Als Banks wieder nach Westen in Richtung Fortford fuhr, zeichneten sich die Bäume vor ihm vor der untergehenden Sonne ab. Manche waren von der Ulmenkrankheit befallen und stakten wie die Skelette von Klauen aus der Erde. Fortford lag im Abenddunst, der über die Berge hinter dem Dorf einen Schleier breitete. Der Dunst dämpfte das satte Grün der Wiesen in den Talsohlen und ließ das Braun und Grau der höher gelegenen Weiden blasser erscheinen.
Banks fuhr in das Dorf hinein, vorbei an der Dorfwiese zu seiner Linken, wo eine Gruppe älterer Einheimischer auf einer Bank unterhalb des teilweise ausgegrabenen, auf der runden Anhöhe gelegenen römischen Forts saßen und plauderten. Der Rauch aus ihren Pfeifen zog langsam in die dunstige Abendluft.
Eine Atmosphäre wie an einem Sommerabend, dachte Banks und fragte sich, wie lange das herrliche Wetter wohl noch anhalten würde. Den Vorhersagen zufolge allerdings nicht mehr lange. Aber wenigstens konnte er jetzt noch mit offenem Fenster fahren und die frische Luft genießen, wenn sie nicht gerade vom modrigen Geruch der gedüngten Felder durchdrungen wurde. Manchmal zogen aber auch andere Gerüche wie der beißende Qualm verbrannter Gartenabfälle herein. Er hörte Gurneys »Préludes« und hatte das Gefühl, dass die Klaviermusik die gleiche karge Schönheit wie die Lieder besaß; sie trug die unverkennbare Handschrift Gurneys und war in der Art, wie sie dem Chaos Momente der Ordnung abrang, herzzerreißend.
An der Kreuzung bei dem weiß getünchten Pub aus dem sechzehnten Jahrhundert bog er rechts in die Straße nach Lyndgarth ein. Weit vor ihm, ungefähr auf halber Höhe am Berghang, konnte er Lyndgarth sehen, die um die kleine Wiese gruppierten Kalksteincottages und den gedrungenen, viereckigen Turm der St.-Mary-Kirche. Ungefähr einen halben Kilometer nördlich des Dorfes konnte er Gristhorpes altes graues Bauernhaus ausmachen. Links von Lyndgarth, etwas weiter unten am Berghang und teilweise von Bäumen verdeckt, stand die dunkle Ruine der Devraulx-Abtei, die im dunstigen Abendlicht unheimlich und gespenstig aussah.
Banks fuhr nur bis zu der kleinen Steinbrücke über den Swain und bog nach links auf den Schotterweg. Außer zum Wasser hin nach allen Seiten durch Pappeln geschützt, war »Leasholme« ein idealer, abgelegener Ort für einen einsiedlerischen Millionär, der sich zur Ruhe setzen wollte. Banks hatte Adam Harkness vorher angerufen und war noch für diesen Abend eingeladen worden. Er bezweifelte, dass er von Carl Johnsons Arbeitgeber viel erfahren würde, aber er musste es versuchen.
Am Ende der Auffahrt parkte er neben Harkness' Jaguar. Das Haus war eine Mischung aus elisabethanischen Stilen und solchen des siebzehnten Jahrhunderts, zum größten Teil aus Kalkstein errichtet und mit Fensterstürzen und Ecksteinen aus Sandstein sowie einem Schindeldach versehen. Es war jedoch größer als die meisten Häuser in der Gegend und hatte sicherlich einmal einem wohlhabenden Grundbesitzer gehört. Über der Tür konnte man die Jahreszahl 1617 lesen, doch Banks vermutete, dass der ursprüngliche Bau schon früher entstanden war. Im großen Garten wuchsen in dieser Jahreszeit nur Rosen, er sah aber tadellos angelegt und gepflegt aus. Wohl ein Werk von Carl Johnsons Händchen für die Pflanzen.
Genervt von einem Schwarm Stechmücken über ihm, klingelte Banks kurz darauf an der Tür.
Harkness öffnete wenige Augenblicke später, winkte ihn herein und führte ihn dann durch einen riesigen, höhlenartigen Flur in ein Zimmer auf der Rückseite des Hauses, das sich als Bibliothek entpuppte. Bücherregale aus dunklem Holz bedeckten drei Wände, sie flankierten eine schwere Tür in der einen und einen Steinkamin an einer anderen. Ein weißer Korbsessel stand vor der vierten Wand, in der Verandatüren nach draußen in den Garten führten. Ein gepflegter Rasen, gesäumt von Binsensträuchern, senkte sich zum Flussufer hinab und zur Linken rundete eine große Rotbuche die Sicht auf die Flussauen, die Leas, ab, hinter denen man Lyndgarth und Aldington Edge erkennen konnte. Den Blick auf die Devraulx-Abtei aber verdeckte das dichte Laub. Im Dämmerlicht besaß der Fluss eine geradezu magische Ausstrahlung; wie ein Spiegel reflektierte das langsam fließende Wasser das Schilf, das an seinen Ufern wuchs.
»Einmalig, nicht wahr?«, sagte Harkness. »Dieser Ausblick ist einer der Gründe, warum ich das Haus gekauft habe. Eigentlich ist es viel zu groß für mich, ich benutze nicht einmal die Hälfte der Zimmer.«
Banks war der Staub im Flur und eine gewisse, in der Luft liegende Muffigkeit aufgefallen. Selbst die Bibliothek war unordentlich, der wuchtige Schreibtisch darin war mit Papieren, Stiften und Gummibändern übersät und auf dem Boden vor den Regalen türmten sich kleine Bücherstapel.
»Wie lange leben Sie schon hier?«, fragte Banks.
»Zwei Jahre. Aber ich bin häufig unterwegs. Noch habe ich mich nicht vollständig zur Ruhe gesetzt, ich bin noch ziemlich aktiv. Ich dachte nur, ich hätte es mir langsam verdient, etwas kürzer zu treten und mich ein bisschen mehr dem Golf zu widmen.«
Harkness sah aus, als sei er ungefähr fünfundfünfzig Jahre alt. Er war so groß wie Banks, hatte silbriges Haar und diesen ziegelroten, faltigen Teint, der Engländern eigen ist, die viele Jahre in wärmeren Klimazonen verbracht haben. Er trug ein weißes, kurzärmeliges Hemd und marineblaue Hosen. Der Bauch und die eingefallene Brust wiesen darauf hin, dass er kein Mann war, der, vom Golfspielen abgesehen, viel Zeit in sportliches Training investierte.
»Einen Drink?«
»Einen kleinen Scotch, bitte«, sagte Banks.
»Nehmen Sie Platz.« Harkness bot Banks den Korbsessel an und zog für sich einen Drehstuhl hinter dem Schreibtisch hervor.
Banks setzte sich. Im Hintergrund spielte leise Musik, es hörte sich an wie das Dvorak-Konzert auf Radio Drei. Er warf einen kurzen Blick auf die Bücher in den Regalen und hatte aus irgendeinem Grund den Eindruck, dass sie statt zum Gebrauch eher zum Vorzeigen als Meterware gekauft worden waren: Eine Gesamtausgabe der Encyclopaedia Britannica, ein paar Buchclubausgaben von Jane Austen und Dickens sowie eine Versandhausreihe »Großer Autoren«.
Harkness reichte Banks den Drink in einem schweren Kristallglas und gesellte sich dann zu ihm, wobei er vor dem Hinsetzen sorgfältig die Bügelfalten seiner Hosen hochzog. »Sie haben mir am Telefon nicht viel verraten«, sagte er. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Ich möchte Ihnen nur gern ein paar Fragen über Carl Johnson stellen. «
Harkness schüttelte langsam den Kopf. »Ich finde es immer noch unfassbar, dass so etwas passieren konnte. Wir leben wirklich in gefährlichen Zeiten.« Sein Akzent war eine seltsame Mischung aus südafrikanischem Englisch und dem, das in Privatschulen gesprochen wird. Er wirkte entspannt. Ein Mann, der es gewohnt war, Verantwortung zu tragen, vermutete Banks.
»Kannten Sie Carl Johnson gut? Wussten Sie über sein Leben und seinen Hintergrund Bescheid?«
Harkness schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn selten gesehen. Er kam zum Arbeiten her, ob ich da war oder nicht. So hatten wir es vereinbart. Über sein Privatleben weiß ich leider nichts.«
»War Ihnen bekannt, dass er vorbestraft war?«
Harkness hob eine Augenbraue und schaute Banks über den Rand seines Glases hinweg an. »Ich weiß, dass er im Gefängnis war, wenn Sie das meinen.«
»Wie haben Sie das herausgefunden?«
»Er hat es mir beim Vorstellungsgespräch erzählt.« Harkness erlaubte sich ein kurzes Lächeln. »Er hat mir sogar gesagt, dass er dort seinen Job gelernt hat.«
»Und das hat Sie nicht gestört?«
»Der Mann hat seine Zeit abgesessen. Er war offenbar ehrlich genug, mir gleich von Anfang an reinen Wein über seine Vergangenheit einzuschenken. Überdies glaube ich, dass jeder Mensch eine zweite Chance verdient hat. Unter den richtigen Bedingungen ist jeder imstande, sich zu verändern. Carl war ein guter, harter Arbeiter. Und im Umgang mit mir war er immer sehr offen und ehrlich. Außerdem kann man mich nicht so leicht übers Ohr hauen.«
»Ich dachte, Sie hätten kaum mit ihm geredet.«
»Wir mussten gelegentlich seine Arbeit besprechen.«
»Wie viel haben Sie ihm gezahlt?«
»Fünf Pfund die Stunde. Ich weiß, das ist für einen gelernten Gärtner nicht besonders viel, aber ihm hat es anscheinend genügt. Und außerdem erhielt er es ... wie soll ich sagen? ... bar auf die Hand.«
»Wie lange hat er für Sie gearbeitet?«
»Seit März.«
»Wie sind Sie an ihn gekommen?«
»Mein früherer Gärtner hatte gekündigt. Ich gab eine Anzeige in der Lokalzeitung auf und Carl bewarb sich. Er schien sich auf seinem Gebiet auszukennen, und da mich seine Offenheit beeindruckte, stellte ich ihn ein. Ich habe es nie bereut.« Er zeigte zu den Fenstern. »Wie Sie sehen können, hat er gute Arbeit geleistet.«
Banks stellte sein Glas ab. Harkness bot ihm ein weiteres an, aber er lehnte ab. Mittlerweile war es fast dunkel geworden, der Fluss schien die letzten Sonnenstrahlen zu speichern und aus seinem tiefsten Inneren zu leuchten. Harkness schaltete die Schreibtischlampe an.
