CATELYN

Als das Heer den Damm entlangmarschierte, durch das schwarze Moor der Eng und in die Flusslande jenseits davon strömte, wuchsen Catelyns böse Vorahnungen. Sie verbarg ihre Befürchtungen hinter einer stillen, ernsten Miene, doch waren sie dennoch da, wuchsen mit jeder Stunde des Weges, den sie zurücklegten. Ihre Tage waren voller Sorge, die Nächte ruhelos, und bei jedem Raben, der über sie hinwegflog, biss sie die Zähne fest zusammen.

Sie fürchtete um ihren Hohen Vater und wunderte sich über diese unheilvolle Stille. Sie fürchtete um ihren Bruder Edmure und betete, dass die Götter auf ihn achteten, falls er dem Königsmörder in der Schlacht gegenüberstand. Sie fürchtete um Ned und ihre Mädchen und um die süßen Söhne, die sie auf Winterfell zurückgelassen hatte. Und trotzdem gab es nichts, was sie für irgendeinen von ihnen tun konnte, und so zwang sie sich dazu, den Gedanken an sie alle zu verdrängen. Du musst dir deine Kraft für Robb aufsparen, sagte sie sich selbst. Er ist der Einzige, dem du helfen kannst. Sei grimmig und hart wie der Norden, Catelyn Tully. Jetzt musst du wirklich und wahrhaftig eine Stark sein, ganz wie dein Sohn ein Stark ist.

Robb ritt dem Heer voraus, unter dem flatternden Banner von Winterfell. Jeden Tag bat er einen seiner Lords, ihn zu begleiten, damit sie während des Marsches konferieren konnten. Diese Ehre wurde den hohen Herren abwechselnd zuteil, er hatte keine Favoriten, lauschte, wie sein Vater stets gelauscht hatte, wägte ein Wort gegen das andere ab. Er hat so viel von Ned gelernt, dachte sie, während sie ihn beobachtete, aber hat er schon genug gelernt?

Schwarzfisch hatte hundert handverlesene Männer und hundert schnelle Pferde mitgenommen und war vorausgestürmt, um den Weg zu erkunden und zu sichern. Die Meldungen, die Ser Bryndens Reiter brachten, trugen nur wenig zu ihrer Beruhigung bei. Lord Tywins Heer war noch viele Tage südlich … doch Walder Frey, der Lord über den Kreuzweg, hatte eine Armee von fast viertausend Mann bei seinen Burgen am Grünen Arm versammelt.

»Wieder zu spät«, murmelte Catelyn, als sie davon hörte. Wieder war es wie am Trident, verdammt sei der Mann! Ihr Bruder Edmure hatte zu den Fahnen gerufen. Von Rechts wegen hätte sich Lord Frey dem Heer der Tullys in Schnellwasser anschließen sollen, doch hier hockte er nun.

»Viertausend Mann«, wiederholte Robb eher staunend denn verärgert. »Lord Frey kann nicht hoffen, allein gegen die Lennisters anzutreten. Sicher will er sich mit seinem Heer dem unseren anschließen.«

»Will er?«, fragte Catelyn. Sie war nach vorn geritten, um sich zu Robb und Robett Glauer zu gesellen, seinem Gefährten dieses Tages. Die vorderste Reihe breitete sich hinter ihnen aus, ein langsam wandernder Wald aus Lanzen und Speeren. »Ich weiß nicht. Erwarte nichts von Walder Frey, und er wird dich niemals überraschen.«

»Er ist Bundesgenosse deines Vaters.«

»Manche Männer nehmen ihren Eid ernster als andere, Robb. Und Lord Walder stand Casterlystein stets freundlicher gegenüber, als es meinem Vater lieb war. Einer seiner Söhne ist mit Tywin Lennisters Schwester verheiratet. Das an sich bedeutet nicht viel, das mag wohl sein. Lord Walder hat im Laufe der Jahre reichlich Kinder gezeugt, und die wollen verheiratet werden. Dennoch …«

»Glaubt Ihr, er will uns an die Lennisters verraten, Mylady? «, fragte Robett Glauer ernst.

Catelyn seufzte. »Wenn ich die Wahrheit sagen soll, so möchte ich bezweifeln, dass Lord Frey selbst weiß, was Lord Frey vorhat. Er ist vorsichtig wie ein alter Mann und ehrgeizig wie ein junger, und nie hat es ihm an List gemangelt. «

»Wir müssen die Zwillinge einnehmen, Mutter«, sagte Robb erhitzt. »Es gibt keine andere Möglichkeit, den Fluss zu überqueren. Das weißt du.«

»Ja. Genau wie Walder Frey, dessen kannst du sicher sein.«

An diesem Abend schlugen sie ihr Lager am südlichen Rand der Sümpfe auf, auf halbem Weg zwischen dem Königsweg und dem Fluss. Dort brachte Theon Graufreud weitere Nachricht von ihrem Onkel. »Ser Brynden lässt Euch sagen, er habe mit den Lennisters die Schwerter gekreuzt. Es gibt da ein Dutzend Späher, die in naher Zukunft an Lord Tywin keine Meldung mehr machen werden. Wenn überhaupt je wieder.« Er grinste. »Ser Addam Marbrand kommandiert ihre Vorhut, und der zieht sich nach Süden zurück, wobei er alles niederbrennt. Er weiß, wo wir sind, mehr oder weniger, aber Schwarzfisch schwört, sie werden nicht erfahren, wann wir uns teilen.«

