»Les Poole ist getürmt, Sir.«
»Ach, tatsächlich?« Banks schaute von seinem morgendlichen Kaffee auf und sah Susan Gay in der Bürotür stehen. Sie trug ein cremefarbenes Kostüm, darunter eine hellblaue Bluse, die am Hals mit einer antiken Jetbrosche zugemacht war. Dazu passende tränenförmige Ohrringe hingen von ihren kleinen Ohren herab. Unter den dichten blonden Locken, die von der Morgendusche noch glitzerten, hatte sie eine gesunde, frische Gesichtsfarbe. Ihre Augen leuchteten vor Aufregung.
»Kommen Sie rein und erzählen Sie es mir«, forderte Banks sie auf.
Susan nahm ihm gegenüber Platz. Er bemerkte ihren Blick auf die Morgenzeitungen, die auf seinem Schreibtisch ausgebreitet waren. Auf allen Titelseiten konnte man die Phantombilder des Polizeizeichners von dem Lächler Chivers und seiner blonden Freundin sehen.
»Gestern Abend hat es in der Siedlung im Osten ein bisschen Krach gegeben«, begann Susan. »Laut Constable Evans, der dort Streife fährt, hat Les Poole auf der Straße gestanden und Brenda angebrüllt, dass sie ihn reinlassen soll.«
»Sie hat ihn ausgesperrt?«
»Scheint so.«
»Warum?«
»Tja, an dem Punkt wird es interessant. Constable Evans hat mit ein paar Nachbarn gesprochen. Die meisten waren ziemlich einsilbig, aber er hat einen Kerl aufgetrieben, der von seinem Schlafzimmer aus alles beobachten konnte. Er sagte, es hätte so ausgesehen, als hätten sich die anderen Nachbarn zusammengerottet und wären drauf und dran gewesen, über Poole herzufallen. Deswegen ist er weggelaufen.«
»Irgendeine Ahnung, warum - mal abgesehen von seinem erfrischenden Charakter?«
»Während sie sich gegenseitig angebrüllt haben, hat Brenda anscheinend angedeutet, dass Poole für Gemmas Verschwinden verantwortlich ist.«
»Was?«
»So hat es der Nachbar gehört, Sir. Brenda wollte von Poole immer wieder wissen, was er mit Gemma gemacht hätte.«
Banks griff nach einer Zigarette, seiner ersten heute. »Was denken Sie?«, fragte er.
»Über Poole?«
»Ja.«
»Ich weiß es nicht. Ich meine, Brenda könnte sich das alles in der Hitze des Gefechts ausgedacht haben, um ihn fertig zu machen, oder nicht?«
»Ich bin mir sicher, dass Poole etwas verheimlicht«, erklärte Banks. »Das entspricht einfach seiner Art. Aber ich habe eigentlich nie gedacht ...« Nach nur wenigen Zügen drückte er seine Zigarette aus und stand auf. »Kommen Sie. Zuerst schicken wir ein paar Leute los, um ihn zu suchen. Und dann werden wir uns noch mal mit Brenda unterhalten.« Er nahm eine der Zeitungen mit. »Außerdem wollen wir mal sehen, ob sie die Gesichter auf den Phantombildern wiedererkennt.«
Schweigend fuhren sie in die Siedlung am Ostrand der Stadt. Es war ein stürmischer Morgen, nur ab und zu drang die Sonne durch die Wolken, strahlte für ein paar Sekunden auf eine Brücke, eine Baumgruppe oder eine Häuserzeile und verschwand dann wieder. Dazu sollte man eigentlich einen passenden Soundtrack hören, dachte Banks, eine dramatische Musik, die den merkwürdigen Eindruck der Enthüllung, den die flüchtigen Lichtstrahlen vermittelten, untermalte.
Banks klopfte an die Milchglasscheibe von Brendas Tür, aber niemand machte auf. Er klopfte heftiger. Auf der anderen Straßenseite zuckte eine Gardine. Weggeworfene Plastikverpackungen und Zeitungen wehten über die Straße und wirbelten über den Asphalt.
»Die freuen sich, dass endlich mal was los ist«, bemerkte Susan und deutete mit einer Kopfbewegung auf das Haus gegenüber. »Und dann gleich zweimal in zwei Tagen. Das ist wie ein Sechser im Lotto.«
Banks klopfte erneut. Schließlich wurden seine Bemühungen belohnt; eine verschwommene Gestalt kam die Treppe herab.
»Wer ist da?«, fragte Brenda.
»Polizei.«
Sie hantierte mit dem Riegel und der Kette und ließ sie herein.
»Tut mir Leid«, sagte sie und rieb mit dem Handrücken über ihre Augen. »Ich habe fest geschlafen. Muss an diesen Pillen liegen, die mir der Arzt gegeben hat.«
Sie sah furchtbar aus, fand Banks. Verfilztes und zerzaustes Haar, das mal wieder gründlich gewaschen gehörte, ein verquollenes Gesicht, fleckige Haut und rote Augen. Sie trug einen weißen Frotteebademantel und, wie man sehen konnte, nachdem sie im Wohnzimmer Platz genommen hatte, nichts darunter. Als sie sich nach vorne beugte, um eine Zigarette vom Tisch zu nehmen, öffnete sich der Bademantel ein wenig und entblößte ihre üppigen, runden Brüste. Ungeniert zog sie das Revers zusammen und ließ sich zurück in den Sessel fallen. Banks und Susan setzten sich ihr gegenüber auf das Sofa.
»Was ist?«, fragte Brenda, nachdem sie einen tiefen Zug inhaliert hatte. »Haben Sie Gemma gefunden?«
»Nein«, entgegnete Banks. »Wir kommen wegen Les.«
Sie schnaubte. »Ach, der. Tja, er ist verschwunden, und ich bin froh, dass ich ihn los bin.«
»Das habe ich gehört. Haben Sie eine Ahnung, wohin er verschwunden ist?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Warum haben Sie ihn rausgeschmissen, Brenda?«
»Das sollten Sie eigentlich am besten wissen. Sie haben ihn doch gestern Abend aufs Revier geschleppt, oder?«
»Wissen Sie, dass Ihre Nachbarn ihn fast gelyncht hätten?«
»Na und?«
»Brenda, jemanden derart zu beschuldigen, wie Sie es getan haben, ist gefährlich, besonders vor all den Leuten. Man weiß doch aus Erfahrung, wie die Leute reagieren, wenn es um Kinder geht. Da kennen sie keinen Spaß mehr. Es gibt Berichte darüber, dass Menschen von einem wütenden Mob in Stücke gerissen wurden.«
»Ja, ich weiß. Ich weiß genau, was die Leute mit Kinderschändern tun. Und die haben es auch nicht besser verdient.«
»Hat sich Les an Gemma vergangen? Ist es das?«
Brenda blies Rauch aus und seufzte. »Nein«, erwiderte sie. »Nein, so etwas hat er nie getan.«
»Vielleicht, wenn Sie nicht da waren?«
»Nein. Das hätte ich gewusst. Gemma hätte ...« Sie hielt inne und starrte auf die Glut ihrer Zigarette.
»Vielleicht hätte es Gemma Ihnen nicht erzählt«, gab Banks zu bedenken. »Sie haben uns selbst gesagt, dass sie ein stilles, verschlossenes Kind war. Und wenn solche Sachen passieren, haben Kinder fast immer Angst, es zu sagen.«
»Nein«, wiederholte Brenda. »Ich hätte es gewusst. Glauben Sie mir.«
Ob er ihr nun glaubte oder nicht, Banks hatte das Gefühl, mit diesen Fragen in eine Sackgasse geraten zu sein. »Was bringt Sie dann zu der Annahme, dass Les etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hat?«, fragte er.
Brenda runzelte die Stirn. »Sie haben ihn zum Verhör aufs Revier gebracht, oder etwa nicht?«
»Wie kommen Sie darauf, dass es etwas mit Gemma zu tun hatte?«
»Womit denn sonst?«
»Also haben Sie es nur vermutet. Richtig?«
»Natürlich. Außer ...«
»Außer was?«
Brenda errötete und Banks bemerkte ihren verstohlenen Blick zum Fernsehapparat.
»Glauben Sie, dass es um den Einbruch in Fletchers Warenhaus ging?«
Brenda schüttelte den Kopf. »Ich ... ich weiß es nicht.«
»Hat Les mal einen Bekannten namens Carl Johnson erwähnt?«
»Nein. Er hat nie über seine Kneipenbekanntschaften gesprochen. Wenn ich ihn mal gefragt habe, wo er gewesen ist oder mit wem er zusammen war, dann hat er mir nur gesagt, ich solle mich um meine Angelegenheiten kümmern.«
»Hören Sie, es ist wichtig«, sagte Banks langsam. »Denken Sie darüber nach. Hatten Sie gestern Abend für Ihre Beschuldigungen gegenüber Les noch eine andere Grundlage als die Tatsache, dass wir ihn für eine Befragung aufs Revier geholt haben?«
»Wie?«
Banks erklärte es ihr. Brenda beugte sich vor, um ihre Zigarette auszudrücken. Diesmal hielt sie ihren Bademantel zu. »Das und die Art, wie er sich verhalten hat«, erklärte sie.
»Was meinen Sie damit?«
»Es ist schwer zu sagen. Seitdem Gemma ... also, es war nicht mehr so wie früher zwischen uns. Wissen Sie, was ich meine?«
Banks nickte.