»Haben Sie eine Ahnung«, fragte Banks, »warum ihn jemand hätte töten wollen?«
»Nein, absolut nicht. Aber wie gesagt, über sein Privatleben wusste ich nichts.«
»Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
»Am Montag.«
»Wirkte er irgendwie beunruhigt?«
»Mir ist nichts dergleichen aufgefallen. Soweit ich mich erinnere, haben wir uns kurz über den Rasen und die Rosen unterhalten, das war alles. Wie gesagt, er hat mich über persönliche Dinge nicht ins Vertrauen gezogen.«
»Er kam Ihnen nicht irgendwie anders vor?«
»Nein.«
»Hat er jemals Freunde oder Bekannte erwähnt, eine Freundin zum Beispiel?«
»Nein. Ich nahm an, er hat in seiner Freizeit getan, was jeder normale junge Mann tut.«
»Haben Sie mal von einem Mann namens Les Poole gehört?«
»Nein.«
Banks kratzte die Narbe neben seinem rechten Auge und schlug die Beine übereinander. »Mr Harkness«, sagte er, »können Sie sich einen Grund vorstellen, warum Johnson über tausend Pfund in seiner Wohnung versteckt hatte?«
»Tausend Pfund, sagen Sie? Tja ... nein. So viel habe ich ihm bestimmt nicht gezahlt. Vielleicht hat er es gespart.«
»Vielleicht.«
»Er könnte auch noch für andere gearbeitet haben. Wir hatten keinen Vertrag geschlossen, der ihn daran gehindert hätte.«
»Haben Sie nie danach gefragt?«
»Warum sollte ich? Er stand immer zur Verfügung, wenn ich ihn brauchte.«
»Wo waren Sie am Donnerstagabend?«
»Also wirklich, Chief Inspector! Sie werden doch wohl nicht glauben, ich hätte irgendetwas mit dem Tod des Mannes zu tun?«
»Ich will es nur ausschließen, Sir.«
»Ach so, na gut.« Harkness rieb sich das Kinn. »Lassen Sie mich überlegen ... Also, am Donnerstag war ich im Golfclub. Nachmittags habe ich mit Martin Lambert gespielt, nach der Partie haben wir im Club zu Abend gegessen.«
»Wann sind Sie von dort aufgebrochen?«
»Es war lange nach elf Uhr. Die anderen werden das bestätigen.«
Banks nickte. Er hatte das Gefühl, dass Harkness das Spielchen genoss, weil er wusste, dass er es gewinnen würde. Er strahlte eine Selbstgefälligkeit und Arroganz aus, die Banks ärgerten. Bei mächtigen und wohlhabenden Menschen war ihm das schon früher begegnet und er hatte diese Art immer schlecht ertragen.
»Ich habe gehört, Sie sind in dieser Gegend geboren«, sagte Banks.
»Stimmt. In Lyndgarth, um genau zu sein. Wir sind ausgewandert, als ich vier war.«
»Nach Südafrika?«
»Genau. Johannesburg. Mein Vater hat dort gute geschäftliche Chancen gesehen. Er ist gerne Risiken eingegangen und dieses zahlte sich aus. Warum fragen Sie?«
»Aus Interesse. Sie haben das Geschäft übernommen?«
»Ja, als er starb. Aber nicht etwa, weil ich sein Sohn war, sondern weil ich das nötige Geschick besaß. Ich hatte seit Jahren mit ihm zusammengearbeitet. Er hat mir alles beigebracht, was er wusste.«
»Existiert die Firma noch?«
»Und ob! Unsere Minen sind immer noch ertragreich. Aber mit diesem Teil des Geschäftes habe ich schon lange nichts mehr zu tun. Ich bin vor über zehn Jahren nach Amsterdam gezogen, um die Vertriebsseite des Geschäftes zu übernehmen.« Er senkte den Blick, schwenkte die bernsteinfarbene Flüssigkeit in seinem Kristallglas und blickte Banks dann direkt in die Augen. »Ganz ehrlich gesagt, mir war die Politik da drüben zuwider. Die Apartheid ekelte mich an und mir fehlte der Mut, ein Revolutionär zu werden. Wer will auch schon einen weiteren weißen Liberalen?«
»Deshalb sind Sie nach Amsterdam gezogen?«
»Ja.«
»Aber an Ihren Geschäftsinteressen in Südafrika haben Sie festgehalten?«
»Ich sagte, ich konnte nicht länger mit der Politik leben, Chief Inspector. Ich habe nicht gesagt, ich wäre ein Dummkopf. Außerdem glaube ich nicht an die Wirkung von Sanktionen. Aber um das zu hören, sind Sie nicht hergekommen, oder?«
»Aber es ist faszinierend. Sind Sie verheiratet?«
»Geschieden, während meiner Zeit in Amsterdam.« Er rutschte auf seinem Stuhl umher. »Wenn Sie nichts dagegen haben ...«
»Entschuldigen Sie.« Banks stellte sein leeres Glas ab und stand auf. »So sind wir Polizisten eben. Neugierig.«
»Das hat schon so manchen umgebracht.«
Harkness sagte es mit einem Lächeln, aber Banks konnte die Schärfe der Bemerkung kaum entgehen. Er ignorierte sie und ging zur Tür der Bibliothek.
Als sie durch den düsteren Flur mit seiner hüfthohen Vertäfelung gingen, blieb Banks vor einer der Türen stehen. »Was ist denn hier drin?«, wollte er wissen.
Harkness öffnete die Tür und schaltete das Licht ein. »Das Wohnzimmer.«
Es war ein geräumiges Zimmer mit hohen Decken, das mit einem dicken Teppich ausgelegt und einer burgunderroten dreiteiligen Sitzgarnitur eingerichtet war. Neben dem Kamin stand ein hohes, mit alten National GeographicMagazinen voll gepacktes Bücherregal. An den Wänden hingen ein paar Landschaften, offensichtlich originale Ölgemälde. Banks konnte nicht sagen, wer die Künstler waren, aber Sandra hätte es wahrscheinlich gewusst. Auch dieses Zimmer, so fiel Banks auf, war unaufgeräumt und die Möbel staubig. Neben dem Sofa befand sich ein langer, niedriger Tisch, auf dem in der Mitte ein angelaufener und mit Dreck verkrusteter Silberkelch stand. Banks hob ihn hoch. »Was ist das?«, fragte er.
Harkness zuckte mit den Achseln. »Carl hat ihn mal gefunden, als er den Garten umgegraben hat, und mir gebracht. Sieht alt aus. Ich will ihn schon ewig reinigen und schätzen lassen. Er glaubte, er könnte etwas wert sein. Ich nehme an«, fuhr er fort, »man kann darin ein weiteres Beispiel für seine Ehrlichkeit sehen. Er hätte das Ding ja behalten können.«
Banks begutachtete den Kelch. Eine Art Muster war eingraviert, aber Banks konnte es durch den Schmutz nicht genau erkennen. Es sah aus wie ein Wappen. Er stellte den Kelch zurück auf den Tisch. Tracy würde sich dafür interessieren, dachte er. Hätte sich einmal dafür interessiert, verbesserte er sich.
Harkness bemerkte, wie sich Banks umschaute. »Es ist leider ein wenig unordentlich. Aber wie gesagt, das Haus ist zu groß und ich benutze ohnehin nicht jedes Zimmer.«
»Haben Sie keine Putzfrau?«
»Ich kann Dienstmädchen nicht ertragen. Seit meiner Kindheit in Südafrika hatten wir welche und ich konnte sie nie ausstehen. Die fuhrwerken die ganze Zeit um einen herum. Und außerdem kann ich wohl die Vorstellung nicht ertragen, dass jemand hinter einem herräumt. Das ist irgendwie unglaublich entwürdigend.«
Banks, dessen Mutter in einem Bürogebäude in Petersborough geputzt hatte, um die Haushaltskasse ein bisschen aufzubessern, fragte: »Aber einen Gärtner haben Sie angestellt?«
Harkness führte ihn zur Eingangstür. »Das ist etwas anderes, meinen Sie nicht? Ein Gärtner ist eine Art Künstler auf seinem Gebiet und ich habe nichts dagegen, ein Förderer der Künste zu sein. In meinen Augen waren die Grünanlagen immer so etwas wie Carls Kreation.«
»Wahrscheinlich haben Sie Recht«, sagte Banks an der Tür. »Nur noch eine Frage: Hat er jemals die alte Bleimine bei Relton erwähnt?«
»Nein. Warum?«
»Ich habe mich nur gefragt, ob sie ihm aus irgendeinem Grund etwas Besonderes bedeutet hat. Können Sie sich einen Grund denken, warum er dort gewesen sein könnte?«
Harkness schüttelte den Kopf. »Überhaupt keinen. Vielleicht hat er nach einem versteckten Schatz gegraben?« Seine Augen funkelten schalkhaft.