»Es sei denn, Lord Frey würde es ihm verraten«, wandte Catelyn scharf ein. »Theon, wenn du zu meinem Onkel reitest, sag ihm, er soll seine besten Bogenschützen bei Tag und Nacht um die Zwillinge herum postieren, mit dem Befehl, jeden Raben zu schießen, der von den Zinnen fliegt. Ich will nicht, dass irgendein Vogel Nachricht von den Bewegungen meines Sohnes an Lord Tywin übermittelt. «

»Dafür hat Ser Brynden bereits gesorgt, Mylady«, erwiderte Theon mit schiefem Lächeln. »Noch ein paar schwarze Vögel mehr, und wir können aus ihnen einen Auflauf backen. Ich bewahre Euch die Federn für einen Hut auf.«

Sie hätte wissen müssen, dass Brynden Schwarzfisch ihr um einiges voraus war. »Was haben die Freys getan, als die Lennisters ihre Felder verbrannt und ihre Festungen geplündert haben?«

»Es gab einige Kämpfe zwischen Ser Addams und Lord Walders Männern«, antwortete Theon. »Keinen Tagesritt von hier haben wir zwei Späher der Lennisters gefunden, die nur noch Krähenfutter waren, weil die Freys sie aufgehängt hatten. Der Großteil von Lord Walders Heer steht allerdings nach wie vor bei den Zwillingen.«

Das trug ohne Zweifel Walder Freys Siegel, dachte Catelyn verbittert, zurückhalten, warten, zusehen, kein Risiko eingehen, sofern man nicht dazu gezwungen wird.

»Wenn er gegen die Lennisters gekämpft hat, will er seinem Eid vielleicht nachkommen«, sagte Robb.

Catelyn war weniger bestärkt. »Sein eigenes Land zu verteidigen, ist eine Sache, die Schlacht gegen einen Lord zu eröffnen eine andere.«

Robb wandte sich wieder Theon Graufreud zu. »Hat der Schwarzfisch einen anderen Weg über den Grünen Arm gefunden? «

Theon schüttelte den Kopf. »Der Fluss geht hoch und schnell. Ser Brynden sagt, er ließe sich nicht durchqueren, nicht so weit im Norden.«

»Ich brauche diese Überquerung!«, erklärte Robb schäumend. »Oh, unsere Pferde könnten wohl durch den Fluss schwimmen, denke ich, nur nicht mit Männern in Rüstungen auf dem Rücken. Wir müssten Flöße bauen, um unseren Stahl zu transportieren, dazu die Helme und Kettenhemden und Lanzen, aber dafür fehlen uns die Bäume. Und die Zeit. Lord Tywin marschiert gen Norden …« Er ballte seine Hand zur Faust.

»Lord Frey wäre ein Narr, wenn er sich uns in den Weg stellte«, sagte Theon Graufreud mit seinem üblichen Selbstvertrauen. »Zahlenmäßig sind wir ihm fünfmal überlegen. Du könntest die Zwillinge einnehmen, wenn du wolltest, Robb.«

»Nicht so leicht«, warnte Catelyn, »und nicht mehr rechtzeitig. Während du deine Belagerung einrichtest, würde Tywin Lennister sein Heer heranführen und dich von hinten angreifen.«

Robb blickte von ihr zu Graufreud, suchte nach einer Antwort und fand dort keine. Einen Moment lang sah er jünger als seine fünfzehn Jahre aus, trotz des Kettenhemds und des Stoppelbartes auf seinen Wangen. »Was würde mein Hoher Vater tun?«, fragte er sie.

»Einen Weg hinüber suchen«, erklärte sie. »Egal wie.«

Am nächsten Morgen kam Ser Brynden Tully höchstpersönlich zu ihnen geritten. Er hatte den schweren Brustpanzer und seinen Helm abgelegt, die er als Ritter des Tores getragen hatte, und gegen das leichtere, lederbesetzte Kettenhemd eines Vorreiters getauscht, doch hielt der Fisch aus Obsidian noch immer seinen Umhang zusammen.

Die Miene ihres Onkels war ernst, während er sich von seinem Pferd schwang. »Es gab eine Schlacht unter den Mauern von Schnellwasser«, sagte er mit grimmigem Mund. »Wir wissen dies von einem Späher der Lennisters, den wir gefangen genommen haben. Der Königsmörder hat Edmures Heer aufgerieben und die Lords vom Trident in die Flucht geschlagen.«

Eine kalte Hand packte Catelyns Herz. »Und mein Bruder? «

»Verwundet und gefangen«, sagte Ser Brynden. »Lord Schwarzhain und die anderen Überlebenden sitzen in Schnellwasser, belagert von Jaimes Armee.«

Robb wirkte gereizt. »Wir müssen diesen vermaledeiten Fluss überqueren, wenn wir auch nur die geringste Hoffnung hegen wollen, sie rechtzeitig zu befreien.«