»Ich weiß nicht, warum, aber es war anders. Und er hat immer nur so verlegen geguckt und ist die ganze Zeit mit einem schuldbewussten Lächeln herumgeschlichen. Hauptsächlich ist er mir aber aus dem Weg gegangen.«
»In welcher Weise könnte er in die Sache verwickelt sein, Brenda?«, schaltete Susan sich ein.
Brenda schaute sie von der Seite an, als würde sie Susan das erste Mal sehen. »Woher soll ich das wissen?«, fragte sie. »Ich bin nicht der Detektiv, oder?« Sie sprach mit Susan schroffer als mit Banks. Von Frau zu Frau, dachte er, fühlte sich Brenda Scupham unwohl.
Banks lenkte die Aufmerksamkeit behutsam wieder von Susan ab. »Brenda, haben Sie denn überhaupt irgendeinen Beweis dafür, dass Les etwas mit Gemmas Verschwinden zu tun hat?«
»Nein. Es ist nur so ein Gefühl.«
»Okay. Das will ich nicht abtun. Was Sie uns über Mr Brown und Miss Peterson erzählt haben, das hat aber alles gestimmt, oder?«
»Ja. Genau so ist es passiert.«
Banks zeigte ihr die Zeitungsbilder von Chivers und der Blondine. »Erkennen Sie diese Leute?«
Sie warf einen kurzen Blick auf die Bilder. »Das könnte er sein. Das Haar hat zwar eine andere Farbe, aber sonst ist es gleich. Aber bei ihr weiß ich nicht so genau. Mit hochgesteckten Haaren sieht man immer gleich ganz anders aus. Aber er ... ich glaube ... ja ... das könnte er sein.«
Banks legte die Zeitung zur Seite. »Sie haben uns gesagt, dass Les nicht zu Hause war, als die beiden kamen.«
»Stimmt. Er war im Pub.«
»Wie hat er reagiert, als sie es ihm erzählt haben?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»War er geschockt, verärgert oder was?«
Brendas Augen füllten sich mit Tränen. »Er hat gesagt, ich wäre eine dumme Kuh, weil ich ihnen Gemma einfach mitgegeben hätte ... aber ...«
»Aber was?«
Sie rieb mit den Handrücken über ihre Augen. »Ich brauche eine Tasse Tee. Ohne eine Tasse Tee komme ich morgens einfach nicht in die Gänge. Wollen Sie auch welchen?«
»Gerne«, sagte Banks. Vielleicht war es gar keine schlechte Idee, ihr ein paar Minuten Zeit zu geben, um sich seine Frage durch den Kopf gehen zu lassen.
Während Brenda in die Küche ging, um Tee zu machen, warteten Banks und Susan schweigend. Draußen fuhr ein Wagen vorbei, ein Hund bellte und zwei lachende Kinder kickten eine Dose über die Straße. Der Wind pfiff durch die schlecht isolierten Fenster, der Luftzug bauschte die Gardinen auf. Banks betrachtete das Porträt von Elvis: ein wirklich lächerliches, einem aufgedunsenen und aufgedonnerten Idol gewidmetes Stück Kitsch.
Als Jugendlicher war er ein großer Elvis-Fan gewesen. Er hatte all die fürchterlichen Filme der sechziger Jahre gesehen, in denen Elvis meistens einen leicht pummeligen, am Strand herumhängenden Gammler spielte. Außerdem hatte er jede neue Single gekauft, die herausgekommen war. Aber irgendwie schien Elvis nach den Beatles, nach Bob Dylan, den Rolling Stones und allen anderen nicht mehr wichtig gewesen zu sein.
Trotzdem erinnerte er sich, wie er in der Nacht, als June Higgins wegen John Hill mit ihm Schluss gemacht hatte, immer wieder »They Remind Me Too Much of You« gehört hatte. Zu der Zeit hatte er gerade ein MesserschmittModell zusammengebaut, vielleicht waren deshalb die Klebstoffdämpfe schuld daran gewesen, dass seine Augen tränten. Schnüffeln hatte man damals noch nicht erfunden. Er war dreizehn gewesen; jetzt war Elvis tot, lebte aber in grellen Ölgemälden wie diesem weiter.
Der Wasserkessel pfiff. Als das Pfeifen stoppte, hörte Banks Brenda nach oben gehen. Kurze Zeit später kam sie mit der Teekanne und drei Bechern herein. Sie hatte die Gelegenheit genutzt, sich anzuziehen, schnell ihr Haar zu bürsten und sich ein bisschen zu schminken.
»Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte sie und schenkte den Tee ein. »Da ist Milch und Zucker, wenn Sie wollen.« Susan bediente sich mit einem Spritzer Milch und zwei Teelöffeln Zucker. Brenda und Banks tranken ihren Tee so, wie er war.
»Bei Les' Reaktion, als Sie ihm erzählt haben, was mit Gemma passiert ist.«
»Genau. Ich habe darüber nachgedacht, während der Tee gezogen ist«, sagte Brenda. »Zuerst hat er mir nicht geglaubt. Ich würde sagen, er war vor allem überrascht. Aber dann ... also, er hat sich von mir abgewendet und ich konnte sein Gesicht nicht sehen. Aber es war so, als würde er etwas wissen oder vermuten und nicht wollen, dass ich ihm das ansah. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Ich glaube schon.«
»Ich konnte es genau spüren. Ich weiß, dass ich dafür keinen Beweis oder so habe, doch manchmal kann man den Menschen bestimmte Dinge anmerken, oder? Lenora meint, ich hätte auch ein bisschen hellseherische Fähigkeiten, vielleicht liegt es daran. Aber ich habe keine Sekunde gedacht, dass er etwas damit zu tun hätte. Wie denn auch? Was sollte Les mit diesen beiden gut gekleideten Leuten zu tun haben, die bei mir vorbeigekommen sind? Außerdem haben wir zusammengewohnt. Er hat sich zwar nicht viel aus Gemma gemacht, sie ist ihm sogar auf die Nerven gefallen, aber er hätte ihr nie etwas angetan. Also, er war wirklich überrascht und bestürzt, da bin ich mir sicher. Aber als er kapiert hatte, was passiert war, schien er über etwas nachzudenken und sich den Kopf zu zerbrechen. Ich habe es versucht zu verdrängen, aber es ließ mir keine Ruhe. Danach kamen wir eigentlich nie wieder gut miteinander zurecht. Ich bin froh, dass er weg ist.« Als wäre sie überrascht, so viel gesagt zu haben, hielt sie inne und nahm sich dann eine Zigarette.
»Was hat Sie dazu veranlasst, ihn gestern Abend zu beschuldigen?«, wollte Banks wissen.
»Das war nur etwas, was mir immer im Kopf herumschwirrte. Wie gesagt, ich habe eigentlich nie geglaubt, dass er etwas damit zu tun hat. Mich ließ nur dieses Gefühl nicht los, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich schätze, ich bin ausgerastet, einfach nur so. Ich konnte nicht anders.«
»Und was ist jetzt?«
»Was?«
»Sie haben gesagt, zuerst hätten Sie nicht geglaubt, dass Les etwas mit Gemmas Verschwinden zu tun hatte. Wie sehen Sie das jetzt?«
Brenda blies auf ihren heißen Tee, den Becher mit beiden Händen umklammert, dann schaute sie hoch zu Banks und schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«, flüsterte sie. »Ich weiß es einfach nicht.«
Banks und Jenny liefen im Regen über das Kopfsteinpflaster ins Queen's Arms. Drinnen schüttelten sie ihre Mäntel aus und hängten sie auf.
»Also einen doppelten Brandy?«, fragte Banks.
»Nein. Nein, wirklich nicht, Alan. Ich hatte es nicht so gemeint«, entgegnete sie. »Nur einen kleinen Scotch mit Wasser, bitte.«
Jetzt war sie verlegen. Sie setzte sich an einen Tisch am Fenster und legte ihre Tasche auf den Stuhl neben sich. Sie war in Banks' Büro gewesen und hatte das gesamte Material zu dem Mord an Johnson durchgesehen - Aussagen, Laborberichte, den ganzen Kram -, und als sie zu den Fotos seiner Leiche gekommen war, war sie blass geworden und hatte gesagt, sie bräuchte einen Drink. Sie hatte keine Ahnung, warum die Bilder eine solch starke Wirkung auf sie ausübten, schließlich hatte sie schon ähnliche Fotos in Lehrbüchern gesehen, aber plötzlich war ihr schwindelig und übel geworden. Vielleicht hatte es daran gelegen, dass der Bauch einem riesigen Fischmaul gleich auseinander klaffte ... nein, sie wollte nicht wieder daran denken.
Banks kam mit den Drinks zurück und griff nach seinen Zigaretten.
»Tut mir Leid«, sagte sie. »Du musst mich für völlig bescheuert halten.«
»Überhaupt nicht. Ich habe vorher einfach nicht daran gedacht. Ich hätte dich vorbereiten sollen.«
»Egal, jetzt geht es mir wieder besser.« Sie hob ihr Glas. »Cheers.«
»Cheers.«
Durch eine klare, regenverschmierte Scheibe konnte sie hinaus auf die Market Street sehen. Junge Mütter mit Regenhüten aus Plastik auf dem Kopf schoben Kinderwagen vorbei; Lieferwagen blockierten den Verkehr, während Männer in weißen Kitteln, scheinbar ohne den Wolkenbruch wahrzunehmen, Kisten in die Geschäfte trugen und wieder herausschleppten. Der ganze kommerzielle Rummel, der für ein blühendes englisches Marktstädtchen so wichtig war. So normal. Sie erschauderte.
