3. KAPITEL
Als Susan wieder zu Hause war, ent schied sie sich, ein hei-ßes Bad zu nehmen. Sie brauchte etwas, um die innere Käl te loszuwerden.
Sie fühlte sich von Cord vor den Kopf gestoßen. Preston hatte ihr gesagt, wie rücksichtslos er war. Aber es war nicht einmal so sehr, was er getan hatte, sondern wie er es getan hatte.
Er hatte ja durchaus das Recht, Preston und Imogene für den Diebstahl anzuzeigen, und wenn er statt einer Rückzahlung die Hügel pachten wollte, war das ebenso sein Recht. Aber er hatte die beiden absichtlich gedemütigt, und das war unnötig gewesen.
Das heiße Bad hatte ihre innere Kälte nicht vertrieben. Susan zog sich an und zündete das Kaminfeuer an, bevor sie in die Küche ging, um sich Kaffee zu machen.
Als sie zurückkehrte, knisterte das Feuer hell im Kamin. Lange saß sie vor den blauen und orangefarbenen Flammen. An einem kalten Tag gab es nichts Beruhigenderes als ein Feuer. Sie wollte etwas lesen, um den Tag aus ihrem Gedächtnis zu streichen, aber bevor sie ein Buch heraussuchen konnte, klingelte es. Susan konnte sich schon denken, wer es war.
Cord lehnte am Türrahmen, und in seinem Blick lag eine seltsame Wut. „Ich hatte nicht vor, dich da hineinzuziehen“, sagte er.
Susan bat ihn herein und nahm ihm seine Jacke ab. „Ich habe gerade Kaffee gemacht. Möchtest du welchen?“
Er lächelte spöttisch. „Willst du mir nicht wie Imogene auch einen Whisky anbieten, damit ich vielleicht umgänglicher werde?“
„Ich habe keinen Whisky im Haus, weil ich keinen trinke. Wenn du etwas Alkoholisches willst, musst du dich mit Wein begnügen.“
„Nein. Ich kann unberechenbar werden, wenn ich betrunken bin. Vielleicht doch lieber Kaffee“, knurrte er und folgte ihr in die Küche, während er die Zimmer begutachtete, die so ganz anders waren als die kühle Perfektion, die im Stammhaus der Blackstones herrschte. Susans Haus war großzügig und hell, Pflanzen gaben ihm Farbe und Gemüt-lichkeit.
Sie nahm zwei Tassen aus dem Schrank und goss Kaffee ein. „Milch oder Zucker?“ Er schüttelte den Kopf und nahm die Tasse entgegen.
„Ich habe ein Feuer im Kamin gemacht, gehen wir doch ins Wohnzimmer“, schlug sie vor. Dort machte sie es sich in ihrem Lieblingssessel direkt am Feuer bequem, während Cord sich an den Kaminsims lehnte.
Susan stellte ihre Tasse ab. „Ich nehme an, du willst über die Hügel sprechen.“
Cord stieß einen so heftigen Fluch aus, dass Susan entrüstet aufsprang, um ihm die Tür zu weisen, doch er packte sie am Arm und riss sie an sich.
Sie hatte keine Angst vor ihm, doch ihre Ruhe war dahin. Sie war sich sicher, dass Cord ihr nicht wehtun würde, aber diese übermäch-tige Anziehung, gegen die sie nichts tun konnte, verunsicherte sie. Sie stemmte sich gegen seine Brust, als er sich herunterbeugte.
„Nein“, flüsterte sie und drehte den Kopf gerade noch so rechtzeitig weg, dass seine Lippen nur ihre Wange streiften. Er begann, spielerisch an ihrem Ohrläppchen zu knabbern. Susan hielt die Luft an, als sein warmer Atem über ihren Hals strich und Cord ihren Kragen lüpfte, um die weiche Höhlung ihres Schlüsselbeins zu küssen.
„Cord, nein!“, protestierte sie.
„Susan, Honey, sag nicht Nein“, murmelte er an ihrer Schulter, bevor er ihren Hals mit kleinen Küssen bedeckte. Erregt grub Susan die Finger in seine Schulter.
Schließlich hob er den Kopf. Ihre Lippen waren nur Millimeter voneinander entfernt. „Küss mich“, verlangte er mit rauer Stimme.
Sie zitterte in seinen Armen und sehnte sich nach seiner Nähe, aber ihre Abwehr war genauso groß wie ihr körperliches Begehren. Irgendwie war Cords Blick gleichzeitig kalt und feurig. Entsetzt begriff sie, dass Cord genau wusste, wie er auf sie wirkte. Wenn sie ihn nicht bald stoppte, war es zu spät.