»Das wird nicht so leicht möglich sein«, warnte ihr Onkel. »Lord Frey hat seine gesamte Streitmacht in den Burgen versammelt, und deren Tore sind verriegelt und verrammelt. «

»Verdammt sei dieser Mann«, fluchte Robb. »Wenn der alte Narr nicht nachgibt und mich passieren lässt, bleibt mir nur, seine Mauern zu erstürmen. Ich ziehe ihm seine Zwillinge über die Ohren, wenn es sein muss, dann werden wir sehen, wie ihm das gefällt!«

»So redet nur ein schmollendes Kind, Robb«, sagte Catelyn scharf. »Ein Kind sieht ein Hindernis, und sein erster Gedanke ist, ihm auszuweichen oder es umzustoßen. Ein Lord muss lernen, dass Worte manchmal erreichen, was Schwertern nicht gelingt.«

Robbs Hals rötete sich bei diesem Tadel. »Sag mir, was du meinst, Mutter«, sagte er lammfromm.

»Seit sechshundert Jahren halten die Freys den Kreuzweg, und seit sechshundert Jahren haben sie es nie versäumt, ihre Maut einzutreiben.«

»Welche Maut? Was will er?«

Sie lächelte. »Das müssen wir in Erfahrung bringen.«

»Und was ist, wenn ich mich entschließe, diese Maut nicht zu entrichten?«

»Dann ziehst du dich besser nach Maidengraben zurück, machst dich für die Schlacht gegen Lord Tywin bereit … oder lässt dir Flügel wachsen. Andere Möglichkeiten sehe ich nicht.« Catelyn gab ihrem Pferd die Sporen, ritt davon und ließ ihren Sohn zurück, damit er über ihre Worte nachdachte. Es würde nichts nützen, wenn sie ihm das Gefühl gäbe, als Mutter seinen Platz einnehmen zu wollen. Hast du ihn außer Tapferkeit auch Weisheit gelehrt, Ned?, fragte sie sich. Hast du ihn den Kniefall gelehrt? Die Friedhöfe der Sieben Königslande waren voll tapferer Männer, die diese Lektion nie gelernt hatten.

Es war fast Mittag, als ihre ersten Reihen in Sichtweite der Zwillinge kamen, wo die Lords vom Kreuzweg ihren Sitz hatten.

Hier war der Grüne Arm tief und schnell, doch hatten die Freys ihn vor Jahrhunderten schon überbrückt und waren von der Münze reich geworden, die man ihnen zahlen musste, wenn man hinüberwollte. Ihre Brücke war ein massiver Bogen aus glattem, grauem Stein, breit genug, dass zwei Wagen einander passieren konnten. Der Wasserturm ragte mitten auf der Brücke auf, beherrschte sowohl Straße als auch Fluss mit seinen Schießscharten, Mordlöchern und Falltoren. Drei Generationen lang hatten die Freys an ihrer Brücke gebaut. Nachdem sie fertig waren, standen zu beiden Seiten stabile Holzfestungen, damit niemand ohne ihre Erlaubnis hinüberkonnte.

Das Holz hatte lange schon Stein weichen müssen. Die Zwillinge – zwei stämmige, hässliche, eindrucksvolle Burgen, in jeder Hinsicht gleich – bewachten die Furt schon seit Jahrhunderten. Hohe Mauern, tiefe Gräben und schwere Tore aus Eiche und Eisen schützten vor allem, was sich näherte, die Sockel der Brücke erhoben sich innerhalb gesicherter Festen, es gab ein Vorwerk und Falltore auf beiden Ufern, und der Wasserturm verteidigte die Brücke selbst.

Ein Blick genügte, und Catelyn wusste, dass die Burg nicht im Sturm zu nehmen war. Auf den Zinnen wimmelte es von Speeren und Schwertern und Skorpionen, an jeder Schießscharte stand ein Bogen- oder Armbrustschütze, die Zugbrücke war oben, die Falltore unten, die Tore verriegelt und verrammelt.

Der Großjon fing an zu fluchen und zu schimpfen, sobald er sah, was sie erwartete. Lord Rickard Karstark wütete still vor sich hin. »Das lässt sich nicht bezwingen, Mylords«, verkündete Roos Bolton.

»Ebenso wenig lässt es sich mit einer Belagerung einnehmen, wenn man keine Armee auf der anderen Flussseite stehen hat, welche die andere Burg belagert«, ergänzte Helman Tallhart düster. Jenseits der tiefen, grünen Fluten stand der westliche Zwilling wie ein Spiegelbild seines östlichen Bruders. »Selbst wenn wir die Zeit hätten. Die wir ganz sicherlich nicht haben.«

Während die Lords aus dem Norden die Burg betrachteten, öffnete sich ein Ausfalltor, eine Plankenbrücke glitt über den Graben, und ein Dutzend Ritter kam heraus, um sich ihnen zu stellen, angeführt von vier der zahlreichen Söhne Lord Walders. Auf ihrem Banner waren die Zwillingstürme abgebildet, dunkelblau auf hellem, silbergrauem Grund. Ser Stevron Frey, Lord Walders Erbe, sprach für die anderen. Die Freys sahen alle aus wie Wiesel. Ser Stevron, schon über sechzig, selbst schon mit Enkeln gesegnet, wirkte wie ein besonders altes und müdes Wiesel, doch war er sehr freundlich. »Mein Hoher Vater hat mich gesandt, Euch zu begrüßen und zu fragen, wer dieses mächtige Heer wohl führen mag.«

»Ich.« Robb trat sein Pferd, dass es einen Satz nach vorn machte. Er trug seine Rüstung, sein Schild mit dem Schattenwolf von Winterfell war am Sattel festgebunden, und Grauwind lief an seiner Seite.

