3. Joscha Kiefer und ein Kaffee mit Herrn Fritz
Heute ist also der erste Tag nach dem Date mit Rocko. Gestern Abend ist zwar erst ein paar Stunden her, und doch habe ich das Gefühl, es liegen Jahre dazwischen. Dunkle Jahre der Enttäuschung und Entbehrung. So fühlt es sich also an, von einem Rockstar sitzengelassen zu werden. Na ja, mehr oder weniger.
Es ist jetzt genau halb zwölf. Ja, mittags um halb zwölf. Eigentlich sollte ich jetzt gar nicht wach sein. Eigentlich müsste ich erst vor ein paar Stunden sternhagelvoll ins Bett gefallen sein. Rocko und ich hätten mit seinen Kumpels die Nacht durchgemacht und um elf Uhr morgens hätte ich Pia eine SMS geschrieben: »Bin gerade erst ins Bett, Rocko ist ein Traum. Nenn mich Rockstar-Babe.« Am nächsten Tag (also heute!) hätte ich den ganzen Tag ein viel zu großes Männerhemd getragen, wäre mit verwuschelten (aber verdammt sexy aussehenden) Haaren durch die Wohnung geschlurft und hätte ein erotisches, heiseres »Hallo?« gehaucht, als das Telefon klingelte.
Pia: »Erzähl, wie war’s?«
Ich: »Anstrengend. Ich glaube, ich muss mich an die Welt eines Rockstars erst gewöhnen. Aber es war fantastisch. Einfach fantastisch. Können wir nachher noch einmal telefonieren? Muss erst einmal eine Aspirin einwerfen, habe einen Rausch.«
Pia: »Liebesrausch?«
Ich: »Ja. Auch einen Liebesrausch.«
Dann hätte ich erschöpft aufgelegt und wäre wieder ins Bett gekrochen.
Aber nein. Ich habe mehr als neuneinhalb (!) Stunden geschlafen, sehe wie das blühende Leben aus, bin topfit und könnte Bäume ausreißen. Topfit! Ich will nicht topfit sein. Ich will Augenringe haben, kotzend über einer Kloschüssel hängen und fertig aussehen. Ist das denn zu viel verlangt?
Ein Klingeln an der Wohnungstür reißt mich aus meinem Selbstmitleid. Das muss Pia sein. Als ich sie gestern Abend mit den Worten »Rocko will mich betrügen« heulend anrief, hatte sie sich sofort zu einem Liebeskummerbesuch angekündigt. Sie sagte auch noch irgendwas von einer Aufmunterung, die sie mitbringen wollte. Ganz ehrlich? Ich wüsste nicht, was das sein sollte. Wenn es nicht George Clooney ist, der nackig aus einer Torte springt, heitert mich heute überhaupt nichts mehr auf.
Ich öffne die Tür. Wie toll wäre es jetzt bloß, wenn ich in einem Männerhemd und verwuschelten Haaren ... Halt, nicht reinsteigern. Was nicht ist, ist eben nicht.
»Gut siehst du aus«, sagt Pia und umarmt mich.
»Genau das ist ja das Problem«, murmle ich.
Pia bugsiert mich in die Küche. »Hier ist deine Überraschung.« Sie zeigt auf ihre kleine Handtasche. Doch kein George Clooney also.
»Was ist es denn?«, frage ich lustlos.
»Tattarata«, singt Pia, öffnet die Tasche und zieht eine DVD heraus. »Wollte ich dir eigentlich zum Geburtstag schenken, aber ich glaube, du kannst jetzt eine Aufheiterung gebrauchen.«
Sie drückt mir die DVD in die Hand: »Verbotene Liebe – Die Jubiläums DVD«.
Was würde ich bloß ohne Pia tun? Wenn es etwas gibt, was mir jetzt helfen kann, ist es die »Verbotene Liebe«. Eigentlich wollte ich dieses Kapitel meines Lebens eher für mich behalten. Aber was soll’s. Jetzt ist eh alles egal.
Es folgt: das Geständnis.
Ich sehe jeden Tag um 18 Uhr »Verbotene Liebe«. Und das nun schon seit, na ja, irgendwann muss es ja raus: dreizehn Jahren. Ich bin seit der ersten Folge dabei, kann die ersten Dialoge von Jan und Julia im Schlaf mitsprechen, und wenn mich jemand auf den Tod von Henning in Folge 1860 anspricht, läuft es mir immer noch kalt den Rücken runter. Unter dem Pseudonym »Hannahvl_14« (ich habe mich nur unwesentlich jünger gemacht, um mich von »Jana_1989« und »vlfan13« nicht sonderlich zu unterscheiden) bin ich Mitglied in einem Fanforum im Internet und nehme zwischen 18 Uhr und 18.25 Uhr prinzipiell das Telefon nicht ab – auch wenn ich wüsste, dass Pia dran ist, um mir von ihrem neuen Großauftrag in Dubai zu erzählen. Zum Glück hat sie Verständnis dafür. Denn, das ist ausnahmsweise mal eine Gemeinsamkeit zwischen uns: Im VerboteneLiebe-Fan-Dasein steht sie mir in nichts nach.
Fassen wir zusammen: Ja, ich bin fast dreißig und immer noch hysterischer Fan einer deutschen Seifenoper im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre: Seit Folge 3056 bin ich auch noch ernsthaft in einen Darsteller verliebt: Sebastian Graf von Lahnstein. Er sieht gut aus, ist sensibel und herzzerreißend romantisch.
Kurze Zusammenfassung der Handlung (natürlich muss ich die Geschichte auf das Wesentliche herunterbrechen, in Wirklichkeit ist sie vielschichtiger und komplexer, aber das würde hier den Rahmen sprengen).
Sebastian von Lahnstein kippt Lydia Brandner (ein Mädchen aus einem Arbeiterhaushalt) aus Versehen Kaffee über die Bluse. Sie will ihn gerade auf übelste Weise beschimpfen, als sie hochsieht und in seine Augen blickt. Ein paar Folgen später sind sie zusammen und furchtbar verliebt. Doch dann hat Sebastian einen One-Night-Stand mit ihrer Mutter, die auch prompt schwanger wird. Lydia verlässt ihn daraufhin. Inzwischen ist die Mutter gestorben, das Kind (das sie kurz vor dem Ableben noch zur Welt gebracht hat) ist tatsächlich von Sebastian, doch Lydia kehrt zu ihm zurück, da sie um seine Liebe kämpfen will. (Auf die Entführung von Sebastian und Lydias Trauma durch ihren Ex-Freund, der sie stalkte, habe ich bewusst verzichtet. Wie gesagt, das würde definitiv den Rahmen sprengen.)
Genau dieser Sebastian von Lahnstein ist auf jeden Fall so, wie ich mir einen Mann wünsche. Und das will was heißen. Denn ich bin durchaus anspruchsvoll.
