Epilog

Durch das vordere Fenster waren in der Ferne elf Nestschiffe zu sehen, eine Reihe dunkler Punkte, die sich vor dem saphirblauen Vorhang des Utegetu-Nebels abzeichneten. Sie blockierten den Murgo-Engpass, als seien die Killiks der Ansicht, die kleine Kampfgruppe aus Kreuzern und Fregatten, mit denen die zerschlagene Mon Mothma zurückgekehrt war, wollte sie tatsächlich angreifen. Han glaubte sogar, einen verschwommenen dunklen Fleck sehen zu können, wo ein Schirm von Pfeiljägern vor der Käferflotte hing. Es war irgendwie beruhigend, dass sie solche Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, denn es ließ vermuten, dass sie in militärischen Fragen ein wenig naiv waren. Kein Kommandant, der noch bei Verstand war, würde die Käferflotte angreifen, solange seine Sternenzerstörer nicht mindestens drei zu eins überlegen waren, und es würde Wochen dauern, bis die Allianz eine so große Kampfgruppe zusammenstellen konnte.

Han hoffte nur, dass keines der Genies im Generalstab auf die Idee kam, die Käfer mit ein paar StealthX-Staffeln fernhalten zu wollen. Bisher hatte es keine Anzeichen dafür gegeben, dass sich Jaina oder Jacen in der Nähe aufhielten -und das war ihm ganz recht. Sie hatten beide in ihrem jungen Leben genug Tod und Verrat für zehn Jedi ertragen müssen.

Die Tür des Besprechungsraums ging auf, und als Han sich umdrehte, sah er, wie Gavin Darklighter herauskam. Die weiße Ausgehuniform des Commodore war nach der langen Besprechung ein wenig verknittert, Er blieb einen Moment stehen, um sich mit der Hand durchs dunkle Haar zu fahren, dann atmete er aus und ging auf Han zu.

Als er weiterhin schwieg, fragte Han: »Irgendwas Neues?«

»Bwua'tu stellt immer noch Fragen«, sagte Darklighter. »Er ist für einen Bothaner ziemlich fair, und deine Aussage hat sehr geholfen, die beiden zu entlasten. Aber ich habe keine Ahnung, wie er damit klarkommt, dass die Ackbar erbeutet wurde. Juun und Tarfang die Schuld in die Schuhe zu schieben wäre wohl das Einfachste.«

Han nickte. »Das dachte ich mir schon, aber ich wollte eigentlich wissen, ob du etwas von Luke gehört hast.« Er zeigte auf die Wachen am Lift. »Sie lassen mich nicht vom Deck runter, ehe Bwua'tu mich offiziell entlassen hat, und in der Medbucht haben sie zu viel zu tun.«

Die Lifttüren öffneten sich, und Lukes Stimme erklang: »Es geht uns gut, Han.« Zusammen mit Mara trat er auf den Flur hinaus. Er war so blass wie ein rasierter Wampa, schien aber munter zu sein und hielt sich aufrecht. »Das habe ich dir doch schon auf dem Falken gesagt.«

»Nein, du sagtest >aarrgh fffff<.« Han grinste schief. »Und dann hast du das Bewusstsein verloren.«

»Tatsächlich?«, fragte Luke nur halb im Ernst. »Ich kann mich nicht erinnern.«

»Tatsächlich«, bestätigte Han. »Ich nehme an, die MD-Droiden haben dich nicht zu Leia gelassen, bevor du hier heraufkamst?«

»Im Gegenteil«, sagte Mara. Sie trat zur Seite, und hinter ihr verließen Leia und Saba die Liftkabine. »Sie sagten, sie brauchen das Bett.«

Nach dem Kampf gegen Alema und ihre Käfer war Leias Gesicht immer noch geschwollen und so gut verbunden, dass sie aussah wie eine Tusken-Braut. Aber ihr Anblick machte Han so froh, wie er seit der Geburt von Anakin und den Zwillingen nicht mehr gewesen war, und er ging zu ihr und nahm ihre Hände - oder zumindest die, die nicht verbunden war.

»Hallo, Schönheit.«

Leia lächelte - dann zuckte sie zusammen. »Du solltest deine Augen testen lassen. Flyboy.«

»Ganz bestimmt nicht.« Han küsste sie sehr, sehr sanft auf die Lippen. »Ich kann besser sehen als je zuvor.«

Saba schlug mit dem Schwanz aufs Deck, dann verdrehte sie die Augen und ging zischend davon.

