Kapitel 9
In dieser Woche fuhr Dante sie beide in seinem heruntergekommenen Jeep zu den HotHead Studios. Donnerstag der Dreizehnte, schwebte wie Unglück, das nur darauf wartete stattfinden zu dürfen, über ihnen. Ihre Ausrüstung lag in Reisetaschen auf dem Rücksitz. Es war kaum Verkehr und die Gegend sah nach heruntergekommenen Lagerhäusern aus – eine Geisterstadt aus verlassenen Fabriken und Lagerstätten. Die Räumlichkeiten waren in einem alten Industriegebäude, draußen auf der Avenue X. Ja, wirklich. Avenue XXX: Bow– chicka– bow– mow.
Auf dem Weg hier heraus, hatte Dante versucht, Griff dafür zu danken, dass er mitkam, dafür dass er mitmachte, aber Griffs Unbehagen war so greifbar, dass er schließlich aufgegeben hatte.
Nachdem sie geparkt hatten, traf Alek sie auf der Straße, gekleidet in Jeans und Sweatshirt und rieb sich mit der Hand über seinen glänzenden Kopf. Mit einer einladenden Armbewegung winkte er sie hinüber zu einer schäbig aussehenden Laderampe.
Dante trottete hinüber und schüttelte seine Hand; Griff machte es ihm nicht nach. Wäre er allein gewesen, hätte er Angst gehabt, jemand könnte ihn überfallen.
Alek machte sich auf den Weg über die Rampe, welche die Wand entlang zu einem alten Aufzug führte. „Mein Assistent hat am Wochenende aufgehört. Er ist ein Student am Hunters. Darum muss ich jetzt hier so einige Aufgaben übernehmen.“
Sie betraten einen quietschenden Metallkäfig, welcher sie fünf Stockwerke nach oben beförderte und den Weg in ein Durcheinander aus Holz und staubigen Pappkisten freigab. Durch die verschmierten Fenster fiel düsteres Licht, das Labyrinth aus Kisten ließ ihren Weg durch sie hindurch jedoch im Schatten liegen. Alek ging voran, Dante nur einen Schritt hinter ihm. Griff blieb ein Stück zurück und dachte darüber nach, wie unausgegoren das alles hier schien. Wessen Kisten waren das hier? Er hatte irgendetwas Professionelleres erwartet. War das hier schon alles? Brachten Pornos nicht Geld? Alek kleidete sich mit Sicherheit nicht wie ein Penner.
Endlich erreichten sie eine schwere Metalltür, die in einen offenen Raum mit mehreren Trockenwänden führte. Er nahm eine Ecke des Gebäudes ein. Das „Studio“ der Website war deutlich kleiner und weniger schick, als Griff es sich vorgestellt hatte.
Alek hielt die Tür auf und scheuchte sie hinein. Er schloss sie hinter sich und betätigte den Schalter, der die Ventilatoren in Gang setzte. Die Wände waren mit Schaumstoff und dicken, ausgeblichenen blauen Vorhängen schall-isoliert. Eine Seite des Raums war hell erleuchtet und Griff erkannte die moderne Apartment-Umgebung, in der Dante sich einen runtergeholt hatte.
Es war wirklich nicht mehr als ein Filmset. Seltsam, wie echt es auf der Website ausgesehen hatte und wie falsch es wirkte, wenn er direkt davor stand. Ein glimmerndes „HotHead.com“- Logo baumelte in der Luft über der Sitzgruppe. In kleinerer Schrift war unter dem Logo zu lesen: „Denn echte Männer können sich nicht unter Kontrolle halten“.
Ach nee.
Hinter Griff erinnerte Aleks Akzent ihn daran, was sie gleich tun würden. „Sie geben mir einen Moment?“
Dante bewegte sich durch das Zimmer, als würde er hier wohnen. Er bewegte sich schnurstracks zu den Scheinwerfern des Wohnzimmer-Sets.
Alek drückte ihnen beiden Clipboards mit Verträgen in die Hand, die sie noch ausfüllen und unterschreiben mussten. An den Seiten waren kleine gelbe Zettelchen angebracht, die Griff Hilfestellung boten sich zurechtzufinden. Die Formulierungen waren sehr unpersönlich und durchdacht, garantierten ihre Bezahlung und beschrieben in beschönigenden Worten, was sie HotHead.com dafür liefern mussten.
Das bedeutete 1200 Dollar für jeden von ihnen, für ihre Dienste. Dante musste das schon vorher ausgehandelt haben. Außerdem gab es ein extra von 150 Dollar, wenn sie ihre eigenen Uniformen mitbrachten. Sie stimmten zu, dass ihre Gesichter und Körper auf der Aufnahme zu sehen waren und auf alle Rechte an dem Material verzichteten. Dann gab es noch einen Abschnitt über Boni, wenn sie zu bestimmten „erweiterten Aktivitäten“ bereit wären, was auch immer das heißen sollte. Oh, hier war es: Sie bekamen mehr Geld, wenn sie mehr als einmal zum Höhepunkt kamen oder sich selbst ein Latexspielzeug einführten, das vom Management bereitgestellt würde, oder sich von dem Russen mit seinen eigenen Händen/Mund/Anus „assistieren“ lassen würden.
Ja, danke. Nein, danke.
Griff studierte den Vertrag mit der nötigen Sorgfalt, Dante dagegen hatte einfach seinen Namen eingefügt, wo er sollte und hatte bereits zur letzten Seite geblättert, wo er schon dabei war, auf der gestrichelten Linie zu unterschreiben. Mitten im falschen Wohnzimmer und mit ungeduldig wippendem Bein. Er wollte einfach nur das Geld haben, sein Haus retten und dass das hier möglichst schnell vorbei war. Griff seufzte und hörte auf gegen sein Gewissen anzukämpfen. Dante brauchte ihn; das war genug.