Auf der einen Seite will ich, dass ein Mann ein echter Kerl ist. Er soll Bier aus Flaschen trinken, er soll rauchen und dabei die Zigarette mit zwei Fingern halten. Wenn ich zu lange mit einer Freundin telefoniere, soll er mir irgendwann den Hörer aus der Hand reißen. »Hör mal zu, Hannah kann jetzt nicht weitertelefonieren, klar?« Dann legt er einfach auf, dreht sich zu mir um und sagt, während er mir langsam die Bluse aufknöpft: »Und jetzt kommen wir zu den wichtigen Dingen im Leben.«
Auf der anderen Seite will ich, dass ein Mann verständnisvoll, sensibel und einfühlsam ist. Er soll sich mit den Worten »Ruh dich mal aus, ich mach das« um den Abwasch kümmern, er soll mir ungefragt eine Wärmflasche machen, wenn ich Regelschmerzen habe, und ich muss ihn auch nachts um drei noch wecken dürfen, um mit ihm über meinen verkorksten Haarschnitt nach einem Friseurbesuch zu sprechen. »Ich bin so unglücklich«, würde ich schluchzen. »Ist es jetzt sehr schlimm, dass ich dich deswegen wecke?« »Ach was«, wird er sagen und mir zart über den Kopf streichen. »Du weißt doch, dass ich immer für dich da bin.« Dann wird er mir schlaftrunken einen Spiegel aus dem Badezimmer holen, und während wir ausgiebig meine Haare von allen Seiten begutachten, wird er mir sagen, dass ich sowieso die Schönste auf dieser Erde bin. Erleichtert schlafe ich ein, während er mich zudeckt.
Kurz: Ich suche einen sensiblen Macho. Wahrscheinlich ist es leichter, einen schwarzen Schimmel zu finden.
Ich glaube, dass Sebastian Graf von Lahnstein das Unmögliche möglich machen kann. Er ist kein Weichei und doch sensibel, er sagt Sachen wie »Lydia, du weißt, wir können über alles reden«, um sie in der nächsten Szene unsanft am Arm zu packen und – ohne Widerworte zu dulden – ins Schlafzimmer zu zerren. Hinzu kommen ein unheimlich männlicher Dreitagebart und wunderschöne Klamotten. Er trägt nämlich immer einen Schal: einen dicken Wollschal, grob gestrickt, den er sich lässig um den Hals gewickelt hat. (Wirkt sexy, geheimnisvoll und begehrenswert!)
Genau das ist es, was ich will. Moment mal. Habe ich gerade »Genau das ist es, was ich will« gedacht? Dass ich nicht vorher draufgekommen bin. Ich muss Sebastian Graf von Lahnstein kennenlernen! Er sieht gut aus, er ist sympathisch und er kann sich in Frauen einfühlen. Sicher schauspielert er nicht nur, sondern ist in Wirklichkeit auch so! Das würde ich merken, schließlich sehe ich das jeden Tag seit dreizehn Jahren. (Bei manchen Schauspielern erkennt man nämlich sofort, dass sie nur eine Rolle verkörpern!)
Mein Gott. Sebastian Graf von Lahnstein ist es. Manchmal sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht. Er ist der dritte Traummann!
Also Sebastian Graf von Lahnstein, ich komme! Moment, wie heißt er eigentlich in Wirklichkeit?
Manchmal habe ich wirklich mehr Glück als Verstand. Sebastian Graf von Lahnstein heißt Joscha Kiefer. Joscha Kiefer. Ich finde, einen schöneren Namen gibt es nicht. Jaja, ich weiß, dass man sich seinen Namen nicht aussuchen kann. Keine Chayenne Petersen, keine Jacqueline Meier und auch kein Justin Schmidt haben jemals gesagt: »Dieser Name ist noch frei? Jajaja, schnell her damit, ich nehme ihn.« Ich weiß, dass unzurechnungsfähige, hormongesteuerte Eltern für das ewige Namensschicksal ihrer Sprösslinge zuständig sind. Dass sie ihre Kinder im Liebeswahn nach ihren Lieblingssängern (Heino Petersen aus meiner Parallelklasse) oder dem Zeugungsort benennen (Madeira Schröder, Nichte von Pia. Pia weigert sich, diesen Namen in der Öffentlichkeit auszusprechen, und ruft auf dem Spielplatz immer neutral mit »Kind« nach ihr).
Kurz: Ich weiß, der Einzelne kann nichts für die manchmal absurde Aneinanderreihung von Buchstaben, die sich »Name« nennt. Und trotzdem entscheidet genau dieser Name, ob der Besitzer bei mir landen kann.
Ein furchtbar gut aussehender Typ brüllte mir in der Disco auf die harmlose Frage »Und wie heißt du?« »Sascha Falko« entgegen. Sascha Falko? Ich wurde etwas unruhig. Nun ja, Falko kann man ja zur Not weglassen, dachte ich und schrie hoffnungsvoll »Sascha?« zurück. Ich tat einfach so, als ob ich den Namen unter dem Geräuschpegel nicht richtig verstanden hätte. »Nein«, schrie er zurück. »Sascha Falko.« Okay, Falko konnte man also wohl doch nicht weglassen. Dann sollte er es nun mal nicht sein.
Ich weiß, dass das furchtbar oberflächlich ist. Und wahrscheinlich gehen mir mit dieser Einstellung Tausende von fantastischen Traummännern durch die Lappen. Aber ganz ehrlich: Ein getöpfertes Türschild, auf dem in geschwungener Schrift »Hier wohnen Hannah und Sascha Falko und ihre Kinder« draufsteht, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Aber Joscha? Joscha kann ich mir auf diesem Schild gut vorstellen. Sehr gut sogar. Joscha und Hannah – das klingt nach jungen, schönen Eltern, die ihre glücklichen Kinder vom Kindergarten abholen.
Der nächste Tag. Es ist 18 Uhr, ich knie neben meinem Fernseher, halte meine linke Wange an den Bildschirm und sehe in Pias Richtung.
»Nun sag schon, ist er im Bild?«, frage ich ungeduldig, schließlich sind meine Kniescheiben nicht mehr die jüngsten, und mein Holzfußboden ist nicht dafür gemacht, dass man sich eine ganze VerboteneLiebe-Folge über auf ihn kniet.
»Halt mal still. Schließlich muss ich euch beide zusammen sehen. Und lächle mal ein wenig.«
Ich lächle gequält und drücke mein Gesicht näher an den Fernseher. Plötzlich höre ich seine Stimme zwei Zentimeter neben mir.
»Und?«, rufe ich. »Was meinst du?«
Pia nickt zufrieden. »Ich muss sagen: Ihr würdet wirklich ein schönes Paar abgeben. Du kannst wieder aufstehen.«
»Na endlich«, stöhne ich und rapple mich wieder auf. Meine Knie fühlen sich an, als wäre ich gerade den Ski-Weltcup mitgefahren.
»Das wäre ja abgefahren, wenn ihr wirklich zusammenkommt.« Pia gluckst. »Das Set von der ›Verbotenen Liebe‹ wird dann unser neues Zuhause.«
»Unser?« Ich glaube, ich habe mich verhört.
»Na, hör mal. Wenn das wirklich mit euch klappt, würde ich natürlich auch nach Köln ziehen. Das ist ja wohl klar. Und vielleicht finden wir dann ja auch ein kleines Affärchen für mich.« Sie kichert. »Dieser Matthias Brandner ist doch ganz heiß in der Rolle.«
Zum ersten Mal kann ich Pia von einem Mann begeistern. Dieser Segen von ganz oben entspannt ungemein.
