Kapitel 4

 

 

Cachat weckte ihn persönlich einige Stunden später. Von einem Posten begleitet, kam der Sonderermittler mitten in der Nacht zu ihm in die Kabine und schüttelte ihn aus dem Schlaf.

»Aufstehen«, befahl er. »Duschen Sie sich rasch, wenn es sein muss. Wir haben einiges zu besprechen.«

Sein Tonfall war kalt, die Worte knapp; damit hatte Yuri gerechnet. Er wunderte sich jedoch über Cachats Angebot, sich duschen zu dürfen. Und noch mehr wunderte er sich, kaum bemerkte er es, dass Cachat von einem Marineinfanteristen begleitet wurde und nicht von einem SyS-Mann.

Was das anging, wo hatte Cachat überhaupt an Bord eines SyS-Superdreadnoughts einen Marine aufgetrieben? Die Systemsicherheit stellte an Bord ihrer Schiffe ein eigenes Kontingent an Bodentruppen. Saint-Just vertraute den Marines nicht mehr als der Volksflotte und duldete an Bord seiner kostbaren Großkampfschiffe keine größeren fremden Verbände von bewaffneten, an der Waffe ausgebildeten Leuten.

 

 

 

 

Er fand es heraus, als er aus der Duschkabine trat, das Haar noch nass, und sich rasch ankleidete.

Cachat hatte sich in Yuris Sessel gesetzt und einen Stapel Speicherchips auf dem kleinen Tisch daneben ausgebreitet. Keine Dienstsachen, sondern die Sorte Chips, die man für persönliche Aufzeichnungen verwendete.

»Waren Sie über Jamkas Perversionen informiert?«, wollte Cachat wissen. Er deutete auf die Chips. »Ich habe zwo der unangenehmsten Stunden meines Lebens damit verbracht, mir das da anzusehen.«

Yuri zögerte. Cachat klang immer kühl, doch nun war er eindeutig eisig, als bemühte sich der Mann, eine brodelnde Wut einzudämmen, indem er sie mit einem Gletscher bedeckte. Yuri begriff instinktiv, dass er am Rand einer tiefen Kluft stand. Ein falscher Schritt genügte …

»Selbstverständlich«, sagte er abrupt. »Jeder wusste davon.«

»Warum wurde der Nouveau Pariser Zentrale nichts davon gemeldet?«

Kann er denn wirklich so naiv sein?

Sein Erstaunen musste ihm anzusehen sein. Zum zweiten Mal, seit er Cachat kennen gelernt hatte, füllte sich das Gesicht des jungen Mannes mit Zorn.

»Bemühen Sie sich nicht, sich mit dem Beispiel Trescas herauszureden, verdammt. Ich weiß sehr wohl, dass im Gefängnisbereich Sadisten und Abartige geduldet wurden – ob es mir passt oder nicht, und es passt mir nicht. Hier aber haben wir es mit einem Kampfverband der Volksrepublik zu tun, der sich im Kriegseinsatz befindet! Ein sexuell devianter Mensch wie Jamka in einer solchen Position hat ein offensichtliches Sicherheitsrisiko dargestellt! Zumal der Kerl wirklich voll und ganz wahnsinnig gewesen ist!«

Mit funkelnden Augen nahm Cachat einen der Chips auf und schwenkte ihn wie ein Staatsanwalt, welcher der Jury die Mordwaffe unter die Nase hält. »Auf diesem Chip sind Folter und Mord an einem weiblichen Mannschaftsdienstgrad der Volksflotte aufgezeichnet!«

Yuri spürte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich. Ja, er hatte munkeln hören, was sich in Jamkas Privathaus auf dem Planeten abspielen sollte, doch aus jahrelanger Gewohnheit die Gerüchte ignoriert und das extravagantere Geraune als wie üblich stark aufgebauschte Hörensagen abgeschrieben. Wenn er ehrlich war, dann war Radamacher ebenso wie Admiral Chin dankbar für Jamkas dunkle Triebe gewesen, denn sie hatten den Mistkerl beschäftigt und Yuri vom Hals gehalten. Solange Jamka wegen seiner Privatangelegenheiten vom Kampfverband fern blieb, hatte sich Yuri nicht darum gekümmert. Es war gefährlich – lebensgefährlich –, im Privatleben eines so ranghohen SyS-Offiziers wie Robert Jamka herumzuspionieren. Der immerhin Radamachers direkter Vorgesetzter gewesen war.

