10
Mit sanfter Freundlichkeit
schleicht Amor der Betrüger.
Wer keinen Tiger kennt,
der läuft vor keinem Tiger.
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE
Trotz des nahenden Wochenendes war nur wenig Verkehr auf der Autobahn Richtung Salzburg. Die Straße schlängelte sich in großzügigen Kurven bergauf und bergab, am Horizont erschienen die Alpen sanft und verschwommen wie ein Aquarell. Es war einer jener herrlichen Herbsttage, an denen der Himmel in einem majestätischen Azurblau erstrahlt und die Blätter der Bäume rotgolden leuchten.
Wie ein klarer Spiegel breitete sich plötzlich der See vor ihnen aus. Während Dorothee die prächtige Landschaft genoß, brütete Mandy teilnahmslos vor sich hin. Die Freundin warf ihr einen besorgten Blick zu.
»Geht’s langsam wieder besser? Oder hast du vor, das ganze Wochenende schweigend in die Gegend zu starren?«
»Ach, Dorothee, hör schon auf. Versetz dich doch mal in meine Lage.«
»Genau das habe ich getan. Ich fahre doch mit dir weg, um uns auf andere Gedanken zu bringen. Jetzt sei ein liebes Kind und such auf der Karte nach der richtigen Abfahrt.«
Zwanzig Minuten später hatten sie das malerische Dörfchen Lohberg erreicht. Das Hotel – eine hellblauweiß verputzte Villa aus dem neunzehnten Jahrhundert mit vielen Türmchen und Erkern – lag auf einer kleinen Anhöhe. Das Anwesen wurde von einem romantisch-verwilderten Garten umsäumt, in dem hier und dort ein schmiedeeisernes Bänkchen zum Verweilen einlud und verwitterte Statuen alte Geschichten zu erzählen schienen.
»Ist das nicht wunderbar hier?« meinte Dorothee begeistert. »Und sieh doch mal, die schönen Rosen!« Sie deutete auf eine Konifere, in die ein riesiger Strauß roter Rosen arrangiert worden war.
»Danke, darauf kann ich im Moment verzichten.« Mandy warf ihrer Freundin einen giftigen Blick zu.
»Entschuldige bitte, aber ich versuche ja nur, dich von deinem Kummer abzulenken. Ich gebe zu, der Versuch war mißlungen«, erwiderte Dorothee und begann ihre Reisetaschen aus dem Auto zu räumen. »Jetzt faß mal mit an, ich kann das schließlich nicht alles alleine schleppen. Sag mal, hast du Wackersteine eingepackt?« Dorothee wuchtete Mandys schwarze Tasche aus dem Kofferraum.
»Nein, die trag ich schon selber mit mir herum.« Grinsend deutete Mandy mit der Hand auf ihr Herz.
Gemeinsam stiegen sie die abgetretene Sandsteintreppe zum Eingang des Hotels empor. »Villa Bergerhoff« las Mandy auf dem kupfernen Schild neben der schweren Eingangstür. Seltsam, den Namen hatte sie doch schon mal gehört.
»Ich bedaure sehr, aber wir haben leider kein Zimmer mehr frei. Die Damen hätten vorher reservieren sollen.« Die blonde Rezeptionistin hinter dem Tresen war höflich, aber bestimmt.
»Ist denn wirklich nichts zu machen?« fragte Dorothee enttäuscht.
»Nein, leider. Die restlichen freien Zimmer sind für besondere Gäste des Hauses reserviert.«
»Hören Sie mal, meine Liebe«, sagte Mandy sehr von oben herab. »Mein Name ist de Castelbajac. Aus der deutschstämmigen Linie, Sie verstehen? So, und jetzt fragen Sie Ihren Herrn Geschäftsführer, ob er nicht doch ein hübsches Zimmer für uns hat.«
»Er hat, Mademoiselle«, ertönte eine tiefe Stimme hinter Mandy. Sie wirbelte herum und blickte ihr Gegenüber perplex an. Groß, lässiger Leinenanzug, ein sonnengebräuntes Gesicht mit blauen Augen, die spitzbübisch blinzelten. Es war der Blonde aus dem Kaufhaus.
