KAPITEL 37

Das Geräusch weckte alle. Lichter flammten auf. Jack und Sammy überzeugten sich, dass mit den Kindern alles in Ordnung war, bevor sie den Rest des Hauses überprüften.

»Das hat sich angehört wie eine Bombe«, sagte Sammy, »oder als wäre ein Gebäude eingestürzt.«

Jack schaute ihn fragend an. »Oh, verdammt!«

Er rannte zur Rückseite des Hauses.

»Jack! Was ist denn?«

Sammy eilte ihm hinterher.

Jack sprintete über den Hinterhof und über die Felsen, riss die Tür zum Leuchtturm auf und blieb schwer atmend stehen. Die Treppe war eingestürzt. Er leuchtete mit der Taschenlampe nach oben. Fünfzehn Meter Holz waren einfach zusammengebrochen.

Sammy trat neben ihn und sah, was los war. »Verdammt, warst du nicht erst gestern da oben?«

Jack nickte, den Blick noch immer auf die eingestürzte Treppe gerichtet. Jetzt konnte er nicht mehr zur Spitze hinauf.

»Das war verflucht knapp, alter Junge«, bemerkte Sammy.

Jack drehte sich zu ihm um. »Ich muss die Treppe wieder aufbauen.«

»Was?«

»Wir können das Material morgen holen.«

»Aber wir sind noch nicht bei Jenna fertig, und wir haben noch andere Jobs. Und Charles hat weitere Aufträge für uns. Da ist eine Lady mit Namen Anne Bethune mit einem großen Haus am Strand. Sie will einen Windschutz an ihrer Veranda und noch ein paar andere Sachen. Das bringt gutes Geld.«

»Das erledige ich in meiner Freizeit.«

»Ja, klar, davon hast du ja auch so viel.«

»Ich muss das einfach tun, Sammy.«

Sammy schaute auf den Berg aus geborstenem Holz. »Das wird verdammt teuer.«

»Ich werde es von meinem Anteil bezahlen, und ich erwarte auch nicht, dass du mir hilfst.«

Sammy legte die Stirn in Falten. »Seit wann haben wir Anteile und helfen einander nicht mehr?«

»Das hier ist was anderes, Sammy. Ich kann nicht von dir verlangen, dass du das auch noch machst.«

Sammy schaute auf das handgemalte Schild neben der Tür und sagte leise: »Morgen früh nehmen wir erst mal die Maße. Dann holen wir das Material. Tagsüber arbeiten wir dann für Geld, und später machen wir das hier. Okay?«

»Okay«, antwortete Jack. Als Sammy sich zum Gehen wandte, fügte er hinzu: »Danke, Sammy.«

Sammy drehte sich noch einmal um. »Ich war zwar nie verheiratet, Jack, aber ich weiß, was es bedeutet, jemanden zu verlieren. Besonders jemanden wie Lizzie.«

Er ging zum Haus weiter. Jack drehte sich wieder zu dem Leuchtturm um, den er wieder aufbauen würde.

* * *

»Wofür ist das alles?«, fragte Pinckney, als Jack und Sammy den Pick-up bis oben hin beladen hatten. Er schaute sich die Sachen an. »Ein Gerüst. Und ihr habt genug Holz bestellt, um damit eine zweite Arche Noah zu bauen.«

»Wir hatten einen kleinen Unfall im Palast«, sagte Sammy, als es so aussah, als würde Jack nicht antworten.

Pinckney schaute besorgt drein. »Ein Unfall? Ist jemand verletzt worden?«

»Die Treppe im Leuchtturm ist eingebrochen«, sagte Jack. »Aber es ist niemand zu Schaden gekommen.«

»Dann willst du die Treppe reparieren, ja?«, fragte Charles überrascht.

»Ja!«, antwortete Jack gereizt.

Sammy schaute zu Charles und zuckte mit den Schultern.

»Aber die Lichtanlage funktioniert doch nicht mal.«

»Das Leuchtfeuer? Das will er auch reparieren«, erklärte Sammy.

»Aber warum? Der Leuchtturm hat doch keinerlei Bedeutung für die Schifffahrt mehr.«

Jack zurrte erst einmal alles fest, bevor er sich wieder zu Charles umdrehte. Er zog ein Blatt Papier aus der Tasche und reichte es ihm. »Ich habe einen Plan des Leuchtfeuers gefunden. Könntest du diese Teile hier für mich besorgen?«

Charles warf einen Blick auf die Liste. »Das könnte einige Zeit dauern, und billig wird es nicht.«

Jack stieg in den Wagen. »Danke.«

Sammy warf Charles einen hilflosen Blick zu und stieg ebenfalls ein.