Der alte Ritter betrachtete ihren Sohn mit einem Anflug von Belustigung in seinen wässrig grauen Augen, obwohl sein Wallach unruhig wieherte und vor dem Schattenwolf zurückwich. »Meinem Hohen Vater wäre es eine Ehre, wenn Ihr in der Burg Speis und Trank mit ihm einnehmen und den Anlass für Euer Hiersein erklären wolltet.«

Seine Worte schlugen zwischen den Bundesgenossen ein, als handelte es sich um große Steine, von einem Katapult geschossen. Keiner von ihnen stimmte zu. Sie fluchten, stritten, schrien einander nieder.

»Das dürft Ihr nicht tun, Mylord«, flehte Galbart Glauer Robb an. »Lord Walder ist nicht zu trauen.«

Roos Bolton nickte. »Geht allein hinein, und Ihr seid in seiner Hand. Er kann Euch an die Lennisters verkaufen, Euch in den Kerker werfen oder die Kehle aufschneiden, ganz wie es ihm beliebt.«

»Wenn er mit uns reden will, lasst ihn die Tore öffnen, und wir werden alle mit ihm Speis und Trank einnehmen«, erklärte Ser Wendel Manderly.

»Oder lasst ihn herauskommen und Robb hier bewirten, wo seine und unsere Männer sehen können, was geschieht«, schlug Ser Wylis, sein Bruder, vor.

Catelyn Stark teilte diese Zweifel, doch musste sie nur einen Blick auf Ser Stevron werfen, um zu erkennen, dass dieser von dem, was er hörte, nicht erfreut war. Noch ein paar Worte mehr, und die Chance wäre vertan. Sie musste handeln, und zwar schnell. »Ich werde gehen«, sagte sie laut.

»Ihr, Mylady?« Der Großjon legte seine Stirn in Falten.

»Mutter, bist du sicher?« Robb war es offenbar nicht.

»Nie mehr als jetzt«, log Catelyn zungenfertig. »Lord Walder ist meines Vaters Bundesgenosse. Ich kenne ihn, seit ich ein kleines Mädchen war. Nie würde er mir Leid antun.« Es sei denn, er sähe seinen Vorteil darin, fügte sie im Stillen hinzu, manche Wahrheit allerdings durfte nicht geäußert werden, und manche Lüge war vonnöten.

»Ich bin sicher, mein Hoher Vater wäre hocherfreut, mit Lady Catelyn sprechen zu dürfen«, sagte Ser Stevron. »Zum Beweis für unsere ehrenhaften Absichten wird mein Bruder Ser Perwyn hier verweilen, bis sie sicher wieder bei Euch ist.«

»Es wird uns eine Ehre sein, ihn zu bewirten«, sagte Robb. Ser Perwyn, der jüngste der vier Freys in der Gesellschaft, stieg ab und reichte seinem Bruder die Zügel seines Pferdes. »Meine Mutter sollte bei Einbruch der Dunkelheit zurück sein, Ser Stevron«, fuhr Robb fort. »Ich habe nicht die Absicht, mich hier lange aufzuhalten.«

Ser Stevron nickte höflich. »Wie Ihr meint, Mylord.« Catelyn gab ihrem Pferd die Sporen und sah nicht zurück. Lord Walders Söhne und Gesandte reihten sich hinter ihr ein.

Ihr Vater hatte einst von Walder Frey gesagt, er sei der einzige Lord der Sieben Königslande, der eine ganze Armee in seinen Hosen hatte. Als der Lord von der Furt Catelyn in der großen Halle der Westburg empfing, umgeben von zwanzig lebenden Söhnen (minus Ser Perwyn, welcher der einundzwanzigste gewesen wäre), sechsunddreißig Enkeln, neunzehn Urenkeln und zahllosen Töchtern, Enkelinnen, Bastarden und Bastardenkeln, verstand sie, was er gemeint hatte.

Lord Walder war neunzig, ein ergrautes, rosafarbenes Wiesel mit kahlem, fleckigem Kopf, zu gichtkrank, um noch aus eigener Kraft stehen zu können. Seine neueste Frau, ein blasses, zerbrechliches Kind von sechzehn Jahren, lief neben seiner Sänfte, als er hereingetragen wurde. Sie war die achte Lady Frey.

»Es ist mir eine große Freude, Euch nach so vielen Jahren wiederzusehen, Mylord«, sagte Catelyn.