»Habe ich richtig verstanden, ihr geht jetzt davon aus, dass beide Fälle zusammenhängen?«, fragte sie.
Banks nickte. »Ja, im Augenblick schon. Ich habe mir die Unterlagen zu dem Gemma-Scupham-Fall durchgelesen und den Superintendent über die Johnson-Sache in Kenntnis gesetzt. Wie kommst du übrigens mit ihm klar?«
Jenny lächelte. »Gut. Wenn man ihn erst mal ein bisschen kennen gelernt hat, scheint er gar nicht mehr so ein Unmensch zu sein.«
»Stimmt, das ist er nicht. Wir wissen jetzt jedenfalls, dass die Manleys Gemma entführt haben und dass der wirkliche Name des Mannes aller Wahrscheinlichkeit nach Chivers ist. Wer die Frau ist, wissen wir aber immer noch nicht.«
»Aber ihr könnt nicht mit Sicherheit sagen, dass Chivers Johnson ermordet hat, oder?«
»Nein. Mir ist klar, dass das alles noch ein bisschen dünn ist, aber wenn solche Verbindungen zwischen zwei schweren Verbrechen bestehen, kann man sie einfach nicht übersehen. In einer Großstadt vielleicht, aber nicht in Eastvale.«
»Und selbst wenn er es getan hat, weißt du nicht, ob die Frau dabei war?«
»Nein.«
»Was willst du dann also von mir?«
»Zunächst einmal möchte ich Folgendes wissen: Glaubst du, beide Verbrechen könnten, psychologisch gesehen, von demselben beziehungsweise von denselben Menschen begangen worden sein?«
Jenny holte tief Luft. »Die beiden Verbrechen sind sehr unterschiedlich. Ich kann da wirklich kein Muster entdecken.«
»Gibt es keine Gemeinsamkeiten?«
Jenny dachte einen Moment nach und die Bilder von Johnsons Leiche kehrten zurück. Sie nippte an ihrem Drink. »Nach allem, was ich gesehen und gehört habe«, erklärte sie, »würde ich sagen, beide Verbrechen zeugen von einem völligen Mangel an Mitgefühl seitens des Verbrechers, was darauf hinweist, dass wir es mit einem Psychopathen zu tun haben. Sollte das der Fall sein, dann ist er wahrscheinlich nicht sexuell an Gemma interessiert, sondern nur an seiner Macht über sie, die er vielleicht gegenüber der Frau demonstrieren will. Das habe ich dem Superintendent schon bei unserem letzten Treffen erläutert.« Sie fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Mehr kann ich einfach nicht sagen.«
»Denk an den Mord an Johnson.«
Jenny beugte sich vor und legte ihre Hände auf den Tisch. »Na gut. Das Paar, das Gemma entführt hat, hat überhaupt kein Mitgefühl für die Mutter gezeigt. Wer auch immer Johnson ermordet hat, hat seinen Schmerz nicht wahrgenommen, und falls doch, dann hat er ihn genossen. Du weißt besser als ich, dass es viele Formen von Mord gibt. Er kann in der Hitze des Gefechts geschehen. Häufig wird dadurch eine gewisse Distanz geschaffen, dass zum Beispiel eine Schusswaffe benutzt wird. Selbst der klassische Giftmörder zieht es oft vor, weit weg zu sein, wenn das Gift wirkt. Hier haben wir es jedoch mit jemandem zu tun, der, nach der Beweislage, die du mir geschildert hast, seinem Opfer tatsächlich sehr nahe war und ihm in die Augen geschaut hat, während er es langsam tötete. Wärst du dazu imstande? Wäre ich es? Ich glaube nicht. Die meisten von uns können den Schmerz eines anderen bis zu einem gewissen Grad nachempfinden - wir stellen uns vor, wie es wäre, wenn wir den Schmerz am eigenen Leibe erleiden müssten. Aber es gibt einen Menschentyp, bei dem das nicht so ist: den Psychopathen. Ein Psychopath kann sich nicht in den Schmerz eines anderen hineinversetzen, er kann sich nicht vorstellen, dass er ihm selbst zugefügt wird. Er ist so ichbezogen, dass es ihm völlig an Mitgefühl mangelt.«
»Du sagst die ganze Zeit >er<.«
Jenny gab ihm einen scherzhaften Klaps auf das Handgelenk. »Du weißt genauso gut wie ich, dass die meisten Psychopathen, statistisch gesehen, Männer sind. Und es könnte ziemlich interessant sein, einmal herauszufinden, warum das so ist. Aber das ist ein anderes Thema. Auf jeden Fall besteht, nach meinem Wissensstand, darin die Gemeinsamkeit zwischen den beiden Verbrechen. Aber es gibt auch noch andere Faktoren, die in das Bild des Psychopathen passen: die offensichtliche Unverfrorenheit und Kühnheit, mit der Gemma entführt wurde; der Charme, den Chivers ihrer Mutter gegenüber an den Tag legte; die List, die er angewandt haben muss, um Johnson zur Mine zu locken, wenn es denn tatsächlich so passiert ist. Und man kann wohl außerdem davon ausgehen, dass er manipulativ, impulsiv, egozentrisch und verantwortungslos ist. Du trinkst ja gar nichts, Alan. Stimmt was nicht?«
»Was? Nein, nein. Ich schone nur meine Leber. In ein paar Stunden muss ich mich mit Jim Hatchley zum Essen treffen.«
»Ist er wieder in der Stadt?«
»Nur für einen kleinen Job.«
Jenny hob ihre Hand. »Sag nichts. Ich will nichts darüber wissen. Ich verstehe wirklich nicht, warum du den Mann magst.«
Banks zuckte mit den Achseln. »Jim ist in Ordnung. Aber zurück zu Chivers. Und wenn er Carl Johnson aus Selbstschutz ermordet hat?«
»Das ändert nichts an seiner Methode, oder?«
»Stimmt.« Banks zündete sich eine neue Zigarette an. »Also, ich erzähle dir, worauf ich hinauswill. Kurz bevor du gekommen bist, habe ich mit meinem alten Freund Barney Merritt von Scotland Yard gesprochen, und er hat mir erzählt, dass das Kriminalamt tatsächlich eine Akte über Chivers führt. Sie konnten ihn nie für irgendetwas einsperren, aber hin und wieder haben sie Berichte über seine mutmaßlichen Aktivitäten erhalten und die hatten für gewöhnlich etwas mit dem organisierten Verbrechen zu tun. Vor vier Jahren hätten sie ihn fast einmal geschnappt. Ein Außenstehender, der bei einer Schutzgelderpressung in Birmingham mitmischen wollte, wurde auf einer Baustelle mit einer Kugel im Kopf gefunden. Die Polizei wusste, dass Chivers mit den Gangs dort oben zu tun hatte, außerdem hatten ihn ein paar Zeugen mit dem Opfer in einem Pub nahe der Baustelle gesehen. Doch sobald es ernst wurde, begannen die Zeugen ihr Gedächtnis zu verlieren.«
»Alan, willst du mir erzählen, dass der Mann ein Killer oder so etwas ist?«
Banks machte eine abwehrende Handbewegung. »Nein, Moment, lass mich ausreden. Die meisten Informationen in den Akten des Kriminalamtes betreffen seine mutmaßliche Verbindung zu den Verbrecherbanden in London und in Birmingham: Auftragsmorde, Zeugen mundtot machen, Schulden eintreiben und solche Sachen. Aber es geht das Gerücht um, dass er nebenbei, wenn das Geschäft schlecht läuft, einem kleinen Mord oder Gemetzel nicht abgeneigt ist, nur so zum Spaß. Und laut Barney haben seine Auftraggeber vor ungefähr einem Jahr begonnen, ihm zu misstrauen. Sie halten sich auf Distanz. Aber bewiesen ist das nicht, das sind alles nur Gerüchte.«
»Interessant«, sagte Jenny. »Gibt es noch mehr?«
»Nur ein paar Einzelheiten. Bei drei Mordfällen im Süden gilt er als Hauptverdächtiger - jeweils ohne den geringsten Beweis. In einem Fall soll das Opfer vor dem Mord noch schwer gefoltert worden sein. Außerdem gibt es Gerüchte über ein oder zwei vierzehnjährige Mädchen, die er im Bett ziemlich rüde behandelt haben soll.«
Jenny schüttelte den Kopf. »Siehst du zwischen diesen Fällen und Gemma eine Art Zusammenhang? Ich halte das für höchst unwahrscheinlich.«
»Aber wieso? Er steht auf harten und abartigen Sex. Er steht auf junge Mädchen. Was passiert, wenn Vierzehnjährige nicht mehr reizvoll genug sind?«
»Die Tatsache, dass er auf Sex mit vierzehn Jahre alten Mädchen steht, lässt psychologisch in keiner Weise darauf schließen, dass er an Siebenjährigen interessiert sein könnte. Eher im Gegenteil.«
Banks runzelte die Stirn. »Verstehe ich nicht.«
»Das ist auch ein Punkt, den ich bei meinen Nachforschungen herausgefunden habe. Je jünger das Kind ist, desto älter ist, laut Statistik, aller Wahrscheinlichkeit nach der Pädophile. Dein Chivers scheint ein Typ zu sein, der genau im richtigen Alter für ein krankhaftes Interesse an Vierzehnjährigen ist. Aber, weißt du, wenn du mir keinerlei Informationen zu Gemmas Entführung gegeben hättest, würde ich sagen, du musst nach jemandem über vierzig suchen, höchstwahrscheinlich nach einem Mann, der Gemma kannte - ein Freund der Familie, ein Nachbar oder sogar ein Verwandter -, der in der Gegend wohnt, auf jeden Fall nicht weit weg, und der wahrscheinlich allein lebt. Ich würde bestimmt nicht nach einem jungen Paar aus Birmingham oder sonst woher suchen.«