Auf der Fahrt zur Stadt fragte Sammy plötzlich: »Ist das nicht Bonnie?«

Jack schaute in die Richtung, in die sein Freund deutete. Es war tatsächlich Bonnie. Und sie saß mit einem jungen Mann im Anzug in einem Auto.

»Wer ist der Kerl?«, fragte Sammy.

»Den habe ich noch nie gesehen.«

»Bonnie ist wirklich ein seltsamer Vogel.«

»Ja.« Jack schaute noch einmal zu seiner Schwiegermutter zurück und fuhr weiter.

* * *

Am Palast angekommen luden sie das Baumaterial aus. Dann nahm Sammy den VW und fuhr zu Anne Bethune, um mit ihr zu besprechen, was genau sie brauchte, während Jack im Pick-up zu Jenna fuhr.

Jenna öffnete ihm die Tür. Sie trug einen Bademantel und Slipper.

»In einem Restaurant arbeitet man nicht von neun bis fünf, eher von zehn bis Mitternacht. Möchten Sie einen Kaffee?«

Jack zögerte.

»Er kostet nichts extra«, sagte sie lächelnd.

»Okay. Danke.«

Jenna brachte ihm eine Tasse ins Musikzimmer hinunter und schaute zu, wie er an der neuen Wand arbeitete.

»Sie wissen wirklich, was Sie tun«, bemerkte sie.

»Das ist bloß eine Gipswand. Wenn man erst mal weiß, wie das geht, ist es ziemlich einfach.«

»Berühmte letzte Worte. Ich kann nicht mal ein Bild aufhängen.«

»Vermutlich war das Leben als Anwältin auch nicht gerade leicht.«

»Ach, da ging es immer nur um Wortklauberei.«

»Wenn Sie es sagen.«

Jenna nippte an ihrem Kaffee und schaute weiter zu. »Unsere Kinder verstehen sich wirklich gut dank ihrer Musik.«

»Ja, Mikki hat es mir erzählt.«

»Das ist das erste Mal, dass Liam hier unten Interesse an jemandem zeigt.«

»Er scheint mir ein netter junger Mann zu sein. Und Mikkis Stimmung hat sich deutlich gehoben. Allein das ist schon Liams Gewicht in Gold wert.«

Jack legte sein Werkzeug beiseite und trank einen Schluck Kaffee. »Darf ich Ihnen mal eine persönliche Frage stellen?«

Jenna beäugte ihn mit gespielter Vorsicht. »Muss ich jetzt Angst haben?«

»Nein.«

»Dann fragen Sie.«

»Haben Sie je daran gedacht, wieder zu heiraten?«

»Daran gedacht schon.«

»Das ist gut. Sie sind noch jung, gut betucht, klug und gebildet. Und ausgesprochen attraktiv.«

»Hey, ich sollte Sie als meinen PR-Berater anheuern.«

»Ich meine es ernst, Jenna.«

Jenna stellte ihre Tasse beiseite und schlug den Bademantel über die nackten Knie. »Einige Männer waren an einer dauerhaften Beziehung mit mir interessiert. Ein paar sogar hier aus Channing.«

»Aber?«

»Aber es waren nicht die Richtigen. Und ich bin eine Frau, die bereit ist, auf Mr. Right zu warten … besonders, wenn man bedenkt, wie falsch ich beim ersten Mal gelegen habe.«

Jack griff wieder zu seinem Werkzeug. »Lizzie und ich haben uns an der Highschool kennengelernt. Dieses Jahr hätten wir unseren achtzehnten Hochzeitstag gefeiert.«

»Hört sich so an, als hätten Sie Ihre Mrs. Right beim ersten Versuch gefunden.«

»Ja, das habe ich«, gab Jack offen zu.

»Ich nehme an, das macht den Verlust umso schwerer.«

»Allerdings. Aber da sind noch unsere Kinder, die ich erziehen muss, und das möchte ich vernünftig machen. Für Lizzie.«

»Und für Sie, Jack. Sie sind Teil der Gleichung.«

»Ja, und für mich«, sagte er. »Ich hoffe, Sie werden Ihren Mr. Right noch finden.«

»Das hoffe ich auch«, erwiderte Jenna.