Misstrauisch blinzelte der alte Mann sie an. »Ist es das? Ich möchte es bezweifeln. Erspart mir Eure süßen Worte, Lady Catelyn, ich bin zu alt. Warum seid Ihr hier? Ist Euer Junge zu stolz, selbst vor mich hinzutreten? Was habe ich mit Euch zu schaffen?«

Catelyn war noch ein Mädchen gewesen, als sie zuletzt auf den Zwillingen zu Besuch gewesen war, und schon damals hatte sie Lord Walders Reizbarkeit, seine scharfe Zunge und seine schroffen Manieren kennengelernt. Das Alter hatte das alles nur schlimmer gemacht, so schien es ihr. Sie würde ihre Worte mit Bedacht wählen und sich alle Mühe geben müssen, von seinen nicht verletzt zu sein.

»Vater«, sagte Ser Stevron vorwurfsvoll, »Ihr vergesst Euch. Lady Stark ist auf Eure Einladung hin hergekommen. «

»Habe ich dich gefragt? Du bist nicht Lord Frey, nicht, bis ich tot bin. Sehe ich tot aus? Von dir nehme ich keine Anweisungen entgegen.«

»So spricht man nicht vor unserem edlen Gast, Vater«, sagte einer seiner jüngeren Söhne.

»Jetzt wollen meine Bastarde mich höfliches Benehmen lehren«, klagte Lord Walder. »Ich rede, wie ich will, verdammt! Ich hatte in meinem Leben drei Könige zu Gast und Königinnen ebenso, meinst du, ich bräuchte Lektionen von jemandem wie dir, Ryger? Deine Mutter hat noch Ziegen gemolken, als ich ihr zum ersten Mal meinen Samen eingepflanzt habe.« Er scheuchte den rotgesichtigen Jungen mit einem Fingerschnippen fort und deutete auf zwei der anderen. »Danwell, Whalen, helft mir auf meinen Stuhl.«

Sie hoben Lord Walder aus seiner Sänfte und trugen ihn zum Thron der Freys, einem hohen Stuhl aus schwarzer Eiche, in dessen Rückenlehne die Umrisse zweier Türme geschnitzt waren, die eine Brücke verband. Ängstlich schlich seine junge Frau heran und legte ihm eine Decke um die Beine. Nachdem er sich eingerichtet hatte, winkte der alte Mann Catelyn vor und drückte ihr einen trockenen Kuss auf die Hand. »Also«, verkündete er. »Da ich dem Benimm bei Hofe nun Genüge getan habe, Mylady, machen mir meine Söhne vielleicht die Ehre, den Mund zu halten. Weshalb seid Ihr hier?«

»Um Euch zu bitten, dass Ihr Eure Tore öffnet, Mylord«, erwiderte Catelyn höflich. »Mein Sohn und seine Lords und Bundesbrüder wollen gern baldmöglichst den Fluss überqueren und sich auf den Weg machen.«

»Nach Schnellwasser?« Er kicherte. »Oh, kein Grund, es mir zu sagen, kein Grund. Noch bin ich nicht blind. Noch kann der alte Mann die Karte lesen.«

»Nach Schnellwasser«, bestätigte Catelyn. Sie sah keinen Grund, es abzustreiten. »Wo ich Euch zu finden erwartet hätte, Mylord. Noch seid Ihr Bundesgenosse meines Vaters, oder nicht?«

»He«, sagte Lord Walder, ein Geräusch wie eine Mischung aus Lachen und Grunzen. »Ich habe meine Recken zusammengerufen, das habe ich getan, hier sind sie, Ihr habt sie auf den Zinnen stehen sehen. Ich hatte die Absicht, zu marschieren, sobald alle versammelt wären. Nun, eigentlich wollte ich nur meine Söhne schicken. Ich selbst bin längst schon nicht mehr in der Lage zu marschieren, Lady Catelyn. « Er sah sich nach glaubhafter Bestätigung um und deutete auf einen hoch aufgeschossenen, krummen Mann von fünfzig Jahren. »Sag es ihr, Jared. Sag ihr, dass es meine Absicht war.«

»Oh, das war es, Mylady«, half ihm Ser Jared Frey, einer der Söhne seiner zweiten Frau. »Bei meiner Ehre.«

»Ist es meine Schuld, dass Euer Narr von einem Bruder seine Schlacht verloren hat, bevor wir dort eintreffen konnten? « Er lehnte sich in seine Kissen und sah sie finster an, als forderte er sie heraus, seine Version der Vorkommnisse anzuzweifeln. »Wie man hört, ist der Königsmörder durch ihn hindurchgegangen wie eine Axt durch reifen Käse. Weshalb sollten meine Jungen gen Süden eilen, um dort zu sterben? All jene, die in den Süden zogen, kommen nun wieder gen Norden gelaufen.«

Nur allzu gern hätte Catelyn den jammernden alten Mann auf einen Spieß gesteckt und ihn langsam über Feuer geröstet, doch bis zum Einbruch der Dunkelheit musste die Brücke offen sein. Ruhig sagte sie: »Um so dringender müssen wir nach Schnellwasser, und das bald. Wo können wir ungestört reden, Mylord?«