Banks schüttelte den Kopf. »Gut, gehen wir wieder zum Ausgangspunkt zurück. Sag mir, was du von folgendem Szenario hältst: Wir wissen, dass eine Menge Psychopathen ein lukratives Auskommen im organisierten Verbrechen gefunden haben. Sie sind bestens geeignet, den Leuten Angst einzujagen, sie sind clever und sie geben hervorragende Mörder ab. Das Problem ist, dass sie schwer zu kontrollieren sind. Was macht man also mit einem Psychopathen, der sich für das Geschäft eher als Belastung denn als Vorteil erweist? Man versucht, ihn vom Geschäft fern zu halten, und hofft inständig, dass er keinen Groll hegt. Oder man lässt ihn töten und der Kreislauf geht weiter. Seine alten Bosse haben Chivers nicht mehr vertraut, Jenny. Er ist eine Persona non grata geworden. Sie haben Angst vor ihm. Für sein Vergnügen muss er nun selbst sorgen.«
»Mmm.« Jenny schwenkte ihr Glas und nahm noch einen Schluck. »Das ergibt schon irgendwie einen Sinn, aber ich bezweifle, dass es genauso ist. Wenn er schwer zu kontrollieren ist, dann bedeutet das zunächst einmal vor allem, dass er die Kontrolle über sich selbst verliert. Nach dem, was du mir erzählt hast, muss Chivers einmal eine unglaublich organisierte Persönlichkeit und im hohen Maße kontrolliert gewesen sein. Aber Psychopathen sind auch hochgradig labil. Sie neigen zum Zusammenbruch. Seine Persönlichkeit könnte sich zu einem chaotischen Typen hin wandeln und jetzt könnte er sich genau in der Mitte dieser Entwicklung befinden, in der Phase, wo alles durcheinander gerät. Die meisten Serienmörder zum Beispiel töten, bis sie geschnappt werden oder völlig den Bezug zur Realität verlieren. Das ist der Grund, warum kaum welche von ihnen über vierzig sind. Bis dahin sind sie entweder gefasst worden oder sie sind hoffnungslos verrückt geworden.«
Banks drückte seine Zigarette aus. »Willst du sagen, dass Chivers zu einem Serienmörder werden könnte?«
Jenny zuckte mit den Achseln. »Nicht unbedingt, aber es ist möglich, oder? Er passt nicht ins allgemeine Bild eines Pädophilen und befindet sich auf jeden Fall in einem Stadium der Veränderung. Ja, das ergibt einen Sinn, Alan. Ich behaupte nicht, dass es so sein muss, aber es entspricht eindeutig den Informationen, die du mir gegeben hast.«
»Und jetzt?«
Jenny schauderte. »Das kann ich auch nur raten. Was auch immer es ist, du kannst dir sicher sein, dass es nicht besonders angenehm sein wird. Wenn er gerade in der Phase steckt, wo er die Kontrolle allmählich verliert, dann wird er wahrscheinlich impulsiv und unberechenbar sein.« Sie trank ihr Glas aus. »Deshalb gebe ich dir einen guten Rat.«
»Und zwar?«
»Wenn das alles stimmt, dann sei sehr vorsichtig. Dieser Mann ist eine tickende Zeitbombe. Er ist sehr gefährlich. Vielleicht sogar gefährlicher, als du dir bewusst bist.«
»Mein Glückwunsch«, sagte Banks. »Wirklich, Jim. Ich freue mich für Sie. Warum haben Sie mir das denn nicht schon früher erzählt?«
»Ja, äh ... wir waren nicht sicher.« Sergeant Hatchley wurde rot. Typisch für einen Mann aus Yorkshire, dem es schwer fiel, Gefühle auszudrücken.
Die beiden saßen in dem großen, mit Eiche vertäfelten Speisesaal des Red Lion Hotels, einem gewaltigen Gebäude beim Kreisel am Südrand von Eastvale. Hatchley sah jetzt schon wieder etwas gesünder aus als bei seiner Ankunft am Nachmittag. Da konnte man seinen Augen und seiner Haut noch die Spuren eines Katers ansehen, jetzt aber hatte er seine normale rötliche Gesichtsfarbe und diesen Erzähl-mirnoch-einen-Witz-Blick in seinen blassblauen Augen wiedererlangt. Für ein paar Augenblicke wurde sein Gesicht nun allerdings noch etwas röter und seine Augen füllten sich mit Stolz. Banks gratulierte ihm zur Schwangerschaft seiner Frau. Sie erwartete ihr erstes Kind.
»Wann ist es so weit?«, wollte Banks wissen.
»Keine Ahnung. Dauert das nicht normalerweise neun Monate?«
»Ich habe nur gedacht, dass der Arzt Ihnen einen Termin genannt hat.«
»Carol vielleicht. Aber mir hat sie nichts gesagt. Das ist ein prächtiges Stück Fleisch.« Er schnitt von seinem erstklassigen Roastbeef ab und spülte den Happen mit einem Schluck Theakston's Bitter hinunter. »Ah, tut gut, wieder zu Hause zu sein.«
Banks aß Lamm und trank Rotwein. Nicht, dass er eine Abneigung gegen Theakston's Bitter entwickelt hätte, aber das Red Lion servierte einen anständigen roten Bordeaux, und es wäre eine Schande, ihn zu übergehen. »Sie betrachten Eastvale immer noch als Ihr Zuhause?«, fragte er.
»Ich bin hier aufgewachsen«, antwortete Hatchley mit dem Mund voller Yorkshire-Pudding. »Das hat man im Blut.«
»Wie gefällt Ihnen die Küste?«
»Es ist in Ordnung da. Der Sommer war gut.« Sergeant Hatchley war hauptsächlich deshalb nach Saltby Bay zwischen Scarborough und Whitby versetzt worden, damit Phil Richmond auf der Karriereleiter nach oben klettern konnte. Hatchley war ein guter Sergeant und würde es immer bleiben; Richmond dagegen, vermutete Banks, würde es wahrscheinlich mindestens zum Chief Inspector bringen, seinem eigenen Dienstgrad, und vielleicht noch weiter, wenn er auf der Höhe mit der neuesten Computertechnologie blieb und noch etwas mehr Initiative und Führungsqualitäten entwickelte. Susan Gay, die erst seit neuestem Constable in der Kriminalabteilung war, bewies eine Menge Initiative, die allerdings nicht immer zum beabsichtigten Ziel führte.
»Höre ich da einen Anflug von Heimweh heraus?«, fragte Banks.
Hatchley grinste. »Ich will mal so sagen: Es ist ein bisschen wie Urlaub. Das Problem ist - und ich hätte nie gedacht, dass ich mich darüber mal beschweren würde -, es ist ein Urlaub, der nicht aufhören will. Außer etwas organisiertem Taschendiebstahl während der Saison, ein paar Einbrüchen oder ab und zu ein bisschen Ärger mit den Buchmachern läuft da draußen wirklich nicht viel, worum sich die Kriminalpolizei kümmern muss. Papierkram hauptsächlich, ein Schreibtischjob.« Das letzte Wort stieß er mit dem typisch verächtlichen Brummton eines Mannes aus Yorkshire aus.
»Ich dachte, sonst würden Sie es genießen.«
»Ich bin vielleicht ein fauler Sack, aber ich bin schließlich noch nicht im Rentenalter. Sie kennen mich, etwas Action ab und zu gefällt mir ganz gut. Da draußen habe ich die Hälfte der Zeit das Gefühl, ich bin gestorben und in Harrogate gelandet - nur dass ich am Meer bin.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Jim?«
Hatchley zögerte einen Augenblick, dann legte er sein Messer und seine Gabel hin. »Ich will es freiheraus sagen. Vorläufig kommen wir zurecht, Carol und ich, aber glauben Sie, es gibt eine Möglichkeit für uns, nach Eastvale zurückzukommen, wenn das Baby geboren ist?«
Banks nippte an seinem Wein und dachte einen Moment nach.
»Hören Sie«, sagte Hatchley, »ich weiß, dass der Superintendent mich nicht mag. Hat er noch nie. Mir war das schon klar, bevor Sie auf der Bildfläche erschienen sind.«
Vor dreieinhalb Jahren, dachte Banks. War das wirklich erst dreieinhalb Jahre her? So viel war in dieser Zeit passiert. Er hob seine Augenbrauen.
»Aber wir beide kommen doch gut miteinander klar, oder?«, fuhr Hatchley fort. »Es hat zwar eine Weile gedauert und wir hatten nicht gerade den besten Start. Aber ich kenne meine Fehler. Ich habe auch meine Stärken, will ich nur sagen.«
»Das weiß ich«, antwortete Banks. »Und Sie haben Recht.« Er erinnerte sich, dass er zwei Jahre gebraucht hatte, um Sergeant Hatchley mit dem Vornamen anzusprechen. Bis dahin hatte er einen widerwilligen Respekt für die Zähigkeit des Mannes entwickelt. Hatchley ging zwar immer die einfachsten Wege, handelte auf unorthodoxe und oft riskante Weise, aber im Allgemeinen erreichte er, was von ihm verlangt wurde. Mit anderen Worten, er war eine Art Einzelgänger, genau wie Banks selbst, und er war weder so dumm noch so rüpelhaft, wie Banks am Anfang geglaubt hatte.