»Vielleicht«, antwortete Banks. »Danke für Ihre Zeit.«
»Es war mir ein Vergnügen.«
Harkness schloss die Tür langsam, aber fest, während Banks in seinen Wagen stieg. Als er in dem blaugrauen Zwielicht mit der eindringlichen Klaviermusik zurück nach Eastvale fuhr, machte er sich Gedanken über Harkness. Viele Geschäftsleute ließen sich natürlich bei ihren Machenschaften ungern in die Karten schauen, außerdem wurde man nicht so reich wie Harkness, ohne hin und wieder das Gesetz zu umgehen oder jemandem auf die Füße zu treten. Hatte Harkness das mit seiner Bemerkung über die Neugier gemeint, die schon manchen umgebracht habe? Wenn das so war, wie passte dann Johnson in das Bild? Ein Verbrecher als Gärtner konnte nützlich sein, wenn man schmutzige Geschäfte erledigt haben wollte. Andererseits konnte sich genau das nach gewisser Zeit auch als sehr lästig erweisen. Auf jeden Fall, schloss Banks, war es sicher nicht verkehrt, ein paar Nachforschungen über Mr Adam Harkness anzustellen.
»Das muss es sein, Sir«, sagte Sergeant Richmond, als er vor dem letzten der vier Cottages am Nordwestrand von Eastvale, dort, wo sich die Straße parallel zum Swain ins Tal schlängelte, hinter Patricia Cummings anhielt. Ein schönes Fleckchen Erde, von dem aus man sowohl bequem die Annehmlichkeiten der Stadt wie Kinos, Läden und Pubs als auch die ländlicheren Ziele im Tal erreichen konnte. Die Ferienhäuser waren klein - gerade passend für ein Paar - und der Blick in den Zugang zum Tal selbst war großartig. Natürlich waren die Berghänge hier noch nicht so eindrucksvoll, wie sie hinter Fortford und Helmthorpe wurden, aber selbst wenn man im Dämmerlicht von hier aus ins Tal hinunterschaute, konnte man in der Ferne die sich grau abzeichnenden Umrisse der höheren Berge und Gipfel erkennen. Dazu waren die näheren, sanfteren Hänge mit ihren Natursteinmauern und grasenden Schafen ein Versprechen auf das, was noch kam.
Patricia Cummings öffnete die Tür und Richmond betrat gemeinsam mit Gristhorpe das Wohnzimmer. Der Superintendent war nur wenige Minuten, nachdem Richmond zu Patricia aufgebrochen war, ins Revier zurückgekehrt. Sie schaltete das Licht an und die beiden schauten sich in dem kleinen Zimmer mit den zwei vor dem Kamin gruppierten Sesseln um, das die Maklerin wohl als lauschig beschreiben würde. Obwohl noch ein paar Zentimeter Platz waren, hatte Gristhorpe das Gefühl, er müsste unter der niedrigen Decke seinen Kopf einziehen. Er fühlte sich so, wie Alice im Wunderland sich gefühlt haben musste, bevor sie den Schrumpftrank nahm.
Was Gristhorpe sofort auffiel, war die absolute Sauberkeit des Hauses. Es erinnerte ihn an das Cottage seiner Großmutter, ein ähnlich kleines Haus in Lyndgarth, in dem er niemals ein Staubkorn oder irgendetwas am falschen Platz gesehen hatte. Der vorherrschende Geruch war der nach Holzpolitur mit Kiefernduft und die glänzenden, dunklen Holzoberflächen zeugten von ihrer gründlichen Anwendung. Sie warfen einen kurzen Blick in die Küche. Auch dort war alles blitzblank: die Spüle, der kleine Kühlschrank sowie die Miniwaschmaschine mit Trockner unter dem Zähler.
»Hat die Putzfrau hier alles sauber gemacht?«, wollte Gristhorpe wissen.
Patricia Cummings schüttelte den Kopf. »Nein. Das Haus war in diesem Zustand, als sie herkam. Picobello. Sie hat mich angerufen, weil sie sicher war, dass die beiden eigentlich noch zwei Wochen bleiben wollten.«
»Wollten sie das?«
»Ja.«
»Die Miete hatten sie schon gezahlt?«
»Ja, für einen Monat. Bar im Voraus.«
»Verstehe.«
Mrs Cummings trat nervös auf der Stelle. Sie war eine adrette Frau mittleren Alters und trug ein graues Kostüm mit einer perlmuttfarbenen Bluse samt Halskrause. Sie hatte einen kleinen, mit Lippenstift geschminkten Mund und mit Rouge betupfte, leicht herunterhängende Wangen, die wabbelten, wenn sie sprach. Gristhorpe bemerkte einen Goldring mit einem großen Diamantbüschel, das sich in das Fleisch ihres gut gepolsterten Ringfingers grub.
»Sie haben gesagt, sie wären durch eine Anzeige von uns im Dalesman auf das Haus aufmerksam geworden«, erzählte sie.
»Welche Namen haben sie angegeben?«
»Manley. Mr und Mrs Manley.«
»Haben Sie ihre Ausweise gesehen?«
»Ah, nein ... ich meine, sie haben bar gezahlt.«
»Ist das ungewöhnlich?«
»Eigentlich nicht. Normal auch nicht, aber es kommt vor.«
»Verstehe.« Gristhorpe schaute zu Richmond, der sich von der Enge des Hauses ähnlich eingezwängt zu fühlen schien. »Schauen wir uns mal um, Phil, oder?«
Richmond nickte.
»Ich führe Sie herum«, erbot sich Patricia Cummings.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht«, entgegnete Gristhorpe, »wäre es besser, wenn Sie hier warten. Falls die Spurensicherung das Haus untersuchen muss, dürfen wir hier nur so wenig Spuren wie möglich hinterlassen.«
»Na schön. Aber hinsetzen darf ich mich doch?«
»Selbstverständlich.«
Die Steintreppe war eng und die Decke niedrig. Beide Männer mussten gebeugt nach oben gehen. Im ersten Stock befanden sich zwei kleine Schlafzimmer und ein Bad mit Toilette. Die Kacheln glänzten, hier oben war alles genauso blitzsauber wie unten im Wohnzimmer.
»Hier hat jemand wirklich gründlich sauber gemacht, Sir«, stellte Richmond fest, als sie das erste Schlafzimmer betraten. »Schauen Sie, sie haben sogar die Laken gewaschen und zusammengelegt.« Er hatte Recht, auf der Matratze lag ein kleiner Stapel akkurat zusammengelegter Laken. Die Eichenkommode war erst vor kurzem poliert worden, derselbe Kiefernduft lag in der Luft. Das zweite Schlafzimmer war nicht ganz so sauber, aber der Grund dafür war schnell auszumachen. An dem ordentlich gemachten Bett und der feinen Staubschicht auf dem Kleiderschrank konnte man deutlich erkennen, dass dieses Zimmer von den letzten Bewohnern des Cottages gar nicht benutzt worden war.
»Ich verstehe nicht, warum es hier überhaupt zwei Schlafzimmer gibt«, bemerkte Richmond. »Ich meine, zu zweit fühlt man sich in diesem Haus doch schon völlig eingeengt, geschweige denn mit Kindern.«
»Tja«, meinte Gristhorpe. »Das ist der rustikale Reiz der alten Welt.«
Sowohl das Waschbecken als auch die Badewanne waren gründlich geputzt, die Regale und das Arzneischränkchen geleert worden.
»Gehen wir«, sagte Gristhorpe. »Mehr gibt es nicht zu sehen.«
Sie gingen wieder nach unten, wo sich Patricia Cummings gerade die Nägel lackierte. Der widerliche Geruch des Nagellacks durchdrang das kleine Zimmer. Als die beiden eintraten, hob sie ihre Augenbrauen.
»Sind alle Cottages vermietet?«, fragte Gristhorpe.
»Alle vier«, antwortete sie.
Sie gingen hinaus. Die Reihe der Ferienhäuser erinnerte Gristhorpe an Gallows View, eine ähnliche Zeile nicht weit entfernt, wo er und Banks vor ein paar Jahren einen Fall untersucht hatten. Das Licht im Nachbarcottage war an und Gristhorpe meinte, die Gardine zucken gesehen zu haben, als sie darauf zugingen. Gristhorpe klopfte und nach ein paar Augenblicken kam ein dünner junger Mann mit langen, fettigen Haaren an die Tür.
Nachdem Gristhorpe sich und Richmond vorgestellt hatte, ließ sie der junge Mann herein. Das Wohnzimmer war genauso eingerichtet wie nebenan: eine Anrichte vor der einen Wand, ein kleiner Fernseher auf einem Ständer, zwei Sessel, ein offener Kamin, dunkler Teppichboden und eine gebrochen weiße, mit Weintrauben gemusterte Tapete. Mengenrabatt, keine Frage. Der junge Mann hatte dem Zimmer seinen Stempel aufgedrückt, indem er eine Reihe Bücher auf die Anrichte gestellt und leere Weinflaschen als Buchstützen benutzt hatte. Hauptsächlich handelte es sich um Lyrikbände, bemerkte Gristhorpe, dazu ein paar Führer durch die regionale Tierwelt.