Alek befand sich auf einer Seite des Zimmers und hantierte mit einer teuer aussehenden Videokamera herum, die sich auf einem Stativ befand und auf den Wohnzimmerbereich gerichtet war. In der Nähe der Tür summte eine Reihe von Rechnern wie ein Bienenstock. Ein HotHead Bildschirmschoner lief auf dem Flachbildmonitor, unter einer von Polaroids übersäten Pinnwand: im Wesentlichen muskulöse Typen, die nackt posierten. Scheiße. Anscheinend wollten es sich eine Menge Kerle für HotHead besorgen.
Würde gerne tauschen, dachte Griff.
Dante ließ sich in den breiten Ledersessel fallen, den Griff so oft in den letzten Wochen gesehen hatte.
Griff war inzwischen sicher, dass es eine physikalisch sichtbare Spur zwischen seinem Laptop und „Montes“ Seite bei HotHead geben musste. Griff kannte jeden Zentimeter dieses falschen Wohnzimmers – die Fließband-Kunst über dem großen schwarzen Sessel, die eierschalfarbenen Wände, sogar der raue, hellbeige Teppich. Hier stehen und es sich in 3D anzusehen, verursachte in Griff das Gefühl, als sei er durch seinen Laptop-Bildschirm in die Website hineingelaufen, ganz so, als wäre er ein Videospielcharakter. Pornoman! Das einzige unbekannte Möbelstück stand an einer Seitenwand: ein passendes Zweisitzer Sofa.
Ha. Wenn das mal nicht passte.
Griff entschied sich dafür und versuchte, nicht so viel Platz einzunehmen. Er gab das Lesen auf und unterschrieb ebenfalls auf den gestrichelten Linien. Was, zur Hölle, machte es für einen Unterschied? Er wusste, was er hier tat, was sie hier taten. Und auf gar keinen Fall, würde es irgendwelche erweiterten Aktivitäten geben. Er stellte fest, dass Alek die Kameras so ausrichtete, dass sie direkt auf das kleine Sofa zeigten. Ihm wurde klar, dass Dante unmittelbar neben ihm sitzen würde, was wiederum offensichtlich der Punkt war, warum es überhaupt ein so kleines Sofa gab. Schulter an Schulter und ihre Beine würden zusammengepresst sein. Sie würden die Bewegungen des jeweils anderen spüren, wenn sie sich selbst ihren salzigen Handschlag gaben.
Super.
Dante auf seinem Lederthron und Griff auf der Couch, warteten sie in unangenehmer Stille darauf, dass Alek mit seinen Kameras fertig wurde und sich wieder auf sie konzentrierte.
„Die Lichter bringen deine Augen um, also versuch lieber sie Richtung Kamera zu halten.“ Dante drehte sich zu ihm um, um ihm diesen hilfreichen Tipp zu geben. Er nickte mit dem Kopf zu den Lampen auf den Stativen.
Griff grunzte, um ihm zu verstehen zu geben, dass er ihn wahrgenommen hatte und um den Atem auszustoßen, den er angehalten hatte. „Okay.“
„Mit dir alles in Ordnung?“ Dante lehnte sich verschwörerisch vor, seine Ellbogen auf seinen Knien. Seine Stimme war nicht mehr als ein leises Murmeln, so als wolle er nicht, dass Alek ihn aus drei Metern Entfernung hören konnte, so als wolle er mit Griff ein privates Gespräch führen, hier, in diesem falschen Zimmer mit den falschen Möbeln.
Alek war damit beschäftigt, zu versuchen, das lange Kabel bei der Tür zu entwirren, sein rasierter Kopf glänzte dabei im Licht der Scheinwerfer. Er schenkte ihnen absolut keine Aufmerksamkeit und blieb in höflicher Distanz, was Griff durchaus zu würdigen wusste.
„Nervös schätze ich.“ Griffs Stimme klang dumpf in seinen eigenen Ohren. Er versuchte seine Schultern zu entspannen. „Ich bin in Ordnung.“
Dante zwinkerte. „Na, das ist doch mal die Wahrheit. Na los, G. Du wirst sogar fantastisch sein.“
Griff lachte nicht, auch wenn er wusste, dass es das war was Dante wollte. Stattdessen drehte er sich Richtung Alek am anderen Ende des Raums. „Brauchen Sie Hilfe damit?“
Alek erhob sich und wischte sich die staubigen Hände an seiner Jeans ab. „Nein. Ist nichts Schlimmes. Tut mir leid, dass ich Sie beide warten lasse. Das Durcheinander macht mich wahnsinnig, ja?“ Er schien entschlossen, den Umständen entsprechend respektvoll zu sein, was Griff auf merkwürdige Weise erleichterte. Er wirkte überhaupt nicht wie ein Perverser.
Dante durchquerte den Raum zu den Reisetaschen, die an die gegenüberliegende Seite lehnten.
Alek hielt eine Flasche mit miesem Whiskey und zwei Gläser in die Höhe. „Möchte einer von Ihnen einen Drink? Für die Nerven?“ Und wieder sprach er mit übertriebener Höflichkeit zu ihnen, ganz so, als wäre er ihr Kammerdiener und dies wäre ein privater Gentlemans Club.
Ohne auch nur darüber nachzudenken griff Griff nach der Flasche. Er goss sich selbst einen Doppelten ein und dann noch einen, so schnell er das Zeug runterstürzen könnte. Und dann noch einen.