»Ist das Zufall oder Absicht?« Die Lachfältchen um seine Augen vertieften sich noch mehr. »Frederick Bergerhoff, Sie erinnern sich doch?«
»Aber ja«, stammelte Mandy verblüfft. »Der Mann aus der Staubsauger-Abteilung.«
»Gehört das Hotel Ihnen?« erkundigte sich Dorothee.
»Natürlich. Ich dachte, Sie wüßten das. Ist das nicht der Grund, warum Sie hierher gekommen sind?«
»Nein, das war reiner Zufall«, sagte Mandy kühl. Nach Screwball-Komödie à la Tracy und Hepburn war ihr wahrhaftig nicht zumute. »Meine Freundin kannte das Hotel von früher.«
Bergerhoff hatte seinen kleinen Fauxpas schon bemerkt und räusperte sich. »Darf ich Ihnen jetzt Ihr Zimmer zeigen? Das für unsere ganz besonderen Gäste.«
Das Zimmer war ein Traum. Über dem Bett bauschte sich ein durchscheinender, hellgelber Baldachin. Auf den antiken Nachttischen standen Lämpchen mit rosettenförmigen, hellblauen Glasschirmen. Ein Kanapee lud zum Ausruhen ein, und auf dem niedrigen Tisch davor lockte eine silberne Etagere mit Früchten. Die Wände waren mit einer zartgelben Stofftapete bezogen, und um die mediterrane Wirkung des Raums noch zu verstärken, flankierten zwei Zitronenbäumchen ein Vertiko aus dunklem Holz.
»Na, habe ich dir zuviel versprochen?« Dorothee war restlos begeistert. Ihr Wunsch – Blick auf den See – hatte sich natürlich erfüllt. Das Zimmer hatte sogar einen eigenen Balkon, auf dem in verwitterten Terracottakübeln Hortensien und Oleanderbäume wuchsen. Mit einem schrillen Schrei ließ sich eine Möwe auf der Dachrinne nieder.
Die Sonne stand hell über dem See und tauchte ihn in ein warmes Licht. Doch Mandy nahm die Schönheit nicht wahr. Sie stand auf dem Balkon und blickte teilnahmslos auf das Wasser, auf dessen silbriger Oberfläche sich die Sonnenstrahlen spiegelten und wie Feuerzungen tanzten.
Ihr Inneres war grau und leer, wie ein kahler Raum ohne Fenster und Türen. Die Bilder aus ihrem Alptraum zuckten wie Blitzlichter durch ihren Kopf, griffen nach ihr und narrten sie wie Kobolde. Da waren sie wieder, der dumpfe Geruch nach Moder und Fäulnis, die messerspitzen Stacheln der blutroten Rosen und Edwards stierer Blick.
Wie ein schwarzes Tier kroch das Entsetzen in ihr hoch, und obwohl die Strahlen der Sonne noch wärmten, überzog sich Mandys Körper mit Gänsehaut. Sie schloß für einen Moment die Augen und hob fröstelnd die Schultern. All diese toten Frauen. Und Edward ein Mörder?
Zwei Stunden später gingen die Freundinnen über die geschwungene Mahagonitreppe in den Speisesaal. Über eine Stunde hatte es Dorothee gekostet, Mandy zu einem Abendessen zu überreden. Ihre Ausreden über mangelnden Appetit bis zu übermächtiger Müdigkeit waren bei der Ärztin auf taube Ohren gestoßen. »Der Appetit kommt beim Essen«, hatte sie rigoros erklärt. Schließlich mußte Mandy kapitulieren.
Gedämpfte Musik klang ihnen entgegen. »Valse triste« von Sibelius. Dorothee zuliebe hatte Mandy wenigstens ein hübsches Kleid aus dunkelrotem Chiffon angezogen. Als die beiden das Restaurant betraten, flammte in den Augen der Männer sofort Interesse auf.
Sie blickte zu Dorothee, die die begehrlichen Blicke mit einem maliziösen Lächeln quittierte. Mit einem Mal war Mandy gerührt über die Unermüdlichkeit ihrer Freundin. Liebevoll hatte Dorothee sich um sie gekümmert, und sie hatte sich nicht einmal trösten lassen wollen.
