9
Flensburg, November 1831

Es war und es ist noch immer das nackte Grausen. Ein anderes Wort fällt mir für das, was ich an diesem Abend erlebt habe und was mir noch bevorsteht, nicht ein. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, und befürchte, dass ich nicht die richtigen Worte finde, um zu beschreiben, wie mein Leben nun in Trümmern liegt.

Meine Hand ist immer noch nicht ruhig. Ich möchte gegen die aufkeimende Panik anschreiben, aber die Buchstaben tanzen auf dem Papier und lassen sich nicht bändigen. Ich bringe keinen geraden Satz zustande. Und immer wieder taucht das grauenvolle Bild vor meinen Augen auf. Am liebsten würde ich zu Vater gehen und mich von ihm trösten lassen, wie früher, wenn ich mir die Knie aufgeschlagen hatte … Doch Vater würde diese Aufregung mit Sicherheit nicht verkraften. Aber was soll ich tun, um mir die Zeit zu vertreiben, bis Heinrich endlich zurückkehrt? Und vor allem: Was wird er für neue Nachrichten mitbringen? Ob sich inzwischen alles aufgeklärt hat? Auf jeden Fall wird mir Heinrich helfen. Er wird nicht zulassen, dass das Ansehen unserer Familie derart besudelt wird!

Was für eine Ironie des Schicksals, dass mir der Mann zur Seite steht, dem ich einst einen Korb gegeben habe und der dann meine Schwester geheiratet hat! Ich fand immer, dass sie die Hübschere von uns beiden ist. Sie besitzt diese Anmut der elfengleichen Wesen und nichts von der ungestümen Burschikosität, die ich an mir habe. Ach, Lene, denke ich seufzend, ob wir uns jemals wiedersehen? Ich darf nicht schon wieder einen Tränenausbruch riskieren, denn dann kann ich mir das alles nicht mehr von der Seele schreiben. Natürlich könnte ich die nächsten Stunden auch auf die Hanne von Flensburg starren, wie sie dort unten mondbeschienen im Hafen liegt und auf ihre erste Reise wartet … Aber das würde ich nicht aushalten. Natürlich könnte ich auch in diesem Zimmer auf und ab gehen, doch damit bekäme ich das schreckliche Bild mit Sicherheit nicht aus dem Kopf. Ich könnte schreien, aber es darf keiner wissen, dass ich in meinem alten Zimmer versteckt auf meine Abreise warte.

Aber ich sollte alles von Anfang an niederschreiben, von dem Augenblick an, in dem man mich zum Kontorhaus gelockt hat, damit ich selbst begreife, dass es kein schlimmer Traum ist, aus dem ich sogleich erwachen werde. Nein, es ist die Wahrheit. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen!

Ich hatte den ganzen Weg von der Villa hinunter zur Schiffsbrücke ein flaues Gefühl im Bauch. Es war höchst merkwürdig, dass ein kleiner Junge die Nachricht überbracht hatte, der danach sofort fortgelaufen war. Das Kontorhaus war stockdunkel. Hinter keinem der Fenster brannte ein Licht. Weder im Speicher noch in der Obstbrennerei wurde noch gearbeitet. Eine innere Stimme warnte mich davor, das verlassene Haus zu betreten oder gar in den Keller zu steigen. Doch was sollte ich tun? Was, wenn Pit tatsächlich meine Hilfe benötigte? Ich konnte schlecht wie ein kleines verängstigtes Mädchen zurückrennen und meinen Vater holen, weil ich mich nicht in das Haus wagte. Nein, feige war ich mit Sicherheit nicht!

Entschlossen öffnete ich die schwere Eichentür und hielt verwundert inne. Im Korridor brannten die Gaslampen. Ich atmete ein paarmal tief durch. Energisch näherte ich mich dem Eingang zum Keller. Was in Gottes Namen hatte ich zu befürchten? Wahrscheinlich ist einer von Pits Mitarbeitern bei ihm und hat ein Kind geschickt, um ihn nicht allein zu lassen. Ich konnte nur hoffen, dass es sich um nichts Schlimmeres als einen kleinen Schwächeanfall handelte.

Kaum hatte ich die knarrende Tür zum Keller geöffnet, rief ich laut seinen Namen, aber erhielt keine Antwort. Das missfiel mir außerordentlich, denn, wäre jemand bei ihm, er würde mir doch ein Zeichen geben. Sofort wurden mir die Knie weich. Ich blieb auf der oberen Stufe stehen, hielt die Luft an und lauschte in die Stille hinein. Es war gespenstisch, denn kein Laut drang an mein Ohr. Ich war mir sicher, dass sich niemand im Keller befand. Zumindest ein Stöhnen und Ächzen würde ich hören müssen …

Und trotzdem zog es mich magisch die Stiegen hinab. Vorsichtig nahm ich eine der Lampen zur Hand und zündete ein Licht an. Die Stufen der Treppe knarzten bei jedem Schritt. Unten aber herrschte weiterhin Totenstille. Ob sie Pit inzwischen zu einem Arzt gebracht hatten? Mir war übel vor lauter Angst. Doch ich setzte tapfer einen Fuß vor den anderen. Unten an der Treppe blieb ich noch einmal stehen. Das Einzige, was ich in diesem Augenblick hörte, war das laute Pochen meines Herzens. Ich holte noch einmal tief Luft und hatte plötzlich das Gefühl, puren Rum einzuatmen. Es roch hier unten immer sehr stark, aber ich vermisste die Mischung aus der modrigen Feuchte des Kellergewölbes, dem typischen Geruch des Holzes und einem Hauch der Rumwürze. Alles schien getränkt von dem Aroma des Rumdestillats, das in den Fässern lagerte und darauf wartete, zu dem einzigartigen und so gut trinkbaren Hensen-Rum zu reifen. Man lief förmlich Gefahr, allein vom Atmen einen Rausch zu bekommen. Also hielt ich die Luft an und wagte mich zwischen den Fässern hindurch. Mir war ganz und gar nicht wohl, aber ich musste sichergehen, dass ich nichts übersehen hatte.

»Pit?« Heiser rief ich seinen Namen und dann noch einmal lauter, doch ich bekam keine Antwort. Vielleicht hatte sich jemand einen Scherz erlaubt? Ich beschloss umzukehren, bevor ich am Ende des ersten Ganges angelangt war. Warum sollte ich mich noch tiefer in den Keller begeben, wenn es vergeblich war?

Seufzend hielt ich inne. Ein Blick zur weißen Wand hinter mir ließ mich erschaudern. Mein Schatten wirkte im Schein der Lampe übermächtig. Um mein Gewissen zu beruhigen, sollte ich wenigstens einen Blick um die Ecke wagen. Ich war mir plötzlich ganz sicher, dass sich tatsächlich jemand einen bösen Spaß mit mir erlaubt hatte. Was konnte es sonst für einen Sinn haben, mich abends in den dunklen und verlassenen Keller zu locken?

