Gemüt & Geist

Beide Kapitel verschmelzen im Seelisch-Geistigen zu einer Einheit, dessen Ausgeglichenheit oder Disharmonie, dessen Wohlbefinden oder Unwohlsein sich in körperlichen Befindlichkeitsstörungen, Krankheitsbildern oder deren Abwesenheit und im natürlichen oder abweichenden Verhalten der Person widerspiegeln. Das gesunde Gemüt lässt uns an Gemütlichkeit denken, die von Herzenswärme erfüllt ist. Es wird oft als Gegenpol zum Geist und seinen Verstandes- und Willensfunktionen gesehen. Gewiss, der Geist beinhaltet unsere mentalen Fähigkeiten wie Denken, Lernvermögen, Erfassung unserer Lebenswelt usw., entbehrt jedoch nicht einer gewissen atmosphärischen Kälte der zugehörigen Person. Die Bedeutung des Zusammenspieles beider Pole, die ja keine trennende Dualität, sondern eine zur Einheitlichkeit führenden Polarität darstellen, ist für ein gesundes Leben unerlässlich.

Gemüt

Hier geht es um das Empfinden eines Sinnesreizes; das Fühlen als subjektives Erleben; die Wahrnehmung des ICH, DU und des WIR, des All-Seins; es geht um die Triebe mit ihrer Neigung zu biologischer Bedürfnisbefriedigung; um zielgerichtetes emotionales Streben; um seelisches Verhalten als Summe situativer Wahrnehmung und intellektueller Verarbeitung. Die Integration all dieser Teilfaktoren zeichnet einen kultivierten, gesunden Menschen aus. Die Ergebnisse der Desintegration mögen wir in der Nachfolge dieser Überlegungen erleben:

Ärger

Hinter jedem Ärger steht eine aggressive Kraft. Der Liebreiz ging verloren, an die Stelle trat eine Bedauernswertigkeit. Wenn ich mich ärgere, ärgere ich mich am meisten über den Umstand, dass ich mich ärgere. Welch ein Teufelskreis aus Kraftaufwand und Energieverschwendung! So erleben wir diesen Menschen am Ende schwach, erschöpft und hoffnungslos verzweifelt.

Geht an die Nerven: überreagierender Mensch

Chamomilla D30

einmalig

• ↓ Widerspruch, Schmerz
• ↑ Kälte

Typ: rot, hitzig, heftig

Überempfindliche, übererregbare, überreizbare Menschen beantworten die kleinste Kränkung, den geringsten Widerspruch, den leichtesten Schmerz mit zorniger, wütender Erregung. Sie sind von hitzigem Temperament, der Hitze unverträglich, wissen im Zorn nicht, was sie tun und wollen, sind schwer zu trösten, und nur eine kalte Dusche und Chamomilla können sie und ihren Ärger besänftigen.

Schlägt auf den Magen: nörgeliger Mensch

Nux vomica D30

einmalig

• ↓ Durcheinander leben
• ↑ Wärme, außer am Kopf

Typ: blass, intelligent, nörglerisch

Der nervöse, gereizte Mensch, den die Fliege an der Wand stört, der seinen Ärger in sich hineinfrisst und hinunterschluckt, tut dies zusammen mit viel Essen und Durcheinandertrinken, worüber er sich wieder ärgert, weil der Magen drückt, der Stuhl verstopft, das Hirn verkatert. Er sollte nicht vergessen, bevor er in sich hineinzufressen beginnt, Nux vomica hinunterzuschlucken. Das erspart ihm die Folgen seines Tuns und einen ärgerlichen Folgetag.

Schlägt auf den Magen: hektischer Mensch

Argentum nitricum D30

einmalig

• ↓ Ereignis, Termin
• ↑ Gegendruck

Typ: hager, hektisch, getrieben

Auch jener schluckt alles hinunter, und der Ärger frisst ein Geschwür in seinen Magen. Er sitzt angespannt und zittrig am Tisch, mit tief gefurchtem Gesicht stopft er seinen Ärger mit Essen in den Bauch hinein. Dieser bläht sich auf wie eine Trommel, die zu zerplatzen droht. Zum Platzen ist auch seiner Seele zumute. Argentum nitricum verhütet sein tatsächliches Zerplatzen.

Schlägt auf die Galle: untersetzter, heftiger Mensch

Bryonia D30

einmalig

• ↓ Berührung
• ↑ Gegendruck

Typ: rot, rund, kräftig, heftig

Ihm läuft die Galle über, und der Hexenschuss schießt heftig ein, wenn sein langer Geduldsfaden reißt und er die Fassung verliert. Er ist klein, rundlich, rot, kräftig und heftig wie sein Zorn und Ischiasschmerz. Bryonia, wenn in der Folge Gallestau und Ischias ihn plagen.

Schlägt auf die Galle: schlanker, reizbarer Mensch

Colocynthis D4

alle 10 Minuten

• ↓ akute Gemütsbewegung
• ↑ Gegendruck, Krümmen, Wärme

Typ: blass, kalt, feucht, jähzornig

Ähnlich heftig ist der Zorn jenes Menschen, der sich in der Folge mit heftigen Galle- und Magenschmerzen krümmt. Ärger und Schmerz schießen hinein wie von Messern getrieben, und der Stuhl schießt heraus wie Wasser. Colocynthis verhindert jegliche krümmende Entgleisung.

Mit Zittrigkeit: blasser, stolzer Mensch

Staphisagria D30

bedarfsweise

• ↓ verletzter Stolz, Zuspruch
• ↑ sich strecken

Typ: blass/rot, kalt, zittrig, stolz

Dieser kräftig rote, stolze Mensch ärgert sich tatsächlich über seinen Ärger. Trotz Bewusstsein kann er sich die ärgerliche Empfindung nicht verkneifen, wird sein Stolz auch nur geringgradig verletzt. Er schweigt beharrlich, unterdrückt seine Emotionen, so dass sich diese ohne Staphisagria durch Zittern der Hände und Knie einen unnatürlichen Ausweg suchen.