»O Gott!«

»Es gibt keinen Gott«, fuhr Cachat ihn an. »Ich möchte solche Wörter nicht wieder hören. Beantworten Sie meine Frage – warum haben Sie es nicht gemeldet?«

Yuri suchte nach Worten. Bei all seinem Zynismus, etwas an dem puren Fanatismus des jungen Mannes entwaffnete ihn.

Sollte er vorher noch gezweifelt worden, so begriff er nun, dass Cachat in der Tat ein Rechtgläubiger war: einer der Furcht erregenden Menschen, die zwar keinerlei persönliche Vorteile aus ihrer Macht ziehen, aber auch nicht zögern, jeden zu strafen, der ihren Maßstäben nicht gerecht wird.

»Ich …« Er atmete tief durch. »Ich wusste nichts von diesem Mord. Was auf dem Planeten vorging … ich meine, ich habe Jamka im Auge behalten – und Chin auch –, wenn er an Bord des Flaggschiffs war … oder sonst wo im Verband … aber da war er nicht oft, er war pflichtvergessen und verbrachte die meiste Zeit an Bord der Superdreadnoughts oder auf dem Planeten …«

Ich stammle wie ein Idiot.

»Das ist gelogen«, entgegnete Cachat tonlos. »Das Verschwinden von Bürgerin Lenkwaffentechniker Dritter Klasse Caroline Quedilla ist Ihnen vor fünf Monaten gemeldet worden. Das weiß ich aus Ihren Akten. Sie haben eine oberflächliche Untersuchung eingeleitet und sie als ›unerlaubt von der Truppe entfernt, wahrscheinlich desertiert‹ gemeldet.«

Langsam kam Radamacher die Erinnerung wieder. »Ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Sie ist aber verschwunden, während sie Landurlaub hatte … so etwas geschieht hin und wieder einmal und …«

Er vergaß Cachats Warnung. »Mein Gott«, flüsterte er. »Nachdem ich die Untersuchung eingeleitet hatte, befahl Jamka, die Ermittlungen abzugeben. Er sagte, ich hätte Wichtigeres zu tun, als meine Zeit mit einem routinemäßigen Fall von Flottendesertion zu verschwenden.«

Cachat starrte ihn mit dunklen Augen an und sagte schließlich: »So, so. Nun, zur Strafe weise ich Sie an, sich den gesamten Chip anzusehen. Achten Sie darauf, dass Sie es nicht weit bis zur Toilette haben. Wenigstens einmal werden Sie kotzen müssen.«

Unvermittelt erhob er sich. »Aber das heben wir uns für später auf. Zunächst müssen wir Ihre Vernehmung beenden. Die Lage hier ist derart durcheinander, dass ich es mir nicht leisten kann, wenn ein Offizier Ihrer Erfahrung Däumchen dreht. Ich brauche dringend Personal, auf das ich mich verlassen kann.« Stirnrunzelnd wies er mit dem Daumen auf den Bürger Sergeant. »Ich musste sogar Marines von einem der Schiffe des Kampfverbands anfordern, weil ich nicht sagen kann, welche SyS-Leute auf diesem Schiff mit Jamka unter einer Decke steckten.«

Das Stirnrunzeln richtete sich nun auf Yuri. »Unter der Voraussetzung natürlich, dass Sie mich von Ihrer politischen Zuverlässigkeit überzeugen können, und davon, dass Sie nicht in Jamkas … ich nenne es immer noch ›Ermordung‹, auch wenn ich persönlich der Ansicht bin, man hätte dem Mann ohne viel Federlesens einen Bolzen durch den Kopf jagen müssen. Solange es nur alles seine Richtigkeit damit hat.«

Yuri zögerte. Dann beschloss er in der Vermutung, dass Cachat das Thema ohnehin anschneiden würde, freiwillig in eine chemische Vernehmung einzuwilligen. Wieso auch nicht? Cachat konnte sie anordnen, ob Yuri einverstanden war oder nicht.

»Sie können mir jedes Wahrheitsserum geben, das Sie mir geben wollen.« Er versuchte so zuversichtlich zu klingen wie möglich. »Das heißt, gegen eines bin ich allergisch, und zwar …«

Cachat schnitt ihm das Wort ab. »Von wegen. Unter den Leuten, die mit Jamka unter einer Decke gesteckt haben – das Schwein muss eine Art Sekte gegründet haben – gehörte einer der Ärzte dieses Schiffes. Ich kann nicht sagen, inwieweit er die Medikamente manipuliert hat, um sich vor Wahrheitsseren zu schützen, sollte er in Verdacht geraten. Ich beschränke mich darum auf die erprobten, zuverlässigen Methoden.«

Cachat wandte sich ab und öffnete die Luke. Ohne einen Blick zurück ging er in den Korridor voraus. Als Radamacher ihm folgte, kam er an dem großen Marinessergeant vorbei und bemerkte, dass er ihn kannte. Er war Bürger Sergeant Pierce, einer der Marineinfanteristen von Sharon Justices Schiff.