»Ja, nun, wir sind wirklich froh zu sehen, dass es euch beiden wieder gut geht«, sagte Darklighter. Er winkte Leia zu einer Couch nahe dem Fenster, dann wandte er sich der Wache vor dem Besprechungsraum zu. »Informieren Sie Admiral Bwua'tu, dass Meister Skywalker nun hier ist, um eine Aussage zu machen.«

Die Wache bestätigte den Befehl mit einem Salut, dann verschwand sie durch die Tür.

»Danke, Gavin«, sagte Luke. »Juun und Tarfang haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um die Flotte vor dem zu warnen, was in diesen Statuen steckte. Ich bin es ihnen einfach schuldig, dafür zu sorgen, dass Admiral Bwua'tu das versteht.«

»Han hat bereits Bericht erstattet«, sagte Darklighter. »Aber die Aussage eines Jedi wird seinen Worten bestimmt noch weiteres Gewicht verleihen.«

Luke nickte, dann ging er zum Fenster und schaute zu der Reihe von Nestschiffen hinaus. »Wie schlimm ist es?«

»Nicht so schlimm, wie es hätte sein können«, sagte Darklighter. »Die Killiks sind mit vier Nestschiffen und der Ackbar entkommen, aber das Schiff des Dunklen Nests ist immer noch hier, ebenso wie zehn andere. Ich werde bei meinem offiziellen Bericht an Staatschef Omas tun, was ich kann, damit die Jedi den Verdienst erhalten, der ihnen zusteht.«

»Danke«, sagte Luke. »Das wird sicher helfen, das Vertrauen zwischen uns wieder aufzubauen. Wir werden es brauchen, wenn wir verhindern wollen, dass ein galaxisweiter Krieg ausbricht.«

Darklighter verzog nervös das Gesicht. »Ich fürchte, es wird dennoch bald so weit sein. Meister Skywalker.«

»Staatschef Omas hat bereits beschlossen, dass es Krieg geben wird?«, fragte Leia.

»Nicht Omas«, erwiderte Darklighter. »Aber vor einer Weile kam ein Kurier zu Admiral Bwua'tu. Die Chiss behaupten, eine Gruppe von Jedi habe einen Präventivschlag gegen eines ihrer Nachschubdepots geführt.«

»Unmöglich!«, sagte Luke sofort. »Jedi führen keine Präventivschläge!«

»Dann hat eine Hand voll Jedi den Killiks ihre StealthXs geliehen«, sagte Darklighter. »Die Chiss haben ein Sicherheitsholo von einem der gesprengten Munitionslager mitgeschickt. Es zeigt ziemlich deutlich zwei StealthXs. Und Jagged Fel scheint überzeugt zu sein, dass Jaina zu den Piloten gehörte. Er behauptet, ihren Flugstil zu erkennen.«

»Jaina?« Han schlug sich an die Stirn. »Warum sollte sie so etwas tun?«

»Das würden die Chiss auch gerne wissen«, erwiderte Darklighter. »Niemand ist umgekommen - was mich mehr als alles andere überzeugt, dass es tatsächlich Jedi waren -, also werten die Chiss den Angriff nicht als kriegerischen Akt. Aber sie betrachten ihn als Beweis dafür, dass sie sich selbst um die Killiks kümmern sollten. Sie haben erklärt, dass der Waffenstillstand von Qoribu verletzt wurde, und bereiten einen Angriff vor, um die Kolonie zurückzutreiben.«

Han schüttelte den Kopf. »Jaina kennt die Chiss besser als jeder andere«, sagte er. »Sie würde doch wissen, wie sie auf einen Präventivschlag reagieren. Etwas an diesem Bericht stinkt.«

»Tatsächlich kann ein Präventivschlag eine sehr vernünftige Taktik sein«, war! eine raue Bothaner-Stimme ein. »Besonders wenn man versucht, eine Reaktion zu provozieren.«

Han sah Bwua'tu aus dem Besprechungsraum treten, Juun und Tarfang folgten ihm mit stolz geschwellter Brust und selbstzufriedenem Grinsen.

»Genau das meine ich ja«, sagte Han. »Jaina und Zekk sind beinahe selbst Käfer! Sie würde nie etwas unternehmen, dass zu einem Großangriff der Chiss auf die Kolonie führen könnte.«

»Das würde ich Ihnen gerne glauben. Captain Solo«, sagte Bwua'tu und kam ebenfalls zum Fenster. »Immerhin kennen Sie Ihre Tochter besser als ich.« Dann starrte er einige Zeit schweigend zu den Nestschiffen hinaus und sprach schließlich weiter, ohne sich von der Aussicht abzuwenden. »Commodore Darklighter. die Kampfgruppe soll alle Jägerstaffeln starten und in Angriffsformation gehen lassen.«

Darklighter riss den Mund noch weiter auf als Han. »Angriffsformation, Sir?«

»Suchen Sie sich eine aus. Commodore«, sagte Bwua'tu. »Ich glaube nicht, dass das ins Gewicht fallen wird.«