Ich warf einen flüchtigen Blick um die Ecke und wollte gerade umdrehen, um diesen ungastlichen Ort schnellstens zu verlassen, als ich stutzte. Ich war noch nicht häufig hier unten gewesen, aber dass ein Fass mitten im Gang stand, war meines Wissens nicht üblich. Zögernd näherte ich mich dem Fass, bis ich erstarrt stehen blieb. Obwohl ich das Bild des Entsetzens deutlich vor mir sah, wollte ich es nicht glauben. Ich rieb mir die Augen, redete mir ein, meine Phantasie hätte einmal mehr bizarre Blüten getrieben. Doch was ich sah, war unverändert: Der Oberkörper meines Mannes steckte zu einem Drittel im Fass. Seine Beine hingen in der Luft wie bei einem zappelnden Käfer. Bevor mein Herz begriff, was mein Verstand sofort erfasst hatte, stieß ich einen mörderischen Schrei aus. Dann griff ich beherzt in die bernsteinfarbene Flüssigkeit und tastete nach seinen Schultern. Ich nahm all meine Kraft zusammen und hievte seinen Körper hoch. Er war so schwer, dass ich fast unter seinem Gesicht zusammenbrach, aber ich schaffte es noch, ihn sanft zu Boden gleiten zu lassen. Dann hockte ich mich schwer atmend neben ihn auf den Boden. Obwohl ich wusste, dass er tot war, legte ich den Kopf auf seine Brust, um seinem Herzschlag zu lauschen. Eine halbe Ewigkeit blieb ich so liegen, als würde ich stumm darauf warten, endlich aus dem Albtraum zu erwachen. Doch langsam machte sich der Schock der Erkenntnis in all meinen Gliedern breit. Und die Übelkeit überraschte mich mit solcher Heftigkeit, dass ich es gerade noch schaffte, den Kopf wegzudrehen, um mich auf dem Kellerboden zu übergeben.

Während ich mir über den Mund wischte, nahm ich wahr, dass die oberen Reifen des Fasses zerstört worden waren und der Deckel deshalb in das Fass gerutscht war. Schließlich überwand ich mich und blickte ihm ins Gesicht. Ich schlug die Hände vor den Mund, um nicht noch einmal laut aufzuschreien. Sein Mund war weit aufgerissen, als würde er um sein Leben schreien. Ebenso seine Augen, die rot unterlaufen waren. Auch sein Gesicht war feuerrot, sein Haar feucht und wirr. Ich strich ihm eine nasse Strähne zärtlich aus der Stirn. Da konnte ich es riechen. Sein Haar war von Rum durchtränkt. War es ein Unfall, fragte ich mich, doch warum sollte Pit überhaupt auf diese Weise ein Rumfass öffnen, um an das Getränk zu kommen? Zum Gießen war doch das Spundloch da. Nein, dass jemand sich die Mühe gemacht hatte, die Reifen zu zerstören, damit der Deckel ins Fass rutschte, war der Beweis, dass ein Dritter seine Hand im Spiel hatte. Es gab keinen Zweifel, jemand hatte Pit Hensen in seinem eigenen Rumfass ertränkt.

Ich brach nicht in Tränen aus, wurde nicht hysterisch. Nichts dergleichen geschah. Ich fühlte mich wie betäubt, spürte gar nichts. Meine Gliedmaßen schienen wie abgestorben, und mein Herz war leer.

Immer und immer wieder strich ich Pit über das klebrige Haar. Meine Hand stank bald genauso nach Rum wie sein Kopf. Ich war zu keinem vernünftigen Gedanken fähig. In meinem Kopf ging alles durcheinander. Ich musste Hilfe holen, aber es gab nichts mehr zu helfen. Ich musste den Keller verlassen, aber ich mochte ihn nicht allein zurücklassen.

Ich weiß nicht, wie lange ich neben meinem toten Mann am Boden gekauert hatte und immer noch nicht wirklich begriff, was geschehen war. Erst als ich laute Schritte hörte, erwachte ich aus meiner Erstarrung.

»Hilfe!«, wollte ich rufen, doch kein Ton entrang sich meiner trockenen Kehle. Mir war, als hätte ich meine Stimme verloren. Nicht dass mich ein solcher Verlust in dieser Lage besonders geschockt hätte … es wäre mir gleichgültig gewesen; erst im Nachhinein wurde mir klar, dass so ein Hilferuf aus meinem Munde allerdings alles, was dann geschehen sollte, verändert hätte. Dann nämlich hätte man mich nicht stumm neben dem Leichnam meines ermordeten Mannes vorgefunden.

Das Erste, was ich wahrnahm, nachdem die herannahenden Schritte verklungen waren, war der entsetzte Aufschrei eines Mannes. Er rief meinen Namen, und ich wusste auch entfernt, wem die Stimme gehörte, aber ich rührte mich nicht vom Fleck und wandte meinen Blick nicht von Pits angstverzerrter Fratze ab.

Heinrich tippte mir von hinten auf die Schulter.

»Hanne, was ist geschehen?«

»Er muss … er ist … er … ich weiß es nicht, aber sein Kopf, sein Haar, es ist alles rumgetränkt, er muss im Fass ertrunken sein …«, stammelte ich.

»Aber das ist absurd. Er wird doch nicht freiwillig seinen Kopf in das Fass gesteckt haben«, entgegnete Heinrich unwirsch.

»Nein, da hat jemand nachgeholfen!«, stellte ein zweiter Mann ungerührt fest. Wenn mich nicht alles täuschte, handelte es sich um Christian Hensen. Spätestens in diesem Moment hätte ich aus meinem Schock erwachen müssen. Es hätte mir wie Schuppen von den Augen fallen müssen, was hier gespielt wurde. Das aber konnte diese leere Hülle, die wieder und wieder durch Pit Hensens rumdurchweichtes Haar strich, nicht begreifen. Ich hätte in diesem Augenblick wahrscheinlich nicht einmal meinen Namen gewusst. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass Christian eine ungeheuerliche Behauptung aufstellte, der ich unter anderen Umständen heftig widersprochen hätte.

»Sie war es, Heinrich! Wahrscheinlich ist sie verrückt geworden, weil sie meinen Onkel heiraten musste. Und das konnte sie nicht länger ertragen!«

»Reden Sie nicht einen solchen Unsinn!«, brüllte Heinrich. Auch die Tatsache, dass er mich glühend verteidigte, ließ mich kalt.

Im Gegenteil, ich wollte nichts mehr von dem Geschwätz der beiden hören. Ich wollte mit Pit allein sein. Nur wir beide auf dem kalten Steinboden. Noch immer hingen ihm feuchte Strähnen in die Stirn.

»Bitte geht. Alle beide«, murmelte ich.

»Jetzt verstehe ich, warum ich glaubte, Hauke Jessen in der Stadt gesehen zu haben. Ich habe es auf die Grogs geschoben, die ich gestern Abend getrunken habe. Dabei war ich mir ganz sicher, dass es seine Gestalt war, die im Schatten eines Speichers gestanden hat. Doch als ich näher kam, war er verschwunden. Er war es, denn er ist ihr Komplize!«

Christian Hensens Wort drangen wie von ferne an mein Ohr, aber ich verstand ihren Sinn nicht.

