12

 

 

Jemand lachte. Es war ein rauher, spöttischer Laut, der vermutlich zu einem Brokelsh gehörte.

Meine Nase fühlte sich an, als würde sie jetzt bis zu den Ohrläppchen reichen. Der Zusammenstoß trieb mir Tränen in die Augen. Ich schüttelte ungläubig den Kopf.

»Jeder würde glauben, du wärst zu dumm, eine Banane zu schälen«, sagte eine andere laute Stimme. »Brassud! Reiß dich zusammen. Bei Jakar! Läuft direkt in eine Wand! Welch ein Fambly!«

Das rauhe Gelächter setzte wieder ein, und sein Besitzer brüllte: »Vermutlich den ganzen Tag an der Flasche gehangen, Deldar.«

»Aye. Und jetzt scher dich auf deinen Posten! Bratch!«

»Quidang!« stieß ich in einem Tonfall hervor, der wie zerbröckelnder Marmor knirschte.

Ich konnte wieder sehen, obwohl mir noch immer alle Farben des Regenbogens vor den Augen tanzten. Es gab keine verdammte Wand am Rand der Plattform, nur den Ausblick über den Weg und den Wald. Der Deldar war ein typischer Vertreter seiner Zunft, und mehr mußte man nicht wissen. Stämmig und verschwitzt spannten sich die Bronzeschuppen seiner Rüstung über seinen Körper, seine Hamsterbacken waren gerötet, und er warf mir einen strengen Blick zu, drehte sich ruckartig um und marschierte ausgesprochen soldatisch davon.

Der Brokelsh, der noch immer über meine Dummheit lachte, trug dieselbe Uniform wie ich auch. Er sah mich mißtrauisch an und verstummte. »Hab dich hier noch nie gesehen. Bist du neu?«

»Aye.«

»Haben sie es dir in der Wachstube nicht gesagt?« Er fing wieder an zu lachen. »Natürlich nicht! Sie lieben ihre kleinen Scherze.« Er stieß den Finger in die Luft. Ein Laut ertönte, als hätte er gegen eine Glasscheibe geklopft. »Verstehst du jetzt, Fambly?«

»Aye.«

»Du redest nicht viel, was?« Meine Einsilbigkeit ließ ihn die Stirn runzeln.

Wir standen offenbar in einem Korridor innerhalb des Bergmassives. Der Deldar war losmarschiert, und als ich ihm nachgesehen hatte, war er einfach verschwunden gewesen. Zweifellos waren am Ende des Korridors weitere Illusionen am Werk. Wir standen in Wirklichkeit gar nicht im hellen Schein der Sonnen, es gab gar kein bewaldetes Tal, und wenn dieser verdammte haarige Brokelsh nicht schleunigst seine schwarzzähnige Weinschnute hielt, konnte es passieren, daß man sie ihm schloß. Ich zügelte meine Wut. Hier gab es eine Menge zu erfahren, bei Krun, und je schneller ich etwas in Erfahrung brachte, desto besser.

Die Körperbehaarung des Brokelsh war sehr schwarz. »Wie heißt du?«

»Ortyg.«

Er kniff die Augen zusammen. »Ortyg der Wandzertrümmerer! So werden wir dich nennen.« Er lachte übertrieben. Diesen Einfall fand er nicht nur sehr witzig, sondern auch außerordentlich geistreich.

Ich hielt meine schwarzzähnige alte Weinschnute fest geschlossen.

»Ich bin Bancur, den man den Bansun nennt. Nun, wir brauchen ab jetzt mehr Wachen.«

All das ohne ein Lahal, wie es sich gehört hätte.

Mehr Wachen ... Waren sie nötig geworden, weil man das Prisma der Macht in die Tempelfestung von Santoro gebracht hatte? Das mußte die Erklärung sein.

Wie Sie wissen, sind die Brokelsh ein ziemlich ungehobelter Haufen. Viele der kregischen Diff-Rassen halten es für einen großen Spaß, sich bei Festen aller Art zu prügeln. Brokelsh gehen diesem unterhaltsamen Zeitvertreib auf besonders extreme Weise nach. Sie teilen mächtige Schläge aus und brechen dann, den Arm um die Schulter des Nebenmannes gelegt, auf einem Haufen zusammen, als die allerbesten Kameraden. Natürlich ist auf der Erde ein solch irrationales Verhalten nicht ganz unbekannt. Ich hatte einige Brokelsh gut kennengelernt, sie waren Kameraden geworden, und wir hatten Abenteuer überstanden. So überraschte es mich keineswegs, als dieser Bancur der Bansun mich fragte, ob ich Dienstschluß hätte und auf mein Nicken hin vorschlug, in der Messe gemeinsam etwas zu trinken. Schließlich war es Abend.

