8. KAPITEL
Als Susan in ihre Auffahrt einbog, brach plötzlich ein Gewitter los. Sie wurde bis auf die Haut nass, während sie zum Haus stürmte, wo Emily sie mit einem Handtuch empfing. Genauso schnell, wie das Unwetter gekommen war, hörte es auch wieder auf, und die Sonne brach durch die Wolken und ließ die Regentropfen wie Diamanten glitzern.
Susan zog sich die klatschnassen Sachen aus. „Wenn ich eine Minute Geduld gehabt hätte, wäre ich trocken geblieben.“
Emily konnte sich das Kichern nicht verkneifen. „Ja, Petrus treibt eben ein wenig Schabernack mit uns. Gehen Sie nach oben und ziehen Sie sich um, ich mache inzwischen das Abendessen.“
Eine Viertelstunde später war Susan in der Küche und half Emily beim Tischdecken. Als Susan wieder nur einen Teller auf den Tisch stellte, stemmte Emily die Hände in die Hüften.
„Ich möchte mal wissen, warum Sie jeden Abend allein essen, anstatt sich von Cord ausführen zu lassen.“
Susan wurde rot, unsicher, was sie antworten sollte. „Nur weil er einmal hier auf der Couch seinen Rausch ausgeschlafen hat, heißt das noch nicht, dass er Interesse an mir hat.“
„Unsinn“, unterbrach Emily sie ungehalten. „Ich habe Augen im Kopf und bemerkt, wie er Sie angeschaut hat. Und wie Sie ihn angeschaut haben. Versuchen Sie nicht, es zu leugnen. Dann seid ihr nach oben gegangen und eine ganze Weile nicht wieder heruntergekom-men.“
„Ich weiß nicht, wo er ist“, gestand Susan hilflos. „In der Hütte jedenfalls nicht. Er hat mir nicht gesagt, wo er hin will. Wahrscheinlich kommt er nie mehr.“
„Er kommt bestimmt wieder“, tröstete Emily. „Er ist es eben nicht gewohnt, jemandem Rechenschaft über seine Schritte abzulegen. Aber wenn er vorgehabt hätte, für immer zu gehen, hätte er es Ihnen sicher gesagt.“
Susan hoffte es. „Sie kannten ihn, als er klein war“, sagte sie in der Hoffnung, mehr über Cord zu erfahren. „Wie war er?“
Emilys Züge belebten sich, als sie Susans bittende Miene sah. „Setzen Sie sich“, drängte sie. „Ich erzähle, und Sie essen.“
Susan gehorchte und aß die Lammkoteletts mit gedünsteten Karot-ten, eine ihrer Lieblingsspeisen. Emily setzte sich ihr gegenüber.
„Er war ein süßer Junge“, begann sie, „immer zum Lachen und irgendeinem Blödsinn aufgelegt. Er war wild und den anderen immer voraus, stärker, besser in der Schule, hatte mehr Freundinnen als andere in seinem Alter. Selbst die Mädchen, die älter waren als er, waren hinter ihm her. Alles fiel ihm leicht, aber ich habe auch selten jemanden gesehen, der so eigensinnig sein konnte. Cord Blackstone war ein Glückskind.“
Susan dachte über Emilys Worte nach. Das Bild eines Jungen, der keine Grenzen anerkannte, tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Er hatte alle Bequemlichkeiten und Privilegien: gutaussehend, charmant, intelligent, aus wohlhabender Familie. Doch sein ruheloses Wesen hatte Cord dazu getrieben, die Grenzen seines Glücks auf die Probe zu stellen.
„Jeder tut so, als wäre Cord ein wildes Tier“, sagte sie schmerzlich. „Warum haben die Leute solche Angst vor ihm?“
„Weil sie ihn nicht verstehen. Weil er anders ist als sie, deshalb sind sie vorsichtig.“
Susan sah Emily an. In ihren Augen standen Tränen. „Ich liebe ihn.“
Emily nickte mitleidig. „Ich weiß, Honey, ich weiß. Was haben Sie jetzt vor?“
„Ich kann nichts tun, oder? Nur ihn lieben und hoffen, dass alles in Ordnung kommt.“
Eine törichte Hoffnung, die von Anfang an zum Scheitern verur-teilt war. Wie sollte irgendetwas in Ordnung kommen? Er war weg, und jede Minute, die er nicht da war, zerrte an ihren Nerven. Nichts konnte sie von ihrer Sehnsucht ablenken, sie konnte immer nur an Cord den ken.