»Sie wollen nicht behaupten, dass …« Heinrich stockte.

»Das festzustellen, ist nicht unsere Sache. Bleiben Sie bei ihr, und passen Sie auf, dass sie nicht flüchtet. Ich hole inzwischen die Polizei«, befahl Christian daraufhin.

Ich hörte das wohl, aber es berührte mich nicht. Ich hatte nicht das Empfinden, dass seine Worte mich betrafen. Plötzlich fiel mir die Melodie eines Liedes ein, das meine Mutter uns einst beigebracht hatte. Leise begann ich zu singen: »Dat du mien Leevsten büst, dat du wohl weeßt. Kumm bi den Nacht, kumm bi den Nacht, segg wo du heeßt. Kumm du …«

Da packten mich zwei kräftige Pranken und zogen mich hoch. Ich verstummte erschrocken und blickte in das entgeisterte Gesicht meines Schwagers. Ich wollte mit dem Singen fortfahren, doch Heinrich schüttelte mich wie eine Puppe hin und her und brüllte verzweifelt: »Hör auf! Hör endlich auf!«

Ich stieß einen markerschütternden Schrei aus, bis mir Heinrich den Mund zuhielt. Als er seine Hand wieder fortnahm, brach ich in lautes Schluchzen aus. Die Wahrheit drang mit aller Macht in meine Eingeweide, als wollte sie mein Inneres zerfetzen.

»Bitte, hör auf!«, verlangte Heinrich energisch. »Sag mir lieber, warum du das getan hast und … wie?«

Ich sah ihn irritiert an, denn ich ahnte nicht, worauf seine Frage abzielte.

Heinrich hockte nieder und beugte sich über meinen Mann. Angewidert zuckte er zurück. »Wie hast du es geschafft, ihn in dem Fass zu ertränken? Oder hat Hauke Jessen es in deinem Auftrag getan?«

»Was redest du denn da?«

»Tu nicht so! Es hat ihn jemand ermordet.«

»Das sehe ich auch«, entgegnete ich beinahe trotzig.

»Was machst du um diese Zeit im Rumkeller?«

»Was soll die Frage? Was treibt dich denn hierher?«, konterte ich.

»Christian Hensen wollte, dass ich morgen früh eines der Fässer mit zurück nach Saint Croix nehme, damit der Destillateur ihn drüben mit anderen Destillaten mischt, um eine Geschmacksvielfalt zu erzeugen … aber warum erzähle ich das überhaupt? Wir haben dich bei deinem ermordeten Mann erwischt und nicht umgekehrt!«

»Ich erhielt eine Botschaft, dass Pit einen Schwächeanfall erlitten habe und ich sofort zum Rumlager kommen solle.«

»Und wo hast du sie?«, hakte er fordernd nach.

Ich zuckte mit den Achseln. »Ein fremder Bursche ließ es mir über mein Mädchen ausrichten.«

Heinrich fasste sich nervös in seinen Bart und zwirbelte darin herum.

Da erst begriff ich, was er vermutete.

»Du glaubst nicht etwa, dass ich meinen Mann umgebracht habe, oder?«

»Ich glaube gar nichts, aber mit Verlaub, es weist alles darauf hin! Du hast dich sehr merkwürdig verhalten, und ein Motiv hättest du auch. Es weiß doch jeder in der Stadt – bis auf deinen armen Vater, den wir mit den Gerüchten verschont haben, dass du mit Hauke Jessen flüchten wolltest. Und dass dein Geliebter im letzten Moment kalte Füße bekommen hat. Wolltet ihr damit …«, er deutete vorwurfsvoll auf den toten Pit, »… das Problem Pit Hensen endgültig beseitigen?«

»Nein, nein, ich habe an Hauke Jessen schon lange keinen Gedanken mehr verschwendet.«

»Und du schwörst, dass du ihn nicht beauftragt hast, deinen Mann umzubringen?«

»Aber wie käme ich dazu? Ich habe diesen Mann nie wiedergesehen. Ich nehme an, er hat sich auf die Westindischen Inseln abgesetzt.«

»Und wie erklärst du dir, dass Christian Hensen ihn gestern in der Stadt gesehen hat?«

»Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich schwöre, ich habe weder an ihn gedacht noch ihn gesehen. Ich wollte ein Kind von Pit. Er war ein guter Mann. Mir hat es an nichts gefehlt. Warum in aller Welt sollte ich ihm den Tod wünschen?«, brach es aus mir heraus.

Mein Schwager legte seine Stirn in grüblerische Falten. »Dann hat der Mann es vielleicht allein geplant in der Hoffnung, dass du ihn nach Pits Tod heiratest«, sinnierte er.

Ich wurde von Augenblick zu Augenblick immer klarer im Kopf. Das war doch ausgemachter Blödsinn. Hauke hätte Pit nie so offensichtlich ermordet. Wenn er das gewollt hätte, hätte er einen Unfall vorgetäuscht, aber seinen Kopf in das Rumfass zu drücken, bis er tot war? Oder hatte er geglaubt, man würde den Vorfall für ein Unglück halten? Vermuten, dass Pit sich bei einer Geruchsprobe zu tief über das Fass gebeugt und sein Gleichgewicht verloren hatte? Nein, das war mehr als absurd.

Ich war mir ganz sicher. Man sollte sehr wohl denken, dass ein Mord geschehen war! Und dass ich als Mörderin galt! Allein das hatte der Mörder beabsichtigt, aber warum? Wer hatte ein Interesse, Pit zu ermorden und mich ins Gefängnis zu bringen? Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Es gab nur einen Nutznießer! Christian Hensen! Er würde das Imperium seines Onkels erben, weil es keine anderen männlichen Erben gab. Er und sein Vater Jakob im fernen Saint Croix. Mir wurde gleich noch einmal übel.

»Es war nicht Hauke Jessen«, stieß ich heiser hervor.

»Woher willst du das wissen?«, fragte Heinrich in scharfem Ton.

»Weil es keinen Sinn ergibt. Deshalb! Ich habe einen ganz anderen Verdacht«, erwiderte ich entschieden.

In diesem Moment ertönten in der Ferne aufgeregte Stimme. Heinrich horchte erschrocken auf und griff nach meiner Hand. »Kennst du dich hier aus? Gibt es einen Nebenausgang?«

Ich versuchte mich zu erinnern. Dann fiel mir der winzige Laderaum ein, durch dessen Luke die Rumfässer in den Keller gerollt wurden. »Ja, dort hinten!«

Heinrich zog mich mit sich. Ich konnte Pit nicht einmal einen letzten Blick zuwerfen, aber ich hatte keine Wahl. Die Stimmen kamen näher, und ich ahnte, was geschehen würde, denn Christian wollte sicher nichts dem Zufall überlassen. Mit einem Mal wurde mir auch sonnenklar, dass und aus welchem Grund er für die Verbreitung der alten Fluchtgeschichte in ganz Flensburg gesorgt hatte. Jedermann sollte sofort daran denken, wenn er vom Mord an Pit Hensen hörte und dann den einen Schluss ziehen: Das kann nur seine junge Frau gewesen sein!