Außer mit Gristhorpe fühlte sich Banks am meisten mit Hatchley wohl. Phil Richmond war in Ordnung und so weit ganz nett, aber er schien immer etwas unnahbar und mit sich selbst beschäftigt zu sein. Aber um Gottes willen, dachte Banks, was sollte man von einem Mann erwarten, der Science-Fiction-Bücher las, New-Age-Musik hörte und die Hälfte seiner Zeit Computerspiele spielte? Susan Gay war zu mürrisch und zu empfindlich, als dass man sich in ihrer Gegenwart wirklich hätte wohl fühlen können; andererseits bewunderte er ihre Courage und ihren gesunden Menschenverstand.
»Es liegt nicht in meiner Hand«, meinte Banks schließlich. »Das wissen Sie. Aber so wie sich Phil macht, würde es mich nicht überraschen, wenn er über kurz oder lang zu Scotland Yard versetzt wird.«
»Ja, Phil war immer ein ehrgeiziger Junge.«
Er hatte das ohne Verbitterung gesagt, doch Banks war klar, dass es Hatchley gekränkt haben musste, in der Provinz aufs Abstellgleis geschoben zu werden, um der Karriere eines Jüngeren nicht im Wege zu stehen. Eine Versetzung von der Verkehrspolizei in den Kriminaldienst war nicht mehr per se eine »Beförderung« - ein Sergeant war ein Sergeant, egal, ob er oder sie nun den Vorsatz »Detective« trug oder nicht -, obwohl manche, wie Susan Gay, es tatsächlich als Zeichen der Anerkennung für besondere Fähigkeiten betrachteten. Manche Detectives wurden wieder zurück zur uniformierten Polizei versetzt, andere kehrten aus freien Stücken zurück. Aber Banks wusste, dass Hatchley keinerlei Verlangen danach hatte, wieder auf Streife zu gehen oder Streifenwagen zu fahren. Er wollte als Detective Sergeant nach Eastvale zurückkommen, und da Richmond den gleichen Dienstgrad bekleidete, hatten sie einfach keinen Platz für ihn.
Banks zuckte mit den Achseln. »Was soll ich sagen, Jim? Haben Sie Geduld.«
»Kann ich mit Ihrer Unterstützung rechnen, wenn sich die Situation ergibt?«
Banks nickte. »Können Sie.« Bei der Vorstellung, dass Jim Hatchley und Susan Gay zusammenarbeiteten, musste er unwillkürlich lächeln. O ja, wenn Sergeant Hatchley nach Eastvale zurückkam, lagen lustige und stürmische Zeiten vor ihnen.
Hatchley trank sein Bier aus und schaute Banks in die Augen. »Na gut, dann ist das geklärt. Eine Nachspeise?«
»Für mich nicht.«
Hatchley winkte die Kellnerin heran und bestellte ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte, eine Tasse Kaffee und ein weiteres Pint Theakston's. Banks blieb bei seinem Glas Rotwein, das noch halb voll war.
»Dann kommen Sie mal zur Sache«, schlug Hatchley vor, während er sich die Torte schmecken ließ.
Banks gab ihm eine Zusammenfassung des Falles mit all seinen bisherigen Verwicklungen und erklärte ihm dann, was er von ihm wollte.
»Das wird mir ein Vergnügen sein«, meinte Hatchley lächelnd.
»Und in der Zwischenzeit können Sie sich darauf konzentrieren, diese Dusche oder was es ist zu installieren. Ich kann nicht sagen, wie lange wir noch brauchen. Es hängt davon ab.«
Hatchley zog eine Grimasse. »Ich hoffe, eher früher als später.«
»Schwierigkeiten?«
»Ach, eigentlich nicht. Wie Sie wissen, habe ich ein paar Tage Urlaub. In Saltby ist im Moment sowieso nicht viel los und Carol kommt allein klar. Sie hat sich da draußen einen ziemlich großen Freundeskreis aufgebaut, und seit das Baby unterwegs ist, werden wir diese Leute überhaupt nicht mehr los. Sie wissen ja, wie die Frauen bei solchen Dingen dahinschmelzen. Man kann die verdammten Stricknadeln schon fast bis hierher klappern hören. Nein, es könnte einfach nur bedeuten, dass ich länger als nötig bei meinen Schwiegereltern bleiben muss, das ist alles.«
»Kommen Sie nicht miteinander aus?«
»Das ist es nicht. Im Juli waren sie zwei Wochen bei uns. Es ist nur ... tja, Sie wissen ja, wie es mit Schwiegereltern so ist.«
Banks erinnerte sich an Mr und Mrs Ellis von Hatchleys Hochzeit letztes Jahr zu Weihnachten. Besonders Mrs Ellis war anscheinend wütend gewesen, dass Hatchley zu lange auf der Feier geblieben war und zu viel getrunken hatte. Aber andererseits, dachte er, konnte man ihr nicht verübeln, dass sie irritiert war. »Sie billigen Ihr Trinken nicht?«, vermutete er.
»Das klingt ja jetzt, als wäre ich ein Alkoholiker oder so was«, entrüstete sich Hatchley. »Nur weil man sich mal ab und zu ein oder zwei Glas Bier gönnt... Nein, sie sind religiös. Die beten das Evangelium rauf und runter«, seufzte er, als würde das alles erklären. »Sie wissen schon, sonntags in die Kirche und der ganze Kram. Na, egal.« Er streckte sich und zog den Bauch ein. »Ein Mann muss tun, was er eben tun muss. Also beeilen Sie sich und finden Sie den Kerl. Was ist mit diesem Chivers? Irgendwelche Spuren?«
»Laut Phil soll er schon in St. Austell, King's Lynn, Clitheroe und am Kyle of Lochalsh gesichtet worden sein.«
Hatchley lachte. »Wie immer. Erzählen Sie mir von ihm. Er scheint interessant zu sein.«
Banks erzählte ihm, was Barney Merritt gesagt hatte und was er und Jenny am späten Nachmittag besprochen hatten.
»Glauben Sie, dass er das Kind umgelegt hat?«
Banks nickte. »Die Kleine ist jetzt über eine Woche weg, Jim. Ich will gar nicht daran denken, was vielleicht passiert ist, bevor er sie getötet hat.«
Hatchleys Augen verengten sich zu Schlitzen. »Wissen Sie, wer das Flittchen ist? Die Blondine?«
»Keine Ahnung. Er nimmt die Mädels und wirft sie wieder weg. Sie werden von ihm angezogen wie Fliegen von der Scheiße. Den Informationen zufolge, die Barney ausgegraben hat, lautet sein voller Name Jeremy Chivers, genannt Jem. Er wuchs in einer netten Mittelstandsfamilie in Sevenoaks auf. Offensichtlich hat er als Kind keine Probleme gemacht. Keiner kann sagen, wie es dazu kam, dass er sich den Gangs angeschlossen hat. Er hatte eine gute Ausbildung, zog nach London, um für eine Versicherungsgesellschaft zu arbeiten - und dann fing alles an.«
»Das Gesindel hat einen Riecher für seinesgleichen.«
»Genau. Auf jeden Fall ist er jetzt achtundzwanzig, sieht aber anscheinend noch jünger aus. Und er ist kein Dummkopf. Man muss schon ziemlich ausgebufft sein, um fortwährend zu tun, was er tut, ohne geschnappt zu werden. Das alles befriedigt seine wie auch immer gearteten krankhaften Gelüste.«
»Wenn Sie mich fragen«, sagte Hatchley, »dann wäre es für uns alle das Beste, wenn er sich mit seinem Kopf in einer Schlinge wiederfindet.«
Banks erinnerte sich an seine ersten Gefühle gegenüber Hatchley. Diese Bemerkung, die so typisch für ihn und auch für die ausgebrannten, zynischen Londoner Polizisten war, von denen Banks damals wegkommen wollte, ließ diese Gefühle wieder aufflammen.
Früher hätte Banks Hatchleys Ansicht munter zugestimmt. Manchmal, auch jetzt, teilte er sie in gewissem Sinne immer noch. Es war unmöglich, über jemanden wie Chivers nachzudenken und sich vorzustellen, was er mit Carl Johnson - wenn er es war - und vielleicht mit Gemma Scupham getan hatte, ohne ihn am Galgen baumeln sehen oder, um es auf die persönliche Ebene zu ziehen, ihn eigenhändig erwürgen zu wollen. Wie jeder, der über den Fall in den Zeitungen gelesen hatte, wie jeder; der selbst Kinder hatte, konnte Banks sich leicht dem empörten Klischee anschließen, dass die Todesstrafe für solche Menschen wie Chivers noch viel zu gut wäre. Aber noch schlimmer war, dass er nicht wusste und nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, was er tun würde, wenn er Chivers jemals in die Hände bekommen sollte.
Es war der immer wiederkehrende Konflikt: Auf der einen Seite standen die nackten, primitiven Rachegelüste, das aus dem Bauch kommende Gefühl, dass jemand, der getan hatte, was Chivers getan hatte, es nicht länger verdiente, ein Mitglied der menschlichen Gemeinschaft zu sein, und durch seine abscheulichen Taten sein Lebensrecht eingebüßt hatte; und auf der anderen Seite existierte das Gefühl, dass man sich durch eine solche Reaktion, für wie gerecht man die gesellschaftlich sanktionierten Tötungen auch halten mochte, auf eine Stufe mit dem Täter stellte und damit die Überzeugung untergrub, dass man vielleicht mehr Erkenntnisse erzielte, wenn man ein solches Wesen erforschte, als wenn man es zerstörte, und man mit diesem Wissen möglicherweise verhindern helfen konnte, dass in der Zukunft weitere Menschen wie Chivers heranwuchsen. Für Banks gab es in diesem Konflikt keine einfache Lösung. Die beiden Standpunkte kämpften um die Vorherrschaft; an manchen Tagen siegte die nackte Wut, an anderen gewann eine Art nobler Humanismus die Oberhand.