»Es wird nicht lange dauern«, sagte er zu dem jungen Mann, der sich als Tony Roper vorgestellt hatte. »Ich würde nur gerne wissen, ob Sie mir irgendetwas über Ihre Nachbarn erzählen können.«
»Eigentlich nicht«, erwiderte Tony, gegen die Anrichte gelehnt. »Ich bin nämlich hauptsächlich wegen der Abgeschiedenheit hergekommen und war deshalb nicht besonders auf Kontakt aus.« Er hatte einen schottischen Akzent, fiel Gristhorpe auf, der eher nach Glasgow als nach Edinburgh klang.
»Haben Sie die beiden kennen gelernt?«
»Nur flüchtig.«
»Haben sie sich vorgestellt?«
»Ja, als Chris und Connie Manley. Sie machten einen ganz netten Eindruck. Immer freundlich, wenn wir uns mal über den Weg gelaufen sind. Aber was ist denn eigentlich los? Den beiden ist doch nichts passiert, oder?«
»Wann haben Sie die beiden zum letzten Mal gesehen?«
Tony runzelte die Stirn. »Muss ich mal überlegen ... Das ist ein paar Tage her. Am Donnerstag, glaube ich. Donnerstagmorgen. Sie sind gerade mit dem Wagen weggefahren.«
»Haben sie gesagt, wohin?«
»Nein, ich habe auch nicht gefragt.«
»Hatten sie ihre ganzen Sachen eingepackt, so, als wollten sie abreisen?«
»Darauf habe ich nicht geachtet. Tut mir Leid, aber ich war die meiste Zeit wandern.«
»Schon in Ordnung«, versicherte Gristhorpe. »Aber versuchen Sie sich zu erinnern. Haben Sie die beiden danach noch mal gesehen oder gehört?«
»Ich glaube nicht. Aber man hat sie sowieso kaum gehört. Vielleicht mal den Fernseher abends. Aber das war auch alles.«
»Haben sie mal Besuch gehabt?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Sie haben die beiden nie mit jemandem streiten oder reden hören?«
»Nein.«
»Waren sie oft unterwegs?«
»Ziemlich oft, würde ich sagen. Aber ich auch. Ich bin viel gewandert, habe meditiert oder geschrieben. Es tut mir ehrlich Leid, aber ich habe wirklich nicht besonders auf die beiden geachtet. Ich war ziemlich viel mit mir selbst beschäftigt.«
»Kein Problem«, sagte Gristhorpe, »kann ich verstehen. Wie haben die beiden ausgesehen?«
»Also, er ... Chris ... war ungefähr mittelgroß, mit hellem, rotblondem Haar, zurückgekämmt. Wurde schon ein bisschen schütter. Er sah ganz gut in Form aus, drahtig, wissen Sie, und er hatte ein nettes, offenes Lächeln. Ein vertrauenswürdiger Typ.«
»Irgendwelche besonderen Kennzeichen?«
»Meinen Sie Narben, Tätowierungen oder so was?«
»Was auch immer.«
Tony schüttelte den Kopf. »Nein, er sah eigentlich ganz normal aus. Mir ist nur dieses Lächeln aufgefallen, mehr nicht.«
»Wie alt war er Ihrer Meinung nach?«
»Schwer zu sagen. Ich schätze, er war so Ende zwanzig.«
»Und was können Sie über die Frau sagen?«
»Connie?« Tony errötete ein wenig. »Ah, Connie ist eine Blondine. Ob eine echte oder nicht, kann ich nicht sagen. Vielleicht ein oder zwei Jahre jünger als er. Sehr hübsch. Eine richtige Augenweide. Sie hatte schöne blaue Augen, einen tollen Teint, ein bisschen blass vielleicht...«
»Wie groß?«
»Ein paar Zentimeter kleiner als er.«
»Was für eine Figur?«
Tony errötete erneut. »Klasse. Ich meine, nach so einer Figur dreht man sich auf der Straße um, besonders wenn sie die engen Jeans und das weiße T-Shirt anhatte.«
Gristhorpe lächelte und nickte. »Ist Ihnen aufgefallen, was für einen Wagen die beiden fuhren?«
»Ja, der stand ja oft genug hier draußen. Einen Fiesta.«
»Welche Farbe?«
»Weiß.«
»Waren sie immer leger gekleidet?«
»Nehme ich an. Ich habe nie besonders darauf geachtet, außer auf sie natürlich. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, würde ich sagen, dass Chris etwas förmlicher gekleidet war. Er lief meistens in Schlips und Kragen herum. Den beiden ist doch nichts passiert, oder?«
»Keine Sorge, Tony«, erwiderte Gristhorpe. »Ich bin mir sicher, dass es ihnen gut geht. Nur noch eine Sache. Haben Sie drüben mal ein Kind gehört?«
Tony runzelte die Stirn. »Nein.«
»Sicher?«
»Das wäre mir aufgefallen. Ja, ich bin sicher. Sie hatten keine Kinder.«
»Okay. Vielen Dank, Tony«, sagte Gristhorpe. »Dann lassen wir Sie jetzt allein, damit Sie den Rest Ihres Urlaubs in Ruhe genießen können.«
Tony nickte und begleitete sie zur Tür.
»Würden Sie mir Bescheid geben, wenn alles in Ordnung ist mit den beiden? Eigentlich kannte ich sie ja nicht, aber wir waren immerhin Nachbarn, irgendwie.«
»Wir werden Ihnen Bescheid geben«, willigte Gristhorpe ein und folgte dann Richmond zum Wagen.
»Brauchen Sie mich noch?«, wollte Patricia Cummings wissen.
Gristhorpe lächelte sie an. »Nein, herzlichen Dank, Mrs Cummings. Sie können jetzt nach Hause gehen. Nur eine Sache: Könnten Sie uns die Schlüssel hier lassen?«
»Warum?«
»Um dem Team der Spurensicherung den Zugang zu ermöglichen.«
»Aber ...«
»Das ist eine wichtige Angelegenheit, Mrs Cummings, glauben Sie mir. Sonst würde ich Sie nicht darum bitten. Und vermieten Sie das Haus nicht, bis wir unser Okay gegeben haben.«
Ihre Wangen schwabbelten ein wenig, dann ließ sie die Schlüssel in Gristhorpes ausgestreckte Hand fallen, stieg in ihren Wagen und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Gristhorpe setzte sich neben Richmond in den Polizei-Rover. »Also, Phil«, meinte er, »was halten Sie davon?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher, Sir. Die Beschreibung passt nicht.«
»Aber sie würde passen, wenn die beiden sich die Haare gefärbt und etwas förmlicher angezogen hätten, oder? Beide Beschreibungen, Brenda Scuphams und Tony Ropers, waren ziemlich ungenau.«
»Das stimmt. Aber was ist mit dem Wagen?«
»Sie könnten für die Entführung einen gestohlen oder gemietet haben.«
»Ein bisschen riskant, oder? Außerdem haben wir alle AutoVermietungen überprüft.«
»Aber wir haben uns dabei auf die Beschreibung gestützt, die Brenda Scupham uns gegeben hat.« Gristhorpe kratzte sich am Ohr. »Wenden Sie sich lieber noch mal an die Vermietungsbüros und fragen Sie diesmal nach allen Paaren, auf die Alter und Erscheinung passen. Erwähnen Sie das Lächeln des Mannes. Das scheint ein übereinstimmendes Merkmal zu sein. Und die Frau ist eindeutig attraktiv. Jemand könnte sich an die beiden erinnert haben.«
Richmond nickte. »Glauben Sie, dass es diese Manleys waren, Sir?«
»Das will ich nicht behaupten, aber wir sollten sie im Moment lieber als ernsthafte Kandidaten behandeln.«
»Auf jeden Fall ist es merkwürdig, in welcher Eile sie hier verschwunden sind.«
»Genau«, brummte Gristhorpe. »Und diese Putzerei. Warum?«
»Vielleicht waren sie einfach ein wenig etepetete?«
»Vielleicht. Aber warum sind sie so hastig verschwunden?«
»Dafür könnte es eine Reihe von Gründen geben«, mutmaßte Richmond. »Zum Beispiel ein Notfall in der Familie.«
»Haben Sie ein Telefon in dem Cottage gesehen?«
»Nein. Ich schätze, das würde die rustikale Ruhe stören.«
»Mmm. Mich stört auch etwas.«
»Sir?«
»Nehmen wir mal, rein hypothetisch, an, dass sie wegen eines Familiennotfalles abreisen mussten. Niemand hätte sie anrufen können. Sie hätten allerdings zur nächsten Telefonzelle gehen können, falls sie sich nach jemandem erkundigen mussten, der krank war.«
»Sie meinen, in dem Fall wären sie nicht extra geblieben, um das Haus zu putzen, Sir?«
»Zum einen das. Aber da ist noch etwas Merkwürdigeres: das Geld. Sie haben bar im Voraus bezahlt. Wie viel Miete werden diese Häuser kosten?«
»Keine Ahnung, Sir. Ich habe vergessen zu fragen.«
»Macht nichts, es wird jedenfalls ein ordentlicher Batzen sein. Sagen wir hundertundfünfzig die Woche.«
»So um den Dreh. Und dazu wahrscheinlich eine Kaution.«
»Warum haben sie dann nicht einen Teil des Geldes zurückgefordert?«
»Sie hätten es vielleicht nicht so leicht bekommen.«
»Vielleicht. Aber sie haben es nicht einmal versucht. Wir reden hier von dreihundert Pfund, Phil. Plus Kaution.«
»Vielleicht waren sie steinreich.«
Gristhorpe fixierte Richmond mit dem verächtlichsten Blick, zu dem seine gütigen Züge in der Lage waren. »Phil, wenn die beiden steinreich waren, dann hätten sie als Allererstes das Geld zurückverlangt. Nur so werden die Reichen reich und nur so bleiben sie reich.«
»Wahrscheinlich«, murmelte Richmond kleinlaut. »Und was machen wir jetzt?«
»Jetzt holen wir die Spurensicherung her«, antwortete Gristhorpe und griff nach dem Funkgerät.