Heinrich öffnete die Tür, durch die man nur gebückt gelangen konnte, in dem Moment, als schwere Schritte auf der Kellertreppe laut wurden.

»Lauf in das Haus deines Vaters. Ich bleibe hier. Sonst mache ich mich verdächtig«, zischte Heinrich, während er mich in den stockdusteren Raum schob und die Tür hinter mir schloss. Während ich nach der Luke tastete, hörte ich Christian mit schriller Stimme fragen: »Wo ist sie hin?«

»Sie musste einem Bedürfnis folgen und kam nicht zurück«, erwiderte Heinrich, und ich konnte mir seine Unschuldsmiene dabei lebhaft vorstellen.

»Sind Sie wahnsinnig, die Mörderin meines Onkels laufen zu lassen?«, brüllte Christian.

»Nu ma langsam, Chrischan Hensen«, dröhnte eine Stimme. Ich erkannte sie sofort. Sie gehörte Wachtmeister Johann Petersen, der manchmal mit meinem Vater Karten spielte. Petersen war ein echter Gemütsmensch mit einem dicken Bauch und einer Glatze. »Asmussens Dirn zu verdächtigen ist ein starkes Stück.«

»Genau, das meine ich aber auch!«, bekräftigte Heinrich Johann Petersens Worte.

»Aber sie hockte doch vor seiner Leiche. Und ich habe nicht behauptet, dass sie es getan hat. Aber ich habe Hauke Jessen in der Stadt gesehen.«

»Dat kannst mi denn vertellen, ober erst ma muss ich mir dat Elend bekicken. De orme Kerl. Dat het he nicht verdient«, sagte der Wachtmeister jetzt bedauernd.

Ich kämpfte mit mir. Petersen würde bestimmt nicht vorschnell über mich urteilen. Wahrscheinlich würde er mich sogar verteidigen. Aber was, wenn Christian beschwor, Hauke Jessen tatsächlich gesehen zu haben, was ich ehrlich bezweifelte. Und wenn er in der Stadt war, dann bestimmt nicht, um Pit umzubringen … Ich erschrak. Oder doch? Aber dann nicht in meinem Auftrag, sondern als Christians Handlanger.

»Ich sagte, ich habe Hanne Hensens Geliebten in der Stadt gesehen«, wiederholte Christian mit Nachdruck. »Suchen Sie diese Frau, verdammt noch mal!«

Ich überlegte immer noch hin und her. Was war besser? Mich jetzt zu stellen und meine Unschuld zu beteuern oder das Weite zu suchen? Ich hatte mich gerade entschlossen, mich aus meinem Verschlag zu wagen, als ich Christian rufen hörte: »Gut, dass du gleich persönlich gekommen bist, Per!«

Mir wollte schier der Atem stocken, denn ich ahnte, welcher Per soeben am Tatort eingetroffen war. Das bestätigte sich, als ich ihn in seiner unverkennbar durchdringenden Stimme fragen hörte: »Wo ist die Verdächtige?«

In diesem Augenblick wusste ich, dass es keine gute Idee wäre, freiwillig aus meinem Versteck zu kriechen. Im Gegenteil, ich sah mich bereits im Stadtgefängnis schmoren … Schließlich war Per Hansen unser Polizeidirektor, und es war ein offenes Geheimnis, dass er mich nicht besonders leiden konnte und mit mir wegen meines vorlauten Mundwerks noch eine alte Rechnung zu begleichen hatte.

Vorsichtig tastete ich mich voran, bis ich gegen die Luke stieß. Es gelang mir, leise den Riegel zu öffnen und ins Freie zu klettern. Mir war entsetzlich kalt. Prüfend sah ich mich nach allen Richtungen um, bevor ich loslief. Ich begegnete keinem Menschen. Um diese Zeit saßen die braven Bürger zu Hause und trieben sich nicht in der stockdusteren Stadt herum. Als ich den Holm überquerte, atmete ich innerlich auf. Nun musste ich nur noch ein Stück bergan rennen, denn dort begann bereits Vaters Grundstück. Ich war so froh, als ich die vertraute Ulmenallee erreicht hatte.

Erst vor der Tür hielt ich keuchend inne. Als ich mich hineinschleichen wollte, stellte ich allerdings fest, dass der Eingang verschlossen war. Ich überlegte, ob ich nach nebenan in unser eigenes Haus gehen sollte, wenn ich auch fürchtete, dass die Polizei dort als Erstes nach mir suchen würde. Doch ich benötigte ein paar Dinge, falls ich erst einmal untertauchen müsste.

Ich war zu diesem Zeitpunkt ganz sicher, dass sich die Sache bald aufklären und man dem wahren Täter auf die Schliche kommen würde. So eilte ich also durch den Park zu unserem Haus und packte in meinem Zimmer wahllos ein paar Kleidungsstücke in einen kleinen Reisekoffer. Zurück in der Diele, blieb ich abrupt stehen. Was, wenn es sich nicht aufklärte? Was, wenn ich wirklich flüchten musste? Ich brauchte auf jeden Fall Geld, und davon hatte Pit immer reichlich in seinem Schreibtisch deponiert. Mit klopfendem Herzen betrat ich sein Arbeitszimmer und öffnete mit zitternden Fingern das Fach, in dem er die Kiste mit den Barschaften verwahrte. Zu meiner Erleichterung fand ich die Kasse gut gefüllt vor. Ich zählte das Geld nicht, sondern stopfte alles in einen Lederbeutel, den ich ebenfalls in dem Fach fand. Ich wollte schon gehen, als mir die Zeichnungen der Destille einfielen. Wenn ich schon nichts mehr für meinen Mann tun konnte, so wollte ich zumindest diese Skizzen an mich nehmen, die ihm offenbar sehr am Herzen lagen. Als mir unser Gespräch vom gestrigen Abend in den Sinn kam, wurden meine Augen feucht. Ob er eine Vorahnung hatte? Was würde ich darum geben, wenn unser letzter Liebesakt nicht ohne Folgen bliebe. Ich holte die Zeichnungen hervor und packte sie in meinen Koffer zu den Kleidungsstücken. Gerade als ich die Lade wieder schließen wollte, blieb mein Blick an einem Schriftstück hängen, auf dem ein Amtssiegel prangte. Hastig nahm ich das Dokument zur Hand und erstarrte. Danach war ich die Alleinerbin von Pits Anteil an dem Hensen-Imperium. Darin war festgelegt, dass mir nach seinem Ableben die Hälfte des Firmeneigentums zufallen sollte. Außerdem sein gesamtes Privatvermögen in voller Höhe. Hatte Christian etwa davon gewusst und deshalb den perfiden Plan geschmiedet, seinen Onkel aus dem Weg zu räumen und mich als Pits Mörderin dastehen zu lassen? Als Gattenmörderin hätte ich nämlich jedes Recht auf mein Erbe verwirkt.