„Ho, Kumpel!“ Dante hob seine schwarzen Augenbrauen. „So hässlich bin ich nun auch nicht.“
Griff gab ihm keine Antwort, sondern kippte stattdessen einen vierten Whiskey. Seine Kehle und sein Magen brannten, aber ein angenehmer Schleier legte sich über sein Gehirn, als der Fusel seine Wirkung tat. Er rieb sich über die Brust. „Können wir uns irgendwo umziehen?“ Zurückhaltung schien in diesem Moment lächerlich.
Alek nickte mit einem ruhigem und Mut machendem Gesicht. „Ihre schicken Uniformen, klar. Legen Sie los.“
Griff wurde klar, dass sie sich wohl hier umziehen würden. Dante war bereits dabei sich die Schuhe abzustreifen und aus seinen Hosen zu schlüpfen, das Shirt lag bereits auf dem Boden. Griff drehte sich zur Wand und zog sich sein eigenes Shirt über den Kopf. Neben ihm hockte Dante vor der Reisetasche und zog den Reißverschluss auf. Hinter ihm pfiff Alek anerkennend.
„Sie sind sehr hell! Wunderschön.“ Aleks schwerer Akzent wehte vom anderen Ende des Raums herüber. Griff allerdings, ließ seine Augen auf die Wand gerichtet und atmete den Geruch von Dantes frisch geduschter Haut ein. Sein Herz hämmerte in seiner muskulösen Brust und zwischen seinen zu pinken Nippeln. Er konnte es beinahe vor sich sehen, wie es heraussprang, wie es ihn von innen heraus in Stücke hämmerte.
Unten auf dem Boden zog Dante ihre Feuerschutzhosen und -jacken hervor und reichte Griff einen gefalteten Stapel. Er hatte ihre Engine und Ladder Nummern mit Panzertape überklebt. „Mach dich fertig, Neuling.“
Griff nickte und drehte sich gerade rechtzeitig zu ihm um, um sein nervöses Grinsen zu sehen. Er fühlte sich merkwürdig, in seinen engen Boxershorts in diesem halbleeren Lagerhaus auf der Avenue X. Das Leben war manchmal seltsam. Er bemerkte, dass Dante einen ausgebeulten Jockstrap trug, senkte seine Augen zu seiner gefalteten Ausrüstung und wünschte sich, er hätte nicht geschaut.
Alek bewegte eine Kamera neben das Sofa und richtete das Objektiv so aus, dass es jeden der dort sitzen würde von oben aufnahm. Sein rasierter Kopf glänzte unter den Lichtern als sei er poliert. Mr. Sauber macht einen Porno.
Dante und Griff schlüpften schweigend und Seite an Seite in ihre wattierten Hosen. Ein Deja Vu durchzuckte Griff, aber vielleicht erinnerte er sich auch nur daran, wie sie sich damals bei der Ausbildung in Randall Hall gemeinsam fertig gemacht hatten, bevor Dante sich versetzen ließ.
Dante zog sich einen Träger über seine gebräunte Schulter und bückte sich, um seine Jacke aufzuheben. „Hey, Alek. Wollen Sie, dass wir Shirts drunter anziehen?“
„Nicht nötig, denke ich. Ich sehe keinen Grund dafür, Mr. Muirs schöne Haut noch mehr zu verdecken, als sie ohnehin schon ist.“
„Ja, ich weiß was Sie meinen.“ Dante schubste Griff. „Dank ihm hab ich Komplexe. Einhundertundelf Kilo harte Muskelmasse. Sie haben ja keine Ahnung wie sehr die Mädels darauf abfahren. Pffff.“
Griff bemerkte wie er begann rot zu werden und bedeckte sich schnell mit seiner Jacke. So gut es ging, hielt er seinen Blick auf dem Weg zum Sofa auf den Boden gerichtet.
Dante schlüpfte in seine eigene Jacke und reichte hinüber, um Griff sanft die Schulter zu drücken. „Verfluchte Rothaarige. Griffin ist wie lebendiger, weißer Marmor.“
„Zurzeit eher pinker Marmor.“ Aleks Lächeln ließ das Kompliment eher neckend wirken. „Und das flammend-rote Haar, das unter den Armen hervorlugt. Außergewöhnlich.“
Griff schnaufte auf dem kleinen Sofa und sackte unter Aleks prüfenden Augen zusammen. Sein Herz hämmerte. Was, wenn er keinen Ständer kriegen würde? Was, wenn er zu schnell einen Ständer kriegen würde? Was wäre schlimmer? Sein Kopf tat ihm weh. „Wo haben Sie den Whiskey hingestellt?“ Er fand ihn unter dem Beistelltisch, schraubte die Flasche auf, um sich selbst ein weiteres Glas Mut einzuschenken.
„Mach langsam, Mann.“ Dante stand vor ihm und streckte die Hand nach der Flasche aus.
„Jepp. Ich bin in Ordnung.“ So lange er seine Augen auf seinen Freund gerichtet ließ, würde Griff sich zusammenreißen können. Leichteste Sache. Er konnte fühlen wie der Alkohol begann, die Grenzen seiner Nervosität aufzuweichen.
„Wir werden Sie Duff nennen.“ Alek sah Griff an, als würde er ihn um Erlaubnis fragen. Er schien nach anderen Vorschlägen zu fragen.
„Ja. Prima. Sicher.“ Griff hielt seine Augen nach unten gerichtet. Dante hatte Recht, was die Lampen betraf. Die Luft in diesem Teil des Raums war locker um fünfzehn Grad wärmer. Sie würden sich ihre Eier abschwitzen, noch bevor der Nachmittag vorbei war. Dante würde vom Knöchel bis Ellbogen schwitzend neben ihm sitzen. Er stöhnte.