Wir stoßen darauf an, dass wir bald »unsere Männer« am Set besuchen und dem Regisseur über die Schulter sehen werden.
»Hallo Rüdiger« (wir duzen uns natürlich), werden wir sagen. »Wir sind ein wenig zu früh. Wir wollen gleich Joscha und wie-heißt-Matthias-Brandner-bloß-in-echt abholen. Dürfen wir kurz zusehen?«
»Klar«, wird Rüdiger sagen. »Wir drehen nur kurz die Szene ab und dann könnt ihr eure Jungs mitnehmen.« Rüdiger, Pia und ich schlagen ein und werden vom Aufnahmeleiter mal wieder ermahnt, nicht so laut zu sein. Die eingeschworene Gemeinschaft kichert leise.
Zwei Wochen später fahre ich tatsächlich nach Köln. Denn: Joschas Manager hat mir einen Interviewtermin besorgt. Wo wir uns treffen, würde mir Joscha (persönlich!) noch einmal sagen, er habe ihm meine Nummer gegeben.
Um Gottes willen. Sebastian Graf von Lahnstein, ich meine, Joscha Kiefer, hat meine Handynummer. Ob er sich vorher schon mal meldet? Er könnte ja »Hi Hannah, weiß noch nicht, wo wir uns treffen können, wollte nur sagen, dass ich mich auf dich freue« schreiben oder in der Art.
Ich ertappe mich dabei, wie ich ständig auf mein Handy sehe. Nichts. Aber das kann ja noch kommen. Ich packe weiter meinen Koffer. Morgen geht es los. Nach Köln. Für drei Tage. Pia findet das »total übertrieben und mal wieder typisch Hannah«, dass ich gleich einen Kurzurlaub daraus mache. Aber ich finde, wenn man schon zum ersten Mal in seine neue Heimat fährt, kann man ruhig etwas länger bleiben. Schließlich muss ich mir auch alles in Ruhe ansehen. Außerdem soll man am Rudolfplatz drei neue Freunde finden, wenn man eine Stunde lang dort steht (habe ich in einem Reiseführer gelesen – na, das will ich sehen!). Und: Man muss sich auch mal was gönnen im Leben. Gott, wie das klingt. Man könnte meinen, dass ich sonst jeglichem Spaß und Luxus im Leben entsagen würde und ein Dasein mit Salat ohne Dressing friste und dann irgendwann erleichtert eine Currywurst mit den Worten »Man muss sich auch mal was gönnen im Leben« in mich hineinschiebe. Wenn ich ehrlich bin: Ich sage diesen Satz ziemlich oft. Wahrscheinlich ist es nicht übertrieben, ihn als mein Lebensmotto zu bezeichnen. Ich gönne mir eigentlich ständig irgendetwas. Ich habe kein Problem damit, aus einem Wellness-Tempel zu kommen und im Schaufenster nebenan ein sündhaft teures Kleid zu sehen – und natürlich sofort zu kaufen. Meine Eltern sind an ihrem ersten Hochzeitstag mit dem Fahrrad ins 30 Kilometer entfernte Husum gefahren und haben dort ein Fischbrötchen am Hafen gegessen. Ich sehe mich an meinem ersten Hochzeitstag eigentlich irgendwo in der Karibik liegen. Mit Joscha an meiner Seite? Oh Gott, er kann einem sicher schön den Rücken eincremen. (Lydia hat er in einer Folge auch mal den Nacken massiert, das sah unwahrscheinlich sinnlich aus.)
In diesem Sinne: Man muss sich auch mal was gönnen. Köln, ich komme.
Ich liebe Köln. Ich liebe den Sommer. Ich liebe den Aachener Weiher. Ich liebe das grüne Gras unter mir. Ich liebe es, dass ich vollkommen enthemmt mein T-Shirt ausgezogen habe und selbstbewusst der Welt meinen rosa BH und meine zwei kleinen Speckröllchen zeige. Das Beste: Ich schäme mich nicht dafür. Das Leben kann so schön sein. Aber von vorn.
Als ich in Köln ankam, fragte ich mich sofort zum Rudolfplatz durch. Zum Platz, an dem ich also neue Freunde finden sollte. Ich wusste zwar nicht, wie das gehen sollte. Aber bitte: Ich war offen für Neues. Für neue Liebschaften zwar nicht unbedingt (ich würde ja bald wieder in festen Händen sein, hihi), aber Freunde? Immer her damit!
Der Rudolfplatz ist eine einzige große Kreuzung. Von links kommt eine zweispurige Fahrbahn, von rechts kommt eine zweispurige Fahrbahn, von hinten kommt eine zweispurige Fahrbahn plus Straßenbahn, von vorne kommt eine zweispurige Fahrbahn plus Straßenbahn. In der Mitte dieser Riesenkreuzung steht vollkommen verloren ein römisches Tor, das verzweifelt darauf wartet, von einem Trupp Bauarbeiter abmontiert und irgendwo anders, nur ja nicht hier auf dieser Kreuzung, wieder aufgestellt zu werden.
Ich hatte mir den Rudolfplatz als lauschigen, kleinen Platz vorgestellt. Mit Bänken am Rand, auf denen sich junge Leute angeregt unterhalten. Mit Bäumen, die Schatten spenden, und mit ein paar alten Männern, die in der Mitte Boule spielen und nebenbei Weisheiten über das Leben von sich geben. Wie kann man nur »Rudolfplatz« heißen, wenn man in Wirklichkeit eine »Rudolfkreuzung« ist? Wenn alles in Köln eine solche Mogelpackung ist, dann mal gute Nacht. Aber nun, ich wollte mich drauf einlassen und stellte mich tapfer unter das römische Tor. Wohin auch sonst? Auf den Grünstreifen zwischen Fahrbahn sechs und sieben?
Normalerweise ist es nicht so mein Ding, irgendwo alleine zu sein. Als ich einmal alleine im Café war, hat mich das so fertiggemacht, dass ich froh war, als ich plötzlich die Gebrauchsanleitung von meinem neuen Navigationsgerät in der Handtasche fand. Endlich hatte das Sitzen im Café einen Sinn. Seitdem beherrsche ich das Gerät in Perfektion und könnte eigentlich sofort im Außendienst dieser Firma anfangen.
Am Rudolfplatz hielt ich für meine Verhältnisse ungewöhnlich lange durch. Erst nach einer Stunde entschied ich mich, in die Offensive zu gehen und ein Mädchen anzusprechen, das drei Meter neben mir am anderen Ende des Römertors stand. Sie wartete offensichtlich auf jemanden, denn sie schaute jede Minute auf die Uhr. Oder suchte sie auch nur neue Freunde?
»Hallo«, sagte ich. »Kennst du dich hier in Köln aus?«
»Ja klar«, sagte sie und lächelte. Nett.