Ich wollte das Testament gerade einstecken, als mich ein Geräusch zusammenfahren und ich es vor Schreck fallen ließ. Panisch versteckte ich mich hinter der Tür, aber es blieb alles still. Schließlich setzte ich alles auf eine Karte. Ich sprang aus meinem Versteck griff nach meinem Koffer und verließ überstürzt unser Haus. Es war höchste Zeit, denn sie würden bald bei uns auftauchen. Dessen war ich sicher.

Noch war alles ruhig an diesem Winterabend. Es war eine sternenklare Nacht, und es roch nach Schnee.

Vor der verschlossenen Tür meines Vaterhauses zögerte ich eine Weile, bevor ich die Glocke betätigte. Es war mir gar nicht lieb, dass mich jemand sehen würde. Mir stand nicht der Sinn danach, meinem Vater zu begegnen. Seit Mutters Tod war er völlig verändert und hatte sich aus sämtlichen Geschäften zurückgezogen. Die meiste Zeit hockte er in seinem Lehnstuhl, zog an seiner Pfeife und hing seinen Gedanken an bessere Zeiten nach. Er wirkte wie ein gefällter Baum, um Jahre gealtert und krank. Ich hatte Sorge, dass ihn dieser neue Schicksalsschlag umbringen würde, wähnte er mich doch in sicheren Verhältnissen. Und nun würde ich ihm unendlich viel Kummer bereiten müssen. Und das ganz ohne mein Verschulden! Ich betete, dass Mutters Mädchen Anna die Tür öffnen würde und mich in mein Zimmer schlüpfen ließ, ohne mich zu verraten. Doch es war Lene, die abwechselnd mich und meinen Koffer anstarrte.

»Es ist keine Lösung, in Vaters Haus Unterschlupf zu finden, weil du dich mit deinem Mann gezankt hast«, bemerkte sie schließlich spitz.

»Lass mich rein!«, herrschte ich sie an. Lene machte mich rasend mit ihren ständigen Vorurteilen. Wenn sie nicht dieses entzückende Kind hätte, ich würde sie meiden. Ohne mich weiter um sie zu scheren, drängte ich mich an ihr vorbei ins Haus.

»Ich gehe jetzt in mein altes Zimmer, und dort warte ich auf deinen Mann. Wenn er nach Hause kommt, schicke ihn hoch. Und bitte, verrate Vater nicht, dass ich hier bin.«

»Aber das geht nicht. Und überhaupt, was willst du von Heinrich?«, zeterte sie.

Ich funkelte sie wütend an. »Sagst du ihm jetzt Bescheid oder nicht?«, fauchte ich und eilte die Treppen hinauf, ohne mich noch einmal umzudrehen.

Und da saß ich eine halbe Ewigkeit – abwechselnd vor Angst wie gelähmt und vor Wut bebend. Jedes Geräusch im Haus ließ mich zusammenfahren.

Was haben sie nur mit Heinrich gemacht, fragte ich mich gerade zum wiederholten Mal, als es endlich klopfte. Heinrich war blass wie eine Wand, als er in mein Zimmer trat, und er hatte noch kein Wort hervorgebracht, als bereits aufgeregte Stimmen aus der Diele nach oben drangen.

»Wer ist das?«, fragte ich, obwohl ich es bereits ahnte. Das waren die Häscher, die mich suchten.

»Lass mich nur machen!«, sagte er und tat so, als würde ihn das alles gar nicht tangieren.

Meine Neugier trieb mich schließlich vor die Tür. Durch die Stäbe des Treppengeländers konnte ich bis nach unten sehen. Die späten Besucher waren Christian und Per, ganz offensichtlich auf der Suche nach mir. Auf meinem Lauschposten war jedes Wort zu verstehen.

»Hast du die Mörderin Hanne Hensen versteckt?«, schnauzte Per Heinrich an.

»Wie oft soll ich noch sagen, dass es nicht bewiesen ist?«, gab mein Schwager empört zurück.

»Wir durchsuchen das Haus!«, brüllte Christian. »Denn drüben ist sie nicht. Wir haben jeden Winkel durchforstet!«

Ich zuckte zusammen. Wie gut, dass ich mein Haus schnellstens verlassen hatte!

»O Gott, o Gott, was ist geschehen? Was hat meine Schwester wieder angestellt? Ich habe geahnt, dass da etwas faul ist. Aber sie soll nach Hause zu ihrem Mann gehen und nicht …«, hörte ich Lene zetern.

»Du gehst jetzt in den Salon und sorgst dafür, dass Vater nichts mitbekommt! Hast du verstanden?«, unterbrach Heinrich sie harsch.

Meine Knie begannen zu zittern, doch ich vertraute Heinrich ganz und gar. Ich war mir sicher, er würde niemals zulassen, dass man mich aus dem Haus schleppte. Meine Sorge galt jetzt Vater. Der Lärm konnte ihm kaum verborgen bleiben. Diese Aufregung würde seiner Gesundheit alles andere als zuträglich sein! Da wollte mir auch schon das Herz schier stehen bleiben: Hilflos musste ich mit anhören, wie Per ihn anbrüllte: »Wo hast du deine Tochter versteckt, Carl Asmussen? Wenn du nicht willst, dass man dich der Mittäterschaft oder Anstiftung zum Mord vor Gericht stellt, sag uns, wo sie ist!«

Als ich Vater nicht antworten und die Männer stattdessen alle aufgeregt durcheinanderreden hörte, verspürte ich den Impuls, meine Vorsicht zu vergessen und aus meinem Versteck zu springen. Ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen. Mit Vater war etwas geschehen. Keine Frage. Er hätte dem frischgebackenen Polizeidirektor schon die passende Antwort gegeben, wenn er … Ich wollte mich gerade zu erkennen geben, da hörte ich Heinrich wütend schreien: »Raus, ihr beiden! Verlasst sofort das Haus. Oder wollt ihr ihn umbringen?«

»Nicht ohne Hanne Hensen!«, widersprach Christian energisch.

»Wir gehen!«, befahl Per. »Aber wir kommen wieder! Und wenn ihr uns Hanne Asmussen nicht übergebt, dann lassen wir das Haus durchsuchen!«

Ich hörte Christian dem Polizeidirektor aufs Heftigste widersprechen, aber ich verstand den genauen Wortlaut nicht. Stattdessen hörte ich meine Schwester laut zetern: »Vater! Vater! Ich habe es doch geahnt. Hanne bringt nichts als Unglück über die ganze Familie. Dieses widerspenstige Ding. Vater!«

Ich hätte es wohl riskiert, dass Per und Christian mich mitgenommen hätten und wäre die Treppe hinuntergeeilt, wenn ich nicht Heinrichs Stimme vernommen hätte. »Bis morgen, die Herren!« Das klang wie ein Befehl, der keinen Widerspruch gestattete. Das schienen auch die beiden Besucher zu begreifen, was die laut ins Schloss fallende Haustür bewies.