Auch im Restaurant funkelte der Glanz eines vergangenen Jahrhunderts. Die hohe Decke war mit üppigem Stuck geschmückt, und in der Mitte des Raums verbreitete ein Lüster goldenes Licht, das sich in den bogenförmigen Fenstern spiegelte. Auf kleinen Tischen und Kommoden standen Pokale aus feinstem Porzellan mit üppigen Lilienbuketts, und im offenen Kamin prasselte ein munteres Feuer.
Mandy stupste Dorothee in die Seite: »Du, ich möchte dir noch mal dafür danken, daß du mit mir hierher gefahren bist. Das Hotel ist wirklich traumhaft. Schöner könnte es gar nicht sein.«
Kaum hatte sie es ausgesprochen, kam Frederick Bergerhoff auf sie zu. »Da sind Sie ja«, sagte er erfreut und reichte beiden die Hand. »Ich habe einen Tisch für Sie freigehalten.« Die beiden Frauen folgten ihm und waren entzückt. Bergerhoff hatte den Tisch am Kamin reserviert.
»Ich hoffe, es gefällt Ihnen hier. Es ist der Tisch für unsere ganz speziellen Gäste«, lächelte er und blinzelte Mandy verschwörerisch zu.
»Na, den hat Mutti aber gut erzogen«, stichelte Dorothee, sobald Bergerhoff gegangen war.
»Mhm«, machte Mandy nachdenklich und warf einen kurzen Blick auf die in Leder gebundene Speisekarte. Ärgerlicherweise reagierte sie auf Melancholie eigentlich nie mit Appetitverlust, so wie das bei Frauen der Fall war, die ohnehin kein Gramm Fett zuviel am Leib trugen, vielmehr tröstete sie sich dann gern mit einem opulenten Essen.
Und tatsächlich änderte sich ihre Laune schlagartig, als sie entdeckte, welche Köstlichkeiten das Restaurant zu bieten hatte. Schon allein der Gedanke an Foie gras auf verschiedenen Blattsalaten an warmem Balsamico-Dressing ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. Und danach eine frische Renke, serviert mit einer butterzarten Hollandaise und goldgelben Petersilienkartoffeln …
Sogar Dorothee ließ sich von den Leckereien der Speisekarte verführen. Sie entschied sich für hauchdünne Crèpes mit einer Spinat-Mascarpone-Füllung, und als Hauptgang wählte sie in Butter geröstete Scheibchen vom Serviettenknödel in einer rahmigen Sauce aus frischen Pfifferlingen.
Schon bald wurde der erste Gang serviert, dessen Anblick und Duft die beiden Frauen verstummen ließ.
»Oh, Sie sind noch bei der Vorspeise!« Wie aus dem Nichts war der Hotelier an ihrem Tisch aufgetaucht.
»Sagen Sie mal, tragen Sie Mokassins?« fragte Dorothee mit einem Blick auf seine Schuhe.
»Wie meinen?« Bergerhoff blickte irritiert.
»Na, Sie schleichen sich ja an wie Winnetou.«
»Stimmt«, konterte er, »ich bin auf der Suche nach Ribana.«
»Wie meinen?« Dorothee spielte das Spielchen munter weiter und spießte dabei den letzten Rest ihrer Crèpes auf die Gabel.
»Wie, Sie kennen Ribana nicht? Sie war Winnetous große Liebe.«
Bergerhoffs blaue Augen suchten einen Blick von Mandy zu erhaschen, doch inzwischen war die frische Renke aufgetragen worden, die ihre volle Aufmerksamkeit beanspruchte. Genießerisch tauchte sie ein Stück Kartoffel in die cremige Sauce und drapierte obenauf ein wenig von dem zarten weißen Fischfleisch. Sie kaute langsam, mit fast geschlossenen Augen. Ein Schlückchen trockenen Weißwein hinterher – wunderbar. Bergerhoff, der ihr fasziniert zugesehen hatte, brauchte einen Moment, um sich zu sammeln.
»Wenn Sie noch länger bleiben, könnte ich Ihnen viel mehr darüber erzählen. Oder haben Sie vor, schon bald wieder abzureisen?«
»Ja, unser Tipi steht nur übers Wochenende. Mehr können sich alleinstehende Squaws nicht leisten«, erwiderte Dorothee mit einem süffisanten Grinsen.