Dante nickte zustimmend zu seinem Stöhnen, allerdings stimmte er etwas anderem zu. „Niemals schlaff mit Duff.“ Ich mag's. Besser als Scheißmonte. Fürchterlich.“ Er verdrehte die Augen und ließ sich auf das Leder neben Griff fallen. „Klingt wie ein Pudding.“
„Nein.“ Alek schüttelte den Kopf und lächelte sie an. „Es klingt wie ein Hetero-Typ aus der Arbeiterklasse. Aber jemand, der spitz genug ist um zu... experimentieren. Das ist die Fantasie.“
„Wenn Sie meinen.“ Dante nahm einen Schluck Whiskey und stellte ihn dann auf den Couchtisch neben einen IKEA Katalog, der dort lag um den Raum weniger falsch wirken zu lassen. Denn HotHeads bevorzugen es, Mist aus einer Packung zu bauen. Man muss nur die Werkzeuge dazugeben. Mehr Bullshit.
Das alles hier war eine Illusion, alles außer dem, was Griff für den Mann neben ihm fühlte. Sein Lachen war ein grimmiges Bellen der Resignation.
Dante lachte ebenfalls, auch wenn er nicht wusste, was so lustig war. Er versuchte Griff zu helfen, sich zu entspannen; so als würden sie etwas anderes Verrücktes tun. Sich aus dem Haus schleichen oder gemeinsam ein Mädchen auf dem Einsatzwagen vernaschen. Keine große Sache.
Griff rutschte auf der Couch nach hinten, seine kräftigen Oberschenkel wirkten riesig in seiner Ausrüstung, die Reflexionsstreifen leuchteten hell im Deckenlicht. Hier war er nun und saß in seiner Fantasie, neben seiner Fantasie, im Begriff eine Fantasie auszuleben und alles was er wollte, war das Weite zu suchen. Ein Drittel einer Flasche billigen Whiskeys köchelte in seinem Magen und zog seine Bahnen durch seine Venen.
In diesem falschen Zimmer, das er seit Wochen besucht hatte, saß er unter den heißen Scheinwerfern und konnte spüren, wie seine Muskeln sich entspannten, wie sich sein Mund mit Speichel und seine Nase sich mit Dantes männlichem Duft füllten. Er ergriff sein schlaffes Fleisch durch seine Hose.
„Nun, Gentlemen... Ein paar Dinge.“ Alek zählte die Anweisungen an seinen Fingern ab. Offensichtlich waren das etwas, was er häufig wiederholte. „Gleitmittel steht auf dem Boden neben Ihnen. Bedienen Sie sich jederzeit. Feucht ist besser. Berühren Sie mehr als nur Ihren Penis. Hoden, Nippel, Pobacken, Anus. Alles ist in Ordnung, aber nur wenn Sie sich dabei wohl fühlen. Sogar sich gegenseitig berühren, wenn Sie den Drang dazu verspüren.“
Griff erstarrte und fühlte wie Dante neben ihm erstarrte. Er wird panisch, wenn es darum geht, mich zu berühren. Super.
„Oder auch nicht.“ Alek wedelte ihre Anspannung mit seiner Hand weg, als würde er den Vorschlag aus der Luft radieren wollen. „Ich überlasse das ihnen beiden.“ Alek war schließlich mit der Einstellung des Objektivs zufrieden und setzte sich auf den Couchtisch, um mit ihnen zu reden. „Schauen Sie in die Kamera. Lächeln Sie. Machen Sie Geräusche. Benutzen Sie Ihre Münder. Unsere Mitglieder mögen es, wenn Sie sich mitteilen. Besonders Dirty Talk. Was auch immer geschieht, es muss aussehen, als hätten Sie Spaß dabei. Das ist die Fantasie.“
„Sicher.“ Griff versuchte sich vorzustellen, was er sagen könnte. Er versuchte sich vorzustellen, es zu sagen, während Dante neben ihm saß. Sie waren wirklich ihren kompletten Seiten entlang in ihren Ausrüstungen zusammengepresst. Sobald sie ihre Hosen heruntergelassen hatten und anfangen würden zu schwitzen, würden sie am Leder und an dem Anderen entlanggleiten. Schluck. Sein Rohr füllte sich - prall in seinen engen Boxershorts.
Alek sah zwischen ihnen beiden hin und her. „Das Wichtigste ist, dass Sie mich wissen lassen, wenn Sie kurz vor der Ejakulation sind. Ja? Das ist der kritische Punkt. Wenn Sie ihre Ladung abfeuern, muss ich das aus mindestens zwei Winkeln auf Band kriegen.“
„Der Money-Shot, ja.“ Dante nickte, dass er verstanden hatte und stupste Griff mit dem Ellbogen. Er wollte die Show endlich starten.
Griff nickte. Dank dem Herrn für harten Alkohol und extreme Verdrängungsmechanismen. Wenn er sich einfach geistig ausklinkte, würden die paar Stunden ohne größere Katastrophen vorbeigehen und Dante würde beinahe drei Riesen für sein Haus haben. Sein bester Freund saß warm an seine Seite gepresst und sein Herz machte einen Salto.
Ich liebe dich, Dante Inigo Anastagio. Du wirst niemals wissen wie sehr.
Alek nickte, als hätte er den Gedanken hören können. „Können wir anfangen?“
Und das taten sie.
Bäh.