Jetzt hielt mich nichts mehr. Ich eilte die Treppen hinunter, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Unten in der Diele lag mein Vater und neben ihm hockte meine heulende Schwester. Als sie mich sah, funkelte sie mich vorwurfsvoll an. Ich aber ignorierte sie und beugte mich über Vater. Er lag wie leblos da. Ich befürchtete schon, er sei tot, aber in dem Augenblick öffnete er die Augen und versuchte zu lächeln. »Vater, Vater, was ist geschehen?«, rief ich.

»Mein Herz will schon länger nicht mehr so, wie ich es will«, stöhnte er. »Kind, was ist los? Was wollten die Kerle hier?«

Ich kämpfte mit mir. Es war kein guter Moment, Vater die Wahrheit zu sagen, doch er sah mich durchdringend an.

»Ja, was hast du getan?«, zeterte Lene dazwischen. »Nun sag schon, was du wieder angestellt hast!«

Ich würdigte meine Schwester keines Blickes, sondern nahm Vaters Hand. Er sah mich immer noch prüfend an.

»Jemand hat Pit umgebracht«, flüsterte ich in der Hoffnung, dass Lene es nicht verstehen würde, aber sie besaß ein gutes Gehör.

»O nein, o nein!«, heulte sie.

Ich fuhr wie der Blitz herum und herrschte sie an. »Halt endlich deinen Mund!« Ich wollte es selbst nicht glauben, aber mein Befehlston hatte Erfolg. Plötzlich war es totenstill, und ich konnte mich erneut Vater zuwenden.

»Man hat mich in den Keller bestellt, damit man mich bei seiner Leiche finden sollte. Und nun glaubt Per Hansen, ich wäre seine Mörderin. Aber es war Christian Hensen, der mich in diese Falle gelockt hat.«

Vater versuchte sich aufzubäumen, doch das gelang ihm nicht mehr. Seine Augen waren vor Panik weit geöffnet.

»Du, du musst fort. Rette dich!«, ächzte er mit letzter Kraft, griff sich ans Herz und stieß einen tiefen Seufzer aus. Sein Kopf kippte zur Seite.

»Vater!«, schrie ich verzweifelt auf. »Vater!« Dann drehte ich mich nach meiner Schwester um. Ich befürchtete, sie würde in ein lautes Lamento ausbrechen und mich dafür verantwortlich machen, doch stattdessen fiel sie mir um den Hals und klammerte sich an mir fest, als würde sie ertrinken. »Du bist ein freches Gör, aber keine Mörderin«, schluchzte sie. »Christian Hensen hat Vater auf dem Gewissen. Und ich schwöre dir. Wir ruhen nicht, bis wir es diesem Schuft beweisen können.«

Ich brach ebenfalls in Tränen aus. Dass meine Schwester einmal im Leben zu mir stand, rührte mich zutiefst.

An nur einem Tag war ich Waise und Witwe geworden. Schluchzend lagen Lene und ich uns in den Armen.

Erst als Heinrich ins Zimmer zurückkehrte, ließen wir einander los. »Er hatte schon länger Herzbeschwerden«, sagte er ganz ruhig. »Aber er wollte euch nicht beunruhigen. Die heutige Aufregung war zu viel für ihn, aber wir müssen jetzt vernünftig sein.«

»Und was heißt das?«, fragte ich bang.

»Das bedeutet, dass ich dich in Sicherheit bringe, bis sich die Wahrheit aufgeklärt hat. Und du, Lene, kümmerst dich um die Beerdigung. Ich werde jetzt den Notar Jan Brodersen aufsuchen, um zu klären, wie Pit Hensen und Vater sich rechtlich geeinigt hatten. Dann komme ich zurück, bevor ich das Schiff zum Auslaufen klarmachen lasse. Und du, Hanne, verschwindest in deinem Zimmer. Nicht, dass die beiden zurückkehren und dich doch noch mitnehmen. Dort wartest du, bis ich zurückgekehrt bin. Bis dahin habe ich auch eine Idee, wohin ich dich bringen lasse. Ich kenne da einen Kapitän in Altona, wo wir noch Ware laden.«

Ich war verstummt. Einerseits war ich Heinrich zu tiefem Dank verpflichtet, dass er mir half, andererseits ängstigte mich der Gedanke, meine Heimat zu verlassen und auf die Hanne von Flensburg zu gehen. Und was in aller Welt sollte ich in Altona?

»Meinst du nicht, ich könnte mich im Haus verbergen, bis die Wahrheit ans Licht kommt?«, fragte ich zaghaft.

»Falls …«, knurrte Heinrich, »… falls wir diese überhaupt jemals werden beweisen können. Christian Hensen ist kein Dummkopf. Und sollte das eingetreten sein, was ich befürchte, dann hatte er seine guten Gründen, seinen Onkel aus dem Weg zu räumen und dir den Mord in die Schuhe zu schieben.« Er warf Vater einen mitleidigen Blick zu. »Aber du wirst es uns nicht mehr verraten können, nicht wahr?«, bemerkte er bedauernd.

»Aber was vermutest du denn?«, wollte Lene wissen.

Heinrich machte eine abwehrende Handbewegung. »Ich mache jetzt nicht die Pferde scheu. Ich werde den Notar aufsuchen und euch berichten. Aber erst einmal bringen wir Vater in sein Bett. Er hat mir einmal anvertraut, dass er im Bett sterben möchte. So soll er dort zumindest ruhen, bis der Bestatter kommt.«

Heinrich packte Vater unter den Armen an, Lene und ich nahmen die Füße. Als ich schließlich keuchend vor seinem Bett stand und ihn betrachtete, stellte ich fest, dass er friedlich aussah. Als ob er schliefe. Lene und ich fassten uns an den Händen und ließen unseren Tränen erneut freien Lauf.

Heinrich aber bereitete unserer Abschiedszeremonie ein jähes Ende. »Bitte, Hanne, versteck dich! Ich traue Christian Hensen nicht über den Weg. Ich würde mich nicht wundern, wenn er sich im Park versteckt hat und das Haus beobachtet!«

Seufzend strich ich Vater ein letztes Mal über die Wangen.

»Darf ich wenigstens noch einmal nach Jannis sehen?«, bat ich leise.

»Nein«, erwiderte Heinrich, während Lene im selben Moment sagte: »Natürlich, komm!«

Ich mied Heinrichs Blick und folgte meiner Schwester ins Kinderzimmer, das Lene nach dem Auszug aus ihrem Haus am Holm als Erstes in der Villa eingerichtet hatte. Jannis schlief tief und fest, als ich an sein Bettchen trat. Am liebsten hätte ich ihn hochgehoben und geherzt, aber so flüsterte ich ihm nur zu, dass ich ihn sehr lieb habe, und wandte mich rasch ab, um nicht erneut in Tränen auszubrechen. Dann umarmte ich meine Schwester und versicherte ihr, dass ich bald wieder nach Hause zurückkehren würde.