Als wir die Stelle erreichten, an der der Deldar verschwunden war, fühlte ich ein Kribbeln, das meinen ganzen Körper erfaßte. Der nächste Schritt brachte mich in einen Gang aus Mauerwerk, der bis zu diesem Augenblick unsichtbar gewesen war. Ein Blick zurück enthüllte mir, daß die Aussicht auf den Wald von der Wand abgelöst worden war.

Also hatten sie in Santoro einen Illusionszauberer in ihren Diensten. Das bedeutete, daß ich meinen Augen nicht trauen durfte. Ich mußte soviel wie möglich über diesen Ort in Erfahrung bringen, und zwar schnell!

Der Gang führte in einen von hektischem Treiben erfüllten Raum, in dem Wachen beiderlei Geschlechts kamen und gingen. In der Ecke gab es etwa in Manneshöhe eine viereckige schwarze Öffnung in der Decke, aus der sich Füße und Beine herabsenkten. Eine hölzerne, von Seilen gehaltene Plattform transportierte eine Gruppe von Männern nach unten. Bancur beschleunigte seinen Schritt, und als die Neuankömmlinge in den Raum traten, sprang er auf den Lift.

»Komm schon!«

Drei oder vier andere gesellten sich zu uns, ein geflochtenes rotes Seil wurde gezogen, um das Signal zu geben, und die Plattform stieg in die Höhe.

Ich rechnete mit einer ruckartigen Fahrt, wurde aber von der Sanftheit des Aufstiegs überrascht. Unterwegs flackerte Laternenlicht über die Wände.

Nach ein paar Minuten hatten wir das nächste Stockwerk erreicht und blieben in einer hell erleuchteten Halle stehen. Ausgeruhte Leute warteten schon auf den Aufzug. Bancur ging beschwingten Schritts vor, getrieben von der offensichtlichen Vorfreude auf den ersten kühlen Schluck. Nach diversen Gängen und einigen Türen kamen wir in die Messe. Die Luft roch nach abgestandenem Ale.

Hier entspannten sich die Soldaten nach ihrem Dienst. Der Boden war mit Stroh bestreut, die Tische waren wie die nicht sonderlich bequemen Bänke aus solidem Holz gezimmert, und Diener liefen eilig mit Töpfen und Krügen herum.

Eine Konversation mit einem Brokelsh geht nur unter außergewöhnlichen Umständen über das Nötigste hinaus, so hatte Bancurs Bemerkung über meine Wortkargheit ein größeres Gewicht, als wäre sie vom Mitglied einer anderen Diff-Rasse gekommen. Er stellte die üblichen Fragen nach meinem Geburtsort, der Dauer meiner Zugehörigkeit zu den Paktuns und den Feldzügen, an denen ich teilgenommen hatte. Ich konnte ihm alles mit flinken Lügen beantworten. Ich sagte ihm, ich hätte mich gerade umgesehen, als ich vor die unsichtbare Wand gelaufen sei.

Zwei Krüge von gewaltigen Ausmaßen wurden vor uns abgestellt, und wir prosteten uns zu und tranken in Freundschaft. »Sie machen hier einen guten Frazzer. Probier ihn.«

Ich wischte mir Schaum von der Lippe und nickte.

Wie sich herausstellte, bestand der Frazzer aus einer Unterlage aus importiertem Reis, die mit Fleischsorten ungewisser Herkunft, verschiedenen Gemüsen und Paprika überladen und mit einer bösartig aussehenden roten Soße getränkt war. »Es ist heiß, Ortyg.«

Hungrig, wie ich war, machte ich mich über die Mahlzeit her. Mein Val! Es war heiß!

Der Schweiß brach mir aus. Tapfer löffelte ich weiter. Das brachte jeden Kämpfer wieder auf die Beine, soviel stand fest, bei Djan!