Wenn er nur da wäre! In Cords Armen wäre ihr alles egal, Preston, Imogene, alles. Sie liebte ihn einfach bedingungslos.
In der Nacht riss sie ein lauter Donnerschlag aus ihrem unruhigen Schlaf. In ihrem kuschelig warmen Bett lauschte Susan dem Knistern der Blitze, bis der Regen einsetzte und gegen das Fenster prasselte. Als sie sich aufsetzte, um Licht zu machen und das Radio anzuschalten, hörte sie ein Klopfen. Sie hielt inne. Da war es wieder. Susan sprang aus dem Bett. Jemand hämmerte gegen die Tür.
Sie zog sich den Morgenmantel an und rannte die Treppe hinunter. „Wer ist da? Was ist denn los?“ Sie schaltete das Licht an.
Ein tiefes Lachen war die Antwort. „Nichts. Nur dass ich auf der falschen Seite der Tür stehe!“
„Cord!“ Das Herz schlug ihr bis zum Hals, während sie hastig das Schloss öffnete und die Tür aufriss. Er trat ein, wild wie die Nacht. Der Wind hatte sein schwarzes Haar zerzaust, seine Augen funkelten, und er brachte den frischen Duft des Regens mit herein. Der Mantel über seinem schwarzen Geschäftsanzug war offen, die Krawatte gelockert, und das Hemd aufgeknöpft.
Ohne zu denken, sprudelte Susan los: „Wo warst du? Warum hast du mich nicht angerufen? Ich habe mir solche Sorgen gemacht …“ Abrupt unterbrach sie sich, als sie bemerkte, was sie gesagt hatte.
„Du wolltest doch keine Fragen mehr stellen. Ich erzähle dir nichts, weder wo ich war, noch wann ich wieder gehe.“ Der nächste Donner krachte. „Ich mag Stürme“, murmelte er und machte einen Schritt auf Susan zu, um sie in die Arme zu nehmen. „Ich mache gern Liebe, wenn es stürmt.“
„Ich wollte gerade den Wetterbericht hören“, stammelte sie.
Er lächelte. „Gewitterwarnung, eventuell Sturm“, sagte er und zog sie näher an sich. „Wen kümmert’s?“
„Wann bist du zurückgekehrt? Oder ist das auch eine Frage, die ich nicht stellen darf?“
„Heute Abend“, gab er zurück. „Ich war auf dem Weg nach Hause und wollte eigentlich ins Bett fallen, müde, wie ich bin. Aber dann dachte ich, viel besser wäre es doch, mit dir zusammen ins Bett zu fallen, also bin ich hier.“
„Du siehst aber gar nicht müde aus“, stellte Susan vorsichtig fest. Im Gegenteil, er wirkte, als könnte er es an Energie mit dem Sturm auf-nehmen.
„Ich bekomme gerade wieder Aufwind.“ Er küsste sie und hob sie auf seine Arme, um sie die Treppen hochzutragen.
Im Schlafzimmer ließ er sie hinunter und zog sich, ohne Susan aus den Augen zu lassen, die Krawatte vom Hals und warf sie auf einen Stuhl. Der Mantel folgte, dann das Hemd. Susan band ihren Morgenmantel auf, während sie Cords Blicke auf sich spürte. Nachdem er die Schuhe von sich geworfen hatte und sich bückte, um sich die Socken auszuziehen, schluckte Susan beim Anblick seines halbnackten musku-lösen Körpers.
Schließlich zog er sich auch die Hosen aus. Jetzt hatte er nur noch dunkelblaue Seidenshorts an, die seine Männlichkeit nicht verbargen. Heiße Erregung durchschoss Susan, als er sich lässig der Shorts entle-digte und auf sie zukam.
Eilig zog sie sich das seidene Nachthemd über den Kopf. Sein hungriger Blick wurde immer verlangender, und als sie gemeinsam auf dem Bett lagen und Susan das Licht ausmachen wollte, hielt er sie am Handgelenk fest.