»Ich bin neu hier und würde mich gerne hier irgendwo in die Sonne setzen. Hast du einen Tipp?«
»Da bist du hier am Rudolfplatz falsch.« Sie lachte. (Hah, ich war also nicht allein mit meiner Rudolfkreuzungseinstellung.) »Du musst zum Aachener Weiher, der ist direkt neben der Uni. Es gibt einen Weiher, eine grüne Wiese und einfach ’ne gute Stimmung. Wenn du Lust hast, kannst du mit uns kommen. Ich warte nur auf meinen Freund Tobias. Dann fahren wir gleich los.«
Das Mädchen war eine Rheinländer Seele. Nach nur zehn Minuten wusste ich, wie sie hieß (Karen), was sie studierte (Germanistik), was sie nach dem Studium machen wollte (»irgendwas mit Medien«), wie sie Köln fand (»die Leute sind echt super offen«), dass sie nur einmal in Hamburg war (Tante einer Freundin besucht) und dass sie schon drei Jahre mit Tobias zusammen war (»den wirst du auch mögen«).
In Hamburg muss man für gewöhnlich Jahre befreundet sein, um nach und nach all diese Dinge zu erfahren. Ich mochte Karen und ich mochte Köln. Und auch Tobias begrüßte mich, als wenn wir uns schon Jahre kennen würden.
»Dann fahren wir mal los«, sagte Karen. »Fährst du bei Tobias mit?«
Man darf nicht mit Fremden mitgehen, hatte meine Mutter mir immer eingebläut. Ob das auch für den Gepäckträger von Tobias galt?
Eine Sekunde später fuhr ich mit meinen beiden neuen Freunden an den Aachener Weiher. Überall lagen Studenten in der Sonne, grillten, spielten Gitarre oder tranken Bier. Wir legten uns einfach so dazwischen und ein bisschen kam es mir vor wie Woodstock ohne Regen. Ein wahrer Jungbrunnen, diese Atmosphäre. Unkompliziert, offen und unheimlich inspirierend.
Nach ein paar Stunden verabschiedeten wir uns voneinander, als seien wir schon jahrelang befreundet.
Ach herrlich. Ich schwebe zurück ins Hotel. Kaum bin ich einen Tag hier, habe ich schon neue Freunde gefunden. Ich möchte fast sagen: Ich bin fester Bestandteil einer eingeschworenen Clique. Das wird sicher auch Joscha gerne hören. Denn das nimmt ihm (und uns) den Druck, dass ich mich sofort mit seinen Freunden gut verstehen muss, da ich ja sonst noch niemanden in Köln kenne. Nein, ich bin freundesmäßig total unabhängig und selbständig. Klar können sich unsere zwei Freundeskreise irgendwann kennenlernen. Aber ich bin nicht auf seine sozialen Kontakte angewiesen. Denn: Ich habe eigene!! Hah!
Grundgütiger! Ich hätte nicht in den Badezimmerspiegel sehen dürfen. Vor mir: eine Person, die zwei riesige runde weiße Flecken um Augen und Brüste hat und ansonsten einem Krebs zum Verwechseln ähnlich sieht. Mir kommt spontan die Assoziation »dänische Flagge« in den Sinn.
Ich habe den dummen Verdacht, dass ich diese Flagge bin. Das darf nicht wahr sein. Ich sehe aus wie auf einem Plakat im Wartezimmer eines Hautarztes, bei dem Kinder hysterisch anfangen zu weinen.
Warum sieht man immer erst in geschlossenen Räumen, dass man zu einem einzigen Sonnenbrand mutiert ist? Ich habe doch am Aachener Weiher mehrmals ausführlich meine Speckröllchen begutachtet. Da hätte es mir doch auffallen müssen, dass diese Speckrollen und die Regionen drum herum gerade verbrennen wie ein Schnitzel. Wie viele Mallorcaurlauber sind wohl schon in ihren Hotelzimmern deswegen zusammengebrochen? Mein Gott, in jedem Hotel muss ein psychologischer Dienst angeboten werden. Das ist ja eine Marktlücke. Doch was viel wichtiger ist: Übermorgen treffe ich Joscha. Es ist wohl schwer machbar, noch eine großflächige Hauttransplantation bis dahin zu organisieren.
Dann also: Schadensbegrenzung. Ich verhülle mich mit zwei Schals, als wäre ich Madonna, die unerkannt durch Köln schlendern will, und gehe auf direktem Weg zur nächsten Parfümerie. Ich werde mein gesamtes Hab und Gut in After-Sun-Produkte investieren. Koste es, was es wolle. Bis übermorgen muss ich wieder ohne meine Burka-Konstruktion auf die Straße gehen können.
»Wann, haben Sie gesagt, ist Ihr Termin?« Simone Schreiner sieht in mein Gesicht und kann das Entsetzen in ihrer Stimme nicht verbergen. Simone Schreiner ist Verkäuferin in der nächsten Douglas-Parfümerie, laut Namensschild »Visagistin und Beauty-Expertin« und dafür zuständig, mein »Lieber-Joscha-ich-kann-leider-nicht-kommen-weil-ich-ein-Krebs-geworden-bin«-Schicksal in letzter Minute abzuwenden.
»Übermorgen«, flüstere ich und drehe mich verschämt von zwei Damen mit Porzellanteint weg, die sich genau neben mir nach einer »unkomplizierten Feuchtigkeitscreme« erkundigen. Blöde Schnepfen.
»Schwierig, aber machbar«, sagt Frau Schreiner mit gedämpfter Stimme. »Bleiben Sie hier, ich kümmere mich um alles Weitere.«
Ich starre konzentriert auf den Boden, bis Frau Schreiner mich nach einer halben Ewigkeit erlöst.
»Ich habe mal eine Kleinigkeit zusammengestellt.« Gott bewahre. Frau Schreiner denkt in anderen Dimensionen. »Eine Kleinigkeit« sind bei ihr vier Tiegel, drei Cremes, zwei Masken und eine Feuchtigkeitskompresse. Will diese Frau einen ganzen Kontinent vor Sonnenbrand schützen?
Sie sieht meinen entsetzten Gesichtsausdruck und sagt mit scharfer Stimme: »Wollen Sie nun Ihren Termin übermorgen einigermaßen vorzeigbar wahrnehmen oder nicht?«
Absolvieren diese Douglas-Verkäuferinnen eigentlich psychologische Schulungen, in denen sie lernen, wie sie bei jedem Kunden gezielt den wunden Punkt finden und ihn nach Strich und Faden erpressen können?
Ich verhülle mich wieder und folge Frau Schreiner willenlos zur Kasse. Sie notiert noch auf einen kleinen Zettel, was ich wann wo wie aufschmieren soll, und sagt dann süffisant: »Ich lege Ihnen noch eine Probe bei, eine wunderbare Gesichtscreme von Chanel.« Was sie nicht sagt: Die »wunderbare Gesichtscreme« von Chanel beinhaltet lediglich zwei Milliliter, die sicher noch nicht einmal für ein Ohrläppchen reichen werden.
Ich gebe resigniert meine Geheimnummer für die EC-Zahlung ein und verlasse mit einem kleinen Tütchen, das meine Heilung, zwei Milliliter Gesichtscreme von Chanel und meinen finanziellen Ruin beinhaltet, den Laden. Eigentlich wollte ich, wenn ich jemals von einem Schuldenberater gefragt werde, wo das ganze Geld geblieben ist, ehrenhaft antworten: »Nun, ich habe vier Patenschaften für Kinder in Afrika und bezahle die Miete für das Pflegeheim meiner Oma.« Jetzt müsste ich wahrheitsgemäß sagen: »In After-Sun-Produkten.« Wie demütigend.