Darklighter gehorchte immer noch nicht. »Dürfte ich den Admiral daran erinnern, dass wir nur einen Vorteil von zehn Schiffen über die Killiks haben und die meisten unserer Schiffe in keinem guten Zustand sind?«

»Das haben Sie hiermit getan.« Bwua'tu warf Darklighter einen verärgerten Blick zu. »Nachdem die Ackbar geentert wurde, werde ich vielleicht nicht mehr lange Kommandant der fünften Flotte sein. Aber bis man mich ersetzt, befolgen Sie gefälligst meine Befehle. Ist das klar, Commodore?«

Darklighter nahm ruckartig Haltung an. »Sir!«

»Weitermachen«, sagte Bwua'tu. »Berichten Sie. wenn Sie fertig sind.«

Darklighter holte ein Komlink heraus und ging ein Stück weg. um die Befehle des Admirals weiterzuleiten. Han. Luke und die anderen aus ihrer Gruppe wechselten nervöse Blicke und fragten sich, was der Bothaner wohl vorhatte. Nur Leia schien ihn nicht für vollkommen verrückt zu halten. Sie wirkte eher neugierig als beunruhigt.

Bwua'tu bemerkte das alles entweder nicht oder tat so als ob. Schließlich wandte er sich an Luke: »Captain Solo hat einen begeisterten Bericht über Juuns und Tarfangs Taten abgegeben, sobald sie erfahren hatten, um was es bei den Statuen, die sie meiner Flotte geliefert hatten, wirklich ging. Würdet Ihr dem zustimmen?«

»Unbedingt«, sagte Luke. »Sie haben uns geholfen, aus der Rehabilitierungseinrichtung der Saras zu fliehen, haben ihr Schiff verloren, als wir versuchten, mehr über die Pläne der Killiks herauszufinden, und haben auf dem Gorog-Nestschiff tapfer gekämpft. Wenn meine R2-Einheit nicht beschädigt worden wäre, könnten wir das sogar dokumentieren.«

»Nicht nötig«, sagte Bwua'tu. »Das Wort eines Jedi-Meisters genügt.«

Unbehagliches Schweigen folgte dieser Äußerung, während der Admiral wieder aus dem Fenster starrte - und Han, Luke und die anderen darüber nachdachten, was sie tun könnten, um den Angriff auf die Nestschiffe aufzuhalten, um den Verlust von weiteren Allianz-Leben zu verhindern.

Schließlich kehrte Darklighter zurück und berichtete, die Befehle weitergegeben zu haben.

»Sehr gut«, sagte Bwua'tu. »Ich war sehr beeindruckt von Captain Juuns und Tarfangs Wissen über unseren Feind. Werben Sie sie als Geheimdienstmitarbeiter an und kümmern Sie sich darum, dass sie ein Späherskiff erhalten. Es sollte auf jeden Fall mit Tarnfunktionen ausgerüstet sein. Ich nehme an, sie werden überwiegend hinter den feindlichen Linien arbeiten.«

Han und Luke sahen einander überrascht an, dann sagte Luke: »Admiral, sind Sie sicher, dass das wirklich eine gute Idee ist?«

Tarfang baute sich vor Luke auf und brach in zorniges Plappern aus - auf das Bwua'tu in der gleichen Sprache antwortete. Dann schaute der Admiral Luke unwirsch an.

»Tarfang versteht nicht, warum Ihr versucht, ihn und Captain Juun schlechtzumachen«, sagte Bwua'tu. »Und ehrlich gesagt, Meister Skywalker, verstehe ich das auch nicht. Ihr wart doch vor einem Moment noch sehr beeindruckt von ihnen.«

»Captain Juun und Tarfang sind sehr aufrichtige Leute«, erwiderte Luke. »Aber das bedeutet nicht unbedingt, dass sie gute Spione abgeben würden. Sie können manchmal. äh, ziemlich naiv sein. Ich mache mir einfach Sorgen um sie.«

Tarfang wollte widersprechen, aber Bwua'tu brachte ihn mit leisem Keckem zum Schweigen, bevor er sich wieder Luke zuwandte.

»Mir geht es ebenso, Meister Skywalker.« Wieder schaute Bwua'tu aus dem Fenster, wo sich die Fregatten der Kampfgruppe langsam zu den Flanken bewegten. »Ich mache mir um uns alle Sorgen.«

Luke runzelte die Stirn. Er wusste einfach nicht, wie er Bwua'tus Ansicht ändern sollte.

Han sah Leia an, dann nickte er zum Admiral hin und zog die Brauen hoch - eine lautlose Frage, ob der Bothaner den Verstand verloren habe. Sie lächelte ihn beschwichtigend an, dann schüttelte sie knapp den Kopf.