„Lass es an“, sagte er rau. „Ich habe die ganze Zeit daran gedacht, als ich weg war. Ich will dich sehen.“ Dann nahm er sie in die Arme.
Ihr Liebesspiel dauerte lange. Cord erforschte Susans Körper so gründlich, als hätte er sie nicht bereits einen köstlichen Tag lang auf seinem Bett geliebt. Als sie sich in wildem Begehren an ihn drängte, glitt er so machtvoll in sie hinein, dass sie beide vor Lust laut aufstöhnten.
Leidenschaftlich bewegte sich Cord in ihr. Susan legte die Beine um ihn und nahm ihn hingebungsvoll in sich auf. Plötzlich baute sich ein überwältigender Höhepunkt in ihr auf, und heiße Schauer pulsierten durch ihren ganzen Körper. Sie hörte Cord rau aufschreien, dann war er still und sank erschöpft und befriedigt auf sie.
Schließlich rollte er seufzend von ihr herunter. Susan kuschelte sich an ihn.
Cord schloss die Augen und lächelte. Entspannt legte er einen Arm um Susan. Es war so selbstverständlich, mit Cord im Bett zu liegen. Sie schmiegte das Gesicht gegen seine Brust.
Cord döste ein, doch als der Sturm draußen wieder auffrischte und fast gleichzeitig mit dem Blitzschlag der Donner erfolgte, wachte er auf. Susan richtete sich abrupt auf. Das Geräusch von splitterndem Holz war nicht zu überhören.
„Was ist denn los?“
„Die Bäume …“, fing sie an, und im selben Moment flackerte das elektrische Licht und verlosch.
„Oh, verdammt“, sagte Cord in die Dunkelheit. Ein weiterer Blitz zuckte und beleuchtete das Zimmer in einem unheimlichen blauen Licht.
Susan stützte das Kinn auf die angezogenen Knie und lauschte auf den Sturm, der beunruhigend laut ums Haus tobte. Die Bäume am Haus konnten leicht Schaden nehmen oder sogar aufs Dach fallen.
Cord schaltete das Radio auf dem Nachttisch an, bevor er Susan wieder an sich zog. Im Radio wurde Entwarnung gegeben. Es hatte zwar einige kleinere Schäden und Stromausfälle gegeben, aber für die Gegend war nichts Schlimmeres zu erwarten. Cord machte den Appa-rat wieder aus.
„Es klingt schon ab“, murmelte er, und die Abstände zwischen den Blitzen wurden tatsächlich größer, das Donnern wurde schwächer. Plötzlich ging das Licht wieder an und blendete beide mit unerwarte-ter Helligkeit.
Cord setzte sich auf. „Ich wollte noch warten, bis das Licht wieder funktioniert“, sagte er und stieg aus dem Bett, um sich anzuziehen.
Irritiert schaute Susan ihn an. „Bleibst du nicht?“
„Nein.“ Er warf ihr einen plötzlich distanzierten Blick zu.
„Aber … es ist doch schon so spät. Warum willst du jetzt noch zum Jubilee River …“
„Drei Gründe“, unterbrach er sie. „Erstens schlafe ich gern allein. Zweitens brauche ich meinen Schlaf, und den kriege ich nicht, wenn ich hier bei dir bleibe. Und drittens hat Emily zwar kein Wort darü-ber verloren, dass ich auf deiner Couch geschlafen habe, aber wenn sie mich in deinem Bett findet, ist es etwas anderes.“
Seine Worte trafen sie, aber sie nahm alle Kraft zusammen und versuchte ein Lächeln. „Sorgst du dich um deinen Ruf? Ich verspreche, ich behaupte, dass ich dich verführt habe.“
Lächelnd setzte er sich auf die Bettkante und streichelte Susans Wange. „Gib dir keine Mühe“, sagte er leise. Aus der Nähe konnte er sehen, wie sehr er ihr wehtat, obwohl sie alles versuchte, um ihre Ge-fühle zu verbergen. Normalerweise sprach er nie über seine Gründe, doch jetzt hatte er zum ersten Mal den Wunsch, seine Handlungen zu erklären, um Susans Schmerz zu lindern.