Als Banks an diesem Samstagabend gegen zehn Uhr heimkehrte, lag das Haus im Dunkeln. Tracy, so erinnerte er sich, war mit ihren Freunden bei einem Tanzabend in Relton. Banks hatte von ihr genau wissen wollen, wer mitkommen und wer fahren würde. Er war unschlüssig gewesen und wollte sie nur ungern gehen lassen, doch Sandra hatte sich für Tracy eingesetzt. Wahrscheinlich zu Recht, musste Banks zugeben. Falls es zwischen den jungen Kerlen aus Eastvale und aus Relton zu keiner Schlägerei kam - was allerdings ein ziemlich fester Bestandteil dieser Dorfbälle war -, dann dürfte die Veranstaltung eigentlich harmlos sein. Außerdem war Tracy mittlerweile ein großes Mädchen.
Aber wo war Sandra? Banks schaltete das Licht an und ging dann in die Küche, weil er dort eine Nachricht vermutete. Nichts. Besorgt und verärgert setzte er sich hin, machte den Fernseher an und zappte durch die Kanäle: eine amerikanische Polizeiserie, eine Dokumentation über Afrika, ein Piratenfilm, eine Quizshow. Er schaltete den Fernseher wieder aus. Die Stille im Haus bedrückte ihn. Das war doch albern. Normalerweise würde er seinen Anzug ausziehen und in eine Jeans und ein Sporthemd schlüpfen, sich einen Drink einschenken, etwas Musik auflegen und, wenn Sandra und Tracy noch nicht zurückgekehrt wären, vielleicht sogar eine Zigarette rauchen. Aber jetzt vermochte er nur dazusitzen und mit seinen Fingern auf die Sessellehne zu trommeln. Und das war blödsinnig. Er konnte einfach nicht zu Hause bleiben.
Er packte seine Jacke, ging hinaus in den kühlen Abend und marschierte die Market Street entlang, vorbei an den geschlossenen Läden, dem Golden Grill und dem Queen's Arms. Das Licht, das durch die roten und bernsteinfarbenen Butzenfenster schien, sah verlockend aus und hinter den kleinen, klaren Glasscheiben konnte er Leute an den Tischen sehen; aber anstatt hineinzugehen, spazierte er weiter in die North Market Street, die friedlich im Licht der altmodischen Gaslaternen und der Schaufensterauslagen mit exquisiten Teesorten, teurer Wanderausrüstung, importierten Schuhen und auserlesenen Tabakmischungen lag.
Der Haupteingang des Gemeindezentrums war offen. Aus dem Saal konnte Banks eine Sopranstimme hören, die sich zu einer unsicheren Klavierbegleitung durch Schuberts »Die junge Nonne« quälte. Es war Samstag, der Abend der Laienkonzerte. Er nahm die breite Treppe zu seiner Linken und ging hinauf in den ersten Stock. Aus einigen Räumen drangen Stimmen zu ihm, hauptsächlich fanden hier Sitzungen der örtlichen Vereine oder verschiedener Ausschüsse statt. Die Doppelglastür zur Galerie war geschlossen, aber hinter der Trennwand am anderen Ende des Raumes schien ein schwaches Licht hervor.
Banks ging leise durch die mit Teppich ausgelegte Galerie, an deren Wände zurzeit keine Bilder hingen, und blieb schließlich vor dem beengten Büro stehen. Er hatte Sandras Stimme bereits gehört, sie hatte ihn aber noch nicht bemerkt.
»Aber das können Sie doch nicht machen«, flehte sie gerade. »Sie haben bereits zugesagt ... Was? Es ist Ihnen ... Jetzt hören Sie mal ...« Sie hielt den Hörer am ausgestreckten Arm und fluchte, bevor sie ihn auf die Gabel knallte. Dann holte sie zweimal tief Luft, schob ein paar Strähnen ihres blonden Haares hinter die Ohren und nahm den Hörer wieder ab.
»Sandra«, sagte Banks so sanft er konnte.
Sie drehte sich um und legte eine Hand vor die Brust. Banks sah, dass ihr vor Wut Tränen in den Augen standen. »Alan, du bist das. Was machst du denn hier? Gott, hast du mich erschreckt.«
»Entschuldige.«
»Hör zu, im Moment ist es gerade ungünstig. Ich habe furchtbar viel zu tun.«
»Lass uns was trinken gehen.«
Sie begann eine Nummer zu wählen. »Würde ich liebend gerne, aber ich ...«
Banks unterbrach die Verbindung.
Sandra stand auf und sah ihn zornig an. »Was zum Teufel soll das?«
Er nahm ihren Arm. »Komm. Lass uns gehen.«
Sie schüttelte ihn ab. »Was ist los mit dir?«
Banks seufzte und setzte sich auf die Schreibtischkante. »Schau dich doch mal an«, sagte er. »Du bist völlig mit den Nerven runter.« Er lächelte. »Du siehst aus, als könntest du jemanden umbringen. Ich finde, du solltest mal eine Pause machen, das ist alles. Mein Gott, wie oft hast du mir geholfen, meine Probleme zu vergessen, wenn du erlebt hast, wie ich mit dem Kopf durch die Wand wollte. Jetzt lass dir einfach mal von mir helfen.«
Sandra kaute auf ihrer Unterlippe. Die Wut in ihren Augen klang etwas ab, aber die Tränen waren noch da. »Es ist wegen diesem verfluchten Morton Ganning«, erklärte sie. »Er ist gerade einfach so aus der Ausstellung ausgestiegen.«
»Ach, vergiss den Knallkopf«, meinte Banks.
»Du hast gut reden.«
Banks nahm ihren Mantel von der Garderobe an der Bürotür. »Komm mit. Du kannst es mir bei einem Drink erzählen.«
Sandra starrte ihn einen Moment an, glättete dann ihren Rock und kam zu ihm. Noch bevor sie ihren Mantel anziehen konnte, nahm Banks sie in den Arm und drückte sie an sich. Zuerst blieb sie steif stehen, dann hob sie langsam ihre Arme und legte sie um ihn. Sie vergrub ihren Kopf in seiner Schulter, machte sich schließlich los, schlug ihm im Spaß auf den Arm und schenkte ihm dieses freche Lächeln, das er so an ihr liebte. »Na gut«, stimmte sie zu. »Aber du zahlst.«
Zehn Minuten später hatten sie es geschafft, sich an einen kleinen Ecktisch im Queen's Arms zu quetschen. Wie jeden Samstagabend dröhnten Witze und Gelächter durch das überfüllte Lokal, sodass sie beim Reden die Köpfe zusammenstecken mussten. Doch schon bald wurde der Lärm zum Hintergrundgeräusch und sie brauchten sich nicht mehr anzustrengen, um einander zu verstehen.