Mit Zittrigkeit: roter, schüchterner Mensch

Gelsemium D30

bedarfsweise

• ↓ Aufregung
• ↑ massives Harnen

Typ: rot, rund, warm, feucht

Jener an sich gelassene, schüchterne Mensch mit dunkelrot gestautem Gesicht, der nach Ärger und Aufregung am ganzen Körper zittert, sollte vor jeder unangenehmen Begegnung, vor jedem vorauszusehenden, unangenehmen Ereignis Gelsemium nehmen. Wenn Sie ein derartiges Phänomen an sich selbst beobachten, dann werden Sie nach Einnahme der Arznei überrascht sein, denn Sie warten vergeblich auf Ihr gewohntes Zittern. Erscheint es dennoch aufgrund der Heftigkeit des Ereignisses, so bleibt Ihnen eine weitere Gabe zur Besänftigung Ihrer Nerven. Bald werden Sie diese Arznei nicht mehr brauchen.

Depression

Das Dasein liegt im harmonischen Maß der Mitte; das Sosein zeigt sich in der Entgleisung des Daseins. Nur in der existentiellen Not – im Sosein – offenbart sich die derzeitige Verfassung eines Menschen. Die veränderte Orientierung beziehungsweise Orientierungslosigkeit der Welt, der Verlust von Tradition und Religion als Ausdruck tiefsten inneren Haltes und innerer Ordnung, der Verlust von Empfindungen wie Ehre, Ehrfurcht und Würde als Ausdruck äußerer Bestätigung und Anerkennung, verändern das Maß der Mitte.

So erleben wir in dem von innen und außen bedrohten Menschen die Widersprüche zwischen menschlichen Urbedürfnissen sowie inneren und äußeren Versagungen, die Widersprüche zwischen einer Rollenvorstellung, einer Rollenverwirklichung und einem Rollenzwang, den die Gesellschaft auferlegte. Diese Widersprüche ergeben die Konflikte unseres Daseins. Inwieweit diese Bedrohung unser Dasein erschüttern kann, entscheidet unser Wertmaß oder unsere Maßlosigkeit, unsere Haltung oder Haltlosigkeit. Wir können die Konflikte aggressiv gegen uns und unsere Umwelt bekämpfen. Wir können sie regressiv verdrängen und verkümmern. Wir können sie aber auch kreativ lösen und erhalten unser geordnetes Dasein der Mitte.

Durch Enttäuschung, Demütigung

Natrium muriaticum D30

bedarfsweise

• ↓ Kummer, Trost
• ↑ Wärme, Gesicht kalt abwaschen

Typ: blass, romantisch, sensibel, tiefe Melancholie

So erleben wir den Verkümmerten in seiner ängstlichen, in sich gekehrten Depression, in den Zuständen des Enttäuscht seins, des Gekränktseins, die er nicht vergessen kann. So erleben wir ihn in seinen Bedürfnissen nach Nähe, nach Zuwendung im Seelisch-Geistigen wie im Körperlich-Sexuellen, in seinem Bedürfnis nach mehr Entfaltung in der Beziehung zum Du. Sein Schicksal, Maß oder Maßlosigkeit, Haltung oder Haltlosigkeit werden zum Beginn eines Erkrankungsprozesses. Seit jener Kränkung ist er krank. Da begann auch die Verstopfung, das Herzklopfen, die Abmagerung, der Kropf, der Diabetes. So erleben wir aber auch, wie er mit Natrium muriaticum seine Verlassenheit, seine Trostlosigkeit und seine Einsamkeit abstreift zugunsten eines besseren Maßes.

Durch Liebeskummer

Acidum phosphoricum D12

2 × täglich

• ↓ Liebeskummer, Licht, Lärm
• ↑ Alleinsein, Wärme

Typ: zart, apathisch

Ganz anders der Liebeskummer unserer jungen zarten Menschen. Sie wollen alleingelassen werden, sie wollen Einsamkeit, die sie mit elegischem Seufzen beleben. Schwäche und Erschöpfung, Kummer mit dem Freund, den Eltern, den Lehrern erfüllen ihre grübelnden Gedanken. Acidum phosphoricum, mindestens 4 Wochen lang, wird ihre zuneigenden Lebensgeister wieder erfrischen.

Durch Geschäftssorgen

Ambra D3

3 × täglich

• ↓ Alltagssorgen
• ↑ Bewegung in frischer Luft

Typ: blass, errötet

Wenn Ihnen durch familiären oder beruflichen Kummer beim Reden der rote Faden entgleitet und Sie verlegen erröten, wenn Sie grübelnd im Bett liegen und nicht einschlafen können, weil die Gedanken sich im Kreise drehen und Sie keinen Ausweg finden, dann nehmen Sie Ambra, bis Sie wieder fließend reden und gelöst schlafen können.

Bei akutem Kummer

Ignatia D30

einmalig

• ↓ Tadel, Schreck, Zuspruch
• ↑ lautes Seufzen, Essen, Schlucken

Typ: zart, fein, ernst, widersprüchlich

Wenn Ihr Kummer noch frisch ist und Sie eher kapriziös reagieren, mal dies, mal jenes verlangen und sich beleidigt zurückziehen, wenn sie es nicht bekommen, dann sollten Sie Ignatia nehmen, bis der „akute Kummer“ verdaut und ihre zarte, durchscheinende Seele gekräftigt ist.

Heimweh

→ „Enders’ Homöopathie für Kinder“, Literatur, S. 342

Heimweh beinhaltet ja nicht nur die Sehnsucht nach Zuhause, wenn wir in der Fremde sind, sondern auch die Sehnsucht, sich endlich irgendwo heimisch zu fühlen. Sowohl eingebettet in die wohlige Sphäre der Familie als auch in die wohltuende Geborgenheit der Schöpfung. Wer von Heimweh zermürbt wird, der ist dem Urvertrauen sehr fern. Nur aus diesem Wissen verstehen wir den Schmerz unserer Kinder.