Mandy wurde hellhörig und blickte erstaunt von ihrem Teller hoch. Was war denn auf einmal mit Dorothee los? War da etwa ein Flirt im Gange?
»Aber bevor wir uns wieder in unseren Wigwam zurückziehen – wie wär’s mit einem kleinen Nachtisch?« Dorothee gab Mandy einen auffordernden Knuff in die Seite. »Ich hätte Lust auf Hirsetürmchen mit Hagebuttencreme.«
Klingt wie Schweinefutter, dachte Mandy und zog unbewußt die Nase kraus.
»Haben wir das wirklich auf der Karte?« fragte ihr Gastgeber verblüfft. »Möchten Sie nicht lieber die Mousse au Chocolat? Ist auch gut gegen schleichende Rothäute. Großes Indianerehrenwort.«
»Haben Sie es noch nicht bemerkt? Ich bin eine Frau, die genau weiß, was sie will. Hirsetürmchen. Und sonst nichts.«
»Und was ist mit Ihnen? Haben Sie gar keinen Wunsch? Sie gehören doch sicher auch nicht zum Stamm der Asketen, oder?« sagte Bergerhoff an Mandy gewandt.
»Nein, aber zum Stamm der müden Krieger.«
»Na, dann weiß ich genau das Richtige für Sie. Bringen Sie uns drei Cognacs, aber von dem ganz alten, bitte«, forderte er den Kellner auf. »Sie haben doch nichts gegen einen gemeinsamen Drink?«
»Das hätten Sie fragen sollen, bevor Sie Ihr Feuerwasser bestellen. Weiße Frauen schätzen das.« Mandy war aus ihrer Lethargie erwacht und strich sich provokant durchs Haar. Bergerhoffs Blick vertiefte sich in die Bewegung ihrer Hand und blieb an den schimmernden Locken hängen.
Dorothee beobachtete ihn interessiert. »Holzauge, sei wachsam«, murmelte sie vor sich hin. Mandy warf ihr einen irritierten Blick zu. Bevor sie etwas sagen konnte, brachte der Ober die Getränke.
»Also dann!« Bergerhoff ergriff sein Glas. »Auf ein schönes Wochenende.«
»Auf traumlose Nächte«, sagte Mandy leise und hielt Bergerhoffs eindringlichem Blick stand.
Dorothee kippte den Cognac in einem Zug hinunter und gähnte dann herzhaft:
»Haach, bin ich müde. Nach dem Dessert muß ich unbedingt ins Bett. Ich kann schon jetzt kaum mehr die Augen offenhalten.« Das war auch eine von Dorothees Eigenarten: Sie wurde immer dann müde, wenn es für die anderen gerade gemütlich zu werden begann.
»Mensch, Dorothee, es ist gerade mal zehn«, protestierte Mandy. »Es ist auch gar nicht gut, nach den Hirsetürmchen sofort zu türmen. Außerdem will ich noch nicht ins Bett. Du kannst mich doch nicht allein hier sitzen lassen.«
»Wenn Sie möchten, leiste ich Ihnen noch Gesellschaft«, bot Frederick Bergerhoff sich an.
Ein wenig hilflos blickte Mandy in die Runde. Dorothee machte allmählich wirklich einen matten Eindruck, und Bergerhoff blickte erwartungsvoll aus großen Bubenaugen. Mandy trat die Flucht nach hinten an.
»Ich bin gleich wieder zurück«, sagte sie mit einem fahrigen Lächeln, packte ihr Abendtäschchen und verschwand zur Toilette. Drinnen ließ sie sich auf den Klodeckel – echter Marmor – fallen und schloß mit einem Seufzer die Augen. Erst einmal Zeit gewinnen und alleine sein.
Nachdem sie ihr Make-up aufgefrischt hatte, atmete sie tief durch und ging zurück an ihren Tisch. Weder von Dorothee noch von ihren Hirsetürmchen war etwas zu sehen, und auch Bergerhoff schien sich wie ein Aspirin aufgelöst zu haben. Selber schuld, dachte sie und war gleichzeitig erleichtert darüber, frei über sich selbst bestimmen zu können. Sie fühlte nicht die geringste Lust, sich zu verstellen und womöglich irgendwelche Gefühle vorzuheucheln.