»Der Bürger Sonderermittler hat einen ganzen Zug von uns von der Veracity angefordert«, flüsterte Pierce. »Ist erst seit vier Stunden hier.«

Radamacher verließ die Kammer. Vielleicht zehn Meter voraus folgte Cachat dem Korridor, gerade außer Flüsterweite.

»Was geht hier vor?«, fragte Yuri leise.

»Die Hölle bricht los, Sir. Sind vielleicht die vier unglaublichsten Stunden in meinem Leben gewesen.« Der Bürger Sergeant nickte Cachat zu. »Das ist ein eiskalter Hurensohn, Sir. Stellen Sie sich vor …«

Als der Sergeant sah, dass Cachat ungeduldig den Kopf drehte, um zu sehen, weshalb sie so lange brauchten, verstummte er.

Schweigend gingen sie den Rest des Weges. Cachat gab ein rasches Tempo vor und führte sie durch die gewundenen Korridore des gewaltigen Kampfschiffs; nur ganz selten zögerte er für einen Augenblick. Yuri, der noch wusste, wie sehr er sich bei seinem ersten Gang durch einen Superdreadnought verirrt hatte, fragte sich, wie Cachat dieses Kunststück vollbrachte.

Er wunderte sich jedoch nicht lange. Es war eine lange Reise von Haven nach La Martine, und gewiss hatte sich der Sonderermittler unablässig auf seinen Einsatz vorbereitet. Dazu gehörte gewiss auch, dass er sich mit dem Schiff vertraut machte, in dessen Innern er arbeiten würde.

Pflicht. Die Bedürfnisse des Staates.

Über etwas anderes wunderte sich Yuri viel länger. Ihm war schließlich eingefallen, dass die von Jamka ermordete Frau ebenfalls auf Sharon Justices Schiff gedient hatte.

Das war … eigenartig. Nicht der Umstand an sich. Aber dass Cachat, nachdem er Sharon Justice – und Yuri – unter Arrest gestellt hatte, ausgerechnet Marines vom gleichen Schiff einsetzte, um …

Wozu eigentlich? Was zum Teufel hat der Kerl vor?

 

 

 

 

Kaum hatten sie den großen Saal betreten, der ihr Ziel war, als Yuri begriff. Zum Teil zumindest.

Der Saal diente normalerweise den SyS-Bodentruppen als Turnhalle. In gewisser Weise wurde sie noch immer zu sportlichen Zwecken verwendet; vorausgesetzt, man konnte es als sportlich bezeichnen, Menschen systematisch zu misshandeln.

Entsetzt erstarrte Yuri, als er die Person sah, die mit Handschellen an einen schweren Stuhl gekettet war, der in der Mitte der Abteilung stand: Es war Bürgerin Captain Sharon Justice, von den Hüften aufwärts bis auf einen Büstenhalter nackt. Yuri erkannte sie kaum. Ihr Oberkörper war von blauen Flecken übersät, das Gesicht zu Brei geschlagen. Kopf und Brust waren über und über mit Blut bespritzt.

»Entschuldigen Sie, Sir«, flüsterte der Marineinfanterist. Sharons Stöhnen überdeckte die leisen Worte fast. »Wir machen es so behutsam, wie wir können. Aber … entweder das, oder sie bekommen, was der Doktor bekommen hat.«

Yuris Verstand schien nicht mehr richtig zu funktionieren. Trotz des Rufes der Systemsicherheit gab es zahlreiche SyS-Offiziere wie ihn, die nicht mehr zu beiläufiger Brutalität neigten wie jeder andere Mensch auch. Radamacher hatte es noch nie erforderlich gesehen, Disziplin mit mehr als ein paar scharfen Worten hin und wieder durchzusetzen.

Um die Beine des Stuhls, an den Sharon gekettet war, lag eine riesige Blutlache. Yuri suchte nach der Antwort …

Wie kann sie so viel geblutet haben?

Dann endlich kamen ihm die Worte des Marineinfanteristen zu Bewusstsein. Undeutlich wurde Radamacher bewusst, dass noch mehr blutige Körper in der Abteilung lagen. Er hatte sie zuerst nicht bemerkt, weil sie in zwei Ecken geschleift worden waren und sich in den anderen beiden Ecken ungefähr zwanzig Personen zusammendrängten.