Rotwangige, schlaffe Kinder

Capsicum D30

einmalig

• ↓ Berührung
• ↑ Wärme, Bewegung

Typ: rot, mollig, träge, frostig

Wer kennt nicht das schüchterne, schlaffe, rotwangige Kind aus dem Ferienlager, den molligen Mops, der vor Heimweh untröstlich vergeht, über unzusammenhängende Beschwerden klagt, das Weinen unterdrückt und nichts mehr isst. Geben Sie Ihrem Kind vor den Ferien schon Capsicum, dann wird es seinen Aufenthalt richtig genießen können.

Blasse, hysterische Kinder

Ignatia D30

bedarfsweise

• ↓ Zuspruch
• ↑ tiefes, lautes Seufzen

Typ: zart, fein, ernst, widersprüchlich

Fröhlich zieht dieses Kind allein los, neugierig und abenteuerlustig. Doch die gute Laune hält nicht lange an. Wenn den anderen zum Lachen zumute ist, weint es laut, und wenn den anderen zum Weinen ist, lacht es hysterisch. Es weiß nicht mehr, was es eigentlich will, so dass nur Ignatia die Entgleisung seines seelischen Willens in erträgliches Gleichgewicht bringt.

Blasse, kummervolle Kinder

Natrium muriaticum D30

einmalig

• ↓ Trost
• ↑ Wärme, kalt abwaschen

Typ: blass, still, sensibel

Kummervoll, niedergeschlagen, seufzend erleben wir das blasse Kind, das sich nach Hause sehnt. Die Lust am Essen, am Spiel, am Abenteuer vergehen im vielen stillen Weinen. Für diesen tiefen Kummer haben wir eine Arznei. Natrium muriaticum wird Ihr Kind die Freude wieder erleben lassen.

Lebensangst

Jeder Mensch hat Angst. Die Angst ist der Hilfeschrei eines haltlosen, maßlosen Menschen nach mystischer Verschmelzung mit der großen Mutter, nach irdener Geborgenheit. Angst vor Neuem, vor Ungewissem, vor der Zukunft, vor drohendem Unheil, vor Krankheit, Dunkelheit und Tod. Der Angstvolle hält unbeweglich fest an dem, was ihm bereits vertraut ist, was er einschätzen kann. Er tauscht den mangelnden Mut zum Erleben mit starren Gegebenheiten, mit versteinerten Prinzipien und mit verkrusteten Wunden, deren Schmerz er nicht mehr als Leiden wahrnimmt. Aber ein Menschenleben ist dem Erleben zugewiesen, will es unbetrogen sich lebendig fühlen. Und der Preis für ein betrogenes Leben ist die Angst.

Den beredten Ausdruck einer Angst erkennen wir am eingefrorenen, grimassenartigen Lächeln. Mit zunehmendem moralischem Verfall unserer Mutter-Kind-Kultur steigern sich die Ängste der Verlassenheit: Angst vor dem Alleinsein, dem Allein-Gelassen-Werden, der Trennung und dem Tod. Sie entspringen alle einer einzigen Thematik: dem zu frühen Verlassen-worden-Sein. Wer in die Schöpfung eingewoben wurde und sich folglich darin eingewoben fühlt, kennt keine Angst.

Plötzlicher, heftiger Anfall

Aconitum D30

in Wasser

• ↓ Berührung
• ↑ Kühle

Typ: hellrot, schlank, unruhig

Es erstaunt uns, wenn ein eher kräftiger, schlanker, eher vollblütiger Mensch plötzlich, unerwartet von heftigen Angstzuständen gerüttelt wird. Trotz hochrotem Gesicht steht ihm der Tod ins Gesicht geschrieben. Heftige Unruhe überfällt ihn, so dass er sich bewegen muss. Er öffnet die Kleider und die Fenster. Sein Herz pocht heftig, und er glaubt, der Infarkt oder der Schlaganfall bedrohe sein Leben. In seiner Angst sucht er nach Menschen, möchte nicht allein sein. Angst unter vielen Menschen, Angst in Kaufhäusern und Kirchen, Angstanfälle bei jedem Wetterwechsel, bei Wind, Sturm und Gewitter, bei Heftigkeit, bei Ärger und Aufregung. Geben Sie einem solchen Menschen Ihre Nähe, Aconitum in Wasserlösung und lassen Sie ihn alle 5 Minuten einen gewöhnlichen Schluck trinken. Sie nehmen ihm die Angst zu sterben und geben ihm seinen Lebensraum zurück, in dem er atmen kann.

Angst vor Ereignissen, Terminen

Argentum nitricum D30

einmalig

• ↓ Ereignis, Termin, Höhen
• ↑ Herz festhalten

Typ: hager, hektisch, getrieben

Ganz anders verhält sich der schlanke, blasse, hektische, überempfindliche Mensch. Er hat Angst vor allem Neuen, vor Begegnungen, vor bevorstehenden Ereignissen; sie lassen sein Herz zerspringen, so dass er es festhalten muss. Er hat Angst vor engen Räumen und engen Straßen, so dass er immer schneller geht und stolpert, als verfolge ihn jemand mit einer Peitsche; Angst, die Zeit verginge zu schnell, so dass er überall zu früh erscheint; Angst über eine Brücke zu gehen, von der er hinunterfallen könnte; Angst, von einem Turm hinunterzuschauen, mit einem Gefühl im Magen, sich hinunterstürzen zu müssen. Argentum nitricum vor jedem solcher angstvollen Ereignisse heilt nicht nur die zittrige Furcht, sie stärkt auch die Unsicherheit in ihm und festigt seine geistigen Fähigkeiten.

