachdenken. Auch hört man von Menschen, die eine sexuelle Beziehung zu ihrer Heimorgel oder einer Kreissäge haben, und von anderen, die Gipsverbände als das Größte ansehen. Jedem Tierchen sein Pläsierchen! Solange kein anderer Mensch in seiner Freiheit eingeschränkt wird, kann im Grunde jeder Fetisch toleriert werden.

Vokabeln

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blickficken jemanden mit Blicken ausziehen
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Endgegnerin eine Frau, die nicht leicht zu haben ist
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Waldrodung Intimrasur
wuschig sein erregt sein