Griff öffnete ein müdes Auge und versuchte herauszufinden wie spät es war. Sein ungemachtes Bett, sein chaotisches Kellerzimmer im toten Haus seines Vaters. Das Dämmerlicht sagte ihm nichts, das es wert wäre zu wissen. Aufgrund seines verrückten Dienstplans hatte er lichtundurchlässige Vorhänge.
Irgendetwas Schlimmes war geschehen.
Sein Mund fühlte sich an, als hätte ihn jemand für eine Gruppe räudiger Viecher als Katzenklo vermietet. Sein Kopf hämmerte und seine Zunge war so pelzig wie ein Handtuch. Als er sich in die Senkrechte aufrichtete, drehte sich ihm der Magen um und er stolperte zügig Richtung Klo, in der Hoffnung, es zu schaffen, bevor –
Klick. Griff schaltete das Licht ein und das Gefühl verschwand, sobald er die kühlen Kacheln unter seinen Füßen spürte. Er stützte sich mit den Händen am Waschbecken ab und machte eine Bestandsaufnahme seines Gesichts im Spiegel. Seine Haut wirkte käsig weiß und schmierig unter den rötlichen Stoppeln, seine Augen so blutunterlaufen, dass das Grau beinahe jadegrün wirkte. Sein Mund fühlte sich an, als würde er verwesen und schmeckte nach Metall.
Er drehte das Wasser auf und versuchte den Geschmack ins Waschbecken zu spucken, während er dem wirbelnd ablaufenden Wasser zusah. Mit einem Gurgeln machte sein Magen einen weiteren Hüpfer. Er setzte sich abrupt auf den Toilettendeckel und starrte auf den Boden, bis die Welle der Übelkeit ein weiteres Mal verflogen war. Er durchforstete sein dickes, matschiges Hirn nach einer Erklärung, warum er sich so fühlte.
Irgendetwas Übles hatte ihn dazu gebracht, sich an seinem freien Abend im Stone Bone die Kante zu geben.
Nach und nach realisierte Griff, dass er splitterfasernackt, und ihm bitterkalt war. Sein Schwanz und seine Eier zogen sich so hoch sie konnten, ohne tatsächlich in seinem Becken zu verschwinden. Seine Hände zitterten und ein feiner Film aus kaltem Schweiß bedeckte ihn. Dieser Grad an Übelkeit war ein starkes Indiz, dass viele, viele Kurze beteiligt gewesen waren. Er dachte darüber nach, sich selbst zum Kotzen zu bringen, um all das loszuwerden, was noch in seinem Magen übrig war, brachte es aber nicht über sich.
Heiße Dusche.
Griff wuchtete sich auf seine schmerzenden Gelenke, um die Dusche, so heiß wie er es ertragen konnte, aufzudrehen.
Sein Dad hatte dieses winzige Badezimmer für ihn gebaut, als Griff neun war. Direkt nachdem seine Mutter gestorben war und er sein kleines Kellerzimmer verlassen wollte, um oben auf der Couch zu schlafen, um näher bei seinem Vater zu sein. Dieses Badezimmer war dazu gedacht, ihn unten in seinem Zimmer zu halten, wo sein Vater ihn haben wollte.
Platz für eine Badewanne gab es nicht und die Toilette war zwischen das winzige Waschbecken und die schmale, vorgefertigte Duschkabine, die ein wenig höher stand um die Rohre unter dem Abfluss anbringen zu können, gepresst worden. Die ganze Sache fühlte sich an wie eine Toilette in einem Wohnmobil und war im Laufe der Jahre nur kleiner geworden.
Jetzt, da er erwachsen war, musste Griff seine Knie beugen um unter dem lauwarmen Wasser stehen zu können und wenn er sich umdrehte, stießen seine Ellbogen an alle drei glitschigen Wände und die Tür. An diesem Morgen fühlte er sich, als duschte er in einem aufrecht stehenden Plexiglas-Sarg.
Irgendetwas Schlimmes hatte ihn dazu gebracht, dass er versucht hatte, sich in einer Flasche mit billigem Scotch zu ertränken.
Eine weitere Welle der Übelkeit durchfuhr ihn. Das Badezimmer seiner Kindheit war so klein, dass er von der Dusche aus zu den Waschbeckenarmaturen greifen konnte, um das Wasser zuzudrehen, was er auch tat. Der Strahl, der von oben kam, wurde augenblicklich wärmer.
Zusammengesackt versprach Griff sich selbst, dass er noch vor den Feiertagen aus diesem Keller ausziehen würde. Die letzten paar Jahre mit seinem Dad zu leben, war zwar fantastisch für seine Ersparnisse, aber schrecklich für den Rest von ihm gewesen. Er wusste, dass sein Dad ihn liebte, aber manchmal war es viel zu leicht, das zu vergessen. Griff kam nach der Familie seiner Mutter, was der Sache nicht wirklich geholfen hatte.
Dieses Haus hatte sich schon lange nicht mehr nach einem Zuhause angefühlt und schon gar nicht, seit die Anastagios ihn praktisch adoptiert hatten.
Warum bin ich nochmal hier?
Er schüttelte den Kopf und versuchte nachzuvollziehen, wie es von den fallenden Twin Towers, bis zu ihm, hier allein in dieser Dusche, gekommen war.
Irgendetwas hatte ihn tatsächlich dazu gebracht, dass er sich darauf gefreut hatte, in dieses fürchterliche Zimmer in diesem kalten Haus zurückzukehren.