»Er ist der Berühmteste von allen«, erzählte Sandra. »Seine Gemälde werden in Galerien im ganzen Land ausgestellt. Es war eine unglaubliche Aktion, ihn zu bekommen, und jetzt steigt er einfach aus, dieser Mistkerl.«
»Aber die ursprüngliche Idee war doch, den einheimischen Künstlern eine Chance zu geben, den weniger bekannten, oder?«
»So soll es auch sein. Aber Ganning hätte eine Menge Publikum angezogen. Indirekt hätten die anderen durch ihn mehr Publicity bekommen und damit auch mehr Chancen, Bilder zu verkaufen.«
»Ist das nicht ein bisschen Bauernfängerei?«
»Na und? Dann kommen die Leute eben, um seine Werke zu sehen. Aber die der anderen sehen sie auch.«
»Wahrscheinlich.«
Sandra nippte an ihrem Gin Tonic. »Tut mir Leid, dich damit zu nerven, Alan, wirklich. Aber ich habe mich so dafür engagiert. Ich habe so viel Arbeit da reingesteckt, dass mich das jetzt einfach rasend macht.«
»Das merkt man.«
»Und was soll das jetzt heißen?«
»Nichts.«
Ihre blauen Augen wurden finster. »Doch, das höre ich ganz genau an deinem Ton. Du beklagst dich doch nicht etwa, oder? Habe ich es vielleicht versäumt, meinen kleinen Pflichten als Ehefrau nachzukommen, habe ich dir dein Essen nicht gekocht und deine Wäsche nicht gewaschen, ist es das?«
Banks lachte. »Ich habe dich nicht wegen deiner »kleinen Pflichten als Ehefrau< geheiratet, wie du das nennst. Ich komme allein klar. Nein. Wenn ich mich beklagen sollte, dann deshalb, weil ich dich in den letzten Wochen kaum gesehen habe.«
»So wie ich dich kaum sehe, wenn du in einem Fall steckst?«
»1:0 für dich.«
»Was willst du also? Erwartest du, dass ich da bin, wenn du dich mal entschlossen hast, nach Hause zu kommen?«
»Nein, das ist es nicht.«
»Was dann?«
Um Zeit zu schinden, zündete sich Banks eine Zigarette an. »Es ist... also, das Haus kommt mir so leer vor. Du bist nie da, Tracy ist nie da. Ich habe das Gefühl, als würde ich allein leben.«
Sandra beugte sich vor, streckte ihre Hand aus und nahm eine von Banks' Zigaretten. »Hey«, rief er und legte eine Hand auf ihre. »Du hast doch aufgehört.«
Sie zog ihre Hand weg. »Dann höre ich eben morgen wieder auf. Was macht dir wirklich zu schaffen, Alan?«
»Was ich gesagt habe. Das leere Haus.«
»Also geht es nicht nur um mich und was ich tue?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Aber du lässt es an mir aus?«
»Ich lasse es nicht an dir aus. Ich versuche dir nur zu erklären, was das Problem ist. Um Himmels willen, du hast mich doch danach gefragt.«
»Okay, okay. Geh nicht gleich in die Luft. Vielleicht brauchst du noch ein Bier.«
»Kann nicht schaden.«
Sandra hielt ihre Hand auf. »Dann gib mir Geld.«
Während Sandra sich zur Theke durchschlängelte, schaute Banks trübsinnig auf den Rest der goldenen Flüssigkeit in seinem Glas. Sie hatte ja Recht. Es lag nicht nur an ihr. Es lag an der ganzen verdammten Situation zu Hause. Er hatte das Gefühl, dass seine Kinder über Nacht plötzlich zu anderen Menschen geworden waren und dass es seiner Frau nicht einmal aufgefallen war. Er beobachtete sie, während sie zurückkam. Sie ging langsam, darauf bedacht, die Getränke nicht zu verschütten. Es war albern, aber selbst nach all diesen Jahren brauchte er sie nur zu sehen - und schon schlug sein Herz schneller.
Sandra stellte das Glas vorsichtig auf den Bierdeckel vor ihm. Er bedankte sich.
»Schau«, sagte sie, »ich weiß, was du meinst. Aber manche Dinge musst du akzeptieren. Brian ist ausgezogen. Er soll sein eigenes Leben führen. Wann bist du von zu Hause ausgezogen?«
»Das ist doch nicht das Gleiche.«
»Doch, ist es.«
»In Petersborough ist man erstickt, mein Vater hat die ganze Zeit auf mir herumgehackt und meine Mutter hat einfach alles hingenommen. Das war etwas völlig anderes.«
»Die Umstände waren vielleicht andere«, räumte Sandra ein. »Aber der Anlass ist für Brian der gleiche.«
»Er hat es doch wunderbar gehabt bei uns. Ich verstehe nicht, warum er ausgerechnet bis nach Portsmouth ziehen musste. Ich meine, er hätte nach Leeds gehen können oder nach York oder Bradford. Dann könnte er an den Wochenenden nach Hause kommen.«
Sandra seufzte. »Manchmal kannst du verdammt begriffsstutzig sein, Alan, weißt du das?«
»Was willst du denn damit sagen?«
»Er hat das Nest verlassen, er ist flügge geworden und nabelt sich ab. Je weiter weg, desto besser. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass er uns nicht mehr liebt. Er wird einfach erwachsen. Du hast das Gleiche getan. Das will ich damit sagen.«
»Aber das war wirklich etwas völlig anderes.«
»So anders war das nicht. Hast du nicht auch die ganze Zeit wegen seiner Musik auf ihm herumgehackt?«
»Ich habe ihn immer machen lassen, was er wollte. Ich habe ihm sogar eine Gitarre geschenkt.«
»Ja. In der Hoffnung, dass er anfängt, Klassik oder Jazz zu spielen. Auf jeden Fall irgendetwas anderes als seine Musik.«
»Erzähl mir nicht, dir wäre dieser Krach nicht auf die Nerven gegangen.«
»Darum geht es nicht. Ach, was soll's. Ich will nur sagen, dass wir ihn nicht vertrieben haben, zumindest nicht mehr, als deine Eltern dich vertrieben haben. Er will nur unabhängig sein, genauso wie du es wolltest. Er will sein eigenes Leben führen.«
»Das ist mir klar, aber ...«
»Nichts aber. Wir haben immer noch Tracy. Erfreue dich an ihr, solange sie noch da ist.«
»Sie ist ja nie zu Hause. Sie ist immer mit diesem Harrison unterwegs und stellt Gott weiß was an.«
»Sie stellt überhaupt nichts an. Sie ist vernünftig.«
»Sie scheint sich für nichts anderes mehr zu interessieren. Ihre schulischen Leistungen lassen nach.«
»Nicht sehr«, entgegnete Sandra. »Und ich wette, deine ließen auch nach, als du deine erste Freundin hattest.«
Banks schwieg.
»Alan, du bist eifersüchtig, das ist alles.«
»Eifersüchtig? Auf meine eigene Tochter?«
»Ach, hör auf. Wenn du für deine eigene Familie so viel Einsicht aufbringen könntest wie für deine Fälle, dann hättest du diese Probleme nicht.«
»Erkenntnis ist eine Sache, gut damit zurechtzukommen ist eine ganz andere.«
»Das ist mir klar. Aber die Erkenntnis ist der erste Schritt.«
»Wie kommst du denn damit zurecht?«, wollte Banks wissen. »In den letzten Monaten warst du wie eine Fremde für mich.«
»Ich habe ja nicht behauptet, dass ich besser damit zurechtkomme, nur, dass ich mir eine Menge Gedanken zu allem gemacht habe.«
»Und?«
»Es ist nicht leicht, aber wir sind an dem Punkt angekommen, wo unsere Kinder keine Kinder mehr sind. Sie können uns nicht länger zusammenhalten.«
Banks spürte, wie ihn ein kalter Schauer durchzuckte. »Was meinst du damit: Sie können uns nicht zusammenhalten?«
»Was ich sage. Um Himmels willen, jetzt guck nicht so bedeppert! So habe ich es nicht gemeint. Vielleicht habe ich mich nicht richtig ausgedrückt. Die Kinder haben uns viel Gemeinsames gegeben, wir konnten uns zusammen über sie freuen oder um sie sorgen. Das machen sie natürlich immer noch, auch wenn die Sorgen wohl etwas überhand genommen haben. Aber wir können nicht mehr auf die gleiche Weise mit ihnen umgehen. Sie sind nicht mehr einfach nur Kinder. Man kann ihnen nicht mehr einfach sagen, was sie tun und lassen sollen. Dann würden sie nur rebellieren und bestimmte Dinge erst recht machen. Denk mal an deine Kindheit! Noch als ich dich kennen gelernt habe, warst du ganz schön aufsässig und streitsüchtig. Und wenn du die Wahrheit wissen willst, du bist es heute noch. Nimm Brian und Tracy, wie sie sind und wie sie werden.«
»Aber was hast du damit gemeint, dass sie uns nicht mehr zusammenhalten? Das hört sich bedrohlich an.«
»Ich habe nur gemeint, dass sie nicht mehr der Grund sind, warum wir etwas zusammen tun. Wir müssen andere Dinge finden und uns gegenseitig auf anderen Wegen entdecken.«
»Das könnte doch Spaß machen.«
Sandra nickte. »Ja, könnte es. Aber bisher sind wir beide dem Thema ausgewichen.«
»Du auch?«
»Natürlich. Wie oft haben wir in den letzten achtzehn Jahren mal einen Abend allein zu Hause verbracht?«
»Da hat es schon Abende gegeben.«
»O ja, aber die kann man an einer Hand abzählen. Außerdem wussten wir immer, dass Brian oder Tracy gleich von den Pfadfindern zurückkommen würden oder dass sie oben in ihren Zimmern waren. Wir sind noch nicht alt, Alan. Wir haben jung geheiratet und wir haben noch eine Menge vor uns.«
Banks schaute Sandra an. Nein, sie sah bestimmt nicht alt aus. Der ernste Gesichtsausdruck, ihre leidenschaftlich funkelnden Augen, die schwarzen Augenbrauen, die im Kontrast zu ihrem blonden, schulterlangen Haar standen. Er hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Wenn er jetzt in den Pub käme, dachte er, und sie hier sitzen sähe, würde er sie sofort ansprechen.
»Wo sollen wir anfangen?«, fragte er.