Noch hatte er nicht mehr getan, als ihre Schulter zu küssen, aber sie spürte bereits seine Erregung. Er war wie ein Feuer, das sie verschlingen wollte, und sie hatte keine Ahnung, wie sie es bekämpfen sollte.
„Nein, ich kann nicht …“, setzte sie an, aber das genügte ihm, um ihren Mund mit seinem zu verschließen.
Susan schmolz förmlich dahin vor Wonne. Sie öffnete bereitwillig die Lippen und schob die Hand in Cords dichtes Haar. Angesichts seiner überwältigenden Männlichkeit verstummte die warnende Stimme in ihrem Hinterkopf. Das Spiel seiner Zunge ließ sie vor Lust erschauern. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um Cord näher zu sein, und er ließ die Hände über ihren Rücken nach unten gleiten und umfasste ihren Po.
Sanft streichelte er die festen Rundungen, während er sie an sich presste, um sie seine harte Männlichkeit spüren zu lassen.
Nein.
Zuerst war es nur ein Flüstern in Susans Hinterkopf. Sie durfte diese lustvollen Freuden nicht auskosten. Sie würde sich in ihn verlieben, und das durfte sie nicht.
Nein! Susan straffte sich und löste den Mund von seinem. Sie begegnete seinem Blick. „Nein. Lass mich runter. Bitte.“
Sein Gehorsam war fast so provokativ wie seine Leidenschaft, denn er ließ sie quälend langsam an seinem Körper hinabgleiten. Beinahe hätte Susan nachgegeben und die Arme wieder um seinen Nacken gelegt, aber sobald ihre Füße den Boden berührten, trat sie zurück.
„Gestern Abend warst du nicht so schüchtern“, stellte er amüsiert fest.
Ja, denn gestern war sie sich über seine Rücksichtslosigkeit noch nicht so klar gewesen. Susan betrachtete ihn ernst. Sie könnte versuchen, ihn mit vagen Entschuldigungen abzuspeisen, aber bei ihm würde das nicht funktionieren.
„Ich glaube nicht, dass ich dir trauen kann, nach dem, was du heute getan hast.“
Er straffte sich. „Ich bin nur so weit wie nötig gegangen. Wenn die beiden der Verpachtung der Hügel zugestimmt hätten, hätte ich ihnen nicht ge droht.“
Susan schüttelte den Kopf. „Es war mehr als das. Du hast es genossen, ihnen zu drohen.“
Sie unterbrach sich, um nicht auch noch ihren anderen Verdacht zu äußern. Womöglich hatte er die ganze Zeit gewusst, dass die Hügel ihr gehörten. Und jetzt hoffte er, sie zwingen zu können, ihm die Hü-gel zu verpachten. Dass sie ihrer angeheirateten Familie helfen würde, war kein Geheimnis. Aber noch schlimmer war ein anderer Verdacht: Wollte er sie nur verführen, um sich die Pacht der Hügel zu sichern?
Er betrachtete sie immer noch mit diesem beunruhigenden Blick. „Stimmt, ich genieße jede Minute, die sich dieser schleimige kleine Bastard win det.“
„Es war grausam und unnötig“, erwiderte sie kalt.
„Grausam vielleicht“, gab er zu, „aber verdammt notwendig!“
„Wieso? Um deine Rachegelüste zu befriedigen?“
Susan hatte offenbar genau ins Schwarze getroffen, denn er wandte sich ab und starrte ins Feuer. „Ich habe meine Gründe“, sagte er rau.
Sie wartete auf eine Erklärung, aber es kam nichts. Also fragte sie: „Was wirst du wegen des Geldes unternehmen, das Preston dir schuldet, jetzt, wo du weißt, dass er die Hügel gar nicht besitzt?“
Er blitzte sie an. „Ich habe mich noch nicht entschieden.“
Susan versuchte, sich zusammenzureißen. „Ich kann dir noch keine Antwort geben, was die Hügel betrifft. Bevor ich eine Entscheidung treffe, möchte ich selbst eine Untersuchung vornehmen lassen. Meine Entscheidung wird aufgrund der Untersuchung fallen, nicht aufgrund deiner Erpressung.“
„Ich kann mich nicht erinnern, dich nach den Hügeln gefragt zu haben“, bemerkte er mit einem kalten Lächeln.
„Deswegen bist du doch hier, oder nicht?“
„Wirk lich?“
„Oh, bitte.“ Sie winkte müde ab. „Ich habe keine Lust auf solche Spielchen. Ich weiß doch, dass du hinter den Hügeln her bist.“
„Das wäre das erste Mal, dass ich mich für Öl verkaufe“, sagte er scharf.