Es bereitete Bancur nicht die geringste Mühe, gleichzeitig zu essen und zu reden. Das können die meisten Brokelsh, ob nun wortkarg oder nicht.

Er machte eine Bemerkung über den Namen, unter dem ich mich ihm vorgestellt hatte, und erzählte dann, sein Vater sei Schmied wie schon sein Großvater und sein Urgroßvater. »Mein Alter wollte immer Waffenschmied werden, aber da gab es natürlich keine Lehrstelle. Er mußte der Tradition folgen.«

Bancur erwähnte es nicht, aber in vielen Gegenden Kregens hüten die Waffenschmiede die magischen Geheimnisse ihres Handwerks eifersüchtig. Die Söhne folgen den Vätern, alles bleibt in der Familie; meiner Einschätzung nach waren die Chancen von Bancurs Vater, da hineinzukommen, etwa so groß, wie in einer Herrelldrinischen Hölle Eiswürfel herzustellen. Andererseits konnten auch Schmiede Erfolg haben; vielleicht schaffte er es ja.

Das brachte das Gespräch auf die mangelnde Qualität von Waffen.

Dieser haarige Vertreter seiner Rasse hatte fleißig gespart, um sich aus Kildrin eine Waffe aus der dortigen überlegenen Herstellung kommen zu lassen. Er berührte den Griff. »Das hier zerbricht nicht, wenn ich jemanden damit treffe.«

Wir mußten für die Mahlzeit nicht zahlen; die Verpflegung war frei. Ein zweiter gewaltiger Krug Ale war erforderlich, um das Feuer in meinem Mund zu löschen. Bancur lachte heiser, wie es für ihn typisch war.

»Ich habe es dir gesagt!«

Er bemerkte, daß wohl auch ich einen Braxter aus Kildrin im Gürtel stecken habe; dann teilte er mir mit, er habe später am Abend ein Rendezvous mit einer außerordentlich charmanten Shishi. Plötzlich stand er auf typische Brokelsh-Art abrupt auf und ging. Ich blieb sitzen und trank aus.

Meine Jungs draußen in der menschenfeindlichen Landschaft würden sich für die Nacht schon einrichten; ihnen blieb nichts anderes übrig, als auf meine Rückkehr zu warten. Ich sparte mir die Mühe, über die Möglichkeit nachzudenken, daß ich vielleicht nicht zurückkehren würde. Ich war im Auftrag der Everoinye unterwegs, aus diesem Grund konnte ich mir ein Versagen nicht leisten.

Dieser Gedanke brachte das Unbehagen, das mich schon die ganze Zeit unterbewußt gequält hatte, schlagartig in den Vordergrund und verwandelte es in Selbstvorwürfe. Mir war klar, daß mir ein böser Fehler unterlaufen war. Ich hätte den armen Teufel von Wächter, dem ich meine verrußten Lumpen übergestreift hatte, in den Abgrund stürzen müssen. Aber seine Leiche auf diese Art zu schänden kam für mich damals ebensowenig in Frage wie heute. Er würde Freunde haben. Man würde ihn erkennen. Er würde kein Rätsel darstellen, wie ich närrischerweise gedacht hatte. Im Gegenteil, es war offensichtlich, was sich hier abgespielt hatte.

Sofort hatte ich das Gefühl, daß sich alle Augen in der Messe auf mich richteten. Der Eindruck wurde unerträglich, auch wenn er nur ein Produkt meiner Einbildung war. Also stand ich unauffällig auf, wischte mir den Mund ab und ging hinaus.

Es galt zwei Dinge zu bedenken: von der einen Sache war ich fest überzeugt, die andere war recht wahrscheinlich. Glücklicherweise hatte die eine mit der anderen zu tun. Erstens: ich mußte diese Uniform loswerden, und zwar schnell! Zweitens: In den inneren Gemächern würde aller Wahrscheinlichkeit nach eine andere, besser qualifizierte Wache in kostbarerer Uniform postiert stehen. Die Katakis waren im Augenblick nicht mehr im Spiel; zumindest nahm ich das an. Also stand mein Plan fest.

Niemand nahm von mir Notiz, als ich wie jeder andere dienstfreie Paktun auch durch die Korridore schlenderte. Hier herrschte ein emsiges Treiben. Wir hatten nur den einen Schweber zur Landung ansetzen gesehen, und so war ich mir ziemlich sicher, daß mein Saufkumpan Hyslop nicht an Bord gewesen war. Er war nicht wichtig genug. Ich ging weiter.