Den nächsten Tag verbringe ich im Hotelzimmer mit zugezogenen Gardinen. Ich sehe erst die Wiederholung von Richterin Barbara Salesch, dann Oliver Geißen (Thema: Mein Kind ist schwanger und nimmt Heroin), danach »Cosmo und Wanda – wenn Elfen helfen« auf RTL II und um achtzehn Uhr, natürlich als Vorbereitung für das Gespräch: »Verbotene Liebe«. Zwischen diesen kulturellen Highlights klingelt jede halbe Stunde mein Wecker und erinnert mich daran, dass ich mich neu eincremen muss. Was für ein Tag. Es ist zum Heulen. Da treffe ich einmal im Leben Joscha Kiefer und sehe aus wie ein englischer Tourist, über den ganz Mallorca lacht. Ich sah uns unseren ersten Hochzeitstag schon in der Karibik verbringen. In meinem Zustand bekomme ich noch nicht einmal eine zweite Verabredung mit ihm.
Am nächsten Morgen: erneuter Spiegelcheck. Ich habe den gesamten gestrigen Tag vermieden, in den Spiegel zu sehen, und fühl mich nun wie in einer Sendung, in der hässliche Frauen vier Wochen geschminkt, umoperiert und neu angezogen werden und danach eine komische Moderatorin den Vorhang vom Spiegel zieht. »So, Marlies, das bist du in neu.« Marlies bricht in Tränen aus und fällt ihrem Mann Rüdiger in die Arme. Der stottert: »Ist ja echt gut geworden.«
Also, Spieglein, Spieglein an der Wand: Wer ist die Schönste ... nein, vielleicht unpassend. Spieglein, Spieglein an der Wand: Wer hat keine roten Flecken mehr im ganzen Land? Ich öffne die Augen und beschließe, Frau Schreiner einen Fleurop-Strauß als Dankeschön zu schicken. Sie und ihre sündhaft teuren Cremes haben ganze Arbeit geleistet. Ich bin zwar immer noch rötlich, aber zumindest haben die Flecken eine Ebenmäßigkeit angenommen, dass man denken könnte, es gehöre zu meinem Teint.
Und: Im dunklen, schummrigen Licht des Badezimmers sehe ich fast schon ein wenig braun aus. Zu gerne würde ich Joscha Kiefer ja in einer Toilette treffen. Wahrscheinlich würde es ihn ein wenig irritieren, wenn ich ihm diese Location fürs Daten vorschlage. Aber eigentlich spricht doch nichts dagegen, dass ich irgendwann die Toilette aufsuche und ihn dann unter einem Vorwand hinterherlocke.
»Joscha«, könnte ich rufen. »Ich komm mit dem Wasserhahn nicht zurecht, könntest du mir kurz zeigen, wie er funktioniert?«
Bevor er dann denken kann »Sie kommt mit dem Wasserhahn nicht zurecht? Wie dämlich kann man eigentlich sein«, wird er mich in der Toilette sehen und nur noch eins denken: »Wow, die ist ja wirklich braun. Sieht verdammt gut aus.«
Ich freue mich gerade über mein ebenmäßig fleckiges Gesicht, da klingelt mein Handy.
SMS. Von Joscha. Wir können uns bei ihm zu Hause treffen!
Mein Gott, die Männer gehen aber auch ran heutzutage. Na ja, als Kevin Tarte mich in seine Garderobe lockte, konnte ich auch nicht ahnen, dass es nichts zu bedeuten hatte.
Also: Es hat gar nichts zu sagen, dass wir uns in seiner Wohnung treffen. Es ist völlige Routine für ihn. Es ist ganz normal. Wahrscheinlich hat er sogar eine Presselounge bei sich in der Wohnung, in der er regelmäßig öffentliche Pressekonferenzen abhält. Im Innern weiß ich natürlich, dass das Blödsinn ist. Es hat sehr wohl etwas zu bedeuten, dass ich zu ihm nach Hause kommen soll. Aber wenn man sich nur lange genug einredet, dass er wahrscheinlich am Eingang neben dem Schuhregal fertige Pressemappen liegen hat, hat man eine wunderbare Erklärung parat, wenn aus der ganzen Sache doch nichts wird. Mit dieser Methode ist man herrlich vor Enttäuschungen geschützt. Als Stefan mir nach dem dritten Semester eine silberne Kette mit einem Herz als Anhänger schenkte, redete ich mir ein, dass es nichts, aber auch absolut gar nichts zu bedeuten hätte. Als er dann tatsächlich nach unserem gemeinsamen Toskana-Urlaub zwei Jahre später mit mir Schluss machte, sagte ich zu Pia mit ernster Miene: »Siehst du, die Kette damals hatte er auch nur zufällig in der Tasche und wusste nicht, wem er sie sonst geben sollte.«
Wenn die Dinge allerdings anders verlaufen wären und Stefan mir während des Toskana-Urlaubs einen Antrag gemacht hätte, hätte ich natürlich die Kette als Vorbotin für Größeres gedeutet. »Siehst du«, hätte ich zu Pia gesagt. »Schon in dem Moment, als er mir die Kette schenkte, wusste ich, dass es bald so weit sein würde.«
Joschas Wohnung liegt in einer kleinen Reihenhaussiedlung in Köln-Ehrenfeld. Ziemlich unglamourös. Unprätentiös. Unschön. Wie doof, wenn einem nur Worte mit der Vorsilbe »un« einfallen. Die Straße erinnert mich an englische Arbeiterstädte. Gleich kommt mir bestimmt ein armer Junge entgegen, dessen Vater den Job im Bergbau wegen der Industrialisierung verloren hat und der nun furchtbar traurig und verloren in einem weißen Unterhemd durch die Straßen streunt. Na ja, wir müssen ja nicht ewig hier wohnen, denke ich, während ich nach der Hausnummer suche. Da plötzlich, da ist es: ein kleines Mehrfamilienhaus, im Erdgeschoss ein kleines Eiscafé.
Ich gehe am Eiscafé vorbei und erreiche die Eingangstür.
»Kiefer« steht auf einem der Klingelschilder. Wie harmlos es da steht. Kiefer. Hätte nicht »Traummann« draufstehen können? Mit zittrigen Fingern drücke ich auf die Klingel. Nur wenige Treppenstufen trennen mich vom großen Glück.
Ich warte. Nichts passiert. Sicher dauert es ein wenig, bis er den Champagner aus dem Kühlschrank geholt und in zwei zarte Gläser gefüllt hat. Ich warte geduldig. Wie begrüße ich ihn bloß? Wir treffen uns bei ihm zu Hause, das hat ja doch schon etwas Intimes. Vielleicht sollte ich ihn umarmen? Nein, ich kenn ihn ja gar nicht. Und er soll nicht denken, dass ich leicht zu haben bin und er nicht um mich kämpfen muss. Vielleicht zwei Küsschen auf die Wange? Aaaaaaaaah, ich überlege ernsthaft, ob ich Sebastian Graf von Lahnstein aus »Verbotene Liebe« küssen soll. Den Sebastian, den ich jeden Tag im Fernsehen sehe. Wie wunderbar ist das denn bitte? Ich warte und starre auf den Türknauf. Geh auf, geh auf, geh auf, beschwöre ich dieses dumme runde Stück. Nichts passiert. Plötzlich piept mein Handy, eine SMS. Sicher ist es Pia, die mir noch schnell viel Glück wünschen will. Dass ich mit Joscha zusammenkomme, liegt schließlich ganz in ihrem Interesse. Sie hat mich heute schon vier Mal angerufen, um mir weitere Informationen durchzugeben, die sie inzwischen recherchiert hatte.
