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An Bord des Öltankers Hammond-1, mit Kurs auf Adranos Island

»Alex geht es gut«, versicherte Veronica Marcus. »Ich habe ihn gesehen, obwohl er abgeführt wurde während Ihrer Ohnmacht. Ihm ist bestimmt nichts zugestoßen.«

»Können Sie später nach ihm suchen?« Marcus zitterte noch immer, weshalb sich Veronica umdrehte und nach einer Decke griff.

»Natürlich, aber Sie müssen sich jetzt ausruhen. »Sie stehen unter Schock, was ich sogar ohne Ärztediplom erkenne.«

Marcus stöhnte, als sie ihn zudeckte, und hielt seinen Armstumpf fest, während er den Verband betrachtete. »Es tut so unglaublich weh … Oh Gott, es ist, als würde eine ganze Ameisenkolonie dort fressen, wo meine Hand war, und ich spüre jeden einzelnen Biss davon.«

Veronica stand auf und schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, ich kann einfach … Ich wünschte, ich wäre Ihnen eine größere Hilfe, aber es gibt da noch eine Aufgabe, die ich erledigen muss, wie Sie bestimmt wissen.«

»Die wohl nichts mit Medizin zu tun hat, nehme ich an.« Marcus nickte und wies auf die Tür. »Gehen Sie nur, ich werd’s überleben, glaube ich zumindest.«

»Okay, aber ich bin bald wieder da.«

»Und falls Sie Alex finden …«

»Schicke ich ihn zu Ihnen, versprochen.«

Marcus stieß einen langen Seufzer aus, ein vor Flüssigkeit gurgelndes Geräusch. »Das … Sie müssen sie aufhalten. Falls dieser T-Rex wirklich lebt und noch … ich weiß nicht, etwas in sich trägt … einen Seuchenerreger oder …«

Er hielt seinen Stumpf wieder hoch. »Doc, in dieser Sache brauchen wir die hohen Instanzen, die Army oder mindestens den Gesundheitsschutz. Für wen arbeiten Sie? Bitte sagen Sie mir, dass Sie Beziehungen haben.«

Als sie ihn anschaute, machte sie ein finsteres Gesicht. Er hatte selbstverständlich Recht, doch ihren Vorgesetzten begreiflich zu machen, dass es hier um etwas noch Größeres als die Festnahme von DeKirk ging? »Habe ich, aber was soll ich denen bloß sagen? Auf einem Tanker hier liegt ein ziemlich aktiver Dinosaurier, während wir, aus Gott weiß, welchem Grund, auf irgendeine Insel zusteuern?« Sie vertiefte sich kurz in Gedanken über die Programme, die sie auf Xanders Computer gesehen hatte. »Oh Gott, vielleicht will er ja einen auf Jurassic Park machen, das Tier klonen und …«

»Einen Vergnügungspark eröffnen? Eher unwahrscheinlich«, unterbrach sie Marcus. »Das sähe DeKirk nicht ähnlich.«

»Nein. Ich wollte sagen, entweder legt er ein Reservat an und verkauft von dort aus an reiche Bastarde wie Kim Jong Il – Sammler, die keine Kosten scheuen und solche, die für einen Flug auf den Mond oder einen Ritt auf einem lebendigen Dinosaurier ein bisschen Geld veranschlagen würden.«

»Das wäre eine Möglichkeit.«

»Ja, für mich die Harmlosere. Denn die andere ist: Er macht dieses Ding irgendwie zu einer Waffe, einer Seuche, wie Sie schon sagten, einer Armee von Klonen oder einfach … Mensch, ich habe keinen blassen Schimmer. Ich weiß, DeKirk hat Xander angeheuert, und der ist dafür bekannt, biologische Stoffe für unlautere Zwecke zu verwenden, aber trotzdem: Ich muss meine Worte genau abwägen, wenn ich darum bitte, dass man uns hier heraushilft.«

»Spinnen Sie ein wenig«, schlug Marcus vor und musste husten, wobei ein wenig Blut auf die Bettdecke spritzte.

»Was?«

»Denken Sie sich etwas aus. Erzählen Sie denen – und das ist vielleicht gar nicht mal so weit weg von der Wahrheit –, jemand an Bord habe sich mit einem bislang unbekannten Virusstamm infiziert, der fürs Erste zwar auf dem Schiff eingedämmt ist, doch zum Wohle der Weltbevölkerung – und so weiter, und so fort – dürfe es nicht an Land gelangen, bevor alles genauestens analysiert sei.«

Veronica überlegte kurz. »Gute Idee. Jedenfalls ist es das Beste, was wir tun können, denn oh Mann – alles andere ist einfach über meine Kompetenzen hinausgewachsen.«

Marcus nickte mit flatternden Augenlidern. Nachdem er wieder husten musste, schien er drauf und dran zu sein, sein Bewusstsein abermals zu verlieren. Veronica ging zu ihrem Koffer und dem Satellitentelefon, als plötzlich wie aus heiterem Himmel der Schiffsalarm losheulte.

Marcus hätte fast aufgeschrien, weil er so schrill und laut war, während Veronica heftig zusammenzuckte, während die Lautsprecher der Bordfunkanlage zwischen den an- und abschwellenden Tönen knackten.

»Achtung, an alle Crewmitglieder! Bereitmachen für ein schweres Unwetter aus südwestlicher Richtung! Es wird mit starkem Wind und hohem Wellengang gerechnet. Einstellen auf Turbulenzen!«