Angst vor Alleinsein, Dunkelheit

Phosphorus D30

einmalig

• ↓ Kälte, Gewitter, Geräusche
• ↑ Licht, Gesellschaft

Typ: rot/blass, zart, frostig, heiter, wechselhaft

Zart und empfindlich wie eine Mimose ist jener Mensch mit Angst beim Alleinsein, in der Dunkelheit, Angst bei Gewittern und bei Heftigkeit. Seine Schwäche bei körperlicher und geistiger Forderung produziert Angst bereits vor solchen Vorhaben. Licht und Gesellschaft beruhigen oder regen sein Gemüt angenehm an. Kinder gehen nicht allein zu Bett, wollen nicht einschlafen (wollen die Augen nicht schließen!) aus Angst vor Gestalten, Geräuschen und Geistern, die ihre lebhafte Phantasie zu ihrer Wirklichkeit gestaltet. Phosphorus, selten gegeben, nimmt ihnen Angst und Erschöpfung.

Todesangst

Arsenicum album D30

in Wasser

• ↓ Ereignis, Unordnung
• ↑ Wärme in jeder Form

Typ: leichenblass, unsicher, pedantisch

Alle blassen, schlanken Menschen leiden unter ihrer Schwäche und Unsicherheit. Je schwächer ein Mensch, desto genauer, desto pingeliger, desto pedantischer wird er. Das sind gute Eigenschaften, wenn sie zur rechten Zeit, am rechten Ort und für das rechte Ziel eingesetzt werden. Der skrupelloseste unter allen Pedanten ist jener, der nicht nur sich, sondern auch seiner Umwelt auf die Nerven geht. Jede innere oder äußere Unordnung bringt Schwäche, Verzweiflung, Unruhe, Angst und Selbstzerfleischung (Krebs) zum Vorschein. Sie gebiert die unruhigste innere Angst mit leichenblassem, kaltem Gesicht wie ein Mensch, der in Ohnmacht zu fallen droht oder kurz darauf tatsächlich vergeht. Die ständigen Sorgen um mangelnde Ordnung treiben ihn am Leben vorbei in die Dunkelheit, in den Tod. Arsenicum album, alle 5 Minuten einen gewöhnlichen Schluck getrunken, führen ihn zurück zu sich selbst und zum Lebenswerten.

Reizbarkeit

Die Reiz- und Anforderungsüberflutung unserer Zeit verwandelt bewegungsfreudige Menschen in nervöse, hektische, überreizte und überforderte Menschen. Selbst unsere Kinder zeigen erhebliche Folgen dieser zivilisatorischen Übertreibungen, falls sie nicht bewusst davor geschützt werden. Glücklicherweise hat die Natur auch Arzneien, um derartige Teufelskreise zu unterbinden.

Die Arbeit türmt sich

Kalium phosphoricum D12

2 × täglich

• ↓ nach geistiger Überarbeitung
• ↑ Ruhe

Typ: kalt, nervös, zittrig, Schwarzseher

Einem Menschen, der so nervös ist, dass er schon beim morgendlichen Erwachen glaubt, die Arbeit stehe wie ein unüberwindlicher Berg vor ihm, und meint, seine Aufgaben „nicht bewältigen zu können“, bieten Sie mit Kalium phosphoricum eine mitmenschliche Hilfe an. Wenn diese Arznei trotz Besserung nicht seine gesamte Verfassung heilend beeinflusst, braucht er homöopathischen Rat.

Beine schaukeln ständig

Zincum metallicum D12

2 × täglich

• ↓ Überanstrengung, langes Sitzen
• ↑ Ausscheidungen

Typ: blass, grau, trocken, nervös

Bei unseren nervösen Kindern entsetzt uns die fahrige Unruhe mit den hampeligen Bewegungsäußerungen. Nun gibt es Kinder, bei denen nur die Beine ständig in Bewegung sind, ständig hin- und herschaukeln. Ihnen fehlt auch die Konzentration für jegliche Beschäftigung. Endlich im Bett, fahren sie mit ihren Beinen Fahrrad, anstatt einzuschlafen. Zincum metallicum wird ihre Hirntätigkeit dämpfen und ordnen.

Arme und Beine in ständiger Bewegung

Kalium bromatum D12

2 × täglich

• ↓ Ereignisse, Stillhalten
• ↑ Beschäftigung

Typ: rot, ängstlich, erregt, gehemmt

Bei den meisten Kindern sind nicht nur die Beine hampelig, sondern alle vier Extremitäten, auch die Arme fuchteln ungerichtet in der Luft herum. Die Bastelarbeit findet keine Vollendung, sondern Zerstörung; Schulkinder krakeln ihre Schrift aufs Papier, Mütter verzweifeln. Kalium bromatum wird Kinder und Mütter beruhigen. Sie ist eine wohltuende Arznei, die ich bei meinen eigenen Nachfahren mit Zufriedenheit geprüft habe.

Hampelmann

Agaricus D4

3 × täglich

• ↓ geistige Überforderung
• ↑ langsame Bewegung, Blähungs abgang

Typ: rot, hitzig, unkonzentriert, müde, grimassierend

Wohl der übelste Hampelmann unter allen Kindern ist das alberne Kind, unfähig jeglicher Konzentration. Oft zeigen seine Arme und Beine krampfartige Bewegungen, und seine Augenlider zucken, unrhythmisch aufeinandergepresst. Agaricus nährt das Hirn und setzt dessen Funktion ins rechte Lot.

Schock

Es gibt Umstände, wie zum Beispiel einen Unfall, dessen Folgen Sie mit der bewährten Anwendung, wie zum Beispiel Arnica, erfolglos behandeln. Verzweifeln Sie nicht, sondern überlegen Sie, ob nicht der stets begleitende Schock höherwertig einzuschätzen ist als das Ereignis selbst. Meist wird Ihre Überlegung Recht behalten.