Anstatt auf Hatchleys Bemerkung einzugehen, verlangte Banks die Rechnung und zündete sich eine Zigarette an. Es war an der Zeit, nach Hause zu gehen - vielleicht noch kurz Mitsuko Uchidas Interpretationen von Mozarts Klaviersonaten anzuhören und sich an Sandra zu kuscheln, wenn sie zu Hause war.
»Ach ja«, seufzte Hatchley. »Dann muss ich wohl zurück zu den Schwiegereltern.« Er griff in seine Tasche, holte eine Packung extrastarke Pfefferminzbonbons hervor und steckte sich einen in den Mund. »Dann werde ich mal wieder in die Bresche springen, liebe Freunde ...«
Die Gunst des Schicksals, auf die Banks gehofft hatte, stellte sich am nächsten Morgen um ungefähr halb sieben ein. Wie meistens, wenn es das Schicksal gut mit der Polizei meinte, war es eher das Resultat harter Schufterei und unermüdlicher Observation als irgendeine großzügige Geste einer allmächtigen Gottheit.
Das Telefon weckte Banks aus einem zusammenhanglosen Traum voller Wut und Frustration. Im Dunkeln tastete er nach dem Hörer. Neben ihm rührte sich Sandra und murmelte im Schlaf.
»Sir?« Es war Susan Gay.
»Mmm«, brummte Banks.
»Tut mir Leid, dass ich Sie aufwecke, aber man hat ihn gefunden. Poole.«
»Wo ist er?«
»Auf dem Revier.«
»Wie spät ist es?«
»Halb sieben.«
»In Ordnung. Rufen Sie Jim Hatchley bei Carols Eltern an und sagen Sie ihm, er soll herkommen. Aber halten Sie ihn außer Sichtweite. Und ...«
»Den Superintendent habe ich bereits angerufen, Sir. Er ist auf dem Weg.«
»Gut. Ich komme so schnell wie möglich.«
Sandra drehte sich um und seufzte. Banks kroch so leise er konnte aus dem Bett, nahm seine Sachen, die er über einen Stuhl gehängt hatte, und ging ins Badezimmer. Noch war er nicht imstande, das Gefühl abzuschütteln, das der Traum in ihm zurückgelassen hatte. Wahrscheinlich lag es an dem Streit, den er mit Tracy gehabt hatte, nachdem er vom Essen mit Hatchley nach Hause gekommen war. Eigentlich war es gar kein richtiger Streit gewesen. In dem Versuch, ihr gegenüber mehr Verständnis aufzubringen, hatte er lediglich eine Bemerkung darüber gemacht, wie schön es doch wäre, dass sie mal zu Hause bei der Familie sei, woraufhin sie in Tränen ausgebrochen und hoch in ihr Zimmer gestürzt war. Sandra hatte ihm einen bösen Blick zugeworfen und war ihr hinterhergeeilt. Schließlich stellte sich heraus, dass ihr Freund wegen einer anderen mit ihr Schluss gemacht hatte. Aber woher hätte er das denn wissen sollen? Alles veränderte sich so schnell. Und sie erzählte ihm ja in der letzten Zeit überhaupt nichts mehr.
Nachdem er sich geduscht und angezogen hatte, ging er hinaus zu seinem Wagen. Noch dämmerte es nicht; der Wind hatte sich gelegt, der Himmel war jedoch bedeckt und trübe metallisch grau, nur im Osten lag ein dunkelrotes Band über dem Horizont. Zum ersten Mal in diesem Jahr konnte Banks seinen Atem sehen. In manchen Häusern brannte bereits Licht und die Frau im Zeitungsladen an der Ecke von Banks' Straße und der Market Street sortierte die Zeitungen für die Zusteller.
Im Revier wäre ein Außenstehender nie auf die Idee gekommen, dass es noch so früh am Morgen war. Unter dem Neonlicht ging der Betrieb rund um die Uhr weiter. Nur ein Polizist spürte diese Stimmung des Schichtwechsels, wenn die Constables der Nachtschicht sich wieder in Zivil kleideten, um nach Hause zu gehen, während die Beamten und Beamtinnen der Tagschicht ausgeruht, frisch rasiert oder geschminkt hereinkamen.
In der ersten Etage, wo die Beamten der Kriminalabteilung ihre Büros hatten, war es ruhiger. Sie mussten nicht im Schichtdienst arbeiten, ihre Dienstzeiten variierten abhängig von der Arbeit, die sie zu tun hatten. Mit einem Mordfall und einem vermissten Kind hatte die vergangene Woche bei jedem ihre Spuren hinterlassen. Richmonds Augen waren vom zu langen Starren auf den Computerbildschirm rot und Susan Gay hatte dunkelblaue Augenränder.
»Was ist los?«, wollte Banks von ihr wissen.
»Ich war gerade eingetroffen«, erzählte sie. »Ich konnte nicht schlafen, deshalb bin ich um sechs hergekommen, um mir die Laborberichte noch einmal anzusehen. Und da haben sie ihn gebracht. Sie haben ihn ein paar Kilometer die Straße nach Helmthorpe runter in einem Graben schlafend gefunden.«
»Gott«, sagte Banks, »das muss kalt gewesen sein. Wo ist er?«
»Im Vernehmungszimmer. Constable Evans ist bei ihm.«
»Und Sergeant Hatchley?«
»Der ist kurz vor Ihnen gekommen. Er ist auf seinem Posten.«
Banks nickte. »Warten wir auf den Superintendent.«
Gristhorpe traf fünfzehn Minuten später ein und sah frischer als alle anderen aus. Sein Haar war zwar wie gewöhnlich völlig verstrubbelt, aber seine unschuldigen blauen Augen glänzten so aufmerksam und forsch wie immer.
»Dann wollen wir ihn uns mal vorknöpfen«, sagte er händereibend. »Alan, würdest du das Gespräch führen? Du kennst ihn am besten. Lass mich das Monster im Hintergrund spielen.«
»Gut.«
Sie gingen zu dem kleinen Vernehmungszimmer. Bevor sie eintraten, bat Banks Richmond, ihnen eine große Kanne Tee zu bringen.
Der triste Raum schien mit den vier Männern überfüllt zu sein, zudem war die Heizung zu hoch eingestellt. Constable Evans setzte sich in die Ecke ans Fenster, bereit, mitzuschreiben. Banks nahm gegenüber Poole Platz und Gristhorpe im rechten Winkel von ihnen an der Stirnseite des Tisches.
Poole fuhr mit der Zunge über seine Lippen und schaute sich im Zimmer um.
»Sie sehen aus, als wären Sie rückwärts durch eine Hecke gezogen worden, Les«, sagte Banks. »Was ist passiert?«
»Ich habe draußen gepennt. Wo hätte ich denn hingehen sollen?«
Er war unrasiert, seine Lederjacke war abgewetzt und verdreckt, sein fettiges Haar zerzaust und verfilzt. Außerdem hatte er ein blaues Auge und eine aufgesprungene Lippe. Der Tee wurde hereingebracht. Banks spielte den Fürsorglichen und reichte Les einen großen, dampfenden Becher. »Hier, trinken Sie«, forderte er ihn auf. »Sie sehen nicht so aus, als hätten Sie schon Frühstück gehabt.«
»Danke.« Poole hielt den Becher mit beiden Händen.
»Woher haben Sie Ihre Kriegsverletzung?«
»Von dem Scheißgesindel, woher sonst? Ich müsste eigentlich geschützt werden.«
»Vor Ihren Nachbarn?«
»Allerdings.« Er zeigte auf sein Gesicht. »Das haben die angerichtet, bevor ich abhauen konnte. Ich bin ein Opfer. Ich sollte sie anzeigen.«
»Tun Sie sich keinen Zwang an«, sagte Banks. »Aber später. Zuerst müssen wir ein paar Dinge klären.«
Poole runzelte die Stirn. »Ach. Welche zum Beispiel?«
»Zum Beispiel, warum Sie weggelaufen sind.«
»Blöde Frage. Ist doch wohl logisch, wenn die ganze Horde hinter einem her ist.«
»Wo sind Sie hingegangen?«
»Keine Ahnung. Irgendwohin. Ich hatte kein Geld, ich konnte wohl kaum in ein Hotel gehen, oder?«
»Was ist mit Ihrem Kumpel aus dem Laden?«
»War nicht zu Hause.«
»Was haben die Leute von Ihnen gewollt, Les?«
»Das dämliche Miststück Brenda ist schuld an allem. Die hat eine richtige Show abgezogen und einfach so mein Zeug rausgeschmissen. Das ist auch noch so eine Sache. Ich werde sie wegen Sachbeschädigung verklagen, darauf kann sie Gift nehmen.«
»Machen Sie das, Les. Dann wird sie wahrscheinlich den Fernseher und diese schöne, kleine Stereoanlage verkaufen müssen, um ihre Strafe zu bezahlen. Warum sind die Leute auf Sie losgegangen?«
Les warf einen kurzen, nervösen Blick auf Gristhorpe. »Muss der die ganze Zeit hier rumsitzen?«, fragte er dann Banks.