Susan warf ihm einen wütenden Blick zu. „Wir wissen doch beide, dass ich nicht gerade dein Typ bin.“
„Das bist du nicht, stimmt!“ Wütend sah er sie an. „Sag mir doch, Lady, kann man dich irgendwie aus der Reserve locken? Hast du über-haupt Gefühle, oder bist du nur eine hübsche Porzellanpuppe?“
„Ja, ich habe Gefühle“, entgegnete sie. „Und ich will nicht verletzt werden. Ich will nicht, dass du mich benutzt.“
Er trat auf sie zu. „Ich glaube kaum, dass du irgendetwas fühlst“, fauchte er. „Jedenfalls hast du Angst vor deinen Gefühlen. Du willst mich, aber du hast zu viel Angst davor, was die Leute sagen könnten, nicht wahr? Ihr Blackstones seid alle so nette, nutzlose Leute, die sich von der Arbeit anderer ernähren. Du bist verdammt hübsch, Honey, aber ansonsten hast du nichts zu bieten.“
Seine Worte trafen sie, doch sie hob stolz das Kinn. „Du weißt überhaupt nichts von mir.“
„Ich weiß, dass Leidenschaft in deinem Universum nicht vorkommt“, antwortete er spöttisch. „Wegen der Pacht werde ich mich melden, aber auf einen Tanz mit mir brauchst du nicht mehr zu hoffen.“ Mit diesen Worten wandte er sich ab und ging.
Cord hatte recht. Sie wollte ihn, aber sie hatte Angst, dass er ihre Schwäche ausnutzen und sie für seine Rache benutzen würde. Das durfte sie auf keinen Fall zulassen.
Die Nacht über wälzte Susan sich schlaflos von einer Seite zur anderen, und am nächsten Morgen wäre sie am liebsten im Bett geblieben. Aber sie zwang sich zum Aufstehen. Auf keinen Fall würde sie sich von Cord Blackstone aus der Ruhe bringen lassen.
Wie jeden Morgen fuhr sie ins Büro. Beryl Murphy, ihre gemeinsame Sekretärin, war noch nicht da, aber Preston saß bereits in seinem Zimmer. „Komm rein. Ich habe gerade Kaffee gemacht.“
„Den kann ich gut gebrauchen“, seufzte Susan und hielt ihm ihre leere Tasse hin.
Sie nahm einen Schluck und stellte die Tasse ab. „Was machen wir jetzt?“
Preston wusste, was sie meinte. „Ich bin gestern Abend die Bücher durchgegangen, um festzustellen, wie viel wir ihm genau schulden. Es ist ziemlich viel.“ Müde rieb er sich die Stirn.
„Du wirst es ihm zurückzahlen, oder?“
Preston nickte. „Was soll ich sonst machen? Das Schlimme ist nur, dass wir das Geld im Moment nur schwer lockermachen können. Wir haben alles in die Firma investiert, und deine Anlagen werde ich nicht anrühren. Mutter und ich haben gestern Abend beschlossen, die Summe von unserem Privatvermögen abzuzweigen.“ Er zuckte die Schultern. „Wir hielten es für richtig, Cords Anteil an den Gewinnen einzubehalten, wir haben das Geld auch nicht privat genutzt. Jeder Cent ist der Firma zugute gekommen, aber ich fürchte, vor Gericht würde das nicht viel zählen. Immerhin habe ich Cords Unterschrift gefälscht.“
„Und wirst du das Geld aufbringen können?“ Vance hatte ihr so viel hinterlassen, dass sie Preston im Notfall aushelfen konnte. Und sie hatte ja die Hügel.
„Ich habe eine Idee“, sagte sie, ohne auf Prestons Antwort zu warten. „Ich besitze etwas, was er will, vielleicht können wir ja handelseinig wer den.“
Preston lehnte sich zurück und sah sie prüfend an. „Du sprichst von den Hügeln. Auch wenn du sie ihm überlässt, kann er immer noch gegen uns klagen. Er wird schwören, es nicht zu tun, aber sein Ehrenwort ist nicht viel wert. Und nicht nur das, du würdest dich erpressen lassen.“
„Nicht ganz“, erwiderte sie und versuchte, den Gedanken durchzuspielen. „Ich werde die Hügel geologisch untersuchen lassen. Wenn Cord die Hügel als Ersatz für die Summe annimmt, die ihr ihm schuldet, hätte er ja keinen Grund mehr, Klage zu erheben, oder?“
Preston war wie vom Donner gerührt. „Mein Gott, du willst sie ihm einfach so überlassen? Hast du eine Ahnung, was das Gelände wert sein könnte?“
„Millionen wahrscheinlich, sonst wäre er nicht so versessen darauf.“
„Viel mehr, als wir ihm schulden! Bestimmt würde er den Handel sofort eingehen, aber du würdest ein Vermögen verlieren! Nein, das kann ich nicht zulassen.“
„Du kannst mich nicht daran hindern“, erinnerte sie ihn freundlich. Um ihre Familie zu schützen, würde sie jederzeit ein Vermögen opfern. Preston hatte seine Fehler, genau wie Imogene, aber Susan wusste, dass sie auf die beiden zählen konnte, egal, was passierte. Sie waren zwar manchmal stolz und arrogant, aber immer loyal.