Dann erinnerte sich Griff: Er hatte mit Dante Dinge vor der Kamera getan – Sex-Dinge. Er hatte es geliebt, in der Lage zu sein, Dante zu berühren, ihn auf diese Weise zu lieben, aber der Rest davon hatte sich wie ein Betrug angefühlt. Sie hatten für die Kamera Witze gerissen und die Hetero-Jungs-Können-Auch-Zusammen-Sexy-Sein-Nummer abgezogen. Am Ende hatte er sogar vor wahnsinniger Lust aufgeschrien und seine Ladung über den Oberkörper seines besten Freundes geschossen, dabei über ihm gekniet und es in seine perfekte, perfekte, perfekte Haut gerieben, während Dante sich wand und aufschrie und lachte. Er hatte es geliebt und sich selbst gleichzeitig gehasst. Die Erinnerung fühlte sich wie eine handvoll Reißnägel in seiner Brust an.
Griff kannte viele Leute im FDNY, die einen Arm oder ein Bein verloren hatten. Die meisten von ihnen endeten in einer schäbigen Box in einem Großraumbüro, nachdem ihnen welches Teil auch immer abhanden gekommen war und erledigten Papierkram, weil sie das, was sie liebten nicht mehr tun konnten.
Diese verstümmelten Leute erzählten immer, dass sie ihr fehlendes Körperteil noch immer spüren konnten, nachdem es weg war, wie ein Phantom, dass sie noch immer jucken und schmerzen konnte, auch Jahre nachdem es ihnen entfernt und weggenommen wurde. Wenn dein Herz bricht, hast du dann ein Phantomherz?
An der Stelle hinter seinen Rippen, erinnerte sich Griff wie er an seinen besten Freund gepresst dagesessen hatte, das sanfte Kratzen, als ihre Beine aneinander rieben, die Scheinwerfer heiß auf ihrer Haut, ihre Schwänze aufgerichtet, Seite an Seite, und an Dantes Piratenlächeln.
Sie hatten das Geld für die Bank bekommen; das war gut, richtig? Alek war begeistert, weil sie „bereit waren zu experimentieren“.
Lebendig! LEBENDIG! Verrückte Wissenschaft für Dummies.
Warum musste er sich so beschissen fühlen? Warum fühlte er sich wie ein Lügner und ein Betrüger und ein Trottel? Gegen besseren Wissens hatte er das getan, was alle wollten. Außer, dass Dante allen anderen nur etwas vorgespielt hatte und er selbst, niemandem außer sich selbst.
Griffs Knie gaben nach, sein Magen verkrampfte sich und er fiel nach Luft schnappend nach vorne, in diesem engen, glitschigen Raum. Ohne es auch nur zu bemerken, ließ er seine Hände die dicht beieinander stehenden Wände entlanggleiten, bis er zusammengekauert auf dem billigen Plexiglasboden kniete und in den Ablauf würgte.
Von weit über ihm fiel das Wasser auf seinen breiten Rücken und spülte seine heißen Tränen, mit allem anderen, das sich eben noch in ihm befunden hatte hinfort, bis es kalt-kalt-kalt wurde und in den Kanälen unter der Stadt verschwand.
Griff schaffte es, sich bis elf Uhr abzutrocknen, in saubere Klamotten zu schlüpfen und es nach oben in die Küche seines Dads zu schaffen. Er wollte eine Schüssel Haferbrei essen, um etwas in seinen Magen zu bekommen, bevor er heute Abend im Stone Bone arbeiten würde. Es war Freitag und er hatte keinen Dienst in der Wache bis morgen früh; er musste sich in den Griff bekommen, bevor er sich dort blicken ließ und Dante gegenübertrat.
Die Küche war beinahe unerträglich hell. Damals hatte seine Mutter helle Küchen geliebt, weil sie so sauber aussahen. Griffs Dad hatte eine weiße Küche eingebaut und die Wände in einem eisigen Blau gestrichen.
Als Griff noch ein Kind war, war dies ein heimeliges, glückliches Zimmer, war jedoch seit ihrem Tod nicht mehr gründlich gereinigt worden.
Nach zwanzig Jahren nun, waren die Wände noch immer hell und die Schränke noch immer weiß, aber das Zimmer hatte einen schäbigen Charakter bekommen. Schmierige Rauchflecken hoch oben an der Wand, über dem Herd. Die Farbe blätterte von der Decke. Eine Packung Cornflakes und Reste von chinesischem Essen und eine halbe, in Wachspapier gewickelte Zwiebel, lagen in einem Kühlschrank, der zu alt zum Kühlen war. Niemand kam hier noch häufig rein.
Griff blinzelte gegen das Tageslicht, füllte einen Kessel mit Wasser und stellte ihn auf den Herd. Die Luft draußen sah kalt aus. Griff öffnete einen der Hängeschränke, um sich eine der abgenutzten Schüsseln seiner Mutter zu holen und füllte sie mit zwei Packungen Instant-Haferbrei.
Es fühlte sich wie ein Deja Vu an, wie er hier stand und sich selbst Frühstück machte; er war wieder elf, seine Mutter war gerade gestorben und er machte sich selbst Frühstück, bevor er den Bus zur Schule nahm. Urplötzlich fühlten sich seine Hände ungeheuer groß an, als er sich über den Mund wischte.
Griff blickte hinunter in den Garten und sah den Toten inmitten der verdorrten Pflanzen stehen.
Aber es war kein toter Mann dort unten, lediglich sein Dad. Dicht genug dran. Im letzten Monat hatte er beinahe vergessen, dass er nicht allein im Haus war.
Sein Vater musste gerade erst nach Hause gekommen sein, oder machte sich gerade fertig, um sich auf den Weg zu einer Untersuchung zu machen, denn er trug seine Arbeitskleidung: blaue Polyester-Hosen und Hemd und Krawatte unter einer Windjacke. Brandstifter hielten sich nicht an reguläre Arbeitszeiten und sein Dad neigte dazu, zu arbeiten, wenn er nicht gerade schlief oder trank um schlafen zu können.