In ihren Seidenschal gehüllt, ging sie durch die breite Flügeltür hinaus auf die mondbeschienene Terrasse. Sie wollte nicht grübeln, doch ihr Vorsatz war in dieser Umgebung nicht so leicht umzusetzen. Die klare, weite Nacht weckte in ihr, ob sie es wollte oder nicht, starke Gefühle: Gefühle der Ekstase und des Schreckens und zugleich ein ungeheures herzzerreißendes Sehnen. Sie fühlte sich klein und furchtbar einsam. Nackt und wehrlos. Instinktiv zog sie den Schal enger um sich.
Hinter ihr machten sich Stimmen bemerkbar.
»Sie können jetzt zu Bett gehen, Alfred, aber sorgen Sie nächstes Mal dafür, daß das Tor geschlossen wird.« Bergerhoff sprach mit dem Hausdiener. Dann kam er auf Mandy zu.
»Ach, hallo«, murmelte sie und blickte hinaus auf den See, während sie sich sammelte.
»Hallo«, gab er zurück. »Ich dachte, Sie wären schon zu Bett gegangen.«
»Nein, ich wollte noch ein wenig draußen sein. Sie haben es sehr schön hier.« Sie machte eine Geste auf den See hinaus.
»Wissen Sie, was ich mich schon die ganze Zeit frage? Ich frage mich, warum Sie auf einmal so verändert sind. Als wir uns das erste Mal trafen, machten Sie einen sehr lebhaften Eindruck auf mich. Jetzt wirken Sie so«, er hielt inne und suchte nach dem passenden Wort, »so bedrückt. Oder täusche ich mich?«
Sie hob den Kopf und blickte ihn erstaunt an. »Nein, Sie täuschen sich nicht.«
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?« fragte er mit samtweicher Stimme.
»Ja, geben Sie mir bitte eine Zigarette.«
»Das ist alles, was ich für Sie tun kann? Eine Zigarette? Ich wußte gar nicht, daß Sie rauchen.« Mit einem Lachen versuchte er die Situation zu entspannen.
»Tu ich im allgemeinen auch nicht, aber jetzt schon«, antwortete Mandy.
»Wollen Sie mir vielleicht doch erzählen, was Sie so nachdenklich macht?«
»Nein, ich glaube nicht. Es würde zu weit führen.«
»Vielleicht sollten Sie doch besser schlafen gehen«, meinte Bergerhoff und zog sich ein wenig resigniert zurück.
»Sie haben recht. Gute Nacht, Herr Bergerhoff.« Mandy ließ die halb aufgerauchte Zigarette zu Boden fallen und drückte sie mit der Spitze ihres Pumps aus.
»Warten Sie noch einen Augenblick«, Bergerhoff griff nach ihrer Hand.
»Ja?« Sie blickte ihn fragend an, und das angespannte Gefühl von vorhin kehrte zurück.
Er hielt sie weiter fest, und seine Augen glitten forschend über ihr bleiches Gesicht.
»Sie haben mir immer noch nicht gesagt, wie Sie eigentlich heißen.« Seine Stimme klang rauh.
»Malina, ich heiße Malina.«
»Gute Nacht, Malina.« Er drehte ihre Hand um und berührte mit seinen Lippen sanft die Innenfläche. »Schlafen Sie gut.«
Mandy drehte sich wortlos um und ging zurück ins Haus. Als sie ihr Zimmer betrat, schlief Dorothee schon tief und fest.
Der Sonntag verlief ganz nach Plan. Dorothee und Mandy machten einen langen Spaziergang am Seeufer und schwammen am Nachmittag ein paar Runden im Pool des Hotels. Frederick Bergerhoff hatte sich beim Frühstück noch einmal zu ihnen gesellt. Er war ein wenig zurückhaltender als am Abend zuvor gewesen, doch immer wieder hatte sein eindringlicher Blick Mandy gestreift.
Die schöne Umgebung und das Untertauchen in diese Oase der Harmonie hatten bewirkt, daß die Anspannung allmählich von ihr gewichen war, doch die Gewißheit, daß das wirkliche Leben nicht allzulang auf sich warten lassen würde, verursachte ein scharfes Ziehen in ihrer Magengegend.