Zusammendrängen war das richtige Wort. Sie schienen sich gegen die Schotten zu drängen, als versuchten sie, so weit wie möglich von dem Geschehen in der Mitte der Abteilung abzurücken. Oder genauer gesagt, von dem Sonderermittler. Dass es alles Angehörige der Systemsicherheit waren bis auf den Bürger Major und die drei Bürger Sergeants der Marineinfanterie, die offensichtlich die Prügel verabreicht hatten, verlieh der gesamten Situation ein aberwitziges Element. Kein Wunder, dass der Marinesunteroffizier von den vielleicht unglaublichsten vier Stunden seines Lebens gesprochen hatte. Das nannte man vertauschte Rollen!

Dann sah sich Yuri die Körper in der Ecke genauer an, und das Gefühl der Komik verschwand. Die blutüberströmten, benommenen Menschen in der einen Ecke waren lediglich zusammengeschlagen worden. Zwei Sanitäter kümmerten sich nun um sie, doch trotz der Prellungen und Verbände erkannte er sie alle. Im Wesentlichen handelte es sich bei den Personen um die ranghöchsten SyS-Offiziere, die dem Volksflottenkampfverband zugeteilt gewesen waren. Die Leute, die Yuri Radamacher als ›seine Leute‹ ansah.

Die andere Gruppe hingegen …

Er erkannte keinen von ihnen bis auf eine Frau, von der er glaubte, dass sie zu den Offizieren des anderen Superdreadnoughts gehörte. Er war sich ziemlich sicher, dass es sich ausnahmslos um SyS-Offiziere der Superdreadnoughts handelte, die stets Distanz zu der ›Volksflotten-SyS‹ bewahrt hatten.

Von ihnen stammte der Großteil des Blutes unter dem Stuhl, begriff er. Sie waren alle durch einen Kopfschuss getötet worden. Jamkas Komplizen, zweifellos.

Tot, tot, tot. Sechs waren es.

 

 

 

 

»Also?«, wollte Cachat wissen.

Der Bürger Major, der die Marines kommandierte, war Khedi Lafitte, Kommandeur des Marineinfanteriedetachments der Veracity. Er schüttelte den Kopf. »Ich halte sie für unschuldig, Sir.« Er wies mit der Hand auf den Holorekorder, den ein SyS-Mann hielt. »Sie können sich die Aufnahme natürlich selber ansehen, aber wenn sie mit Jamkas Tod irgendetwas zu tun hatte, dann haben wir jedenfalls keine Spur davon herausbekommen.«

Cachat blickte den verprügelten weiblichen Offizier auf dem Stuhl mit angespannten Kiefern an. »Was sagen Sie zu ihrer politischen Zuverlässigkeit?«

»Nun … wir hatten uns mehr auf die Jamka-Frage konzentriert …«

Cachat schüttelte ungeduldig den Kopf. »Lassen Sie es gut sein. Ich befasse mich selbst damit. Das Gleiche gilt für wen auch immer Bürger Vorsitzender Saint-Just zur Überprüfung meines Berichts einteilt, sobald er in Nouveau Paris ist.«

Er richtete den Kopf auf den SyS-Mann, der den Rekorder hielt. »Sie haben doch eine gute Aufnahme gemacht, oder?«

Der Mann nickte hastig. In der Gegenwart des Sonderermittlers schien er genauso nervös zu sein wie jeder andere auch.

Anscheinend befriedigt wandte sich Cachat wieder Justice zu und betrachtete sie.

Nach einigen Sekunden zuckte er die Schultern. Die Gebärde wirkte mehr unwillkürlich als wie ein echtes Achselzucken.

»Also vom Stuhl mit ihr. Bringen Sie die Bürgerin Captain zu den anderen und sorgen Sie für medizinische Versorgung. Danke, Bürger Major Lafitte. Bürger Kommissar Radamacher vernehme ich selbst. Ich bin mir zwar fast sicher, dass wir die faule Stelle bereits ausgebrannt haben, aber man sollte immer auf Nummer sicher gehen.«

Zwei Marinessergeants lösten Sharons Fesseln erheblich behutsamer, als man es von Männern erwartet hätte, die sie gerade erst lazarettreif geprügelt hatten, und führten sie zu den Sanitätern in der Ecke. Kaum war der Stuhl frei, als Cachat sich Yuri zuwandte.