Prestons Unwillen war ihm deutlich anzusehen. „Dieser sanfte Ton gefällt mir nicht. Es bedeutet, dass du mal wieder nicht nachgeben wirst, stimmt’s?“
Beryl klopfte an, und Susan nutzte die Gelegenheit, um in ihr Büro zu verschwinden, bevor Preston sie doch noch überredete, die Hügel zu behalten.
Auf ihrem Schreibtisch lag genug unerledigte Arbeit, aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Immer wieder kam ihr das Angebot in den Sinn, das sie Cord machen wollte. Sie überlegte hin und her und beschloss schließlich, sich sofort an ihn zu wenden, bevor er Maßnah-men ergreifen konnte, die ihrer Familie schaden würden.
Allein bei dem Gedanken, ihn wiederzusehen, schoss ihr das Blut heiß durch die Adern. Cord zog sie auf einer sinnlichen Ebene so sehr an, wie sie es niemals für möglich gehalten hatte. Sie wollte ihn. Ihr Verlangen machte jede Begegnung mit ihm zu einem gefährlichen Spiel, weil sie nicht sicher war, wie weit ihr Verstand fähig war, die Kontrolle über ihren Körper zu behalten.
Doch es war sinnlos, sich mit solchen Tagträumen zu beschäftigen. Sie erledigte ihre Arbeit und tätigte die notwendigen Anrufe, um die geologischen Untersuchungen in die Wege zu leiten.
Am Nachmittag kam die Sonne schwach durch die Wolkendecke. Arbeitete Cord jetzt an der alten Hütte am Jubilee River? Susan beschloss, ihr Glück einfach dort zu versuchen.
Auf der Fahrt dorthin riss die Wolkendecke auf. Vielleicht ist die Sonne ein gutes Omen, dachte sie, dann verwarf sie den Gedanken. Alles in ihr sträubte sich bei der Vorstellung, mit Cord verhandeln zu müssen.
Zur Ablenkung versuchte sie sich auf die Landschaft zu konzentrieren. Das Wetter mochte kühl sein, aber es gab untrügliche Zeichen für den Frühling. An den Bäumen spross schon das erste Grün. In ein oder zwei Wochen würde alles in voller Blütenpracht stehen. Susan konnte es kaum erwarten.
Fast hätte sie die schmale Abbiegung vom Highway zur Hütte verpasst. Die Straße war nur dürftig befestigt und auf beiden Seiten von hohen Kiefern und Eichen flankiert. Die Allee machte einen weiten Bogen und überquerte bald die Holzplanken der alten Brücke über den Jubilee River, der vom Regen angeschwollen war.
In einiger Entfernung konnte Susan die Hütte sehen, ein kleines Gebäude auf einer Erhebung, dahinter drei riesige Eichen. Die Terrasse schien komplett erneuert worden zu sein, auch das Dach war neu gedeckt.
Als sie vor der Hütte parkte, trat Cord aus der Tür. Sein eisiger Blick bereitete sie darauf vor, dass es nicht einfach werden würde, und sie atmete zur Beruhigung tief durch, bevor sie ausstieg.
Der Weg die Stufen hoch war quälend, weil Cord sie nicht aus den Augen ließ. Er lehnte mit verschränkten Armen im Türrahmen und schwieg beharrlich. Er trug ausgewaschene Jeans und ein schwarzes T-Shirt sowie abgetragene braune Stiefel. Die kurzen Ärmel gaben den Blick auf gebräunte Arme frei.
„Auch mal ein bisschen Landleben spielen?“, begrüßte er sie eisig.
Sie unterdrückte das Zittern in ihren Knien. „Ich will dir einen Deal vorschlagen“, sagte sie bestimmt.
Cord trat zur Seite und machte eine theatralische Verbeugung. „Kommen Sie rein, Lady, und lassen Sie hören, was Sie zu bieten haben.“