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TATIANA

 

 

 

»Hör auf, Tatiana, das gehört sich nicht, warte, bis wir im Hotel sind!«

»Ach, lassen Sie sich nicht stören, da hab ich schon ganz andere gesehen!«, rief der Hubschrauberpilot, warf aber dennoch im Rückspiegel einen Blick auf die nackten Brüste von Jos Gefährtin. »Der Flug dauert nicht lange von Nizza nach Monaco, aber fünf Minuten reichen den meisten Leuten schon aus, um sich in andere Sphären zu befördern.« Dann fuhr er ironisch fort: »Madame ist Russin?«

»Ukrainerin«, erwiderte Jo.

Der Hubschrauber setzte bereits zur Landung auf dem Hubschrauberlandeplatz von Monaco an. Tatiana brach sich einen ihrer langen blauen Fingernägel ab, als sie den Reißverschluss von Jos Hose wieder hochzog, und lachte so breit, dass all ihre Zähne zu sehen waren. Jo mochte Tatiana, sie war eine fröhliche Nutte.

Im Hermitage schließlich hatte sie, mit vollendeter Kunstfertigkeit, da weitergemacht, wo sie zuvor unterbrochen worden waren. Dann hatten sie bis zum Abend geschlafen, in dem riesigen Bett, die Fenster weit auf die gegenüberliegende Bucht geöffnet.

Das Abendessen im Café de Paris war ein Traum gewesen. Ducasse, der natürlich weder Tatiana noch Jo kannte, hatte ihnen wegen ihres ehrlichen Aussehens die Ehre erwiesen, sie in seiner Küche zu empfangen.

Man muss dazu sagen, dass Tatiana viel Klasse besaß. Unendlich lange Beine, einen runden, festen Po, die zarte Eleganz einer Äthiopierin, Brüste wie eine Madonna – bei ihr fügte sich eines zum anderen wie bei einem Gesamtkunstwerk. Und das alles bewegte sie geschmeidig mit der Erfahrung einer Tänzerin aus dem Crazy Horse.

Als sie den Platz vor dem Casino überquerten, wies Jo sie darauf hin, dass Monaco die einzige Stadt auf der Welt war, in der nicht eine einzige Zigarettenkippe auf der Erde lag. Aber das kümmerte Tatiana nicht. Sie streichelte einen gelben Ferrari und stöhnte dabei leise.

 

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Falls sich jemand fragen sollte, wie lange man braucht, um im Casino von Monte Carlo zweihunderttausend Francs zu verlieren, müsste man antworten: Das kommt ganz darauf an.

In Jos speziellem Fall war es so weit, noch bevor das Casino schloss.

Wie jedem, der größere Summen verliert, wurden ihm große Ehren zuteil: Die Société des Bains de Mer schenkte ihm großzügig die Übernachtung im Hermitage, Minibar und Frühstück inklusive. Tatiana kam aus dem Lachen nicht mehr heraus. Sie ärgerte sich nicht einmal, dass er auch sie nicht bezahlen konnte: An einem einzigen Abend im Casino hatte sie sich ein Adressbuch zugelegt wie eine Prinzessin.

Und als er sie am nächsten Morgen wecken wollte, um mit ihr nach Paris zurückzukehren, öffnete sie nur kurz ein Auge und beschloss, dass sie sich alles in allem in Monte Carlo sehr wohl fühlte und bleiben würde.

Darauf streckte sie Jo ihren runden weißen Po entgegen, um ihn an all die Freuden zu erinnern, die er zurückließ, und mit einem letzten Lachen schlief sie wieder ein.

 

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»Die Air France hat keine Lust auf Kuba, der Flughafen von Havanna ist völlig runtergekommen. Also überlassen sie das den kleinen Gesellschaften, wie der A.O.M. Ich sag’s Ihnen gleich, Jo, der Job ist nicht einfach. Die Kubaner sind Schlitzohren, vor allem die Zollbeamten, und Flugzeuge starten selten mit weniger als zwei Stunden Verspätung. Dann die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit, der baufällige Flughafen, in dem man kocht wie in der Sauna, mit einem Gedränge wie auf dem Markt von Daressalam, das ist wirklich kein Geschenk. Aber es gibt auch schöne Seiten, den Strand zum Beispiel und vor allem die Mädchen. Was die Unterkunft angeht, der reinste Horror, Sie müssen erst mal ins Hotel, zumindest für die ersten Tage. Sie werden einen kleinen Dienstwagen bekommen, was dort unten reinster Luxus ist, und eine Überseezulage. Sie fangen am ersten Juli an. Das ist nicht gerade die beste Jahreszeit. Eine Höllenhitze, um die funfunddreißig Grad, von der Feuchtigkeit ganz zu schweigen. Aber immerhin, angesichts Ihrer Lücken im Spanischen können Sie sich glücklich schätzen.«