Bei dem Gang in mein Zimmer war mir schwer zumute. Langsam begriff ich den Ernst der Lage und dass ich weder mein Haus noch meine Familie so bald wiedersehen würde. Und dass sowohl mein Vater als auch mein Mann tot waren. Ich warf einen flüchtigen Blick auf das Schiff, das dort im Hafen auf mich wartete. Das Schiff, das meinen Namen trug. Den Namen einer einst anständigen Tochter der Stadt – nun den einer gesuchten Mörderin!

Doch wenigstens konnte ich alles aufschreiben. Ja, ich flog nur so über die Zeilen.

Dann aber waren die Ereignisse dieses Tages zu Ende erzählt, und eine tiefe Traurigkeit senkte sich über mich wie die Dunkelheit einer mondlosen Nacht. Es dauerte allerdings nicht lange, da erlöste mich Heinrich von meinen Qualen. Er sah schlecht aus.

»Ich habe es mir anders überlegt. Es ist nicht richtig, dich nach Altona zu bringen. Es ist besser, wir stellen uns der Sache.«

»Das geht nicht!«, entgegnete ich entsetzt. »Christian wird mich ins Gefängnis werfen lassen. Und das darf auf keinen Fall geschehen, denn dann geht sein Plan auf …«

»Ich weiß, warum er es getan hat«, unterbrach mich Heinrich und blickte an mir vorbei ins Leere. »Vater hat Pit bei eurer Eheschließung sein Haus und alle Schiffe überschrieben. Nun gehört nicht nur das Unternehmen, sondern auch der ganze Hügel Pits Erben, und das sind wohl sein Bruder Jakob und sein Neffe, dieser verschlagene Christian Hensen. Da ihr keinen Nachwuchs habt, kann der Besitz nicht euren Kindern vererbt werden.« Heinrich fuhr sich nervös durch das Haar. »Aber das werden wir diesem Verbrecher nachweisen. Habgier! Das wird jeder Richter einsehen. Warum solltest du ihn umbringen, wo du im Fall seines Ablebens gar nichts davon haben würdest?«

Ein Schatten huschte über mein von Trauer gezeichnetes Gesicht. Heinrich irrte. Pits größte Angst hatte stets darin bestanden, dass sein Imperium in die Hände seines Neffen fallen würde. Wie oft hatte er mir damit in den Ohren gelegen. Ich hatte es nur nicht hören wollen. Und nun würde mir wahrscheinlich daraus, dass er ein Testament zu meinem Gunsten gemacht hatte, ein Strick gedreht. Jeder Richter würde mich für die Mörderin meines Mannes halten! Und anscheinend hatte Christian davon gewusst und es sich zu Nutzen gemacht. Ein besseres Motiv hätte ich gar nicht haben können. Und wenn dem Richter dann die Gerüchte zu Ohren kommen würden, dass mein Herz angeblich einem anderen gehörte und ich mit Pit Hensen unglücklich gewesen war … dann »Gute Nacht, Marie !« Das war Mutters Lieblingsspruch gewesen, wenn sie mal wieder schwarz in die Zukunft geblickt und das Schlimmste angenommen hatte … Es sprach alles gegen mich, und wenn ich unter Mordverdacht stand, dann war ich auch in Altona nicht sicher.

»Ich muss fort, Heinrich. Und zwar weit weg. Nimm mich mit nach Saint Croix«, forderte ich mit heiserer Stimme.

Heinrich tippte sich an die Stirn. »Dirn, was sind denn das wieder für Flausen? Das kommt ja gar nicht in Frage. Niemals! So weit kommt das noch. Dass ich dich bis Altona mitnehme, ist das höchste der Gefühle, aber doch nicht bis nach Westindien! Kein Weiberrock an Bord der Hanne von Flensburg. Basta!«

»Warte!«, erwiderte ich leise. »Es gibt ein Testament. Ich bin die Erbin seines Teils des Unternehmens und der Häuser. Da ist nur ein kleiner Haken an der Sache. Wenn ich rechtskräftig als Mörderin meines Mannes verurteilt würde, würde ich mein Recht auf das Erbe verwirken. Und das hat der gute Christian nicht nur gewusst, sondern seinen ganzen perfiden Plan darauf aufgebaut. Pit hat ihm, ohne es zu wissen, in die gierigen Hände gespielt. So konnte Christian zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Den Onkel aus dem Weg räumen und mich dafür ins Gefängnis gehen lassen. Und deshalb gibt es nur einen Weg, das Komplott zunichte zu machen.« Ich hatte zu flüstern begonnen. So aufgeregt war ich über meinen eigenen, mindestens ebenso tückischen Plan. »Pass auf, Schwager, ich gebe dir jetzt meinen Hut, und du wirst ihn in die Ostsee werfen.«

»Deinen Hut in die Ostsee werfen?«, fragte Heinrich sichtlich irritiert.

»Es muss so aussehen, als ob die arme Hanne Hensen vor Kummer über den Tod ihres Mannes aus dem Leben geschieden ist. So wird es in ihrem Abschiedsbrief nachzulesen sein. Verstehst du jetzt?«

Heinrich ist ein herzensguter Mann, aber es mangelte ihm mitunter an Raffinesse.

»Eine Selbstmörderin kann keiner vor Gericht bringen.«

»Du willst deinen eigenen Tod vortäuschen?«, fragte er ungläubig.

»Genau, denn eine Tote können sie schwerlich wegen Mordes verurteilen. Und schon ist mein Motiv zum Teufel. Dass ich an Pits Geld wollte. Und flugs fragt sich der Richter: Und wer wäre nun der Nutznießer? Da käme er schnell auf den Neffen. Und dann würde der gute Mann ins Grübeln kommen, nämlich ob es sich wirklich um einen Freitod gehandelt hat oder ob man nicht uns beide aus dem Weg hat räumen lassen wollen.«

»Du bist ganz schön durchtrieben«, murmelte Heinrich, aber es sprach mehr Bewunderung als Tadel aus seinen Worten. »Aber wenn man dich für tot hält, wird Pits Vermögen trotzdem an seine Erben fallen, weil du keine eigenen Erben hast.«

»Wer sagt denn so etwas? Natürlich habe ich eigene Erben!«, entgegnete ich listig und reichte Heinrich meinen Hut. »Vertrau mir! Es wird alles gut. Beeil dich! Und schicke mir einen fähigen Burschen, mich abzuholen, wenn es so weit ist. Das Einzige, was nicht passieren darf, ist, dass mich jemand bemerkt, wenn ich an Bord gehe.«

Heinrich musterte mich fragend. Er hatte wohl immer noch nicht verstanden, wie mein Plan genau aussah. Doch das war auch besser so. Ich war mir ziemlich sicher, er würde mir Vorhaltungen machen, wie ich Lene so etwas antun konnte und mich zwingen, sie in alles einzuweihen. Und das konnte und wollte ich nicht riskieren. Sie würde wahrscheinlich schon beim ersten Verhör zusammenbrechen und mit der Wahrheit rausplatzen. Nein, den Rest des Planes würde ich Heinrich erst verraten, wenn wir auf hoher See waren.