»Wir reden schon jetzt«, klagte Lord Frey. Der fleckige, rosafarbene Kopf fuhr herum. »Was gafft ihr alle so?«, schrie er seine Sippe an. »Verschwindet! Lady Stark möchte mit mir allein sprechen. Vielleicht plant sie einen Anschlag auf meine Unschuld, he. Geht, ihr alle, sucht euch eine sinnvolle Beschäftigung. Ja, du auch, Frau. Hinaus, hinaus, hinaus .« Während seine Söhne und Enkel und Töchter und Bastarde und Nichten und Neffen aus der Halle strömten, beugte er sich nah zu Catelyn heran und sagte: »Sie warten alle nur auf meinen Tod, Stevron schon seit vierzig Jahren, aber ich enttäusche ihn immer wieder. He! Wieso soll ich sterben, nur damit er Lord sein kann? Das frage ich Euch. Den Gefallen werde ich ihm nicht tun.«

»Ich bin voller Hoffnung, dass Ihr die hundert Jahre noch erreicht.«

»Das würde sie zum Kochen bringen, ganz sicher. Oh, da bin ich ganz sicher. Nun, was habt Ihr mir zu sagen?«

»Wir wollen den Fluss überqueren«, erklärte Catelyn.

»Ach, wollt Ihr? Ihr sprecht frei heraus. Warum sollte ich das zulassen?«

Einen Moment lang flammte ihr Zorn auf. »Wenn Ihr genug bei Kräften wäret, könntet Ihr auf Eure eigenen Zinnen klettern, Lord Frey, und Ihr würdet sehen, dass mein Sohn zwanzigtausend Mann vor Euren Mauern stehen hat.«

»Es werden zwanzigtausend frische Leichen sein, wenn Lord Tywin erst hier eintrifft«, gab der alte Mann zurück. »Versucht nicht, mir Angst zu machen, Mylady. Euer Gatte sitzt in irgendeiner Hochverräterzelle unter dem Roten Bergfried, Euer Vater ist krank, könnte bald sterben, und Jaime Lennister hat Euren Bruder in Ketten gelegt. Was habt Ihr, das ich fürchten müsste? Euren Sohn? Stellen wir Sohn gegen Sohn, und dann habe ich noch achtzehn weitere, wenn Eure alle tot sind.«

»Ihr habt meinem Vater einen Eid geleistet«, rief Catelyn ihm in Erinnerung.

Er nickte mit dem Kopf von einer Seite zur anderen und lächelte. »O ja, ich habe ein paar Worte gesagt, aber auch der Krone habe ich den Eid geschworen, wie mir scheint. Joffrey ist nun König, und somit seid Ihr und Euer Junge und all die Narren dort draußen kaum noch mehr als Rebellen. Wenn ich auch nur die Vernunft besäße, welche die Götter einem Fisch gegeben haben, würde ich den Lennisters helfen, Euch alle zu kochen.«

»Warum tut Ihr es nicht?«, forderte sie ihn heraus.

Lord Walder schnaubte vor Verachtung. »Lord Tywin, der Stolze und Prächtige, Hüter des Westens, Hand des Königs, oh, welch großartiger Mann er ist, er und sein Gold hier und sein Gold da und Löwen hier und Löwen da. Ich wette mit Euch, wenn er zu viele Bohnen isst, lässt er wie ich den Darmwind fliegen, nur würde er das niemals zugeben, o nein! Was plustert er sich eigentlich so gewaltig auf? Nur zwei Söhne, und einer von denen ist ein verwachsenes, kleines Ungeheuer. Ihm stelle ich mich Sohn für Sohn und habe noch immer neunzehn und einen halben übrig, wenn seine alle tot sind!« Er gackerte. »Wenn Lord Tywin meine Hilfe will, so kann er mich verdammt noch mal darum bitten. «

Mehr musste Catelyn nicht hören. »Ich bitte um Eure Hilfe, Mylord«, sagte sie bescheiden. »Und mein Vater und mein Bruder und mein Hoher Gatte und meine Söhne bitten Euch durch meine Stimme.«

Lord Walder zeigte mit knochigem Finger auf ihr Gesicht. »Spart Euch die süßen Worte, Mylady. Süße Worte höre ich von meiner Frau. Habt Ihr sie gesehen? Sechzehn ist sie, eine kleine Blume, und ihr Honig gilt mir allein. Ich wette, nächstes Jahr um diese Zeit schenkt sie mir einen Sohn. Vielleicht mache ich ihn zum Erben. Ob das den Rest der Bande zum Kochen bringen würde?«

»Ich bin mir sicher, dass sie Euch viele Söhne schenken wird.«

Sein Kopf wippte auf und ab. »Euer Hoher Vater ist zur Hochzeit nicht gekommen. Eine Kränkung, so wie ich es sehe. Selbst wenn er im Sterben liegt. Zu meiner letzten Hochzeit ist er auch nicht mehr gekommen. Er nennt mich den Späten Lord Frey, wisst Ihr. Hält er mich für tot? Ich bin nicht tot, das kann ich Euch versprechen, ich werde ihn überleben, wie ich auch seinen Vater überlebt habe. Eure Familie hat stets auf mich geschissen, streitet es nicht ab, lügt nicht, Ihr wisst, dass es stimmt. Vor Jahren bin ich zu Eurem Vater gegangen und habe eine Bindung zwischen seinem Sohn und meiner Tochter vorgeschlagen. Wieso nicht? Ich hatte eine Tochter im Sinn, süßes Mädchen, nur wenige Jahre älter als Edmure, und wenn sich Euer Bruder für sie nicht hätte erwärmen können, so hätte ich noch andere für ihn gehabt, junge, alte, Jungfrauen, Witwen, was er wollte. Aber nein, Lord Hoster wollte davon nichts hören. Süße Worte hat er mir mitgegeben, Ausreden, aber eigentlich wollte ich eine Tochter loswerden.