»Bitte nehmen Sie Platz, Bürger Kommissar Radamacher. Wenn Sie unschuldig sind, haben Sie nichts zu befürchten außer einer schmerzhaften Episode, die rasch vorübergeht.« An seinem Koppel hing ein Pulser. Cachat zog die Waffe aus der Pistolentasche und hielt sie lässig in der Hand. »Sollten Sie schuldig sein, kommt die Erlösung sogar noch schneller.«

Yuri war stolz darauf, dass er ohne zu zittern zu dem Stuhl gehen und sich setzen konnte. Als einer der Sergeants die Schellen an seinen Hand- und Fußgelenken schloss, hob er den Kopf zu Cachat.

Erneut überging er den Befehl des Sonderermittlers. »Himmelherrgott«, zischte er leise, »Sie haben sie eigenhändig erschossen.«

Erneut das ärgerliche leichte Schulterzucken. »Wir sind im Krieg, und die Volksrepublik ist stärker bedroht denn je zuvor. Das Sicherheitsrisiko durch Jamka und seine Clique erforderte ein summarisches Urteil und dessen Ausführung. Ihre Perversion und Korruption drohte die Autorität des Staates im ganzen Sektor zu untergraben. Es hat sie tatsächlich infrage gestellt, als Jamkas Verhalten zu seinem Tod führte.«

Yuri musste an sich halten, um sich seine Erleichterung nicht anmerken zu lassen. Ob es dem Sonderermittler bewusst war oder nicht, Cachat hatte soeben eingeräumt, dass Jamkas Ermordung einen persönlichen und keinen politischen Hintergrund besaß – und zwar, während er amtlich aufgezeichnet wurde.

Seine nächsten Worte sprach Cachat ein wenig lauter aus, als wollte er sicherstellen, dass jeder SyS-Offizier in der Abteilung ihn verstand.

»Bürger Vorsitzender Saint-Just wird die Angelegenheit selbstverständlich überprüfen lassen und, sollte er meine Maßnahmen missbilligen, für meine Bestrafung sorgen. Worin diese auch bestehen mag.« Er sprach mit völliger Indifferenz. »Auf jeden Fall jedoch« – sein Blick verließ Yuri und glitt langsam über die Offiziere in den Ecken; seine Augen glitzerten wie Achate – »habe ich wohl deutlich gemacht, dass in diesem Sektor legislaturistenhafter Klüngel und Vetternwirtschaft zwischen unfähigen und korrupten Offizieren nicht mehr toleriert, sondern im Gegenteil empfindlich bestraft wird.«

Die drei Sergeants waren zurück. Alle zogen sie Handschuhe über, um sich zu schützen.

»Fangen Sie schon an«, sagte Yuri mit fester Stimme. Aus Gründen, die er nicht ganz begriff, erfüllte ihn plötzlich Zuversicht. Tatsächlich fühlte er sich so gut wie schon lange nicht mehr.

Seine Zuversicht konnte natürlich nicht von Dauer sein. Doch, wie Cachat gesagt hatte, irgendwann hatten die Prügel ein Ende. Mit einem getrübten Auge – das andere war komplett geschlossen – sah Yuri, wie der Sonderermittler den Pulser zurück ins Holster steckte. Und mit Ohren, die sich anfühlten wie Blumenkohl, hörte er undeutlich, wie Cachat ihn von jedem Verdacht freisprach. Gewiss, es klang widerwillig, aber es wurde ausgesprochen und ordnungsgemäß aufgezeichnet. Yuri hörte, wie sich Cachat bei dem SyS-Mann dessen vergewisserte.

Nachdem Bürger Sergeant Pierce ihm in die Ecke geholfen hatte, wo die Sanitäter warteten, gelang es Yuri, ein paar Worte zu murmeln.

»Laube die Dase ist k'broch'n.«

»Jawohl, Sir, das ist sie«, murmelte der Bürger Sergeant. »Tut mir Leid deswegen. Wir haben Ihnen die Nase ganz zu Anfang gebrochen. Ausdrücklicher Befehl des Bürger Sonderermittlers, Sir.«

Cachat, du eiskalter Mistkerl.

Später, nachdem man ihn verarztet hatte, fühlte er sich besser.

»Sie kommen wieder in Ordnung, Sir«, versicherte ihm der Sanitäter, der ihm die Verbände angelegt hatte. »Eine gebrochene Nase sieht immer furchtbar aus – das viele Blut –, aber es ist eigentlich gar nicht so schlimm. Ein paar Wochen, und Sie merken nichts mehr davon.«

Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
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