»Backoffice an Außendienst«, kicherte sie in den Hörer, als ich gerade mit Karen und Tobias auf der Wiese lag. »Hast du was zu schreiben?«
Ich notierte, was Pia mir hektisch durchgab. Joschas Sternzeichen war Schütze, als Hobbys gab er »guter Wein« an, er fuhr gerne Snowboard, aß am liebsten koreanisch und sein Lieblingsfilm war »Motorcycle Diaries«.
»Machst du Witze?«, fragte ich entsetzt. Bis auf das Sternzeichen konnte ich mit nichts davon etwas anfangen. Ich kann guten Wein nicht von Fusel unterscheiden, stand noch niemals auf einem Snowboard und habe das in den nächsten fünfzig Jahren auch nicht vor, ich war noch niemals koreanisch essen und der Film sagte mir schon einmal gar nichts. Und trotzdem sollte ich laut Amors Botin Pia das Gespräch irgendwie galant auf diese Dinge bringen.
»Joscha, ich weiß ja nicht, wie du es siehst, aber ich finde ja guten Wein enorm wichtig. So ein guter Tropfen auf der Zunge – ach, das ist einfach herrlich. Und dazu, nun, ich sag mal, koreanisches Essen – das ist ein Traum. Ach ja, bevor ich es vergesse: Ich will im Winter wieder Snowboard fahren, ich liebe das. Wenn du möchtest, kannst du gerne mitkommen. Wir können uns auf der Skihütte sicher auch den Film »Motorcycle Diaries« ausleihen. Du musst wissen, das ist mein Lieblingsfilm.«
»Soll ich das so etwa sagen?«, fluchte ich den Hörer.
»Mein Gott, Hannah. Streng dich halt ein bisschen an. Du kannst die Infos ja stückweise einbauen, irgendwie ergibt sich schon die Gelegenheit. Warte, der Empfang wird schlecht, ich melde mich später noch mal.«
Ich krame mein Handy aus der Tasche. Sicher will Pia mir mitteilen, dass Joscha Kiefer in seiner Freizeit nicht nur Snowboard fährt, sondern auch noch gerne wandert. Und jetzt soll ich ihm durch die Blume verklickern, dass ich für mein Leben gern regelmäßig durch den Himalaja stapfe. Jetzt schon frustriert, öffne ich die SMS.
Oh Gott.
Sie ist von Joscha.
»Komme fünf Minuten später.«
Moooooooooment mal. Der ist gar nicht in seiner Wohnung? Er öffnet nicht gerade den Champagner? Er guckt nicht gerade auf dem Weg zur Haustür noch einmal in den Spiegel und fragt sich: »Ob ich wohl gut genug aussehe für Hannah Jensen?« Das darf doch nicht wahr sein.
Okay, Ruhe bewahren. Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder ich warte vor der Haustür und sage, wenn er kommt, so etwas Geistreiches wie: »Häh, hallo, ja, da bist du ja, äh, ich steh hier rum und warte«, oder aber ich setze mich in das Eiscafé, nehme seine Verspätung souverän und gelassen hin und sage dann: »Huch, da bist du ja. Kein Problem, dass du zu spät bist. Ich hab’s mir in der Zwischenzeit gemütlich gemacht, du hättest ruhig noch etwas später kommen können. Du musst wissen: Ich bin nämlich total unkompliziert und flexibel.«
Spontan entscheide ich mich für die zweite Option. Würdevoll betrete ich das Eiscafé. So würdevoll, wie man ein Eiscafé in einer englischen Arbeiterstadt, äh, Köln-Ehrenfeld, eben betreten kann.
11.05 Uhr
Vor fünf Minuten kam die »Komme fünf Minuten später«-SMS. Mein scharfsinniger Verstand sagt mir, dass es also genau in diesem Moment passieren müsste: Joscha wird am Fenster vorbeieilen (ihm ins Gesicht geschrieben ist das schlechte Gewissen, dass er mich hat warten lassen), ich werde an die Scheibe klopfen, kurz winken, er kommt rein, wir umarmen uns ganz selbstverständlich und er sagt: »Wollen wir gleich nach oben gehen? Zu mir?«
Leider passiert von alldem nichts. Das Einzige, was ich durch die Scheibe beobachten kann, ist eine alte Dame, die schwerfällig mit ihrem Rollator die Straße überquert.
11.10 Uhr
Von Joscha immer noch keine Spur. Mich würde nicht wundern, wenn gleich ein Büschel Stroh wie in alten Western durch die Straße wehte, das signalisiert: Hier ist mal so gar nichts mehr los.
Ich sitze direkt am Fenster, neben mir steht eine kleine Plastikpalme und schräg hinter mir sitzt der einzige Gast: ein älterer, dicker Mann mit Hund. Ich merke, dass ich unverhohlen zur Tür starre. Halt, ich darf nicht starren. Denn das sieht so aus, als würde ich warten. Natürlich warte ich. Aber offiziell genieße ich die Zeit und bin furchtbar entspannt.
11.15 Uhr
Die Kellnerin bringt mir einen Milchkaffee. Wenn ich zufrieden in einem frischen Milchkaffee rühre, wenn Joscha mich entdeckt, unterstreicht das noch einmal die Behauptung, dass ich überhaupt nicht warte, sondern mich richtig wohlfühle. Ich fange an, ganz langsam im Milchschaum zu rühren.
»Tatjana, machste mir auch noch so einen Milschkaffee?«, ruft der dicke Mann mit dem Hund der Kellnerin zu. Diese nickt. Der Mann nickt mir zu. Ich nicke zurück. Und starre auf die Tür. Und auf mein Handy. Verdammt, wo bleibt der denn? Langsam werde ich nervös. Der Mann lacht. »Warten Se auf jemanden, junge Dame?«
11.30 Uhr
Der Mann heißt Heinz und der Hund Herr Fritz. Ich weiß inzwischen von Heinz, dass er gelernter Flugzeugmechaniker, seit fünf Jahren aber in Rente ist. Seine Frau Irene will unbedingt nach Spanien auswandern. Nach Malaga. Oder »Barzelona«. Aber Heinz will nicht. »Könn Se mir sagen, wat isch da soll? Mein Herz schlägt fürs Rheinland. Natürlisch schlägts auch für Irene. Aber isch hab in meinem Leben allet für dat Irene gemacht, jetzt muss sie sisch mal nach mir richten.« Heinz lacht. »Mer bleibe in Kölle.« Er lacht wieder.