Und Eure Schwester, die eine, die ist genauso schlimm. Es war, oh, vor einem Jahr, nicht mehr, Jon Arryn war noch die Hand des Königs, und ich war in der Stadt, um zu sehen, wie meine Söhne sich im Turnier schlagen. Stevron und Jared sind inzwischen zu alt dafür, aber Danwell und Hosteen sind geritten, Perwyn auch, und ein paar meiner Bastarde haben sich beim Buhurt versucht. Hätte ich gewusst, welche Schande sie mir machen, hätte ich mir selbst die Mühe gemacht, am Turnier teilzunehmen. Musste ich den ganzen Weg reiten, nur um mir anzusehen, wie Hosteen sich von diesem kleinen Hund von einem Tyrell vom Pferd stoßen lässt? Das frage ich Euch. Der Junge ist halb so alt wie er, Ser Gänseblümchen nennt man ihn, irgend so was. Und Danwell wurde von einem kleinen Ritter aus dem Sattel gehoben! An manchen Tagen frage ich mich, ob die beiden wirklich meine Söhne sind. Meine dritte Frau war eine Rallenhall, und die Frauen bei den Rallenhalls sind Luder. Na ja, wie dem auch sei, sie starb, bevor Ihr geboren wart, was interessiert es Euch?

Ich sprach von Eurer Schwester. Ich schlug vor, dass Lord und Lady Arryn zwei meiner Enkelsöhne als Mündel bei Hofe zu sich nähmen und bot an, ihren eigenen Sohn hier in den Zwillingen aufzunehmen. Sind meine Enkel nicht wert genug, am Königshofe gesehen zu werden? Es sind nette Jungs, still und manierlich. Walder ist Merretts Sohn, nach mir benannt, und der andere … he, ich erinnere mich nicht … es könnte sein, dass er noch ein Walder ist, dauernd nennen sie sie Walder, damit ich sie begünstige, aber sein Vater … welcher war jetzt gleich sein Vater?« Er verknitterte sein Gesicht. »Nun, wer immer es auch gewesen sein mag, Lord Arryn wollte ihn nicht haben, und den anderen auch nicht, und das laste ich Eurer Schwester an. Sie wurde eisig, als hätte ich vorgeschlagen, ihren Jungen an eine Komödiantentruppe zu verkaufen oder einen Eunuchen aus ihm zu machen, und als Lord Arryn sagte, der Junge ginge nach Drachenstein, um bei Stannis Baratheon aufzuwachsen, stürmte sie ohne ein Wort des Bedauerns davon, und die Hand konnte sich nur noch bei mir entschuldigen. Was nützen mir Entschuldigungen? Das frage ich Euch.«

Catelyn runzelte die Stirn, besorgt. »Ich hatte es so verstanden, dass Lysas Junge bei Lord Tywin auf Casterlystein aufwachsen sollte.«

»Nein, es war Lord Stannis«, sagte Walder Frey gereizt. »Glaubt Ihr, ich könnte Lord Stannis nicht von Lord Tywin unterscheiden? Beide sind After, die sich zum Scheißen zu fein sind, aber wie dem auch sei, ich kenne den Unterschied. Oder glaubt Ihr, ich wäre so alt, dass ich mich nicht erinnern könnte? Ich bin neunzig und erinnere mich sehr gut. Ich erinnere mich auch daran, was ich mit einer Frau tun kann. Diese Frau, die ich da habe, wird mir spätestens im nächsten Jahr um diese Zeit einen Sohn schenken, das wette ich. Oder eine Tochter, wenn es nicht anders geht. Junge oder Mädchen, das Kind wird rot und faltig sein und schreien, und allerhöchstwahrscheinlich wird man es Walder oder Walda nennen wollen.«

Catelyn machte sich weniger Sorgen darum, welchen Namen Lady Frey für ihr Kind wählen mochte. »Jon Arryn wollte seinen Sohn in Lord Stannis’ Obhut geben, da seid Ihr Euch ganz sicher?«

»Ja, ja, ja«, sagte der alte Mann. »Nur ist er gestorben. Was macht es also schon? Ihr sagt, Ihr wollt den Fluss überqueren? «

»Das wollen wir.«

»Nun, das könnt Ihr nicht!«, verkündete Lord Walder forsch. »Nicht, sofern ich es Euch nicht erlaube, und wieso sollte ich? Die Tullys und die Starks waren nie meine Freunde.« Er sank auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme, höhnisch grinsend, wartete auf Antwort.

Der Rest war Feilschen.