Erstarrter, wie gelähmter Mensch

Opium D30

bedarfsweise

• ↓ Wärme, Druck
• ↑ kalt abwaschen

Typ: dunkelrot, bläulich, feucht, schwach

Die dankbarste Schockarznei finden wir in Opium. Der Geschockte ist apathisch, erstarrt, wie gelähmt, und die Spucke bleibt ihm weg.

Hysterischer Mensch

Ignatia D30

bedarfsweise

• ↓ Zuspruch
• ↑ tiefes, lautes Seufzen

Typ: zart, fein, ernst, widersprüchlich

Ob Unfall oder Liebesenttäuschung, die Folgen erscheinen uns eher hysterischer Art. Was immer der Getroffene tut, ist unvoraussagbar, denn er weiß selbst nicht, was er tut. Die Situationskontrolle ist völlig entgleist, so dass ihn ein Umstehender mit Ignatia füttern muss.

Aufgebrachter, zittriger Mensch

Anhalonium D30

bedarfsweise

• ↓ Berührung, Beengung
• ↑ Zuspruch

Typ: rot, erregt, zittrig

Eher aufgebracht, erregt und zitternd erzählt dieser von seinem Schreck als Zuschauer eines Unfalles oder als Liebesenttäuschter im weitesten Sinne, so dass wir mit Anhalonium seine seelischen Fühler besänftigen.

Ausgeflippter Mensch

Hyoscyamus D30

bedarfsweise

• ↓ Zureden
• ↑ in Ruhe lassen

Typ: blass, flucht, spuckt, wütet

Die unkontrollierteste, ausgeflippteste Reaktion erleben wir im Hyoscyamus-Bedürftigen. Höchst erregt, krampfhaft lachend und weinend, stammelt er die inneren Visionen des äußeren Geschehens hervor. Als Beteiligter eines Unfalles flieht er über Feld und Wiesen, ungerichtet nach Hilfe schreiend.

Schulangst

→ „Enders’ Homöopathie für Kinder“, Literatur, S. 342

Auch Lehrer haben Angst, in die Schule zu gehen, Angst vor den Schülern, vor unangenehmen Überraschungen seitens bildungsunfähiger Schuldirektion oder erziehungsunfähiger Elternschaft. Wer ist solchen Erwartungen schon gewachsen?!

Zittrige Angst

Gelsemium D30

einmalig, bedarfsweise wiederholen

• ↓ Aufregung
• ↑ massives Harnen

Typ: rot, rund, warm, feucht

Schüler haben Angst, in die Schule zu gehen. Das ist geläufiger. Angst vor dem unleidlichen, aufbrausenden, ungerechten Lehrer, vor Tadel und Verweis, Angst vor Klassenarbeiten trotz guter Vorbereitung. Wenn Sie sich oder Ihre Kinder und Jugendlichen darin erkennen, geben und nehmen Sie Gelsemium, sobald die Angst Sie überkommt oder schon abends vor dem Schlafen oder morgens nach dem Erwachen. Diese Arznei wird gut wirken, wenn Sie ein eher rundlich gebauter Mensch sind und eher zu Zittrigkeit und Herzklopfen neigen.

Stolpernde Angst

Argentum nitricum D30

einmalig, bedarfsweise wiederholen

• ↓ Termine
• ↑ festhalten

Typ: hagerer, hektischer Stolpermann

Der blasse, schlanke, nervös-zittrige, leicht stolpernde Schüler ode Lehrer, dem vor lauter Angst und Aufregung der Magen krampft, dem alles „in die Hose geht“ mit Harndrang und Durchfall, diesem wird Argentum nitricum abends und/oder morgens sehr hilfreich sein.

Unruhige Angst

Arsenicum album D30

einmalig, bedarfsweise wiederholen

• ↓ Unordnung
• ↑ Wärme in jeder Form

Typ: schlank, blass

Dem sehr schlanken, sehr unruhig-ängstlichen, sehr genauen Schüler wird Argentum nicht mehr helfen. Vor jeder Prüfung verbringt er die Nacht auf der Toilette, regelrecht hängend. Totenelend, leichenblass entleert er fortwährend seinen Darm und erbricht, ohne Pause grübelnd, was er noch vergessen haben könnte zu ordnen, zu lernen. Ein beklagenswerter Zustand, für den es glücklicherweise Arsenicum album gibt.

Mit Herzklopfen

Strophantus D4

alle 10 Minuten

• ↓ Erwartungsangst
• ↑ Zureden

Typ: rot, warm, feucht, zittrig

In jede Schultasche gehört ein Fläschchen Strophantus für den Umstand, dass trotz Vorbehandlung mit vorgenannten Arzneien kurz zuvor das Herz weiterpocht, der Kopf wie leer, die Konzentration unmöglich ist. Strophantus wird die tatsächliche Hirnleistung offenbaren.

Zorn

→ „Enders’ Homöopathie für Kinder“, Literatur, S. 342

Wer kennt sie nicht die Wutausbrüche unserer Kinder und nahe stehenden Erwachsenen?! Ausgelöst durch Nichtigkeiten. Wesentliches regelt ein Kind mit vernünftiger Gelassenheit, selbst mit Liebreiz, ein Erwachsener weniger. Der Reiz des Widerspruchs hat jedoch viele Auslösungen, die im sozialen Gefüge einer Familienstruktur oder/und im Gefüge der Gesellschaft zu finden sind. Beschränken wir uns auf das Verhalten des Kindes und erraten wir daraus das Bedürfnis für den Erwachsenen.