Banks nickte. »Wenn ich nicht die Wahrheit aus Ihnen herauskriege, macht er weiter. Ich wünsche Ihnen wirklich, dass es nicht so weit kommt. Wir haben gerade von Ihren Nachbarn gesprochen. Schauen Sie mich an.«
Poole wandte sich wieder an ihn. »Ah, ja, Brenda hat ein paar blödsinnige Dinge aus dem Fenster gebrüllt. Sie ist schuld. Ich hätte umgebracht werden können.«
»Was hat sie gebrüllt?«
Banks konnte sehen, dass Poole ihn musterte und abzuschätzen versuchte, was er bereits wusste. »Da sie es Ihnen wahrscheinlich schon erzählt hat«, sagte er schließlich, »spielt es ja auch keine Rolle mehr, oder?« Aus dem Augenwinkel blinzelte er immer wieder zu Gristhorpe.
»O doch, es spielt eine große Rolle«, entgegnete Banks. »Zu behaupten, Sie hätten etwas mit Gemmas Verschwinden zu tun, ist eine schwere Anschuldigung. Im Gefängnis geht man mit Kinderschändern nicht zimperlich um, Les. Diese Haftstrafe wird nicht so leicht werden wie Ihre früheren. Warum erzählen Sie uns nicht, was Sie wissen?«
Poole trank seinen Tee aus und griff nach der Kanne. Banks ließ ihn noch einmal seinen Becher voll schenken. »Weil ich nichts weiß«, brummte er. »Wie gesagt, Brenda hat nur rumgesponnen.«
»Kein Rauch ohne Feuer, Les.«
»Ich bitte Sie, Mr Banks, Sie kennen mich. Sehe ich wie ein Kinderschänder aus?«
»Woher soll ich das wissen? Wie sehen die denn Ihrer Meinung nach aus? Ungeheuer, denen Haare aus der Nase und Warzen auf den kahlen Schädeln wachsen? Glauben Sie, die laufen mit Schildern umher, auf denen steht: Ich bin ein Kinderschänder?«
»Sie wollte Stunk machen und mich auf die Palme bringen. Ehrlich. Fragen Sie sie. Fragen Sie Brenda, ob sie wirklich glaubt, ich hätte etwas damit zu tun.«
»Das habe ich, Les.«
»Ja? Und was hat sie gesagt?«
»Wie haben Sie sich gefühlt, als sie Ihnen erzählt hat, dass Gemma entführt worden ist?«
»Gefühlt?«
»Ja, Les. Die Leute haben Gefühle. Das macht sie zu Menschen.«
»Das weiß ich auch. Glauben Sie etwa, ich hätte keine Gefühle?« Er hielt inne und stürzte noch mehr Tee hinunter. »Wie ich mich gefühlt habe? Keine Ahnung.«
»Waren Sie bestürzt?«
»Also, ich war besorgt.«
»Waren Sie überrascht?«
»Natürlich.«
»Ist Ihnen etwas eingefallen, kam Ihnen vielleicht in den Sinn, was passiert sein könnte?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Ich glaube doch, Les.«
Banks schaute Gristhorpe an, der grimmig nickte.
Poole fuhr wieder mit der Zunge über die Lippen. »Hey, was soll das hier? Wollen Sie mich nervös machen?«
Banks zog die Stille in die Länge. Poole wand sich auf seinem Stuhl. »Ich muss mal pinkeln«, erklärte er schließlich.
Banks stand auf. »Dann kommen Sie.«
Sie gingen den Flur hinab zur Herrentoilette, und während Poole zum Urinal ging, blieb Banks innen neben der Tür stehen.
»Erzählen Sie uns, wo Gemma ist«, sagte Banks, derweil Poole sich erleichterte. »Das würde uns allen eine Menge Ärger ersparen.«
Plötzlich sprang die Tür der Toilettenkabine auf. Poole drehte sich um. Ein rotgesichtiger Hüne in einem zerknitterten grauen Anzug mit kurzem, blondem Haar und riesigen Pranken stand vor ihm. Poole schreckte zurück, pinkelte dabei auf seine Schuhe, knallte gegen das Urinal und hob in Erwartung eines Angriffs schützend seine Arme.
»Ist er das?«, wollte der Hüne wissen. »Ist das der Scheißperverse, der ...«
Banks stürzte hinüber und hielt ihn zurück. »Jim, nicht. Wir verhören ihn noch ...«
»Ist das der Scheißperverse oder nicht?«
Hatchley versuchte, sich an Banks vorbeizudrücken, der Poole rückwärts zur Tür drängte. »Machen Sie, dass Sie rauskommen, Les!«, rief Banks. »Bevor es zu spät ist. Ich halte ihn auf. Na los, gehen Sie!«
Sie wichen in den Flur zurück, wo zwei uniformierte Beamte Hatchley zu fassen kriegten, der immer noch Obszönitäten herausschrie. Banks legte schützend einen Arm um Poole und führte ihn wieder ins Verhörzimmer. Auf dem Weg dahin kam ihnen Susan Gay entgegen, die Poole anschaute und errötete. Banks folgte ihrem Blick. »Machen Sie lieber Ihren Hosenstall zu«, meinte er, »sonst müssen wir Sie auch noch wegen Exhibitionismus anklagen.«
Poole tat, wie ihm geheißen, und Banks komplimentierte ihn zurück in das Zimmer. Hatchley, von den zwei Männern festgehalten, fluchte und brüllte hinter ihnen her.
»Was zum Teufel ist denn da los?«, wollte Gristhorpe wissen.
»Das ist Jim«, erklärte Banks, während er Poole wieder zu seinem Platz geleitete. »Du weißt ja, wie er ist, seit sich dieser Kerl an seinem Mädchen vergangen hat.«
»Ja«, sagte Gristhorpe, »aber können wir ihn nicht an die Leine nehmen?«
»Das ist nicht so leicht. Er ist ein guter Mann. Nur ein bisschen aus der Bahn geworfen zurzeit.«
Poole folgte dem Gespräch und wurde dabei immer bleicher.
»Hören Sie«, stammelte er, »ich bin kein Perverser. Sagen Sie ihm das. Halten Sie ihn mir vom Leib.«
»Das versuchen wir ja«, erklärte Banks, »aber es könnte schwer werden, ihn zu überzeugen.«
Poole fuhr mit einer Hand durch sein fettiges Haar. »In Ordnung«, keuchte er. »In Ordnung. Ich werde Ihnen alles sagen, was ich weiß. Okay? Aber halten Sie mir diesen Kerl vom Leib.«
Banks starrte ihn an.
»Dann können Sie allen sagen, dass ich kein Perverser bin und dass ich nichts damit zu tun habe, okay?«
»Falls sich das herausstellen sollte, falls ich Ihnen glauben sollte. Und nach dem Schwachsinn, den Sie uns letzte Woche aufgetischt haben, steht dahinter ein großes Fragezeichen.«
»Ich weiß, ich weiß.« Poole benetzte seine Lippen. »Hören Sie, zuerst einmal müssen Sie mir glauben, dass ich nichts damit zu tun habe, was mit Gemma passiert ist. Gar nichts.«
»Überzeugen Sie mich.«
Draußen konnten sie Hatchley brüllen hören, was er mit Perversen anstellen würde, wenn man ihn nur ließe: »Ich schneide dir die Eier mit einem stumpfen Taschenmesser ab, verdammte Scheiße! Und dann stopfe ich sie dir in deine Scheißfresse!« Er war so nah herangekommen, dass er gegen die Tür hämmern und am Griff rütteln konnte, bevor er, unaufhörlich brüllend, den Flur hinab weggezerrt wurde. Banks konnte das Lachen kaum unterdrücken. Es hörte sich so an, als hätten Jim und die Beamten draußen einen Heidenspaß.
»Um Gottes willen«, stammelte Les zitternd. »Halten Sie ihn mir bloß vom Leibe, mehr will ich nicht.«
»Sie hatten also nichts mit Gemmas Verschwinden zu tun?«, fragte Banks.