Eine pralle, rote Sonne hing tief vor den Hügeln im Westen, als sich die Tore der Burg öffneten. Knarrend kam die Zugbrücke herunter, die Falltore gingen hoch, und Lady Catelyn ritt zu ihrem Sohn und seinen Lords und Bundesbrüdern hinaus. Hinter ihr folgten Ser Jared Frey, Ser Hosteen Frey, Ser Danwell Frey und Lord Walders Bastardsohn Ronel Strom, die einen langen Trupp von Pikenieren führten, Reihe auf Reihe von schlurfenden Männern in stählernen Kettenhemden und silbergrauen Umhängen.

Robb galoppierte ihr entgegen, und Grauwind rannte neben seinem Hengst her. »Es ist vollbracht«, erklärte sie ihm. »Lord Walder lässt dich passieren. Und auch seine Streiter sind die deinen, abzüglich der vierhundert Mann, mit denen er die Zwillinge halten will. Ich schlage vor, du lässt vierhundert deiner eigenen Leute hier, Bogenschützen und Schwertkämpfer gemischt. Er kann kaum etwas gegen das Angebot einzuwenden haben, dass du seine Truppen vergrößern willst … nur achte darauf, dass du das Kommando einem Mann gibst, dem du vertraust. Es könnte sein, dass Lord Walder etwas Unterstützung braucht, wenn er die Treue halten will.«

»Wie du meinst, Mutter«, antwortete Robb mit einem Blick auf die Reihen von Pikenieren. »Vielleicht … Ser Helman Tallhart, was meinst du?«

»Eine gute Wahl.«

»Was … was wollte er von uns?«

»Wenn du einige Recken entbehren kannst, bräuchte ich ein paar Männer, die zwei von Lord Freys Enkelsöhnen gen Norden nach Winterfell geleiten«, erklärte sie ihm. »Ich habe eingewilligt, sie als Mündel aufzunehmen. Es sind kleine Jungen, acht und sieben Jahre alt. Soweit ich weiß, heißen sie beide Walder. Dein Bruder Bran wird sich über Gesellschaft von Jungen in seinem Alter freuen, denke ich.«

»Ist das alles? Zwei Mündel? Das ist ein kleiner Preis für …«

»Lord Freys Sohn Olyvar wird mit uns ziehen«, fuhr sie fort. »Er wird als dein persönlicher Schildknappe dienen. Sein Vater würde es gern sehen, wenn er zum Ritter geschlagen würde nach angemessener Zeit.«

»Ein Knappe.« Er zuckte mit den Achseln. »Gut, das ist gut, wenn er …«

»Außerdem, falls deine Schwester Arya sicher zu uns heimkehren sollte, so ist es vereinbart, dass sie Lord Walders jüngsten Sohn Elmar heiratet, sobald die beiden mündig werden.«

Robb sah etwas ratlos aus. »Das wird Arya kein bisschen gefallen.«

»Und du wirst eine seiner Töchter ehelichen, sobald das Schlachten ein Ende hat«, endete sie. »Seine Lordschaft hat großzügigerweise dahingehend eingewilligt, dass er dir erlaubt, das Mädchen auszuwählen, das dir am meisten zusagt. Er hat eine ganze Menge davon, die er für passend hält.«

Es war Robb hoch anzurechnen, dass er nicht mit der Wimper zuckte. »Ich verstehe.«

»Willigst du ein?«

»Kann ich ablehnen?«

»Nicht, wenn du den Fluss überqueren willst.«

»Ich willige ein«, sagte Robb feierlich. Nie war er ihr männlicher erschienen als in diesem Augenblick. Jungen mochten mit Schwertern spielen, doch war ein Lord vonnöten, um einen Ehepakt zu schließen, wohl wissend, was es bedeutete.

Bei Einbruch der Dunkelheit gingen sie hinüber, als ein gehörnter Mond im Wasser trieb. Die Doppelreihe wand sich wie eine stählerne Schlange durchs Tor des östlichen Zwillingsturms, glitt über den Burghof in die Festung und über die Brücke, um am Westufer aus der zweiten Burg hervorzutreten.

Catelyn ritt am Kopf der Schlange, mit ihrem Sohn und ihrem Onkel Ser Brynden und Ser Stevron Frey. In deren Rücken folgten neun Zehntel ihrer Reiter: Ritter, Lanzenträger, freie Reiter und berittene Bogenschützen. Es dauerte Stunden, bis sie drüben waren. Später erinnerte sich Catelyn an das Klappern zahlloser Hufe auf der Zugbrücke, an den Anblick Lord Walder Freys, der sie von seiner Sänfte aus vorüberziehen sah, das Blitzen der Augen, die durch die Schlitze der Mordlöcher in der Decke auf sie herabblickten, als sie durch den Wasserturm ritten.

Der größere Teil der Nordarmee, Pikeniere und Bogenschützen und große Massen von Fußsoldaten blieben am Ostufer unter dem Kommando von Roos Bolton. Robb hatte ihm befohlen, den Marsch gen Süden fortzusetzen, um sich der riesigen Armee der Lennisters zu stellen, die unter Lord Tywin gen Norden zog.

Ob nun im Guten oder im Schlechten. Robbs Würfel waren gefallen.