Rote, unleidliche Kinder

Chamomilla D30

einmalig

• ↓ Hitze
• ↑ getragen, gefahren werden

Typ: rot, hitzig, überreizt, schrill

Sinnlose Wut, auf den Boden stampfen, sich auf den Boden werfen, um sich schlagen. Das Kind ist schwer abzulenken, wirft den angereichten Trost wie Spielzeug oder Bilderbuch durch die Gegend und schreit so lange aus vollem Hals in hitziger, unleidlicher, schriller Tonlage, bis Sie es auf Ihren Arm nehmen und herumtragen, was bei solchem Zorn schon Überwindung kostet. Doch auch das besänftigt nur bis zum folgenden Wutanfall. Trösten Sie sich und Ihr Kind, und geben Sie Chamomilla, um den Frieden im Hause wiederherzustellen.

Rote, mürrische, kummervolle Kinder

Staphisagria D30

einmalig

• ↓ Tadel, Widerspruch, Trost
• ↑ stille Zuwendung

Typ: blass, kalt, mürrisch, empfindlich

Ähnlich übellaunig und mürrisch verhalten sich Kinder mit lange unterdrücktem Zorn, die dann beim geringsten Tadel oder Widerspruch in untröstliche Wutäußerungen verfallen. Die Reaktionen sind noch heftiger als bei den Chamomilla-bedürftigen Kindern. Trost und einfallsreicher Zuspruch verschlimmern nur die Lage. Bevor Sie sich nervlich aufreiben und selbst mit zornigem Geschrei ein Ende herbeiführen wollen, geben Sie Staphisagria, eventuell 2 bis 3 Tage. Dadurch wird sich auch die kindlich-geschlechtliche Überreizbarkeit beruhigen.

Rote, gewalttätige Kinder

Stramonium D30

einmalig

• ↓ Berührung, Trost
• ↑ in Ruhe lassen

Typ: rot, kräftig, funkelnd, aggressiv

Eine letzte Zornessteigerung erleben wir in erschreckend gewalttätigen Äußerungen des Kindes. Die geringste tröstliche Zuneigung erfährt eine unerwartete, unkontrollierbare Antwort, die Spielsachen werden zerstört. Das Kind ist blind vor Wut und braucht Stramonium, eventuell 2 bis 3 Tage, bis sein Gesicht die tiefroten Wangen und Ohren und die Zorn funkelnden Augen verliert und sich gleichzeitig mit dem Gemüt seine geschlechtliche Überreiztheit besänftigt.

Blasse, empfindungslose Kinder

Hyoscyamus D30

einmalig

• ↓ Tadel, Enttäuschung
• ↑ in Ruhe lassen

Typ: blass, flucht, spuckt, wütet

Eigenartig, dass fast alle wutentbrannten Kinder gleichzeitig geschlechtlich übererregt sind. Bei Erwachsenen wäre dieser Gedankengang umgekehrt zu folgern! Bei Letzteren wäre es denn verständlich, weniger verzeihlich, wenn sie bei ihren Zorneswallungen obszöne Wortgebilde auf ihre Umgebung loslassen. Wenn Kinder dasselbe tun, haben wir Grund, uns dessen zu schämen. So hochrot die Ohren des vorigen Kindes, so blass ist jenes, das mit Hyoscyamus besänftigt wird. Wild glänzende Augen und eine unbändige Kraft entwickeln aber beide, wenn der Teufel sie reitet.

Blasse, manische Kinder

Veratrum album D30

einmalig

• ↓ Wärme, Nähe
• ↑ Kühle

Typ: blass, frostig, verkrampft

Noch eben die übelsten Worte um sich schleudernd, hängt es im nächsten Augenblick der Mutter am Hals und küsst sie ab. Und gäbe es Veratrum album nicht, so hätten wir allen Grund, zu verzweifeln. Doch die Arzneien trösten uns!

Geist

Die Gesamtheit der Phänomene des rationalen Denkens liegt in unserem Geist gebettet. Seine Funktionen sind Ausdruck des menschlichen Dranges zur Verwirklichung unserer Werte. Ihre Ergebnisse sind die Wissenschaften, Künste, Religion, Tradition, Technik, Industrie usw. Seine Einzelfunktionen verstehen wir als Auffassung, Begreifen, Lernfähigkeit, Gedächtnis, Wahrnehmung, Phantasie, Intuition, Inspiration, Denken, Erkennen, Unterscheiden und Entscheiden. In diesem Rahmen bewegt sich ein kultivierter, gesunder Mensch.

Dagegen steht die zeitgenössische Verwahrlosung des Geistes durch industriellen Wohlstand. Sie ist gekennzeichnet von mangelndem personalen Fundament, vom Mangel an Verzicht-, Opfer- und Leidensfähigkeit, von Ziellosigkeit, Zügellosigkeit, Hingabe an den Zufall und von verkümmerter Achtung vor sich selbst. Beängstigend hat sie Willensschwäche, Willenlosigkeit, Erkenntnisschwäche, Erkenntnisunlust genährt, was uns zunehmend von verantwortlichem Handeln und schöpferischer Leistung entfernt. Das Heer verlorener Kinder und betrogener Jugendlicher, alle Töchter und Söhne einer unkultivierten Erwachsenen-Ichwelt, sind der Beweis kontinuierlich dahinschmelzenden Geistes. Lauschen Sie einigen Auszügen aus dieser Beweisführung:

Allgemeine Müdigkeit

Früher nannten wir die Jugendlichen „die müde Generation“. Heute sind alle Generationen müde. Der Perfektionismus, mit dem wir unsere materiellen Wunschvorstellungen angehen, mit dem wir unsere Erwartungshaltungen füttern, tötet unsere Lust zur Arbeit, unsere Lust an Liebe, unsere Lust am Leben. Wir werden lustlos, matt und müde. Fernsehen, Futtern und Ficken saugen wir uns zur Ablenkung aus den Fingern, nur um einem harmonischen Wach-Schlaf-Rhythmus zu entgehen. Schließlich könnten wir „was verpassen“, etwas, das durch geordneten Schlaf und damit einhergehendem Kontrollverlust unserer leiblich-materiellen Wünsche aus dem persönlichen Bewusstsein gelöscht wird. Das ständige Tagesbewusstsein ist immer von leiblicher, seelischer und geistiger Müdigkeit begleitet, weil es einem abbauenden Nervenprozess unterliegt. Nur der Schlaf baut wieder auf! Frage mich, wer leidet in diesem Stress eigentlich am meisten? Klar ist nur eines. Wir müssen fit sein! Also, merken Sie sich gut, was die Homöopathie in petto hat.