„Susan, ich fühle mich nicht mehr wohl dabei, bei jemand anderem zu schlafen. Dafür habe ich zu viele Jahre nie in Ruhe schlafen können. Ich mag zwar eindösen, wenn wir uns geliebt haben, aber ich finde keinen richtigen Schlaf. Und heute bin ich wirklich müde. Lass uns morgen Abend zusammen essen gehen … oder besser heute, denn es ist ja fast schon Morgen. Halb acht?“
Susan sah ihm beim Anziehen zu und biss sich auf die Lippen. Offenbar konnte Cord sich nicht entspannen, wenn jemand bei ihm war. Und sie war wahrscheinlich nur eine in der langen Reihe von Frauen, die ihn in ihren Armen gehalten hatten, um das Paradies zu schmecken und dann mitten in der Nacht verlassen zu werden.
Er griff nach seinem Mantel, dann beugte er sich über Susan, um ihr einen flüchtigen Kuss zu geben. Sie ließ das Laken los, das sie um sich geschlungen hatte, und legte die Arme um seinen Nacken.
Cord hielt inne und schaute sie an. Ihre vollen Lippen und die dichten dunklen Wimpern über Susans klaren Augen wirkten so sexy. Sie war wie eine nackte Venus für ihn, weich und warm, und automatisch streichelte er über ihre Kurven, während er Susan einen tiefen Kuss gab, der ihn trotz seiner Müdigkeit schon wieder erregte.
Schließlich machte er sich von ihr los. „Du bist noch mein Verder-ben“, murmelte er und warf ihr einen letzten Blick zu. Dann war er verschwunden.
Susan rührte sich nicht, bevor die Haustür zuschlug, dann sackte sie auf dem Bett zusammen und kämpfte die Tränen zurück. Einen Moment lang hatte sie gespürt, dass er fast geblieben wäre. Sie wusste, dass sie ihn nur hätte zu berühren brauchen, dann wäre er wieder zu ihr aufs Bett gesunken. Aber das war nicht das, was sie wollte. Sie wollte Cords Liebe und sein Vertrauen.
Wütend boxte sie auf die Matratze. Wieso hatte sie sich nicht in einen Mann verlieben können, der gern kuschelte und neben ihr einschlief? Warum musste sie sich einen aussuchen, der seine Jahre irgendwo an gottverlassenen Orten zugebracht hatte, anstatt eine ganz normale Arbeit zu haben und am Wochenende den Rasen zu mähen?
Aber sie wusste es ja: weil so ein Mann nicht wie Cord wäre. Er war wild und attraktiv – und gefährlich. Wenn sie einen Mann wollte, der alles das nicht war, hätte sie sich schon lang in Preston verliebt.
Am nächsten Nachmittag bekam sie ihre Periode. An ihrer Enttäu-schung erkannte sie, wie sehr sie unbewusst gehofft hatte, von Cord schwanger zu sein. Sie hatte nicht die Absicht, ihn durch eine Schwan-gerschaft an sich zu binden, aber sie wollte so gern ein Kind von ihm.
Abends holte Cord sie ab. Sie gingen in ein Restaurant in New Orleans und tanzten nach dem Essen zu langsamer Musik. Susan genoss es, wie Cord sie an diesem Abend verwöhnte. Sie trank etwas mehr Wein als gewohnt und war leicht beschwipst, als Cord sie nach Hause fuhr.
Im Armaturenlicht wirkte sein Gesicht hart und aufregend. Leicht berührte sie seinen Mund.
„Du bist so schön“, murmelte sie heiser.
„Sie dürfen mich jederzeit gern bewundern, Madam“, sagte er, aber das sinnliche Funkeln in seinen Augen strafte seinen gleichmüti-gen Tonfall Lügen. Susan Blick war träumerisch, und Cord konnte ihr heute Abend kaum widerstehen.
