Als Anfang Februar 1943 die 6. deutsche Armee in Stalingrad kapituliert, bedeutet dies nicht nur die Wende im Zweiten Weltkrieg, für die Sowjets ist Stalingrad auch ein Wendepunkt in ihrem Verhältnis zu Diktatur und Terror. Mit großer Anteilnahme beschwört Wassili Grossman Episoden aus dem Kampf an der Wolga, erzählt vom Häftlingsleben und -sterben in deutschen KZ und in den sowjetischen Gulags, wobei die frappierende Verwandtschaft von Nationalsozialismus und Sowjetregime offengelegt wird. Ob der Physiker Strum, die weitverzweigte Stalingrader Familie Schaposchnikow und der in einem deutschen Lager inhaftierte Michail Mostowskoi, oder die deutschen und sowjetischen Militärs, Wissenschaftler und Bürger – Wassili Grossman hat die vielen Einzelschicksale zu einem groß angelegten Erzählkosmos verwoben, der trotz der Schrecken des Totalitarismus von der einen Hoffnung nicht lässt: der einfachen menschliche Güte, die selbst dann ihre Wirkung zeigt, wenn die äußeren Ereignisse gleichgültig und brutal über sie hinweggehen.

Wassili Grossmans Meisterwerk liegt nun endlich in einer vollständig ins Deutsche übertragenen Ausgabe vor – ein großes Werk der russischen Literatur, dessen tragisches Schicksal eng verbunden ist mit dem seines Autors.

»Sein Werk ist voller Fiktion: Er führt Menschen und Schicksale zusammen, die die Geschichte nicht zusammenführte, die aber zusammengeführt, zusammengebracht werden mussten, um Sinn und Auseinandersetzung, Konflikte darzustellen, die die bloß akribische Geschichtsschreibung nicht bieten kann.« Heinrich Böll in Die Fähigkeit zu trauern über Leben und Schicksal