Bewährter Wachhalter

Nux moschata D4

bedarfsweise

• ↓ Übermüdung
• ↑ heiße Getränke

Typ: rot/aschfahl, gedunsen

Zunächst verrate ich Ihnen einen bewährten Wachhalter, wenn Sie in bereits gestresstem Zustand noch einen Verhandlungstermin wahrnehmen, einem „Geschäftsessen“ beiwohnen oder sich einer Heimfahrt über die Autobahn unterwerfen müssen. Wenn die Augen aber so langsam zufallen, der Bauch sich zur Trommel bläht und keine verklemmten Winde sich mehr nach außen bewegen. Nux moschata könnte die Lösung sein. Einfach ausprobieren!

Bei stockendem Stoffwechsel

Carbo vegetabilis D30

einmalig

• ↓ geistige Überanstrengung, Schwüle, fette Speisen
• ↑ Luft zufächeln, Aufstoßen

Typ: blass, kalt, erschöpft

Zu viel Arbeit, zu viel Stress, zu viel fettes Frustessen! Wie soll das unser Stoffwechsel noch verarbeiten. Auch er ist nur menschlich und macht halt nicht mehr mit. Alles stockt: das Atmen, der Kreislauf, die Verdauung. In der Folge unterstreichen Blähungen und Völle die Oberbauchlastigkeit, der Nacken krampft, das Hirn dröhnt, die Seele ist am Ende ihrer Gefühlsfähigkeit. Gönnen Sie sich ruhevollen Schlaf und vorher Carbo vegetabilis, damit das Lebensfeuer und das Feuer des Stoffwechsels wieder in Schwung kommen.

Nach zu viel Fernsehen

Cocculus D12

am Morgen nach abendlicher Fernsehorgie

• ↓ Übernächtigung
• ↑ Wärme, Ruhe

Typ: blass, kalt, hirnmüde, schusselig

Hampelig und unkonzentriert ist der Marathon-Fernsehspezialist. Nach schlafgestörten Nächten fühlt er, wie sich die Müdigkeit in seinem Kopf wie eine gähnende Leere einschleicht. Wie verkatert, dusselig und schusselig sitzt er über seinen Pflichten und Aufgaben. Beißt auf seinem Kugelschreiber herum, schaut in der Luft herum, blättert, nach Eingebung suchend, hie und da in Büchern, Broschüren, Pamphleten, schmeißt endlich den Whisky, die Kaffeetasse oder das Glas Milch um. Hm, aufwischen oder Cocculus schlucken? Das ist seine Frage. Letztlich entscheidet er sich für die Arznei.

Nach geistiger Überanstrengung

Phosphorus D30

1 × täglich

• ↓ Anstrengung
• ↑ Ruhen, Frischluft

Typ: rot/blass, zart, frostig

Lassen Sie sich nicht unterkriegen! Nach einer bestimmten Zeit ist das Gehirn eben erschöpft. Das Gelesene geht nicht mehr rein. Und was noch rauskommt, ist nicht das Tollste. Besonders in Zeiten großer Arbeitsdrängelei zu Haus, im Büro oder in der Schule. Schließlich wollen die Chefs, Eltern, Lehrer und Schulverwaltungshengste mit ruhigem Gewissen in die Ferien fahren. Also, erst mal hinlegen, ruhen und Phosphorus einnehmen. Dann werden Sie – im Angesicht Ihrer heiligen Verantwortung – nicht totenblass die letzten Energien versprühen. Erstaunlich, welche Reserven da noch locker werden. Jauchzet, himmlische Musen!

Bei ausgelaugtem Gehirn

Helleborus D6

3 × täglich

• ↓ reden
• ↑ in Ruhe lassen

Typ: blass, kalt, ausdruckslos

Na ja, wenn es einer aufgegeben hat, dann der hier. „Null-Bock“, sag’ ich Ihnen. Und genau so ausdruckslos schaut er aus der Wäsche. Babygesicht und nach oben gezogene, gerunzelte Stirn wie ein Dauerfragezeichen. Er döst nur noch schweigend vor sich hin, weist jede Hilfe ab. Auf Fragen der Chefs, der Eltern, der Lehrer antwortet er langsam oder dümmlich oder beides, so mühsam wie Helleborus seine Hirnfunktionen wieder in Gang setzen könnte.

Erschöpfung

Erschöpfung ist ein zeitgenössisches Phänomen. Es sind die unruhigen, nervösen, hektischen Menschen, die Opfer einer Gesellschaftserwartung oder Opfer ihrer eigenen Lebenserwartung sind, was so ziemlich denselben Prozess voraussetzt. Es sind diejenigen Menschen, die – völlig unauthentisch – ihr Selbst aufgegeben haben, ihr Leben rational verplanen und irrational am Leben vorbeileben. Mit fast allem werden sie fertig, nur nicht mit sich selbst.

Mit Gleichgültigkeit

Acidum phosphoricum D12

2 × täglich

• ↓ bei Liebeskummer, Licht, Lärm
• ↑ Alleinsein, Wärme

Typ: zart, apathisch

Ein solches Unleben kostet viel Kraft, es treibt den Menschen an den Rand seiner Minimalreserven. Dann verfällt er ins geliebte Gegenteil, in ausgebrannte Gleichgültigkeit allen Lebensregungen und allen Lieben gegenüber, weil die Sorgen, der Kummer im Gefolge nicht ausbleiben. Es gilt, solche Warnzeichen ernst und Acidum phosphoricum einzunehmen, um ihn vor chronischen Durchfällen zu bewahren und um seine Lebensgeis ter diesmal mit umgekehrten Vorzeichen wieder zu beflügeln. Wird seine Beflügelung wegen Lernunwilligkeit wiederholt gestutzt, wird er eines Tages Natrium muriaticum brauchen.