Griff öffnete die Hintertür, um guten Morgen zu sagen. In der kalten Luft waren seine Beine wackeliger, als er angenommen hatte und so lehnte er sich gegen das Geländer der Veranda. Sie hatten sich seit über einer Woche nicht gesehen, nicht einmal im Vorbeigehen.
Sein Dad sprach, ohne sich umzudrehen und erschreckte ihn. „Ich dachte, du bist auf der Wache.“
Griff zuckte zusammen und ohne einen guten Grund, trommelte sein Herz hart gegen seine Brust. Reiß dich zusammen. Sein Dad hatte diese Art, dass er sich fühlte, als stünde er unter konstanter, unsichtbarer Beobachtung. Zwischen dieser Tatsache und dem üblen Kater bewegte er sich langsam, um zu vermeiden, dass er kotzte.
Griffs Dad stand in einem der grauen, trockenen Blumenbeete, knöcheltief in totem Eichenlaub, schaute über seine Schulter und nickte Griff zur Begrüßung zu. Er hielt eine kleine, schwere Tüte mit Tulpenzwiebeln und wiegte sie in den Händen. Die leuchtend orangen Blüten auf dem Etikett waren die einzigen Farbtupfer im gesamten brach liegenden Garten, außer vielleicht dem Haar auf Griffs eigenem Kopf.
Griffs Augen wanderten zu dem kleinen Fleck oranger Blütenblätter. „Du setzt Zwiebeln ein? Sie werden hübsch aussehen, hm?“ Er ging die Stufen hinunter.
„Nun, es sieht hier immer wie Kraut und Rüben aus. Es ist schon beinahe zu spät, um die hier einzupflanzen, aber ich dachte ein wenig Farbe im Frühling wäre schön.“
„Das wird toll aussehen.“ Er nickte und tätschelte den harten, schmalen Rücken seines Dads durch die Windjacke.
Griff war um die 18 Zentimeter größer und zwanzig Kilo schwerer, und der Unterschied überraschte ihn jedes Mal von neuem. Sein robuster Körperbau und die helle Haut kamen von Seiten seiner Mutter. Er fühlte sich leicht schuldig, dass er größer war, denn er wusste, dass das seinen Vater ohne Ende nervte. Als er acht war, war sein Vater ein Riese für ihn.
Es war kalt hier draußen. Er wünschte, er hätte sich ein Sweatshirt mitgenommen, aber es schien, als sei sein alter Herr in einer gesprächigen Stimmung und diese Momente waren zu selten, um sie zu verschwenden.
„Deine Mutter sagte immer, dass der Frühling schneller kommt, wenn man auf Blumen wartet. Ich kann diese Scheiß-Kälte nicht mehr ertragen.“ Mr. Muir schob seine Hände in die Taschen seiner Uniformhose, um mit seinen Schlüsseln zu klimpern. Die Marke an seinem Gürtel blitzte im grauen Licht auf. „Ich sollte mich zur Ruhe setzen und nach Tampa ziehen, bevor ich in einem Rollstuhl lande.“
Griff nickte seinen Kopf zustimmend, aber sein Dad schwang nur Reden. Die Untersuchungen für das FDNY waren so ziemlich der einzige Grund, dass sein alter Herr überhaupt aufstand und einen Fuß vor den anderen setzte. All seine Zeit, alle seine Freunde, sein gesamter menschlicher Kontakt, beruhten auf der Tatsache, dass er ein Brandermittler war.
Sein Dad öffnete die Tüte mit den Tulpen und rollte sie auf, um hineingreifen zu können. „Nee. Heutzutage wimmelt es in Florida nur so von Haien und Schwuchteln. Widerlich.“
Fick dich.
Aber Griff hielt seinen Mund. Er wusste, dass sein Vater eine fanatische Seite hatte. Viele der älteren Generation hatten eine. Wie aus dem Nichts, kam ihm Mr. Anastagio in den Sinn, klein und laut und lachend. Du bist in Ordnung, Kleiner. Griff beschloss, seinem anderen Vater zu glauben.
Mr. Muir wühlte hinter dem Tulpenetikett und zog eine runde Zwiebel hervor. Er hielt sie so vorsichtig wie ein Ei, um sie anzublicken . „Du solltest mit Leslie irgendwo hinfahren, wo es warm ist. Vielleicht eine Kreuzfahrt.“
„Dad, wir sind geschieden.“ Griff sprach sanft, während er auf den kleinen Stufen stand, die zur Hintertür führten. „Leslie und ich haben uns vor fast zehn Jahren getrennt. Sie lebt wieder bei ihren Eltern.“
„Richtig. Richtig. Hatte ich vergessen. Nach den Türmen. Du hast Recht.“ Er ließ die Zwiebel zurück in den Beutel fallen, wischte sich seine Hände ab und sah Griff von der Seite an. Er sah verloren aus, wie er inmitten des Laubes stand. „Ich wusste, dass du das vermasseln würdest. Leslie war eine gute Frau.“
Was, zur Hölle?! Griff starrte seinen Dad an, wusste, wie verrückt das hier war, wusste, dass dieses Haus ihm die Luft zum Atmen nahm. Schlimmer noch, er realisierte, wie vertraut ihm das Gefühl war.