Sandra warf ihr Haar zurück und lachte. Ein paar Gäste drehten sich zu ihr um, aber sie schenkte ihnen keine Beachtung. »Tja, ich muss noch diese verfluchte Ausstellung organisieren, und wenn ich bis spät am Abend in der Galerie bleibe, dann hat es nichts damit zu tun, dass ich mich unseren Problemen nicht stellen will. Ich muss tatsächlich eine Menge Zeit investieren.«
»Ich weiß«, sagte Banks. »Genau wie ich.«
Sandra runzelte die Stirn. »Das verschwundene Kind ist immer noch nicht gefunden worden, oder?«
Banks schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist jetzt fünf Tage her, seit die Kleine entführt wurde.«
»Stell dir nur mal vor, was die arme Mutter jetzt durchmacht. Habt ihr die Hoffnung aufgegeben?«
»Wir erwarten jedenfalls keine Wunder.« Er hielt inne. »Weißt du was? Sie erinnert mich an Tracy, als sie in dem Alter war. Das blonde Haar, der ernste Ausdruck. Tracy hat immer dir geähnelt.«
»Jetzt wirst du sentimental, Alan. Auf dem Foto, das ich in der Zeitung gesehen habe, sah sie kein bisschen so aus wie Tracy.«
Banks lächelte. »Vielleicht nicht. Ich arbeite jetzt an einem anderen Fall. Da fällt mir was ein: Hast du mal von einem Kerl namens Adam Harkness gehört?«
»Harkness? Natürlich. Er ist in der Gegend ziemlich bekannt als Kunstmäzen.«
»Ja, er hat so was erwähnt. Hat er euch auch Geld gegeben?«
»Wir brauchen es nicht so nötig wie andere. Erinnerst du dich an diese unglaublich hohe Subvention, die wir bekommen haben?«
»Das Versehen?«
»Das Geld wurde immer noch nicht zurückgefordert. Auf jeden Fall hat er dem Opernverein und ein paar anderen Gruppen Geld gegeben.« Sie runzelte die Stirn.
»Was ist?«
»Nun, ein paar der Kunstvereine sind ein bisschen links angehaucht. Sie sind ziemlich engstirnig. Du kennst ja das alte Schubladendenken: Wenn man gegen dies ist, muss man auch gegen das sein. Man ist entweder für die Abtreibung und gegen Apartheid oder andersherum.«
»Und?«
»Manche wollen von Harkness kein Geld nehmen, weil sie wissen, woher es stammt.«
»Aus Südafrika?«
»Genau.«
»Aber er ist ein Gegner der Apartheid. Hat er mir jedenfalls erzählt. Außerdem haben sich die Zustände dort verändert. Die Apartheid gibt es nicht mehr.«
Sandra zuckte mit den Achseln. »Vielleicht. Und seine Überzeugungen kenne ich auch nicht. Ich weiß nur, dass Linda Fish - du weißt schon, die Frau, die den Schreibzirkel leitet - kein Geld von ihm nehmen will, um Autoren für ein Symposium oder eine Lesung zu engagieren.«
»Linda Fish, die Salonsozialistin?«
»Ja.«
»Was weiß sie denn über ihn?«
»Sie hat Kontakt zu südafrikanischen Autoren, zumindest behauptet sie das. Sie meint, dass diese ganze Anti-Apartheid-Haltung von ihm nur hohles Gerede ist. Sie hat gute Argumente. Ich meine, egal, welche Überzeugungen er kundtut, schließlich verdient er sich immer noch eine goldene Nase damit, das System auszubeuten, oder?«
»Ich glaube, ich muss mal mit ihr reden.«
»Ja«, sagte Sandra, »man verdient nicht so viel Geld, wenn man ehrlich und korrekt ist, oder? Aber belassen wir es dabei. Ich bin mir sicher, dass Linda höchst erfreut sein wird, sich mit dir zu treffen. Ich glaube, seitdem sie herausgefunden hat, dass du Thomas Hardy gelesen hast, ist sie insgeheim scharf auf dich.«
Banks schüttelte sich in gespielter Abneigung. »Weißt du was«, sagte er, »da kommt mir eine Idee.«
Sandra hob ihre Augenbrauen.
»Nicht diese Idee. Obwohl ... Nein, pass auf, wenn alles vorbei ist, deine Ausstellung, der Fall, dann lass uns Urlaub machen, nur du und ich. An irgendeinem exotischen Ort.«
»Können wir uns das leisten?«
»Nein. Aber wir kriegen es schon irgendwie hin. Tracy kann bei deinen Eltern bleiben. Die hätten bestimmt nichts dagegen.«
»Nein. Sie freuen sich immer, Tracy zu sehen. Aber ich wette, Tracy selbst hätte diesmal etwas dagegen. Auch nur für einen Tag vom ersten Freund getrennt zu sein ist eine ziemlich traumatische Erfahrung.«
»Um das Problem kümmern wir uns, wenn es so weit ist. Was hältst du von dem Urlaub?«
»Abgemacht. Ich bin schon dabei, mir geeignete exotische Ziele auszusuchen.«
»Und ... äh ... was ist mit der anderen Idee?«
»Welche andere Idee?«
»Du weißt schon: erotische Ziele.«
»Ach, die Idee.«
»Genau die. Und?«
Sandra schaute auf ihre Uhr. »Jetzt ist es zehn nach elf. Tracy wollte um zwölf zu Hause sein.«
»Wann war sie jemals pünktlich zu Hause?«
»Trotzdem«, meinte Sandra, trank ihr Glas aus und packte Banks' Arm. »Wir sollten uns besser beeilen.«
Der Tee war kalt. Müde nahm Brenda Scupham den Becher und stellte ihn in die Mikrowelle. Als sie ihn aufgewärmt hatte, ging sie zurück ins Wohnzimmer, ließ sich aufs Sofa fallen und zündete sich eine Zigarette an.
Sie hatte ferngesehen. Dabei war der Tee kalt geworden. Eigentlich hatte sie gar nicht richtig hingeschaut, sie hatte nur dagesessen und sich von den Bildern und den Tönen berieseln lassen; sie wollte ihre Gedanken abtöten, die sie nicht in Schach halten konnte. Es war eine Dokumentation über irgendeinen unbekannten afrikanischen Stamm gewesen. An mehr konnte sie sich nicht erinnern. Jetzt liefen die Nachrichten, irgendwer hatte über einem Dschungel einen Jumbojet in die Luft gejagt. Aus einem Hubschrauber aufgenommene Bilder der verstreuten Wrackteile fluteten über sie hinweg.
Brenda nippte an ihrem Tee. Jetzt war er zu heiß. Eigentlich brauchte sie auch keinen Tee, sondern einen anständigen Drink. Die Tablette, die sie genommen hatte, wirkte ein wenig, aber mit einem Gin Tonic wäre die Wirkung noch besser. Sie stand auf und schenkte sich ein ordentliches Glas voll, dann setzte sie sich wieder hin.
Der Mann von der Zeitung war schuld an ihren furchtbaren Gedanken. Den größten Teil der Presse hatte die Polizei von ihr fern gehalten, aber bei diesem Reporter hatte sie einem Gespräch zugestimmt. Zum einen, weil er von der Yorkshire Post war, zum anderen, weil er ihr gefiel. Er hatte seine Fragen auch freundlich und behutsam gestellt, doch obwohl er einfühlsam gewesen war, war er dabei in Gefühlsebenen vorgedrungen, deren Existenz Brenda nicht einmal geahnt hatte. Und irgendwie hatte das Gespräch, in dem es um ihren Kummer über den Verlust der »armen Gemma« gegangen war, tatsächlich ihre Gefühle intensiviert. Allein die Spekulation darüber, was dem Kind zugestoßen sein könnte, hatte bei ihr schreckliche Vorstellungen und Ängste ausgelöst, die sie selbst jetzt nicht unterdrücken konnte, nachdem der Mann schon lange wieder fort war, nachdem sie die Beruhigungstablette genommen hatte und die Bilder von Afrika sie betäubt hatten. Es war wie beim Zahnarzt, wenn die Narkose das Zahnfleisch betäubte und man trotzdem noch einen dumpfen Schmerz im Hintergrund fühlte, wenn der Arzt seinen Bohrer ansetzte.
Jetzt drifteten ihre Gedanken zu der Zeit zurück, als sie schwanger gewesen war. Gleich zu Beginn wusste sie instinktiv, dass sie das Kind nicht in sich wachsen lassen wollte. An manchen Tagen hoffte sie, hinzufallen und eine Fehlgeburt herbeizuführen, an anderen, schlimmeren Tagen wünschte sie sich, von einem Bus überfahren zu werden. Das Merkwürdige aber war, dass sie sich zu keiner solchen Handlung durchringen konnte, sie konnte weder die Treppe herunterstürzen noch aus dem Fenster springen, um den Fötus los zu werden. Vielleicht lag es daran, dass sie katholisch erzogen worden war und im tiefsten Inneren glaubte, dass sowohl Selbstmord als auch Abtreibung eine Sünde waren. Sie konnte sich nicht einmal in eine heiße Badewanne setzen und Gin trinken, wie es vor einer Ewigkeit June Williams getan hatte, nachdem Billy Jackson sie geschwängert hatte (es hatte sowieso nicht geholfen, June hatte danach nur eine verschrumpelte Haut und einen fürchterlichen Kater gehabt). Nein, was auch immer passierte, man musste es geschehen lassen; es war Gottes Wille. Obwohl Brenda jetzt nicht den Eindruck hatte, dass sie damals wirklich an Gott glaubte.
Später, noch völlig benommen von den Schmerzen der Geburt, als sie Gemma zum ersten Mal sah, hatte sie sich bereits gewundert, wie solch ein seltsames Kind nur ihres sein konnte. Sofort lehnte sie das Kind ab. Natürlich hatte sie alles Notwendige getan. Sie war genauso unfähig, ihrem Kind Essen und Wärme zu verweigern, wie sich selbst vor den Bus zu werfen. Aber das war auch schon alles. Liebe hatte sie für Gemma nicht empfinden können und deshalb war es auch so sonderbar, dass sie nach dem Gespräch mit dem Reporter über ihren Verlust jetzt plötzlich Liebe empfand. Zudem fühlte sie sich schuldig, schuldig dafür, dass sie Gemma vernachlässigt hatte. Vielleicht würde sie nie wieder die Chance haben, es gutzumachen.