Mit Gereiztheit

Nux vomica D30

einmalig, bedarfsweise wiederholen

• ↓ Erfolgsstreben, Durcheinander, Einengung
• ↑ Wärme außer am Kopf

Typ: blass, intelligent, mürrisch

Ein übergewissenhafter Lebensplaner, ein besessener Arbeitsmensch ist – wie eine Weide im Nebel – immer von Trauer umgeben. Dauertrauer erschöpft in der Tat. Gelassene bedauern eingedenk seiner möglichen kreativen Intelligenz – die vorherrschende nörgelige Gereiztheit im Unterton seiner Lebensäußerungen. Selbst noch beim Bedürfnis, sich erholen zu wollen. Werfen Sie ihm Nux vomica auf die Zunge oder die Flasche an den Kopf, damit er endlich Ruhe gibt. Sollte ihn das nicht zur Vernunft bringen, wird er künftig die Einnahme von Sepia nicht umgehen können.

Mit unruhiger Angst

Arsenicum album D30

1 × täglich bis zur Besserung

• ↓ Ordnungssucht
• ↑ Ruhe, Wärme

Typ: blass, zart, gütig, pedantisch

Die Kontrolle über eine gewissenhafte Planung und Ordnung gibt diesem Menschen den Anstrich zwanghaften Handelns. Skrupellosigkeit und Güte, die er gleichermaßen planerisch verwaltet, zwingen ihn letztlich zum Ruhe schöpfenden Rückzug, der allerdings von unruhigen Ängsten erfüllt ist und sich erst mit Arsenicum album erholsam gestalten lässt. Wird er den liebenden Umgang mit sich selbst nicht erlernen, wird ihn vielleicht Sulfur auf den erlösenden Weg hinweisen.

Mit unruhigen Nerven

Tarantula hispanica D12

2 × täglich

• ↓ Berührung, Druck
• ↑ rhythmische Musik, im Schlaf

Typ: blass, kalt, wütend

Falls dieser Mensch – vor allem Kinder und Politiker – nicht schon gewalttätig ist, begegnen wir ihm in einem Stadium, in dem er seine Kräfte noch schöpferisch kanalisieren kann, aber trotzdem nicht ohne innere Getriebenheit zuweilen erschöpft. Nie hat er Ruhe im Hintern, und falls er im Sportstudio bereits sein Überleben trainiert, anstatt das Leben als Mysterium zu erfahren, beruhigen Sie ihn mit Tarantula hispanica, damit er endlich aufhört, das Leben als Problem lösen zu wollen. Ansons ten wird ihm Luesinum wohl bekommen.

Konzentrationsabfall

Unter Konzentration verstehen wir, unsere Sinne zusammenzunehmen, das Viele auf einen Punkt zu bringen, das Wesentliche herauszuschälen. Innere Ruhe, äußere Stille und die Gelassenheit des Herzens sind ihre Voraussetzungen. Der Konzentration entgegen wirken die Anhäufung stressiger Termine, Klassenarbeiten, Hausarbeit – kurzerhand Leistungsdruck. Durch das Getriebensein und das Sich-Antreiben-Lassen verblasst die Aufmerksamkeit dem Augenblick gegenüber. Wir verfallen dem Schmerz dieser Welt: Zeitmangel und Langeweile auf der Suche nach sinnloser Handlung, „action“ genannt.

Das sind unsere Kinder und Erwachsenen, die immer in Bewegung sind und doch nie etwas zustande bringen. Denken wir an den kleinen Manager, der hoch hinaus will; an unsere legasthenischen Schulkinder und Jugendlichen, denen durch Eltern und Lehrer der Mythos geraubt und durch Notenleistung und Nachhilfe ersetzt wird.

„Hirnfutter“ für Hirnmüde

Agaricus D4

3 × täglich

• ↓ geistige Überforderung
• ↑ Ablenkung

Typ: rot, hitzig, unkonzentriert, müde, grimassiert

Da sitzt man über seiner Arbeit, kaut auf den Lippen herum, denkt: „Eingebung, verlass mich nicht“, und nichts rührt sich. Kein erleuchtender Genius. Klar doch, jede Ablenkung ist ein Genuss. Herumalbern, Grimassen schneiden, blödeln und trödeln sind der Ausdruck ausbleibender Erleuchtung. Bis es zur Gewohnheit wird. Dann geht nichts mehr rein ins Hirn, da ist es einfach ausgelaugt. Aber Agaricus erfrischt die Hirnwindungen, füttert die Konzentration. Die Arznei ist sozusagen das gelobte „Hirnfutter“ für im Stress erbleichte, grimassierende Schüler, Studenten, Manager, Politiker und Unternehmer.

Verwirrung

Dem Leben abgewandt

Hyoscyamus D30

1 × täglich bis zur Besserung

• ↓ Enttäuschung, Schock
• ↑ in Ruhe lassen

Typ: blass, flucht, spuckt, wütet

Immer wieder fragen mich Patienten, ob es nicht „etwas gäbe“ für ihre Mutter und Tante, ihren Vater und Onkel oder für den Opa und die Oma, die recht plötzlich „wirres Zeug“ reden, vor sich hinmurmeln, sich abwendend in eine Ecke starren, das Bett nicht mehr verlassen wollen und ihren Kot an die Wände schmieren. Mit Hyoscyamus durften wir in der Regel die Zuwendung zum Leben wieder erfahren. Das ist tröstlich!