Als ich auf eine breite Treppe nach oben stieß, stieg ich hinauf.

Ich kam zu einem langgestreckten Korridor, der von den letzten, durch eine Reihe schmaler Fenster einfallenden Sonnenstrahlen erhellt wurde. Das hier war eine Verteidigungsgalerie, von der aus man einen allumfassenden Blick auf ein angreifendes Heer hatte. Am anderen Ende führte eine weitere Treppe zu einer Galerie voller Varter, deren Mündungen über die Felswand hinausragten. Überall waren Soldaten. Ihre Uniform ähnelte der meinen.

Wieder nahm niemand Notiz von mir.

Wie lange das noch gutgehen würde, vermochte ich nicht zu sagen. Und nach diversen Gängen und Gemächern stieß ich schließlich wie erwartet auf eine große Halle, an deren Ende anders uniformierte Soldaten ihrer Tätigkeit nachgingen. Ich trat lautlos in den Schatten einer Säule.

Das also war das Gebiet, das die Grenze zwischen dem Territorium der inneren und äußeren Wachen markierte. Und – bei Krun! – nicht nur das Territorium, sondern auch den Zuständigkeitsbereich und die dazugehörige Autorität. Hatte ich mich bis hierher vorsehen müssen, so mußte ich von jetzt an doppelt auf der Hut sein.

Die eine Wand wurde von Fenstern durchbrochen, die wesentlich breiter als die einige Etagen darunter befindlichen Schießscharten waren. Zweifellos waren die Architekten der Festung der Überzeugung gewesen, daß sie, wenn eine Angriffsstreitmacht bis hierher vordringen konnte, sowieso alle tot sein würden. Der Hauptangriff würde natürlich aus der Luft kommen. Dort würde es unüberwindliche Verteidigungsstellungen geben. Und genau dort lag mein Ziel.

Auf der anderen Seite der Halle führten Durchgänge und Türen in ein wahres Labyrinth von Gängen und Räumen: Lagerräume, Schreibgemächer, Ruhegemächer, Waschgelegenheiten und dergleichen mehr. Ich setzte mich entschlossen in Bewegung und eilte durch die Korridore. Ich hatte einen harten Tag hinter mir, aber ein treuer junger Mann – der zum richtigen Zeitpunkt auf die korrekte Weise betrauert werden würde – war den Flammentod gestorben; außerdem stellte sich mir hier eine schwierige Aufgabe, also blieb keine Zeit für Müdigkeit. Die Herren der Sterne hatten mir versichert, daß für die Mission in Kildrin genügend Zeit da gewesen war, aber galt das noch immer? Waren die Verrückte C'Chermina und ihre gleichermaßen verrückten Priester bereit, die Ibmanzys von der Leine zu lassen? Ich kann Ihnen sagen, diese Vorstellung trieb mir den Schweiß auf die Stirn, bei Vox!

Der Bursche, auf den ich es abgesehen hatte, stellte sich mir genau dort in den Weg, wo ich mit ihm gerechnet hatte. Die Waschräume lagen verlassen da, und er warf mir einen grimmigen, verächtlichen Blick zu. »Du hast hier nichts zu suchen, Blintz. Hier ist reserviert für die Palastwache. Schtump! Verschwinde!«

Ihm blieb keine Zeit, weitere Beschimpfungen von sich zu geben, denn ich trat vor ihn hin, schickte ihn im Stehen ins Traumland und fing ihn auf. Die Uniform sollte auf keinen Fall schmutzig werden.

Er war nicht die erste Palastwache, die mir begegnet war. Diese hier trug endlich eine Uniform, die so gerade eben über meine Schultern passen würde. Ich zog mich um, setzte ihn in einem Abort ab, verriegelte die Kabinentür von innen und kletterte darüber. Er würde noch einige Zeit bewußtlos sein. Wenn er dann aufwachte, würde er versuchen, sich von den Fesseln und dem Knebel zu befreien. Doch es hätte mich sehr überrascht, wenn er das schaffen würde, bevor der ständig besetzte Abort Verdacht erregte. Die Fesseln waren mit Knoten versehen, die dafür berüchtigt waren, nur unter großen Schwierigkeiten gelöst werden zu können.