Wenn alles erledigt war, was er vorhatte, schwor er sich, würde er eine lange Reise mit ihr unternehmen, vielleicht eine Kreuzfahrt, und sie so oft lieben, wie er wollte. Er würde sein Verlangen nach ihrem schlanken, biegsamen Körper ein für alle Mal befriedigen. Susans Sinn-lichkeit war so natürlich, dass sie sich ihrer nicht einmal bewusst war. Sie war eine vollkommene Lady, die sich in seinen Armen in eine feu-rige Frau verwandelte und ihm den Atem raubte.
Weiter in die Zukunft plante er nicht, denn so konnte er besser auf veränderte Umstände reagieren. Diese Flexibilität war überlebensnot-wendig gewesen, ohne dass er seine Ziele je aus den Augen verloren hätte.
Cord war auf alles vorbereitet gewesen, nur nicht auf das heiße Begehren nach einer Frau, die mit einem Fuß im Feindeslager stand und offenbar auch dort bleiben wollte. Doch bald würde sie ihm gehören und ihre angeheiratete Familie vergessen. Sie sollte nur noch an ihn denken. Durch dieses unsinnige Verlangen nach ihr hatte er seine Pläne ändern müssen, aber letztendlich … letztendlich würde alles so werden, wie er es sich vorgestellt hatte.
Susan fühlte, wie schwer es Cord fiel, ihr an ihrer Haustür nur einen Gutenachtkuss zu geben. Aber sie war zu müde, um zu überlegen, warum er nicht mit hereinkam. Sie war nur ein bisschen enttäuscht. Eigentlich hatte sie Kaffee machen und zusammen mit Cord noch ein bisschen auf dem Sofa plaudern wollen wie so oft mit Vance …
Aber Cord war nicht Vance.
Susan stand in der dunklen Halle und sah sich in dem wunderschö-nen Haus um, das Vance ihr gebaut hatte. Es strahlte Gemütlichkeit aus, denn es war mit Liebe eingerichtet. Und jetzt stand Susan hier in der Dunkelheit, umgeben von den Dingen, die Vance ihr geschenkt hatte, und alles, woran sie denken konnte, war ein anderer Mann.
Cord füllte ihre Tage, ihre Nächte, ihre Gedanken, ihre Träume. Seine blauen Augen faszinierten ihn. Sie versuchte, sich Vances Gesicht vorzustellen, aber es gelang ihr nicht. Von ihm hatte sie gelernt, was Liebe heißt, aber er war nicht mehr da.
Vance, ich habe dich wirklich geliebt. Doch Vance war tot, und Cord war so lebendig.
Statt sich ins Bett zu legen, ging sie ins Wohnzimmer und machte das Licht an. Aus dem Bücherregal holte sie ein Fotoalbum, das sie lange Zeit nicht mehr in der Hand gehabt hatte. Sie öffnete es und betrachtete die Bilder von Vance.
Wie jung er aussah, wie lebhaft und fröhlich! In seinen Augen glitzerte es schelmisch, in seinem Lächeln spiegelten sich die typischen Züge der Blackstones. Sie fuhr die Konturen mit dem Finger nach und erkannte die Ähnlichkeiten mit Cord. Er sah so aus, wie sie sich Cord vorstellte, bevor seine unbeschwerte Jugend durch schlimme Erfahrun-gen getrübt worden war.
„Ich habe dich geliebt“, flüsterte sie. „Und wenn du bei mir geblieben wärst, würde ich dich jetzt noch lieben.“
Aber es war anders gekommen, und jetzt hatte Cord ihr Herz erobert.
Sanft stellte sie das Album zurück und ging langsam hoch ins Schlafzimmer. Susan schminkte sich ab und schloss die Augen, um den leichten Schwindel vom Wein abzuschütteln. Wie leidenschaftlich war Cord gestern Nacht gewesen, und wie zärtlich heute Abend! Sie versuchte sich zu überzeugen, dass ihm etwas an ihr lag, aber der Gedanke, dass er vorhin nicht mit hereinkommen wollte, nagte an ihr. Und gestern war er gegangen, nachdem sie miteinander geschlafen hatten.
Er will nur Sex von mir, sagte sie im Stillen zu ihrem Spiegelbild. Ich muss mich damit abfinden und die kurze Zeit mit ihm genießen. Über alles andere machst du dir später Gedanken, befahl sie sich selbst. Nur wollte sie, dass dieses Später nie eintreffen würde.