11.35 UHR
Ich friere. Zum ersten Mal im Leben wollte ich nicht die Frau im Wollpullover sein. Zum ersten Mal wollte ich die Frau sein, bei der andere denken: Friert die nicht?
Wenn Kate Moss in meinem Kleid zu den Prêt-à-porter-Schauen in Paris gehen würde, würden die Zeitungen am nächsten Tag schreiben: »Sie kam in einem Hauch von nichts.« Doch leider bin ich weder Kate Moss, noch besuche ich gerade eine Prêt-à-porter-Show in Paris, sondern sitze in einem Eiscafé in Köln-Ehrenfeld. Und das ist leider so gebaut, dass es nicht für Mitteleuropa geeignet ist. Kalte Fliesen treffen auf kalte Plastikstühle und kleine Fenster, die jeden einzelnen Sonnenstrahl entschieden nach draußen verbannen. In diesem Eiscafé wäre man wunderbar aufgehoben, wenn man sich in Neapel bei 40 Grad in einen dunklen, kühlen Raum flüchten will und dann erleichtert seine verschwitzten Oberschenkel am kühlen Plastikstuhl schubbert. Doch Köln ist nicht Neapel. Dieses Eiscafé ist eindeutig im falschen Körper geboren.
Kleiner Trost: Die Lichtverhältnisse hier ähneln denen einer Toilette. Heißt: Ich sehe verdammt braun aus, wenn man nicht genau hinsieht.
11.50 UHR
Herr Fritz hat sich auf meine Füße gelegt. Und Heinz erzählt mir von seinen Frauen, der Liebe und den drei großen Grundsätzen: Frauen haben immer recht. Männer halten Frauen die Tür auf. Män - ner sollten beim Ausgeben großzügig sein und in der Treue kleinlich.
Wo gibt es bloß Männer in meinem Alter, die so wie Heinz sind?
Heinz und ich bestellen beide unseren vierten Milchkaffee. Ich habe Herzklopfen und weiß nicht, ob es am Kaffee, an Heinz, an Herrn Fritz auf meinen Füßen oder doch an Sebastian von Lahnstein liegt. Ich würde ihm wahrscheinlich auch verzeihen, wenn er in fünf Jahren mich in diesem Eiscafé abholen würde und RTL inzwischen schon eine Doku-Soap über mich gedreht hätte: »Über die Frau, die im Eiscafé lebt«.
12.00 Uhr
»Liebschen, isch muss mal wat sagen: Eine Frau lässt man nicht warten. Eine wie Sie schon gar nicht.« Heinz lacht. »Der Mann, auf den Sie warten, muss zumindest Ihre Milschkaffees bezahlen.«
»Ich glaube, das wird nichts«, sage ich. »Schließlich will ich ja was von ihm. Ich war es ja, die um das Treffen gebeten hat.«
»Papperlapapp, der bezahlt Ihre Milschkaffees, das ist dat Wenigste, was der machen kann. Isch kann dem dat auch sagen, wenn er kommt.«
Ja, wenn er denn kommt, denke ich. Und wenn ihm etwas passiert ist? Vielleicht sollte ich mal lieber in allen Krankenhäusern der Stadt anrufen und mich erkundigen, ob ein Joscha Kiefer eingeliefert wurde? Stattdessen vergnüge ich mich mit Heinz und Herrn Fritz. Ich schäme mich.
12.15 Uhr
Ein Auto kommt um die Ecke gerast und hält direkt vor dem Eiscafé. Sebastian von Lahnstein himself alias Joscha Kiefer springt heraus. Aaaaaah, der sieht wirklich so aus wie im Fernsehen. Mein persönliches Drehbuch kann endlich in die Tat umgesetzt werden.
Erster Akt: Ich klopfe von innen an die Scheibe.
Zweiter Akt: Er kommt herein.
Dritter Akt (der die Begrüßung beinhaltet und dadurch für den weiteren Verlauf der Dinge maßgeblich ist): Ich springe auf. Und ... und ... und gebe ihm unbeholfen die Hand. Von wegen Küsschen und Umarmung und erste Bande knüpfen. Ich könnte mich ohrfeigen, was war das denn? Die Hand geben – geht es formeller und anonymer? Egal, Haltung bewahren. Noch ist nichts verloren.
»Sorry für die Verspätung«, sagt er ein wenig kurzatmig.
»Kein Problem«, säusle ich, lächle sanft und lege den Kopf schief.
»Wir können auch hier bleiben fürs Gespräch, oder?«
»Äh, ja klar«, antworte ich ein wenig irritiert. Ich hatte mich doch schon so auf seine Wohnung gefreut. So eine Wohnung (schwarze Ledercouch? Stilvolles Weiß? Marmor im Bad?) sagt schließlich auch viel aus über einen Menschen.
»Ja, dann fangen wir mal an«, sage ich zaghaft. Hinter Joschas Rücken sehe ich Heinz, der mir aufmunternd zunickt und mir mit seiner Tasse Milchkaffee zuprostet.
»Wie ist es denn so, in einer Soap mitzuspielen?«, frage ich und könnte schon, bevor ich die Frage zu Ende gestellt habe, im Erdboden versinken. Das klingt ja wirklich nach einem Bravo-Fantreffen. Die dreizehnjährige Hannah (sitzt rot wie eine Tomate im Publikum und kichert mit ihrer Freundin unbeholfen in die Kamera) möchte gerne wissen, wie es denn so ist, in einer Soap mitzuspielen. Schnell irgendetwas Schlaues hinterher.
»Ich meine, es ist doch sicher anstrengend, oder? Ich habe mal gehört, dass das Drehpensum sehr hoch sein soll.« Schon besser. »Drehpensum« könnte man mit gutem Willen als Fremdwort durchgehen lassen. Jetzt weiß er gleich, mit welcher außerordentlich intelligenten und aufgeweckten Frau er es zu tun hat.
»Auf jeden Fall. Man hat eigentlich nie Freizeit«, sagt Joscha.
Der Arme. Er wirkt abgespannt. Oder bilde ich mir das ein? Na ja, auch wenn er es nicht ist: Ich würde auf jeden Fall dafür sorgen, dass es gar nicht erst so weit kommt. Emanzipation hin oder her. Ich würde mich in unserer Beziehung um den Haushalt kümmern, sodass er sich abends nach Feierabend ganz fallen lassen könnte. Hinter jedem erfolgreichen Mann steht schließlich eine aktive Frau. Ich wäre dann wie die Frau aus der Staubsaugerwerbung, die gefragt wird: »Und was machen Sie beruflich?« Sie antwortet dann: »Ich führe ein kleines, erfolgreiches Familienunternehmen«, und im Hintergrund sieht man, wie sie sich um die Kinder kümmert, kocht und abends den Mann strahlend an der Haustür empfängt. Ach herrlich, genau das wäre ich. Und mein erfolgreiches Familienunternehmen wären Joscha und unsere Kinder, mitsamt dem getöpferten Klingelschild.
Wenn ich jetzt zu Joscha sage, dass ich die Frau aus der Staubsaugerwerbung bin, wäre das wahrscheinlich ein zu großer Gedankensprung. Ich überlege gerade, wie ich einen guten Übergang hinbekomme, da nimmt Joscha das Gespräch in die Hand.