Sein Braxter war ein Qualitätsschwert, also steckte ich ihn ein und warf den anderen zusammen mit der abgelegten Uniform in den Abfallkorb. Als ich den Waschraum mit festem Schritt verließ, war ich davon überzeugt, nun etwas mehr Zeit zur Verfügung zu haben, bevor die Vosk den Hühnerstall aufscheuchten, wie man in Clishdrin sagt.

Der ehemalige Besitzer dieser neuen Uniform war ein Mort-Paktun, und ich vergewisserte mich, daß der Pakmort silbern an meinem Hals schimmerte. Sein Pakai hatte keine beeindruckende Länge, aber immerhin gab es drei Goldringe unter dem ganzen Silber.

Jenseits der nächsten Korridore befand sich ein dreieckiger Spalt in der Decke. Flackernder Fackelschein erhellte die Dunkelheit. Leute warteten geduldig. Ich blieb stehen. Ein hölzerner Transportkorb senkte sich quietschend und unter dem Gerumpel eines Räderwerks durch den Spalt. Die Architekten von Santoro hatten hier ihr Geschick unter Beweis gestellt; statt einen senkrechten Schacht für den Aufzug ins Gestein zu schlagen, hatten sie sich den Fünfundvierzig-Grad-Winkel zu Nutzen gemacht. Der Aufzug kam zum Stehen, Leute stiegen ein und aus, und ich schloß mich ihnen an. Mit einem gewaltigen, ächzenden Ruck begannen wir mit der Fahrt nach oben.

Und genau in diesem Augenblick durchzuckte mich eine beängstigende Befürchtung. Vielleicht gab es in Wirklichkeit mehr als zwei Wachmannschaften. Vielleicht gehörte die Einheit, deren Uniform ich trug, nicht zu den Bewachern des Inneren. Vielleicht gab es drei verschiedene Einheiten. Ich war jetzt Mitglied des Zweiten Wachbataillons; die Erste Juruk dort oben würde mich vermutlich rauswerfen, wenn sie mich nicht auf der Stelle verhaftete.

Der Transportkorb schob sich quietschend die glatte Steigung hinauf, und ich verwarf diese erbärmlichen, miesmacherischen, düsteren Gedanken.

Oben stieg alles aus, und soviel ich den Bemerkungen entnehmen konnte, befanden sich alle auf dem Weg zu den Vergnügungen des Abends, bevor sie sich schlafen legten. Die Männer wandten sich lachend und miteinander plaudernd nach rechts. Ich verharrte einen kurzen Augenblick lang und schlug die linke Richtung ein.

Nach dem Lärm des vom Dienst kommenden Personals war die Stille des vor mir liegenden Korridors besonders ausgeprägt. Es war keine Menschenseele zu sehen. Eine Treppe mit breiten Stufen führte zu einem Absatz, änderte die Richtung und ging weiter in die Höhe. Die Stufen mündeten in einer großen, hell erleuchteten Halle. Vor der imponierenden Flügeltür am anderen Ende, die mit blutroten Motiven aus der Tierwelt verziert war, stand ein Posten, dessen Uniform sich deutlich von der meinen unterschied.

Ich ging ruhig auf ihn zu. Er war ein muskulöser Apim, der den Eindruck eines erfahrenen Söldners machte.

»Hey, Dom! Du mußt dich verlaufen haben. Deinesgleichen ist der Aufenthalt hier verboten. Das sind die Quartiere der Priester.«

Ich sagte »Oh, vielen Dank«, griff nach ihm und versetzte ihn in Schlaf. Dabei ging ich behutsam mit ihm um, denn er war freundlich gewesen und offenbar ein Paktun mit Ehre.

Ich ließ ihn auf den Fliesenboden hinabgleiten, bückte mich und fing unverzüglich an, die nutzlos gewordene Uniform zu öffnen. Ein Türflügel schwang zurück.

Ein rotgewandeter Priester trat heraus. Er sah das Bild – ein Wächter bewußtlos am Boden, ein anderer – ein unautorisierter Blintz! –, der sich über ihn beugte – und reagierte sofort.

»Was geht hier vor?« verlangte er in jenem Befehlston zu wissen, der an sofortigen Gehorsam gewohnt ist. Er machte Anstalten, sich umzudrehen, um sich hinter die Tür zurückzuziehen. »Wache!«