»Vertrauen Sie mir, Captain Solo«, sagte Bwua'tu zu Hans Spiegelbild im Fenster. »Ihre Freunde sind zu mehr fähig, als Sie denken. So ist es für gewöhnlich.«

»Äh. ich war eher beunruhigt über Ihren Angriffsbefehl«, sagte Han. »Halten Sie das nicht für etwas verrückt?«

»Doch«, antwortete Bwua'tu. »Aber im Augenblick sind sich diese Käfer ihrer eigenen Kraft nicht besonders sicher. Und was noch wichtiger ist: Sie sind sich auch unsicher über uns.«

»Und das sollte lieber so bleiben«, sagte Mara anerkennend.

»Genau«, erwiderte Bwua'tu. »Ihr Jedi habt die Pläne der Killiks durcheinandergebracht. Sie werden sich fragen, wozu Ihr sonst noch in der Lage seid, und ich habe vor, diese Zweifel auszunutzen, um sie glauben zu machen, dass sie diese Schlacht verloren haben.«

Luke zog die Brauen hoch. »Und dann Verhandlungen erzwingen!«

Bwua'tu warf Luke einen gereizten Blick zu. »Bestimmt nicht. Meister Skywalker. Ich erwarte, dass sie sich zurückziehen.«

»Lind wenn sie das nicht tun?«, fragte Luke.

»Dann habe ich mich verrechnet. wieder einmal.« Bwua'tu wandte sich an Han, »Ich habe über den Präventivschlag Ihrer Tochter nachgedacht. Nach allem, was ich höre, ist sie eine gute Taktikerin. Was, glauben Sie, würde sie tun, wenn sie

wüsste, dass die Chiss einen Großangriff vorbereiten?«

Hans Magen zog sich zusammen. »Wie könnte sie so etwas wissen?«

Bwua'tu zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Aber wenn sie es wirklich wusste, war dieser Präventivschlag die Tat eines Genies. Er wird die Chiss zwingen anzugreifen, bevor sie wirklich bereit sind - oder sie laufen Gefahr, dass ihre Vorbereitungen noch heftiger unterbrochen werden. Es ist vielleicht die einzige Hoffnung der Kolonie zu überleben.«

»Überleben?«. fragte Leia. »Sagte die Botschaft der Chiss nicht, sie wollten die Killiks nur von der Grenze vertreiben?«

»Ja, und ihre vorherige Botschaft behauptete, sie würden das Problem den Jedi überlassen«, antwortete Bwua'tu. »Das ist das Problem mit Chiss-Botschaften - man weiß nie, ob sie die Wahrheit sagen.«

»Moment mal«, warf Han ein. Er konnte kaum glauben, was er da hörte - oder genauer, er wollte es nicht. Wie oft würde er seine Kinder noch in den Krieg fliegen sehen? Wie oft konnte er das aushalten? »Sie glauben, dieser Krieg hat bereits begonnen?«

Bwua'tu nickte. »Selbstverständlich. Er begann schon, bevor der Bote den Chiss-Raum verließ.« Er schaute weiter aus dem Fenster, hinter dem sich die Kreuzer der Kampfgruppe vor die Formation setzten. »Das Ironische daran ist: Ich glaube, die Chiss befürchten, wir könnten uns auf die Seite der Killiks schlagen. Diese Botschaft diente vielleicht, nur dem Zweck, uns zu beruhigen und zu verhindern, dass die Allianz etwas unternimmt, bevor es zu spät ist, die Kolonie zu retten.«

»Das ist doch vollkommener Wahnsinn!«, sagte Han.

»Nicht Wahnsinn, aber beängstigend«, sagte Mara erschüttert. »Was werden die Chiss denken, wenn die Admiral

Ackbar auf der Seite der Kolonie auftaucht? Es wird ihren Verdacht nur bestätigen. Sie werden glauben, die Allianz habe den Killiks das Schiff gegeben.«

»Genau«, sagte Bwua'tu. »Wenn ich recht habe, steht uns ein sehr interessanter Krieg bevor.«

Leia schloss kurz die Augen, dann ergriff sie Hans Hand. »Ich fürchte. Sie haben recht. Admiral«, sagte sie. »Jaina und Jacen stecken mitten in etwas Schlimmem. Das kann ich spüren.«

Hans letzte Hoffnung schwand. Nicht schon nieder - nicht so bald.

Bwua'tu seufzte. »Es tut mir leid, das zu hören, Prinzessin.« Dann wandte er sich erneut an Darklighter. »Commodore -lassen Sie alle Batterien das Feuer eröffnen.«