»Ich würde ja eigentlich auch lieber Theater spielen.«
»Was?«, stoße ich hervor und könnte mich schon wieder ohrfeigen. Denn es gibt ja bekanntlich zwei Arten des Wortes »was«. Einmal das interessierte, beiläufige, sympathische und mehr-wissenwollende »Was« und dann das panische, verräterische und dumpfe »Was«. Ich befürchte, mein »Was« gehörte eindeutig in die zweite Kategorie.
»Ich meine, die Soap ist halt nicht wirklich tiefgründig.«
Ich muss schlucken. Dreiecksbeziehungen, Erpressungen, Entführungen und uneheliche Kinder sollen nicht tiefgründig sein? Pia und ich haben mal ein großes VerboteneLiebe-Schaubild gemalt, damit wir noch den Überblick behalten, wer mit wem zusammen ist oder mal zusammen war oder zusammenkommen wird. Das war mehr als kompliziert und hat uns einen ganzen Sonntagnachmittag gekostet. Und jetzt will er mir sagen, dass es nicht tiefgründig ist?
»Wie meinst du denn das?«, frage ich vorsichtig.
»Na ja, es ist halt so geschrieben, dass es auch wirklich jeder versteht. Man verdummt dabei irgendwie.«
Das saß. Ich muss schlucken. Aber wahrscheinlich ist es genau dieser Satz, mit dem ich ihn in unserer Beziehung später necken werde.
»Weiß du noch, wie du gesagt hast, dass man dabei verdummt?«
»Das hat dich ganz schön getroffen, was?«, wird er sagen und mich durchkitzeln, bis ich vor Lachen Bauchweh habe.
Also nächster Vorstoß. Jetzt wird es wichtig.
»Und wie findest du deine Rolle? Den Sebastian von Lahnstein? Kannst du dich mit ihm identifizieren?«
Eigentlich müsste er jetzt sagen: »Die Rolle ist mir auf den Leib geschrieben worden. Er ist ich. Ich bin er.« Wenn er mich dann auch noch fragen würde: »Magst du ihn denn?«, würde ich einmal im Leben mutig sein und ihm spontan um den Hals fallen.
»Ich finde ihn furchtbar«, sagt Joscha und sieht mir in die Augen.
»Wie bitte?«
»Na ja, der Sebastian von Lahnstein ist doch kein richtiger Mann. Kein echter Mann würde einer Frau so lange hinterherlaufen. Er wirkt halt voll schleimig und fast schon stalkermäßig. Da sind Männer dann schon etwas egoistischer in Wirklichkeit.«
Alptraum! Alptraum! Alptraum?
»Man wird außerdem nicht als Schauspieler wahrgenommen. Letztens hat mir jemand mitten auf der Straße ›Ey, man poppt nicht mit der Alten seiner Freundin!‹ hinterhergerufen. Was soll man dazu noch sagen?«
Joscha Kiefer sieht mich an. Ich bin sicher die Falsche, um ihm diese Frage zu beantworten. Ich denke zwar nicht, dass er in Wirklichkeit mit der Mutter seiner Freundin eine Affäre hatte, aber trotzdem bin ich – ich muss mich korrigieren – war ich bis vor Kurzem davon überzeugt, dass er Sebastian von Lahnstein ist.
Letzter Versuch, ihm sein wahres Ich zu entlocken.
»Mal etwas ganz anderes«, sage ich möglichst lässig und lache kurz verkrampft. »Magst du denn die Klamotten, die Sebastian von Lahnstein in der Serie immer trägt? Würdest du dir die auch privat kaufen?«
»Um Himmels willen, nein«, ruft Joscha Kiefer. »Der sieht doch immer voll schlimm aus. Beim Dreh heute musste ich zum Beispiel einen weißen Anzug tragen. Hallo? Gibt es etwas Hässlicheres?«
Oh Gott, ich erinnere mich an einen Dialog mit Pia. Wir saßen in Hamburg in einem Strandcafé und begutachteten die vorbeigehenden Männer. »Also, ein Mann im weißen Anzug kann im Sommer eigentlich nichts falsch machen«, hatten wir festgestellt und auf alle Männer der Welt in weißen Anzügen geprostet.
Ich gebe auf.
»Ja, ich glaube, das war’s. Vielen Dank dann fürs Gespräch.« Wir geben uns die Hände, er lächelt mir zu, ich bin drauf und dran, wieder dahinzuschmelzen. Nein. Stopp. Das ist nicht Sebastian von Lahnstein. Auch wenn es nicht so aussieht: Das ist eine ganz andere Person.
»Mach’s gut«, sagt er und geht. Er winkt noch einmal. Ich winke.
Das Publikum applaudiert verhalten.
Ein Liebesspiel in drei Akten wurde angekündigt, herausgekommen ist eine Mischung aus Drama und Trauerspiel.
»Und?«, fragt Heinz. »Hat sisch die ganze Warterei jelohnt?«
»Ja«, sage ich kleinlaut. »Und irgendwie auch nicht.« Ich ziehe die Jacke an und schwöre mir, nie wieder für einen Mann zu frieren.
Ich laufe lethargisch und all meiner Träume beraubt zurück zur Straßenbahn. Ich fühle mich, als hätte ich eine Kreuzfahrt nach Atlantis gebucht, und kurz vor dem Auslaufen des Schiffes sagt mir der erste Offizier, dass es diese Insel gar nicht gibt.
Das Handy klingelt.
»Forbidden love ...«, höre ich eine Stimme am anderen Ende der Leitung singen. Pia singt die Titelmelodie der »Verbotenen Liebe« und ich könnte sofort weinen. »... goes straight to your heart.« Kichern. »Und erzähl? Wie wars? Kann ich auch mal mit zum Set kommen?«
»Pia, kannst du mich heute Abend vom Bahnhof abholen? Ich brauche seelische Unterstützung.«
»Warum? Lief es nicht gut?«
»Doch, eigentlich schon. Er ist super toll. Aber er ist eben nicht Sebastian von Lahnstein.«
»Ich versteh dich so schlecht, Hannah. Was ist er nicht?«
»Er ist nicht Sebastian von Lahnstein«, schreie ich in den Hörer, und es kommt mir so vor, als würde die gesamte Linie 13 kollektiv entrüstet den Kopf schütteln.
»Ich kann jetzt nicht sprechen. Mein Zug kommt um 21.12 Uhr am Hauptbahnhof an.«
»Alles klar, ich werde da sein. Halte durch.«
Ich fahre nach Hamburg zurück. Welche Enttäuschung. Sebastian Graf von Lahnstein gibt es nicht. Am Bahnhof hieve ich meine Koffer alleine aus dem Zug, auf diesen Bandscheibenvorfall kommt es jetzt auch nicht mehr an, schließlich habe ich bereits eine schwerwiegende Fraktur in der Herzgegend. Am Ende des Gleises sehe ich schemenhaft Retterin Pia. Sie kommt mit schnellen Schritten auf mich zu.
»Mensch, Mäuschen«, sagt sie. »Wenn man dich so sieht, könnte man meinen, dass du gerade aus dem Frauenhaus geflohen bist.«
»So fühle ich mich auch. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass es den Mann, der mich geschlagen hat, gar nicht gibt.«