Sie schenkte sich noch einen Gin ein. Vielleicht würde der Alkohol sie darüber hinwegbringen. Dieses Schuldgefühl war vor allem dafür verantwortlich gewesen, dass sie Gemma weggegeben hatte. Die Schuld und Angst. Die Sozialarbeiter, ob sie nun echt waren oder nicht, hatten mit ihrer Behauptung, sie habe ihre Tochter misshandelt, Recht gehabt und besonders der Zeitpunkt ihres Besuches war ihr unheimlich erschienen. Auch wenn Brenda ihre Tochter vernachlässigt haben mochte, bis wenige Tage vor diesem Besuch hatte sie Gemma nie, aber auch wirklich nie geschlagen. Und selbst bei dieser Gelegenheit hatte sie Gemma eigentlich nicht geschlagen. Doch als der Mann und die Frau mit ihrer vornehmen Ausdrucksweise und ihrer gut sitzenden Kleidung vor der Tür standen, hatte sie irgendwie das Gefühl gehabt, dass sie auf einen Anruf hin erschienen waren. Sie waren entweder ihre Strafe oder ihre Rettung; was von beiden, konnte sie damals nicht sagen.
Gemma hatte Les wütend gemacht. Als sie Tusche auf die Wettseite seiner Zeitung schüttete, rächte er sich, und zwar nicht mit körperlicher Gewalt, sondern so, wie er es immer machte: indem er sie nämlich dort traf, wo es ihr am meisten wehtat, indem er ein paar ihrer Malbücher zerriss und wegwarf. Danach hatte er während des gesamten Nachmittags furchtbare Laune gehabt, er piesackte Brenda, nörgelte herum und suchte Streit. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, hatte Gemma dagesessen und sie beide mit bösen Blicken bedacht. Sie hatte kein Wort gesagt, keine Träne vergossen, aber die anklagenden und verletzten Blicke waren zu viel gewesen. Schließlich packte Brenda sie am Arm und schüttelte sie, bis sie zu weinen begann, dann ließ sie von ihr ab und sah ihr hinterher, wie sie nach oben in ihr Zimmer rannte, wahrscheinlich, um sich auf ihr Bett zu werfen und sich in den Schlaf zu weinen. Sie hatte Gemma so fest geschüttelt, dass es blaue Flecken auf dem Arm hinterlassen hatte. Und als die Sozialarbeiter kamen, hatte Brenda das Gefühl, dass die beiden nicht nur wussten, dass sie an diesem Tag ihre Beherrschung verloren hatte, sondern dass sie, falls es erneut passieren sollte, Gemma so lange schütteln könnte, bis sie ihr Kind getötet hätte. Das war dumm, denn sie konnten es natürlich nicht wissen, aber genau dieses Gefühl hatte sie damals gehabt.
Und das war der Grund, warum sie Gemma so leichtfertig weggegeben hatte: Sie wollte sie schützen. Oder wollte sie sie nur loswerden? Brenda war sich immer noch nicht ganz darüber im Klaren, die verworrenen Gefühle über die ganze Angelegenheit saßen wie ein Knoten tief in ihrer Brust; und sosehr sie sich auch bemühte, sie konnte den Knoten nicht lösen und die einzelnen Gefühle untersuchen, wie es ihrer Vermutung nach die meisten Menschen taten. Sie konnte nichts dafür, dass sie nicht so schlau war. Meistens hatte es ihr nicht viel ausgemacht, dass andere Menschen mehr über die Welt wussten, wenn sie über Dinge sprachen, die sie nicht verstand, oder knifflige Situationen meisterten. Es hatte sie eigentlich nie gestört, sie hatte nur manchmal gedacht, dass es verdammt ungerecht war.
Sie trank ihren Gin aus und zündete sich eine neue Zigarette an. Nachdem sie nun mit dem Reporter gesprochen hatte, zog sie in Erwägung, zum Fernsehen zu gehen. Am zweiten Tag nach der Entführung hatten sie bei ihr angefragt, aber da war sie zu ängstlich gewesen. Doch in ihrem besten Kleid und mit dem passenden Make-up könnte sie vielleicht ganz passabel aussehen. Sie könnte einen Appell an die Kidnapper richten, und wenn Gemma noch am Leben war ... noch am Leben war ... nein, sie konnte nicht wieder daran denken. Aber vielleicht würde es helfen.
Sie hörte einen Schlüssel in der Tür. Les kam aus dem Pub zurück. Ihre Miene verfinsterte sich. Während der letzten Tage, wurde ihr jetzt bewusst, hatte sie ihn zu hassen begonnen. Die Tür öffnete sich. Sie stand auf und schenkte sich noch einen Gin Tonic ein. Sie musste sich bald etwas einfallen lassen wegen Les. So konnte es nicht weitergehen.
Am späten Samstagabend, nach der Sperrstunde, schlängelte sich etwa vierzig Kilometer östlich von Eastvale ein Wagen über eine abgelegene Strecke durch das Hochmoor von North York. Seine Insassen - Mark Hudson und Mandy Vernon - konnten kaum voneinander lassen. Sie waren zu einem Abendessen mit allen Schikanen im White Horse Farm Hotel in Rosedale gewesen und befanden sich nun auf dem Rückweg nach Helmsley.
Während Mark versuchte, sich auf die enge Straße ohne Seitenbegrenzung zu konzentrieren, über die ständig Hasen vor den Lichtstrahlen der Scheinwerfer hinwegflitzten, suchte seine Hand immer wieder wie von allein Mandys Oberschenkel, dessen verlockendes, in Nylon gehülltes warmes Fleisch unter ihrem kurzen Rock bloßlag. Schließlich bog er auf einen Rastplatz und hielt an. Es war stockdunkel, nicht mal das Licht eines Bauernhauses war zu sehen.
Sie begannen sich zu küssen, doch der Schaltknüppel und das Lenkrad waren im Wege. Metros waren nicht für leidenschaftliche Aufwallungen gebaut. Mark schlug vor, auf den Rücksitz auszuweichen. Gesagt, getan, doch als er sich mit den Händen unter ihrem Rock hocharbeitete und die Strumpfhose herunterziehen wollte, knallte sie mit ihrem Knie gegen die Lehne des Vordersitzes und fluchte.
»Es ist zu eng hier«, stöhnte sie. »Ich breche mir noch das Bein.«
»Dann lass uns doch rausgehen«, schlug Mark vor.
»Was? Willst du es unter freiem Himmel machen?«
»Ja. Warum nicht?«
»Aber es ist kalt.«
»So kalt ist es nicht. Mach dir keine Sorgen, ich wärme dich. Ich habe eine Decke im Kofferraum.«
Mandy ließ sich die Sache einen Moment lang durch den Kopf gehen. Unter ihrer Bluse hatte seine Hand ihre linke Brust gefunden. Er begann, ihre Brustwarze zwischen Daumen und Zeigefinger zu reiben.
»Na gut«, meinte sie. »Wir haben wohl keine andere Wahl, oder?«
Und die hatten sie tatsächlich nicht. Sie konnten sich kein Hotelzimmer nehmen, da Mark verheiratet war und eigentlich auf einer Betriebsfeier sein sollte und Mandy noch bei ihrer Mutter und ihrem Bruder wohnte, die sie um Mitternacht von ihrer Freundin zurück erwarteten. Er hatte ihr ein teures Fünf-Gänge-Menü spendiert, sie hatten Chäteauneuf-du-Pape getrunken. Für den Nachhauseweg hatte er sogar die kurvenreiche Strecke über das offene Heidemoor genommen, weil es dort oben einsamer war als auf der Straße durch das Tal. Dieser Abend war möglicherweise einer der letzten warmen Abende des Jahres, er würde vielleicht keine weitere Gelegenheit mehr bekommen.
Mit Hilfe der Taschenlampe bahnten sie sich einen Weg über das Heidekraut und fanden einen abgeschirmten kleinen Hügel, der von Felsen und Steinen umgeben war und ungefähr fünfzig Meter von der Straße entfernt lag. Mark breitete die Decke aus und Mandy legte sich hin. Um sie herum erstreckte sich kilometerweit offenes Heidemoor, das Licht des Halbmondes überzog das Heidekraut und gab dem Platz die Unheimlichkeit einer Mondlandschaft. Es war tatsächlich kalt, aber als sie sich mit Liebkosungen wärmten, hörten sie bald auf, es zu bemerken. Schließlich hatte Mark Mandys Strumpfhosen und ihren Slip bis zu den Knöcheln heruntergezogen, ihre Knie auseinander gedrückt und sich auf sie gelegt.
Als die Wellen der Lust sie durchströmten, streckte Mandy ihre Arme aus und griff in das Heidekraut. Bald wurde Mark schneller und erzeugte tief in seiner Kehle grunzende Laute. Mandy wusste, dass das Ende nahe war. Sie konnte den Portwein und den Stiltonkäse in seinem Atem riechen und seine Stoppeln an ihrer Schulter spüren. Je lauter er stöhnte, desto fester krallte sie sich ins Heidekraut, doch selbst als er kam und sie ihn mit ekstatischen Schreien anfeuerte, war ihr bewusst, dass das, was sie mit ihrer rechten Hand umklammerte, weder Gras noch Heidekraut war, sondern etwas Weicheres, eine Art Stoff, vielleicht sogar ein Kleidungsstück.