»Nein. Verstehen Sie, ich habe ab und zu bei einem Bier im Pub von dem Kind gesprochen. Ich gebe zu, dass ich nicht besonders nett zu ihr war, aber Gemma war auch wirklich komisch. Sie hatte so einen Blick drauf, irgendwie anklagend, damit konnte sie einen schon auf die Palme bringen. Da kam man sich wie der letzte Dreck vor.«
»Sie haben sich also über das Kind Ihrer Freundin beklagt. Das ist an sich nicht merkwürdig, oder, Les?«
»Ja, eben, das ist ganz normal, oder? Wie ich gesagt habe. Das waren nur Kneipengespräche, mehr nicht. Ich habe sie nie angerührt, Mr Banks. Ehrenwort. Aber als Gemma die Tusche über mein Wettformular geschüttet hat, da hatte Brenda die Schnauze voll und hat sie ordentlich durchgeschüttelt. Das war das erste Mal, dass ich das gesehen habe, und es hat mir Angst gemacht - ehrlich. Das Kind hatte danach große blaue Flecken auf dem Arm. Es tat mir Leid für Gemma, aber ich bin nicht ihr Vater, was hätte ich denn tun sollen?«
»Kommen Sie zur Sache, Les. Die Jungs da draußen können Sergeant Hatchley nicht ewig festhalten.«
»Ja, okay, ich habe Ihnen vorher nicht ganz die Wahrheit gesagt. Also, ich habe diesen Chivers und seine Tussi ein paar Mal gesehen, im Pub mit Carl. Ihn konnte ich nie leiden. Aber sie sah nicht übel aus. Ein bisschen verrückt vielleicht, aber nicht übel. Einmal hat er gedacht, ich hätte mich an sie herangemacht, und mich gewarnt, ganz ruhig und zivilisiert und so, wenn ich das noch einmal versuchen sollte, würde er mir die Eier abschneiden und mir in den Arsch schieben.« Poole hielt inne und schluckte. Bestimmt fiel ihm gerade auf, dachte Banks, dass seine Geschlechtsteile in letzter Zeit von allen Seiten bedenklich bedroht waren. »Bei ihm habe ich das kalte Grausen gekriegt, Mr Banks. Irgendetwas hat mit ihm nicht gestimmt. Mit beiden nicht, wenn Sie mich fragen.«
»Schien dieser Chivers interessiert zu sein, als Sie über Gemma gesprochen haben?«
»Ja, gut, nicht mehr als an irgendwas anderem. Er war ein cooler Typ. Kalt. Wie ein Reptil. Man wurde einfach nicht schlau aus ihm. Bei ein paar Drinks hat er mal nach ihr gefragt, ja, aber ich habe mir nichts dabei gedacht. Und einmal hat er mir von einem Fall erzählt, über den er in der Zeitung gelesen hatte, wo ein Paar so getan hat, als käme es vom Jugendamt, und ein Kind untersuchen wollte. Das fand er komisch. Meinte, das würde echt Mumm beweisen. Ich habe die Sache wieder vergessen. Um ehrlich zu sein, sobald wir bei Fle... äh, sobald wir unser Geschäft erledigt hatten, wollte ich mit ihm oder mit ihr nichts mehr zu tun haben. Ich kann es nicht erklären. Von außen schienen sie so weit ganz nett und normal zu sein; er machte einen sympathischen Eindruck und hatte dieses nette Lächeln, aber wenn man ihn näher kennen gelernt hatte, war er hart und kalt. Man wusste nie, was er als Nächstes tun würde. Ich nehme an, das war genau die Art, die ihr gefiel. Manchmal sind die Geschmäcker der Frauen wirklich nicht zu verstehen.«
»Chivers hat also ein gewisses Interesse an Gemma gezeigt und Ihnen von der Zeitungsgeschichte erzählt, richtig?«
»Richtig. Aber weiter ging es auch nicht.«
»Hat Ihnen Chivers Grund gegeben zu glauben, er wäre an kleinen Kindern interessiert?«
»Also, nein, nicht direkt. Ich meine, Carl hat mir ein paar Geschichten über ihn erzählt, dass er unten in Birmingham mit dem Pornohandel zu tun hatte und ein bisschen Sadomaso oder so was in der Art nicht abgeneigt war. Das waren nur Schauergeschichten, sonst nichts. Und wenn man ihn und seine Tussi zusammen erlebt hat, also die waren echt verrückt, bei denen lief was ab, das keiner verstand. Sie hing an seinen Lippen, und wenn er ihr gesagt hat, mach dies oder mach das, dann hat sie es getan. Das war wie ... Einmal sind wir mit dem Wagen gefahren und plan... äh, wir haben einfach so geredet, die beiden saßen vorne und ich und Carl auf dem Rücksitz, und da sagt er zu ihr, sie soll ihm einen blasen. Sie beugt sich sofort runter und bläst ihm einen und er redet die ganze Zeit weiter. Nur als er abgespritzt hat, hat er einmal kurz aufgehört und gestöhnt. Und dann hat sie sich wieder hingesetzt, als wäre überhaupt nichts gewesen.«
»Aber die beiden haben nie direkt auf Kinder angespielt?«
»Nein. Aber verstehen Sie, was ich meine, Mr Banks? So wie ich das sehe, waren die beiden zu allem fähig.«
»Ich verstehe, was Sie meinen. Wie haben Sie sich verhalten?«
»Also, ich habe den Mund gehalten. Ich meine, man konnte doch nicht mit Sicherheit sagen, dass sie es waren, die Gemma mitgenommen haben. Die Beschreibungen haben nicht gepasst. Und als Carl dann tot aufgefunden wurde, konnte ich mir ziemlich genau vorstellen, wer jemanden auf diese Weise getötet haben würde, und ... da bekam ich es mit der Angst zu tun. Wer würde das nicht, oder? Vielleicht hat Carl ja vermutet, dass die beiden etwas mit Gemma zu tun hatten, und Chivers hat ihn umgelegt, während seine Schlampe lachend zugeschaut hat. Das war auf jeden Fall das Gefühl, das sie einem gegeben haben.«
»Haben Sie Beweise, dass Chivers Carl ermordet hat?«
»Beweise? Das ist Ihre Aufgabe, oder? Nein, wie gesagt, ich habe mich von ihm fern gehalten. Ich würde ihm so etwas aber zutrauen.«
»Wo sind die beiden jetzt, Les?«
»Ich habe keine Ahnung, ehrlich nicht. Und selbst wenn Sie Ihren Gorilla auf mich hetzen, werde ich Ihnen das Gleiche sagen. Seit letzter Woche habe ich die beiden weder gesehen noch von ihnen gehört. Und ich habe auch keinerlei Verlangen danach.«
»Glauben Sie, dass die beiden noch in Eastvale sind, Les?«
»Das wäre ziemlich dumm von ihnen, oder? Aber ich muss zugeben, dass ich mir in den beiden Nächten, die ich draußen gepennt habe, vor Angst fast in die Hosen geschissen hätte. Ich hatte ständig das Gefühl, dass sich jemand an mich heranschleicht und mir die Kehle durchschneiden will. Sie wissen ja, wie es draußen auf dem Land ist, die ganze Zeit hört man irgendwelche Tiere herumkriechen oder den Wind pfeifen.« Er schauderte.
»Ist das alles, Les?«
»Ich schwöre es.«
Banks fiel auf, dass er dieses Mal nicht hinzufügte: »Sonst will ich tot umfallen.« Er ging zur Tür und schaute kurz hinaus, dann wandte er sich an Gristhorpe. »Sieht aus, als hätten sie Jim irgendwo versteckt. Was sollen wir jetzt machen?«
Gristhorpe musterte Poole mit einem eindringlichen Blick. »Ich glaube, er hat uns alles gesagt, was er weiß«, meinte er schließlich. »Am besten bringen wir ihn runter und sperren ihn ein.«
»Gute Idee«, stimmte Banks zu. »Geben wir ihm für einen Tag eine schöne warme Zelle. Zu seiner eigenen Sicherheit.«
»Genau«, sagte Gristhorpe. »Aber wegen was sollen wir ihn anklagen?«
»Wir könnten mit Exhibitionismus anfangen.«
Sie verbrachten noch gut eine Stunde damit, um gemeinsam mit Poole seine Aussage durchzugehen, und als der Constable ihn am Ende nach unten in die Zelle führte, erhob Poole keinen Widerspruch. Er schaute sich nur ängstlich nach allen Seiten um und war dann froh, dass Hatchley nicht in der Nähe war. Banks schlenderte in sein Büro, um eine Zigarette zu rauchen und noch einen Kaffee zu trinken. Gristhorpe gesellte sich zu ihm und nach ein paar Minuten kam Jim Hatchley mit einem breiten Grinsen herein.
»So einen Spaß hatte ich seit unserem letzten Ausflug mit dem Rugbyclub nicht mehr«, berichtete er. »Aber woher wussten Sie, dass er zum Pinkeln gehen würde? Ich hatte langsam die Nase voll, in dieser Kabine eingezwängt zu sein. Den Sportteil hatte ich schon zweimal durch.«
»Wenn Menschen ängstlich sind, müssen sie häufig zur Toilette«, erklärte Banks. »Beim ersten Mal musste Poole auch pinkeln. Außerdem ist Tee harntreibend, wussten Sie das nicht?«
Hatchley schüttelte den Kopf.
»Aber irgendwann hätte er auf jeden Fall mal gemusst. Wir hätten ihn einfach so lange hier behalten.«
»Genau«, spöttelte Hatchley, »und ich wäre auf dem Scheißhaus versauert.«
Banks lächelte. »Aber es war doch sehr wirkungsvoll, oder? Auf die Art war es dramatischer.«
»Sehr dramatisch. Meinen Sie, ich sollte ein bisschen beim Theater mitmischen?«
Banks lachte. »Manchmal habe ich das Gefühl, das mache ich jetzt schon.« Er ging zum Fenster und streckte sich. »Gott, das war ein langer Morgen«, murmelte er.
Die goldenen Zeiger auf dem blauen Zifferblatt der Kirchturmuhr standen auf zwanzig nach zehn. Susan Gay kam immer wieder herein und informierte sie über die neuesten Entwicklungen. Viel gab es nicht. Aus Welshpool, Ramsgate und Llaneilian hatte es weitere Meldungen über Chivers gegeben, die alle von der ansässigen Polizei überprüft worden waren. Bisher hatten sie noch keine eindeutige Spur. Kurz nach elf Uhr klingelte das Telefon und Banks nahm ab.
»Hier ist Detective Inspector Loder. Kriminalpolizei Dorset.«
Banks seufzte. »Noch eine Meldung über Chivers?«
»Mehr als das«, erwiderte Loder. »Ich glaube sogar, Sie sollten besser nach Weymouth runter kommen, wenn Sie können.«
Banks setzte sich gerade auf. »Haben Sie ihn?«
»Das nicht, aber wir haben in einem Hotelzimmer eine tote Blondine gefunden und die passt auf die Beschreibung, die Sie rausgegeben haben.«