Ich wartete, bis er fort war, und wollte mich ans Werk machen. Das Dokument sollte zusammen mit Pits Testament beim Notar Brodersen abgegeben werden. Ich griff in meinem Koffer und holte die Pläne hervor. Doch wo war das Schriftstück? Hektisch begann ich im Koffer zu wühlen. Da fiel es mir wieder ein. Ich hatte das Testament vor Schreck fallen gelassen und es dann in meiner Panik dort liegen gelassen.

Mir blieb keine Wahl, als mich noch einmal zu Pits und meinem Haus hinüberzuschleichen. Denn ohne das Testament meines Mannes wäre auch mein eigenes völlig wertlos. Das schien mir nicht ganz ungefährlich für den Fall, dass Christian tatsächlich im Park lauern sollte, aber ich musste es wagen. Unterwegs traf ich zu meiner großen Erleichterung keinen Menschen. Ich konnte nur hoffen, dass das Testament bei der Durchsuchung des Hause nicht in Christians gierige Hände gefallen war … Als ich ins Zimmer trat, erwartete mich ein unbeschreibliches Chaos. Alle Schubladen waren herausgezogen, die Schränke durchwühlt. Ich wollte die Hoffnung schon aufgeben, da überkam mich eine letzte Hoffnung. Ich bückte mich und kroch unter den Schreibtisch. Mein Herz machte einen Sprung, als ich das Dokument erblickte. Hastig nahm ich es an mich. Ich ließ das Schreiben im Ausschnitt meines Kleides verschwinden und schaffte es ungesehen, unser Haus zu verlassen und durch die angelehnte Tür zurück in die Diele und in mein Zimmer zu schlüpfen.

Mein Herz pochte bis zum Hals, und ich musste mehrmals tief durchatmen, um mich meiner Mission zu widmen. Eigentlich konnte nichts schiefgehen, wenn Pits und auch mein Testament dem Notar übergeben wurden. Trotzdem kam ich ins Schwitzen, während ich jedes dieser schicksalhaften Worte mit äußerster Konzentration zu Papier brachte.

Ich habe alles niedergeschrieben, was sich heute zugetragen hat, und bereite mich darauf vor, das Haus zu verlassen. Für immer?, frage ich mich bang, und meine Augen werden feucht. So groß wie mein Heimweh jetzt schon ist, wo ich noch gar nicht fort bin, könnte ich es mir im allerletzten Augenblick womöglich noch anders überlegen. Aber immer, wenn ich merke, dass ich schwach werden könnte, denke ich an die beiden Männer, deren letzte Willen mir heilig sind. Pit würde im Grabe niemals Ruhe finden, wenn er mit ansehen müsste, wie sein Neffe sich sein gesamtes Vermögen unter den Nagel reißen würde. Von Vater gar nicht zu reden. Ach, wie gern würde ich die beiden zu Grabe tragen, aber das wird mir nicht vergönnt sein.

Noch einmal greife ich nach dem fertigen Dokument, studiere erneut, was ich soeben verfasst habe, und reibe mir beim Durchlesen vor Schadenfreude die Hände.

Ich, die Witwe Pit Hensens, Hanne Hensen, geborene Asmussen, und die Alleinerbin seines Vermögens, versichere, dass ich in meiner Verzweiflung über den Tod meines geliebten Mannes Pit Hensen meinem jungen Leben ein Ende machen werde. Ich setze hiermit meinen Neffen Jannis Andresen zu meinem Erben ein. Meine Schwester Lene und ihr Mann Kapitän Heinrich Andresen sollen das Erbe so lange verwalten, bis er volljährig ist. Während sich mein Schwager Heinrich Andresen auf der Reise nach Westindien befindet, wird der Notar Jan Brodersen ihn in der Geschäftsführung vertreten und alle Entscheidungen, die das Handelshaus Hensen & Asmussen betreffen, in seinem Sinne fällen.

Ich werde Anna sogleich Pits und mein Testament anvertrauen und dann draußen auf der Bank unter dem Apfelbaum auf Heinrich warten. Ich halte es im Haus nicht mehr aus. Ich weiß, es ist Lene gegenüber nicht besonders nett, was ich vorhabe, aber es geht nicht anders. Einen rührigen Abschiedsbrief werde ich sichtbar in der Diele deponieren. Das kann ich meiner Schwester nicht ersparen. Ich bezweifele, dass Lene so stark ist, die Trauer über meinen Tod zu spielen. Deshalb ist es in ihrem Interesse besser, ich inszeniere alles Weitere lebensecht. Wenn Heinrich aus Westindien zurück ist, kann er ihr ja meinetwegen die Wahrheit anvertrauen. Dann ist Gras über die Sache gewachsen.

Ich werde erst mein Köfferchen in den Park tragen und dann Anna wecken. Sie muss mir versprechen, die Testamente morgen in aller Frühe zum Notar zu bringen. Ich muss bei ihr einen erbärmlichen Eindruck hinterlassen. Ganz so, als wäre mir ein Selbstmord durchaus zuzutrauen. Arme Anna! Sie tut mir jetzt schon leid, denn sie soll ja glauben, dass sie mich bei der Übergabe der Testamente zum letzten Mal gesehen hat, bevor ich den Tod in den Fluten gesucht habe … Danach verlasse ich das Haus und warte darauf, dass mich jemand auf das Schiff holt.

»Du bist ein wahrer Teufelskerl, Dirn«, höre ich Pit aus dem Jenseits sagen. Und auch Vater lobt mich für meinen Mut. »Ich kann das ganz und gar nicht gutheißen«, knurrt er. »Aber wir haben keine andere Wahl!«

Weiß der Himmel, wo ich dich, liebes Tagebuch, wieder aufschlagen werde. Auf einem Schiff, das auf den Weltmeeren segelt, oder gar auf einer mir gänzlich unbekannten, fernen Insel mit dem wohlklingenden Namen Saint Croix? Wie dem auch immer sei, ich habe alles getan, dass die Angelegenheit in Flensburg zu meiner Zufriedenheit verläuft. Christian hat sich wahrscheinlich für unschlagbar schlau gehalten. Aber nun wird er hoffentlich bald über seine eigenen Fallstricke stolpern und im Gefängnis landen. Und dann setze ich mich auf das nächste Schiff zurück und … Ich stocke, und mir wird plötzlich bewusst, dass mein genialer Plan einen bösen Haken hat. Wenn ich jemals wieder auftauche, werde ich unweigerlich in den Verdacht geraten, meinen Mann umgebracht und den Mord mittels meines gefälschten Abschiedsbriefs Christian in die Schuhe geschoben zu haben … Und dann reiße ich nicht nur mich in den Abgrund, sondern meine Schwester, Heinrich und den kleinen Jannis. Verzweiflung macht sich in mir breit, aber ich habe dennoch keine Wahl: Ich muss fort, und zwar ohne Wiederkehr! Ich habe soeben mein eigenes Todesurteil unterschrieben: Hanne Hensen gibt es nicht mehr!

Das Haus an der Montego Bay: Roman
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