Bei der Ausbildung waren sie alle in der Räucherei auf Alcatraz gewesen und hatten gelernt, wie man in einem üblen Feuer ohne Sauerstoff nicht erstickt; man lässt sich fallen und robbt wie ein Baby. Völlig egal, wie sehr deine Kehle brennt und sich deine Brust verkrampft, du hast dich unter freien Himmel zu schaffen, bevor du wieder Luft in deine Lungen lässt. Du musst rauskommen, ohne etwas hereinzulassen.
Griff sah zu, wie sein Vater die trockenen Blumenbeete betrachtete und hielt seinen Atem flach. Ich muss weg von hier, bevor ich wie er werde.
Für einen irrationalen Moment wollte er ihm von HotHead erzählen, übers Wichsen und Schlimmeres, für Millionen von geilen, knackigen Homosexuellen, mit seinem besten Freund, den er liebte, ja, genau so, denn ich bin eine Schwuchtel, du verbittertes Stück Scheiße.
Er wollte den Schock auf dem grauen Gesicht seines Vaters sehen; ihn sich unwohl und klein fühlen lassen, eine lebende, atmende Reaktion aus dieser wütenden Hülle bekommen, die nichts als Asche und Rauch liebte. Schuld war etwas, bei dem sein Vater aufblühte.
Griff versuchte zu schlucken, aber sein Mund war zu trocken. Der Kopfschmerz von seinem Kater stach wie ein Eispickel hinter seinem rechten Auge.
Sein alter Herr trat nach dem toten Laub und versuchte das harte Blumenbeet davon zu befreien. Er hatte nicht einmal realisiert, was er über die Ehe seines Sohnes gesagt hatte.
Griff war durcheinander genug, dass er den Schmerz registrierte, als er seinem Vater zusah, wie dieser durch einen Garten rauschte, der niemals blühen würde. Als wären die Wut und die Trauer seines Vaters zu wild, um sie gefangen zu halten, spürte Griff, wie ihm das fürchterliche Geständnis auf der trockenen Zunge lag.
– Rausch – Raschel – Knister –
Mr. Muir hielt die Tüte mit den Zwiebeln geöffnet und lugte hinein, um darin herumzufischen, als suche er einen Gimmick aus einer Cornflakes-Packung.
Irgendetwas über den Porno zu sagen, war das Schlimmste das Griff tun könnte und Himmel, wie sehr er das wollte. Hölle nochmal, sein Vater würde jedem die Seele aus dem Leib prügeln, der das Wort „Masturbation“ in seinem Haus auch nur in den Mund nahm. Dass sein wertloser Sohn das Unaussprechliche mit diesem Arschloch Dante getan hatte, würde es nur schlimmer machen.
Griff wusste, wie sehr sein alter Herr die Anastagios verabscheute, ihre laute Energie, ihre Wärme und ihr Lachen. Es war eine irrationale Abscheu, die Mr. Muir nicht zugeben konnte, auch wenn er zufrieden gewesen war, seinen Teenager-Sohn in ihre Obhut zu geben. Sie waren einfach alles, was er nicht war.
Griff versuchte sich die Wut und die Erleichterung vorzustellen, die sein Vater fühlen würde, wenn er endlich in der Lage wäre, sein einziges Kind zu verstoßen und allein in seinem Haus wandeln könnte.
Pfffffffffffffffffft. In der Küche pfiff der Kessel auf dem Herd. Griff gelang es, seinen Ärger herunterzuschlucken.
„Haferbrei ist fertig.“ Griff war bereits auf halbem Weg zur Tür. „Du solltest was essen. Kann ich dir 'ne Schüssel machen, Pop?“
Sein Dad schüttelte seinen grauen Kopf. „Nee. Deine Mutter macht mir was, bevor ich gehe.“
Griff blinkte und blickte schnell zur Seite. Ui. Jede HotHead- Homosexuellen-Beichte verpuffte im Nichts.
Was auch immer sein Dad da in seinem eigenen Kopf trieb, war sicherlich schlimmer, als jede Strafe, die Griff ihm antun konnte. Er zog die Tür auf und schwang seinen Arsch nach drinnen, bevor sein Dad weitermachte oder mehr über seine Mutter oder seine Ehe oder irgendein anderes morbides Thema von sich gab.
Er dachte darüber nach, was Dante sagen würde, wenn er das hier im Garten mitbekommen hätte.
Zeit zu gehen, du Genie.
Er konnte sich beinahe vorstellen, wie Dantes sauberes Profil ihn mit einem comicartigen Ausdruck des Entsetzens vom Fenster aus beobachtete, die Tür aufriss und ihm erklärte, dass er den Scheiß-Haferbrei vergessen und zum nächsten Ausgang rennen sollte.
Griff würde sich noch heute eine Zeitung besorgen und anfangen, sich nach Wohnungen in der Nähe umzusehen. Das, oder mit seinem Kopf gegen die Wand rennen. Überhaupt keine Familie zu haben und wie ein Mönch zu leben, wäre immer noch besser als das hier.
Bleibe mindestens sechzig Meter zurück.
Griff schaltete den Herd aus, ließ das Wasser aber von allein abkühlen. Er machte sich auf den Weg zur Vordertür, um seine Jacke zu holen. Er wünschte, er könnte einfach bei Dante abhängen, nach gestern allerdings, schien das zweifelhaft, sogar gefährlich. Im Stone Bone musste er nicht vor sechs erscheinen. Er entschied sich dafür, für ein frühes Mittagessen ins Fernando's zu gehen. Wenn sie noch nicht geöffnet hatten, würde er auf der Bank davor warten. Auf dem Weg könnte er eine Zeitung kaufen, um schon mal die Anzeigen der Rubrik „Letzte Fluchtmöglichkeiten“ durchzusehen.